Schuster, Franz, Thüringens Weg in die soziale Marktwirtschaft. Privatisierung, Sanierung, Aufbau. Eine Bilanz nach 25 Jahren. Böhlau, Köln 2015. 263 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Als die alliierten Siegermächte 1945 das Deutsche Reich in vier Besatzungszonen teilten, zeigte sich rasch, dass sie unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft hatten, die bald in Wettbewerb oder auch Gegensatz zueinander traten. Äußerlich gaben sie sich in nahezu gleicher Weise als ideal, obwohl innerlich durchaus der bloße Schein gesehen und gegenüber Vertrauten auch anerkannt werden konnte. Dementsprechend entstanden zwei Staaten mit durchaus unterschiedlichen Wirtschaftssystemen, die noch nach 40 Jahren ihre Vergangenheit äußerlich feiern konnten.

 

Als wenig später ziemlich unerwartet in der Deutschen Demokratischen Republik freie Wahlen zugestanden wurden, zeigte sich hinter dem äußeren Schein das wirkliche Sein. Dementsprechend erwies sich ein Wandel von der Planwirtschaft in die soziale Marktwirtschaft als unumgänglich. Der in Durlangen bei Schwäbisch Gmünd 1943 als Sohn eines Landwirts geborene, zum Diplom-Volkswirt ausgebildete, seit 1971 als Leiter des Instituts für Kommunalwissenschaften der Konrad-Adenauer-Stiftung tätige und nach der Herstellung deutscher Einheit zunächst zum kommissarischen Abteilungsleiter des Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit in Sachsen ernannte Franz Schuster übernahm unter Bernhard Vogel 1982 als Minister die Durchführung dieser Aufgabe. Im vorliegenden, mit einem Vorwort Bernhard Vogels ausgezeichneten Werk blickt er sachkundig nach 25 Jahren zurück.

 

Gegliedert ist die überzeugende Dokumentation nach einer Einführung in zehn Abschnitte. Sie betreffen den Weg von dem wirtschaftlichen Zusammenbruch der deutschen Demokratischen Republik zur Marktwirtschaft, den Auftrag der hierfür gebildeten Treuhandanstalt, die Privatisierung der Industrie und anderer Wirtschaftssektoren, die Restaufgaben der Treuhandanstalt und der ihr folgenden Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, Strukturentwicklungen und Privatisierungen in den fünf Regionen Mittelthüringen, Westthüringen, Nordthüringen, Ostthüringen und Südthüringen, den Arbeitsmarkt und die sozialpolitische Flankierung der Privatisierung, die Bilanz der Treuhandanstalt, die Industrialisierung, das strukturpolitische Instrumentarium und die Notwendigkeit der Fortführung des Aufbaus Ost im Ausbau Ost. Dabei zeigt sich, dass im Rahmen der politisch notwendigen Privatisierung bis 1994 rund 8000 Privatisierungen gelangen, die allerdings sehr hohe, von den Steuerzahlern auszugleichende Verluste mit sich brachten, aber letztlich Thüringen auf einen so guten Stand führten, dass es mit weiterer Unterstützung gelassen in die Zukunft blicken kann, wofür es nicht zuletzt dem Verfasser und Bernhard Vogel sehr zu danken hat.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler