Bruckmüller, Ernst, Österreichische Geschichte – Von der Urgeschichte bis zur Gegenwart. Böhlau, Wien 2019. 692 S., Kart., Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Nach dem kurzen Vorwort des Verfassers des vorliegenden umfangreichen Werkes ist österreichische Geschichte zunächst einmal die Geschichte des Gebiets der Republik Österreich, die in der heutigen Form aber erst seit 1921 (bis 1938) und wieder seit 1945 besteht. Die Republik entstand 1918 unter dem Namen „Deutsch-Österreich“ und war als Nationalstaat der Deutschen des früheren Österreich-Ungarn geplant. Die Gebiete der neuen Republik waren aber mit Ausnahme Salzburgs schon seit Jahrhunderten unter der Herrschaft der Habsburger gewesen und umgangssprachlich bestand längst eine Bezeichnung für das Gebiet der Herrschaft der Habsburger – Österreich (Ostgebiet), womit eine besondere österreichische Geschichte sicherlich ausreichend gerechtfertigt ist, zumal wohl alle Staaten und Länder eine ihre Gestaltung in der Zeit vielfach verändernde Form haben.

 

Der in Eselsteiggraben in der Gemeinde Sankt Leonhard am Forst in Niederösterreich wenige Tage vor der tatsächlichen Beendigung des zweiten Weltkriegs geborene, nach dem Besuch des Stiftsgymnasiums Melk und dem Studium von Geschichte und Germanistik an der Universität Wien 1976 für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte mit einer Schrift über landwirtschaftliche Organisationen und gesellschaftliche Modernisierung Österreichs vom Vormärz bis 1914 habilitierte, 1977 zu einem außerordentlichen Professor und 2000 zu dem Universitätsprofessor für Wirtschaftsgeschichte und Sozialgeschichte an dem Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität Wien ernannte Verfasser hat sich um die Sozialgeschichte Österreichs, die Agrargeschichte, die Geschichte des Bürgertums und um Nationalbewusstsein und Nationsbildung seit langem vielfach verdient gemacht. Er gliedert seine neue Darstellung in insgesamt elf Abschnitte. Diese betreffen in chronologischer Reihenfolge den Beginn menschlicher Besiedelung mit der Venus von Willendorf als hervorragendem Zeugnis, das frühe Mittelalter der Bayern, Karantanen, Awaren, Alpenromanen, Alemannen, Mährer und Ungarn, das Hochmittelalter der Helden, Heiligen und Herzoge, das späte Mittelalter mit den sich selbst belehnenden Habsburgern und dem Haus Österreich und Burgund, die frühe Neuzeit, die Monarchia Austriaca des 18. Jahrhunderts, das Kaisertum Österreich von der Französischen Revolution bis zu dem Sturmjahr 1848, das Zeitalter Franz Josephs, die erste Republik und Diktatur von 1918 bis 1938, die (kurze) Herrschaft des Nationalsozialismus Adolf Hitlers und die zweite Republik bis zu der österreichischen Gesellschaft um die zweite Jahrtausendwende.

 

Auf diesem langen Weg durch die unterschiedlichen Zeiten und Fragen behandelt der sachkundige Verfasser der Verfasser alles, was man über die österreichische Geschichte wissen sollte und veranschaulicht es mit Hilfe einundzwanziger Tabellen und elfer Karten von dem vierten nachchristlichen Jahrhundert bis zu den Besatzungszonen zwischen 1945 und 1955. Ein Sachregister wird für entbehrlich gehalten. Das Recht und seine Quellen stehen allem Anschein nach nicht in dem Vordergrund, doch bietet der Verfasser insgesamt allen an der österreichischen Geschichte interessierten vielfältige, sachkundige Unterrichtung.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler