VERTRAG
ZUR GRÜNDUNG DER  EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT

vom. 25 März 1957


SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER,

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND,

DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK,

DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK,

IHRE KÖNIGLICHE HOHEIT DIE GROSSHERZOGIN VON LUXEMBURG,

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE,

IN DEM FESTEN WILLEN, die Grundlagen für einen immer engeren Zusammenschluß der europäischen Völker zu schaffen,

ENTSCHLOSSEN, durch gemeinsames Handeln den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt ihrer Länder zu sichern, indem sie die Europa trennenden Schranken beseitigen,

IN DEM VORSATZ, die stetige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen ihrer Völker als wesentliches Ziel anzustreben,

IN DER ERKENNTNIS, daß zur Beseitigung der bestehenden Hindernisse ein einverständliches Vorgehen erforderlich ist, um eine beständige Wirtschaftsausweitung, einen ausgewogenen Handelsverkehr und einen redlichen Wettbewerb zu gewährleisten,

IN DEM BESTREBEN, ihre Volkswirtschaften zu einigen und deren harmonische Entwicklung zu fördern, indem sie den Abstand zwischen einzelnen Gebieten und den Rückstand weniger begünstigter Gebiete verringern,

IN DEM WUNSCH, durch eine gemeinsame Handelspolitik zur fortschreitenden Beseitigung der Beschränkungen im zwischenstaatlichen Wirtschaftsverkehr beizutragen,

IN DER ABSICHT, die Verbundenheit Europas mit den überseeischen Ländern zu bekräftigen, und in dem Wunsch, entsprechend den Grundsätzen der Satzung der Vereinten Nationen den Wohlstand der überseeischen Länder zu fördern,

ENTSCHLOSSEN, durch diesen Zusammenschluß ihrer Wirtschaftskräfte Frieden und Freiheit zu wahren und zu festigen, und mit der Aufforderung an die anderen Völker Europas, die sich zu dem gleichen hohen Ziel bekennen, sich diesen Bestrebungen anzuschließen,

HABEN BESCHLOSSEN, eine EUROPÄISCHE GEMEINSCHAFT zu gründen; sie haben zu diesem Zweck zu ihren Bevollmächtigten ernannt:

SEINE MAJESTÄT DER KÖNIG DER BELGIER:
Herrn Paul Henri SPAAK, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Baron J. Ch. SNOY ET D'OPPUERS, Generalsekretär des Wirtschaftsministeriums, Leiter der belgischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

DER PRÄSIDENT DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND:
Herrn Dr. Konrad ADENAUER, Bundeskanzler;
Herrn Professor Dr. Walter HALLSTEIN, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes.

DER PRÄSIDENT DER FRANZÖSISCHEN REPUBLIK:
Herrn Christian PINEAU, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn Maurice FAURE, Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten.

DER PRÄSIDENT DER ITALIENISCHEN REPUBLIK:
Herrn Antonio SEGNI, Ministerpräsident;
Herrn Professor Gaetano MARTINO, Minister für Auswärtige Angelegenheiten.

IHRE KÖNIGLICHE HOHEIT DIE GROSSHERZOGIN VON LUXEMBURG:
Herrn Joseph BECH, Staatsminister, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn Lambert SCHAUS, Botschafter, Leiter der luxemburgischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

IHRE MAJESTÄT DIE KÖNIGIN DER NIEDERLANDE:
Herrn Joseph LUNS, Minister für Auswärtige Angelegenheiten;
Herrn J. LINTHORST HOMAN, Leiter der niederländischen Delegation bei der Regierungskonferenz.

DIESE SIND nach Austausch ihrer als gut und gehörig befundenen Vollmachten wie folgt übereingekommen:

ERSTER TEIL
GRUNDSÄTZE

Artikel 1

Durch diesen Vertrag gründen die HOHEN VERTRAGSPARTEIEN untereinander eine EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSGEMEINSCHAFT.

Artikel 2

Aufgabe der Gemeinschaft ist es, durch die Errichtung eines Gemeinsamen Marktes und die schrittweise Annäherung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten eine harmonische Entwicklung des Wirtschaftslebens innerhalb der Gemeinschaft, eine beständige und ausgewogene Wirtschaftsausweitung, eine größere Stabilität, eine beschleunigte Hebung der Lebenshaltung und engere Beziehungen zwischen den Staaten zu fördern, die in dieser Gemeinschaft zusammengeschlossen sind.

Artikel 3

Die Tätigkeit der Gemeinschaft im Sinne des Artikels 2 umfaßt nach Maßgabe dieses Vertrags und der darin vorgesehenen Zeitfolge:
a) die Abschaffung der Zölle und mengenmäßigen Beschränkungen bei der Ein- und Ausfuhr von Waren sowie aller sonstigen Maßnahmen gleicher Wirkung zwischen den Mitgliedstaaten;
b) die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs und einer gemeinsamen Handelspolitik gegenüber dritten Ländern;
c) die Beseitigung der Hindernisse für den freien Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten;
d) die Einführung einer gemeinsamen Politik auf dem Gebiet der Landwirtschaft;
e) die Einführung einer gemeinsamen Politik auf dem Gebiet des Verkehrs;
f) die Errichtung eines Systems, das den Wettbewerb innerhalb des Binnenmarkts vor Verfälschungen schützt;
g) die Anwendung von Verfahren, welche die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und die Behebung von Störungen im Gleichgewicht ihrer Zahlungsbilanzen ermöglichen;
h) die Angleichung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften, soweit dies für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlich ist;
i) die Schaffung eines Europäischen Sozialfonds, um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer zu verbessern und zur Hebung ihrer Lebenshaltung beizutragen;
j)  die Errichtung einer Europäischen Investitionsbank, um durch Erschließung neuer Hilfsquellen die wirtschaftliche Ausweitung in der Gemeinschaft zu erleichtern;
k) die Assoziierung der überseeischen Länder und Hoheitsgebiete, um den Handelsverkehr zu steigern und die wirtschaftliche und soziale Entwicklung durch gemeinsame Bemühungen zu fördern.

Artikel 4

(1) Die der Gemeinschaft zugewiesenen Aufgaben werden durch folgende Organe wahrgenommen:
- eine Versammlung,
- einen Rat,
- eine Kommission,
- einen Gerichtshof.

Jedes Organ handelt nach Maßgabe der ihm in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse.

(2) Der Rat und die Kommission werden von einem Wirtschafts- und Sozialausschuß sowie einem Ausschuß der Regionen mit beratender Aufgabe unterstützt.

Artikel 5

Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe.

Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.

Artikel 6

(1) Die Mitgliedstaaten koordinieren in enger Zusammenarbeit mit den Organen der Gemeinschaft ihre Wirtschaftspolitik, soweit dies zur Erreichung der Ziele dieses Vertrags erforderlich ist.

(2) Die Organe der Gemeinschaft achten darauf, die innere und äußere finanzielle Stabilität der Mitgliedstaaten nicht zu gefährden.

Artikel 7

Unbeschadet besonderer Bestimmungen dieses Vertrags ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung Regelungen für das Verbot solcher Diskriminierungen treffen.

Artikel 8

(1) Der Gemeinsame Markt wird während einer Übergangszeit von zwölf Jahren schrittweise verwirklicht.

Die Übergangszeit besteht aus drei Stufen von je vier Jahren; die Dauer jeder Stufe kann nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen geändert werden.

(2) Jeder Stufe entspricht eine Gesamtheit von Maßnahmen, die zusammen eingeleitet und durchgeführt werden müssen.

(3) Der Übergang von der ersten zur zweiten Stufe hängt von der Feststellung ab, daß die in diesem Vertrag für die erste Stufe ausdrücklich festgelegten Ziele im wesentlichen tatsächlich erreicht und daß vorbehaltlich der in diesem Vertrag vorgesehenen Ausnahmen und Verfahren die Verpflichtungen eingehalten worden sind.

Diese Feststellung wird vom Rat am Ende des vierten Jahres aufgrund eines Berichtes der Kommission einstimmig getroffen. Ein Mitgliedstaat kann die Einstimmigkeit nicht verhindern, indem er sich auf die Nichterfüllung seiner eigenen Verpflichtungen beruft. Kommt keine Einstimmigkeit zustande, so wird die erste Stufe ohne weiteres um ein Jahr verlängert.

Am Ende des fünften Jahres trifft der Rat die Feststellung unter denselben Bedingungen. Kommt keine Einstimmigkeit zustande, so wird die erste Stufe ohne weiteres um ein zusätzliches Jahr verlängert.

Am Ende des sechsten Jahres trifft der Rat die Feststellung mit qualifizierter Mehrheit aufgrund des Berichtes der Kommission.

(4) Verbleibt ein Mitgliedstaat in der Minderheit, so kann er binnen einem Monat nach der zuletzt genannten Abstimmung beim Rat die Bestellung einer Schiedsstelle beantragen, deren Entscheidung für alle Mitgliedstaaten und für die Organe der Gemeinschaft verbindlich ist; wird die erforderliche Mehrheit nicht erreicht, so gilt das gleiche für jeden Mitgliedstaat. Die Schiedsstelle besteht aus drei Mitgliedern, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission bestellt werden.

Kommt die Bestellung durch den Rat binnen einem Monat nach Antragstellung nicht zustande, so werden die Mitglieder der Schiedsstelle innerhalb eines weiteren Monats vom Gerichtshof bestellt.

Die Schiedsstelle wählt ihren Vorsitzenden selbst.

Sie erläßt ihren Schiedsspruch binnen sechs Monaten nach der im letzten Unterabsatz von Absatz 3 genannten Abstimmung des Rates.

(5) Die zweite und die dritte Stufe können nur durch eine einstimmige, vom Rat auf Vorschlag der Kommission erlassene Entscheidung verlängert oder abgekürzt werden.

(6) Die Bestimmungen der vorstehenden Absätze dürfen nicht zur Folge haben, daß die Übergangszeit länger als fünfzehn Jahre, vom Inkrafttreten dieses Vertrags an gerechnet, dauert.

(7) Vorbehaltlich der in diesem Vertrag vorgesehenen Ausnahmen oder Abweichungen ist das Ende der Übergangszeit gleichzeitig der Endtermin für das Inkrafttreten aller vorgesehenen Vorschriften sowie für die Durchführung aller Maßnahmen, die zur Errichtung des Gemeinsamen Marktes gehören.

ZWEITER TEIL
GRUNDLAGEN DER GEMEINSCHAFT

TITEL I
Der freie Warenverkehr

Artikel 9

(1) Grundlage der Gemeinschaft ist eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt; sie umfaßt das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern.

(2) Kapitel 1 Abschnitt 1 und Kapitel 2 dieses Titels gelten für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.

Artikel 10

(1) Als im freien Verkehr eines Mitgliedstaats befindlich gelten diejenigen Waren aus dritten Ländern, für die in dem betreffenden Mitgliedstaat die Einfuhr-Förmlichkeiten erfüllt sowie die vorgeschriebenen Zölle und Abgaben gleicher Wirkung erhoben und nicht ganz oder teilweise rückvergütet worden sind.

(2) Die Kommission regelt vor Ablauf des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags die Methoden der Zusammenarbeit der Verwaltungen hinsichtlich der Anwendung des Artikels 9 Absatz 2; hierbei berücksichtigt sie die Notwendigkeit, die für den Warenverkehr geltenden Förmlichkeiten soweit wie möglich zu vereinfachen.

Vor Ablauf des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags erläßt die Kommission für den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten Vorschriften für solche Waren aus einem Mitgliedstaat, die unter Verwendung von Erzeugnissen hergestellt sind, für welche der ausführende Staat die anwendbaren Zölle und Abgaben gleicher Wirkung nicht erhoben oder vollständig oder teilweise rückvergütet hat.

Beim Erlaß dieser Vorschriften berücksichtigt die Kommission die Bestimmungen dieses Vertrags über die Abschaffung der Zölle innerhalb der Gemeinschaft und über die schrittweise Einführung des Gemeinsamen Zolltarifs.

Artikel 11

Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Vorkehrungen, um es den Regierungen zu ermöglichen, ihre Verpflichtungen aus diesem Vertrag auf dem Gebiet der Zölle innerhalb der festgesetzten Fristen zu erfüllen.

KAPITEL 1
DIE ZOLLUNION

Abschnitt 1
Die Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten

Artikel 12

Die Mitgliedstaaten werden untereinander weder neue Einfuhr- oder Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung einführen noch die in ihren gegenseitigen Handelsbeziehungen angewandten erhöhen.

Artikel 13

(1) Die zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Einfuhrzölle werden von ihnen während der Übergangszeit nach Maßgabe der Artikel 14 und 15 schrittweise abgeschafft.

(2) Die zwischen den Mitgliedstaaten geltenden Abgaben mit gleicher Wirkung wie Einfuhrzölle werden von ihnen während der Übergangszeit schrittweise aufgehoben. Die Kommission bestimmt durch Richtlinien die Zeitfolge dieser Aufhebung. Sie legt dabei die Vorschriften des Artikels 14 Absätze 2 und 3 sowie die vom Rat gemäß Artikel 14 Absatz 2 erlassenen Richtlinien zugrunde.

Artikel 14

(1) Für jede Ware gilt als Ausgangszollsatz, nach dem die aufeinanderfolgenden Herabsetzungen vorgenommen werden, der am 1. Januar 1957 angewandte Zollsatz.

(2) Die Zeitfolge der Herabsetzungen wird wie folgt festgelegt:
a) Während der ersten Stufe wird die erste Herabsetzung ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags, die zweite achtzehn Monate später, die dritte am Ende des vierten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags vorgenommen;
b) während der zweiten Stufe wird achtzehn Monate nach deren Beginn eine erste Herabsetzung durchgeführt; eine zweite erfolgt nach weiteren achtzehn Monaten, eine dritte ein Jahr danach;
c) die dann noch ausstehenden Herabsetzungen werden während der dritten Stufe vorgenommen; ihre Zeitfolge legt der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission durch Richtlinien fest.

(3) Bei der ersten Herabsetzung setzen die Mitgliedstaaten untereinander für jede Ware einen Zollsatz in Kraft, der um 10 v. H. unter dem Ausgangszollsatz liegt.

Bei jeder späteren Herabsetzung senkt jeder Mitgliedstaat seine Zollsätze insgesamt in der Weise, daß die nach Absatz 4 errechnete Gesamtzollbelastung um 10 v. H. herabgesetzt wird; dabei wird der Zollsatz für jede Ware um mindestens 5 v. H. des Ausgangszollsatzes verringert.

Solange jedoch der Zollsatz für eine Ware 30 v. H. noch überschreitet, wird er bei jeder Herabsetzung um mindestens 10 v. H. des Ausgangszollsatzes gesenkt.

(4) Für jeden Mitgliedstaat wird die in Absatz 3 erwähnte Gesamtzollbelastung in der Weise errechnet, daß der Wert der im Jahr 1956 aus anderen Mitgliedstaaten eingeführten Waren mit den Ausgangszollsätzen multipliziert wird.

(5) Der Rat regelt auf Vorschlag der Kommission durch Richtlinien die besonderen Probleme, die sich bei der Anwendung der Absätze 1 bis 4 ergeben; er beschließt mit qualifizierter Mehrheit.

(6) Die Mitgliedstaaten erstatten der Kommission Bericht über die Anwendung der vorstehenden Bestimmungen für die Herabsetzung der Zollsätze. Sie werden bestrebt sein, dabei für jede einzelne Ware
-  am Ende der ersten Stufe eine Herabsetzung um mindestens 25 v. H.,
- am Ende der zweiten Stufe eine solche um mindestens 50 v. H.
des Ausgangszollsatzes zu erreichen.

Besteht nach Feststellung der Kommission die Gefahr, daß die Ziele des Artikels 13 und die in diesem Absatz genannten Hundertsätze nicht erreicht werden können, so richtet sie alle zweckdienlichen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten.

(7) Der Rat kann die Bestimmungen dieses Artikels einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments ändern.

Artikel 15

(1) Ungeachtet des Artikels 14 kann jeder Mitgliedstaat während der Übergangszeit die Anwendung seiner Zollsätze für aus anderen Mitgliedstaaten eingeführte Waren ganz oder teilweise aussetzen. Er gibt den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission davon Kenntnis.

(2) Die Mitgliedstaaten sind bereit, ihre Zollsätze gegenüber den anderen Mitgliedstaaten schneller als in Artikel 14 vorgesehen herabzusetzen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden Wirtschaftszweigs dies zulassen.

Die Kommission richtet entsprechende Empfehlungen an die betreffenden Mitgliedstaaten.

Artikel 16

Die Mitgliedstaaten heben untereinander die Ausfuhrzölle und die Abgaben gleicher Wirkung spätestens am Ende der ersten Stufe auf.

Artikel 17

(1) Die Artikel 9 bis 15 Absatz 1 gelten auch für die Finanzzölle. Diese werden jedoch bei der Errechnung der Gesamtzollbelastung sowie der Senkung der Zollsätze insgesamt im Sinne des Artikels 14 Absätze 3 und 4 nicht berücksichtigt.

Die Sätze der Finanzzölle werden bei jeder Herabsetzung um mindestens 10 v. H. des Ausgangszollsatzes gesenkt. Die Mitgliedstaaten können sie rascher als in Artikel 14 vorgesehen senken.

(2) Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission vor Ende des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags ihre Finanzzölle mit.

(3) Die Mitgliedstaaten sind weiterhin berechtigt, diese Zölle durch eine inländische Abgabe zu ersetzen, die den Bestimmungen des Artikels 95 entspricht.

(4) Stellt die Kommission fest, daß die Ersetzung eines Finanzzolls in einem Mitgliedstaat auf ernstliche Schwierigkeiten stößt, so ermächtigt sie den betreffenden Staat, diesen Zoll unter der Voraussetzung beizubehalten, daß er ihn binnen sechs Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags abschafft. Die Genehmigung ist vor Ende des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags zu beantragen.

Abschnitt 2
Die Aufstellung des Gemeinsamen Zolltarifs

Artikel 18

Die Mitgliedstaaten sind bereit, zur Entwicklung des zwischenstaatlichen Handels und zum Abbau der Handelsschranken durch den Abschluß von Abkommen beizutragen, die auf der Grundlage der Gegenseitigkeit und zum gemeinsamen Nutzen die Senkung der Zollsätze unter die allgemeine Höhe zum Ziel haben, die aufgrund der Errichtung der Zollunion statthaft wäre.

Artikel 19

(1) Unter den Bedingungen und in den Grenzen, die nachstehend vorgesehen sind, ergeben sich die Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs aus dem einfachen Mittel der in den vier Zollgebieten der Gemeinschaft angewandten Zollsätze.

(2) Der Berechnung dieses Mittels werden die von den Mitgliedstaaten am 1. Januar 1957 angewandten Zollsätze zugrunde gelegt.

Bei dem italienischen Zolltarif gilt als angewandter Zollsatz der vor der jeweiligen Senkung um 10 v. H. angewandte Satz. Bei Positionen, für welche der italienische Tarif einen Vertragszollsatz enthält, tritt dieser an die Stelle des angewandten Zollsatzes, sofern er um nicht mehr als 10 v. H. höher liegt als dieser. Überschreitet der Vertragszollsatz den angewandten Zollsatz um mehr als 10 v. H., so wird für die Berechnung des einfachen Mittels der angewandte Zollsatz mit einem Zuschlag von 10 v. H. zugrunde gelegt.

Für die Tarifpositionen der Liste A treten für die Berechnung des einfachen Mittels die dort aufgeführten an die Stelle der angewandten Zollsätze.

(3) Die Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs dürfen folgende Hundertsätze nicht überschreiten:
a) 3 v. H. für Waren, die unter die Tarifpositionen der Liste B fallen;
b) 10 v. H. für Waren, die unter die Tarifpositionen der Liste C fallen;
c) 15 v. H. für Waren, die unter die Tarifpositionen der Liste D fallen;
d) 25 v. H. für Waren, die unter die Tarifpositionen der Liste E fallen; enthält jedoch der Tarif der Beneluxländer für diese Waren einen Zollsatz, der 3 v. H. nicht übersteigt, so wird er für die Berechnung des einfachen Mittels auf 12 v. H. erhöht.

(4) In der Liste F sind die Zollsätze für die in ihr aufgeführten Waren festgelegt.

(5) Die in diesem Artikel und in Artikel 20 genannten Listen von Tarifpositionen sind als Anhang I diesem Vertrag beigefügt.

Artikel 20

Für Waren der Liste G werden die anwendbaren Zollsätze durch Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten festgesetzt. Jeder Mitgliedstaat kann dieser Liste andere Waren bis zur Höhe von 2 v. H. des Gesamtwerts seiner Einfuhren aus dritten Ländern im Jahr 1956 hinzufügen.

Die Kommission trifft alle zweckdienlichen Vorkehrungen, damit diese Verhandlungen vor Ende des zweiten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags aufgenommen und vor Ende der ersten Stufe abgeschlossen werden.

Kann für bestimmte Waren innerhalb dieser Fristen eine Übereinstimmung nicht erzielt werden, so setzt der Rat bis zum Ende der zweiten Stufe einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit die Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs auf Vorschlag der Kommission fest.

Artikel 21

(1) Der Rat erläßt mit qualifizierter Mehrheit während der ersten zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Vertrags auf Vorschlag der Kommission Richtlinien zur Behebung technischer Schwierigkeiten, die bei der Anwendung der Artikel 19 und 20 entstehen können.

(2) Der Rat entscheidet mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission vor Ende der ersten Stufe oder spätestens bei der Festsetzung der Zollsätze über die Anpassungen, die für die innere Ausgeglichenheit des Gemeinsamen Zolltarifs nach Anwendung der Artikel 19 und 20 erforderlich werden; hierbei wird insbesondere der Verarbeitungsgrad der verschiedenen Waren berücksichtigt, auf die der Tarif Anwendung findet.

Artikel 22

Binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags stellt die Kommission fest, inwieweit die in Artikel 17 Absatz 2 genannten Finanzzölle in die Berechnung des einfachen Mittels gemäß Artikel 19 Absatz 1 einzubeziehen sind. Hierbei berücksichtigt sie die etwaige Schutzwirkung dieser Zölle.

Binnen sechs Monaten nach dieser Feststellung kann jeder Mitgliedstaat die Anwendung des in Artikel 20 bezeichneten Verfahrens auf die betreffende Ware verlangen, ohne daß eine Anrechnung auf den dort genannten Hundertsatz erfolgt.

Artikel 23

(1) Zur schrittweisen Einführung des Gemeinsamen Zolltarifs ändern die Mitgliedstaaten ihre gegenüber dritten Ländern angewandten Zollsätze folgendermaßen:
a) Auf Zollpositionen, bei denen die am 1. Januar 1957 tatsächlich angewandten Zollsätze um höchstens 15 v. H. von den Sätzen des Gemeinsamen Zolltarifs abweichen, werden am Ende des vierten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags die letzteren angewandt;
b) in den anderen Fällen wendet jeder Mitgliedstaat zum gleichen Zeitpunkt einen Zollsatz an, durch den der Abstand zwischen dem am 1. Januar 1957 tatsächlich angewandten Zollsatz und dem Satz des Gemeinsamen Zolltarifs um 30 v. H. verringert wird;
c) dieser Abstand wird am Ende der zweiten Stufe abermals um 30 v. H. verringert;
d) bei Zollpositionen, für welche am Ende der ersten Stufe im Gemeinsamen Zolltarif Sätze noch nicht vorliegen, wendet jeder Mitgliedstaat binnen sechs Monaten nach dem Beschluß des Rates gemäß Artikel 20 die Zollsätze an, die sich aus der Anwendung dieses Absatzes ergeben.

(2) Wird einem Mitgliedstaat die in Artikel 17 Absatz 4 vorgesehene Ermächtigung erteilt, so braucht er während ihrer Geltungsdauer die obigen Bestimmungen auf die entsprechenden Zollpositionen nicht anzuwenden. Mit dem Erlöschen dieser Ermächtigung wendet er den Zollsatz an, der sich aus der Anwendung des Absatzes 1 ergibt.

(3) Der Gemeinsame Zolltarif wird spätestens am Ende der Übergangszeit in vollem Umfang angewendet.

Artikel 24

Den Mitgliedstaaten steht es frei, ihre Zollsätze rascher als in Artikel 23 vorgesehen zu ändern, um sie dem Gemeinsamen Zolltarif anzugleichen.

Artikel 25

(1) Stellt die Kommission fest, daß die Erzeugung bestimmter Waren der Listen B, C und D in den Mitgliedstaaten für die Versorgung eines Mitgliedstaats nicht ausreicht und daß diese Versorgung herkömmlicherweise zu einem erheblichen Teil von Einfuhren aus dritten Ländern abhängt, so gewährt der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission dem betroffenen Mitgliedstaat Zollkontingente, für welche die Zollsätze niedriger liegen oder gleich Null sind.

Diese Kontingente dürfen nicht so bemessen werden, daß eine Verlagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten zum Nachteil anderer Mitgliedstaaten zu befürchten ist.

(2) Für Waren der Liste E und diejenigen Waren der Liste G, deren Sätze gemäß Artikel 20 Absatz 3 festgesetzt worden sind, gewährt die Kommission jedem betroffenen Mitgliedstaat auf dessen Antrag Zollkontingente, für welche die Zollsätze niedriger liegen oder gleich Null sind, wenn sich eine Änderung der Versorgungsquellen oder eine ungenügende Versorgung innerhalb der Gemeinschaft nachteilig auf die verarbeitenden Industrien des betroffenen Mitgliedstaats auswirken könnte.

Diese Kontingente dürfen nicht so bemessen werden, daß eine Verlagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten zum Nachteil anderer Mitgliedstaaten zu befürchten ist.

(3) Die Kommission kann jeden Mitgliedstaat ermächtigen, die Anwendung der geltenden Zollsätze auf die in Anhang II zu diesem Vertrag aufgeführten Waren ganz oder teilweise auszusetzen, oder ihm Zollkontingente gewähren, für welche die Sätze niedriger liegen oder gleich Null sind, sofern dies auf dem Markt der in Betracht kommenden Waren keine schwerwiegenden Störungen zur Folge hat.

(4) Die Kommission überprüft die gemäß diesem Artikel gewährten Zollkontingente in regelmäßigen Zeitabständen.

Artikel 26

Befindet sich ein Mitgliedstaat in besonderen Schwierigkeiten, so kann ihn die Kommission ermächtigen, die aufgrund des Artikels 23 vorzunehmende Herabsetzung oder Erhöhung der Sätze für bestimmte Positionen seines Zolltarifs aufzuschieben.

Die Ermächtigung darf nur für begrenzte Frist und lediglich für Positionen erteilt werden, die insgesamt höchstens 5 v. H. des Wertes der Einfuhren des betreffenden Staates aus dritten Ländern während des letzten Jahres betragen, für das statistische Angaben vorliegen.

Artikel 27

Die Mitgliedstaaten nehmen vor Ende der ersten Stufe, soweit erforderlich, eine Angleichung ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet des Zollwesens vor. Die Kommission richtet alle hierzu erforderlichen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten.

Artikel 28

Über alle autonomen Änderungen oder Aussetzungen der Sätze des Gemeinsamen Zolltarifs entscheidet der Rat einstimmig, Nach Ablauf der Übergangszeit kann der Rat für einen Zeitabschnitt von höchstens sechs Monaten mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission über Änderungen oder Aussetzungen entscheiden, die 20 v. H. jedes Zollsatzes nicht überschreiten dürfen. Sie können unter denselben Bedingungen nur um nochmals sechs Monate verlängert werden.

Artikel 29

Bei der Ausübung der ihr aufgrund dieses Abschnitts übertragenen Aufgaben geht die Kommission von folgenden Gesichtspunkten aus:
a) der Notwendigkeit, den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern zu fördern;
b) der Entwicklung der Wettbewerbsbedingungen innerhalb der Gemeinschaft, soweit diese Entwicklung zu einer Zunahme der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen führt;
c) dem Versorgungsbedarf der Gemeinschaft an Rohstoffen und Halbfertigwaren; hierbei achtet die Kommission darauf, zwischen den Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen für Fertigwaren nicht zu verfälschen;
d) der Notwendigkeit, ernsthafte Störungen im Wirtschaftsleben der Mitgliedstaaten zu vermeiden und eine rationelle Entwicklung der Erzeugung sowie eine Ausweitung des Verbrauchs innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten.

KAPITEL 2
BESEITIGUNG DER MENGENMÄSSIGEN BESCHRÄNKUNGEN ZWISCHEN DEN MITGLIEDSTAATEN

Artikel 30

Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind unbeschadet der nachstehenden Bestimmungen zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

Artikel 31

Die Mitgliedstaaten werden untereinander weder neue mengenmäßige Beschränkungen noch Maßnahmen gleicher Wirkung einführen.

Diese Verpflichtung gilt nur für den Liberalisierungsstand, der aufgrund der am 14. Januar 1955 gefaßten Beschlüsse des Rates der Europäischen Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit erreicht worden ist. Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten dieses Vertrags ihre Listen der in Durchführung dieser Beschlüsse liberalisierten Waren. Diese Listen werden zwischen den Mitgliedstaaten konsolidiert.

Artikel 32

Die Mitgliedstaaten werden in ihrem gegenseitigen Handelsverkehr die bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden Kontingente und Maßnahmen gleicher Wirkung nicht einschränkender gestalten.

Diese Kontingente werden bis zum Ende der Übergangszeit aufgehoben. Sie werden im Laufe der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise beseitigt.

Artikel 33

(1) Ein Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags faßt jeder Mitgliedstaat die den anderen Mitgliedstaaten eröffneten bilateralen Kontingente zu Globalkontingenten zusammen, die allen anderen Mitgliedstaaten ohne Diskriminierung zugänglich sind.

Gleichzeitig erhöhen die Mitgliedstaaten diese Globalkontingente insgesamt gegenüber dem Vorjahr um mindestens 20 v. H. ihres Gesamtwerts. Dabei wird jedes für eine Ware festgesetzte Globalkontingent um mindestens 10 v. H. erhöht.

Die Kontingente werden jährlich gegenüber dem Vorjahr nach denselben Regeln und im gleichen Verhältnis erhöht.

Die vierte Erhöhung erfolgt am Ende des vierten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags, die fünfte ein Jahr nach Beginn der zweiten Stufe.

(2) Liegt das Globalkontingent für eine nicht liberalisierte Ware unter 3 v. H. ihrer Erzeugung in dem betreffenden Staat, so wird es binnen einem Jahr nach Inkrafttreten dieses Vertrags auf mindestens 3 v. H. dieser Erzeugung festgesetzt. Nach Ende des zweiten Jahres wird es auf 4 v. H. und nach Ende des dritten Jahres auf 5 v. H. erhöht. Danach erhöht der betreffende Mitgliedstaat das Kontingent jährlich um mindestens 15 v. H.

Wird die Ware in dem betreffenden Staat nicht erzeugt, so setzt die Kommission durch eine Entscheidung ein angemessenes Kontingent fest.

(3) Am Ende des zehnten Jahres muß jedes Kontingent mindestens 20 v. H. der inländischen Erzeugung betragen.

(4) Stellt die Kommission in einer Entscheidung fest, daß die Einfuhr einer Ware während zweier aufeinanderfolgender Jahre geringer war als das eröffnete Kontingent, so wird dieses Globalkontingent bei der Berechnung des Gesamtwerts der Globalkontingente nicht mehr berücksichtigt. In diesem Fall hebt der Mitgliedstaat die Kontingentierung dieser Ware auf.

(5) Für Kontingente, die mehr als 20 v. H. der inländischen Erzeugung der betreffenden Ware betragen, kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission den in Absatz 1 vorgeschriebenen Mindestsatz von 10 v. H. verringern. Durch diese Änderung wird jedoch die Verpflichtung zur jährlichen Erhöhung des Gesamtwerts der Globalkontingente um 20 v. H. nicht berührt.

(6) Die Mitgliedstaaten, die in Durchführung der am 14. Januar 1955 gefaßten Beschlüsse des Rates der Europäischen Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit hinsichtlich des Liberalisierungsstands über ihre Verpflichtungen hinausgegangen sind, können den Wert der autonom liberalisierten Einfuhren bei der Berechnung der in Absatz 1 vorgesehenen jährlichen Gesamterhöhung um 20 v. H. berücksichtigen. Diese Berechnung bedarf der vorherigen Zustimmung der Kommission.

(7) Die Kommission erläßt Richtlinien darüber, nach welchem Verfahren und in welcher Zeitfolge die bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden Maßnahmen, welche die gleiche Wirkung wie Kontingente haben, zwischen den Mitgliedstaaten zu beseitigen sind.

(8) Stellt die Kommission fest, daß bei Anwendung dieses Artikels, insbesondere der Bestimmungen über die Hundertsätze, die in Artikel 32 Absatz 2 vorgesehene Beseitigung der Kontingente in einer stetig fortschreitenden Weise nicht gewährleistet ist, so kann der Rat während der ersten Stufe einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission das im vorliegenden Artikel vorgesehene Verfahren ändern und insbesondere die festgelegten Hundertsätze erhöhen.

Artikel 34

(1) Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.

(2) Die Mitgliedstaaten beseitigen bis zum Ende der ersten Stufe die bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden mengenmäßigen Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung.

Artikel 35

Die Mitgliedstaaten sind bereit, gegenüber den anderen Mitgliedstaaten ihre mengenmäßigen Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen rascher als in den vorstehenden Artikeln vorgesehen zu beseitigen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden Wirtschaftszweigs dies zulassen.

Die Kommission richtet entsprechende Empfehlungen an die beteiligten Staaten.

Artikel 36

Die Bestimmungen der Artikel 30 bis 34 stehen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.

Artikel 37

(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole schrittweise derart um, daß am Ende der Übergangszeit jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.

Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich beeinflußt. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen Monopole.

(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über die Abschaffung der Zölle und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.

(3) Die Zeitfolge der in Absatz 1 vorgesehenen Maßnahmen ist der in den Artikeln 30 bis 34 vorgesehenen Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen für dieselben Waren anzupassen.

Unterliegt eine Ware nur in einem oder mehreren Mitgliedstaaten einem staatlichen Handelsmonopol, so kann die Kommission die anderen Mitgliedstaaten ermächtigen, bis zur Verwirklichung der in Absatz 1 vorgesehenen Anpassung Schutzmaßnahmen zu ergreifen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

(4) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden, so sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden; hierbei sind die im Zeitablauf möglichen Anpassungen und erforderlichen Spezialisierungen zu berücksichtigen.

(5) Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten gelten nur insoweit, als sie mit bestehenden internationalen Abkommen vereinbar sind.

(6) Mit Beginn der ersten Stufe spricht die Kommission Empfehlungen aus über die Art und Weise und die Zeitfolge der in diesem Artikel vorgesehenen Anpassung.
 

TITEL II
Die Landwirtschaft

Artikel 38

(1) Der Gemeinsame Markt umfaßt auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten Verarbeitungsstufe zu verstehen.

(2) Die Vorschriften für die Errichtung des Gemeinsamen Marktes finden auf die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Anwendung, soweit in den Artikeln 39 bis 46 nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Die Erzeugnisse, für welche die Artikel 39 bis 46 gelten, sind in der diesem Vertrag als Anhang II beigefügten Liste aufgeführt. Binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags entscheidet der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission, welche Erzeugnisse noch in diese Liste aufzunehmen sind.

(4) Mit dem Funktionieren und der Entwicklung des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse muß die Gestaltung einer gemeinsamen Agrarpolitik der Mitgliedstaaten Hand in Hand gehen.

Artikel 39

(1) Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik ist es:
a) die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;
b) auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten;
c) die Märkte zu stabilisieren;
d) die Versorgung sicherzustellen;
e) für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

(2) Bei der Gestaltung der gemeinsamen Agrarpolitik und der hierfür anzuwendenden besonderen Methoden ist folgendes zu berücksichtigen:
a) die besondere Eigenart der landwirtschaftlichen Tätigkeit, die sich aus dem sozialen Aufbau der Landwirtschaft und den strukturellen und naturbedingten Unterschieden der verschiedenen landwirtschaftlichen Gebiete ergibt;
b) die Notwendigkeit, die geeigneten Anpassungen stufenweise durchzuführen;
c) die Tatsache, daß die Landwirtschaft in den Mitgliedstaaten einen mit der gesamten Volkswirtschaft eng verflochtenen Wirtschaftsbereich darstellt.

Artikel 40

(1) Die Mitgliedstaaten entwickeln die gemeinsame Agrarpolitik schrittweise während der Übergangszeit und legen sie noch vor deren Ende fest.

(2) Um die Ziele des Artikels 39 zu erreichen, wird eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte geschaffen.

Diese besteht je nach Erzeugnis aus einer der folgenden Organisationsformen:
a) gemeinsame Wettbewerbsregeln;
b) bindende Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen;
c) eine europäische Marktordnung.

(3) Die nach Absatz 2 gestaltete gemeinsame Organisation kann alle zur Durchführung des Artikels 39 erforderlichen Maßnahmen einschließen, insbesondere Preisregelungen, Beihilfen für die Erzeugung und die Verteilung der verschiedenen Erzeugnisse, Einlagerungs- und Ausgleichsmaßnahmen, gemeinsame Einrichtungen zur Stabilisierung der Ein- oder Ausfuhr.

Die gemeinsame Organisation hat sich auf die Verfolgung der Ziele des Artikels 39 zu beschränken und jede Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Gemeinschaft auszuschließen.

Eine etwaige gemeinsame Preispolitik muß auf gemeinsamen Grundsätzen und einheitlichen Berechnungsmethoden beruhen.

(4) Um der in Absatz 2 genannten gemeinsamen Organisation die Erreichung ihrer Ziele zu ermöglichen, können ein oder mehrere Ausrichtungs- oder Garantiefonds für die Landwirtschaft geschaffen werden.

Artikel 41

Um die Ziele des Artikels 39 zu erreichen, können im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik folgende Maßnahmen vorgesehen werden:
a) eine wirksame Koordinierung der Bestrebungen auf dem Gebiet der Berufsausbildung, der Forschung und der Verbreitung landwirtschaftlicher Fachkenntnisse; hierbei können Vorhaben oder Einrichtungen gemeinsam finanziert werden;
b) gemeinsame Maßnahmen zur Förderung des Verbrauchs bestimmter Erzeugnisse.

Artikel 42

Das Kapitel über die Wettbewerbsregeln findet auf die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse und den Handel mit diesen nur insoweit Anwendung, als der Rat dies unter Berücksichtigung der Ziele des Artikels 39 im Rahmen des Artikels 43 Absätze 2 und 3 und gemäß dem dort vorgesehenen Verfahren bestimmt.

Der Rat kann insbesondere genehmigen, daß Beihilfen gewährt werden
- zum Schutz von Betrieben, die durch strukturelle oder naturgegebene Bedingungen benachteiligt sind, oder
- im Rahmen wirtschaftlicher Entwicklungsprogramme.

Artikel 43

(1) Zur Erarbeitung der Grundlinien für eine gemeinsame Agrarpolitik beruft die Kommission unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Vertrags eine Konferenz der Mitgliedstaaten ein, um einen Vergleich ihrer Agrarpolitik, insbesondere durch Gegenüberstellung ihrer Produktionsmöglichkeiten und ihres Bedarfs, vorzunehmen.

(2) Unter Berücksichtigung der Arbeiten der in Absatz 1 vorgesehenen Konferenz legt die Kommission nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags zur Gestaltung und Durchführung der gemeinsamen Agrarpolitik Vorschläge vor, welche unter anderem die Ablösung der einzelstaatlichen Marktordnungen durch eine der in Artikel 40 Absatz 2 vorgesehenen gemeinsamen Organisationsformen sowie die Durchführung der in diesem Titel bezeichneten Maßnahmen vorsehen.

Diese Vorschläge müssen dem inneren Zusammenhang der in diesem Titel aufgeführten landwirtschaftlichen Fragen Rechnung tragen.

Der Rat erläßt während der beiden ersten Stufen einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments Verordnungen, Richtlinien oder Entscheidungen, unbeschadet seiner etwaigen Empfehlungen.

(3) Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit die einzelstaatlichen Marktordnungen nach Maßgabe des Absatzes 2 durch die in Artikel 40 Absatz 2 vorgesehene gemeinsame Organisation ersetzen,
a) wenn sie den Mitgliedstaaten, die sich gegen diese Maßnahme ausgesprochen haben und eine eigene Marktordnung für die in Betracht kommende Erzeugung besitzen, gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger bietet; hierbei sind die im Zeitablauf möglichen Anpassungen und erforderlichen Spezialisierungen zu berücksichtigen, und
b) wenn die gemeinsame Organisation für den Handelsverkehr innerhalb der Gemeinschaft Bedingungen sicherstellt, die denen eines Binnenmarkts entsprechen.

(4) Wird eine gemeinsame Organisation für bestimmte Rohstoffe geschaffen, bevor eine gemeinsame Organisation für die entsprechenden weiterverarbeiteten Erzeugnisse besteht, so können die betreffenden Rohstoffe aus Ländern außerhalb der Gemeinschaft eingeführt werden, wenn sie für weiterverarbeitete Erzeugnisse verwendet werden, die zur Ausfuhr nach dritten Ländern bestimmt sind.

Artikel 44

(1) Soweit die schrittweise Beseitigung der Zölle und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten zu Preisen führen könnte, welche die Ziele des Artikels 39 gefährden würden, kann jeder Mitgliedstaat während der Übergangszeit in nichtdiskriminierender Weise, und soweit dies die in Artikel 45 Absatz 2 vorgesehene Ausweitung des Handels nicht beeinträchtigt, für bestimmte Erzeugnisse anstelle von Kontingenten ein System von Mindestpreisen anwenden, bei deren Unterschreitung die Einfuhr
-  entweder vorübergehend eingestellt oder eingeschränkt
-  oder von der Bedingung abhängig gemacht werden kann, daß sie zu Preisen erfolgt, die über dem für das betreffende Erzeugnis festgesetzten Mindestpreis liegen.

Im zweiten Falle werden die Mindestpreise unter Ausschluß der Zollbelastung festgesetzt.

(2) Die Mindestpreise dürfen weder einen Rückgang des zwischen den Mitgliedstaaten bei Inkrafttreten dieses Vertrags bestehenden Handelsverkehrs bewirken noch dessen schrittweise Ausweitung hindern. Sie dürfen nicht in einer Weise angewendet werden, welche der Entwicklung einer natürlichen Präferenz zwischen den Mitgliedstaaten entgegensteht.

(3) Sobald dieser Vertrag in Kraft getreten ist, beschließt der Rat auf Vorschlag der Kommission objektive Grundsätze für die Aufstellung von Mindestpreis-Systemen und die Festsetzung von Mindestpreisen.

Diese Grundsätze berücksichtigen insbesondere die durchschnittlichen inländischen Gestehungskosten in dem Mitgliedstaat, der den Mindestpreis anwendet, die Lage der einzelnen Betriebe in bezug auf diese Kosten und das Erfordernis, innerhalb des Gemeinsamen Marktes die landwirtschaftlichen Betriebsbedingungen schrittweise zu verbessern und die notwendigen Anpassungen und Spezialisierungen zu fördern.

Die Kommission schlägt ferner ein Verfahren zur Revision dieser Grundsätze vor, um dem technischen Fortschritt Rechnung zu tragen und ihn zu beschleunigen und um die Preise innerhalb des Gemeinsamen Marktes schrittweise einander anzunähern.

Diese Grundsätze sowie das Revisionsverfahren werden vom Rat binnen drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags einstimmig beschlossen.

(4) Bis zum Inkrafttreten der Entscheidung des Rates kann jeder Mitgliedstaat Mindestpreise festsetzen; er gibt der Kommission sowie den anderen Mitgliedstaaten vorher davon Kenntnis, damit diese sich dazu äußern können.

Sobald die Entscheidung des Rates ergangen ist, setzen die Mitgliedstaaten die Mindestpreise aufgrund der nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen aufgestellten Grundsätze fest.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die von den Mitgliedstaaten getroffenen Entscheidungen berichtigen, wenn sie diesen Grundsätzen nicht entsprechen.

(5) Können für bestimmte Erzeugnisse die genannten objektiven Grundsätze bis zum Beginn der dritten Stufe nicht festgelegt werden, so kann der Rat von diesem Zeitpunkt an mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die für diese Erzeugnisse angewandten Mindestpreise ändern.

(6) Am Ende der Übergangszeit wird ein Verzeichnis der noch bestehenden Mindestpreise aufgestellt. Der Rat bestimmt mit einer Mehrheit von 9 Stimmen gemäß der in Artikel 148 Absatz 2 erster Unterabsatz vorgesehenen Stimmenwägung auf Vorschlag der Kommission, welches System im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik anzuwenden ist.

Artikel 45

(1) Bis zur Ersetzung der einzelstaatlichen Marktordnungen durch eine der in Artikel 40 Absatz 2 vorgesehenen gemeinsamen Organisationsformen wird der Handelsverkehr mit Erzeugnissen,
- für die in einzelnen Mitgliedstaaten Bestimmungen vorhanden sind, die darauf abzielen, den einheimischen Erzeugern den Absatz ihrer Erzeugnisse zu gewährleisten, und
- für die dort ein Einfuhrbedarf besteht,
durch den Abschluß langfristiger Abkommen oder Verträge zwischen Einfuhr- und Ausfuhrstaaten entwickelt.

Diese Abkommen oder Verträge müssen die schrittweise Beseitigung jeder Diskriminierung zwischen den verschiedenen Erzeugern der Gemeinschaft bei der Anwendung der genannten Bestimmungen zum Ziel haben.

Diese Abkommen oder Verträge werden während der ersten Stufe geschlossen; dabei ist dem Grundsatz der Gegenseitigkeit Rechnung zu tragen.

(2) Bei diesen Abkommen oder Verträgen wird hinsichtlich der Mengen von dem durchschnittlichen Handelsvolumen ausgegangen, das zwischen den Mitgliedstaaten während der letzten drei Jahre vor Inkrafttreten dieses Vertrags für die betreffenden Erzeugnisse bestanden hat; ferner wird darin unter Berücksichtigung der herkömmlichen Handelsströme die Steigerung des Volumens im Rahmen des bestehenden Bedarfs vorgesehen.

Diese Abkommen oder Verträge müssen den Erzeugern den Absatz der vereinbarten Mengen zu Preisen ermöglichen, die sich schrittweise den Preisen annähern, welche auf dem Binnenmarkt des Käuferstaats an inländische Erzeuger gezahlt werden.

Die Annäherung muß möglichst regelmäßig erfolgen und bis zum Ende der Übergangszeit vollständig durchgeführt sein.

Die beteiligten Parteien handeln die Preise im Rahmen von Richtlinien aus, welche die Kommission zur Anwendung der beiden vorstehenden Unterabsätze erläßt.

Wird die erste Stufe verlängert, so werden die Abkommen und Verträge entsprechend den am Ende des vierten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags geltenden Bedingungen durchgeführt; die Verpflichtungen zur Erhöhung der Mengen und zur Annäherung der Preise werden bis zum Übergang zur zweiten Stufe ausgesetzt.

Die Mitgliedstaaten nehmen alle Möglichkeiten wahr, die ihre Rechtsvorschriften ihnen - insbesondere auf dem Gebiet der Einfuhrpolitik - bieten, um den Abschluß und die Erfüllung dieser Abkommen oder Verträge sicherzustellen.

(3) Soweit die Mitgliedstaaten Rohstoffe zur Herstellung von Erzeugnissen benötigen, die im Wettbewerb mit Erzeugnissen dritter Länder aus der Gemeinschaft ausgeführt werden sollen, dürfen die genannten Abkommen oder Verträge die zu diesem Zweck notwendigen Einfuhren dieser Rohstoffe aus dritten Ländern nicht beeinträchtigen. Diese Bestimmung findet keine Anwendung, wenn der Rat durch einstimmige Entscheidung beschließt, die erforderlichen Zahlungen zu gewähren, um den höheren Preis auszugleichen, der sich bei der Einfuhr aufgrund solcher Abkommen oder Verträge gegenüber dem Einstandspreis für gleichartige Bezüge zu Weltmarktbedingungen ergibt.

Artikel 46

Besteht in einem Mitgliedstaat für ein Erzeugnis eine innerstaatliche Marktordnung oder Regelung gleicher Wirkung und wird dadurch eine gleichartige Erzeugung in einem anderen Mitgliedstaat in ihrer Wettbewerbslage beeinträchtigt, so erheben die Mitgliedstaaten bei der Einfuhr des betreffenden Erzeugnisses aus dem Mitgliedstaat, in dem die genannte Marktordnung oder Regelung besteht, eine Ausgleichsabgabe, es sei denn, daß dieser Mitgliedstaat eine Ausgleichsabgabe bei der Ausfuhr erhebt.

Die Kommission setzt diese Abgaben in der zur Wiederherstellung des Gleichgewichts erforderlichen Höhe fest; sie kann auch andere Maßnahmen genehmigen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Artikel 47

Die fachliche Gruppe Landwirtschaft des Wirtschafts- und Sozialausschusses steht der Kommission zur Verfügung, um nach Maßgabe der Artikel 197 und 198 die Beratungen dieses Ausschusses hinsichtlich der ihm in diesem Titel übertragenen Aufgaben vorzubereiten.

TITEL III
Die Freizügigkeit, der freie Dienstleistungs- und Kapitalverkehr

KAPITEL 1
DIE ARBEITSKRÄFTE

Artikel 48

(1) Spätestens bis zum Ende der Übergangszeit wird innerhalb der Gemeinschaft die Freizügigkeit der Arbeitnehmer hergestellt.

(2) Sie umfaßt die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.

(3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht,
a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission in Durchführungsverordnungen festlegt.

(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.

Artikel 49

Unmittelbar nach Inkrafttreten dieses Vertrags trifft der Rat auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses durch Richtlinien oder Verordnungen alle erforderlichen Maßnahmen, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 48 fortschreitend herzustellen, insbesondere
a) durch Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Arbeitsverwaltungen;
b) durch die planmäßig fortschreitende Beseitigung der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der für den Zugang zu verfügbaren Arbeitsplätzen vorgeschriebenen Fristen, die sich aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften ergeben und deren Beibehaltung die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer hindert;
c) durch die planmäßig fortschreitende Beseitigung aller Fristen und sonstigen Beschränkungen, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind und die den Arbeitnehmern der anderen Mitgliedstaaten für die freie Wahl des Arbeitsplatzes andere Bedingungen als den inländischen Arbeitnehmern auferlegen;
d) durch die Schaffung geeigneter Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu Bedingungen, die eine ernstliche Gefährdung der Lebenshaltung und des Beschäftigungsstands in einzelnen Gebieten und Industrien ausschließen.

Artikel 50

Die Mitgliedstaaten fördern den Austausch junger Arbeitskräfte im Rahmen eines gemeinsamen Programms.

Artikel 51

Der Rat beschließt einstimmig auf Vorschlag der Kommission die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen; zu diesem Zweck führt er insbesondere ein System ein, welches aus- und einwandernden Arbeitnehmern und deren anspruchsberechtigten Angehörigen folgendes sichert:
a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen.

KAPITEL 2
DAS NIEDERLASSUNGSRECHT

Artikel 52

Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben. Das gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.

Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfaßt die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2, nach den Bestimmungen des Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.

Artikel 53

Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, führen die Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet für Angehörige der anderen Mitgliedstaaten keine neuen Niederlassungsbeschränkungen ein.

Artikel 54

(1) Vor dem Ende der ersten Stufe stellt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung ein allgemeines Programm zur Aufhebung der Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit innerhalb der Gemeinschaft auf. Die Kommission unterbreitet ihren Vorschlag dem Rat während der beiden ersten Jahre der ersten Stufe.

Das Programm legt für jede Art von Tätigkeiten die allgemeinen Voraussetzungen und insbesondere die Stufen für die Verwirklichung der Niederlassungsfreiheit fest.

(2) Der Rat erläßt bis zum Ende der ersten Stufe einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung Richtlinien zur Verwirklichung des allgemeinen Programms oder - falls ein solches nicht besteht - zur Durchführung einer Stufe der Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit.

(3) Der Rat und die Kommission erfüllen die Aufgaben, die ihnen aufgrund der obigen Bestimmungen übertragen sind, indem sie insbesondere
a) im allgemeinen diejenigen Tätigkeiten mit Vorrang behandeln, bei denen die Niederlassungsfreiheit die Entwicklung der Produktion und des Handels in besonderer Weise fördert;
b) eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten sicherstellen, um sich über die besondere Lage auf den verschiedenen Tätigkeitsgebieten innerhalb der Gemeinschaft zu unterrichten;
c) die aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften abgeleiteten Verwaltungsverfahren und -praktiken ausschalten, deren Beibehaltung der Niederlassungsfreiheit entgegensteht;
d) dafür Sorge tragen, daß Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sind, dort verbleiben und eine selbständige Tätigkeit unter denselben Voraussetzungen ausüben können, die sie erfüllen müßten, wenn sie in diesen Staat erst zu dem Zeitpunkt einreisen würden, in dem sie diese Tätigkeit aufzunehmen beabsichtigen;
e) den Erwerb und die Nutzung von Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch Angehörige eines anderen Mitgliedstaats ermöglichen, soweit hierdurch die Grundsätze des Artikels 39 Absatz 2 nicht beeinträchtigt werden;
f) veranlassen, daß bei jedem in Betracht kommenden Wirtschaftszweig die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit in bezug auf die Voraussetzungen für die Errichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sowie für den Eintritt des Personals der Hauptniederlassung in ihre Leitungs- oder Überwachungsorgane schrittweise aufgehoben werden;
g) soweit erforderlich die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2 im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;
h) sicherstellen, daß die Bedingungen für die Niederlassung nicht durch Beihilfen der Mitgliedstaaten verfälscht werden.

Artikel 55

Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, findet dieses Kapitel in dem betreffenden Mitgliedstaat keine Anwendung.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, daß dieses Kapitel auf bestimmte Tätigkeiten keine Anwendung findet.

Artikel 56

(1) Dieses Kapitel und die aufgrund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.

(2) Vor dem Ende der Übergangszeit erläßt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung Richtlinien für die Koordinierung dieser Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Hinsichtlich der Koordinierung der Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten erläßt er jedoch die Richtlinien nach dem Ende der zweiten Stufe mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission.

Artikel 57

(1) Um die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erläßt der Rat während der ersten Stufe der Übergangszeit einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung Richtlinien für die gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.

(2) Zu dem gleichen Zweck erläßt der Rat vor dem Ende der Übergangszeit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbständiger Tätigkeiten. Hierbei ist Einstimmigkeit für die Sachgebiete erforderlich, die in mindestens einem Mitgliedstaat durch Gesetz geregelt sind, sowie für Maßnahmen, die sich auf den Schutz des Sparwesens, insbesondere die Gewährung von Krediten und die Ausübung der Banktätigkeit, sowie auf die Voraussetzungen für die Ausübung der ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten beziehen. Im übrigen beschließt der Rat während der ersten Stufe einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit.

(3) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.

Artikel 58

Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.

Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.

KAPITEL 3
DIENSTLEISTUNGEN

Artikel 59

Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben.

Der Rat kann einstimmig auf Vorschlag der Kommission beschließen, daß dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind.

Artikel 60

Dienstleistungen im Sinne dieses Vertrags sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:
a) gewerbliche Tätigkeiten,
b) kaufmännische Tätigkeiten,
c) handwerkliche Tätigkeiten,
d) freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.

Artikel 61

(1) Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gelten die Bestimmungen des Titels über den Verkehr.

(2) Die Liberalisierung der mit dem Kapitalverkehr verbundenen Dienstleistungen der Banken und Versicherungen wird im Einklang mit der schrittweisen Liberalisierung des Kapitalverkehrs durchgeführt.

Artikel 62

Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, unterwerfen die Mitgliedstaaten die bei seinem Inkrafttreten tatsächlich erreichte Freiheit des Dienstleistungsverkehrs keinen neuen Beschränkungen.

Artikel 63

(1) Vor dem Ende der ersten Stufe stellt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung ein allgemeines Programm zur Aufhebung der Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft auf. Die Kommission unterbreitet ihren Vorschlag dem Rat während der beiden ersten Jahre der ersten Stufe.

Das Programm legt die allgemeinen Voraussetzungen und die Stufen der Liberalisierung für jede Art von Dienstleistungen fest.

(2) Der Rat erläßt bis zum Ende der ersten Stufe einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung Richtlinien zur Verwirklichung des allgemeinen Programms oder - falls ein solches nicht besteht - zur Durchführung einer Liberalisierungsstufe für eine bestimmte Dienstleistung.

(3) Bei den in den Absätzen 1 und 2 genannten Vorschlägen und Entscheidungen sind im allgemeinen mit Vorrang diejenigen Dienstleistungen zu berücksichtigen, welche die Produktionskosten unmittelbar beeinflussen oder deren Liberalisierung zur Förderung des Warenverkehrs beiträgt.

Artikel 64

Die Mitgliedstaaten sind bereit, über das Ausmaß der Liberalisierung der Dienstleistungen, zu dem sie aufgrund der Richtlinien gemäß Artikel 63 Absatz 2 verpflichtet sind, hinauszugehen, falls ihre wirtschaftliche Gesamtlage und die Lage des betreffenden Wirtschaftszweigs dies zulassen.

Die Kommission richtet entsprechende Empfehlungen an die betreffenden Staaten.

Artikel 65

Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet sie jeder Mitgliedstaat ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort auf alle in Artikel 59 Absatz 1 bezeichneten Erbringer von Dienstleistungen an.

Artikel 66

Die Bestimmungen der Artikel 55 bis 58 finden auf das in diesem Kapitel geregelte Sachgebiet Anwendung.

KAPITEL 4
DER KAPITALVERKEHR

Artikel 67

(1) Soweit es für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes notwendig ist, beseitigen die Mitgliedstaaten untereinander während der Übergangszeit schrittweise alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs in bezug auf Berechtigte, die in den Mitgliedstaaten ansässig sind, und heben alle Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnorts der Parteien oder des Anlageorts auf.

(2) Die mit dem Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten zusammenhängenden laufenden Zahlungen werden bis zum Ende der ersten Stufe von allen Beschränkungen befreit.

Artikel 68

(1) Auf dem in diesem Kapitel behandelten Sachgebiet werden die Mitgliedstaaten bei der Erteilung der nach Inkrafttreten dieses Vertrags noch erforderlichen devisenrechtlichen Genehmigungen so großzügig wie möglich verfahren.

(2) Bei der Anwendung der innerstaatlichen Vorschriften für den Kapitalmarkt und das Kreditwesen auf die nach diesem Kapitel liberalisierten Kapitalbewegungen sehen die Mitgliedstaaten von Diskriminierungen ab.

(3) Anleihen zur mittelbaren oder unmittelbaren Finanzierung eines Mitgliedstaats oder seiner Gebietskörperschaften dürfen in einem anderen Mitgliedstaat nur aufgelegt oder untergebracht werden, wenn sich die beteiligten Staaten darüber verständigt haben. Diese Bestimmung steht der Anwendung des Artikels 22 des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank nicht entgegen.

Artikel 69

Der Rat erläßt während der beiden ersten Stufen einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission, die zu diesem Zweck den in Artikel 105 vorgesehenen Währungsausschuß hört, die erforderlichen Richtlinien für die schrittweise Durchführung des Artikels 67.

Artikel 70

(1) Für den Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern schlägt die Kommission dem Rat Maßnahmen zur schrittweisen Koordinierung der Devisenpolitik der Mitgliedstaaten vor. Der Rat erläßt einstimmig Richtlinien hierfür. Er wird bemüht sein, ein Höchstmaß an Liberalisierung zu erreichen.

(2) Können durch Maßnahmen nach Absatz 1 die Unterschiede zwischen den Devisenvorschriften der Mitgliedstaaten nicht beseitigt werden und benutzen in einem Mitgliedstaat ansässige Personen infolgedessen die in Artikel 67 vorgesehenen Transfererleichterungen innerhalb der Gemeinschaft, um die für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern geltenden Vorschriften eines Mitgliedstaats zu umgehen, so kann dieser Staat, nachdem er sich mit den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission ins Benehmen gesetzt hat, geeignete Maßnahmen zur Behebung dieser Schwierigkeiten treffen.

Stellt der Rat fest, daß diese Maßnahmen den freien Kapitalverkehr innerhalb der Gemeinschaft stärker beschränken als zur Behebung dieser Schwierigkeiten notwendig ist, so kann er mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission entscheiden, daß der betreffende Staat diese Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben hat.

Artikel 71

Die Mitgliedstaaten werden bestrebt sein, weder neue devisenrechtliche Beschränkungen des Kapitalverkehrs und der damit zusammenhängenden laufenden Zahlungen innerhalb der Gemeinschaft einzuführen noch bestehende Vorschriften zu verschärfen.

Sie sind bereit, über das Ausmaß der in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Liberalisierung des Kapitalverkehrs hinauszugehen, soweit ihre Wirtschaftslage, insbesondere der Stand ihrer Zahlungsbilanz, dies zuläßt.

Die Kommission kann nach Anhörung des Währungsausschusses diesbezügliche Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.

Artikel 72

Die Mitgliedstaaten halten die Kommission über die zu ihrer Kenntnis gelangenden Kapitalbewegungen nach und aus dritten Ländern auf dem laufenden. Die Kommission kann die ihr zweckdienlich erscheinenden Stellungnahmen an die Mitgliedstaaten richten.

Artikel 73

(1) Haben Kapitalbewegungen Störungen im Funktionieren des Kapitalmarkts eines Mitgliedstaats zur Folge, so ermächtigt die Kommission diesen Staat nach Anhörung des Währungsausschusses, auf dem Gebiet des Kapitalverkehrs Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit die Ermächtigung widerrufen sowie deren Bedingungen und Einzelheiten abändern.

(2) Der Mitgliedstaat, der sich in Schwierigkeiten befindet, kann jedoch Maßnahmen dieser Art, falls sie sich als notwendig erweisen, aus Gründen der Geheimhaltung oder Dringlichkeit von sich aus treffen. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sind von diesen Maßnahmen spätestens bei ihrem Inkrafttreten zu unterrichten. In diesem Fall kann die Kommission nach Anhörung des Währungsausschusses entscheiden, daß der betreffende Mitgliedstaat diese Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben hat.

TITEL IV
Der Verkehr

Artikel 74

Auf dem in diesem Titel geregelten Sachgebiet verfolgen die Mitgliedstaaten die Ziele dieses Vertrags im Rahmen einer gemeinsamen Verkehrspolitik.

Artikel 75

(1) Zur Durchführung des Artikels 74 wird der Rat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs bis zum Ende der zweiten Stufe einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit, auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie der Versammlung
a) für den internationalen Verkehr aus oder nach dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder für den Durchgangsverkehr durch das Hoheitsgebiet eines oder mehrerer Mitgliedstaaten gemeinsame Regeln aufstellen;
b) für die Zulassung von Verkehrsunternehmern zum Verkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind, die Bedingungen festlegen;
c) alle sonstigen zweckdienlichen Vorschriften erlassen.

(2) Die in Absatz 1 Buchstaben a und b genannten Vorschriften werden im Laufe der Übergangszeit erlassen.

(3) Abweichend von dem in Absatz 1 vorgesehenen Verfahren werden die Vorschriften über die Grundsätze der Verkehrsordnung, deren Anwendung die Lebenshaltung und die Beschäftigungslage in bestimmten Gebieten sowie den Betrieb der Verkehrseinrichtungen ernstlich beeinträchtigen könnte, vom Rat einstimmig erlassen; dabei berücksichtigt er die Notwendigkeit einer Anpassung an die sich aus der Errichtung des Gemeinsamen Marktes ergebende wirtschaftliche Entwicklung.

Artikel 76

Bis zum Erlaß der in Artikel 75 Absatz 1 genannten Vorschriften darf ein Mitgliedstaat die verschiedenen, bei Inkrafttreten dieses Vertrags auf diesem Gebiet geltenden Vorschriften in ihren unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Verkehrsunternehmer anderer Mitgliedstaaten im Vergleich zu den inländischen Verkehrsunternehmern nicht ungünstiger gestalten, es sei denn, daß der Rat einstimmig etwas anderes billigt.

Artikel 77

Mit diesem Vertrag vereinbar sind Beihilfen, die den Erfordernissen der Koordinierung des Verkehrs oder der Abgeltung bestimmter, mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängender Leistungen entsprechen.

Artikel 78

Jede Maßnahme auf dem Gebiet der Beförderungsentgelte und -bedingungen, die im Rahmen dieses Vertrags getroffen wird, hat der wirtschaftlichen Lage der Verkehrsunternehmer Rechnung zu tragen.

Artikel 79

(1) Im Verkehr innerhalb der Gemeinschaft werden spätestens vor dem Ende der zweiten Stufe die Diskriminierungen beseitigt, die darin bestehen, daß ein Verkehrsunternehmer in denselben Verkehrsverbindungen für die gleichen Güter je nach ihrem Herkunfts- oder Bestimmungsland unterschiedliche Frachten und Beförderungsbedingungen anwendet.

(2) Absatz 1 schließt sonstige Maßnahmen nicht aus, die der Rat gemäß Artikel 75 Absatz 1 treffen kann.

(3) Binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags trifft der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses eine Regelung zur Durchführung des Absatzes 1.

Er kann insbesondere die erforderlichen Vorschriften erlassen, um es den Organen der Gemeinschaft zu ermöglichen, für die Beachtung des Absatzes 1 Sorge zu tragen, und um den Verkehrsnutzern die Vorteile dieser Bestimmung voll zukommen zu lassen.

(4) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die Diskriminierungsfälle des Absatzes 1 und erläßt nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat die erforderlichen Entscheidungen im Rahmen der gemäß Absatz 3 getroffenen Regelung.

Artikel 80

(1) Mit Beginn der zweiten Stufe sind im Verkehr innerhalb der Gemeinschaft die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten und Beförderungsbedingungen verboten, die in irgendeiner Weise der Unterstützung oder dem Schutz eines oder mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, daß die Kommission die Genehmigung hierzu erteilt.

(2) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die in Absatz 1 bezeichneten Frachten und Beförderungsbedingungen; hierbei berücksichtigt sie insbesondere sowohl die Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete und die Probleme der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete als auch die Auswirkungen dieser Frachten und Beförderungsbedingungen auf den Wettbewerb zwischen den Verkehrsarten.

Die Kommission erläßt die erforderlichen Entscheidungen nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat.

(3) Das in Absatz 1 genannte Verbot trifft nicht die Wettbewerbstarife.

Artikel 81

Die Abgaben oder Gebühren, die ein Verkehrsunternehmer neben den Frachten beim Grenzübergang in Rechnung stellt, dürfen unter Berücksichtigung der hierdurch tatsächlich verursachten Kosten eine angemessene Höhe nicht übersteigen.

Die Mitgliedstaaten werden bemüht sein, diese Kosten schrittweise zu verringern.

Die Kommission kann zur Durchführung dieses Artikels Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.

Artikel 82

Die Bestimmungen dieses Titels stehen Maßnahmen in der Bundesrepublik Deutschland nicht entgegen, soweit sie erforderlich sind, um die wirtschaftlichen Nachteile auszugleichen, die der Wirtschaft bestimmter, von der Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik aus dieser Teilung entstehen.

Artikel 83

Bei der Kommission wird ein beratender Ausschuß gebildet; er besteht aus Sachverständigen, die von den Regierungen der Mitgliedstaaten ernannt werden. Die Kommission hört den Ausschuß je nach Bedarf in Verkehrsfragen an; die Befugnisse der fachlichen Gruppe Verkehr des Wirtschafts- und Sozialausschusses bleiben unberührt.

Artikel 84

(1) Dieser Titel gilt für die Beförderungen im Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehr.

(2) Der Rat kann einstimmig darüber entscheiden, ob, inwieweit und nach welchen Verfahren geeignete Vorschriften für die Seeschiffahrt und Luftfahrt zu erlassen sind.

DRITTER TEIL
DIE POLITIK DER GEMEINSCHAFT

TITEL I.
Gemeinsame Regeln

KAPITEL 1
WETTBEWERBSREGELN

Abschnitt 1
Vorschriften für Unternehmen

Artikel 85

(1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere
a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
e) die an den Abschluß von Verträgen geknüpfte Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.

(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf
- Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
- Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,
- aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne daß den beteiligten Unternehmen
a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerläßlich sind, oder
b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

Artikel 86

Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Dieser Mißbrauch kann insbesondere in folgendem bestehen:
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;
c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den Abschluß von Verträgen geknüpften Bedingung, daß die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

Artikel 87

(1) Binnen drei Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags erläßt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments alle zweckdienlichen Verordnungen oder Richtlinien zur Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 niedergelegten Grundsätze.

Sind innerhalb der genannten Frist diese Vorschriften nicht erlassen worden, so werden sie vom Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments beschlossen.

(2) Die in Absatz 1 vorgesehenen Vorschriften bezwecken insbesondere:
a) die Beachtung der in Artikel 85 Absatz 1 und Artikel 86 genannten Verbote durch die Einführung von Geldbußen und Zwangsgeldern zu gewährleisten;
b) die Einzelheiten der Anwendung des Artikels 85 Absatz 3 festzulegen; dabei ist dem Erfordernis einer wirksamen Überwachung bei möglichst einfacher Verwaltungskontrolle Rechnung zu tragen;
c) gegebenenfalls den Anwendungsbereich der Artikel 85 und 86 für die einzelnen Wirtschaftszweige näher zu bestimmen;
d) die Aufgaben der Kommission und des Gerichtshofes bei der Anwendung der in diesem Absatz vorgesehenen Vorschriften gegeneinander abzugrenzen;
e) das Verhältnis zwischen den innerstaatlichen Rechtsvorschriften einerseits und den in diesem Abschnitt enthaltenen oder aufgrund dieses Artikels getroffenen Bestimmungen andererseits festzulegen.

Artikel 88

Bis zum Inkrafttreten der gemäß Artikel 87 erlassenen Vorschriften entscheiden die Behörden der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren eigenen Rechtsvorschriften und den Bestimmungen der Artikel 85, insbesondere Absatz 3, und 86 über die Zulässigkeit von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen sowie über die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt.

Artikel 89

(1) Unbeschadet des Artikels 88 achtet die Kommission, sobald sie ihre Tätigkeit aufgenommen hat, auf die Verwirklichung der in den Artikeln 85 und 86 niedergelegten Grundsätze. Sie untersucht auf Antrag eines Mitgliedstaats oder von Amts wegen in Verbindung mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten, die ihr Amtshilfe zu leisten haben, die Fälle, in denen Zuwiderhandlungen gegen diese Grundsätze vermutet werden. Stellt sie eine Zuwiderhandlung fest, so schlägt sie geeignete Mittel vor, um diese abzustellen.

(2) Wird die Zuwiderhandlung nicht abgestellt, so trifft die Kommission in einer mit Gründen versehenen Entscheidung die Feststellung, daß eine derartige Zuwiderhandlung vorliegt. Sie kann die Entscheidung veröffentlichen und die Mitgliedstaaten ermächtigen, die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Artikel 90

(1) Die Mitgliedstaaten werden in bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine diesem Vertrag und insbesondere dessen Artikeln 6 und 85 bis 94 widersprechende Maßnahmen treffen oder beibehalten.

(2) Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften dieses Vertrags, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Gemeinschaft zuwiderläuft.

(3) Die Kommission achtet auf die Anwendung dieses Artikels und richtet erforderlichenfalls geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an die Mitgliedstaaten.

Abschnitt 2
Dumping

Artikel 91

(1) Stellt die Kommission während der Übergangszeit auf Antrag eines Mitgliedstaats oder eines anderen Beteiligten Dumping-Praktiken innerhalb des Gemeinsamen Marktes fest, so richtet sie Empfehlungen an den oder die Urheber, um diese Praktiken abzustellen.

Werden sie trotzdem fortgesetzt, so ermächtigt die Kommission den geschädigten Mitgliedstaat, geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

(2) Nach Inkrafttreten dieses Vertrags dürfen Waren, die aus einem Mitgliedstaat stammen oder sich dort im freien Verkehr befanden und in einen anderen Mitgliedstaat ausgeführt worden sind, in den erstgenannten Staat wieder eingeführt werden, ohne hierbei einem Zoll, einer mengenmäßigen Beschränkung oder Maßnahmen gleicher Wirkung zu unterliegen. Die Kommission erläßt geeignete Regelungen zur Anwendung dieses Absatzes.

Abschnitt 3
Staatliche Beihilfen

Artikel 92

(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.

(2) Mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind:
a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Waren gewährt werden;
b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind;
c) Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind.

(3) Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche Unterbeschäftigung herrscht;
b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Beihilfen für den Schiffsbau, soweit sie am 1. Januar 1957 bestanden und lediglich einem fehlenden Zollschutz entsprechen, werden jedoch entsprechend den für die Abschaffung der Zölle geltenden Bestimmungen und vorbehaltlich der Vorschriften dieses Vertrags über die gemeinsame Handelspolitik gegenüber dritten Ländern schrittweise abgebaut;

d) sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.

Artikel 93

(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern.

(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, daß eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 92 unvereinbar ist oder daß sie mißbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, daß der betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat.

Kommt der betreffende Staat dieser Entscheidung innerhalb der festgesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission oder jeder betroffene Staat in Abweichung von den Artikeln 169 und 170 den Gerichtshof unmittelbar anrufen.

Der Rat kann einstimmig auf Antrag eines Mitgliedstaats entscheiden, daß eine von diesem Staat gewährte oder geplante Beihilfe in Abweichung von Artikel 92 oder von den nach Artikel 94 erlassenen Verordnungen als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar gilt, wenn außergewöhnliche Umstände eine solche Entscheidung rechtfertigen. Hat die Kommission bezüglich dieser Beihilfe das in Unterabsatz 1 dieses Absatzes vorgesehene Verfahren bereits eingeleitet, so bewirkt der Antrag des betreffenden Staates an den Rat die Aussetzung dieses Verfahrens, bis der Rat sich geäußert hat.

Äußert sich der Rat nicht binnen drei Monaten nach Antragstellung, so entscheidet die Kommission.

(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, daß sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, daß ein derartiges Vorhaben nach Artikel 92 mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat.

Artikel 94

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit alle zweckdienlichen Durchführungsverordnungen zu den Artikeln 92 und 93 erlassen und insbesondere die Bedingungen für die Anwendung des Artikels 93 Absatz 3 sowie diejenigen Arten von Beihilfen festlegen, die von diesem Verfahren ausgenommen sind.

KAPITEL 2
STEUERLICHE VORSCHRIFTEN

Artikel 95

Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben gleich welcher Art, als gleichartige inländische Waren unmittelbar oder mittelbar zu tragen haben.

Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.

Spätestens mit Beginn der zweiten Stufe werden die Mitgliedstaaten die bei Inkrafttreten dieses Vertrags geltenden Bestimmungen aufheben oder berichtigen, die den obengenannten Vorschriften entgegenstehen.

Artikel 96

Werden Waren in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ausgeführt, so darf die Rückvergütung für inländische Abgaben nicht höher sein als die auf die ausgeführten Waren mittelbar oder unmittelbar erhobenen inländischen Abgaben.

Artikel 97

Mitgliedstaaten, welche die Umsatzsteuer nach dem System der kumulativen Mehrphasensteuer erheben, können für inländische Abgaben, die sie von eingeführten Waren erheben, und für Rückvergütungen, die sie für ausgeführte Waren gewähren, unter Wahrung der in den Artikeln 95 und 96 aufgestellten Grundsätze Durchschnittssätze für Waren oder Gruppen von Waren festlegen.

Entsprechen diese Durchschnittssätze nicht den genannten Grundsätzen, so richtet die Kommission geeignete Richtlinien oder Entscheidungen an den betreffenden Staat.

Artikel 98

Für Abgaben außer Umsatzsteuern, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern sind Entlastungen und Rückvergütungen bei der Ausfuhr nach anderen Mitgliedstaaten sowie Ausgleichsabgaben bei der Einfuhr aus den Mitgliedstaaten nur zulässig, soweit der Rat sie vorher mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission für eine begrenzte Frist genehmigt hat.

Artikel 99

Die Kommission prüft, wie die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuer, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, einschließlich der Ausgleichsmaßnahmen für den Handelsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten, im Interesse des Gemeinsamen Marktes harmonisiert werden können.

Die Kommission unterbreitet dem Rat entsprechende Vorschläge; dieser entscheidet darüber einstimmig, unbeschadet der Artikel 100 und 101.

KAPITEL 3
ANGLEICHUNG DER RECHTSVORSCHRIFTEN

Artikel 100

Der Rat erläßt einstimmig auf Vorschlag der Kommission Richtlinien für die Angleichung derjenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, die sich unmittelbar auf die Errichtung oder das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes auswirken.

Die Versammlung und der Wirtschafts- und Sozialausschuß werden zu den Richtlinien gehört, deren Durchführung in einem oder mehrere Mitgliedstaaten eine Änderung von gesetzlichen Vorschriften zur Folge hätte.

Artikel 101

Stellt die Kommission fest, daß vorhandene Unterschiede in den Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen auf dem Gemeinsamen Markt verfälschen und dadurch eine Verzerrung hervorrufen, die zu beseitigen ist, so tritt sie mit den betreffenden Mitgliedstaaten in Beratungen ein.

Führen diese Beratungen nicht zur Beseitigung dieser Verzerrung, so erläßt der Rat während der ersten Stufe einstimmig und danach mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission die erforderlichen Richtlinien. Die Kommission und der Rat können alle sonstigen, in diesem Vertrag vorgesehenen zweckdienlichen Maßnahmen treffen.

Artikel 102

(1) Ist zu befürchten, daß der Erlaß oder die Änderung einer Rechts- oder Verwaltungsvorschrift eine Verzerrung im Sinne des Artikels 101 verursacht, so setzt sich der Mitgliedstaat, der diese Maßnahme beabsichtigt, mit der Kommission ins Benehmen. Diese empfiehlt nach Beratung mit den Mitgliedstaaten den beteiligten Staaten die zur Vermeidung dieser Verzerrung geeigneten Maßnahmen.

(2) Kommt der Staat, der innerstaatliche Vorschriften erlassen oder ändern will, der an ihn gerichteten Empfehlung der Kommission nicht nach, so kann nicht gemäß Artikel 101 verlangt werden, daß die anderen Mitgliedstaaten ihre innerstaatlichen Vorschriften ändern, um die Verzerrung zu beseitigen. Verursacht ein Mitgliedstaat, der die Empfehlung der Kommission außer acht läßt, eine Verzerrung lediglich zu seinem eigenen Nachteil, so findet Artikel 101 keine Anwendung.


TITEL II.
Die Wirtschaftspolitik

KAPITEL 1
DIE KONJUNKTURPOLITIK

Artikel 103

(1) Die Mitgliedstaaten betrachten ihre Konjunkturpolitik als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse. Sie setzen sich miteinander und mit der Kommission über die unter de jeweiligen Umständen zu ergreifenden Maßnahmen ins Benehmen.

(2) Auf Vorschlag der Kommission kann der Rat unbeschadet der sonstigen in diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren einstimmig über die der Lage entsprechenden Maßnahmen entscheiden.

(3) Der Rat erläßt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission gegebenenfalls die erforderlichen Richtlinien zur Durchführung der gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen.

(4) Das in diesem Artikel vorgesehene Verfahren gilt auch für den Fall, daß Schwierigkeiten in der Versorgung mit bestimmten Waren auftreten.

KAPITEL 2
DIE ZAHLUNGSBILANZ

Artikel 104

Jeder Mitgliedstaat betreibt die Wirtschaftspolitik, die erforderlich ist, um unter Wahrung eines hohen Beschäftigungsstandes und eines stabilen Preisniveaus das Gleichgewicht seiner Gesamtzahlungsbilanz zu sichern und das Vertrauen in seine Währung aufrechtzuerhalten.

Artikel 105

(1) Um die Verwirklichung der Ziele des Artikels 104 zu erleichtern, koordinierten die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik. Sie richten zu diesem Zweck eine Zusammenarbeit zwischen ihren zuständigen Verwaltungsstellen und zwischen ihren Zentralbanken ein.

Die Kommission unterbreitet dem Rat Empfehlungen zur Herbeiführung dieser Zusammenarbeit.

(2) Um die Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten in dem für das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erforderlichen Umfang zu fördern, wird ein Beratender Währungsausschuß eingesetzt, der die Aufgabe hat
- die Währungs- und Finanzlage der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft sowie den allgemeinen Zahlungsverkehr der Mitgliedstaaten zu beobachten und dem Rat und der Kommission regelmäßig darüber Bericht zu erstatten,
- auf Ersuchen des Rates oder der Kommission oder von sich aus Stellungnahmen an diese Organe abzugeben.

Jeder Mitgliedstaat sowie die Kommission ernennen zwei Mitglieder des Währungsausschusses.

Artikel 106

(1) Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, in der Währung des Mitgliedstaates, in dem der Gläubiger oder der Begünstigte ansässig ist, die Zahlungen zu genehmigen, die sich auf den Waren, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr beziehen, sowie den Transfer von Kapitalbeträgen und Arbeitsentgelten zu gestatten, soweit der Waren-, Dienstleistungs-, Kapital- und Personenverkehr zwischen den Mitgliedstaaten nach diesem Vertrag liberalisiert ist.

Die Mitgliedstaaten sind bereit, über die im vorstehenden Unterabsatz vorgesehene Liberalisierung des Zahlungsverkehrs hinauszugehen, soweit ihre Wirtschaftslage im allgemeinen und der Stand ihrer Zahlungsbilanz im besonderen dies zulassen.

(2) Soweit der Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr nur durch Beschränkung der diesbezüglichen Zahlungen begrenzt ist, werden diese Beschränkungen durch entsprechende Anwendung der Kapitel über die Beseitigung der mengenmäßigen Beschränkungen, die Liberalisierung der Dienstleistungen und den freien Kapitalverkehr schrittweise beseitigt.

(3) Die Mitgliedstaaten führen untereinander keine neuen Beschränkungen für die Transferierung ein, die sich auf die in der Liste des Anhangs III. zu diesem Vertrag aufgeführten unsichtbaren Transaktionen beziehen.

Die bestehenden Beschränkungen werden gemäß den Artikeln 63 bis 65 schrittweise beseitigt, soweit hierfür nicht die Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels oder das Kapitel über den freien Kapitalverkehr maßgebend sind.

(4) Im Bedarfsfall verständigen sich die Mitgliedstaaten über die Maßnahmen, die zur Gewährleistung der in diesem Artikel vorgesehenen Zahlungen und Transferierungen zu treffen sind; diese Maßnahmen dürfen die in diesem Kapitel genannten Ziele nicht beeinträchtigten.

Artikel 107

(1) Jeder Mitgliedstaat behandelt seien Politik auf dem Gebiet der Wechselkurse als eine Angelegenheit von gemeinsamem Interesse.

(2) Nimmt ein Mitgliedstaat eine Änderung seines Wechselkurses vor, die den Zielen des Artikels 104 nicht entspricht und die Wettbewerbsbedingungen schwerwiegend verfälscht, so kann die Kommission nach Anhörung des Währungsausschusses andere Mitgliedstaaten ermächtigen, für eine begrenzte Frist die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Folgen dieses Vorgehens zu begegnen; sie legt die Bedingungen und Einzelheiten dieser Maßnahmen fest.

Artikel 108

(1) Ist ein Mitgliedstaat hinsichtlich seiner Zahlungsbilanz von Schwierigkeiten betroffen oder ernstlich bedroht, die sich entweder aus einem Ungleichgewicht seiner Gesamtzahlungsbilanz oder aus der Art der ihm zur Verfügung stehenden Devisen ergeben, und sind diese Schwierigkeiten geeignet, insbesondere das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes oder die schrittweise Verwirklichung der gemeinsamen Handelspolitik zu gefährden, so prüft die Kommission unverzüglich die Lage dieses Staates sowie die Maßnahmen, die er getroffen hat oder unter Einsatz aller ihm zur Verfügung stehenden Mittel gemäß Artikel 104 treffen kann. Die Kommission gibt die Maßnahmen an, die sie dem betreffenden Staat empfiehlt.

Erweisen sich die von einem Mitgliedstaat ergriffenen und die von der Kommission angeregten Maßnahmen als unzureichend, die aufgetretenen oder drohenden Schwierigkeiten zu beheben, so empfiehlt die Kommission dem Rat nach Anhörung des Währungsausschusses einen gegenseitigen Beistand und die dafür geeigneten Methoden.

Die Kommission unterrichtet den Rat regelmäßig über die Lage und ihre Entwicklung.

(2) Der Rat gewährt den gegenseitigen Beistand mit qualifizierter Mehrheit; er erläßt Richtlinien oder Entscheidungen, welche die Bedingungen und Einzelheiten hierfür festlegen. Der gegenseitige Beistand kann insbesondere erfolgen
a) durch ein abgestimmtes Vorgehen bei anderen internationalen Organisationen, an die sich die Mitgliedstaaten wenden können;
b) durch Maßnahmen, die notwendig sind, um Verkehrsverlagerungen zu vermeiden, falls der in Schwierigkeiten befindliche Staat mengenmäßige Beschränkungen gegenüber  dritten Ländern beibehält oder wieder einführt;
c) durch Bereitstellung von Krediten in begrenzter Höhe seitens anderer Mitgliedstaaten; hierzu ist ihr Einverständnis erforderlich.

Während der Übergangszeit kann der gegenseitige Beistand ferner durch besondere Senkungen von Zollsätzen oder durch Erweiterung von Kontingenten erfolgen, um eine Steigerung der Einfuhren aus dem in Schwierigkeiten befindlichen Staat zu begünstigen; hierzu ist das Einverständnis der Staaten, die diese Maßnahme treffen sollen, erforderlich.

(3) Stimmt der Rat dem von der Kommission empfohlenen gegenseitigen Beistand nicht zu oder sind der gewährte Beistand und die getroffenen Maßnahmen unzureichend, so ermächtigt die Kommission den in Schwierigkeiten befindlichen Staat, Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit diese Ermächtigung aufheben und die Bedingungen und Einzelheiten ändern.

Artikel 109

(1) Gerät ein Mitgliedstaat in eine plötzliche Zahlungsbilanzkrise und wird eine Entscheidung im Sinne des Artikels 108 Absatz 2 nicht unverzüglich getroffen, so kann der betreffende Staat vorsorglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen ergreifen. Sie dürfen nur ein Mindestmaß an Störungen im Funktionieren des Gemeinsamen Marktes hervorrufen und nicht über das zur Behebung der plötzlich aufgetretenen Schwierigkeiten unbedingt erforderliche Ausmaß hinausgehen.

(2) Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten werden über die Schutzmaßnahmen spätestens bei deren Inkrafttreten unterrichtet. Die Kommission kann dem Rat den gegenseitigen Beistand nach Artikel 108 empfehlen.

(3) Nach Stellungnahme der Kommission und nach Anhörung des Währungsausschusses kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit entscheiden, daß der betreffende Staat diese Schutzmaßnahmen zu ändern, auszusetzen oder aufzuheben hat.

KAPITEL 3
DIE HANDELSPOLITIK

Artikel 110

Durch die Schaffung einer Zollunion beabsichtigen die Mitgliedstaaten, im gemeinsamen Interesse zur harmonischen Entwicklung des Welthandels, zur schrittweisen Beseitigung der Beschränkungen im internationalen Handelsverkehr und zum Abbau der Zollschranken beizutragen.

Bei der gemeinsamen Handelspolitik werden die günstigen Auswirkungen berücksichtigt, welche die Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dieser Staaten haben kann.

Artikel 111

Unbeschadet der Artikel 115 und 116 gelten während der Übergangszeit folgende Vorschriften:
- Die Mitgliedstaaten koordinieren ihre Handelsbeziehungen mit dritten Ländern derart, daß am Ende der Übergangszeit die erforderlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer gemeinsamen Politik auf dem Gebiet des Außenhandels gegeben sind.
Die Kommission unterbreitet dem Rat Vorschläge für das bei dem gemeinsamen Vorgehen in der Übergangszeit anzuwendende Verfahren und für die Vereinheitlichung der Handelspolitik.
- Die Kommission unterbreitet dem Rat Empfehlungen für Zollverhandlungen mit dritten Ländern über den Gemeinsamen Zolltarif.
Der Rat ermächtigt die Kommission, die Verhandlungen einzuleiten.
Die Kommission führt diese Verhandlungen im Benehmen mit einem zu ihrer Unterstützung vom Rat bestellten besonderen Ausschuß nach Maßgabe der Richtlinien, die ihr der Rat erteilen kann.
- Bei der Ausübung der ihm in diesem Artikel übertragenen Befugnisse beschließt der Rat während der beiden ersten Stufen einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit.
- Die Mitgliedstaaten treffen im Benehmen mit der Kommission alle erforderlichen Maßnahmen, um insbesondere eine Anpassung der geltenden Zollvereinbarungen mit dritten Ländern herbeizuführen, damit das Inkrafttreten des Gemeinsamen Zolltarifs nicht verzögert wird.
- Die Mitgliedstaaten setzen sich das Ziel, ihre Liberalisierungslisten gegenüber dritten Ländern oder Gruppen von dritten Ländern auf einem möglichst hohen Stand untereinander zu vereinheitlichen. Die Kommission unterbreitet dem Mitgliedstaaten alle hierfür geeigneten Empfehlungen

Beseitigen oder verringern die Mitgliedstaaten ihre mengenmäßigen Beschränkungen gegenüber dritten Ländern, so sind sie verpflichtet, die Kommission hiervon vorher zu unterrichten und den anderen Mitgliedstaaten gleiche Behandlung zu gewähren.

Artikel 112

(1) Unbeschadet der von den Mitgliedstaaten im Rahmen anderer internationaler Organisationen eingegangenen Verpflichtungen werden die Systeme der von den Mitgliedstaaten für die Ausfuhr nach dritten Ländern gewährten Beihilfen vor dem Ende der Übergangszeit schrittweise vereinheitlicht, soweit dies erforderlich ist, um eine Verfälschung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen der Gemeinschaft zu vermeiden.

Auf Vorschlag der Kommission erläßt der Rat die hierzu erforderlichen Richtlinien, und zwar bis zum Ende der zweiten Stufe einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit.

(2) Die vorstehenden Bestimmungen gelten nicht für die Rückvergütung von Zöllen oder Abgaben gleicher Wirkung sowie von indirekten Abgaben, einschließlich der Umsatzsteuer, der Verbrauchsabgaben und der sonstigen indirekten Steuern bei der Ausfuhr einer Ware eines Mitgliedstaats nach einem dritten Land, soweit derartige Rückvergütungen nicht höher sind als die Belastungen, welche die ausgeführten Waren unmittelbar oder mittelbar treffen.

Artikel 113

(1) Nach dem Ablauf der Übergangszeit wird die gemeinsame Handelspolitik nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet; dies gilt insbesondere für die Änderung von Zollsätzen, den Abschluß von Zoll- und Handelsabkommen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik und die handelspolitischen Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping und Subventionen.

(2) Die Kommission unterbreitet dem Rat Vorschläge für die Durchführung der gemeinsamen Handelspolitik.

(3) Sind Abkommen mit dritten Ländern auszuhandeln, so legt die Kommission dem Rat Empfehlungen vor; dieser ermächtigt die Kommission zur Einleitung der erforderlichen Verhandlungen.

Die Kommission führt diese Verhandlungen im Benehmen mit einem zu ihrer Unterstützung vom Rat bestellten besonderen Ausschuß nach Maßgabe der Richtlinien, die ihr der Rat erteilen kann.

(4) Bei der Ausübung der ihm in diesem Artikel übertragenen Befugnisse beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.

Artikel 114

Die in Artikel 111 Absatz 2 und in Artikel 113 vorgesehenen Abkommen werden im Namen der Gemeinschaft vom Rat geschlossen, der während der beiden ersten Stufen einstimmig, danach mit qualifizierter Mehrheit handelt.

Artikel 115

Um sicherzustellen, daß die Durchführung der von den Mitgliedstaaten im Einklang mit diesem Vertrag getroffenen handelspolitischen Maßnahmen nicht durch Verkehrsverlagerung verhindert wird, oder wenn Unterschiede zwischen diesen Maßnahmen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten in einem oder mehreren Staaten führen, empfiehlt die Kommission die Methoden für die erforderliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten. Genügt dies nicht, so kann sie die Mitgliedstaaten ermächtigen, die notwendigen Schutzmaßnahmen zu treffen, deren Bedingungen und Einzelheiten sie festlegt.

Im Dringlichkeitsfall können die Mitgliedstaaten während der Übergangszeit selbst die erforderlichen Maßnahmen treffen; sie setzen die anderen Mitgliedstaaten sowie die Kommission davon in Kenntnis; diese kann entscheiden, daß diese Maßnahmen zu ändern oder aufzuheben haben.

Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes am wenigsten stören und dem Erfordernis Rechnung tragen, die Einführung des Gemeinsamen Zolltarif nach Möglichkeit zu beschleunigen.

Artikel 116

Nach Ablauf der Übergangszeit gehen die Mitgliedstaaten in den internationalen Organisationen mit wirtschaftlichem Charakter bei allen Fragen, die für den Gemeinsamen Markt von besonderem Interesse sind, nur noch gemeinsam vor. Zu diesem Zweck unterbreitet die Kommission dem Rat Vorschläge über das Ausmaß und die Durchführung des gemeinsamen Vorgehens; dieser beschließt darüber mit qualifizierter Mehrheit.

Während der Übergangszeit setzen sich die Mitgliedstaaten miteinander ins Benehmen, um ihr Vorgehen aufeinander abzustimmen und soweit wie möglich eine einheitliche Haltung einzunehmen.


TITEL III
Die Sozialpolitik

KAPITEL 1
SOZIALVORSCHRIFTEN

Artikel 117

Die Mitgliedstaaten sind sich über die Notwendigkeit einig, auf eine Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitskräfte hinzuwirken und dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen.

Sie sind der Auffassung, daß sich eine solche Entwicklung sowohl aus dem eine Abstimmung der Sozialordnungen begünstigenden Wirken des Gemeinsamen Marktes als auch aus den in diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren sowie aus der Angleichung ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben wird.

Artikel 118

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrags hat die Kommission entsprechend seinen allgemeinen Zielen die Aufgabe, eine enge Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in sozialen Fragen zu fördern, insbesondere auf dem Gebiet
- der Beschäftigung,
- des Arbeitsrechts und der Arbeitsbedingungen,
- der beruflichen Ausbildung und Fortbildung,
- der sozialen Sicherheit,
- der Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten,
- des Gesundheitsschutzes bei der Arbeit,
- des Koalitionsrechts und der Kollektivverhandlungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.

Zu diesem Zweck wird die Kommission in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten durch Untersuchungen, Stellungnahmen und die Vorbereitung von Beratungen tätig, gleichviel ob es sich um innerstaatliche oder um internationalen Organisationen gestellte Probleme handelt.

Vor Abgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Stellungnahmen hört die Kommission den Wirtschafts- und Sozialausschuß.

Artikel 119

Jeder Mitgliedstaat wird während der ersten Stufe den Grundsatz des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher Arbeit anwenden und in der Folge beibehalten.

Unter "Entgelt" im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der Arbeitgeber aufgrund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer mittelbar und unmittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt.

Gleichheit des Arbeitsentgelts ohne Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bedeutet:
a) daß das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit aufgrund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird;
b) daß für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.

Artikel 120

Die Mitgliedstaaten werden bestrebt sein, die bestehende Gleichwertigkeit der Ordnungen über die bezahlte Freizeit beizubehalten.

Artikel 121

Nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses kann der Rat einstimmig der Kommission Aufgaben übertragen, welche die Durchführung gemeinsamer Maßnahmen insbesondere auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit der in den Artikeln 48 bis 51 erwähnten aus- oder einwandernden Arbeitskräfte betreffen.

Artikel 122

Der Jahresbericht der Kommission an die Versammlung hat stets ein besonderes Kapitel über die Entwicklung der sozialen Lage in der Gemeinschaft zu enthalten.

Die Versammlung kann die Kommission auffordern, Berichte über besondere, die soziale Lage betreffende Fragen auszuarbeiten.

KAPITEL 2
DER EUROPÄISCHE SOZIALFONDS

Artikel 123

Um die Beschäftigungsmöglichkeiten der Arbeitskräfte im Gemeinsamen Markt zu verbessern und damit zur Hebung der Lebenshaltung beizutragen, wird nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Europäischer Sozialfonds errichtet, dessen Zweck es ist, innerhalb der Gemeinschaft die berufliche Verwendbarkeit und die örtliche und berufliche Freizügigkeit der Arbeitskräfte zu fördern.

Artikel 124

Die Verwaltung des Fonds obliegt der Kommission.

Die Kommission wird hierbei von einem Ausschuß unterstützt, der aus Vertretern der Regierungen sowie der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerverbände besteht; den Vorsitz führt ein Mitglied der Kommission.

Artikel 125

(1) Auf Antrag eines Mitgliedstaaten übernimmt der Fonds im Rahmen der in Artikel 127 vorgesehenen Regelung 50 v.H. der von diesem Staat oder einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Inkrafttreten dieses Vertrags aufgewandten Kosten,
a) um den Arbeitskräften eine produktive Wiederbeschäftigung zu sichern, und zwar durch
- Berufsumschulungen und
- Umsiedlungsbeihilfen;
b) um Beihilfen zugunsten von Arbeitnehmern zu gewähren, deren Beschäftigung infolge der Umstellung eines Unternehmens auf andere Produktionsziele vorübergehend eingeschränkt oder vorübergehend ganz oder teilweise ausgesetzt wird, so daß sie bis zur vollständigen Wiederbeschäftigung den gleichen Lohnstand beibehalten können.

(2) Der Zuschuß des Fonds zu den Kosten für die Berufsumschulung ist an die Bedingung geknüpft, daß die arbeitslosen Arbeitskräfte nur in einem neuen Beruf beschäftigt werden konnten und daß sie seit mindestens sechs Monaten eine produktive Beschäftigung in dem Beruf gefunden haben, für den sie umgeschult wurden.

Der Zuschuß zu Umsiedlungsbeihilfen ist an die Bedingung geknüpft, daß die arbeitslosen Arbeitskräfte veranlaßt waren, innerhalb der Gemeinschaft einen neuen Wohnort zu wählen, und daß sie dort seit mindestens sechs Monaten eine produktive Beschäftigung gefunden haben.

Der bei der Umstellung eines Unternehmens zugunsten von Arbeitnehmern gewährte Zuschuß ist an folgende Bedingungen geknüpft:
a) daß die betreffenden Arbeitnehmer in diesem Unternehmen seit mindestens sechs Monaten erneut in vollem Umfang beschäftigt sind,
b) daß die beteiligte Regierung vorher einen von diesem Unternehmen aufgestellten Plan für die Umstellung und deren Finanzierung vorgelegt hat, und
c) daß die Kommission diesem Umstellungsplan zugestimmt hat.

Artikel 126

Am Ende der Übergangszeit kann der Rat nach Stellungnahme der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung
a) mit qualifizierter Mehrheit vorschreiben, daß die in Artikel 125 vorgesehenen Zuschüsse ganz oder teilweise wegfallen;
b) einstimmig die neuen Aufgaben bestimmen, die dem Fonds im rahmen seines in Artikel 123 festgelegten Zwecks zugewiesen werden können.

Artikel 127

Der Rat erläßt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und der Versammlung die zur Anwendung der Artikel 124 bis 126 erforderlichen Durchführungsvorschriften; insbesondere bestimmt er im einzelnen die Voraussetzungen für die Gewährung der Zuschüsse des Fonds gemäß Artikel 125 sowie die Arten von Unternehmen, deren Arbeitnehmern die in Artikel 125 Absatz 1 Buchstabe b vorgesehenen Beihilfen zugute kommen.

Artikel 128

Auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses stellt der Rat in bezug auf die Berufsausbildung allgemeine Grundsätze zur Durchführung einer gemeinsamen Politik auf, die zu einer harmonischen Entwicklung sowohl der einzelnen Volkswirtschaften als auch des Gemeinsamen Marktes beitragen kann.

TITEL IV.
Die Europäische Investitionsbank

Artikel 129

Es wird eine Europäische Investitionsbank errichtet; sie besitzt Rechtspersönlichkeit.

Mitglieder der Europäischen Investitionsbank sind die Mitgliedstaaten.

Die Satzung der Europäischen Investitionsbank ist diesem Vertrag als Protokoll beigefügt.

Artikel 130

Aufgabe der Europäischen Investitionsbank ist es, zu einer ausgewogenen und reibungslosen Entwicklung des Gemeinsamen Marktes im Interesse der Gemeinschaft beizutragen; hierbei bedient sie sich des Kapitalmarkts sowie ihrer eigenen Mittel. In diesem Sinne erleichtert sie ohne Verfolgung eines Erwerbszwecks durch Gewährung von Darlehen und Bürgschaften die Finanzierung der nachstehend bezeichneten Vorhaben in allen Wirtschaftszweigen:
a) Vorhaben zur Erschließung der weniger entwickelten Gebiete;
b) Vorhaben zur Modernisierung oder Umstellung von Unternehmen oder zur Schaffung neuer Arbeitsmöglichkeiten, die sich aus der schrittweisen Errichtung des Gemeinsamen Marktes ergeben und wegen ihres Umfangs oder ihrer Art mit den in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig finanziert werden können;
c) Vorhaben von gemeinsamem Interesse für mehrere Mitgliedstaaten, die wegen ihres Umfangs oder ihrer Art mit den in den einzelnen Mitgliedstaaten vorhandenen Mitteln nicht vollständig finanziert werden können.

VIERTER TEIL
DIE ASSOZIIERUNG DER ÜBERSEEISCHEN LÄNDER UND HOHEITSGEBIETE

Artikel 131

Die Mitgliedstaaten kommen überein, die außereuropäischen Länder und Hoheitsgebiete, die mit Belgien, Frankreich, Italien und den Niederlanden besondere Beziehungen unterhalten, der Gemeinschaft zu assoziieren. Diese Länder und Hoheitsgebiete, im folgenden als "Länder und Hoheitsgebiete" bezeichnet, sind in Anhang IV zu diesem Vertrag aufgeführt.

Ziel der Assoziierung ist die Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der Länder und Hoheitsgebiete und die Herstellung enger Wirtschaftsbeziehungen zwischen ihnen und der gesamten Gemeinschaft.

Entsprechend den in der Präambel dieses Vertrags aufgestellten Grundsätzen soll die Assoziierung in erster Linie den Interessen der Einwohner dieser Länder und Hoheitsgebiete dienen und ihren Wohlstand fördern, um sie der von ihnen erstrebten wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Entwicklung entgegenzuführen.

Artikel 132

Mit der Assoziierung werden folgende Zwecke verfolgt:
a) Die Mitgliedstaaten wenden auf ihren Handelsverkehr mit den Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das sie aufgrund dieses Vertrags untereinander anwenden.
Jedes Land oder Hoheitsgebiet wendet auf seinen Handelsverkehr mit den Mitgliedstaaten und den anderen Ländern und Hoheitsgebieten das System an, das es auf den europäischen Staat anwendet, mit dem es besondere Beziehungen unterhält.
b) Die Mitgliedstaaten beteiligen sich an den Investitionen, welche die fortschreitende Entwicklung dieser Länder und Hoheitsgebiete erfordert.
c) Bei Ausschreibungen und Lieferungen für Investitionen, die von der Gemeinschaft finanziert werden, steht die Beteiligung zu gleichen Bedingungen allen natürlichen und juristischen Personen offen, welche die Staatsangehörigkeit der Mitgliedstaaten oder der Länder oder Hoheitsgebiete besitzen.
d) Soweit aufgrund des Artikels 136 nicht Sonderregelungen getroffen werden, gelten zwischen den Mitgliedstaaten und den Ländern und Hoheitsgebieten für das Niederlassungsrecht ihrer Staatsangehörigen und Gesellschaften die Bestimmungen und Verfahrensregeln des Kapitels Niederlassungsfreiheit, und zwar unter Ausschluß jeder Diskriminierung.

Artikel 133

(1) Die Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den Ländern und Hoheitsgebieten in die Mitgliedstaaten werden vollständig abgeschafft; dies geschieht nach Maßgabe der in diesem Vertrag vorgesehenen schrittweisen Abschaffung der Zölle zwischen den Mitgliedstaaten.

(2) In jedem Land und Hoheitsgebiet werden die Zölle bei der Einfuhr von Waren aus den Mitgliedstaaten und den anderen Ländern und Hoheitsgebieten nach Maßgabe der Artikel 12, 13, 14, 15 und 17 schrittweise abgeschafft.

(3) Die Länder und Hoheitsgebiete können jedoch Zölle erheben, die den Erfordernissen ihrer Entwicklung und Industrialisierung entsprechen oder als Finanzzölle der Finanzierung ihres Haushalts dienen.

Die in Unterabsatz 1 genannten Zölle werden schrittweise auf den Stand der Sätze gesenkt, die für die Einfuhr von Waren aus dem Mitgliedstaat gelten, mit dem das entsprechende Land oder Hoheitsgebiet besondere Beziehungen unterhält. Hinsichtlich dieser Herabsetzung beziehen sich die Hundertsätze und die Zeitfolge, die in diesem Vertrag vorgesehen sind, auf den Unterschied zwischen den Zollsätzen für Waren aus dem Mitgliedstaat, der mit dem betreffenden Land oder Hoheitsgebiet besondere Beziehungen unterhält, und den Zollsätzen, die für die gleichen Waren bei ihrer Einfuhr aus den anderen Staaten der Gemeinschaft in das einführende Land oder Hoheitsgebiet gelten.

(4) Absatz 2 gilt nicht für die Länder und Hoheitsgebiete, die aufgrund besonderer internationaler Verpflichtungen bereits bei Inkrafttreten dieses Vertrags einen nichtdiskriminierenden Zolltarif anwenden.

(5) Die Festlegung oder Änderung der Zollsätze für Waren, die in die Länder und Hoheitsgebiete eingeführt werden, darf weder rechtlich noch tatsächlich zu einer mittelbaren oder unmittelbaren Diskriminierung zwischen den Einfuhren aus den einzelnen Mitgliedstaaten führen.

Artikel 134

Ist die Höhe der Zollsätze, die bei der Einfuhr in ein Land oder Hoheitsgebiet für Waren aus einem dritten Land gelten, bei Anwendung des Artikels 133 Absatz 1 geeignet, Verkehrsverlagerungen zum Nachteil eines Mitgliedstaats hervorzurufen, so kann dieser die Kommission ersuchen, den anderen Mitgliedstaaten die erforderlichen Abhilfemaßnahmen vorzuschlagen.

Artikel 135

Vorbehaltlich der Bestimmungen über die Volksgesundheit und die öffentliche Sicherheit und Ordnung wird die Freizügigkeit der Arbeitskräfte aus den Ländern und Hoheitsgebieten in den Mitgliedstaaten und der Arbeitskräfte aus den Mitgliedstaaten in den Ländern und Hoheitsgebieten durch später zu schließende Abkommen geregelt; diese bedürfen der einstimmigen Billigung aller Mitgliedstaaten.

Artikel 136

Für einen ersten Zeitabschnitt von fünf Jahren nach Inkrafttreten dieses Vertrags werden in einem dem Vertrag beigefügten Durchführungsabkommen die Einzelheiten und das Verfahren für die Assoziierung der Länder und Hoheitsgebiete an die Gemeinschaft festgelegt.

Vor Ablauf der Geltungsdauer des in Absatz 1 genannten Abkommens legt der Rat aufgrund der erzielten Ergebnisse und der Grundsätze dieses Vertrags die Bestimmungen für einen neuen Zeitabschnitt einstimmig fest.


FÜNFTER TEIL
DIE ORGANE DER GEMEINSCHAFT

TITEL I
Vorschriften über die Organe

KAPITEL 1
DIE ORGANE

Abschnitt 1
Die Versammlung

Artikel 137

Die Versammlung besteht aus Vertretern der Völker der in der Gemeinschaft zusammengeschlossenen Staaten; es übt die Befugnisse aus, die ihm nach diesem Vertrag zustehen.

Artikel 138

(1) Die Versammlung besteht aus den Abgeordneten, die nach einem von jedem Mitgliedstaat bestimmten Verfahren von den Parlamenten aus ihrer Mitte ernannt werden.

(2) Die Zahl dieser Abgeordneten wird wie folgt festgesetzt:
Belgien 14
Deutschland 36
Frankreich 36
Italien 36
Luxemburg 6
Niederlande 14.

(3) Die Versammlung arbeitet Entwürfe für allgemeine unmittelbare Wahlen nach einem einheitlichen Verfahren in allen Mitgliedstaaten aus.

Der Rat erläßt einstimmig die entsprechenden Bestimmungen und empfiehlt sie den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Artikel 139

Die Versammlung hält jährlich eine Sitzungsperiode ab. Sie tritt, ohne daß es einer Einberufung bedarf, am dritten Dienstag des Monats Oktober zusammen.

Die Versammlung kann auf Antrag der Mehrheit ihrer Mitglieder sowie auf Antrag des Rates oder der Kommission zu einer außerordentlichen Sitzungsperiode zusammentreten.

Artikel 140

Die Versammlung wählt aus ihrer Mitte seinen Präsidenten und ihr Präsidium.

Die Mitglieder der Kommission können an allen Sitzungen teilnehmen und müssen auf ihren Antrag im Namen der Kommission jederzeit gehört werden.

Die Kommission antwortet mündlich oder schriftlich auf die ihr von der Versammlung oder von deren Mitgliedern gestellten Fragen.

Der Rat wird nach Maßgabe seiner Geschäftsordnung von der Versammlung jederzeit gehört.

Artikel 141

Soweit dieser Vertrag nicht etwas anderes bestimmt, beschließt die Versammlung mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen.

Die Geschäftsordnung legt die Beschlußfähigkeit fest.

Artikel 142

Die Versammlung gibt sich seine Geschäftsordnung; hierzu sind die Stimmen der Mehrheit ihrer Mitglieder erforderlich.

Die Verhandlungsniederschriften der Versammlung werden nach den Bestimmungen dieser Geschäftsordnung veröffentlicht.

Artikel 143

Die Versammlung erörtert in öffentlicher Sitzung den jährlichen Gesamtbericht, der ihr von der Kommission vorgelegt wird.

Artikel 144

Wird wegen der Tätigkeit der Kommission ein Mißtrauensantrag eingebracht, so darf die Versammlung nicht vor Ablauf von drei Tagen nach seiner Einbringung und nur in offener Abstimmung darüber entscheiden.

Wird der Mißtrauensantrag mit der Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mit der Mehrheit der Mitglieder der Versammlung angenommen, so müssen die Mitglieder der Kommission geschlossen ihr Amt niederlegen. Sie führen die laufenden Geschäfte bis zur Ernennung ihrer Nachfolger gemäß Artikel 158 weiter.

Abschnitt 2
Der Rat

Artikel 145

Zur Verwirklichung der Ziele und nach Maßgabe dieses Vertrags
- sorgt der Rat für die Abstimmung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten;
- besitzt der Rat eine Entscheidungsbefugnis.

Artikel 146

Der Rat besteht aus je einem Vertretern der Mitgliedstaaten. Jede Regierung entsendet eines ihrer Mitglieder.

Der Vorsitz im Rat wird von den Mitgliedstaaten nacheinander in der alphabetischen Reihenfolge der Mitgliedstaaten für je sechs Monate wahrgenommen.

Artikel 147

Der Rat wird von seinem Präsidenten aus eigenem Entschluß oder auf Antrag eines seiner Mitglieder oder der Kommission einberufen.

Artikel 148

(1) Soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, beschließt der Rat mit der Mehrheit seiner Mitglieder.

(2) Ist zu einem Beschluß des Rates die qualifizierte Mehrheit erforderlich, so werden die Stimmen der Mitglieder wie folgt gewogen:
Belgien 2
Deutschland 4
Frankreich 4
Italien 4
Luxemburg 1
Niederlande 2

Beschlüsse kommen zustande, wenn dafür mindestens abgegeben werden:
-  zwölf Stimmen in den Fällen, in denen die Beschlüsse nach diesem Vertrag auf Vorschlag der Kommission zu fassen sind;
-  zwölf Stimmen, welche die Zustimmung von mindestens vier Mitgliedern umfassen, in allen anderen Fällen.

(3) Die Stimmenthaltung von anwesenden oder vertretenen Mitgliedern steht dem Zustandekommen von Beschlüssen des Rates, zu denen Einstimmigkeit erforderlich ist, nicht entgegen.

Artikel 149

Wird der Rat kraft dieses Vertrags auf Vorschlag der Kommission tätig, so kann er Änderungen dieses Vorschlags nur einstimmig beschließen.

Solange ein Beschluß des Rates nicht ergangen ist, kann die Kommission ihren ursprünglichen Vorschlag ändern, insbesondere in den Fällen, in denen die Versammlung zu diesem Vorschlag gehört wurde.

Artikel 150

Jedes Mitglied kann sich das Stimmrecht höchstens eines anderen Mitglieds übertragen lassen.

Artikel 151

Der Rat gibt sich eine Geschäftsordnung.

Diese Geschäftsordnung kann die Einsetzung eines Ausschusses aus Vertretern der Mitgliedstaaten vorsehen. Der Rat bestimmt die Aufgabe und die Zuständigkeit dieses Ausschusses.

Artikel 152

Der Rat kann die Kommission auffordern, die nach seiner Ansicht zur Verwirklichung der gemeinsamen Ziele geeigneten Untersuchungen vorzunehmen und ihm entsprechende Vorschläge zu unterbreiten.

Artikel 153

Der Rat regelt nach Stellungnahme der Kommission die rechtliche Stellung der in diesem Vertrag vorgesehenen Ausschüsse.

Artikel 154

Der Rat setzt mit qualifizierter Mehrheit die Gehälter, Vergütungen und Ruhegehälter für den Präsidenten und die Mitglieder der Kommission sowie für den Präsidenten, die Richter, die Generalanwälte und den Kanzler des Gerichtshofes fest. Er setzt mit derselben Mehrheit alle sonstigen als Entgelt gezahlten Vergütungen fest.

Abschnitt 3
Die Kommission

Artikel 155

Um das ordnungsgemäße Funktionieren und die Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu gewährleisten, erfüllt die Kommission folgende Aufgaben:
- für die Anwendung dieses Vertrags sowie der von den Organen aufgrund dieses Vertrags getroffenen Bestimmungen Sorge zu tragen;
- Empfehlungen oder Stellungnahmen auf den in diesem Vertrag bezeichneten Gebieten abzugeben, soweit der Vertrag dies ausdrücklich vorsieht oder soweit sie es für notwendig erachtet;
- nach Maßgabe dieses Vertrags in eigener Zuständigkeit Entscheidungen zu treffen und am Zustandekommen der Handlungen des Rates und der Versammlung mitzuwirken;
- die Befugnisse auszuüben, die ihr der Rat zur Durchführung der von ihm erlassenen Vorschriften überträgt.

Artikel 156

Die Kommission veröffentlicht jährlich, und zwar spätestens einen Monat vor Beginn der Sitzungsperiode der Versammlung, einen Gesamtbericht über die Tätigkeit der Gemeinschaften.

Artikel 157

(1) Die Kommission besteht aus neun Mitgliedern, die aufgrund ihrer allgemeinen Befähigung ausgewählt werden und volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten müssen.

Die Zahl der Mitglieder der Kommission kann vom Rat einstimmig geändert werden.

Nur Staatsangehörige der Mitgliedstaaten können Mitglieder der Kommission sein.

Nicht mehr als zwei Mitglieder der Kommission dürfen dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen.

(2) Die Mitglieder der Kommission üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit zum allgemeinen Wohl der Gemeinschaft aus.

Sie dürfen bei der Erfüllung ihrer Pflichten Anweisungen von einer Regierung oder einer anderen Stelle weder anfordern noch entgegennehmen. Sie haben jede Handlung zu unterlassen, die mit ihren Aufgaben unvereinbar ist. Jeder Mitgliedstaat verpflichtet sich, diesen Grundsatz zu achten und nicht zu versuchen, die Mitglieder der Kommission bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu beeinflussen.

Die Mitglieder der Kommission dürfen während ihrer Amtszeit keine andere entgeltliche oder unentgeltliche Berufstätigkeit ausüben. Bei der Aufnahme ihrer Tätigkeit übernehmen sie die feierliche Verpflichtung, während der Ausübung und nach Ablauf ihrer Amtstätigkeit die sich aus ihrem Amt ergebenden Pflichten zu erfüllen, insbesondere die Pflicht, bei der Annahme gewisser Tätigkeiten oder Vorteile nach Ablauf dieser Tätigkeit ehrenhaft und zurückhaltend zu sein. Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gerichtshof auf Antrag des Rates oder der Kommission das Mitglied je nach Lage des Falles gemäß Artikel 160 seines Amtes entheben oder ihm seine Ruhegehaltsansprüche oder andere an ihrer Stelle gewährte Vergünstigungen aberkennen.

Artikel 158

Die Mitglieder der Kommission werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten in gegenseitigem Einvernehmen ernannt.

Die Amtszeit beträgt vier Jahre. Wiederernennung ist zulässig.

Artikel 159

Abgesehen von den regelmäßigen Neubesetzungen und von Todesfällen endet das Amt eines Mitglieds der Kommission durch Rücktritt oder Amtsenthebung.

Für das ausscheidende Mitglied wird für die verbleibende Amtszeit ein Nachfolger ernannt. Der Rat kann einstimmig entscheiden, für diese Zeit einen Nachfolger nicht zu ernennen.

Außer im Fall der in Artikel 160 geregelten Amtsenthebung bleiben die Mitglieder der Kommission bis zur Neubesetzung ihres Sitzes im Amt.

Artikel 160

Jedes Mitglied der Kommission, das die Voraussetzungen für die Ausübung seines Amtes nicht mehr erfüllt oder eine schwere Verfehlung begangen hat, kann auf Antrag des Rates oder der Kommission durch den Gerichtshof seines Amtes enthoben werden.

In diesem Falle kann der Rat durch einstimmige Entscheidung dieses Mitglied vorläufig von seinen Dienstpflichten entbinden und die Stelle neu besetzen, bis der Gerichtshof entschieden hat.

Auf Antrag des Rates oder der Kommission kann der Gerichtshof das Mitglied vorläufig von seinen Dienstpflichten entbinden.

Artikel 161

Der Präsident und die beiden Vizepräsidenten der Kommission werden aus deren Mitgliedern für zwei Jahre nach dem Verfahren ernannt, das für die Ernennung der Mitglieder der Kommission vorgesehen ist. Wiederernennung ist zulässig.

Außer im Falle einer allgemeinen Neubesetzung erfolgt die Ernennung nach Anhörung der Kommission.

Endet das Amt des Präsidenten und der Vizepräsidenten durch Rücktritt, Amtsenthebung oder Tod, so wird es für die verbleibende Amtszeit gemäß Absatz 1 neu besetzt.

Artikel 162

(1) Der Rat und die Kommission ziehen einander zu Rate und regeln einvernehmlich die Art und Weise ihrer Zusammenarbeit.

(2) Die Kommission gibt sich eine Geschäftsordnung, um ihr ordnungsgemäßes Arbeiten und das ihrer Dienststellen nach Maßgabe dieses Vertrags zu gewährleisten. Sie sorgt für die Veröffentlichung dieser Geschäftsordnung.

Artikel 163

Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der in Artikel 157 bestimmten Anzahl ihrer Mitglieder gefaßt.

Die Kommission kann nur dann wirksam tagen, wenn die in ihrer Geschäftsordnung festgesetzte Anzahl von Mitgliedern anwesend ist.

Abschnitt 4
Der Gerichtshof

Artikel 164

Der Gerichtshof sichert die Wahrung des Rechts bei der Auslegung und Anwendung dieses Vertrags.

Artikel 165

Der Gerichtshof besteht aus sieben Richtern.

Der Gerichtshof tagt in Vollsitzungen. Er kann jedoch aus seiner Mitte Kammern mit je drei oder fünf Richtern bilden, die bestimmte vorbereitende Aufgaben erledigen oder bestimmte Gruppen von Rechtssachen entscheiden; hierfür gelten die Vorschriften einer besonderen Regelung.

In allen Fällen, in denen Rechtssachen zur Entscheidung stehen, die auf Antrag eines Mitgliedstaates oder eines Organs der Gemeinschaft anhängig sind, tagt der Gerichtshof in Vollsitzungen; das gleiche gilt für die im Wege der Vorabentscheidung zu entscheidenden Fragen, die ihm gemäß Artikel 177 vorgelegt werden.

Auf Antrag des Gerichtshofes kann der Rat einstimmig die Zahl der Richter erhöhen und die erforderlichen Anpassungen der Absätze 2 und 3 und des Artikels 167 Absatz 2 vornehmen.

Artikel 166

Der Gerichtshof wird von zwei Generalanwälten unterstützt.

Der Generalanwalt hat in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlußanträge zu den dem Gerichtshof unterbreiteten Rechtssachen öffentlich zu stellen, um den Gerichtshof bei der Erfüllung seiner in Artikel 164 bestimmten Aufgabe zu unterstützen.

Auf Antrag des Gerichtshofes kann der Rat einstimmig die Zahl der Generalanwälte erhöhen und die erforderlichen Anpassungen des Artikels 167 Absatz 3 vornehmen.

Artikel 167

Zu Richtern und Generalanwälten sind Persönlichkeiten auszuwählen, die jede Gewähr für Unabhängigkeit bieten und in ihrem Staat die für die höchsten richterlichen Ämter erforderlichen Voraussetzungen erfüllen oder Juristen von anerkannt hervorragender Befähigung sind; sie werden von den Regierungen der Mitgliedstaaten im gegenseitigen Einvernehmen auf sechs Jahre ernannt.

Alle drei Jahre findet eine teilweise Neubesetzung der Richterstellen statt. Sie betrifft abwechselnd drei und vier Richter. Die drei Richter, deren Stellen nach Ablauf der ersten drei Jahre neu zu besetzen sind, werden durch das Los bestimmt.

Alle drei Jahre findet eine teilweise Neubesetzung der Stellen der Generalanwälte statt. Der Generalanwalt, dessen Stelle nach Ablauf der ersten drei Jahre neu zu besetzen ist, wird durch das Los bestimmt.

Die Wiederernennung ausscheidender Richter und Generalanwälte ist zulässig.

Die Richter wählen aus ihrer Mitte den Präsidenten des Gerichtshofes für die Dauer von drei Jahren. Wiederwahl ist zulässig.

Artikel 168

Der Gerichtshof ernennt seinen Kanzler und bestimmt dessen Stellung.

Artikel 169

Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene Stellungnahme hierzu ab; sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen.

Artikel 170

Jeder Mitgliedstaat kann den Gerichtshof anrufen, wenn er der Auffassung ist, daß ein anderer Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen hat.

Bevor ein Mitgliedstaat wegen einer angeblichen Verletzung der Verpflichtungen aus diesem Vertrag gegen einen anderen Staat Klage erhebt, muß er die Kommission damit befassen.

Die Kommission erläßt eine mit Gründen versehene Stellungnahme; sie gibt den beteiligten Staaten zuvor Gelegenheit zu schriftlicher und mündlicher Äußerung in einem kontradiktorischen Verfahren.

Gibt die Kommission binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, in dem ein entsprechender Antrag gestellt wurde, keine Stellungnahme ab, so kann ungeachtet des Fehlens der Stellungnahme vor dem Gerichtshof geklagt werden.

Artikel 171

Stellt der Gerichtshof fest, daß ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen hat, so hat dieser Staat die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergeben.

Artikel 172

Die vom Rat auf Grund dieses Vertrags erlassenen Verordnungen können hinsichtlich der darin vorgesehenen Zwangsmaßnahmen dem Gerichtshof eine Zuständigkeit übertragen, welche die Befugnis zu unbeschränkter Ermessensnachprüfung und zur Änderung oder Verhängung solcher Maßnahmen umfaßt.

Artikel 173

Der Gerichtshof überwacht die Rechtmäßigkeit des Handelns des Rates und der Kommission, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt. Zu diesem Zweck ist der Gerichtshof für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, der Rat oder die Kommission wegen Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung dieses Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder wegen Ermessensmißbrauchs erhebt.

Jede natürliche oder juristische Person kann unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen.

Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis erlangt hat.

Artikel 174

Ist die Klage begründet, so erklärt der Gerichtshof die angefochtene Handlung für nichtig.

Erklärt der Gerichtshof eine Verordnung für nichtig, so bezeichnet er, falls er dies für notwendig hält, diejenigen ihrer Wirkungen, die als fortgeltend zu betrachten sind.

Artikel 175

Unterläßt es der Rat oder die Kommission unter Verletzung dieses Vertrags, einen Beschluß zu fassen, so können die Mitgliedstaaten und die anderen Organe der Gemeinschaft beim Gerichtshof Klage auf Feststellung dieser Vertragsverletzung erheben.

Diese Klage ist nur zulässig, wenn das in Frage stehende Organ zuvor aufgefordert worden ist, tätig zu werden. Hat es binnen zwei Monaten nach dieser Aufforderung nicht Stellung genommen, so kann die Klage innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten erhoben werden.

Jede natürliche oder juristische Person kann nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vor dem Gerichtshof Beschwerde darüber führen, daß ein Organ der Gemeinschaft es unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.

Artikel 176

Das oder die Organe, denen das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt oder deren Untätigkeit als vertragswidrig erklärt worden ist, haben die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu ergreifen.

Diese Verpflichtung besteht unbeschadet der Verpflichtungen, die sich aus der Anwendung des Artikels 215 Absatz 2 ergeben.

Artikel 177

Der Gerichtshof entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung dieses Vertrags,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft,
c) über die Auslegung der Satzungen der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen, soweit diese Satzungen dies vorsehen.

Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlaß seines Urteils für erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet.

Artikel 178

Der Gerichtshof ist für Streitsachen über den in Artikel 215 Absatz 2 vorgesehenen Schadensersatz zuständig.

Artikel 179

Der Gerichtshof ist für alle Streitsachen zwischen der Gemeinschaft und deren Bediensteten innerhalb der Grenzen und nach Maßgabe der Bedingungen zuständig, die im Statut der Beamten festgelegt sind oder sich aus den Beschäftigungsbedingungen für die Bediensteten ergeben.

Artikel 180

Der Gerichtshof ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zuständig in Streitsachen über
a) die Erfüllung der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus der Satzung der Europäischen Investitionsbank. Der Verwaltungsrat der Bank besitzt hierbei die der Kommission in Artikel 169 übertragenen Befugnisse;
b) die Beschlüsse des Rates der Gouverneure der Europäischen Investitionsbank. Jeder Mitgliedstaat, die Kommission und der Verwaltungsrat der Bank können hierzu nach Maßgabe des Artikels 173 Klage erheben;
c) die Beschlüsse des Verwaltungsrats der Europäischen Investitionsbank. Diese können nach Maßgabe des Artikels 173 nur von Mitgliedstaaten oder der Kommission und lediglich wegen Verletzung der Formvorschriften des Artikels 21 Absätze 2 und 5 bis 7 der Satzung der Investitionsbank angefochten werden;

Artikel 181

Der Gerichtshof ist für Entscheidungen aufgrund einer Schiedsklausel zuständig, die in einem von der Gemeinschaft oder für ihre Rechnung abgeschlossenen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Vertrag enthalten ist.

Artikel 182

Der Gerichtshof ist für jede mit dem Gegenstand dieses Vertrags in Zusammenhang stehende Streitigkeit zwischen Mitgliedstaaten zuständig, wenn diese bei ihm aufgrund eines Schiedsvertrags anhängig gemacht wird.

Artikel 183

Soweit keine Zuständigkeit des Gerichtshofes aufgrund dieses Vertrags besteht, sind Streitsachen, bei denen die Gemeinschaft Partei ist, der Zuständigkeit der einzelstaatlichen Gerichte nicht entzogen.

Artikel 184

Ungeachtet des Ablaufs der in Artikel 173 Absatz 5 genannten Frist kann jede Partei in einem Rechtsstreit, bei dem es auf die Geltung einer Verordnung des Rates oder der Kommission ankommt, vor dem Gerichtshof die Unanwendbarkeit dieser Verordnung aus den in Artikel 173 Absatz 2 genannten Gründen geltend machen.

Artikel 185

Klagen bei dem Gerichtshof haben keine aufschiebende Wirkung. Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er dies den Umständen nach für nötig hält, die Durchführung der angefochtenen Handlung aussetzen.

Artikel 186

Der Gerichtshof kann in den bei ihm anhängigen Sachen die erforderlichen einstweiligen Anordnungen treffen.

Artikel 187

Die Urteile des Gerichtshofes sind gemäß Artikel 192 vollstreckbar.

Artikel 188

Die Satzung des Gerichtshofes wird in einem besonderen Protokoll festgelegt.

Der Gerichtshof erläßt seine Verfahrensordnung. Sie bedarf der einstimmigen Genehmigung des Rates.


KAPITEL 2
GEMEINSAME VORSCHRIFTEN FÜR MEHRERE ORGANE

Artikel 189

Zur Erfüllung ihrer Aufgaben und nach Maßgabe dieses Vertrags erlassen der Rat und die Kommission Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, sprechen Empfehlungen aus oder geben Stellungnahmen ab.

Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überläßt jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel.

Die Entscheidung ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet.

Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.

Artikel 190

Die Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen des Rates und der Kommission sind mit Gründen zu versehen und nehmen auf die Vorschläge oder Stellungnahmen Bezug, die nach diesem Vertrag eingeholt werden müssen.

Artikel 191

Die Verordnungen werden im Amtsblatt der Gemeinschaft veröffentlicht. Sie treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder andernfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Die Richtlinien und Entscheidungen werden denjenigen, für die sie bestimmt sind, bekanntgegeben und werden durch diese Bekanntgabe wirksam.

Artikel 192

Die Entscheidungen des Rates oder der Kommission, die eine Zahlung auferlegen, sind vollstreckbare Titel; dies gilt nicht gegenüber Staaten.

Die Zwangsvollstreckung erfolgt nach den Vorschriften des Zivilprozeßrechts des Staates, in dessen Hoheitsgebiet sie stattfindet. Die Vollstreckungsklausel wird nach einer Prüfung, die sich lediglich auf die Echtheit des Titels erstrecken darf, von der staatlichen Behörde erteilt, welche die Regierung jedes Mitgliedstaats zu diesem Zweck bestimmt und der Kommission und dem Gerichtshof benennt.

Sind diese Formvorschriften auf Antrag der die Vollstreckung betreibenden Partei erfüllt, so kann diese die Zwangsvollstreckung nach innerstaatlichem Recht betreiben, indem sie die zuständige Stelle unmittelbar anruft.

Die Zwangsvollstreckung kann nur durch eine Entscheidung des Gerichtshofes ausgesetzt werden. Für die Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Vollstreckungsmaßnahmen sind jedoch die einzelstaatlichen Rechtsprechungsorgane zuständig.

KAPITEL 3
DER WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Artikel 193

Es wird ein Wirtschafts- und Sozialausschuß mit beratender Aufgabe errichtet.

Der Ausschuß besteht aus Vertretern der verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens, insbesondere der Erzeuger, der Landwirte, der Verkehrsunternehmer, der Arbeitnehmer, der Kaufleute und Handwerker, der freien Berufe und der Allgemeinheit.

Artikel 194

Die Zahl der Mitglieder des Wirtschafts- und Sozialausschusses wird wie folgt festgesetzt:
Belgien 12
Deutschland 24
Frankreich 24
Italien 24
Luxemburg 6
Niederlande 12.

Die Mitglieder des Ausschusses werden vom Rat durch einstimmigen Beschluß auf vier Jahre ernannt. Wiederernennung ist zulässig.

Sie werden für ihre Person ernannt und sind an keine Weisungen gebunden.

Artikel 195

(1) Zur Ernennung der Mitglieder des Ausschusses legt jeder Mitgliedstaat dem Rat eine Liste vor, die doppelt so viele Kandidaten enthält, wie seinen Staatsangehörigen Sitze zugewiesen sind.

Die Zusammensetzung des Ausschusses muß der Notwendigkeit Rechnung tragen, den verschiedenen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens eine angemessene Vertretung zu sichern.

(2) Der Rat hört die Kommission. Er kann die Meinung der maßgeblichen europäischen Organisationen der verschiedenen Zweige des Wirtschafts- und Soziallebens einholen, die an der Tätigkeit der Gemeinschaft interessiert sind.

Artikel 196

Der Ausschuß wählt aus seiner Mitte seinen Präsidenten und sein Präsidium auf zwei Jahre.

Er gibt sich eine Geschäftsordnung; sie bedarf der einstimmigen Genehmigung des Rates.

Der Ausschuß wird von seinem Präsidenten auf Antrag des Rates oder der Kommission einberufen.

Artikel 197

Der Ausschuß umfaßt fachliche Gruppen für die Hauptsachgebiete dieses Vertrags.

Er enthält insbesondere je eine fachliche Gruppe für die Landwirtschaft und für den Verkehr; auf diese finden die Sonderbestimmungen der Titel über die Landwirtschaft und den Verkehr Anwendung.

Die fachlichen Gruppen werden im Rahmen des allgemeinen Zuständigkeitsbereichs des Ausschusses tätig. Sie können nicht unabhängig vom Ausschuß gehört werden.

Innerhalb des Ausschusses können ferner Unterausschüsse eingesetzt werden; diese haben über bestimmte Fragen oder auf bestimmten Gebieten Entwürfe von Stellungnahmen zur Beratung im Ausschuß auszuarbeiten.

Die Geschäftsordnung bestimmt die Art und Weise der Zusammensetzung und regelt die Zuständigkeit der fachlichen Gruppen und Unterausschüsse.

Artikel 198

Der Ausschuß muß vom Rat oder der Kommission in den in diesem Vertrag vorgesehenen Fällen gehört werden. Er kann von diesen Organen in allen Fällen gehört werden, in denen diese es für zweckmäßig erachten.

Wenn der Rat oder die Kommission es für notwendig erachten, setzen sie dem Ausschuß für die Vorlage seiner Stellungnahme eine Frist; diese beträgt mindestens zehn Tage, vom Eingang der Mitteilung beim Präsidenten des Ausschusses an gerechnet. Nach Ablauf der Frist kann das Fehlen einer Stellungnahme unberücksichtigt bleiben.

Die Stellungnahmen des Ausschusses und der zuständigen fachlichen Gruppe sowie ein Bericht über die Beratungen werden dem Rat und der Kommission übermittelt.

TITEL II
Finanzvorschriften

Artikel 199

Alle Einnahmen und Ausgaben der Gemeinschaft einschließlich derjenigen des Europäischen Sozialfonds werden für jedes Haushaltsjahr veranschlagt und in den Haushaltsplan eingesetzt.

Der Haushaltsplan ist in Einnahmen und Ausgaben auszugleichen.

Artikel 200

(1) Die Einnahmen des Haushalts umfassen unbeschadet anderer Einnahmen die Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten, die nach folgendem Aufbringungsschlüssel bestimmt werden:
Belgien 7,9
Deutschland 28
Frankreich 28
Italien 28
Luxemburg 0,2
Niederlande 7,9.

(2) Die Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten zur Deckung der Ausgaben des Europäischen Sozialfonds werden nach folgendem Aufbringungsschlüssel bestimmt:
Belgien 8,8
Deutschland 32
Frankreich 32
Italien 20
Luxemburg 0,2
Niederlande 7.

(3) Die Aufbringungsschlüssel können vom Rat einstimmig geändert werden.

Artikel 201

Die Kommission prüft, unter welchen Bedingungen die in Artikel 200 vorgesehenen Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel, insbesondere durch Einnahmen aus dem Gemeinsamen Zolltarif nach dessen endgültiger Einführung, ersetzt werden können.

Die Kommission unterbreitet dem Rat diesbezügliche Vorschläge.

Nach Anhörung der Versammlung zu diesen Vorschlägen kann der Rat einstimmig die entsprechenden Bestimmungen festlegen und den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften empfehlen.

Artikel 202

Die in den Haushaltsplan eingesetzten Ausgaben werden für ein Haushaltsjahr bewilligt, soweit die gemäß Artikel 209 festgelegte Haushaltsordnung nicht etwas anderes bestimmt.

Nach Maßgabe der aufgrund des Artikels 209 erlassenen Vorschriften dürfen die nicht für Personalausgaben vorgesehenen Mittel, die bis zum Ende der Durchführungszeit eines Haushaltsplans nicht verbraucht worden sind, lediglich auf das nächste Haushaltsjahr übertragen werden.

Die vorgesehenen Mittel werden nach Kapiteln gegliedert, in denen die Ausgaben nach Art oder Bestimmung zusammengefaßt sind; soweit erforderlich, werden die Kapitel nach der gemäß Artikel 209 festgelegten Haushaltsordnung unterteilt.

Die Ausgaben der Versammlung, des Rates, der Kommission und des Gerichtshofes werden unbeschadet einer besonderen Regelung für bestimmte gemeinsame Ausgaben in gesonderten Teilen des Haushaltsplans aufgeführt.

Artikel 203

(1) Das Haushaltsjahr beginnt am 1. Januar und endet am 31. Dezember.

(2) Jedes Organ der Gemeinschaft stellt einen Haushaltsvoranschlag für seine Ausgaben auf. Die Kommission faßt diese Voranschläge in einem Vorentwurf für den Haushaltsplan zusammen. Sie fügt eine Stellungnahme bei, die abweichende Voranschläge enthalten kann.

Die Kommission legt dem Rat den Vorentwurf des Haushaltsplans bis zum 30. September des Jahre vor, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht.

Der Rat setzt sich mit der Kommission und gegebenenfalls den anderen beteiligten Organen ins Benehmen, wenn er von dem Vorentwurf abweichen will.

(3) Der Rat stellt den Entwurf des Haushaltsplans mit qualifizierter Mehrheit auf und leitet ihn sodann der Versammlung zu.

Der Entwurf des Haushaltsplans ist der Versammlung spätestens am 31. Oktober des Jahres vorzulegen, das dem entsprechenden Haushaltsjahr vorausgeht.

Die Versammlung ist berechtigt, dem Rat Änderungen des Entwurfs des Haushaltsplans vorzuschlagen.

(4) Hat die Versammlung binnen einem Monat nach Vorlage des Entwurfs des Haushaltsplans ihre Zustimmung erteilt oder dem Rat keine Stellungnahme zugeleitet, so gilt der Entwurf des Haushaltsplans als endgültig festgestellt.

Hat die Versammlung innerhalb dieser Frist Änderungen vorgeschlagen, so wird der geänderte Entwurf des Haushaltsplans dem Rat zugeleitet. Dieser berät darüber mit der Kommission und gegebenenfalls mit den anderen beteiligten Organen und stellt den Haushaltsplan mit qualifizierter Mehrheit endgültig fest.

(5) Für die Feststellung des Teils des Haushaltsplans, der sich auf den Europäischen Sozialfonds bezieht, werden die Stimmen der Mitglieder des Rates wie folgt gewogen:
Belgien 8
Deutschland 32
Frankreich 32
Italien 20
Luxemburg 1
Niederlande 7.

Die Beschlüsse kommen zustande, wenn mindestens 67 Stimmen dafür abgegeben werden.

Artikel 204

Ist zu Beginn eines Haushaltsjahres der Haushaltsplan noch nicht verabschiedet, so können nach der gemäß Artikel 209 festgelegten Haushaltsordnung für jedes Kapitel oder jede sonstige Untergliederung monatliche Ausgaben bis zur Höhe eines Zwölftels der im abgelaufenen Haushaltsplan bereitgestellten Mittel vorgenommen werden; die Kommission darf jedoch monatlich höchstens über ein Zwölftel der Mittel verfügen, die in dem in Vorbereitung befindlichen Entwurf des Haushaltsplans vorgesehen sind.

Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit unter Beachtung der sonstigen Bestimmungen des Absatzes 1 Ausgaben genehmigen, die über dieses Zwölftel hinausgehen.

Jeden Monat zahlen die Mitgliedstaaten einstweilig nach den für das vorausgegangene Haushaltsjahr festgelegten Aufbringungsschlüsseln die erforderlichen Beträge zur Durchführung dieses Artikels.

Artikel 205

Im Rahmen der zugewiesenen Mittel führt die Kommission den Haushaltsplan nach der gemäß Artikel 209 festgelegten Haushaltsordnung in eigener Verantwortung aus.

Die Beteiligung der einzelnen Organe bei der Vornahme ihrer Ausgaben wird in der Haushaltsordnung im einzelnen geregelt.

Die Kommission kann nach der gemäß Artikel 209 festgelegten Haushaltsordnung Mittel von Kapitel zu Kapitel oder von Untergliederung zu Untergliederung übertragen.

Artikel 206

Die Rechnung über alle Einnahmen und Ausgaben des Haushalts wird durch einen Kontrollausschuß geprüft; dieser besteht aus Rechnungsprüfern, die volle Gewähr für ihre Unabhängigkeit bieten müssen; einer der Prüfer führt den Vorsitz. Der Rat legt die Anzahl der Rechnungsprüfer einstimmig fest. Die Rechnungsprüfer und der Vorsitzende des Kontrollausschusses werden vom Rat einstimmig auf fünf Jahre bestellt. Ihre Vergütung wird vom Rat mit qualifizierter Mehrheit festgelegt.

Durch die Prüfung, die an Hand der Rechnungsunterlagen und der erforderlichenfalls an Ort und Stelle durchgeführt wird, stellt der Kontrollausschuß die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit der Einnahmen und Ausgaben fest und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Nach Abschluß eines jeden Haushaltsjahrs erstattet der Kontrollausschuß einen Bericht, den er mit der Mehrheit seiner Mitglieder annimmt.

Die Kommission legt dem Rat und der Versammlung jährlich die Rechnung des abgelaufenen Haushaltsjahres für die Rechnungsvorgänge des Haushaltsplans zusammen mit dem Bericht des Kontrollausschusses vor. Sie übermittelt ihnen ferner eine Übersicht über das Vermögen und die Schulden der Gemeinschaft.

Der Rat erteilt der Kommission mit qualifizierter Mehrheit Entlastung zur Ausführung des Haushaltsplans. Er teilt seine Entscheidung der Versammlung mit.

Artikel 207

Der Haushaltsplan wird in der Rechnungseinheit aufgestellt, die in der gemäß Artikel 209 festgelegten Haushaltsordnung bestimmt wird.

Die Mitgliedstaaten stellen der Gemeinschaft die in Artikel 200 Absatz 1 vorgesehenen Finanzbeiträge in ihrer Landeswährung zur Verfügung.

Die einstweilen nicht benötigten Mittel aus diesen Beiträgen werden bei den Schatzämtern der Mitgliedstaaten oder den von diesen bezeichneten Stellen hinterlegt. Während der Hinterlegungszeit behalten diese Mittel den am Tag der Hinterlegung geltenden Pariwert gegenüber der in Absatz 1 genannten Rechnungseinheit.

Diese einstweilen nicht benötigten Mittel können zu Bedingungen angelegt werden, welche die Kommission mit dem betreffenden Mitgliedstaat vereinbart.

Die gemäß Artikel 209 festgelegte Haushaltsordnung bezeichnet die technischen Bedingungen für die Durchführung der Finanzgeschäfte des Europäischen Sozialfonds.

Artikel 208

Die Kommission kann vorbehaltlich der Unterrichtung der zuständigen Behörden der betreffenden Mitgliedstaaten ihre Guthaben in der Währung eines dieser Staaten in die Währung eines anderen Mitgliedstaats transferieren, soweit dies erforderlich ist, um diese Guthaben für die in diesem Vertrag vorgesehenen Zwecke zu verwenden. Besitzt die Kommission verfügbare oder flüssige Guthaben in der benötigten Währung, so vermeidet sie soweit möglich derartige Transferierungen.

Die Kommission verkehrt mit jedem Mitgliedstaat über die von diesem bezeichnete Behörde. Bei der Durchführung ihrer Finanzgeschäfte nimmt sie die Notenbank des betreffenden Mitgliedstaats oder ein anderes von diesem genehmigtes Finanzinstitut in Anspruch.

Artikel 209

Der Rat legt einstimmig auf Vorschlag der Kommission folgendes fest:
a) die Haushaltsordnung, in der insbesondere die Aufstellung und Ausführung des Haushaltsplans sowie die Rechnungslegung und Rechnungsprüfung im einzelnen geregelt werden;
b) die Einzelheiten und das Verfahren, nach denen die Beiträge der Mitgliedstaaten der Kommission zur Verfügung zu stellen sind.;
c) die Vorschriften über die Verantwortung der Finanzkontrolleure, der anweisungsbefugten Personen und der Rechnungsführer sowie die entsprechenden Kontrollmaßnahmen.


SECHSTER TEIL
ALLGEMEINE UND SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 210

Die Gemeinschaft besitzt Rechtspersönlichkeit.

Artikel 211

Die Gemeinschaft besitzt in jedem Mitgliedstaat die weitestgehende Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen Personen nach dessen Rechtsvorschriften zuerkannt ist; sie kann insbesondere bewegliches und unbewegliches Vermögen erwerben und veräußern sowie vor Gericht stehen. Zu diesem Zweck wird sie von der Kommission vertreten.

Artikel 212

Der Rat erläßt in Zusammenarbeit mit der Kommission und nach Anhörung der anderen beteiligten Organe einstimmig das Statut der Beamten sowie die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft.

Nach dem Ablauf des vierten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit das Statut und die Beschäftigungsbedingungen auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der anderen beteiligten Organe ändern.

Artikel 213

Zur Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben kann die Kommission alle erforderlichen Auskünfte einholen und alle erforderlichen Nachprüfungen vornehmen; der Rahmen und die nähere Maßgabe hierfür werden vom Rat gemäß den Bestimmungen dieses Vertrags festgelegt.

Artikel 214

Die Mitglieder der Organe der Gemeinschaft, die Mitglieder der Ausschüsse sowie die Beamten und sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft sind verpflichtet, auch nach Beendigung ihrer Amtstätigkeit Auskünfte, die ihrem Wesen nach unter das Berufsgeheimnis fallen, nicht preiszugeben; dies gilt insbesondere für Auskünfte über Unternehmen sowie deren Geschäftsbeziehungen oder Kostenelemente.

Artikel 215

Die vertragliche Haftung der Gemeinschaft bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist.

Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.

Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der Gemeinschaft bestimmt sich nach den Vorschriften ihres Statuts oder der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.

Artikel 216

Der Sitz der Organe der Gemeinschaft wird im Einvernehmen zwischen den Regierungen der Mitgliedstaaten bestimmt.

Artikel 217

Die Regelung der Sprachenfrage für die Organe der Gemeinschaft wird unbeschadet der Verfahrensordnung des Gerichtshofes vom Rat einstimmig getroffen.

Artikel 218

Die Gemeinschaft genießt in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten die zur Erfüllung ihrer Aufgabe erforderlichen Vorrechte und Befreiungen nach Maßgabe eines besonderen Protokolls.

Artikel 219

Die Mitgliedstaaten verpflichten sich, Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung dieses Vertrags nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln.

Artikel 220

Soweit erforderlich, leiten die Mitgliedstaaten untereinander Verhandlungen ein, um zugunsten ihrer Staatsangehörigen folgendes sicherzustellen:
- den Schutz der Personen sowie den Genuß und den Schutz der Rechte zu den Bedingungen, die jeder Staat seinen eigenen Angehörigen einräumt,
- die Beseitigung der Doppelbesteuerung innerhalb der Gemeinschaft,
- die gegenseitige Anerkennung der Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 Absatz 2, die Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit bei Verlegung des Sitzes von einem Staat in einen anderen und die Möglichkeit der Verschmelzung von Gesellschaften, die den Rechtsvorschriften verschiedener Mitgliedstaaten unterstehen,
- die Vereinfachung der Förmlichkeiten für die gegenseitige Anerkennung und Vollstreckung richterlicher Entscheidungen und Schiedssprüche.

Artikel 221

Unbeschadet der sonstigen Bestimmungen dieses Vertrags stellen die Mitgliedstaaten binnen drei Jahren nach seinem Inkrafttreten die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Beteiligung am Kapital von Gesellschaften im Sinne des Artikels 58 den eigenen Staatsangehörigen gleich.

Artikel 222

Dieser Vertrag läßt die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt.

Artikel 223

(1) Die Vorschriften dieses Vertrags stehen folgenden Bestimmungen nicht entgegen:
a) Ein Mitgliedstaat ist nicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seines Erachtens seinen wesentlichen Sicherheitsinteressen widerspricht;
b) jeder Mitgliedstaat kann die Maßnahmen ergreifen, die seines Erachtens für die Wahrung seiner wesentlichen Sicherheitsinteressen erforderlich sind, soweit sie die Erzeugung von Waffen, Munition und Kriegsmaterial oder den Handel damit betreffen; diese Maßnahmen dürfen auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen hinsichtlich der nicht eigens für militärische Zwecke bestimmten Waren nicht beeinträchtigen.

(2) Während des ersten Jahres nach Inkrafttreten dieses Vertrags legt der Rat einstimmig die Liste der Waren fest, auf welche Absatz 1 Buchstabe b Anwendung findet.

(3) Der Rat kann diese Liste einstimmig auf Vorschlag der Kommission ändern.

Artikel 224

Die Mitgliedstaaten setzen sich miteinander ins Benehmen, um durch gemeinsames Vorgehen zu verhindern, daß das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes durch Maßnahmen beeinträchtigt wird, die ein Mitgliedstaat bei einer schwerwiegenden innerstaatlichen Störung der öffentlichen Ordnung, im Kriegsfall, bei einer ernsten, eine Kriegsgefahr darstellenden internationalen Spannung oder in Erfüllung der Verpflichtungen trifft, die er im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Friedens und der internationalen Sicherheit übernommen hat.

Artikel 225

Werden auf dem Gemeinsamen Markt die Wettbewerbsbedingungen durch Maßnahmen aufgrund der Artikel 223 und 224 verfälscht, so prüft die Kommission gemeinsam mit dem beteiligten Staat, wie diese Maßnahmen den Vorschriften dieses Vertrags angepaßt werden können.

In Abweichung von dem in den Artikeln 169 und 170 vorgesehenen Verfahren kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die Kommission oder der Staat der Auffassung ist, daß ein anderer Mitgliedstaat die in den Artikeln 223 und 224 vorgesehenen Befugnisse mißbraucht. Der Gerichtshof entscheidet unter Ausschluß der Öffentlichkeit.

Artikel 226

(1) Während der Übergangszeit kann ein Mitgliedstaat bei Schwierigkeiten, welche einen Wirtschaftszweig erheblich und voraussichtlich anhaltend treffen oder welche die wirtschaftliche Lage eines bestimmten Gebietes beträchtlich verschlechtern können, die Genehmigung zur Anwendung von Schutzmaßnahmen beantragen, um die Lage wieder auszugleichen oder den betreffenden Wirtschaftszweig an die Wirtschaft des Gemeinsamen Marktes anzupassen.

(2) Auf Antrag des betreffenden Staates bestimmt die Kommission unverzüglich in einem Dringlichkeitsverfahren die ihres Erachtens erforderlichen Schutzmaßnahmen und legt gleichzeitig die Bedingungen und Einzelheiten ihrer Anwendung fest.

(3) Die nach Absatz 2 genehmigten Maßnahmen können von den Vorschriften dieses Vertrags abweichen, soweit und solange dies unbedingt erforderlich ist, um die in Absatz 1 genannten Ziele zu erreichen. Es sind mit Vorrang solche Maßnahmen zu wählen, die das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes am wenigsten stören.

Artikel 227

(1) Dieser Vertrag gilt für das Königreich Belgien, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, Irland, die Italienische Republik, das Großherzogtum Luxemburg und das Königreich der Niederlande.

(2) Für Algerien und die französischen überseeischen Departements gelten mit Inkrafttreten dieses Vertrags seine besonderen und allgemeinen Bestimmungen über
- den freien Warenverkehr,
- die Landwirtschaft, mit Ausnahme des Artikels 40 Absatz 4,
- den freien Dienstleistungsverkehr,
- die Wettbewerbsregeln,
- die in den Artikeln 108, 109 und 226 vorgesehenen Schutzmaßnahmen,
- die Organe.

Die Bedingungen für die Anwendung der anderen Bestimmungen dieses Vertrags werden binnen zwei Jahren nach seinem Inkrafttreten durch einstimmige Entscheidungen des Rates auf Vorschlag der Kommission beschlossen.

Die Organe der Gemeinschaft sorgen im Rahmen der in diesem Vertrag, insbesondere in Artikel 226, vorgesehenen Verfahren für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung dieser Gebiete.

(3) Für die in Anhang IV zu diesem Vertrag aufgeführten überseeischen Länder und Hoheitsgebiete gilt das besondere Assoziierungssystem, das im Vierten Teil dieses Vertrags festgelegt ist.

(4) Dieser Vertrag findet auf die europäischen Hoheitsgebiete Anwendung, deren auswärtige Beziehungen ein Mitgliedstaat wahrnimmt.

Artikel 228

(1) Soweit dieser Vertrag den Abschluß von Abkommen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Staaten oder internationalen Organisationen vorsieht, werden diese Abkommen von der Kommission ausgehandelt. Sie werden vorbehaltlich der Zuständigkeiten, welche die Kommission auf diesem Gebiet besitzt, durch den Rat geschlossen; dieser hört die Versammlung in allen Fällen, in denen der Vertrag dies vorsieht.

Der Rat, die Kommission oder ein Mitgliedstaat kann zuvor ein Gutachten des Gerichtshofes über die Vereinbarkeit des beabsichtigten Abkommens mit diesem Vertrag einholen. Ist dieses Gutachten ablehnend, so kann das Abkommen nur nach Maßgabe des Artikels 236 in Kraft treten.

(2) Die unter diesen Voraussetzungen geschlossenen Abkommen sind für die Organe der Gemeinschaft und für die Mitgliedstaaten verbindlich.

Artikel 229

Die Kommission unterhält alle zweckdienlichen Beziehungen zu den Organen der Vereinten Nationen, ihrer Fachorganisationen und des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens.

Sie unterhält ferner, soweit zweckdienlich, Beziehungen zu allen internationalen Organisationen.

Artikel 230

Die Gemeinschaft führt jede zweckdienliche Zusammenarbeit mit dem Europarat herbei.

Artikel 231

Die Gemeinschaft führt ein enges Zusammenwirken mit der Europäischen Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit herbei; die Einzelheiten werden im gegenseitigen Einvernehmen festgelegt.

Artikel 232

(1) Dieser Vertrag ändert nicht die Bestimmungen des Vertrags über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl, insbesondere hinsichtlich der Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten, der Befugnisse der Organe dieser Gemeinschaft und der Vorschriften des genannten Vertrags für das Funktionieren des gemeinsamen Marktes für Kohle und Stahl.

(2) Dieser Vertrag beeinträchtigt nicht die Vorschriften des Vertrags zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft.

Artikel 233

Dieser Vertrag steht dem Bestehen und der Durchführung der regionalen Zusammenschlüsse zwischen Belgien und Luxemburg sowie zwischen Belgien, Luxemburg und den Niederlanden nicht entgegen, soweit die Ziele dieser Zusammenschlüsse durch Anwendung dieses Vertrags nicht erreicht sind.

Artikel 234

Die Rechte und Pflichten aus Übereinkünften, die vor Inkrafttreten dieses Vertrags zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten einerseits und einem oder mehreren dritten Ländern andererseits geschlossen wurden, werden durch diesen Vertrag nicht berührt.

Soweit diese Übereinkünfte mit diesem Vertrag nicht vereinbar sind, wenden der oder die betreffenden Mitgliedstaaten alle geeigneten Mittel an, um die festgestellten Unvereinbarkeiten zu beheben. Erforderlichenfalls leisten die Mitgliedstaaten zu diesem Zweck einander Hilfe; sie nehmen gegebenenfalls eine gemeinsame Haltung ein.

Bei Anwendung der in Absatz 1 bezeichneten Übereinkünfte tragen die Mitgliedstaaten dem Umstand Rechnung, daß die in diesem Vertrag von jedem Mitgliedstaat gewährten Vorteile Bestandteil der Errichtung der Gemeinschaft sind und daher in untrennbarem Zusammenhang stehen mit der Schaffung gemeinsamer Organe, der Übertragung von Zuständigkeiten auf diese und der Gewährung der gleichen Vorteile durch alle anderen Mitgliedstaaten.

Artikel 235

Erscheint ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich, um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen, und sind in diesem Vertrag die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erläßt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der Versammlung die geeigneten Vorschriften.

Artikel 236

Die Regierung jedes Mitgliedstaates oder die Kommission kann dem Rat Entwürfe zur Änderung dieses Vertrags vorlegen.

Gibt der Rat nach Anhörung der Versammlung und gegebenenfalls der Kommission eine Stellungnahme zugunsten eines Zusammentritts einer Konferenz von Vertretern der Mitgliedstaaten ab, so wird diese vom Präsidenten des Rates einberufen, um die an diesem Vertrag vorzunehmenden Änderungen zu vereinbaren.

Diese Änderungen treten in Kraft, nachdem sie von allen Mitgliedstaaten gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften ratifiziert worden sind.

Artikel 237

Jeder europäische Staat kann beantragen, Mitglied der Gemeinschaft zu werden. Er richtet seinen Antrag an den Rat; dieser beschließt einstimmig, nachdem er die Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

Die Aufnahmebedingungen und die erforderlich werdenden Anpassungen dieses Vertrags werden durch ein Abkommen zwischen den Mitgliedstaaten und dem antragstellenden Staat geregelt. Das Abkommen bedarf der Ratifizierung durch alle Vertragsparteien gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften.

Artikel 238

Die Gemeinschaft kann mit einem dritten Staat, einer Staatenverbindung oder einer internationalen Organisation Abkommen schließen, die eine Assoziierung mit gegenseitigen Rechten und Pflichten, gemeinsamem Vorgehen und besonderen Verfahren herstellen.

Diese Abkommen werden nach Anhörung der Versammlung einstimmig vom Rat beschlossen.

Werden durch diese Abkommen Änderungen dieses Vertrags erforderlich, so müssen diese zuvor nach dem in Artikel 236 vorgesehenen Verfahren angenommen werden.

Artikel 239

Die diesem Vertrag im gegenseitigen Einvernehmen der Mitgliedstaaten beigefügten Protokolle sind Bestandteil dieses Vertrags.

Artikel 240

Dieser Vertrag gilt auf unbegrenzte Zeit.

Einsetzung der Organe

Artikel 241

Der Rat tritt binnen einem Monat nach Inkrafttreten dieses Vertrags zusammen.

Artikel 242

Der Rat trifft alle zweckdienlichen Maßnahmen, um binnen drei Monaten nach seinem ersten Zusammentreten den Wirtschafts- und Sozialausschuß einzusetzen.

Artikel 243

Die Versammlung tritt binnen zwei Monaten nach der ersten Sitzung des Rates auf Einberufung durch dessen Präsidenten zusammen, um ihr Präsidium zu wählen und ihre Geschäftsordnung auszuarbeiten. Bis zur Wahl des Präsidiums führt der Alterspräsident den Vorsitz.

Artikel 244

Der Gerichtshof nimmt seine Tätigkeit mit Ernennung seiner Mitglieder auf. Die Ernennung des ersten Präsidenten erfolgt nach dem für die Ernennung der Mitglieder geltenden Verfahren für die Dauer von drei Jahren.

Der Gerichtshof legt binnen drei Monaten nach Aufnahme seiner Tätigkeit seine Verfahrensordnung fest.

Der Gerichtshof kann nicht vor der Veröffentlichung der Verfahrensordnung angerufen werden. Die Fristen für die Klageerhebung laufen erst von diesem Zeitpunkt an.

Der Präsident des Gerichtshofes übt von seiner Ernennung an die ihm durch diesen Vertrag übertragenen Befugnisse aus.

Artikel 245

Mit Ernennung ihrer Mitglieder nimmt die Kommission ihre Tätigkeit auf und übernimmt gleichzeitig die ihr in diesem Vertrag übertragenen Aufgaben.

Mit Aufnahme ihrer Tätigkeit leitet die Kommission die Untersuchungen ein und stellt die Verbindungen her, die für die Erstellung einer Übersicht über die wirtschaftliche Lage der Gemeinschaft erforderlich sind.

Artikel 246

(1) Das erste Haushaltsjahr beginnt mit dem Inkrafttreten dieses Vertrags und endet am 31. Dezember desselben Jahres. Tritt der Vertrag in der zweiten Jahreshälfte in Kraft, so endet das Haushaltsjahr am 31. Dezember des folgenden Jahres.

(2) Bis zur Aufstellung des Haushaltsplans für das erste Haushaltsjahr zahlen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft unverzinsliche Vorschüsse; diese werden von den Finanzbeiträgen für die Durchführung dieses Haushaltsplans abgezogen.

(3) Bis zur Aufstellung des Statuts der Beamten und der für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaft geltenden Beschäftigungsbedingungen gemäß Artikel 212 stellt jedes Organ das erforderliche Personal ein und schließt zu diesem Zweck befristete Verträge.

Jedes Organ prüft gemeinsam mit dem Rat die mit der Zahl, der Vergütung und der Verteilung der Stellen zusammenhängenden Fragen.

Schlußbestimmungen

Artikel 247

Dieser Vertrag bedarf der Ratifizierung durch die Hohen Vertragsparteien gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften. Die Ratifikationsurkunden werden bei der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt.

Dieser Vertrag tritt am ersten Tag des auf die Hinterlegung der letzten Ratifikationsurkunde folgenden Monats in Kraft. Findet diese Hinterlegung weniger als fünfzehn Tage vor Beginn des folgenden Monats statt, so tritt der Vertrag am ersten Tag des zweiten Monats nach dieser Hinterlegung in Kraft.

Artikel 248

Dieser Vertrag ist in einer Urschrift in deutscher, französischer, italienischer und niederländischer Sprache abgefaßt, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist; er wird im Archiv der Regierung der Italienischen Republik hinterlegt; dieses übermittelt der Regierung jedes anderen Unterzeichnerstaats eine beglaubigte Abschrift.

    ZU URKUND DESSEN haben die unterzeichneten Bevollmächtigten ihre Unterschriften unter diesen Vertrag gesetzt.

    Geschehen zu Rom am fünfundzwanzigsten März neunzehnhundertsiebenundfünfzig.

P. H. SPAAK
J. Ch. SNOY ET
D'OPPUERS
ADENAUER
HALLSTEIN
PINEAU
A. FAURE
Antonio SEGNI
Gaetano MARTINO
BECH
Lambert SCHAUS
J. LUNS
J. LINTHORST HOMAN