Französische Verfassung
vom 3. September 1791
Da die Nationalversammlung die
Französische Verfassung auf den Grundsätzen aufbauen will, die sie eben
anerkannt und erklärt hat, schafft sie unwiderruflich die Einrichtungen ab,
welche die Freiheit und die Gleichheit der Rechte verletzen.
Es gibt keinen Adel mehr, keinen Hochadel, keine erblichen
Unterschiede, keine Standesunterschiede, keine Lehnsherrschaft, keine
Patrimonialgerichtsbarkeiten, keine Titel, Benennungen und Vorrechte, die davon
herrührten, keinen Ritterorden, keine Körperschaften oder Auszeichnungen, die
Adelsproben erforderten oder die auf Unterschieden der Geburt beruhten, und
keine andere Überlegenheit als die der öffentlichen Beamten in Ausübung ihres
Dienstes.
Kein öffentliches Amt kann mehr gekauft oder ererbt werden.
Für keinen Teil der Nation, für kein Individuum gibt es
mehr irgendein Privileg oder eine Ausnahme vom gemeinsamen Recht aller
Franzosen.
Es gibt keine Zünfte mehr, keine Körperschaften von
Berufen, Künsten oder Handwerken. Das Gesetz anerkennt keine geistlichen
Gelübde noch irgendwelche andere Verbindlichkeiten, die den natürlichen Rechten
oder der Verfassung entgegenstehen.
Titel I.
Grundeinrichtungen, von der Verfassung verbürgt
Die Verfassung verbürgt als natürliche und bürgerliche
Rechte:
1. daß alle Staatsbürger zu allen Stellungen und Beamtungen zugelassen sind
ohne einen anderen Unterschied als den ihrer Tugenden und ihrer Talente;
2. daß alle Abgaben auf alle Bürger gleichmäßig unter Berücksichtigung ihrer
Vermögensverhältnisse verteilt werden;
3. daß dieselben Verbrechen mit denselben Strafen belegt werden ohne
irgendeinen Unterschied der Person.
Die Verfassung verbürgt gleichfalls als natürliche und
bürgerliche Rechte:
die Freiheit jedes Menschen zu gehen, zu bleiben, zu reisen, ohne verhaftet
oder gefangengehalten zu werden als in den durch die Verfassung festgelegten
Formen;
die Freiheit jedes Menschen zu reden, zu schreiben, zu drucken und seine
Gedanken zu veröffentlichen, ohne daß seine Schriften irgendeiner Zensur oder
Aufsicht vor ihrer Veröffentlichung unterworfen sein dürfen, und den religiösen
Kult auszuüben, dem er anhängt;
die Freiheit der Bürger, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln in
Übereinstimmung mit den Polizeigesetzen;
die Freiheit, an die errichteten Behörden persönlich unterzeichnete
Bittschriften zu richten.
Die gesetzgebende Gewalt kann keine Gesetze erlassen,
welche die Ausübung der natürlichen und bürgerlichen Rechte, die in diesem
Abschnitt bezeichnet und durch die Verfassung verbürgt sind, beeinträchtigen
oder hindern. Und da die Freiheit nur darin besteht, alles das tun zu können,
was weder den Rechten eines anderen noch der öffentlichen Sicherheit schadet,
kann das Gesetz Strafen gegen die Handlungen festsetzen, welche die öffentliche
Sicherheit oder die Rechte eines anderen angreifen und dadurch der Gesellschaft
schaden würden.
Die Verfassung verbürgt die Unverletzlichkeit des Eigentums
oder die gerechte und vorherige Entschädigung von dem, was die gesetzlich
festgestellte, öffentliche Notwendigkeit als Opfer erfordert.
Die Güter, die für die Ausgaben der Kirchen und alle Zweige
der öffentlichen Wohlfahrt bestimmt waren, gehören der Nation und stehen in
jedem Falle zu ihrer Verfügung.
Die Verfassung verbürgt die Verkäufe der Nationalgüter, die
in den durch das Gesetz festgelegten Formen geschehen sind oder noch geschehen
werden.
Die Bürger haben das Recht, die Diener ihres Gottesdienstes
selbst zu wählen.
Es soll eine allgemeine Einrichtung öffentlicher
Hilfeleistungen geschaffen und gebildet werden, um verlassene Kinder zu
erziehen, armen Kranken zu helfen und verarmten Gesunden, die sich keine Arbeit
verschaffen können, diese zu besorgen.
Es soll ein öffentliches Schulwesen eingerichtet und
gebildet werden, das für alle Bürger gemeinsam und in den Bereichen des
Unterrichts, die für alle Menschen notwendig sind, kostenlos ist. Seine
Anstalten sollen entsprechend der Einteilung des Königreiches auf die einzelnen
Gebiete verteilt werden.
Es sollen Nationalfeste eingeführt werden, um die
Erinnerung an die Französische Revolution zu bewahren, die Brüderlichkeit unter
den Bürgern zu stärken und sie an die Verfassung, das Vaterland und die Gesetze
zu binden.
Es soll ein Gesetzbuch der dem ganzen Königreich
gemeinsamen bürgerlichen Gesetze geschaffen werden.
Titel II.
Von der Einteilung des Königreiches und dem Stand der Bürger
Art. 1. Das Königreich
ist einheitlich und unteilbar. Sein Gebiet ist in 83 Departements eingeteilt,
jedes Departement in Distrikte, jeder Distrikt in Kantone.
Art. 2. Französische
Bürger sind:
diejenigen, welche in Frankreich von einem französischen Vater gezeugt sind;
diejenigen, welche in Frankreich von einem ausländischen Vater gezeugt sind und
ihren Wohnsitz in Frankreich aufgeschlagen haben;
diejenigen, welche im Ausland von einem französischen Vater gezeugt sind, aber
nach Frankreich gekommen sind und sich hier niedergelassen und den Bürgereid
geleistet haben;
endlich diejenigen, welche in der Fremde geboren sind und, in welchem Grade es
auch sei, von einem Franzosen oder einer Französin abstammen, die um ihrer
Religion willen vertrieben wurden und nach Frankreich zurückkehren, um hier zu
wohnen und den Bürgereid leisten.
Art. 3. Diejenigen,
welche außerhalb des Königreiches von fremden Eltern geboren wurden und in
Frankreich wohnen, werden nach einer ununterbrochenen Niederlassung von fünf
Jahren im Königreich Bürger, wenn sie außerdem Grundbesitz erworben oder eine
Französin geheiratet oder auch einen Landwirtschafts- oder Gewerbebetrieb eingerichtet
und den Bürgereid geleistet haben.
Art. 4. Die
gesetzgebende Gewalt kann aus wichtigen Gründen einen Ausländer einbürgern,
ohne andere Bedingungen, als daß er seinen Wohnsitz in Frankreich aufschlägt
und dort den Bürgereid leistet.
Art. 5. Der Bürgereid
lautet: „Ich schwöre, der Nation, dem Gesetz und dem Könige treu zu sein und
mit allen meinen Kräften die Verfassung des Königreiches, die durch die
verfassunggebende Nationalversammlung in den Jahren 1789, 1790 und 1791
beschlossen wurde, aufrechtzuerhalten.
Art. 6. Die
Eigenschaft eines französischen Bürgers geht verloren:
1. durch die Einbürgerung in einem fremden Lande;
2. durch die Verurteilung zu Strafen, die die Aberkennung der Bürgerrechte
einschließen, solange der Verurteilte nicht rehabilitiert ist;
3. durch eine Verurteilung in Abwesenheit, solange das Urteil nicht aufgehoben
ist;
4. durch den Beitritt zu einem ausländischen Ritterorden oder einer
ausländischen Körperschaft, die auf Adelsproben oder Geburtsunterschieden
beruht oder religiöse Gelübde verlangen.
Art. 7. Das Gesetz
betrachtet die Ehe nur als bürgerlichen Vertrag. Die gesetzgebende Gewalt wird
für alle Einwohner ohne Unterschied die Art festsetzen, in der Geburten,
Heiraten und Todesfälle festgestellt werden sollen. Sie wird auch die
öffentlichen Beamten ernennen, die die Urkunden darüber aufnehmen und sie
aufbewahren.
Art. 8. Die
französischen Bürger bilden auf Grund der örtlichen Beziehungen, die aus ihrer
Vereinigung in den Städten und in bestimmten Bezirken des Gebiets auf dem Lande
entstehen, die Gemeinden.
Die gesetzgebende Gewalt kann den Umfang des Bezirks einer
jeden Gemeinde festsetzen.
Art. 9. Die Bürger,
die eine Gemeinde bilden, haben das Recht, auf Zeit und in den durch das Gesetz
festgelegten Formen die unter ihnen zu wählen, die als Gemeindebeamte die
besonderen Angelegenheiten der Gemeinde zu führen beauftragt sind.
Den Gemeindebeamten können einige Aufgaben, die sich auf
das allgemeine Staatsinteresse beziehen, übertragen werden.
Art. 10. Die Richtlinien,
nach denen sich die Gemeindebeamten in Wahrnehmung der Gemeindeangelegenheiten
wie der ihnen übertragenen Aufgaben des allgemeinen Interesses zu richten
haben, werden durch Gesetze bestimmt.
Titel III.
Von den öffentlichen Gewalten
Art. 1. Die Souveränität
ist einheitlich, unteilbar, unveräußerlich und unverjährbar. Sie gehört der
Nation. Kein Teil des Volkes und keine einzelne Person kann sich ihre Ausübung
aneignen.
Art. 2. Die Nation,
von der allein alle Gewalten ihren Ursprung haben, kann sie nur durch
Übertragung ausüben.
Die französische Verfassung ist eine
Repräsentativverfassung. Ihre Repräsentanten sind die gesetzgebende
Körperschaft und der König.
Art. 3. Die
gesetzgebende Gewalt ist einer Nationalversammlung übertragen, die aus Abgeordneten
besteht, die durch das Volk frei und auf Zeit gewählt werden, um sie mit
Billigung des Königs auf die Art auszuüben, die nachstehend bestimmt wird.
Art. 4. Die Regierung
ist monarchisch. Die ausführende Gewalt ist dem König übertragen, um unter seiner
Autorität durch die Minister und andere verantwortliche Beamte auf die Art
ausgeübt zu werden, die nachstehend bestimmt wird.
Art. 5. Die
richterliche Gewalt ist den durch das Volk auf Zeit gewählten Richtern
übertragen.
Kapitel
I. Von der gesetzgebenden Nationalversammlung
Art. 1. Die
Nationalversammlung, welche die gesetzgebende Körperschaft bildet, ist
immerwährend und ist nur aus einer Kammer zusammengesetzt.
Art. 2. Sie wird alle
zwei Jahre durch Neuwahlen gebildet.
Jeder Zeitraum von zwei Jahren bildet eine
Legislaturperiode.
Art. 3. Die
Anordnungen des vorstehenden Artikels finden auf die nächste gesetzgebende
Körperschaft keine Anwendung. Ihre Befugnisse erlöschen am letzten April 1793.
Art. 4. Die Erneuerung
der gesetzgebenden Körperschaft erfolgt rechtskräftig.
