Herbert, Ulrich, Best – Biographische Studien über Radikalismus, Weltanschauung und Vernunft 1903 – 1989. Beck, München 2016.710 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

(Karl Rudolf) Werner Best wurde in Darmstadt am 10. Juli 1903 als ältester Sohn  eines Postinspektors geboren. Nach dem frühen Tode seines Vaters zu Beginn des Ersten Weltkriegs und der Zuwendung zu dem Nationalismus bereits als Gymnasiast studierte er ab 1921 in Frankfurt am Main, Freiburg im Breisgau, Gießen und Heidelberg Rechtswissenschaft, wurde Mitglied des antisemitisch eingestellten Deutschen Hochschulrings und promovierte nach zwischenzeitlicher Verhaftung und Verurteilung 1927 mit einer Dissertation zur Frage der gewollten Tarifunfähigkeit. In der Folge wurde er Obergruppenführer der SS, Stellvertreter Reinhard Heydrichs in der Führung des Sicherheitsdiensts (1934-1940), hoher Offizier der Wehrmacht in der Militärverwaltung des Deutschen Reiches in Frankreich (1940-1942) und Statthalter des Deutschen Reiches in Dänemark (1942-1945).

 

Der in Düsseldorf 1951 geborene, ab 1971 in Freiburg im Breisgau in Geschichte, Volkskunde und Germanistik ausgebildete, 1985 mit einer Dissertation über Fremdarbeiter im Dritten Reich promovierte und in Tel Aviv fortgebildete Verfasser beschäftigte sich  bereits vor 1992 in seiner Hagener Habilitationsschrift mit Best als dem führenden Ideologen und Organisator der Geheimen Staatspolizei während der nationalsozialistischen Herrschaft. Das 1996 erstmals veröffentlichte Werk ist seitdem auf ungewöhnliches Interesse gestoßen. Fünf Auflagen in dem Verlag J. H. W. Dietz Nachf. GmbH in Bonn im Umfang von 695 S. folgt nunmehr nach einer Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert an prominenter Stelle (2014) die sechste Auflage des seit 1995 in Freiburg im Breisgau wirkenden Verfassers.

 

Nach einer Einleitung zur im Wesentlichen unveränderten  Neuauflage 2016 folgt der Text in drei Teilen. Ihre sieben Abschnitte betreffen nach einem Prolog über Rheinhessen nach dem Krieg die Nachkriegsjugend, die Politik gegen die Republik, die politische Polizei im Dritten Reich, Frankreich, Dänemark, Fall und Wiederaufstieg sowie  Vergangenheit und Gegenwart. Insgesamt zeigt der Verfasser vorbildlich und spannend einem erweiterten Leserkreis nochmals den Lebensweg eines in führenden Aufgabenbereichen wirkenden  Nationalsozialisten zwischen Radikalismus, Weltanschuung und Vernunft, auf dem zwar zahlreiche Verbrechen geschahen, eine Bestrafung der eigenen Taten aber bis zu dem Tode in Mülheim am 23. Juni 1989 im Alter von 85 Jahren trotz und wegen umfangreicher Aktivitäten und Verbindungen in Judikative wie Legislative in der Bundesrepublik Deutschland vermieden werden konnte.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler