Bienert, Michael C., Zwischen Opposition und Blockpolitik. Die „bürgerlichen“ Parteien und die SED in den Landtagen von Brandenburg und Thüringen (1946-1952) (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien 171). Droste, Düsseldorf 2016. 595 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Als die alliierten Siegermächte nach dem Ende des zweiten Weltkriegs das Deutsche Reich in Besatzungszonen aufteilten, hatten sie unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft. Die Sowjetunion verfolgte die Zielsetzungen des Marxismus/Leninismus, die Vereinigten Staaten das Ideal des Liberalismus und Frankreich und Großbritannien versuchten die Zurückdrängung des deutschen Einflusses in Europa. Dementsprechend wurden auch unterschiedliche Parteien in den einzelnen Gebieten zugelassen und gefördert.

 

Einen Teilaspekt dieses Geschehens verfolgt der 1978 geborene, in Geschichte und Literaturwissenschaft/Germanistik in Potsdam ausgebildete Verfassers mit seiner von Manfred Görtemaker in Potsdam und Stefan Creuzberger in Rostock begleiteten, in einem langen Zeitraum von Jahren entstandenen, in dem Wintersemester 2013/2014 an der philosophischen Fakultät der Universität Potsdam angenommenen Dissertation. Sie gliedert sich nach einer Einleitung über ein Ende als Verwaltungsakt, Fragestellungen und Methodik sowie Forschungsstand und Quellenlage in sieben Kapitel. Sie betreffen den politischen Neuanfang in Thüringen und Brandenburg nach dem Zusammenbruch 1945/1946, die Sowjetunion und den Weg zur Bildung von Landtagen, den Beginn der parlamentarischen Arbeit, die begrenzten Möglichkeiten der Verfassungsberatungen und Gesetzgebung der Landtage, die Landtage und die Sowjetisierung der Besatzungszone, die Ausschaltung der „bürgerlichen“ Fraktionen und die gelenkten Landtage der zweiten Legislaturperiode von 1950 bis 1952.

 

Auf einer sachkundig ermittelten Grundlage archivalischer wie gedruckter Quellen verfolgt der Verfasser sorgfältig und abgewogen die allmähliche Entwicklung. Im Ergebnis stellt er mit der einstimmigen Annahme der die Länder auflösenden Gesetzesvorlage am 25. Juli 1952 das Ende des kurzen Kapitels der Landtage in der sowjetischen Besatzungszone bzw. Deutschen Demokratischen Republik, das im Herbst 1946 für viele „bürgerliche“ Abgeordnete vor allem der Christdemokraten und Liberaldemokraten mit hohen Erwartungen und großen Hoffnungen begonnen hatte, fest. Nach seinem klaren Urteil blieb die Geschichte der Landtage Ostdeutschlands auf Grund der Zielsetzungen der Sowjetunion und ihrer Sympathisanten eine Episode beispielhaften Scheiterns, die aber gleichwohl einen eigenen Wert hat, auf deren Grundlage auch in Zukunft der Einsatz für Rechtsstaatlichkeit, Meinungsfreiheit und Demokratie als wichtige Verpflichtung angesehen werden sollte.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler