Peters, Robert, Sprachgeschichte des lippischen Raumes (= Westfälische Beiträge zur niederdeutschen Philologie 15). Verlag für Regionalgeschichte, Bielefeld 2016. 134 S., 17 Abb. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Das Fürstentum Lippe, das nach einem 1113/1123 erstmals nachweisbaren Geschlecht benannt ist, hatte in dem Jahre 1900 eine Fläche von 1215 Quadratkilometern und 138000 Einwohner. Es ist also mit den großen deutschen Landschaften Bayern, Sachsen, Schwaben und Franken oder auch mit den gegenwärtigen Ländern der Bundesrepublik Deutschland in seiner Größe und seinem Gewicht kaum zu vergleichen. Dessenungeachtet hat es eine eigene Tradition mindestens von seinen hochmittelalterlichen Anfängen bis zu seinem Aufgehen in Nordrhein-Westfalen am 21. Januar 1947 und offensichtlich auch noch darüber hinaus.

 

Nach dem kurzen Vorwort des vorliegenden schlanken Werkes wurde sein in Lipperode bei Lippstadt 1944 als Staatsbürger des Freistaats Lippe in dem Deutschen Reich geborener, in Münster 1976 mit einer Dissertation über Nathan Chytraeus‘ Nomenclator Latinosaxonicus, Rostock 1582 (Ein Beitrag zur Erforschung der Lexikographie des 16. Jahrhunderts) promovierter, mit Valentina Diatlowa 2003 ein Wörterbuch des Verler Platts vorlegender Verfasser gebeten, für die im Entstehen begriffene „Lippische Geschichte“ einen Artikel zur Sprachgeschichte zu übernehmen. Die Vorarbeiten zu diesem geplanten Artikel waren aber so umfangreich, dass es sich anbot, den vorgesehenen Aufsatz zu einem kleinen Buch zu erweitern. Dieses gliedert sich nach einer Einleitung in zehn chronologisch geordnete Kapitel über Sprachvorgeschichte, lateinische und engrische Schriftlichkeit und Mündlichkeit im Frühmittelalter, den Sprachwandel vom Altsächsischen zum Mittelniederdeutschen im 12. Jahrhundert, die lateinische Schriftlichkeit und mittelniederdeutsche Mündlichkeit im 13. Jahrhundert, den Schreibsprachenwechsel vom Lateinischen zum Mittelniederdeutschen, die regionalen westfälischen Schreibsprachen, den Schreibsprachenwechsel von dem Mittelwestfälischen zum Hochdeutschen zwischen 1550 und 1650, die mediale Diglossie, den Sprechsprachenwechsel zum Hochdeutschen in den Städten zwischen 1850 und 1920 sowie den Sprechsprachenwechsel auf dem Lande von 1920 bis zur Gegenwart.

 

Seit dem Frühmittelalter gehörte das spätere Lippe mit den nahen Schreiborten Freckenhorst, Herzebrock, Soest, Paderborn, Corvey und Herford zu dem engrischen Sprachraum des Altsächsischen, der zur Zeit der Entstehung Lippes zu einem südwestfälischen Gebiet wurde und seit der Mitte des 13. Jahrhunderts in das Mittelwestfälische als Teil des Mittelniederdeutschen überging, wobei nach einer Untersuchung 60 Lippstädter und 120 Lemgoer Texte des 14. und 15. Jahrhunderts Lippstadt zu dem Übergangsgebiet von Südwestfälisch und Ostwestfälisch und Lemgo zum Ostwestfälischen zu zählen ist. Im Laufe der Neuzeit wurde zuerst in der Schreibsprache und danach auch in der Sprechsprache der Städte und des Landes das Mittelniederdeutsche durch das Hochdeutsche abgelöst. Diese gesamte Entwicklung dokumentiert der Verfasser knapp und klar an Hand zahlreicher Beispiele, so dass ihm insgesamt eine vorzügliche Sprachgeschichte des lippischen Raumes gelungen ist, welche die im Entstehen begriffene Lippische Geschichte sprachgeschichtlich bestens vorbereitet und ergänzt.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler