Heller, Hans-Detlef, Die Zivilrechtsgesetzgebung im Dritten Reich. Die deutsche bürgerlich-rechtliche Gesetzgebung unter der Herrschaft des Nationalsozialismus. Anspruch und Wirklichkeit. Monsenstein und Vannerdat, Münster 2015. 604 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Da das Recht im Laufe der menschlichen Geschichte mehr und mehr durch Gesetzgebung entsteht, ist die Geschichte der Gesetzgebung innerhalb der Rechtsgeschichte von zunehmender Bedeutung. Wilhelm Ebel hat sich ihr 1956 in einer schlanken grundlegenden Studie gewidmet, die 1958 eine zweite Auflage und 1988 einen Neudruck erfuhr. Der in Magdeburg 1927 geborene, nach dem Wehrdienst im Rechtswissenschaft, Betriebswirtschaftslehre, Italienisch und Geschichte ausgebildete, in Köln 1967 mit einer Dissertation über Entlassungen im Konkursverfahren über das Vermögen des Arbeitgebers promovierte Verfasser vertieft die dortigen Erkenntnisse an einem besonders interessanten Gegenstand in dem vorliegenden, von dem Autor selbst und damit nicht wirklich optimal professionell gesetzten Werk.

 

Unmittelbar nach seinem Bekanntwerden fand es das Interesse eines sehr sachkundigen Rezensenten. Leider konnte der Verlag bisher kein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellen. Deswegen sind an dieser Stelle nur wenige allgemeiner Bemerkungen des Herausgebers möglich.

 

Gegliedert ist es nach einer Einleitung über Thema, Quellen, Forschungsstand und Methodik sieben Abschnitt. Dabei untersucht der Verfasser zunächst, was den Nationalsozialisten (Nazis) vorschwebte und was die Juristen (Lange, Dölle, Stoll, Schmitt, Larenz, Siebert) daraus kritisch und theoretisch machten. Danach wendet er sich der Akademie für deutsches Recht, dem Volksgesetzbuch, der Stoßtruppfakultät und Organisationsvorschlägen von Einzelpersonen zu.

 

Im Anschluss hieran betrachtet er die nationalsozialistisch(e!) geprägte Gesetzgebund der Frühzeit, die konservative Gesetzgebung des Reichsjustizministeriums (Ehescheidungsrecht, Ehegesetz, anderes Familienrecht, Testamentsrecht, anderes Erbrecht, Verschollenheitsrecht, andere Rechtsgebiete) und die Willensbildung bei der Gesetzgebung. im Mittelpunkt steht dabei die Frage, inwieweit des Deutschen Reiches Rechtsordnung dieses bürgerlichen Bereichs zwischen 1933 und 1945 in nationalsozialistischen Geist verändert wurde. In einer Schlussbetrachtung fasst der Autor seine Erkenntnisse zusammen.

 

Danach wurde die nationalsozialistische Forderung nach Ersetzung des in Deutschland angeblich geltenden römischen Rechtes durch ein deutsches Gemeinrecht nicht einmal in Ansätzen in die Tat umgesetzt. Dem anfangs erhobenen Anspruch folgte keine weitere Wirklichkeit. Insofern blieb das Zivilrecht im Dritten Reich in weiten Teilen von der nationalsozialistischen Ideologie nur wenig berührt.

 

Gestützt werden diese Einsichten durch nahezu 3000 anhängend beigegebene Anmerkungen. Hilfreich ist der Anhang mit den gesetzlichen Änderungen des bürgerlichen Rechtes während des Dritten Reiches, geordnet nach der Systematik des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf den Seiten 517 bis 521. Ein Verzeichnis der benutzten Quellen, ein Verzeichnis der verwendeten Literatur (527-584) und ein Personenverzeichnis von Abbenrath bis Zöllner runden die ansprechende, wenn auch die Frage, „weshalb die tatsächlich vorgenommenen Änderungen der Gesetze auf dem Zivilrechtssektor so wenig nationalsozialistischen Geist hauchten“, noch nicht endgültig optimal beantwortende  Leistung ab.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler