Kotulla, Michael, Thüringische Verfassungsurkunden. Vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis heute. Springer, Berlin 2015. XXVI, 1129 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Das spätere Thüringen wird erstmals dadurch angedeutet, dass der antike Schriftsteller Vegetius um 400 Toringi erwähnt, die möglicherweise mit den Hermunduren oder den gotischen Terwingern verbunden werden können. Das von ihnen zwischen Donau, Main, Werra und Elbe errichtete Reich wird 531/534 von den Franken und Sachsen vernichtet und seine Angehörigen werden unter die Herrschaft der Franken gebracht. Die Güter der seit etwa 1039 sichtbaren Ludowinger fielen 1247 bei ihrem Aussterben in männlicher Linie an die wettinischen Markgrafen von Meißen und zersplitterten in der Folge in Sachsen sehr stark, bis sich 1920 nach der Abdankung der regierenden Fürsten sieben Freistaaten entgegen den Wünschen Preußens zu einem Land Thüringen des Deutschen Reiches zusammenschlossen, das dann aber in der Deutschen Demokratischen Republik zwischen 1952/1958 und 1990 aufgelöst war.

 

Angesichts dieser bewegten Geschichte ist auch die Verfassungsgeschichte Thüringens ziemlich vielfältig. Dementsprechend ist trotz des verständlichen Interesses an der formellen Verfassung als der wichtigsten Rechtsquelle eines politischen Gebildes eine Sammlung thüringischer Verfassungsurkunden eine umfangreiche und aufwendige Aufgabe. Nach dem Vorwort Michael Kotullas verdankt der vorliegende Band seine Entstehung nicht zuletzt den glücklichen Umständen, dass die Historische Kommission Thüringen e. V. bei der Erschließung und Beschaffung der erforderlichen Quellen Unterstützung zu Teil werden ließ und daß sehr interessierte und leistungsfähige Mitarbeiter gewonnen werden konnten.

 

Das gewichtige Werk bietet auf den Seiten 3ff. zunächst einen historischen Überblick, der nacheinander die Fürstentümer Reuß, das Herzogtum Sachsen-Hildburghausen, das Herzogtum Sachsen-Meiningen(-Hildburghausen), das Herzogtum Sachsen-Coburg(-Saalfeld/ und Gotha), das Herzogtum Sachsen-Gotha-Altenburg, das Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach/Großherzogtum Sachsen, das Herzogtum Sachsen-Altenburg und die schwarzburgischen Fürstentümer sowie die republikanischen Verfassungen sorgfältig und detailliert anspricht. Dem folgen als Verfassungsdokumente einerseits die monarchischen Verfassungen bis 1918 und andererseits die republikanischen  Verfassungen von 1919 bis zur Gegenwart. Insgesamt ist dabei in 48 Einheiten von dem Staatsgrundgesetz für das Herzogthum Gotha vom 25. März 1849 bis zur Verfassung des Freistaats Thüringen vom 25. Oktober 1993 mit vielfach zahlreichen Zusatzdokumenten ein bestmöglicher Überblick über thüringische Verfassungsurkunden geschaffen, der in gedruckter Form (einschließlich eines Stichwortverzeichnisses) wie in digitaler Form eine vorzügliche Grundlage für die thüringische und deutsche Verfassungsgeschichte der beiden vorigen Jahrhunderte bieten kann.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler