VORWORT
Die geschichtliche Entwicklung der Menschen in der
irdischen Weite hat bewirkt, dass die vielleicht ursprünglich an einem Ort
unter wenigen Wesen entstandene Sprache, mit deren Hilfe die Menschen am
leichtesten Wissen ermitteln und vermitteln können, in der Gegenwart keine
einzige große Einheit bildet. Vielmehr sprechen die auf etwa 200 Staaten
aufgeteilten sechs Milliarden Erdenbürger des beginnenden 21. Jahrhunderts weit
mehr als fünftausend unterschiedliche Sprachen (geschätzt 6500, davon mehr als
die Hälfte mit weniger als zehntausend Sprechern, 1500 mit weniger als 1000
Sprechern, 96 Prozent der Sprachen werden von nur 4 Prozent der Weltbevölkerung
gesprochen). Deshalb kann weder ein einziger Mensch mit allen anderen Menschen
noch wenigstens eine Mehrheit der Menschen mit einer anderen Mehrheit
unmittelbar sprachlich Wissen tauschen, sondern zahlreiche Minderheiten
verstehen sich problemlos nur unter sich selbst.
In auffälligem Gegensatz zu dieser geschichtlich
entstandenen politischen und sprachlichen Aufspaltung und Unterschiedlichkeit
verdichtet und vereinheitlicht sich in der Gegenwart das gesamte irdische
Zusammenleben immer rascher. Mit Hilfe der modernen Verkehrsmittel kann jeder
Mensch jeden beliebigen Ort der Erde in wenigen Tagen oder Stunden erreichen.
Durch die elektronische Datenverarbeitung ist es sogar möglich geworden, in
Sekundenschnelle jede Nachricht unabhängig von Meeren, Bergen, Wüsten, Flüssen,
Schranken und Zäunen an außerordentlich vielen Stellen fast überall verfügbar
zu machen.
Damit müssen auch die unterschiedlichen
Sprachgemeinschaften und Rechtsordnungen notwendigerweise in immer engere
Verbindung zueinander treten. Geschäfte werden immer häufiger mit ausländischen
Partnern abgeschlossen. Leistungen werden immer öfter in oder aus fremden
Ländern erbracht.
Die dadurch wachsende moderne globale
Internationalisierung zeigt sich für uns Europäer am deutlichsten in der
Europäischen Union. Zwar wird dort noch für lange Zeit das jeweilige
partikulare Recht vorherrschen. Aber schon seit vielen Jahren werden an allen
Stellen gesamteuropäische Gemeinsamkeiten immer klarer sichtbar, ist die
gesamteuropäische Zusammenarbeit längst Wirklichkeit geworden und bricht sich
europäisches Recht und als augenfälligste Erscheinungsform seit 2002 europäisches
Geld in den europäischen Staaten allerorten Bahn.
Umso wichtiger wird es von Tag zu Tag, fremde
Sprachen und die in ihnen ablaufenden Wirklichkeitsausschnitte zu kennen und zu
begreifen. Nicht umsonst verwenden die europäischen Gemeinschaften umfangreiche
Mittel für Kommunikationsprogramme wie Erasmus, Sokrates oder Leonardo. Nicht
ohne Grund gewinnt auch für den Juristen das außerdeutsche Recht immer mehr an
Gewicht.
Über die Kenntnis der eigenen Rechtsordnung hinaus
wird von ihm heute aus den tatsächlichen Gegebenheiten heraus immer öfter auch
Wissen über fremde Rechtsordnungen erwartet. Dieses steht dem Einzelnen aber
aufgrund seiner stets begrenzten Studienzeit jeweils nur in beschränktem Umfang
zur Verfügung. Darüber hinaus ist es selbst hier in seinem Bestand von
ständiger Veränderung bedroht.
In dieser schwierigen Lage ist es zwar theoretisch
an sich in jedem internationalen Rechtsfall erforderlich, umfangreiche
Vergleiche der unterschiedlich artikulierten betroffenen Rechtsordnungen anzustellen,
was dem am leichtesten fällt, der sie kurz vorher durch kostbare Lebenszeit
verschlingende Studien kennen gelernt hat. Dieser zeitliche Aufwand ist aber
immer nur einigen und für jeweils eine oder höchstens zwei fremde
Rechtskulturen möglich. Umfassende, erhebliche Anstrengungen und beträchtliche
Mittel erfordernde Terminologiebanken stehen dem Einzelnen, insbesondere dem
Studierenden oder dem praktisch tätigen Juristen, kaum jemals wirklich für die
Alltagsarbeit zu Gebote. Vielmehr muss er sich in der zur sofortigen Lösung
zwingenden Wirklichkeit zumindest vorläufig mit dem klaren schlichten
mehrsprachigen Wörterbuch bescheiden, so bedauernswert dies dem
auslandsrechtlichen Spezialisten auch erscheinen mag. Um jedem ein
unmittelbares Hilfsmittel in besonders einfacher und preiswerter Form für die
gegenwärtig aktuellen Fragen zur Verfügung
zu stellen, habe ich mit dem Ziel integrativer europäischer Legistik auf der
sachlichen Grundlage meines in vielen Auflagen vorliegenden, von einem
geschichtsgetreuen gemeineuropäischen Ausgangspunkt aus alle Rechtsgebiete
angemessen einbeziehenden deutschen Juristischen Wörterbuchs mit Hilfe mehrsprachiger Mitarbeiter zweisprachige Übersichten über
den gegenwärtigen Grundwortschatz
wichtiger Fremdsprachen hergestellt. Sie sollen trotz aller mit dieser
demokratisierenden Zugangsvereinfachung verbundenen Schwierigkeiten wie andere
Wörterbücher auch – nicht die fremde Sprache erstmals lehren, sondern nur -
jedermann auf der Grundlage seiner mitgebrachten Kenntnisse und Fähigkeiten
grundsätzlich in den Stand versetzen, im Rechtskernbereich fremde
Rechtswörter in der eigenen Sprache zu verstehen und eigene Rechtswörter in der
fremden Sprache zum Ausdruck zu bringen.
An die Spitze gestellt habe ich dabei das weltweit besonders bedeutsame Neuenglische (370 Millionen Muttersprachler, vielleicht eine Milliarde Zweitsprachler). Für dieses sind in einem ersten deutsch-englischen Teil zu den besonders wichtigen deutschen Rechtswörtern, also keineswegs den wichtigsten deutschen Wörtern der Alltagssprache insgesamt, in sachlicher Ordnung die bedeutsamsten britischen und (bzw. oder) amerikanischen Entsprechungen ermittelt worden, wobei dem Benutzer zuliebe in einfacher Art und Weise die einschlägigen grammatikalischen Kategorien und bei Bedarf zusätzlich sachliche Bedeutungshinweise (in der Form einfacher Synonyme) mitgeteilt wurden. Umgekehrt stehen in einem zweiten streng wechselbezüglichen englisch-deutschen Teil den bedeutsamsten britischen und (bzw. oder) amerikanischen Stichwörtern in alphabetischer Reihenfolge die gängigsten deutschen Übersetzungen der Rechtssprache gegenüber. Ein kurzer vorangestellter Überblick über das englische Rechtssystem und das amerikanische Rechtssystem bietet dabei dem Benutzer über das formal geordnete Mosaik der Einzelwörter hinaus eine erste systematische Orientierungsgrundlage, die er mit Hilfe der beigefügten Literaturhinweise jederzeit selbst erweitern kann.
Wer im Übrigen die sachlichen Inhalte der deutschen Rechtswörter näher kennen lernen will, kann dazu mein Juristisches Wörterbuch verwenden. Wer sich entstehungsanalytisch für die geschichtliche Herkunft der deutschen Rechtswörter interessiert, kann mein im Mohr-Verlag (Tübingen) veröffentlichtes Etymologisches Rechtswörterbuch zu Rate ziehen. Wer die sachgeschichtlichen Hintergründe erfahren will, kann mein Lexikon der europäischen Rechtsgeschichte manuell oder elektronisch befragen.
Die besondere Konzeption und
Ausführung der einfachen, aus didaktischen Überlegungen vom allgemeinen
Grundwort (z. B. Recht) ausgehenden und zu seiner besonderen Ausprägung (z. B.
internationales Privatrecht) hinführenden, benutzerfreundlich alphabetisch
geordneten, wegen ihrer schlichten überzeugenden Gestaltung als zuverlässig,
nützlich, durchdacht, gelungen, wertvoll, gut, ausgezeichnet oder hervorragend
bewerteten Hilfsmittel internationaler Lexikographie (Interlex), wie sie
inzwischen im Zentrum integrativer europäischer Legistik außer für
Rechtsdeutsch (Juristisches Wörterbuch, 13. A. 2004) für Rechtsenglisch,
Rechtsfranzösisch, Rechtsitalienisch, Rechtsspanisch, Rechtsrussisch,
Rechtspolnisch, Rechtschinesisch, Rechtstürkisch, Rechtstschechisch,
Rechtsfinnisch, Rechtsungarisch und Rechtsgriechisch vorliegen und für weitere
wichtige Sprachen (Portugiesisch, Japanisch, Rumänisch, Koreanisch usw.)
bearbeitet bzw. geplant werden, sind nicht zuletzt wegen des
Preis-Leistungs-Verhältnisses auf so großes Interesse der Öffentlichkeit
gestoßen, dass nunmher auch das Bulgarische erfasst werden konnte.
Der deutsche Grundwortschatz
umfasst rund 12000 Stichworte. Die Zahl der griechischen Gegenstücke beträgt
rund 12500. Daraus sind ungefähr 20000 beidseitig begehbare
Übersetzungsgleichungen gebildet. Ihre lateinische Transkription machte eine
Erhöhung des Umfangs unausweichlich.
Zu danken habe ich für die
Erarbeitung Marijka Dimitrova, Georgi Kabbe und Hristo Berov, für die formale
Gestaltung Veronika Schönegger, Josef Schönegger und Eva Tiefenbrunner sowie
für die wirksame Betreuung dem mir seit langem verbundenen Verlag. Möge unsere
gemeinsame, für fördernde Anregungen stets offene und dankbare Anstrengung
(nobody is perfect) dazu beitragen, dass die gegen leistungsfeindlichsten
örtlichen Widerstand gelungenen Rechtswörterbücher internationaler Lexikographie
des Zentrums integrativer europäischer Legistik den Einstieg in die globale
moderne Welt der internationalen Jurisprudenz für jedermann eröffnen.
Hinweisen lässt sich bei
dieser Gelegenheit vielleicht noch darauf, dass Anregungen mich am schnellsten
erreichen über meine e-mail-Adresse Gerhard.Koebler@uibk.ac.at. Viele meiner
Arbeiten sind ganz oder teilweise im Internet unter der Adresse http://www.koeblergerhard.de
einsehbar. Dort haben auch die aktuellsten jusnews, das zusammenfassende Wer
war wer im deutschen Recht sowie die schlichten Anfänge eines systematisch
orientierenden Fernkernlernkurses einen ersten einfachen Platz.
In veritate libertas! Ceterum censeo corruptionem esse delendam! Felix faustusque veridicus!
Nürnberg, den 31. Oktober
2005 Gerhard
Köbler