Art. 5. Die
gesetzgebende Körperschaft kann durch den König nicht aufgelöst werden.
Abschnitt
1. Zahl der Abgeordneten. Grundlagen der Abordnung
Art. 1. Die Zahl der
Abgeordneten der gesetzgebenden Körperschaft beträgt 745 nach Maßgabe der 83
Departements, aus denen sich das Königreich zusammensetzt, und ohne Rücksicht
auf diejenigen, welche den Kolonien bewilligt werden dürfen.
Art. 2. Die
Abgeordneten werden auf die 83 Departements nach den drei Verhältnissen des
Gebietes, der Bevölkerung und der direkten Besteuerung verteilt.
Art. 3. Von den 745
Abgeordneten werden 247 dem Gebiet zugeordnet. Jedes Departement wird davon 3
wählen mit Ausnahme des Departements von Paris, das nur einen wählt.
Art. 4. 249
Abgeordnete sind der Bevölkerung zugeordnet. Die Gesamtzahl der
wahlberechtigten Bevölkerung des Königreiches wird in 249 Teile eingeteilt.
Jedes Departement wählt soviel Abgeordnete, als es Teile der Bevölkerung hat.
Art. 5. 249
Abgeordnete sind der Bevölkerung nach der direkten Besteuerung zugeordnet.
Die Gesamtsumme der direkten Besteuerung des Königreiches
wird ebenfalls in 249 Teile eingeteilt, und jedes Departement wählt so viele
Abgeordnete, wie es Teile der Steuer bezahlt.
Abschnitt
II. Urversammlungen. Bestellung der Wahlmänner
Art. 1. Um die
gesetzgebende Nationalversammlung zu wählen, treten die aktiven Bürger alle
zwei Jahre in den Städten und den Kantonen zu Urversammlungen zusammen.
Die Urversammlungen treten rechtmäßig am zweiten
Märzsonntag zusammen, wenn sie nicht schon früher durch die vom Gesetz
bestimmten öffentlichen Beamten einberufen worden sind.
Art. 2. Um aktiver
Bürger zu sein, ist es notwendig:
als Franzose geboren oder Franzose geworden zu sein,
das 25. Lebensjahr vollendet zu haben,
seinen Wohnsitz in der Stadt oder dem Kanton seit der durch das Gesetz
festgelegten Zeit zu haben,
in irgendeinem Orte des Königreiches eine direkte Steuer zu zahlen, die
wenigstens dem Wert von drei Arbeitstagen gleichkommt und darüber eine Quittung
vorzulegen,
nicht dem Bedientenstand anzugehören, d.h. Lohndiener zu sein, im Rathaus
seines Wohnsitzes in die Liste der Nationalgarde eingeschrieben zu sein,
den Bürgereid geleistet zu haben.
Art. 3. Alle sechs
Jahre wird die gesetzgebende Körperschaft den niedrigsten und den höchsten Satz
des Wertes eines Arbeitstages festsetzen, und die Verwalter der Departements
werden ihn für jeden Bezirk örtlich festlegen.
Art. 4. Keiner kann
die aktiven Bürgerrechte an mehr als einem Orte ausüben, noch sich durch einen
anderen vertreten lassen.
Art. 5. Von der
Ausübung des aktiven Bürgerrechtes sind ausgeschlossen:
diejenigen, welche im Anklagezustand stehen,
diejenigen, welche nach glaubwürdigem Zeugnis bankrott oder zahlungsunfähig
gewesen waren und keine Generalquittung ihrer Gläubiger vorweisen können.
Art. 6. Die
Urversammlungen wählen die Wahlmänner im Verhältnis zur Zahl der aktiven in der
Stadt oder im Kanton wohnenden Bürger. Es wird auf 100 Aktivbürger, ob in der
Versammlung anwesend oder nicht, ein Wahlmann zur Versammlung gewählt. Auf 151
bis 250 sollen zwei gewählt werden und so fort.
Art. 7. Keiner soll
zum Wahlmann gewählt werden können, der nicht mit den notwendigen Bedingungen
für das aktive Bürgerrecht folgende verbindet:
In Städten über 6000 Einwohner die, Besitzer oder
Nutznießer eines Grundstücks zu sein, das zur Steuerrolle mit einem Einkommen
veranlagt ist, das dem örtlichen Wert von 200 Arbeitstagen gleichkommt, oder
Mieter einer Wohnung zu sein, die zur gleichen Rolle mit einem Einkommen, das
dem Wert von 750 Arbeitstagen gleichkommt, veranlagt ist.
In Städten unter 6000 Einwohner die, Besitzer oder
Nutznießer eines Vermögens zu sein, das zur Steuerrolle mit einem Einkommen
veranlagt ist, das dem örtlichen Wert von 150 Arbeitstagen gleichkommt, oder
Mieter einer Wohnung zu sein, die zur gleichen Rolle mit einem Einkommen, das
dem Wert von 100 Arbeitstagen gleichkommt, veranlagt ist.
Und auf dem Lande die, Besitzer oder Nutznießer eines Gutes
zu sein, das zur Steuerrolle mit einem Einkommen veranlagt ist, das dem
örtlichen Wert von 150 Arbeitstagen gleichkommt oder Pächter oder Meier von
Gütern zu sein, die zur gleichen Rolle mit dem Wert von 400 Arbeitstagen
veranlagt sind.
Bei denen, die gleichzeitig Eigentümer oder Nutznießer
einerseits, Mieter, Pächter oder Meier anderseits sind, wird das Vermögen aus
verschiedenen Titeln zusammengezählt bis zu dem für ihre Wählbarkeit
notwendigen Steuersatz.
Abschnitt
III. Wahlversammlung. Wahl der Abgeordneten
Art. 1. Die in jedem
Departement gewählten Wahlmänner treten zusammen, um die Anzahl der
Abgeordneten, die ihrem Departement zugeteilt ist, und eine Anzahl von
Stellvertretern, die einem Drittel der Abgeordneten gleichkommt, zu wählen.
Die Wahlversammlungen vereinigen sich rechtskräftig am
letzten Märzsonntag, wenn sie nicht schon früher durch die vom Gesetz
bestimmten öffentlichen Beamten einberufen worden sind.
Art. 2. Die
Abgeordneten und ihre Stellvertreter werden mit absoluter Stimmenmehrheit
gewählt. Sie können nur unter den aktiven Bürgern des Departements gewählt
werden.
Art. 3. Alle aktiven
Bürger, gleich welchen Standes, Berufes oder welcher Steuerleistung können zu
Abgeordneten der Nation gewählt werden.
Art. 4. Doch sollen
verpflichtet sein sich zu entscheiden die Minister und die anderen nach Belieben
absetzbaren Beamten der vollziehenden Gewalt, die Kommissare des
Staatsschatzes, die Einheber und Einnehmer der direkten Steuern, die Aufseher
über die Erhebung und die Verwaltung der indirekten Steuern und der
Nationalgüter und die, die unter irgendeinem Namen zum militärischen oder
zivilen Haushalt des Königs gehören. Gleicherweise sind verpflichtet, sich zu
entscheiden die Administratoren und Unteradministratoren, die Gemeindebeamten
und die Kommandanten der Nationalgarden.
Art. 5. Die Ausübung
des Richteramtes ist mit der Stellung eines Abgeordneten der Nation während der
ganzen Dauer der Legislaturperiode unvereinbar.
Die Richter werden durch ihre Stellvertreter ersetzt, und
der König wird durch Patente für Ersatz seiner Kommissare bei den Gerichtshöfen
sorgen.
Art. 6. Die Mitglieder
der gesetzgebenden Körperschaft können für die folgende Legislatur
wiedergewählt werden, darauf aber nur nach einem Zeitraum von zwei Jahren.
Art. 7. Die in einem
Departement gewählten Abgeordneten sollen nicht Abgeordnete eines besonderen
Departements, sondern der ganzen Nation sein. Und es kann ihnen kein Auftrag
gegeben werden.
Abschnitt
IV. Abhaltung und Einrichtung der Ur- und Wahlversammlungen
Art. 1. Die Aufgaben
der Ur- und Wahlversammlungen beschränken sich auf das Wählen. Sie sollen
alsbald nach vollzogener Wahl auseinandertreten und können von neuem nur
zusammentreten, wenn sie einberufen werden, außer im Falle des obigen 1.
Artikels des 2. Abschnitts und des 1. Artikels des 3. Abschnitts.
Art. 2. Kein aktiver
Bürger kann in die Versammlung kommen und seine Stimme abgeben, wenn er
bewaffnet ist.
Art. 3. Die bewaffnete
Macht kann in den Sitzungsraum nicht eingelassen werden ohne den ausdrücklichen
Willen der Versammlung, es sei denn, daß Gewalttätigkeiten begangen würden. In
diesem Falle genügt die Anordnung des Präsidenten, um die öffentliche Macht
herbeizurufen.
Art. 4. Alle zwei
Jahre sollen in jedem Distrikt kantonweise Listen der aktiven Bürger
aufgestellt werden. Die Liste jedes Kantons wird zwei Monate vor dem Zeitpunkt
der Urversammlung veröffentlicht und angeschlagen werden.
Reklamationen, die erfolgen, um die Eigenschaft der auf der
Liste angeführten Bürger zu bestreiten, oder von seiten derer, die glauben, zu
Unrecht ausgelassen zu sein, sollen vor die Gerichtshöfe gebracht werden, um
dort kurz entschieden zu werden.
Die Liste soll für die Zulassung der Bürger zur nächsten
Urversammlung in alldem als Grundlage dienen, was nicht vor dem Abhalten der
Versammlung durch richterlichen Entscheid verbessert worden ist.
Art. 5. Die
Wahlversammlungen haben das Recht, die Eigenschaft und die Vollmachten derer,
die sich dort melden, zu prüfen. Ihre Entscheidungen sollen vorläufig
ausgeführt werden, vorbehaltlich des Urteils der gesetzgebenden Körperschaft bei
der Prüfung der Vollmachten der Abgeordneten.
Art. 6. In keinem
Falle und unter keinem Vorwande können der König oder einer der von ihm
ernannten Beamten Kenntnis von Fragen nehmen, die sich auf die Richtigkeit der
Einberufungen, die Abhaltung der Versammlungen, die Form der Wahlen oder die
politischen Rechte der Bürger beziehen, unter Vorbehalt der Aufgaben der
königlichen Kommissare in den durch das Gesetz bestimmten Fällen und der Fragen
bezüglich der politischen Rechte der Bürger, die vor die Gerichtshöfe gebracht
werden müssen.
Abschnitt
V. Zusammentritt der Abgeordneten zur gesetzgebenden Nationalversammlung
Art. 1. Die
Abgeordneten treten am ersten Montag im Monat Mai am Sitzungsort der letzten
Legislaturperiode zusammen.
Art. 2. Sie vereinigen
sich vorläufig unter dem Vorsitz des Alterspräsidenten zur Versammlung, um die
Vollmachten der anwesenden Abgeordneten zu prüfen.
Art. 3. Sobald 373
Mitglieder geprüft sind, konstituieren sie sich als gesetzgebende
Nationalversammlung. Sie wählt einen Präsidenten, einen Vizepräsidenten und
Sekretäre und beginnt mit der Ausübung ihrer Aufgaben.
Art. 4. Während des
Monats Mai kann die Versammlung keinen gesetzgebenden Akt vornehmen, wenn die
Zahl der anwesenden Abgeordneten weniger als 373 Mitglieder beträgt.
Sie kann einen Beschluß fassen, daß die abwesenden
Mitglieder sich spätestens binnen 14 Tagen bei einer Strafe von 3000 Franken an
ihre Aufgaben begeben, wenn sie nicht eine Entschuldigung, die durch die
Versammlung als rechtmäßig anerkannt wird, vorweisen.
Art. 5. Am letzten Mai
konstituieren sie sich zur gesetzgebenden Nationalversammlung, welches auch die
Zahl der anwesenden Mitglieder sei.
Art. 6. Die
Abgeordneten sprechen gemeinsam im Namen des französischen Volkes den Eid aus,
frei zu leben oder zu sterben.
Anschließend leisten sie jeder für sich den Eid, mit aller
Kraft die durch die verfassunggebende Nationalversammlung in den Jahren 1789,
1790 und 1791 beschlossene Verfassung des Königreiches aufrechtzuerhalten,
während der Legislaturperiode nichts vorzuschlagen oder zu bewilligen, was sie
verletzen kann und in allem der Nation, dem Gesetz und dem Könige treu zu sein.
Art. 7. Die
Abgeordneten der Nation sind unverletzlich. Sie können zu keiner Zeit für das,
was sie in Ausübung ihrer Aufgaben als Abgeordnete gesagt, geschrieben oder
getan haben, verfolgt, angeklagt oder verurteilt werden.
Art. 8. Sie können im
Falle eines Verbrechens auf frischer Tat oder auf Grund eines Haftbefehls
ergriffen werden. Es muß aber sogleich der gesetzgebenden Körperschaft
Nachricht gegeben werden, und die Untersuchung kann nur dann ihren Fortgang
nehmen, wenn die gesetzgebende Körperschaft entschieden hat, daß der Anklage
stattgegeben wird.
Kapitel
II. Vom Königtum, der Regentschaft und den Ministern
Abschnitt
1. Vom Königtum und dem König
Art. 1. Das Königtum
ist unteilbar und dem regierenden Hause im Mannesstamm nach dem Rechte der
Erstgeburt erblich übertragen unter dauerndem Ausschluß der Frauen und ihrer
Nachkommenschaft. (Über die Wirkung von Verzichtleistungen im gegenwärtig
regierenden Hause ist nichts im voraus bestimmt.)
Art. 2. Die Person des
Königs ist unverletzlich und heilig. Sein einziger Titel ist König der
Franzosen.
Art. 3. Es gibt in
Frankreich keine Autorität, die über dem Gesetze steht. Der König regiert nur
durch dieses. Und nur im Namen des Gesetzes kann er Gehorsam verlangen.
Art. 4. Der König soll
bei seiner Thronbesteigung, oder sobald er großjährig geworden ist, der Nation
in Gegenwart der gesetzgebenden Körperschaft den Eid leisten, der Nation und
dem Gesetze treu zu sein, alle ihm übertragene Macht zur Aufrechterhaltung der
durch die verfassunggebende Nationalversammlung in den Jahren 1789, 1790 und
1791 beschlossenen Verfassung anzuwenden und die Gesetze ausführen zu lassen.
Wenn die gesetzgebende Körperschaft nicht versammelt ist,
wird der König eine Proklamation erlassen, in der dieser Eid und das
Versprechen, ihn zu wiederholen, sobald die gesetzgebende Körperschaft
zusammengetreten ist, enthalten ist.
Art. 5. Wenn der König
einen Monat nach der Aufforderung durch die gesetzgebende Körperschaft den Eid
nicht geleistet hat, oder wenn er ihn zurücknimmt, nachdem er ihn geleistet
hat, wird angenommen, daß er abgedankt hat.
Art. 6. Wenn der König
sich an die Spitze einer Armee stellt und ihre Kräfte gegen die Nation führt
oder wenn er sich nicht durch einen formellen Akt einem solchen Unternehmen,
das in seinem Namen durchgeführt wird, widersetzt, wird angenommen, daß er
abgedankt hat.
Art. 7. Wenn der König
das Königreich verlassen hat und dorthin nicht nach einer Aufforderung durch
die gesetzgebende Körperschaft in der in der Proklamation festgesetzten Frist,
die nicht unter zwei Monaten sein darf, zurückkehrt, wird angenommen, daß er
abgedankt hat.
Die Frist beginnt von dem Tage an zu laufen, an dem die
Proklamation von der gesetzgebenden Körperschaft inmitten ihrer Versammlung
verkündet worden ist. Die Minister sind verantwortlich und verpflichtet, alle
Akte der vollziehenden Gewalt auszuführen, deren Ausübung in der Hand des abwesenden
Königs liegen würde.
Art. 8. Nach der
ausdrücklichen oder gesetzlichen Abdankung gehört der König zur Klasse der
Bürger und kann für Handlungen nach seiner Abdankung wie sie angeklagt und
verurteilt werden.
Art. 9. Der
Privatbesitz, den der König bei seiner Thronbesteigung besitzt, wird
unwiderruflich mit den Nationalgütern vereinigt. Er hat über die, die er unter
einem besonderen Titel erwirbt, die Verfügung. Wenn er über sie nicht verfügt,
werden sie bei Ende seiner Regierung gleichfalls einverleibt.
Art. 10. Die Nation
sorgt für den Glanz des Thrones durch eine Zivilliste, deren Summe die
gesetzgebende Körperschaft bei jedem Regierungswechsel für die ganze Dauer der
Regierung festlegt.
Art. 11. Der König
ernennt einen Verwalter der Zivilliste, der die gerichtliche Vertretung des
Königs übernimmt und gegen den alle Klagen gegen den König gerichtet und alle
Urteile verkündet werden.
Durch die Gläubiger der Zivilliste erlangte Urteile werden
gegen den Verwalter persönlich und auf seinen eigenen Gütern vollstreckt.
Art. 12. Der König hat
unabhängig von der Ehrengarde, die ihm am Orte seiner Residenz durch die Bürger
der Nationalgarde gestellt wird, eine aus den Mitteln der Zivilliste bezahlte
Garde. Sie darf die Zahl von 1200 Mann zu Fuß und 600 zu Pferde nicht
überschreiten. Die Dienstgrade und die Beförderungsregeln sind die gleichen wie
bei den Linientruppen. Aber diejenigen, welche die Garde des Königs bilden,
beschränken sich in ihren Dienstgraden ausschließlich auf diese und können
keinen anderen in der Linientruppe erhalten.
Der König kann die Männer seiner Garde nur unter denen
wählen, die augenblicklich aktiv in den Linientruppen dienen oder unter den
Bürgern, die ein Jahr in der Nationalgarde Dienst getan haben, vorausgesetzt,
daß sie im Königreich wohnen und daß sie vorher den Bürgereid geleistet haben.
Die Garde des Königs kann für keinen anderen öffentlichen
Dienst befohlen oder verwendet werden.
Abschnitt
II. Von der Regentschaft
Art. 1. Der König ist
bis zum vollendeten 18. Lebensjahre minderjährig. Während seiner
Minderjährigkeit gibt es einen Regenten des Königtums.
Art. 2. Die
Regentschaft steht dem nächsten Verwandten des Königs nach der Erbfolge am
Throne zu, wenn er das 25. Lebensjahr vollendet hat, Franzose und
Staatsangehöriger ist, nicht voraussichtlicher Erbe einer anderen Krone ist und
zuvor den Bürgereid geleistet hat. Frauen sind von der Regentschaft
ausgeschlossen.
Art. 3. Wenn ein
minderjähriger König keinen Verwandten hat, der diese oben angeführten
Eigenschaften vereinigt, wird der Regent des Königs gemäß den folgenden
Artikeln gewählt werden.
Art. 4. Die
gesetzgebende Körperschaft kann den Regenten nicht wählen.
Art. 5. Die Wahlmänner
jedes Distrikts treten am Hauptort des Distrikts auf Grund einer Proklamation
zusammen, die in der ersten Woche der neuen Herrschaft durch die gesetzgebende
Körperschaft erlassen wird, falls sie vereinigt ist. Wenn sie
auseinandergegangen ist, ist der Justizminister angewiesen, diese Proklamation
in der gleichen Woche zu erlassen.
Art. 6. Die Wahlmänner
wählen in jedem Distrikt in persönlicher Abstimmung mit der absoluten Mehrheit
der Stimmen einen in dem Distrikt wählbaren und ansässigen Bürger, dem sie
durch das Wahlprotokoll den besonderen, auf die einzige Aufgabe beschränkten
Auftrag geben, den Bürger zu wählen, den er seinem Gewissen nach für den
würdigsten hält, als Regent des Königreichs gewählt zu werden.
Art. 7. Die in den
Distrikten gewählten beauftragten Bürger sind angewiesen, sich spätestens am
40. Tage nach der Thronbesteigung des minderjährigen Königs in der Stadt, in
der die gesetzgebende Körperschaft ihre Sitzungen abhält, zu versammeln und die
Wahlversammlung zu bilden, welche die Wahl des Regenten vornimmt.
Art. 8. Die Wahl des
Regenten erfolgt in persönlicher Abstimmung mit absoluter Stimmenmehrheit.
Art. 9. Die
Wahlversammlung kann sich nur mit der Wahl beschäftigen und löst sich auf,
sobald die Wahl beendet ist. Jede andere Handlung, die sie unternehmen würde,
ist verfassungswidrig und nichtig.
Art. 10. Die Wahlversammlung
wird durch ihren Präsidenten das Protokoll der Wahl der gesetzgebenden
Körperschaft übergeben, die es nach der Prüfung der Rechtmäßigkeit der Wahl
durch eine Proklamation im ganzen Königreich veröffentlichen wird.
Art. 11. Der Regent
übt bis zur Großjährigkeit des Königs alle Obliegenheiten des Königtums aus und
ist für die Handlungen seiner Verwaltung nicht persönlich verantwortlich.
Art. 12. Der Regent
kann die Ausübung seiner Obliegenheiten nur beginnen, nachdem er der Nation in
Gegenwart der gesetzgebenden Körperschaft den Eid geleistet hat, der Nation,
dem Gesetz und dem König treu zu sein, alle dem König übertragene Macht, deren
Ausübung ihm während der Minderjährigkeit des Königs anvertraut ist, zur
Aufrechterhaltung der durch die verfassunggebende Nationalversammlung in den
Jahren 1789, 1790 und 1791 beschlossenen Verfassung anzuwenden und die Gesetze
ausführen zu lassen.
Wenn die gesetzgebende Körperschaft nicht versammelt ist,
wird der Regent eine Proklamation erlassen, in der dieser Eid und das
Versprechen, ihn zu wiederholen, sobald die gesetzgebende Körperschaft
zusammengetreten ist, enthalten ist.
Art. 13. Solange der
Regent die Ausübung seiner Obliegenheiten nicht begonnen hat, bleibt die
Bestätigung der Gesetze aufgeschoben. Die Minister fahren fort, unter ihrer
Verantwortlichkeit alle Handlungen der vollziehenden Gewalt auszuführen.
Art. 14. Sobald der
Regent den Eid geleistet hat, setzt die gesetzgebende Körperschaft sein Gehalt
fest, das während der Dauer der Regentschaft nicht verändert werden darf.
Art. 15. Wenn sie auf
Grund der Minderjährigkeit des zur Regentschaft berufenen Verwandten einem
entfernteren Verwandten zugefallen oder durch Wahl übertragen ist, wird der
Regent, der ihre Ausübung begonnen hat, seine Obliegenheiten bis zur
Großjährigkeit des Königs fortsetzen.
Art. 16. Die
Regentschaft des Königtums erteilt kein Recht auf die Person des minderjährigen
Königs.
Art. 17. Die Aufsicht
über den minderjährigen König soll seiner Mutter anvertraut sein. Wenn er keine
Mutter hat, oder wenn sie zur Zeit der Thronbesteigung ihres Sohnes wieder
verheiratet ist oder sich während seiner Minderjährigkeit wieder verheiratet,
wird die Aufsicht durch die gesetzgebende Körperschaft übertragen.
Für die Aufsicht über den minderjährigen König können weder
der Regent und seine Nachkommen noch Frauen gewählt werden.
Art. 18. Im Falle der
offenkundigen Geistesgestörtheit des Königs, die durch die gesetzgebende
Körperschaft in drei mit Monatsfrist aufeinanderfolgenden Beratungen gesetzlich
festgestellt und erklärt werden muß, findet eine Regentschaft statt, solange
die Geistesgestörtheit andauert.
Abschnitt
III. Von der Familie des Königs
Art. 1. Der
voraussichtliche Thronerbe führt den Namen Königlicher Prinz.
Er kann das Königreich ohne einen Beschluß der
gesetzgebenden Körperschaft und die Zustimmung des Königs nicht verlassen.
Wenn er es verlassen hat und nach Erlangung des 18.
Lebensjahres nicht nach Frankreich zurückkehrt, nachdem er durch eine
Proklamation der gesetzgebenden Körperschaft dazu aufgefordert worden ist, so
wird angenommen, daß er auf das Recht der Thronfolge verzichtet hat.
Art. 2. Wenn der
voraussichtliche Thronerbe minderjährig ist, ist der großjährige Verwandte, der
als erster zur Regentschaft berufen ist, verpflichtet, im Königreich zu
residieren.
Im Falle, daß er es verläßt und auf Anfordern der
gesetzgebenden Körperschaft nicht zurückkehrt, wird angenommen, daß er auf sein
Recht an der Regentschaft verzichtet.
Art. 3. Die Mutter des
minderjährigen Königs, die seine Aufsicht hat, oder der erwählte Hüter gehen
der Aufsicht verlustig, wenn sie das Königreich verlassen.
Wenn die Mutter des voraussichtlichen minderjährigen
Thronerben das Königreich verlassen würde, könnte sich auch nach ihrer Rückkehr
die Aufsicht über ihren minderjährigen, inzwischen König gewordenen Sohn nur
durch einen Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft erlangen.
Art. 4. Es wird ein
Gesetz erlassen werden, um die Erziehung des minderjährigen Königs und die des
voraussichtlichen minderjährigen Thronerben zu regeln.
Art. 5. Die Mitglieder
der königlichen Familie, die gegebenenfalls zur Thronfolge berufen sind,
genießen die Rechte aktiver Staatsbürger. Sie sind aber zu allen Stellungen,
Beamtungen und Funktionen, die von der Wahl des Volkes abhängen, nicht wählbar.
Mit Ausnahme der Ministerien, können sie Stellungen und
Beamtungen bekleiden, die von der Ernennung des Königs abhängen. Doch können
sie Streitkräfte zu Wasser oder zu Lande nur befehligen und die Obliegenheiten
eines Botschafters nur ausfüllen mit der Zustimmung der gesetzgebenden
Körperschaft in Übereinstimmung mit einem Vorschlag des Königs.
Art. 6. Die Mitglieder
der königlichen Familie, die gegebenenfalls zur Thronfolge berufen sind, fügen
die Bezeichnung Französischer Prinz dem Namen zu, der ihnen bei der
standesamtlichen Eintragung ihrer Geburt gegeben worden ist. Dieser Name kann
kein Geschlechtsname sein noch irgendeine der durch die gegenwärtige Verfassung
abgeschafften Eigenschaften begründen.
Der Beiname Prinz kann keiner anderen Person gegeben
werden. Er ist mit keinem Privileg und keiner Ausnahme von dem allen Franzosen
gemeinsamen Rechte verbunden.
Art. 7. Die Urkunden,
durch die Geburten, Heiraten und Sterbefälle der französischen Prinzen
gesetzlich festgestellt werden, werden der gesetzgebenden Körperschaft
eingereicht, die deren Aufnahme in ihre Archive anordnet.
Art. 8. Den
Mitgliedern der königlichen Familie soll keine Apanage an Grundbesitz bewilligt
werden.
Die jüngeren Söhne des Königs erhalten nach vollendetem 25.
Lebensjahr oder im Falle ihrer Heirat eine Leibrente, die durch die
gesetzgebende Körperschaft festgelegt wird und mit dem Erlöschen ihrer
männlichen Nachkommenschaft endet.
Abschnitt
IV. Von den Ministern
Art. 1. Allein dem
König stehen die Wahl und die Entlassung der Minister zu.
Art. 2. Die Mitglied
er der gegenwärtigen Nationalversammlung und die der folgenden
Legislaturperiode, die Mitglieder des Kassationshofes und die des
Hochgeschworenengerichts können nicht in das Ministerium eintreten noch
irgendwelche Stellungen, Geschenke, Pensionen, Gehälter oder Aufträge der
vollziehenden Gewalt oder ihrer Beamten während der Dauer ihres Amtes und
binnen zweier Jahre nach dessen Niederlegung erhalten.
Dasselbe gilt von denen, die nur auf der Liste des
Hochgeschworenengerichts eingeschrieben sind, während der ganzen Zeit ihrer
Eintragung.
Art. 3. Keiner darf
die Ausübung irgendeines Amtes in den Büros der Ministerien, in denen der
Aufsicht oder der Verwaltung der öffentlichen Einkünfte noch überhaupt
irgendeines Amtes auf Grund der Ernennung der vollziehenden Gewalt beginnen,
ohne den Bürgereid zu leisten oder zu belegen, daß er ihn geleistet hat.
Art. 4. Kein
königlicher Befehl kann ausgeführt werden, wenn er nicht durch ihn gezeichnet
und durch den Minister oder den Vorgesetzten des Departements gegengezeichnet
ist.
Art. 5. Die Minister
sind verantwortlich für alle Verbrechen, die durch sie gegen die nationale
Sicherheit und die Verfassung begangen werden,
für jeden Angriff auf das Eigentum und die persönliche Freiheit,
für jede Verschwendung der für die Ausgaben ihres Ressorts bestimmten Gelder.
Art. 6. In keinem Fall
kann der mündliche oder schriftliche Befehl des Königs einen Minister von
seiner Verantwortlichkeit entbinden.
Art. 7. Die Minister
sind verpflichtet, jedes Jahr bei Eröffnung der Sitzungsperiode der
gesetzgebenden Körperschaft eine Übersicht über die Ausgaben ihres Ressorts zu
geben, Rechenschaft abzulegen über die Verwendung der dafür bestimmten Summen
und die Mißbräuche anzuzeigen, die sich in die verschiedenen Zweige der
Regierung einschleichen konnten.
Art. 8. Kein im Dienst
oder außer Dienst befindlicher Minister kann in Kriminalfällen seiner
Verwaltung ohne einen Beschluß der gesetzgebenden Körperschaft verfolgt werden.
Kapitel
III. Von der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt
Abschnitt
1. Macht und Aufgaben der gesetzgebenden Nationalversammlung
Art. 1. Die Verfassung
überträgt ausschließlich der gesetzgebenden Körperschaft die folgenden
Vollmachten und Aufgaben:
1. Gesetze vorzuschlagen und zu beschließen. Der König kann allein die
gesetzgebende Körperschaft auffordern, eine Sache in Beratung zu nehmen;
2. die öffentlichen Ausgaben festzusetzen;
3. die öffentlichen Steuern anzusetzen, ihre Art, Höhe, Dauer und Erhebungweise
festzulegen;
4. die direkten Steuern unter die Departements des Königreiches zu verteilen,
die Verwendung aller öffentlichen Einkünfte zu überwachen und sich davon
Rechenschaft geben zu lassen;
5. die Errichtung oder Aufhebung der öffentlichen Ämter zu beschließen;
6. den Feingehalt, den Münzfuß, das Gepräge und die Benennung der Münzen zu
bestimmen;
7. die Einführung fremder Truppen in französisches Gebiet oder fremder
Seestreitkräfte in die Häfen des Königreiches zu erlauben oder zu verbieten;
8. jährlich nach dem Vorschlag des Königs die Zahl der Männer und der Schiffe
festzulegen, aus denen die Streitkräfte zu Wasser und zu Lande zusammengesetzt
sind, den Sold und die Zahl der Personen jeden Dienstgrades, die Grundsätze der
Zulassung und der Beförderung, die Formen der Werbung und der Entlassung, die
Bildung der Schiffsbesatzungen, die Zulassung von fremden Truppen oder
Seestreitkräften zum Dienste Frankreichs und die Besoldung der Truppen im Falle
der Entlassung;
9. über die Verwaltung zu entscheiden und die Veräußerung der Nationalgüter zu
befehlen;
10. vor dem hohen Nationalgericht die Verantwortlichkeit der Minister und der
vornehmsten Beamten der ausübenden Gewalt zu verfolgen; vor dem gleichen
Gericht diejenigen zu verklagen und zu verfolgen, die eines Attentats oder
einer Verschwörung gegen die allgemeine Sicherheit des Staates oder gegen die
Verfassung verdächtig sind;
11. die Gesetze festzulegen, nach denen die rein persönlichen Ehrenzeichen und
Auszeichnungen denen verliehen werden, die dem Staate Dienste geleistet haben;
12. die gesetzgebende Körperschaft hat allein das Recht, die öffentlichen
Ehrungen zum Gedächtnis großer Männer zu beschließen.
Art. 2. Der Krieg kann
nur durch ein Dekret der gesetzgebenden Körperschaft, das auf förmlichen und
notwendigen Vorschlag des Königs erlassen und von ihm bestätigt wird,
beschlossen werden.
Im Falle drohender oder begonnener Feindseligkeiten, der
Unterstützung eines Verbündeten oder der Wahrung eines Rechtes durch
Waffengewalt wird der König ohne jede Verzögerung der gesetzgebenden
Körperschaft davon Kenntnis und die Gründe bekannt geben. Wenn die
gesetzgebende Körperschaft vertagt ist, wird der König sie alsbald
zusammenrufen.
Wenn die gesetzgebende Körperschaft entscheidet, daß der
Krieg nicht stattfinden darf, wird der König sogleich Maßnahmen ergreifen, um
alle Feindseligkeiten zu beenden oder ihnen zuvorzukommen. Die Minister bleiben
für den Verzug verantwortlich.
Wenn die gesetzgebende Körperschaft der Ansicht ist, daß
die begonnenen Feindseligkeiten ein schuldhafter Angriff irgendeines Ministers
oder eines anderen Beamten der ausübenden Macht sind, wird der Urheber des
Angriffs strafrechtlich verfolgt werden.
Während des ganzen Verlaufes des Krieges kann die
gesetzgebende Körperschaft den König ersuchen, über den Frieden zu verhandeln;
und der König ist gehalten, diesem Ersuchen nachzukommen.
Im Augenblick des Kriegsendes wird die gesetzgebende
Körperschaft die Frist festsetzen, in der die über den Friedensstand hinaus
ausgehobenen Truppen verabschiedet und die Armee auf ihren gewöhnlichen Stand
zurückgeführt werden soll.
Art. 3. Es steht der
gesetzgebenden Körperschaft zu, die Friedens-, Bündnis- und Handelsverträge zu
ratifizieren. Jeder Vertrag tritt nur durch diese Ratifikation in Kraft.
Art. 4. Die
gesetzgebende Körperschaft hat das Recht, den Ort ihrer Sitzungen festzusetzen,
sie fortzuführen, solange sie es für notwendig hält, und sich zu vertagen. Zu
Beginn jeder Regierung muß sie sich, wenn sie nicht beisammen ist, ohne Aufschub
versammeln.
Sie hat das Polizeirecht am Sitzungsort und außerhalb in
dem Umkreis, den sie bestimmen wird.
Sie hat das Disziplinarrecht über ihre Mitglieder. Aber sie
darf keine härtere Strafe als den Tadel, Haft für 8 Tage oder Gefängnis für 3
Tage aussprechen.
Sie hat das Recht, zu ihrer Sicherheit und zur Erhaltung
der Achtung, die man ihr schuldig ist, über die Streitkräfte zu verfügen, die
mit ihrer Zustimmung in der Stadt liegen, in der ihre Sitzungen stattfinden.
Art. 5. Außer auf ihre
Anforderung oder mit ihrer Ermächtigung darf die ausübende Gewalt keinen Teil
der Linientruppen in einer Entfernung von 30000 Klaftern (ca. 60 km)
von der gesetzgebenden Körperschaft marschieren oder sich aufhalten lassen.
Abschnitt
II. Abhaltung der Sitzungen. Form der Beratung
Art. 1. Die Beratungen
der gesetzgebenden Körperschaft sind öffentlich. Die Protokolle der Sitzungen
werden gedruckt.
Art. 2. Die
gesetzgebende Körperschaft kann sich indessen bei jeder Gelegenheit zu einem
allgemeinen Ausschuß umbilden.
50 Mitglieder haben das Recht, es zu fordern.
Während der Dauer des allgemeinen Ausschusses zieht sich
das Bureau zurück, der Stuhl des Präsidenten bleibt frei, die Ordnung wird
durch den Vizepräsidenten aufrechterhalten.
Art. 3. Jeder
gesetzgebende Akt kann nur in der folgenden Form beraten und beschlossen
werden.
Art. 4. Es finden drei
Lesungen des Gesetzesvorschlages mit drei Zwischenzeiten, von denen jede
wenigstens 8 Tage betragen soll, statt.
Art. 5. Nach jeder
Lesung findet eine freie Aussprache statt. Trotzdem kann nach der ersten oder
zweiten Lesung die gesetzgebende Körperschaft erklären, daß die Vertagung oder
keine Beratung stattfindet. Im letzteren Falle kann der Gesetzesvorschlag in
der gleichen Sitzungsperiode wieder vorgelegt werden.
Jeder Gesetzesvorschlag wird gedruckt und verteilt, ehe die
zweite Lesung stattfinden kann.
Art. 6. Nach der
dritten Lesung hat der Präsident das Gesetz zur Beratung zu stellen und die
gesetzgebende Körperschaft zu entscheiden, ob ein endgültiger Beschluß
stattfinden oder ob die Entscheidung auf einen anderen Zeitpunkt verschoben
werden soll, um sich weitere Aufklärungen zu verschaffen.
Art. 7. Die
gesetzgebende Körperschaft kann nicht beraten, wenn die Sitzung nicht
wenigstens aus 200 Mitgliedern besteht, und jeder Beschluß kann nur mit
absoluter Stimmenmehrheit gefaßt werden.
Art. 8. Ein
Gesetzesvorschlag, der der Aussprache unterworfen und nach der dritten Lesung
abgelehnt worden ist, kann in der gleichen Sitzungsperiode nicht wieder
vorgelegt werden.
Art. 9. Die Präambel
jedes endgültigen Beschlusses soll enthalten 1. die Daten der Sitzungen, in
denen die drei Lesungen des Vorschlages stattgefunden haben, 2. den Beschluß,
durch den nach der 3. Lesung festgesetzt wurde, endgültig zu entscheiden.
Art. 10. Der König
wird seine Bestätigung einem Beschluß verweigern, dessen Präambel die Beachtung
obiger Formen nicht bezeugt. Wenn einer dieser Beschlüsse schon bestätigt wäre,
können ihn die Minister weder besiegeln noch verkünden. Ihre Verantwortlichkeit
in dieser Hinsicht wird 6 Jahre dauern.
Art. 11. Ausgenommen
von den obigen Verfügungen sind die durch eine vorherige Beratung der
gesetzgebenden Körperschaft als dringend anerkannten und
erklärten Beschlüsse; doch können sie im Verlauf der gleichen Sitzungsperiode
verändert oder widerrufen werden.
Der Beschluß, durch den der Gegenstand für dringend erklärt
wird, muß die Gründe hierfür enthalten. Im Eingang des endgültigen Beschlusses
wird des vorläufigen Beschlusses Erwähnung getan.
Abschnitt
III. Von der königlichen Bestätigung
Art. 1. Die Beschlüsse
der gesetzgebenden Körperschaft werden dem König vorgelegt, der ihnen seine
Zustimmung verweigern kann.
Art. 2. Im Falle, daß
der König seine Zustimmung verweigert, ist diese Verweigerung nur von
aufschiebender Wirkung.
Wenn die beiden Legislaturperioden, die derjenigen folgen,
die den Beschluß vorgelegt hat, nacheinander den gleichen Beschluß in der
gleichen Fassung wieder vorlegen, so wird angenommen, daß der König seine
Bestätigung erteilt hat.
Art. 3. Die Zustimmung
des Königs wird auf jedem Beschluß durch diese vom König unterzeichnete Formel
ausgedrückt: „Der König stimmt zu und läßt es ausführen.“
Die aufschiebende Verweigerung wird so ausgedrückt: „Der
König wird es prüfen.“
Art. 4. Der König ist verpflichtet,
seine Zustimmung oder seine Verweigerung auf jedem Dekret binnen zwei Monaten
nach der Vorlage auszudrücken.
Art. 5. Ein Dekret,
dem der König seine Zustimmung verweigert hat, kann ihm in der gleichen
Legislaturperiode nicht wieder vorgelegt werden.
Art. 6. Die
Beschlüsse, die durch den König bestätigt sind und die, die ihm durch drei
aufeinander folgende Legislaturperioden vorgelegt sind, haben Gesetzeskraft und
führen den Namen und Titel „Gesetz“.
Art. 7. Ohne der
Bestätigung unterworfen zu sein, werden als Gesetze ausgeführt die Akte der
gesetzgebenden Körperschaft, die ihre Verfassung als beratende Versammlung
betreffen;
die Polizei im Innern derselben und außerhalb in dem Umkreis, den sie bestimmen
wird;
die Prüfung der Vollmachten ihrer anwesenden Mitglieder;
die Befehle an abwesende Mitglieder;
die Einberufung der Urversammlungen, wenn sie in Verzug sind;
die Ausübung der verfassungsmäßigen Polizei über die Verwaltungs- und
Gemeindebeamten;
die Fragen der Wahlfähigkeit und der Gültigkeit von Wahlen.
Ebenso sind der Bestätigung nicht unterworfen die Akte,
welche die Verantwortlichkeit der Minister betreffen, und die Beschlüsse, die
festlegen, daß eine Anklage stattfindet.
Art. 8. Die Beschlüsse
der gesetzgebenden Körperschaft, welche die Einrichtung, die Verschiebung und
die Erhebung von öffentlichen Steuern betreffen, tragen den Namen und Titel von
Gesetzen. Sie werden, ohne der Bestätigung unterworfen zu sein, verkündet und
ausgeführt, wenn sie keine anderen Strafen als Bußen und Geldstrafen
festsetzen.
Diese Beschlüsse können nur unter Beachtung der durch die
Artikel 4, 5, 6, 7, 8 und 9 des II. Abschnittes dieses Kapitels
vorgeschriebenen Formen gefaßt werden. Die gesetzgebende Körperschaft kann
keine andersartige Verfügung diesem Gegenstand hinzufügen.
Abschnitt
IV. Beziehungen der gesetzgebenden Körperschaft zum Könige
Art. 1. Wenn die
gesetzgebende Körperschaft endgültig gebildet ist, sendet sie dem König eine
Abordnung, um ihn davon zu unterrichten. Der König kann jedes Jahr die
Sitzungsperiode eröffnen und die Gegenstände vorschlagen, von denen er glaubt,
daß sie während der Dauer dieser Sitzungsperiode in Beratung genommen werden
müssen. Doch darf diese Förmlichkeit nicht als notwendig für die Tätigkeit der
gesetzgebenden Körperschaft betrachtet werden.
Art. 2. Wenn die
gesetzgebende Körperschaft sich länger als 14 Tage vertagen will, ist sie
verpflichtet, den König wenigstens 8 Tage zuvor durch eine Abordnung davon zu
benachrichtigen.
Art. 3. Wenigstens 8
Tage vor dem Ende jeder Sitzungsperiode schickt die gesetzgebende Körperschaft
dem König eine Abordnung, um ihm den Tag mitzuteilen, an dem sie vorhat, ihre
Sitzungen zu beenden. Der König kann kommen, um den Abschluß der
Sitzungsperiode vorzunehmen.
Art. 4. Wenn der König
es dem Besten des Staates zuträglich findet, daß die Sitzungsperiode fortdauert
oder daß keine Vertagung oder nur eine für kürzere Zeit stattfindet, kann er
eine Botschaft senden, worüber die gesetzgebende Körperschaft beraten muß.
Art. 5. Der König wird
die gesetzgebende Körperschaft in der Zeit zwischen den Sitzungsperioden
jedesmal zusammenrufen, wenn es ihm das Staatsinteresse zu erfordern scheint,
sowie in den Fällen, die durch die gesetzgebende Körperschaft vor ihrer
Vertagung vorgesehen und bestimmt sind.
Art. 6. Sooft der
König sich an den Sitzungsort der gesetzgebenden Körperschaft begibt, wird er
durch eine Abordnung empfangen und zurückgeleitet. Er darf in das Innere des
Saales nur durch den Kronprinzen und die Minister begleitet werden.
Art. 7. In keinem Fall
darf der Präsident an einer Deputation teilnehmen.
Art. 8. Die
gesetzgebende Körperschaft hört auf, eine beratende Körperschaft zu sein, sooft
der König anwesend ist.
Art. 9. Die Akten des
Schriftwechsels des Königs mit der gesetzgebenden Körperschaft sollen immer
durch einen Minister gegengezeichnet sein.
Art. 10. Die
königlichen Minister haben Zutritt zur gesetzgebenden Nationalversammlung. Sie
haben dort einen bestimmten Platz.
Sie sollen jedesmal über Gegenstände ihrer Verwaltung
gehört werden, wenn sie es fordern, oder wenn sie ersucht werden, Aufklärungen
zu geben.
Sie sollen ebenso über Gegenstände gehört werden, die ihrer
Verwaltung fremd sind, wenn die Nationalversammlung ihnen das Wort erteilt.
Kapitel
IV. Von der Ausübung der vollziehenden Gewalt
Art. 1. Die oberste
vollziehende Gewalt ruht ausschließlich in der Hand des Königs.
Der König ist der oberste Chef der allgemeinen Verwaltung
des Königreiches. Die Sorge, über die Aufrechterhaltung der öffentlichen
Ordnung und Ruhe zu wachen, ist ihm anvertraut.
Der König ist der oberste Chef der Streitkräfte zu Wasser
und zu Lande.
Dem König ist die Sorge übertragen, über die äußere
Sicherheit des Königreiches zu wachen und dessen Rechte und Besitzungen zu
erhalten.
Art. 2. Der König
ernennt die Botschafter und die anderen diplomatischen Geschäftsträger.
Er verleiht das Kommando über Armee und Flotte und die
Würden eines Marschalls von Frankreich und eines Admirals.
Er ernennt zwei Drittel der Konteradmirale, die Hälfte der Generalleutnante,
Generalmajore, Kapitäne von Kriegsschiffen und Obersten der Nationalgarde.
Er ernennt ein Drittel der Obersten und Oberstleutnante und
ein Sechstel der Kapitänleutnante.
Und das alles in Übereinstimmung mit den Gesetzen über die
Beförderung.
Er ernennt in der Zivilverwaltung der Marine die Vorsteher,
Kontrolleure und Schatzmeister der Arsenale, die Leiter der Arbeiten, die
Unterleiter der Zivilbauten, die Hälfte der Verwaltungsleiter und der
Unterbauleiter.
Er ernennt die Kommissare bei den Tribunalen.
Er ernennt die Chefs bei der Verwaltung der indirekten
Abgaben und der Verwaltung der Nationalgüter.
Er überwacht die Prägung der Münzen und ernennt die
Beamten, die mit dieser Überwachung in der allgemeinen Kommission und in den
Münzhäusern beauftragt sind.
Das Bild des Königs ist allen Münzen des Königreiches
eingeprägt.
Art. 3. Der König läßt
die Patente, Diplome und Bestallungen für die öffentlichen Beamten und andere,
die sie erhalten müssen, ausstellen.
Art. 4. Der König läßt
die Liste der Pensionen und Belohnungen aufstellen, die der gesetzgebenden
Körperschaft in jeder Sitzungsperiode vorzulegen und von ihr gegebenenfalls zu
beschließen ist.
Abschnitt
1. Von der Verkündung von Gesetzen
Art. 1. Die
vollziehende Gewalt muß die Gesetze mit dem Staatssiegel besiegeln und
verkünden. Sie muß gleichermaßen die Akte der gesetzgebenden Körperschaft, die
nicht der Sanktion des Königs bedürfen, verkünden und ausführen.
Art. 2. Sie soll von
allen Gesetzen zwei Originalausfertigungen herstellen, beide vom König
unterzeichnet, vom Justizminister gegengezeichnet und mit dem Staatssiegel
besiegelt.
Die eine verbleibt in den Archiven des Siegelbewahrers, die
andere wird den Archiven der gesetzgebenden Körperschaft übergeben.
Art. 3. Die Verkündung
soll so lauten: „N. (der Name des Königs), von Gottes Gnaden und durch das
Verfassungsgesetz des Staates König der Franzosen, allen Gegenwärtigen und
Künftigen Heil. Die Nationalversammlung hat beschlossen und wir wollen und
befehlen das folgende:“
(Die wörtliche Abschrift des Beschlusses wird ohne jede
Änderung angefügt.)
„Wir ordnen an und befehlen allen Verwaltungskörperschaften
und Gerichtshöfen, daß sie diese Urkunde in ihre Register eintragen, lesen,
veröffentlichen, und in ihren Departements und Ressorts anschlagen und als ein
Gesetz des Königreiches ausführen. Zu Urkund dessen haben wir diese Urkunde
unterzeichnet und mit dem Staatssiegel besiegeln lassen.“
Art. 4. Wenn der König
minderjährig ist, werden die Gesetze, Proklamationen und andere Akte der
königlichen Autorität während der Regentschaft folgendermaßen lauten: „N. (der
Name des Regenten), Regent des Königreiches im Namen des N. (der Name des
Königs), durch Gottes Gnade und durch das Verfassungsgesetz des Staates König
der Franzosen usw.
Art. 5. Die
vollziehende Gewalt muß die Gesetze den Verwaltungskörperschaften und
Gerichtshöfen zusenden und diese Zusendung bescheinigen lassen und davon der
gesetzgebenden Körperschaft Rechenschaft ablegen.
Art. 6. Die
vollziehende Gewalt kann kein Gesetz, nicht einmal provisorisch, erlassen,
sondern nur Proklamationen in Übereinstimmung mit den Gesetzen, um deren
Ausführung zu befehlen oder an sie zu erinnern.
Abschnitt
II. Von der inneren Verwaltung
Art. 1. In jedem
Departement gibt es eine obere Verwaltung, in jedem Distrikt eine
untergeordnete Verwaltung.
Art. 2. Die
Administratoren sind keine Vertreter des Volkes.
Sie sind durch das Volk auf Zeit gewählte Beamte, um unter
der Aufsicht und der Autorität des Königs die Verwaltungsaufgaben auszuführen.
Art. 3. Sie können
sich nicht in die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt einmischen, die Ausführung
der Gesetze aufschieben noch etwas gegen richterliche Anordnungen oder
militärische Verfügungen oder Operationen unternehmen.
Art. 4. Die Administratoren
sind vor allem verpflichtet, die direkten Steuern zu verteilen und das Eingehen
aller Abgaben und öffentlichen Einkünfte in ihrem Gebiet zu überwachen.
Es steht der gesetzgebenden Gewalt zu, die Grundsätze und
die Art ihrer Amtsführung zu bestimmen, sowohl hinsichtlich der oben
ausdrücklich genannten Gegenstände, wie aller anderen Zweige der inneren
Verwaltung.
Art. 5. Der König hat
das Recht, die Verfügungen der Administratoren der Departements aufzuheben, die
den Gesetzen und den Anordnungen, die er ihnen gegeben hat, widersprechen.
Er kann sie im Falle dauernder Gehorsamsverweigerung oder,
wenn sie durch ihre Verfügungen die öffentliche Sicherheit oder Ruhe gefährden,
von ihren Geschäften entheben.
Art. 6. Die
Administratoren der Departements haben auch das Recht, die Verfügungen der
Unteradministratoren der Distrikte aufzuheben, die den Gesetzen oder den
Befehlen der Administratoren des Departements oder den Anordnungen, die diesen
gegeben oder zugestellt sind, widersprechen.
Sie können auch im Falle dauernden Ungehorsams der
Unteradministratoren, oder wenn diese durch ihre Verfügungen die öffentliche
Ruhe oder Sicherheit gefährden, sie von ihren Geschäften entheben, unter der
Bedingung, daß sie davon den König unterrichten, der die Suspension aufheben
oder bestätigen kann.
Art. 7. Der König
kann, wenn die Administratoren der Departements die Macht, die ihnen in den
vorstehenden Artikeln übertragen ist, nicht gebrauchen, unmittelbar die
Verfügungen der Unteradministratoren aufheben und sie ebenfalls suspendieren.
Art. 8. Wenn der König
die Suspension von Administratoren oder Unteradministratoren ausgesprochen oder
bestätigt hat, unterrichtet er davon jedesmal die gesetzgebende Körperschaft.
Diese kann die Suspension aufheben oder bestätigen oder
darüber hinaus die schuldige Verwaltung auflösen und alle Administratoren oder
einige von ihnen den Strafgerichten übergeben oder gegen sie Anklage erheben.
Abschnitt
III. Von den auswärtigen Beziehungen
Art. 1. Allein der
König unterhält politische Beziehungen zum Auslande, führt die Verhandlungen,
trifft Kriegsvorbereitungen im Verhältnis zu denen der Nachbarstaaten, verteilt
die Streitkräfte zu Wasser und zu Lande, so wie es ihm angemessen erscheint,
und regelt ihre Verwendung im Kriegsfalle.
Art. 2. Jede
Kriegserklärung soll in dieser Form geschehen: „Von seiten des Königs der
Franzosen im Namen der Nation.“
Art. 3. Dem König
steht es zu, mit allen fremden Mächten die Friedens-, Bündnis- und
Handelsverträge und andere Übereinkommen, die er zugunsten des Staates für
notwendig hält, abzuschließen und zu unterzeichnen, vorbehaltlich der
Ratifizierung durch die gesetzgebende Körperschaft.
Kapitel
V. Von der richterlichen Gewalt
Art. 1. Die
richterliche Gewalt kann in keinem Fall durch die gesetzgebende Körperschaft
oder durch den König ausgeübt werden.
Art. 2. Die
Rechtsprechung erfolgt kostenlos durch die auf Zeit durch das Volk gewählten
und durch Patente des Königs, die er nicht verweigern kann, eingesetzten
Richter.
Sie können nur wegen eines gehörig abgeurteilten
Amtsvergehens abgesetzt und wegen einer zugelassenen Anklage suspendiert
werden. Der öffentliche Ankläger wird durch das Volk gewählt.
Art. 3. Die
Gerichtshöfe können sich nicht in die Ausübung der gesetzgebenden Gewalt
einmischen oder die Ausführung der Gesetze aufheben noch etwas gegen die
Verwaltungsbehörden unternehmen oder die Administratoren auf Grund ihrer
Funktionen vorladen.
Art. 4. Die Bürger
können ihren gesetzlichen Richtern durch keine Mandate, Verfügungen oder
Anordnungen, als die durch die Gesetze bestimmten, entzogen werden.
Art. 5. Das Recht der
Bürger, auf schiedsrichterlichem Wege ihre Streitsachen endgültig zu
entscheiden, kann durch Verfügungen der gesetzgebenden Gewalt nicht
eingeschränkt werden.
Art. 6. Die gewöhnlichen
Gerichtshöfe können keinen Zivilfall annehmen, wenn ihnen nicht nachgewiesen
wird, daß die Parteien erschienen sind oder daß der Kläger die Gegenpartei vor
Mittelmännern geladen hat, um zu einem Ausgleich zu gelangen.
Art. 7. In den Städten
und Kantonen wird es einen oder mehrere Friedensrichter geben. Ihre Zahl wird
durch die gesetzgebende Gewalt festgesetzt.
Art. 8. Es steht der
gesetzgebenden Gewalt zu, die Zahl und die Bezirke der Gerichtshöfe und die
Zahl der Richter an jedem Gerichtshof zu bestimmen.
Art. 9. In Straffällen
kann ein Bürger nur durch eine von Geschworenen erhobene oder von der
gesetzgebenden Körperschaft in den Fällen, in denen ihr die Erhebung der
Anklage zusteht, beschlossene Anklage verurteilt werden.
Nach zugelassener Anklage wird der Tatbestand durch
Geschworene erkannt und festgestellt.
Der Angeklagte hat das Recht, bis zu 20 [der Geschworenen]
abzulehnen, ohne Gründe anzugeben.
Die Geschworenen, die den Tatbestand feststellen, können
nicht weniger als 12 sein.
Die Anwendung des Gesetzes erfolgt durch die Richter.
Die Verhandlung soll öffentlich sein. Den Angeklagten kann
der Beistand eines Anwaltes nicht verweigert werden.
Jeder, der durch ein Geschworenengericht rechtskräftig
freigesprochen ist, kann für den gleichen Tatbestand nicht erneut ergriffen
oder angeklagt werden.
Art. 10. Niemand kann
ergriffen werden, ohne vor einen Polizeibeamten geführt zu werden. Und niemand
kann verhaftet oder in Haft gehalten werden, als auf Grund eines Befehls eines
Polizeibeamten, eines Haftbefehls eines Gerichtshofes, eines Anklagebeschlusses
der gesetzgebenden Körperschaft in den Fällen, in denen es ihr zukommt, sie zu
erheben, oder einer Verurteilung zu Gefängnis oder Zuchthaus.
Art. 11. Jeder, der
ergriffen und vor einen Untersuchungsrichter geführt ist, muß sofort oder
spätestens binnen 24 Stunden verhört werden.
Ergibt sich aus dem Verhör, daß keine Ursache zur Anklage
gegen ihn vorliegt, ist er sofort in Freiheit zu setzen. Ist es nötig, ihn dem
Untersuchungsgefängnis zu überantworten, so ist er dorthin in der kürzesten
Frist, die keinesfalls 3 Tage überschreiten darf, zu übergeben.
Art. 12. Kein
Verhafteter darf in Haft gehalten werden, wenn er in den Fällen, in denen es
das Gesetz erlaubt, gegen Stellung einer Kaution auf freiem Fuß zu bleiben,
eine genügende Kaution stellt.
Art. 13. Im Falle, daß
die Verhaftung durch das Gesetz begründet ist, darf man nur in die gesetzlich
und öffentlich bezeichneten Gebäude, die als Untersuchungsgefängnis, Hafthaus
oder Gefängnis dienen, gebracht und in ihnen in Haft gehalten werden.
Art. 14. Ein
Gefängniswärter oder Kerkermeister darf einen Menschen nur auf Grund eines der
im Artikel 10 erwähnten Haftbefehle, Anklagebeschlüsse und Urteile in Empfang
nehmen und behalten und muß darüber in seine Register eine Eintragung gemacht
haben.
Art. 15. Jeder
Gefängniswärter oder Kerkermeister ist verpflichtet, ohne daß ihn irgendein
Befehl davon entbinden kann, den Häftling dem Beamten, der die Polizeiaufsicht
über das Gefängnis hat, jedesmal vorzuführen, wenn es dieser verlangt.
Die Vorführung eines Häftlings kann auch seinen Verwandten
und Freunden nicht verweigert werden, wenn diese den Befehl des Beamten
vorzeigen, den dieser ihnen stets zugestehen muß, es sei denn, daß der
Gefängniswärter oder Kerkermeister einen in sein Register eingetragenen
richterlichen Befehl vorweist, den Gefangenen in Sonderhaft zu halten.
Art. 16. Jeder, wes
Standes oder Amtes er sei, mit Ausnahme derer, denen das Gesetz das Recht zur
Verhaftung gibt, der einen Haftbefehl gegen einen Bürger ausstellt,
unterzeichnet, ausführt oder ausführen läßt, oder wer selbst in den durch das
Gesetz gerechtfertigten Fällen der Verhaftung einen Bürger an einen nicht
öffentlich und gesetzmäßig bezeichneten Haftort bringt, aufnimmt oder
zurückhält, und jeder Gefängniswärter oder Kerkermeister, der den Anordnungen
der obigen Artikel 14 und 15 zuwiderhandelt, machen sich des Verbrechens der
willkürlichen Verhaftung schuldig.
Art. 17. Niemand kann
auf Grund von Schriften, die er über irgendwelche Gegenstände hat drucken oder
veröffentlichen lassen, zur Untersuchung gezogen oder verfolgt werden, es sei
denn, daß er zum Ungehorsam gegen das Gesetz, zur Verächtlichmachung der
verfassungsmäßigen Gewalten, zum Widerstand gegen ihre Verfügungen oder zu
irgendwelchen durch das Gesetz als Verbrechen oder Vergehen erklärten
Handlungen auffordert.
Die Kritik der Verfügungen der verfassungsmäßigen Gewalten
ist erlaubt. Aber willkürliche Verleumdungen gegen die Rechtmäßigkeit der
Beamten und die Rechtlichkeit ihrer Absichten bei Ausübung ihres Dienstes
können von denen, die davon betroffen werden, verfolgt werden.
Verleumdungen und Beleidigungen irgendwelcher Personen, die
sich auf ihr Privatleben erstrecken, können auf ihre Anklage hin bestraft werden.
Art. 18. Keiner kann
in Zivil- oder Straffällen für den Druck oder die Veröffentlichung von
Schriften verurteilt werden, wenn nicht ein Geschworenengericht erkannt und
erklärt hat, daß die betreffende Schrift ein Vergehen enthält und daß der
Angeklagte dessen schuldig ist.
Art. 19. Für das ganze
Königreich gibt es nur einen Kassationshof, der bei der gesetzgebenden
Körperschaft eingerichtet wird. Er hat die Aufgabe, einen Ausspruch zu fällen
über die Forderung der Kassation gegen die in letzter Instanz durch die
Gerichtshöfe gefällten Urteile, über die Forderung der Überweisung von einem
Gerichtshof an einen anderen im Falle eines rechtmäßigen Verdachtes, über die
Dienstordnung der Richter und über Beschuldigungen gegen einen ganzen
Gerichtshof.
Art. 20. Im Falle der
Kassation kann der Kassationshof niemals über den Tatbestand erkennen. Aber
nachdem das Urteil kassiert ist, weil es auf Grund eines Verfahrens ergangen
ist, in dem die Formen verletzt wurden, oder weil es einen ausdrücklichen
Widerspruch zum Gesetz enthält, wird er die Streitsache dem Gerichtshof, der
darüber erkennen muß, zurücksenden.
Art. 21. Wenn nach
zwei Kassationen das Urteil des dritten Gerichtes mit den gleichen Mitteln wie
die beiden ersten angefochten wird, kann die Frage vom Kassationshof nicht mehr
behandelt werden, ohne der gesetzgebenden Körperschaft vorgelegt zu werden, die
einen erklärenden Beschluß zu dem Gesetz fassen wird, nach dem sich der
Kassationshof zu richten hat.
Art. 22. Jedes Jahr
muß der Kassationshof eine Deputation von 8 seiner Mitglieder vor die Schranken
der gesetzgebenden Körperschaft schicken. Sie haben ihr eine Übersicht über die
gefällten Urteilssprüche mit einem kurzen Abriß der Sache und des
Gesetzestextes, der die Entscheidung bestimmt hat, zu übergeben.
Art. 23. Ein
nationales Hochgericht, das aus Mitgliedern des Kassationshofes und
Hochgeschworenen gebildet wird, erkennt über die Vergehen der Minister und der
vornehmsten Beamten der vollziehenden Gewalt und Verbrechen, die die allgemeine
Sicherheit des Staates berühren, wenn die gesetzgebende Körperschaft einen
Anklagebeschluß faßt.
Es versammelt sich nur auf die Proklamation der
gesetzgebenden Körperschaft hin und in einer Entfernung von mindestens 30000
Klaftern von dem Ort, an dem die gesetzgebende Körperschaft ihre Sitzungen
hält.
Art. 24. Die
Ausfertigungen der Urteile der Gerichtshöfe sollen wie folgt gefaßt sein: „N.
(der Name des Königs), durch Gottes Gnaden und durch das Verfassungsgesetz des
Staates König der Franzosen, allen Gegenwärtigen und Zukünftigen Heil. Der
Gerichtshof von... hat das folgende Urteil gefällt:“ (Hier folgt der Wortlaut
des Urteils, in dem der Name der Richter zu erwähnen ist.) „Wir ordnen an und
befehlen daraufhin, daß alle Gerichtsdiener dies Urteil zur Ausführung bringen,
daß unsere Kommissare bei den Gerichtshöfen dazu behilflich sind, und daß alle
Kommandanten und Offiziere der öffentlichen Streitkräfte standhaft Hilfe
leisten, wenn sie gesetzmäßig darum ersucht werden. Zu Urkund dessen ist das
gegenwärtige Urteil durch den Präsidenten des Gerichtshofes und den
Gerichtsschreiber unterzeichnet.“
Art. 25. Die Aufgaben
der königlichen Kommissare bei den Gerichtshöfen bestehen darin, die
Beobachtung der Gesetze bei den zu fällenden Urteilen zu verlangen und die
gefällten Urteile ausführen zu lassen. Sie sollen keine öffentlichen Ankläger
sein, aber über alle Anklagen gehört werden. Sie sollen während der Verhandlung
für die Beobachtung der Formen und vor dem Urteil für die Anwendung des
Gesetzes eintreten.
Art. 26. Die
königlichen Kommissare bei den Gerichtshöfen sollen dem Direktor des
Geschworenengerichts, sei es von Amts wegen, sei es auf königlichen Befehl hin,
Anzeige erstatten
von Angriffen gegen die persönliche Freiheit der Bürger, gegen den freien
Vertrieb der Lebensmittel und andere Handelsartikel und gegen die Erhebung der
Steuern;
von Verbrechen, durch welche die Ausführung der Befehle, die der König in
Ausübung der ihm übertragenen Funktionen erteilt, gestört oder gehindert wird;
von Angriffen gegen das Völkerrecht
und von Auflehnungen gegen die Ausführung der Urteile und alle ausführenden
Maßnahmen der verfassungsmäßigen Gewalten.
Art. 27. Der
Justizminister zeigt dem Kassationshof durch den königlichen Kommissar und
unter Vorbehalt des Rechts der beteiligten Parteien die Fälle an, in denen die
Richter die Grenzen ihrer Macht überschritten haben.
Der Gerichtshof wird sie annullieren. Und wenn sie zur
Strafverfolgung Anlaß geben, wird er sie der gesetzgebenden Körperschaft
anzeigen, die gegebenenfalls den Anklagebeschluß faßt und die Angeklagten vor
das nationale Hochgericht stellt.
Titel IV.
Von den Streitkräften
Art. 1. Die
Streitkräfte sind dazu da, um den Staat gegen äußere Feinde zu verteidigen und
die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Ausführung der Gesetze im Innern zu
sichern.
Art. 2. Sie bestehen
aus dem Heer und der Flotte, den besonders zum inneren Dienst bestimmten
Truppen und ergänzend aus den aktiven Bürgern und ihren Söhnen, die Waffen
tragen können und in die Liste der Nationalgarde eingetragen sind.
Art. 3. Die
Nationalgarden bilden kein militärisches Korps und keine Institution im Staate.
Es sind die Bürger selbst, die zum Dienst in den Streitkräften gerufen werden.
Art. 4. Die Bürger
können als Nationalgarden nur auf Grund einer gesetzlichen Anforderung oder
Ermächtigung zusammentreten und handeln.
Art. 5. Sie sind in
dieser Eigenschaft einer durch das Gesetz bestimmten Organisation unterworfen.
Sie können im ganzen Königreich nur eine Disziplinarordnung
und eine Uniform haben.
Die Dienstgrade und die Unterordnung bestehen nur
hinsichtlich des Dienstes und während seiner Dauer.
Art. 6. Die Offiziere
werden auf Zeit gewählt und können nur gewählt werden, nachdem sie eine
Zeitlang als Soldat Dienst getan haben. Niemand kann die Nationalgarde von mehr
als einem Distrikt befehligen.
Art. 7. Alle Teile der
Streitkräfte, die für die Sicherheit des Staates gegen äußere Feinde verwendet
werden, handeln unter dem Befehl des Königs.
Art. 8. Kein Korps und
keine Abteilung der Linientruppen kann im Innern des Königreiches ohne
gesetzliche Anforderung verwendet werden.
Art. 9. Ein
Beauftragter der Streitkräfte kann in das Haus eines Bürgers nur zur Ausführung
von Befehlen der Polizei oder der Justiz oder in den durch das Gesetz
ausdrücklich vorgesehenen Fällen eintreten.
Art. 10. Die
Anforderung der Streitkräfte im Innern des Königreiches steht den Zivilbeamten
nach den durch die gesetzgebende Körperschaft bestimmten Grundsätzen zu.
Art. 11. Wenn Unruhen
in einem ganzen Departement herrschen, soll der König unter der
Verantwortlichkeit seiner Minister die notwendigen Befehle für die Ausführung
der Gesetze und die Wiederherstellung der Ordnung geben. Aber er soll zugleich
die gesetzgebende Körperschaft, wenn sie versammelt ist, davon benachrichtigen
und sie einberufen, wenn sie vertagt ist.
Art. 12. Die
Streitkräfte sind ihrem Wesen nach gehorchend. Kein bewaffnetes Korps kann
beraten.
Art. 13. Die
Streitkräfte zu Wasser und zu Lande und die Truppe, die für die innere
Sicherheit bestimmt ist, sind besonderen Gesetzen für die Aufrechterhaltung der
Disziplin und die Form der Urteile und die Art der Strafen bei militärischen
Vergehen unterworfen.
Titel V. Von
den öffentlichen Abgaben
Art. 1. Die
öffentlichen Abgaben werden jährlich durch die gesetzgebende Körperschaft
beraten und festgesetzt und können, wenn sie nicht ausdrücklich erneuert
werden, nicht über den letzten Tag der folgenden Sitzungsperiode hinaus
bestehen.
Art. 2. Unter keinem
Vorwand dürfen die notwendigen Mittel für die Zahlung der Nationalschuld und
für die Zahlung der Zivilliste verweigert oder aufgeschoben werden.
Das Gehalt der pensionierten, beibehaltenen oder durch
Beschluß der verfassunggebenden Nationalversammlung gewählten oder ernannten
Diener des katholischen Gottesdienstes bildet einen Teil der Nationalschuld.
Die gesetzgebende Körperschaft kann in keinem Fall die
Nation mit der Bezahlung der Schulden eines einzelnen belasten.
Art. 3. Die
ausführlichen, durch die Minister oder Generalsekretäre gezeichneten und bestätigten
Rechnungen der Ausgaben der Ministerien sollen bei Beginn der Sitzungen einer
jeden Legislaturperiode durch Druck veröffentlicht werden.
In gleicher Weise soll es mit den Übersichten über die
Einnahmen der öffentlichen Abgaben und alle öffentlichen Einkünfte gehalten
werden.
Die Übersichten der Ausgaben und Einnahmen sollen ihrer Art
nach getrennt sein und die jährlich in jedem Distrikt eingenommenen und
ausgegebenen Beträge enthalten.
Die besonderen Ausgaben jedes Departements und die der
Gerichtshöfe, Verwaltungskörper und anderer Institutionen sollen in gleicher
Weise veröffentlicht werden.
Art. 4. Die
Administratoren der Departements und die Unteradministratoren können weder eine
öffentliche Abgabe festsetzen noch irgendeine Verteilung vornehmen, die über
die von der gesetzgebenden Körperschaft festgesetzten Fristen und Summen
hinausgeht noch, ohne von ihr dazu ermächtigt zu sein, irgendeine örtliche
Anleihe zu Lasten der Bürger des Departements beraten oder erlauben.
Art. 5. Die
vollziehende Gewalt leitet und überwacht die Erhebung und Einnahme der Abgaben
und gibt alle hierzu notwendigen Befehle.
Titel VI.
Von den Beziehungen der französischen Nation zu fremden Nationen
Die französische Nation verzichtet darauf, einen Krieg zu
unternehmen, um Eroberungen zu machen. Sie wird ihre Streitkräfte niemals gegen
die Freiheit eines anderen Volkes verwenden.
Die Verfassung läßt das Heimfallrecht nicht zu.
Ausländer, in Frankreich ansässig oder nicht, folgen ihren
ausländischen oder französischen Verwandten nach.
Sie können Schulden machen, in Frankreich gelegene Güter
erwerben und empfangen und gleich jedem französischen Bürger mit allen durch
das Gesetz erlaubten Mitteln darüber verfügen.
In Frankreich befindliche Ausländer sind den gleichen Straf-
und Polizeigesetzen unterworfen wie die französischen Bürger vorbehaltlich der
mit fremden Mächten getroffenen Übereinkünfte. Ihre Person, ihre Güter, ihr
Gewerbe, ihre Religion sind in gleicher Weise durch das Gesetz geschützt.
Titel VII.
Von der Revision der Verfassungsbeschlüsse
Art. 1. Die
verfassunggebende Nationalversammlung erklärt, daß die Nation das
unveräußerliche Recht hat, ihre Verfassung zu ändern; jedoch in Anbetracht
dessen, daß es dem nationalen Interesse angemessener ist, die Artikel, deren
Unzuträglichkeit die Erfahrung lehren wird, nur mit den in der Verfassung
selbst vorgesehenen Mitteln zu reformieren, beschließt sie, daß eine Änderung
durch die Revisionsversammlung in folgender Form vorgenommen werden soll:
Art. 2. Wenn drei
aufeinanderfolgende gesetzgebende Versammlungen den einstimmigen Wunsch auf
Änderung eines Verfassungsartikels geäußert haben, soll die geforderte Revision
stattfinden.
Art. 3. Die nächste
und die darauffolgende können keine Revision eines Verfassungsartikels vorschlagen.
Art. 4. Von den drei
gesetzgebenden Versammlungen, die nacheinander irgendwelche Änderungen
vorschlagen können, sollen sich die beiden ersten mit dieser Frage nur in den
beiden letzten Monaten ihrer letzten Sitzungsperiode und die dritte am Ende
ihrer ersten jährlichen Sitzungsperiode oder zu Beginn der zweiten befassen.
Die Beratungen über diesen Gegenstand sind den gleichen
Formen wie die gesetzgebenden Akte unterworfen. Aber die Beschlüsse, durch die
die gesetzgebenden Körperschaften ihren Wunsch geäußert haben, bedürfen nicht
der königlichen Bestätigung.
Art. 5. Die vierte
gesetzgebende Körperschaft, vermehrt um 249 in den einzelnen Departements durch
Verdoppelung der gewöhnlichen, auf Grund seiner Bevölkerungszahl gewählten
Mitglieder bildet die Revisionsversammlung.
Diese 249 Mitglieder werden, nachdem die Wahl der
Abgeordneten zur gesetzgebenden Körperschaft beendet ist, gewählt, und es wird
darüber ein besonderes Protokoll aufgenommen.
Die Revisionsversammlung besteht nur aus einer Kammer.
Art. 6. Die Mitglieder
der dritten gesetzgebenden Körperschaft, die die Abänderung gefordert hat,
können zur Revisionsversammlung nicht gewählt werden.
Art. 7. Die Mitglieder
der Revisionsversammlung leisten, nachdem sie gemeinsam den Eid frei zu leben
oder zu sterben ausgesprochen haben, persönlich den Eid, sich auf Beschlüsse
über die Gegenstände zu beschränken, die ihnen auf einstimmigen Wunsch der drei
vorher. gehenden gesetzgebenden Körperschaften überwiesen sind, darüber hinaus
mit allen ihren Kräften die durch die verfassunggebende Nationalversammlung in
den Jahren 1789,1790 und 1791 beschlossene Verfassung aufrechtzuerhalten und in
allem der Nation, dem Gesetz und dem König treu zu sein.
Art. 8. Die
Revisionsversammlung ist verpflichtet, sich ununterbrochen und ohne Aufschub
mit den Gegenständen, die ihrer Prüfung übergeben sind, zu beschäftigen. Sobald
ihre Arbeit abgeschlossen ist, ziehen sich die 249 überzähligen Mitglieder
zurück, ohne in irgendeinem Falle an den gesetzgebenden Akten teilzunehmen.
Die Kolonien und französischen
Besitzungen in Asien, Afrika und Amerika sind, obgleich sie Teile des
Französischen Reiches sind, in der vorliegenden Verfassung nicht inbegriffen.
Keine der durch die Verfassung
eingesetzten Gewalten hat das Recht, diese insgesamt oder teilweise zu
verändern, vorbehaltlich der Verbesserungen, die in Übereinstimmung mit den
Anordnungen des obigen Titels VII durch den Wunsch nach Revision vorgenommen
werden können.
Die verfassunggebende Nationalversammlung
vertraut sie der Treue der gesetzgebenden Körperschaft, des Königs und der
Richter, der Wachsamkeit der Familienväter, den Gattinnen und Müttern, der
Liebe der jungen Bürger, dem Mute aller Franzosen an.
Die Beschlüsse der verfassunggebenden
Nationalversammlung, die nicht in der Verfassung enthalten sind, werden als
Gesetze ausgeführt. Die früheren Gesetze, die sie nicht aufgehoben hat, sollen
in gleicher Weise beachtet werden, bis die einen oder die anderen durch die
gesetzgebende Gewalt widerrufen oder abgeändert werden.
Die Nationalversammlung erklärt, nachdem
sie die Verlesung der vorliegenden Verfassung angehört und sie gebilligt hat,
daß die Verfassung beschlossen ist und daß sie nichts daran ändern könne.
Sie wählt sofort eine Abordnung von 60
Mitgliedern, um heute die Verfassung dem König vorzulegen.