Eberle, Henrik, „Ein wertvolles Instrument“. Die Universität Greifswald im Nationalsozialismus. Böhlau, Köln 2015. 898 S. Angezeigt von Gerhard Köbler.

 

Die 1456 gegründete Universität Greifswald nahe der Ostsee an dem Fluss Ryck „in der wirtschaftlich und kulturell am tiefsten stehenden preußischen Provinz“ (Gustav Aubin) gehörte 1930 zu den kleinsten deutschen Hochschulen. An ihr waren zu dieser Zeit 2345 Studierende immatrikuliert, davon 530 in den Staats- und Rechtswissenschaften (1944/1945 156). Bei 132 Professoren und Privatdozenten ergab sich daraus eine Betreuungsrelation von statistisch 17,7 Studierenden pro Hochschullehrer, die sich nicht wesentlich von den Verhältnissen in Berlin unterschied (19 Studierende je Hochschullehrer).

 

In jedem Falle verdient ihre Geschichte während der nationalsozialistisch beherrschten Zeit, wie sie der Verfasser vorgelegt hat, uneingeschränkte Beachtung. Deswegen hat das Werk unmittelbar nach seiner Ankündigung auch das Interesse eines sachkundigen Rezensenten erweckt. Dessenungeachtet kann angesichts der Publikationsdauer vorweg in einigen wenigen Zeilen auf die gewichtige Arbeit des 1970 geborenen, in Halle an der Saale lebenden, Wissenschaftsgeschichte und Diktaturgeschichte erforschenden Historikers  hingewiesen werden.

 

Gegliedert ist das umfangreiche Werk außer in eine Einleitung  und einen Anhang in sieben Sachkapitel. Sie betreffen die Universität Greifswald in der Weimarer Republik, das Jahr 1933, Studieren an der Ernst-Moritz-Arndt-Universität, die wissenschaftliche Selbstprofilierung der Universität, die Universität im Kriege, die Universität im Schwebezustand und die Entnazifizierung sowie ein biographisches Lexikon des engeren Lehrkörpers zwischen 1933 und 1945, das für die rechts- und staatswissenschaftliche Fakultät die Seiten 640 bis 672 (von Biermann bis Forstmann rund 35 Gelehrte u. a. Frommhold, Jahrreiß, Klingmüller, Köttgen, Günther Küchenhoff, Langen, George Löning, Paul Merkel, Karl Peters, Erwin Seidl, Stampe, Hans-Jürgen Bruns, Kurt Emig, Josef Esser, Herrfahrdt, Rehfeldt, Rühland, Gemmingen-Hornberg, Hamel sowie Ulrich von Lübtow) einnimmt. Zahlreiche Abbildungen veranschaulichen die detaillierten Ausführungen, welche die Menschlichkeit vieler einzelner Verhaltensweisen der unterschiedlichen Beteiligten bei der Gestaltung und Erhaltung eines „wertvollen Instruments“ an einem idyllischen Ort in einer problematischen Zeit deutlich erkennen lassen.

 

Innsbruck                                                       Gerhard Köbler.