The Formation and Transmission of Western Legal Culture. 150 Books that made the Law in the Age of Printing, hg. v. Dauchy, Serge/Martyn, Georges/Musson, Anthony/Pihlajamäki, Heikki/Wijffels, Alain. Springer, Dordrecht 2016. 572 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

In wohl jahrtausendelanger Beschäftigung mit zwischenmenschlichen Fragen ist die gegenwärtige, einerseits an sich auf den Westen beschränkte, aber andererseits wohl doch weltweit tonangebende Rechtskultur entstanden. Mindestens bis zu den Römern geht auch die Befassung mit dieser Entwicklung zurück. Spätestens in der frühen Neuzeit ist daraus die Rechtsgeschichtswissenschaft entstanden.

 

Sie kennt seit langem dem Zugriff auf die Rechtsquellen, unter denen das anfänglich wohl vorherrschende Gewohnheitsrecht aller Beteiligten allmählich fast gänzlich der Rechtssetzung durch wenige Zuständige über alle hat weichen müssen. Daneben sind auch bereits früh vor allem die wichtigen Träger der Rechtsgestaltung besonders hervorgehoben und im Laufe der Zeit in eigenen biographischen Juristenlexika geadelt worden. Einen neuen Zugang bietet das vorliegende neue Sammelwerk, das sich die bahnbrechende Rechtsliteratur zum Gegenstand nimmt.

 

Zu diesem Zweck trafen sich vor rund fünf Jahren die Herausgeber zuerst in Helsinki und dann in Gent, um erstmals ein Sammelwerk der bedeutsamsten Rechtsbücher zu schaffen. Es sollte eine Forschungsgrundlage bieten für Recht, Rechtsgeschichte, allgemeine Geschichte, Buchgeschichte, Mentalitätsgeschichte sowie Kommunikationswissenschaft und dabei Recht und Literatur gleichermaßen ansprechen. Um Unterstützung baten die Gründer hierfür elf weitere Fachwissenschaftler.

 

Mit Hilfe zahlreicher anderer Kollegen ist ihnen die vorliegende Grundlage in überraschend kurzer Zeit eindrucksvoll gelungen, auch wenn über die Auswahl im Detail immer diskutiert werden könnte. Dabei wäre auch nach den Herausgebern an sich eine Beschränkung auf 100 oder eine Erweiterung auf 500 Werke denkbar gewesen. In einem gemeinsamen Ringen einigte man sich schließlich auf  runde 150 Bücher, um das Sammelwerk nicht der Handlichkeit zu berauben, die auch Studierende gewinnen will.

 

Das Zeitalter des Buchdrucks wird dabei verhältnismäßig weit gefasst. Zwar werden trotz der unbestreitbaren Bedeutung des Gaius und anderer römischer iurisperiti das Altertum und außerdem das anschließende Frühmittelalter ausgeschlossen. Aber selbst von Gratian und seiner Concordantia scheint der Weg zur Presse Gutenbergs noch ziemlich lang.

 

Das erste Kapitel bietet eine weit ausgreifende allgemeine Einführung. Im zweiten Kapitel während des Übergangs vom spätmittelalterlichen zum frühneuzeitlichen Wissen werden Werke Gratians (hochmittelalterliche Condordantia), Azos, Accursius‘, Eike von Repgows, Bractons, Hostiensis‘, Durantis‘, Bartolus‘, Baldus‘, Boutilliers, Panormitanus‘, Tartaonis und Littletons behandelt. Dieses 13 Werken folgen für die frühneuzeitliche  Welt 84 Monographien von Everardus bis Hume und für das neunzehnte und zwanzigste Jahrhundert 53 Bücher von Feuerbach bis Ross.

 

Jedes Werk wird einschließlich seines Verfassers von vorzüglichen Sachkennern auf jeweils wenigen Seiten bestmöglich vorgestellt. Im Anhang werden Abbildungen von Autoren und Titelseiten in Auswahl sowie ein Index von Namen und Schlüsselbegriffen geboten. Möge der vorzüglichen, gediegen ausgestatteten, durchweg englisch gehaltenen neuartigen Gesamtleistung größtmöglicher Erfolg beschieden sein, so dass auch winzige noch verbliebene Unebenheiten wie Zachariaes „französiche“ Civilrecht oder Russkoye grazhdanskoye parvo bald in einer zweiten Auflage geglättet werden können.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler