Köbler, Gerhard
Lateinisches Abkunfts- und Wirkungswörterbuch.
Alfred Söllner zum 75. Geburtstag
2005
Vielleicht im zweiten Jahrtausend vor Christi
Geburt lösen sich aus den wissenschaftlich erschlossenen Indogermanen die
Italiker. Wahrscheinlich zu Beginn des ersten vorchristlichen Jahrtausends
dringen sie nach Süden auf die später nach ihnen benannte Halbinsel des
Mittelmeers vor. Eines ihrer Völker lässt sich in der Latium genannten
Landschaft nieder.
Ihre lingua Latina
sprechen auch die Gründer Roms. Der Sage nach errichten sie 753 v. Chr. ihre
kleine Stadt am Tiber. Aus ihr wird in einigen Jahrhunderten die Hauptstadt
eines das Mittelmeer umspannenden Imperiums.
Des Schreibens kundig zeichnen seine
Angehörigen viele ihrer Gedanken auf. Ziemlich am Beginn steht dabei das
451/450 v. Chr. mit griechischer Erfahrung geschaffene Zwölftafelgesetz, das
zur Grundlage der bewundernswerten Jurisprudenz der Römer wird. Ihre Ergebnisse
werden am Ende des römischen Weltreichs von Kaiser Justinian
zwischen 527 und 533 n. Chr. nochmals zusammengefasst und dadurch im Kern der
gesamten Menschheit erhalten.
In diesen rund 1000 Jahren sichtbarer
Überlieferung entwickelt sich die lateinische Sprache vom Altlateinischen bis
zum Spätlateinischen. Ihre eindrucksvollsten Zeugnisse entstammen der späten
Republik, in der Cicero und Cäsar schreiben. Sie bezeugen dass
klassische Latein, in dem sich die römische Antike
vorbildlich verewigt.
Demgegenüber bewirkt die Eroberung Roms und
seiner westlichen Provinzen durch germanische Stämme eine Veränderung der
lateinischen Sprache. Das spätantike Latein wird zum Mittellatein des
Mittelalters sowie zu den romanischen Sprachen (Italienisch, Spanisch,
Portugiesisch, Französisch, Rätoromanisch, Ladinisch, Rumänisch usw.). Obwohl
es in vielen Gebieten als Sprache der Kirche Überlieferungssprache bleibt,
verändert es sich doch in vielen einzelnen Beziehungen.
In der Renaissance der beginnenden Neuzeit
erfolgt demgegenüber eine Rückbesinnung auf das klassische Latein. Dieses
übernimmt in seiner weitgehend wiederhergestellten Form die Aufgabe der
gelehrten Wissenschaftssprache. Erst in den späteren Nationalstaaten wird es
aus dieser Rolle mehr und mehr verdrängt.
Für seine Freunde behält es jedoch auf Dauer
seinen Wert. Aus diesem Grunde ist auch heute noch ein einfaches Wörterbuch
interessant, welches das Latein in Abkunft und Wirkung in einfachster Weise
wiedergibt und damit seine Einzelgeschichte knapp und klar zur Darstellung
bringt. Es muss auf seine Wurzeln ebenso hinweisen wie auf sein Weiterleben.
Dies bedeutet hauptsächlich eine Verknüpfung mit dem Indogermanischen
einerseits und (aus deutscher Sicht zumindest vorläufig) mit den
germanistischen Sprachstufen (Germanisch, Althochdeutsch, Altsächsisch, Altniederfränkisch,
Altfriesisch, Altenglisch, Altnordisch, Gotisch, Mittelhochdeutsch,
Mittelniederdeutsch, Mittelniederländisch und Neuhochdeutsch) andererseits.
Bei einem geschätzten Gesamtwortschatz des
antiken Latein von etwa 100000 Wörtern, von denen das
Handlexikon Georges’ vielleicht 65000 Wörter belegt, dürfte mit rund 30000
Wörtern der wichtigste Kernwortschatz erfasst sein. Er wird in alphabetischer
Ordnung in völlig einheitlicher Art und Weise (Stichwort, Sprachangabe,
grammatikalische Angaben, neuhochdeutsche Bedeutungen, eventuelle Verweise und
Hinweise, Quelle, Interferenz, Etymologie, Redewendung, Weiterleben, Sonstiges,
Literaturangaben) möglichst kurz erfasst. Siglen und zugehörige Jahreszahlen
zeigen das erste Erscheinen in der Überlieferung an.
Möge auch mit diesem ausbaufähigen Hilfsmittel
der Zugang zur Geschichte erleichtert werden.
Erlangen Gerhard
Köbler
Lateinisches Abkunfts- und Wirkungswörterbuch
Neuhochdeutsch-Lateinisches Wörterbuch 2005 (65876
Ansätze)