Juristische Hermeneutik zwischen Vergangenheit und Zukunft, hg. v. Meder, Stephan/Carlizzi, Gaetano/Mecke, Christoph-Eric/Sorge, Christoph. Nomos, Baden-Baden 2012. 245 S. Besprochen von Gerhard Köbler.

 

Ziel der Hermeneutik und der Interpretation ist es, wie die Herausgeber in ihrem kurzen Vorwort klarlegen, von Anfang an, vor allem Texte eines Verfassers anderen verständlich zu machen. Dafür entwickeln bereits Altertum und Mittelalter eine grundsätzlich regelgeleitete Praxis der Interpretation. Seit der Neuzeit kommt die methodologische Reflexion hinzu, so dass zwischen Hermeneutik als Praxis der Interpretation und Hermeneutik als Theorie der Herkunft, Legitimation und Funktion von Interpretationsmethoden unterschieden wird.

 

Zur Erörterung von damit verbundenen Fragen trafen sich in Frankfurt am Main im August 2011 im Rahmen des 25. Weltkongresses der internationalen Vereinigung für Rechts- und Sozialphilosophie vorzügliche Sachkenner zu einem Workshop. Sie erörterten eine Reihe bedeutsamer Fragen der Vergangenheit wie der Zukunft der seit Entdeckung der Individualität jedes Interpreten für die Interpretation jedes Textes an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert neu gesehenen Hermeneutik. Der vorliegende Band stellt die dabei gewonnenen Erkenntnisse leicht greifbar jedermann zur Verfügung.

 

Er beginnt mit der Untersuchung der juristischen Hermeneutik Francis Liebers (1800-1872) durch Stephan Meder und endet mit der grundsätzlichen fragenden Gegenüberstellung von Zetetik und Dogmatik in der juristischen und theologischen Hermeneutik durch denselben Autor. Dazwischen vergleicht Christoph-Erich Mecke Puchtas und Savignys Hermeneutik, Martin Avenarius die unterschiedlichen Gedankengänge Gadamers und Wieackers, während Gaetano Carlizzi historische und theoretische Hauptfragen der gegenwärtigen juristischen Hermeneutik darstellt, José Antonio Seoane historische Bemerkungen zu Hermeneutik und Typus vorträgt und Christoph Sorge hermeneutisch-rhetorische Traditionen der Rechtsfindung behandelt. Leider werden die vielfältigen interessanten Darlegungen dem Leser nur durch Inhaltsverzeichnis, Vorwort und Autorenverzeichnis aufgeschlossen, nicht dagegen auch durch ein Sachregister, doch wird dies den Interessierten nicht abhalten, sich mit den neuesten Überlegungen zur Hermeneutik so rasch wie möglich vertraut zu machen.

 

Innsbruck                                                                               Gerhard Köbler