Criste, Cristian, Voluntas auditorum. Forensische Rollenbilder und emotionale Performanzen in den spätrepublikanischen quaestiones (= Kalliope 15). Winter, Heidelberg 2018. 404 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Für forensische Rollenbilder entwickeln sich seit Beginn förmlicher Verfahren der Menschen einzelne Gepflogenheiten, die sich in dem Laufe der Zeit zu festen Regeln verdichten können. Diese werden meist nicht besonders zu einem eigenen Ausdruck gebracht. Sie können sich bei sorgfältiger Betrachtung der Überlieferung aber doch mehr oder weniger zuverlässig erkennen lassen.

 

Mit einem Teilaspekt dieser Thematik befasst sich die von Jens-Uwe Krause betreute und in dem Sommersemester 2015 von der Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften der Universität München angenommene Dissertation des Verfassers über die gesellschaftliche Dimension der antiken Rhetorik, die ihn seit einem Hauptseminar über attische Gerichtsverfahren besonders interessiert hat. Gegliedert ist die Untersuchung nach einem Vorwort, einer Einleitung über das officium facultatis oratoriae, den wissenschaftsgeschichtlichen Hintergrund, die Methode, die Fragestellung und Gliederung der Arbeit sowie die Forschung und einem intradisziplinären Präludium über die kulturellen Grundlagen der quaestio des römischen Prozesses sowie die Relevnnz der veröffentlichten Fassungen in zwei Teile mit je zwei Kapiteln. Davon behandelt der erste Teil die forensischen Rollenbilder und der zweite Teil die emotionalen Performanzen.

 

In diesem Rahmen untersucht der Verfasser an Hand der verfügbaren Quellen das Verhalten der Verteidiger, Ankläger und Richter der späten Republik in Rom. Er gelangt dabei zu zahlreichen weiterführenden Einsichten, wie etwa, dass die Richter ihrem Urteil nicht nur glauben, sondern dabei auch dem Grundkonzept der aequitas zu einem Durchbruch verhelfen wollten und die Rollenbilder der Anwälte den Sinn der für das öffentliche Leben grundlegenden Einrichtung zu konkretisieren versuchten. An Hand der Werke des Aischines, Aristoteles, Asconius, Cassius Dio, M. Cicero, Q. Cicero, Diogenes Laertios, Dionysios von Halikarnassos, A. Gellius, Iuvenal, Macrobius, Martial, Platon, Plautus, Plinius minor, Plutarch, Quintilian, der Rhetorica des Herennius, Sallusts, der Scholia Bobienisa, Senecas, Suetons, Tacitus‘, des Velleius Maximus und des Velleius Paterculus gelingen ihm dabei ansprechende Erkenntnisse, die er benutzerfreundlich auch durch ein Quellenregister und ein Sachregister von aequitas bis Volk aufschließt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler