Großekathöfer, Siegfried, Besatzungsherrschaft und Wiederaufbau. Staatliche Strukturen in der britischen Zone 1945-1949 (= Beiträge zu Grundfragen des Rechts 20). V&R unipress, Göttingen 2016. 164 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Schon während des zweiten Weltkriegs berieten die Alliierten in Teheran von dem 28. November bis zu dem 1. Dezember 1943 und in Jalta von dem 4. bis zu dem 11. Februar 1945 über die Zukunft des Deutschen Reiches und die Verteilung der Macht in Europa nach Kriegsende, wobei auch die Aufteilung des Deutschen Reiches in kleinere Einzelstaaten angedacht wurde. Nach Vorschlägen der Europäischen Beratenden Kommission von dem 15. Januar 1944 und dem 14. November 1944 und nach dem Ende des zweiten Weltkriegs in Europa an dem 8. Mai 1945 übernahmen die vier Siegermächte Sowjetunion, Vereinigte Staaten von Amerika, Großbritannien und Frankreich die Hoheitsgewalt über das Deutsche Reich und teilten sein Gebiet in Besatzungszonen oder gliederten es aus. Zu der britischen Besatzungszone zählten dabei die früheren Provinzen Preußens Schleswig-Holstein, Hannover ohne das Amt Neuhaus aber mit Kaltenhof aus Mecklenburg, Westfalen, die nördlichen Bezirke Aachen, Düsseldorf und Köln der Rheinprovinz, Hamburg, Lippe, Braunschweig (ohne den Ostteil des Landkreises Blankenburg und Calvörde), Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie Bremen, das auch zu der Besatzungszone der Vereinigten Staaten von Amerika zählte.

 

Mit dieser britischen Zone beschäftigt sich das vorliegende schlanke Werk des 1940 geborenen, vor seinem Ruhestand in Hannover als Rechtsanwalt und Notar tätigen Verfassers. Es gliedert sich in insgesamt neun Abschnitte. Sie betreffen das Militärregime, die Besatzungsherrschaft in der britischen Zone, die Gründung des Landes Niedersachsen, die überregionale und interzonale Zusammenarbeit der Länder, das Vereinigte Wirtschaftsgebiet der „Bizone“, die Wirtschaft und Ernährung in der britischen Zone, die Bodenreform in der britischen Zone, Reparationen, Demontagen und den Marshallplan sowie den Weg zu dem westdeutschen Staat Bundesrepublik Deutschland.

 

In seinem Resümee weist der Verfasser besonders darauf hin, dass das Deutsche Reich als Staat zwar zunächst erhalten bleibt, aber die vorgesehene Errichtung einer deutschen Verwaltungsabteilung bei dem Alliierten Kontrollrat als Vorläufer einer späteren deutschen Regierung unterbleibt, weswegen in der Folge auch kein neues gesamtdeutsches Staatswesen gegründet wird. Die Control Commission for Germany/British Element mit dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte als Militärgouverneur an der Spitze bedient sich grundsätzlich bei der Ausführung ihrer Anordnungen der bisherigen, von ihr überwachten deutschen Verwaltungsstrukturen, greift aber bei Bedarf demokratisierend ein. Seit dem Sommer 1946 werden die neuen Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hamburg und Bremen gebildet, deren Länderparlamente Gesetzgebungsrecht und deren Regierungen Vollziehungsgewalt haben, und 1949 entsteht über Zwischenschritte aus den drei westlichen Besatzungszonen die Bundesrepublik Deutschland, deren Verhältnis zu den Besatzungsmächten in dem Besatzungsstatut geordnet wird, bis die Bundesrepublik mit dem Abschluss des Deutschlandvertrags 1955 ein souveräner Staat wird, für dessen Vorgeschichte die klare verdienstvolle Geschichte der britischen Besatzungszone erhebliches Interesse und Gewicht hat.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler