Heller, Kevin Jon, The Nurenberg Military Tribunals and the Origins of International Criminal Law. Oxford University Press, Oxford 2012. XVIII, 509 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

In der um eine 1050 erstmals erwähnte, anscheinend vorsalische Grundlagen aufweisende Reichsburg auf ursprünglich bayerischem Siedlungsboden an der Pegnitz erwachsenden Reichsstadt Nürnberg hatte nach der Goldenen Bulle Kaiser Karls IV. jeder neugewählte deutsche König seinen ersten Reichstag abzuhalten und wurden von 1424 bis 1796 die Reichskleinodien aufbewahrt. Hieran knüpfte Adolf Hitler an, indem er die Reichsparteitage der Nationalsozialistischen deutschen Arbeiterpartei auf dem eigens dafür errichteten Reichtagsgelände durchführte und 1938 die Reichskleinodien zumindest für einige Jahre wieder von Wien zurückführte. Folgerichtig ließen die alliierten Siegermächte des zweiten Weltkriegs in Nürnberg vom 18. 10./14. 11. 1945 bis 1. 10. 1946 die Prozesse gegen (14 bzw.) 22 nationalsozialistische Hauptkriegsverbrecher wegen Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Mitgliedschaft in einer verbrecherischen Organisation mit 12 Todesurteilen durch Hängen gegen Hermann Göring, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel, Ernst Kaltenbrunner, Alfred Rosen­berg, Hans Frank, Wilhelm Frick, Julius Streicher, Fritz Sauckel, Alfred Jodl, Arthur Seyß-Inquart und Martin Bormann stattfinden, denen bis 11. 4. 1949 12 weitere Verfahrengegen 182 Angeklagte angeschlossen wurden (24 Todesurteile), mit denen sich das vorliegende stattliche Werk befasst.

 

Sein Verfasser wurde in Leiden zum PhD und in Stanford zum JD promoviert, nachdem er den Bachelor und Master in Soziologie an der New School for Social Research und den Master in literature an der Duke University mit Auszeichnung erworben hatte. Er lehrte zuletzt als Associate Professor and Reader in der Melbourne Law School, an der er Strafrecht und internationales Strafrecht vertrat. Etwa gleichzeitig war er durch ein Handbuch der Strafrechtsvergleichung sowie bereits 1998 durch ein Gemeinschaftswerk mit Eleanor Kaufman (Deleuze & Guattari - new mappings in politics, philosophy and culture) hervorgetreten.

 

Sein jetziges Werk begann in Georgia, wurde in Auckland fortgesetzt und konnte in Melbourne abgeschlossen werden. Es gliedert sich nach einer kurzen Einführung in 16 Kapitel, die sich eindringlich mit der Geschichte, dem Verfahren und den einzelnen Anklagepunkten auseinandersetzen und im Anhang eine Übersicht über die Angeklagten und einen Abdruck wichtiger Dokumente enthalten. Auf der Grundlage vor allem angelsächsischer Literatur vermittelt der Verfasser einen wertvollen Überblick über die Verbindung der Nürnberger Prozesse mit den Anfangsgründen des internationalen Strafrechts.

 

Innsbruck                                                                   Gerhard Köbler