Gerichtsverfassung und Verfahren im 19. Jahrhundert, hg. v. Pérez Juan, José Antonio (= Rechtskultur Wissenschaft 19). Edition Rechtskultur, Regensburg 2018. 333 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Seit den Anfängen der Gerichtsbarkeit spätestens in den Hochkulturen des Altertums sind Gerichtsverfassung und Verfahrensrecht von wesentlicher Bedeutung für den Ablauf und das Ergebnis zwischenmenschlicher Interessenverschiedenheiten. Dementsprechend haben sich die zugehörigen Gestaltungen in der anschließenden Zeit bis zu der Gegenwart immer wieder auch geändert. Gerichtsverfassung und Gerichtsverfahren haben wie alle anderen Gegebenheiten eine geschichtliche Dimension und hängen folglich von den sie umgebenden menschlichen Vorstellungen ab.

 

Mit einem besonderen Aspekt dieses allgemeinen Zusammenhangs beschäftigt sich der von Jose Antonio Pérez Juan von der rechtswissenschaftlichen Abteilung der Universidad Miguel Hernández de Elche herausgegebene Sammelband. Er geht auf zwei Arbeitstreffen der in dem Herbst 2008 in Würzburg gegründeten Forschergruppe europäische Justizgeschichte in dem 19. Jahrhundert zurück, die in Berlin und Passau abgehalten wurden und das Richteramt in der Justizgeschichte in dem 19. Jahrhundert und die Rezeption des französischen Rechtes in der europäischen Justizgeschichte des 19. Jahrhunderts behandelten. Er enthält insgesamt 14 in drei Abteilungen gegliederte Referate.

 

Nach einer allgemeinen Einführung des Herausgebers werden in der ersten Abteilung über die richterliche Unabhängigkeit beispielsweise unter dem Stichwort Cádiz 1812 der Übergang von der Justizverwaltung zu der richterlichen Gewalt und daneben der Zugang zu dem Richteramt in Preußen in dem 19. Jahrhundert untersucht. In der zweiten Abteilung über Jury (Jurados) werden Jury, Geschworenengerichte und Schwurgerichte in Spanien, der Schweiz und in Bayern betrachtet, während sich die dritte Abteilung mit Rechtsmitteln und Instanzen in Spanien, der Schweiz und Bayern befasst. Zu dem Abschluss wird der Einfluss des Liberalismus auf Amerika an Hand der vorläufigen Verfassung Kolumbiens von 1811 ausführlich ermittelt und werden jeweils die Diskussionen vorgestellt, so dass der leider eines Sachregisters entbehrende Sammelband vielfältige neue Einzelerkenntnisse unterschiedlicher Einzelbetrachtungen mit grundlegenden Forschungszielen der Geschichte der Gerichtsverfassung und des Gerichtsverfahrens in dem 19. Jahrhundert verbindet.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler