Rieble, Volker, Das Wissenschaftsplagiat. Vom Versagen eines Systems. Klostermann, Frankfurt am Main 2010. 120 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Zu den erfolgreichsten Lerntechniken des mit Vernunft begabten Menschen zählt auch die von Anfang an durchgeführte Übernahme fremden Wissens. Während sie in Antike und Mittelalter im Wesentlichen jedermann völlig frei stand, entwickelte sich in der Neuzeit die Vorstellung, dass die Übernahme fremden Wissens zumindest in der Wissenschaft der Allgemeinheit in besonderer Weise kund gemacht werden muss. Niemand darf fremde Gedanken als eigene Gedanken ausgeben, so dass jeder die Übernahme fremder Gedanken in ein eigenes Werk als Übernahme durch die Verwendung von Anführungszeichen und Herkunftshinweisen zu erkennen geben muss, will er nicht ein Plagiat herstellen.

 

Der in Karlsruhe 1961 geborene Verfasser wurde nach dem Studium der Rechtswissenschaft und er Volkswirtschaftslehre in Freiburg im Breisgau 1989 mit einer Dissertation über die Kontrolle des Ermessens der betriebsverfassungsrechtlichen Einigungsstelle promoviert und 1996 mit einer Schrift über Arbeitsmarkt und Wettbewerb - der Schutz von Vertrags- und Wettbewerbsfreiheit im Arbeitsrecht habilitiert. 1998 wurde er nach Mannheim berufen, 2004 an das von Arbeitgeberverbänden mittels der dafür gegründeten Stiftung für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht gegründete Zentrum für Arbeitsbeziehungen und Arbeitsrecht der Universität München. Sein vorliegendes schmales Werk behandelte das häufige, weithin totgeschwiegene Wissenschaftsplagiat, ohne dass der konkrete Ausgangspunkt des Erkenntnisinteresses augenfällig gemacht wird.

 

Gegliedert ist die eine alte Verfahrensweise aktuell und kritisch aufgreifende Untersuchung in die sechs Abschnitte rechtswissenschaftliche Plagiatsphänomenologie (Prüfungsmogeleien, Raubfische im Wissenschaftsteich, für die als Hecht Hans-Peter Schwintowski namentlich genannt wird, gewerbsmäßiges Plagiieren aus der Strafverbüßung heraus, open access als Plagiatshilfe), untaugliche Abhilfeversuche, wissenschaftsrechtlicher Plagiatsbegriff, die Frage nach effektiver Plagiatabwehr, die wissenschaftsöffentliche Plagiatsaufdeckung als außerrechtliche Alternative und ein kurzes Ergebnis. Dabei kommt der Verfasser zu dem Schluss, dass nicht zu erwarten sei, dass Wege zur Plagiatabwehr in der eigentlich erforderlichen Weise beschritten werden, weil schon zu lange nichts geschehen sei, weil die Wissenschaft und ihre Verbände zur an sich erforderlichen Selbstreinigung nicht fähig seien. Ob sein Vorschlag der wissenschaftsöffentlichen Diskussion der Plagiate unter Nennung von Täter, Opfer und Werk wirklich Erfolg verspricht, wird man angesichts der Menschlichkeit des Menschen bezweifeln müssen, so anerkennenswert sein grundsätzlicher Aufruf als solcher auch ist - jedenfalls ist bisher seine auf allgemeines Interesse deutende zweite Auflage noch nicht gesichtet.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler