Project eines Codicis Fridericiani Pomeranici

oder

Sr. Königl. Majestät in Preussen

Selbst vorgeschriebene Neuverfaßte Proces-Ordnung nach welcher Alle Processe in einem Jahr durch drey Instantzen zum Ende gebracht werden sollen.

Stettin

gedruckt bey Herm. Gottfr. Effenbarten.



(I) Vorbericht.

Seine Königliche Majestät in Preussen, haben aus einem allergerechtestem Trieb zur Justitz einen Plan formiret, wornach alle Processe in einem Jahr, durch alle Instantzen, abgethan und geendiget werden können und müssen.

Die Erfahrung hat auch gezeiget, daß die Sache möglich sey, indem bey der Regierung, Hof-Gericht, und Consistorio zu Stettin, nicht ein eintziger von denen 1600 Processen (worunter einige 200 und 250 Jahre gedauret) welche in dem vorigen Jahr geschwebet, übrig geblieben, sondern auch alle neue Processe von dem Januario, Februario und Martio dieses Jahres würcklich geendiget seyn.

Wie dann auch alle Processe bey dem Hof-Gericht zu Cöslin (welche sich im vorigen Jahr auf 730 belaufen) würcklich abgethan, und theils durch Vergleiche, theils durch Definitivas zu Ende gebracht, auch von denen neuen Processen des Monaths Januarii, Februarii und Martii keine oder wenige mehr übrig seyn.

Weil nun Sr. Königl. Majestät Intention dahin gehet, die Justitz auf einen beständigen und soliden Fuß zu setzen, so haben Sie allergnädigst befohlen, Dero Plan in eine ordentliche Process-Ordnung zu verfassen, alles was aus denen unzähligen Edicten in die Processualia einschlägt, derselben zu inseriren, und künftig, mit Aufhebung aller übrigen Edicten, eintzig und allein nach dieser Ordnung zu verfahren.

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(II) Damit aber diese Ordnung mit aller behörigen Sorgfalt eingerichtet werde, so haben Se. Königl. Majestät bewilliget, daß zuforderst ein Project von dieser Ordnung verfertiget und gedruckt werde, damit die Pommersche Collegia, und Dero getreue Land-Stände, auch Advocaten etc. ihre Monita darüber machen, und was etwa noch mehr zu Befoderung (!) einer wahren Justitz gereichen kan, an die Hand geben mögen.

Es müssen aber diese Monita an den Groß-Cantzler und Etats-Ministre von Cocceji eingesandt werden, da dann alle und jede Monita genau erwogen, und dem Befinden nach darauf reflectiret werden soll, allermassen ohnedem dieses Project, welches in der Eile verfertiget worden, in vielen Stücken geändert werden muß und soll.

Weil es aber mit dem Druck etwas langsam zugehet, hat man zur Gewinnung der Zeit sofort die bis ad Part. III. Tit. 6. abgedruckete Bogen zu distribuiren nöthig gefunden.

Stettin den 6ten Julii 1747.


1 Erster Theil. (Tit. I. §§. 1-2.)

Tit. I.

Von unserer Regierung in dem Hertzogthum und Fürstenthum Pommern Bestellung, und Vom Richterlichen Amt überhaupt.

§. 1. Nachdem Wir in unserm Hertzogthum Vor-Pommern die Regierung mit dem Hofgericht und Consistorio combiniret haben, so soll künftig nur ein Justitz-Collegium in Stettin gehalten, und die Regierung genant werden.

§. 2. Diese Regierung soll aus zweyen Senaten bestehen, und zwar

Der erste oder oberste Senat aus einem Præsidenten, einem adelichen, und zweyen bürgerlichen Regierungs-Räthen.

Der zweyte oder andere Senat soll mit einem Vice-Præsidenten, einem adelichen Rath, und zweyen bürgerlichen Räthen versehen werden: Welcher zweyte Senat auch die Consistorial-Processe respiciren soll.

Die geistliche Sachen aber, welche nicht zur Contradiction kommen, als die Examination und Ordinirung derer Prediger, Abnahme der Kirchen-Rechnung, Besorgung der Kirchen, Schulen, Hospitäler, und anderer piorum corporum etc. sollen in dem dritten Senat von dem Directore, dem General-Superintendenten, und zweyen Geistlichen versehen werden: So bald es aber zum Process komt, und Verhör darüber angesetzt werden muß, soll der Director die Sache an den zweyten Senat übergeben.

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2 Erster Theil. Tit. I. (§§. 3.-7.)

§. 3. Wir wollen auch Sechs Referendarios, halb adelichen, halb bürgerlichen Standes (wann sich dergleichen habile Subjecta finden) bestellen worvon zwey bey dem ersten Senat, zwey bey dem zweyten Senat, und zwey bey dem Consistorio gebraucht werden sollen. Von deren Amt und Function unten §.  . gehandelt werden soll.

§. 4. Wann sich auch junge geschickte Leute melden, welche als Auscultatores bey der Regierung admittiret zu werden suchen, wollen Wir gleichfals Sechse, halb adelichen, halb Bürger-Standes benennen, damit dieselbe sich zur künftigen Beforderung qualificiren können.

§. 5. Ferner wollen Wir unsere Regierung nicht mit alzuviel Subalternen überhäufen, sondern nur einen Protonotarium, drey Secretarien, welche zugleich die Registratur verstehen sollen, sechs Cantzelisten und so viel Copiisten bestellen. etc.

§. 6. Weil alles an dem Præsidenten und Vice-Præsidenten gelegen, und nimmermehr eine gute und redliche Justitz-Pflege zu hoffen ist wann die Chefs ihre Räthe und Advocaten nicht übersehen, die Unordnungen ändern, auch alle Chicannen coupiren können; So wollen Wir keine andere, als bekante, solide, und adeliche Personen, welche schon eine zeitlang in Justitz-Collegiis gesessen, derer Rechte und Landes-Verfassungen kundig, in praxi geübet, auch nebst der Gelahrsamkeit die behörige Activität und Authorität besitzen, zu diesen wichtigen Aemtern annehmen.

Wir wollen aber bey Vergebung dieser Chargen Uns daran, ob dieser oder jener Rath der nächste in der Ordnung sey, gar nicht binden: Allermassen Wir keinem Regierungs-Rath ein Recht in diese Chargen zu ascendiren zugestehen; sondern Uns nach Gefallen die Besetzung derselben vorbehalten.

Und wann Wir auch schon einem oder dem andern eine Exspectantz auf diese Aemter verleihen, wollen wir doch daran nicht gebunden seyn, vielmehr soll dieselbe als sub- et obrepirt gehalten werden.

Damit Wir aber auch von der Capacität des Præsidenten und Vice-Præsidenten völlig versichert seyn mögen; So sollen dieselbe (wann sie nicht schon vorhin die Proben, welche von einem Regierungs-Rath erfordert werden, und von welchen jetzo gleich gehandelt werden soll, ausgestanden) sich dem examini rigoroso unterwerfen.

§. 7. Wann eine Rathsstelle bey der Regierung erledigt worden, und sich einige Candidaten, sie mögen Referendarii oder Fremde seyn, darzu angeben, so sollen dieselbe

(1.) Bey unserm Cammer-Gericht in Berlin öffentlich aus denen schwersten Materiis derer Landes-Rechten einen morgen, und

(2.) Des andern Tags aus der Pommerschen Process-Ordnung examinirt werden. Hiernächst

(3.) Wann sie wohl bestanden, (dann wann es ihnen an der Theorie oder Praxi fehlet, sollen sie auf erfolgten Bericht sofort abgewiesen werden,) müssen sie überdem eine Probe-Relation aus einer weitläuftigen und wichtigen Sache verfertigen: Worbey ihnen zugleich

(4.) Ein Correferent zugegeben werden soll, welcher des Candidati Relation controlliren muß.

(5.) Diese beyde Relationes müssen in pleno verlesen, hiernächst über die Capacität des Candidati auf Eyd und Pflicht votirt, und das darüber gehaltene


4 Erster Theil. Ti. I. (§§. 7.-11.)

Protocoll dem Ministre, zu dessen Departement die Provintz gehöret, zum ferneren Vortrage eingeschicket werden. Es ist aber nicht genug, daß nach der bisherigen Gewonheit berichtet werde, daß dergleichen Candidati Hofnung von sich geben, daß sie durch ihre Application sich künftig qualificiren möchten: Weil Wir unsere Regierung mit Leuten besetzt wissen wollen, welche die behörige Qualitæten schon haben, nicht aber mit solchen, die die Capacität erst erhalten sollen.

(6.) Es muß aber ein jeder Candidat, welcher sich zu dergleichen Charge angibt, vor dem Examine 10 Rthl. erlegen, welche unter die Examinanten und Correferenten getheilet werden sollen.

(7.) Wann jemand sich durch einen andern Weg, als Wir hierinn vorgeschrieben, in die Regierung einschleichen solte, oder wohl gar von dem Examine und der Probe-Relation in Berlin Dispensation suchen und erhalten würde, muß das Collegium denselben nicht recipiren, sondern bey unsern Ministren vom Justitz-Departement Vorstellung thun, und, daß es wider den von uns selbst vorgeschriebenen Plan laufe, berichten.

Solte alsdann dem ohngeacht dessen Reception dem Collegio anbefohlen werden, so soll der Rath niemahls darbey sicher seyn, sondern das Rescript für sub- et obrepirt gehalten, und derselbe über kurtz oder lang nicht allein dimittirt, sondern auch angehalten werden, alles, was er an Besoldung und Sporteln erhalten, nebst dem Duplo dem Fisco erstatten.

(8.) Im übrigen wollen Wir zwar auf die Referendarios vor andern reflectiren, wann sie gleiche Capacität mit diesen haben. Wir wollen aber nicht daran gebunden seyn, sondern uns die Ersetzung der ledigen Stellen hierdurch ausdrücklich reserviren, allermassen dieselbe unter dem Vorwand, daß sie schon bey der Regierung mit gearbeitet, sich daher kein Recht anmassen sollen noch können.

§. 8. Es sollen keine Referendarii angenommen werden, wann sie nicht zuforderst bey der Regierung öffentlich examiniret worden, und in Theoria et Praxi eine ziemliche Wissenschaft erlangt, auch eine Probe-Relation abgestattet haben.

Wann die Regierung hievon Pflicht-mäßigen Bericht erstattet, und das Protocol mit denen Votis einschicket, wollen Wir wegen deren Reception nähere Verordnung ergehen lassen.

§. 9. Wir wollen auch keinen Auscultatorem in das Collegium admittiren, als welcher wenigstens 20 Jahr alt, von gutem Herkommen, und guter Conduite ist, auch seine Studia in Jure auf einer Königlichen Universität absolviret, und dieserwegen ein gutes Zeugniß von der gantzen Juristen-Facultät erhalten, anbey zu seiner Subsistentz einige Mittel hat.

Wann der Candidat diese Umstände bescheiniget, muß derselbe gleichfalls öffentlich bey der Regierung examiniret werden: Und wann sich einige Profectus bey ihm finden, wollen Wir auf erfolgten Bericht unsere Willens-Meinung wegen dessen Reception eröfnen.

§. 10. Mit dem Examine des Protonotarii soll es eben so, wie mit denen Räthen gehalten werden: Er muß auch überdem in Berlin bey dem Constitutioniren, und bey denen mündlichen Verhören einen Tag das Protocol führen.

§. 11. Weil wir zu denen Secretariaten künftig keine andere, als gelehrte und geschickte Leute, welche allenfalls die von Hofe aus erforderte Berichte legaliter und cum

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4 Erster Theil. Tit. I. (§§. 11.-19.)

rationibus verfertigen können, annehmen wollen; So sollen diejenige, welche sich zu diesen Chargen melden, eben so, wie die Räthe, die Probe ausstehen, und überdem in Berlin die in einem Tag abgefaßte schriftliche Decreta extendiren.

§. 12. Die Registratores müssen gleichfalls etwas vom Jure und dem Process verstehen, daher die Regierung dieselbe darüber examiniren, und von deren Capacité berichten, auch davor stehen muß.

§. 13. Zu Canzelisten sollen keine angenommen noch vorgeschlagen werden, welche nicht von bekannten ehrlichen Eltern gebohren (!), eine gute Erziehung und eine vernünftige Aufführung haben, zugleich aber auch eine gute und leserliche Hand schreiben, und einen lateinischen Terminum verstehen, d. i. die Classen durchgegangen seyn.

§. 14. Es ist aber bey Bestellung dieser Secretarien, Registratoren, und Cantzelisten unser ernstlicher Wille, daß wenn die Eltern von dieser Profession gewesen, und ihre Kinder darzu angezogen haben, diese jederzeit fremden præferirt, und uns in Vorschlag gebracht werden sollen.

§. 15. Die Canzeley-Diener können zwar von dem Præsidenten vorgeschlagen werden, er muß aber keine andere, als abgedanckte, oder blessirte Unter-Officierer, deren gute Conduite von dem Regiment, wo sie gestanden, attestirt wird, und die lesen und schreiben können, in Vorschlag bringen, und wenn sich dergleichen nicht finden, wollen wir auf erhaltene Nachricht dem Collegio dieselbe zuschicken.

§. 16. Vorgedachte unserer Regierung ertheilen Wir hiedurch eine volkommene Macht und Autorität, an unserer Statt, und in unserm allerhöchsten Nahmen alle Public- und Privat-Sachen, insonderheit aber, die derselben anvertraute geist- und weltliche Justitz- und Process-Sachen, wie dieselbe beschaffen seyn mögen, zu enscheiden, und zur gebührenden Execution zu bringen (et)c. Sie müssen aber die Processe, auf ihre theure geleistete Pflicht auf alle rechtliche Art, und nach dieser Ordnung zu verkürtzen, und dieselbe durch alle Instantzen in einem Jahr zum Ende zu bringen suchen; allen Menschen ohne Ansehen der Personen, Grossen und Kleinen, Reichen und Armen, gleiche und unpartheyische Justitz administriren, so wie Sie gedencken vor dem gerechten Richterstuhl GOttes solches zu verantworten, damit die Seufzer der Witwen und Waysen, auch anderer Bedrängten, nicht auf ihr und ihrer Kinder Haupt kommen mögen.

§. 17. Sie sollen auch auf keine Rescripta, wenn sie schon aus unserm Cabinet herrühren, die geringste Reflexion machen, wann darin etwas wider die offenbahre Rechte sub- et obrepirt worden, oder der strenge Lauf Rechtens dadurch gehindert und unterbrochen wird: Sondern sie müssen nach Pflicht und Gewissen weiter verfahren, jedoch von der Sache Bewandniß sofort berichten.

§. 18. Gleich wie Wir von wohlgezogenen und vernünftigen Räthen, insonderheit welche adelichen Herkommens seyn, nicht vermuthen (!), daß dieselbe ihre GOtt und Uns schuldige Pflicht dergestalt vergessen, und sich durch Geschencke und Versprechungen, oder durch Animosität, Freund- oder Feindschaft werden bewegen lassen, die Justitz zu verkaufen, oder eine offenbahre Ungerechtigkeit zu begehen; also wollen Wir, wann Uns dergleichen vorgebracht würde, Uns sofort nicht zu einigem Mißtrauen, vielweniger zu einer Ungnade gegen Sie bewegen lassen, sondern Sie zuforderst darüber zulänglich hören und vernehmen.

§. 19. Würde sich aber nach genauer Untersuchung finden, daß jemand sich durch Gift und Gaben habe bestechen lassen, so soll derselbe, er sey hohen oder niedrigen Standes,


5 ErsterTheil. Tit. I. (§§. 19.-28.)

als infam cassirt werden, und was er empfangen dem Fisco mit Beyfügung des Dupli anheim fallen. Worbey wir uns ausdrücklich vorbehalten, nach Beschaffenheit der Sachen und Umstände, den Richter mit Leib, und wol gar mit Lebens-Strafe zu belegen.

§. 20. Der Advocat oder Procurator welcher die Geschencke offerirt, oder seiner Parthey solche zu geben anrath, oder das Præsent würcklich einliefert, soll ewig zur Karre gebracht, oder auch, dem Befinden nach, gar am Leben gestraft werden.

§. 21. Wann ein anderer Unterhändler darunter gebraucht wird, derselbe soll mit einer starcken Geld-Busse, oder mit zeitlicher Vestungs-Arbeit belegt werden.

§. 22. Wann ein fiscalischer Bedienter davon einige Nachricht erhält, und einige nicht ungegründete Vermuthungen vorhanden seyn, muß er solches dem Præsidenten bey Strafe der Cassation anzeigen, welcher uns immediate davon, wann die Denunciation einigen Grund hat, berichten soll.

§. 23. Damit aber denen Richtern kein Vorwand übrig bleibe die Corruptiones zu bemänteln, so wollen Wir nicht allein würckliche angenommener Geschencke darunter begreifen; Sondern wann auch dergleichen nur versprochen, oder pro promovenda justitia, oder nach ausgesprochener Urthel pro studio et labore, oder unter was für einem Prætext es geschehe, offeriret werden. Ja wann sie auch nur in esculentis et potulentis bestehen.

§. 24. Unter die Corruptionen wollen Wir auch verstehen, wann des Richters Frau, Kindern, oder nahen Anverwandten etwas offeriret oder versprochen wird, es mag in Geld, Geldes Werth, oder einigen Beneficiis bestehen.

§. 25. Derjenige, welcher die Corruption würcklich angebracht soll Sachfällig declariret, und nicht weiter gefragt werden, ob die Sache recht oder unrecht sey: Welches auch statt haben soll, wann schon die Sententz zur Execution gebracht, und einige Zeit nachher die Corruption entdecket worden; und soll der gewinnende Theil ohne weiteres Verfahren zur Restitution angehalten werden.

§. 26. Es soll auch demjenigen der den Process verlohren hat frey stehen, binnen drey Tagen, nachdem das End-Urthel zu seiner Wissenschaft gekommen, dem Gegentheil und dessen Advocato, prævio juramento calumniæ, den Eid zu deferiren, daß er weder durch Gift und Gaben, noch durch Versprechungen einiger Erkäntlichkeit an die Richter, oder derer Angehörigen und Freunde, noch durch andere verbothene Wege das obsigliche Urthel erhalten habe.

§. 27. Wann der Regierung und deren Membris zwar keine Corruption, wohl aber eine aus Animositæt begangene offenbahre Injustitz imputiret wird, und bey der Untersuchung solches wahr befunden wird, so soll der Richter eben so wie vorhin geordnet ist als ein Meineidiger bestraft werden.

Im Fall aber die Ungerechtigkeit aus einer Ignorantz herrühret, soll der Rath dimittirt, und demjenigen, welcher über das Unrecht geklagt, die Kosten des gantzen Processes zu erstatten schuldig seyn.

§. 28. Weil aber die Unschuld auch sicher seyn, und von rechtschaffenen und unbefleckten Richtern alle Verunglimpfung abgelehnt werden muß, so soll es mit denen, welche denen Richtern dergleichen Corruption, oder sonst eine andere vorsetzliche offenbahre

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6 Erster Theil. Tit. I. (§§. 28.-30.) II. (§§. 1.-2.)

Ungerechtigkeit ohne Grund imputiren, und dieselbe nicht erweisen, folgendergestalt gehalten werden.

Wann es eine bürgerliche und nicht in dignitate constituirte Person ist, die den Richter einer Corruption oder vorsetzlichen Ungerechtigkeit beschuldiget, so soll dieselbe mit Staupen-Schlägen des Landes verwiesen; deren Advocat, auch der das Memorial unterschrieben, und der Concipient welcher das Memorial verfertiget, sollen mit gleicher Strafe belegt werden.

Wann es aber ein Edelmann, oder eine andere mit einem vornehmen Amt bekleidete Person ist, soll dieselbe von denen Revisoribus der Acten, wann der Richter unschuldig befunden wird, pro infami declariret werden, folglich ihres Amts verlustig gehen, dem Richter einen öffentlichen Wiederruf thun, und noch darzu nach ihrem Vermögen bis 2000 Rthlr. Geld-Strafe geben; und behalten Wir Uns bevor das Jus talionis befundenen Umständen nach noch weiter zu extendiren.

§. 29. Wann Frembe dergleichen Ehren-rührige Beschuldigungen in ihren Schriften vorgeben würden, sollen die Ober- und Unter-Gerichte Macht haben, dieselbe, wann sie unter ihrer Bothmaßigkeit anzutreffen seyn, so lange in Person zu arrestiren, bis dasjenige was wider sie erkannt ist zur Execution gebracht worden:

Wann sie aber weder unter ihrer Bothmaßigkeit anzutreffen seyn, noch auf richterliche Citation erscheinen, sollen sie in der Haupt-Sache nicht weiter gehöret, und auf des Gegentheils Ansuchen in Contumaciam verfahren, deren Ablieferungen per Requisitoriales verlanget, und wann dieselbe verweigert wird, dem Befinden nach derer Nahmen an den Galgen geschlagen werden.

§. 30. Schließlich muß in Abwesenheit des Præsidenten der Vice-Præsident, und wann dieser verhindert wird, der vorsitzende Rath, er mag adelichen oder bürgerlichen Standes seyn, das Directorium führen.

Tit. II.

Zu welcher Zeit die Regierung gehalten werden soll, und von denen Feriis.

§. 1. Es soll bey der Regierung viermahl Gerichts-Tag in der Wochen gehalten werden; nemlich den Montag, Mitwoch, Freytag und Sonnabend.

§. 2. In denen drey ersten Tagen, wird alles was gerichtlich verhandelt werden muß, vorgenommen; den vierten Tag, nehmlich des Sonnabends, werden die Verhöre die in der Woche übrig gebliben continuiret, und die Behörs-Bescheide und Urthel, auch andere Sachen, welche in der Wochen nicht haben referiret oder abgethan werden können, vorgetragen und expediret, wovon die Ordnung unten Tit.  . vorgeschrieben wird.


7 Erster Theil. Tit. II. (§§. 2.-7-) III. (§§. 1-2.)

Alle Sonnabend müssen auch die Criminal-Räthe die Inquisitions-Sachen in dem zweyten Senat vortragen, und die Criminal-Urthel berichtigen.

Den Dienstag und Donnerstag werden die geistliche Sachen verhandelt, wie solche Tit. I. §. 2. dem dritten Senat zugeeignet worden.

§. 3. An denen Sonn- Fest- und Buß-Tagen, sollen keine gerichtliche Handlungen vorgenommen werden, es wäre denn daß wegen Insinuation der Testamentorium, Interposition und Introduction der Appellationen, oder andern Fatalien halber, auch wegen Arreste, und sonst, die Sache keinen Verzug leiden wolte. Wie denn auch Contracte, Gedinge, Verträge und Vergleiche, auch andere willkührliche Handlungen die keiner gerichtlichen Solennität bedürfen, sonderlich nach verrichtetem Gottesdienst, wohl mögen errichtet und vollzogen werden.

§. 4. Es soll auch die Regierung in der Oster- Pfingst- und Christ-Woche jedesmahl 14 Tage, und in der Erndte 4 Wochen, nehmlich vom 20ten Julii bis den 20ten Augusti geschlossen seyn.

§. 5. In diesen letzen Ferien können nicht allein schriftliche Supplicata übergeben, sondern auch Tutores und Curatores bestellet, auch in Wechsel- und andern Sachen welche eine schleunige Expedition erfordern, Verhöre angesetzt, und was Unser Præsident und Räthe sonst nöthig erachten veranlasset werden.

Zu dem Ende müssen die gegenwärtige Räthe in der Wochen, und zwar des Mitwochs, und bey dem Consistorio des Donnerstags, einmahl zusammen kommen, und die ihnen distribuirte Memorialien referiren, auch was sonst vorkommen möchte abthun.

§. 6. Die Erndte-Ferien sollen nicht allein denenjenigen welche damit würcklich beschäftiget, sondern auch denen so damit nicht occupirt seyn, zustatten kommen.

§. 7. Die Partheyen können sich auch in andern nicht excipirten Fällen der Ferien begeben, und sich in den Process einlassen.

Tit. III.

Von dem Amte des Præsidenten.

§. 1.

Der Præsident muß en general alle Sachen und Handlungen welche zum Departement der Regierung gehören, so wohl in als ausser Gericht dirigiren, und beyde Senatus, nebst dem Consistorio, müssen demjenigen was er befiehlet gehorchen, gestalten derselbe allein die Memorialien und die Acta distribuiret, Re- und Correferenten bestellet etc.

§. 2. In Specie aber præsidiret er in dem ersten oder Ober-Senat, und muß darauf Achtung geben, daß die Ordnung von demjenigen was in pleno verhandelt werden soll, wie unten Tit.  . §.  . vorgeschrieben ist, genau beobachtet werde.

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8 Erster Theil. T. III. (§§. 3.-6.)

§. 3. In denen 4 Gerichts-Tagen muß er alle Morgen præcise um 8 Uhr, auf der Regierung sich einfinden, denen Audientzen vom Anfang bis zum Ende beywohnen, und sich ausser wichtigen Ursachen nichts davon abhalten lassen; Auch dahin sehen, daß die Räthe und Subalternen zu rechter Zeit bey der gesetzten Strafe erscheinen; Im übrigen aber in genere darauf Achtung geben, daß ein jeder sein Amt nach Anleitung der vorgeschriebenen Ordnung thue, gestalten er die Säumige privatim, oder, wann es nöthig, im Collegio ermahnen; wann dieses aber nicht helfen will immediate an Uns berichten soll. Inmassen Seine Königl. Majestät, wann Klage über die Bedienten geführet wird, und der Præsident solche nicht abstellet, oder nicht davon berichtet, sich an ihn halten werden.

§. 4. Er muß das Regierungs-Siegel in guter Verwahrung unter seinem Schloß halten, dasselbe in keiner andern als in denen Regierungs-Sachen gebrauchen, oder gebrauchen lassen, die Siegelung aber in seinem Hause durch die geschworne Cantzeley-Diener verrichten lassen; Alles was unter diesem Siegel ausgefertiget wird muß er unterschreiben, oder, wann er verhindert wird, solches dem Vice-Præsidenten, und in dessen Entstehung dem vorsitzenden Rath des ersten Senats anvertrauen.

§. 5. Er muß davor sorgen, daß die Cantzeley-Diener ihm alle Nachmittag die Specification derer Memoralien, den Tage-Zettul, und die Distributions-Bücher vorlegen müssen; Er muß auch sofort die Decernenten und Referenten beyfügen, und dahin sehen, daß in allen diesen Puncten nach der Ordnung wie solche unter Tit.  . §.  . vorgeschrieben worden, verfahren, die Decreta, Bescheide, und Urthel ohne Nachsicht verfertiget und publiciret, und die sämtliche Processe in einem Jahr geendiget werden.

§. 6. Wann Rescripta oder Cabinets-Ordres einlaufen, muß der Præsident dieselbe sofort dem Collegio publiciren, und dahin sehen, daß dasjenige was Wir darin anbefohlen haben, schleunig expediret und zur Execution gebracht werde.

Wann etwa Bericht darin erfordert wird, muß der Præsident nach beschehener Publication den Referenten sofort benennen, und davor sorgen, daß die Acta demselben, noch denselbigen Tag, zu Abfassung des Berichts zugestellet werden.

Und damit der Præsident wissen könne ob das befohlene zur Execution gebracht, oder der etwa erforderte Bericht abgestattet sey; So muß er sich eine besondere Tabelle der eingelaufenen Rescripten verfertigen, und 1.) die Nahmen der Partheyen, 2.) das Datum, und 3.) Præsentatum, 4.) contenta Rescripti, und 5.) den Decernenten, oder wann Bericht erfordert wird, den Referenten notiren etc. Diese Tabelle muß er beständig auf der Regierung vor sich liegen haben, und, wann der Bericht verlesen und approbiret worden, vor die Expedition sorgen, auch 6.) wenn solches geschehen, und 7.) der Bericht gesiegelt und auf die Post gegeben worden, dieses gleichfalls in die Tabelle eintragen.

Es muß aber der Præsident darauf Achtung geben, daß auch demjenigen, was vermöge des Decreti anbefohlen worden, nachgelebt werde; massen nicht genug ist, wenn z. E. von denen Unter-Gerichten Bericht darüber erfordert, oder der Parthey injungirt wird, dem Rescripto ein Genügen zu thun (et)c. sondern er muß dahin sehen, daß allen dergleichen Verordnungen ein Terminus sub pœna inserirt werde, binnen welchen Paritio docirt, oder der Bericht eingeschicket werden soll: Bis dahin muß der Præsident die Tabelle nicht weglegen.

Wann die Unter-Richter oder Partheyen hierunter säumig seyn, muß der Præsident die Straffe so fort beytreiben.


9 Erster Theil. Tit. III. (§§. 7.-12.)

§. 7. Wann Klage über das Verfahren der Regierung und deren Decreta geführet wird, insonderheit wenn es Officirs und Soldaten betrift, muß der Præsident Acta selber nachsehen, und die Kläger umständlich mit Rationibus bescheiden; Wann sie sich mit Gleich und Recht nicht begnügen wollen, sondern die Regierung weiter importuniren, muß er dem Commandeur davon Nachricht geben, und wann dieser dem Kläger keinen Einhalt thut, an Uns immediate berichten.

§. 8. Er muß die Einigkeit in dem Collegio fleißig zu unterhalten suchen, jedem ein freyes Votum verstatten, und dahin sehen, daß keiner dem andern in seiner Ordnung obloquire, und in die Rede falle; sondern daß einer gegen den andern sich aller gebührenden Bescheidenheit gebrauche: Würde sich aber jemand unterstehen sich anzüglicher und schimpflicher Reden zu gebrauchen, soll der Præsident dieserwegen, und wer den Anfang dazu gemacht, immediate an Uns berichten.

Wann die Räthe und Gerichts-Bediente unter sich in Streit und Uneinigkeit gerathen, soll keiner mit dem andern in Wortstreit sich einlassen, oder denselben zur Rede stellen, sondern derjenige, welcher sich offendiret zu seyn vermeynet, soll dem Præsidenten solches anmelden, welcher entweder allein, oder mit Zuziehung ein Paar Räthe, den Streit in Güte beylegen, oder in deren Entstehung dahin sehen muß, daß kein Scandalum und Verhinderung in denen gerichtlichen Verrichtungen daraus entstehe: Wann solches nicht zu hindern, muß der Præsident die Sache dem Collegio übergeben und rechtlich darüber erkennen lassen.

§. 9. Von Privat-Informationen der Partheyen, müssen sowohl der Præsident, als übrige Membra Collegii, sich enthalten: Um so vielmehr, da jetzo die Processe beschleuniget werden sollen, folglich dem Collegio die ohnedem benöthigte Zeit, durch dergleichen mündliche Informationes entzogen wird. Dahingegen einer jeden Parthey und deren Sachwalter frey stehet, durch ein pro Memoria über die Protraction der Justitz bey dem Præsident sich zu beschweren, oder sonst seine Nothdurft schriftlich vorzustellen, welcher darauf Acta selber nachsehen, und dem Befinden nach remediren muß.

§. 10. In denen Ferien muß der Præsident die gegenwärtige Räthe anhalten, daß sie einen Tag in der Wochen zusammen kommen, und die unterdessen eingelaufene Sachen (welche ihnen in denen Ferien distribuirt werden) vortragen, und decretiren, die fertige Relationes ablesen, auch die Verhöre, worinnen Periculum in mora, abwarten müssen.

§. 11. Der Præsident muß das Distributions-Buch beständig in der Audientz vor sich liegen haben, und nachsehen, ob auch die Relationes in der gesetzten Zeit verfertiget, und die Urthel publiciret worden, und sodann die Sache durchstreichen; Wiedrigenfalls aber sich nach der Ursache der Verzögerung erkundigen, und die Säumige zu ihrer Schuldigkeit anhalten.

§. 12. Er muß sich alle Monath die neue eingelaufene Processe so weit dieselbe noch nicht abgethan sein, vorlegen lassen. Eine jede besonders nachsehen, und examiniren, ob der Process von denen Advocaten von Anfang recht instruiret worden? ob und von wem die Sache verschlept werde? ob die Sache, insonderheit wann sie eine Kleinigkeit betrift, nicht zu vergleichen sey? etc. Er muß dem Befinden nach denen Advocaten und Decernenten, wann sie etwas versehen haben, solches ex officio anzeigen, und die erstere anweisen, wie sie die Sache beschleunigen, und zum Ende bringen sollen.

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10. Erster Theil. Tit. III. (§§. 13.20.)

§. 13. Er muß vor allen Dingen auf die Depositen-Casse Achtung geben, alle Monath dieselbe durch ein Paar Räthe visitiren, und darüber ein Protocol halten lassen, und, nach Anleitung der Constitution von denen Depostitis, vor deren Sicherheit sorgen.

§. 14. Es muß der Præsident auch auf die Advocaten genaue Achtung geben, daß sie in gehörigen Schrancken gehalten weden, und von ihnen dasjenige worzu Wir die Advocaten unten Tit.  . §.  . angewiesen, genau beobachtet, dieselbe auch, wenn sie dagegen handeln, mit denen darauf gesetzten kleinen Strafen belegt werden, allermassen der Præsident davor stehen soll.

Im Fall einer oder der andere von denen Advocaten die ihm vorgeschriebene Pflicht nicht beobachtet, soll der Præsident solches im Collegio vortragen, da dann, wann das Collegium davon berichtet, der Advocat sofort ohne weitere Untersuchung der Ursache dimittirt werden soll.

§. 15. Die Advocaten müssen alle Jahr dem Præsidenten eine Tabelle von ihren Processen einliefern, wie solche oben Tit. I. §. 6. vorgeschrieben worden.

§. 16. Es muß auch der Præsident ein wachsames Auge auf die Fiscæle haben, und den Advocatum Fisci anhalten, daß er alle Monath die eingelaufene Listen derer fiscælischen Processe ihm zustellen müsse: Diese Listen muß der Præsident sorgfältig examiniren, und nachsehen, ob nach der Criminal-Ordnung in denen specificirten Sachen verfahren sey.

Im Fall einer oder der andere sein Amt nicht thut, muß der Præsident davon berichten, da dann der säumige Fiscalis sofort dimittiret werden soll.

§. 17. Der Præsident muß auch auf die Unter-Gerichte fleißig Achtung geben, und sich erkundigen, ob die Justitz daselbst auch kurtz und gut, und ohne grosse Kosten administriret werde. Gestalten die Räthe, wann Sachen per appellationem von denen Unter-Gerichten an die Regierung gelangen, bey ihren Relationen solches jederzeit genau anmercken, und dem Præsidenten anzeigen müssen, ob in dem modo procedendi eine Irregularität sich herfür thue; da dann durch ein besonderes Rescript der Unter-Richter zu mehrerer Regularität angewiesen, und dem Befinden nach gestraft werden soll.

§. 18. Alles was zu Beförderung der Justitz gereichen kan muß unser Præsident bey allen Audientzen fleißig anmercken, insonderheit die Mißbräuche welche bey denen Processen einschleichen, oder welche ihm von denen Räthen und Subalternen angezeigt werden, notiren, und die Remedur besorgen; allenfalls aber, und wenn er nicht remediren kan, oder wann eine Aenderung in einem und andern Punct zu machen, mit dem Collegio solches überlegen, und davon berichten.

§. 19. Es muß also der Præsident in genere Recht und Gerechtigkeit handhaben, alle Passionen und Neben-Absichten bey Seite setzen, den Armen sowohl als denen Reichen strenges Recht, ohne Ansehen des Standes, wiederfahren lassen, insonderheit aber vor Gift und Gaben sich hüten, weshalb derselbe auf dasjenige was oben in Tit. I. §. 18. et seq. versehen ist, verwiesen wird.

§. 20. Weil auch verschiedene Tabellen zu gewissen Zeiten nach der bisherigen Gewohnheit zu verschiedenen Zeiten eingeschicket werden müssen, so muß der Præsident davor sorgen.


11 Erster Theil. Tit. III. (§§. 20.-21.)

I. Daß alle Jahr im Januario Uns zugefertiget werden

1.) Die gewöhnliche Process-Tabellen.

2.) Die Tabelle von den Depositen.

3.) Die Tabelle von denen Getauften und Gestorbenen.

Und um Trinitatis

4.) Die Liste betreffend die Straf-Gelder.

II. Alle Quartal

1.) Die Liste der abgethanen und verglichenen Processe, wie viel noch vorhanden, und von welchem Jahr, auch wer die Advocaten seyn.

2.) Die Criminal- und fiscalische Tabellen.

Und III. Alle Monath

1.) Eine Tabelle von denen in denen Audientz-Tagen erschienenen und abwesenden Räthen.

§. 21. Schließlich muß der Præsident bey Antretung seines Amts sich mit nachfolgenden Eyd verbindlich machen:

Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friderich Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, obersten Hertzog in Schlesien etc. etc. meinem allergnädigsten Könige und Herrn etc. Nachdem Seine Königl. Majestät mich zum Præsidenten der Pommerschen und Caminischen Regierung allergnädigst bestellet und angenommen, daß Seiner Königlichen Majestät ich will getreu, gehorsam und gewärtig seyn, Dero Bestes wissen und fördern, Schaden und Nachtheil aber nach Vermögen warnen und abwenden; So will ich auch Meinem Præsidenten-Amt Inhalts der neuen Regierungs-Ordnung getreulich und redlich vorstehen, nach gemeinen beschriebenen Rechten, ehrbahren und guten Ordnungen, Begnadungen, Statuten und Gewohnheiten, sofern dieselbe vorkommen und beglaubet werden, meinem besten Verstande nach, männiglichen hohen und niedrigen Standes, ohne Ansehen der Personen, gerne hören, gleich urtheilen, mich weder Furcht, Dräuung, Gewalt, Befehl, eigene Geschäfte, Liebe, Neid, Freund- oder Feindschaft, Gabe oder andere Sachen, in was Nahmen es immer geschehen möchte, nicht bewegen lassen, auch mit niemanden einigerley Anhang im Urtheilen suchen noch machen, von den Partheyen so für Gericht zu handeln oder zu thun haben, oder andern ihrentwegen kein Geschenck, Gabe, Nutzung, durch mich selbst oder andere nehmen, oder in meinen Nahmen nehmen lassen, keiner Parthey rathen oder Warnung thun, die Heimlichkeiten der Rathschläge und Gerichts den Partheyen oder andern, für oder nach der Urthel nicht eröfnen, die Sachen und Urthel böser Meynung nicht vorziehen, sonsten auch auf die Mängel bey dem Gerichte fleißige Aufmerckung haben, dieselbige abschaffen, die, zum Gerichte und in der Cantzley verordnete Personen, zu fleißiger Abwartung ihres Amts fleißig ermahnen und anhalten, das Siegel so Seiner Königliche Majestät mir anvertrauen, in guter Verwahrung halten, und davor sorgen wolle daß alle Processe in einem Jahr, so viel es nach menschlichn Vermögen geschehen kan, zum Ende gebracht werden; daß ich auch sonsten alles thun und verrichten will, was einen aufrichtigen getreuen Regierungs-Præsidenten gebühret und wohl anstehet; Alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mit Gott helfe durch Jesum Christum etc.

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12 Erster Theil. Tit. IV. (§§. 1.-7.) V.

Tit. IV.

Von dem Amt des Vice-Præsidenten.

§. 1. Der Vice-Præsident præsidiret bey dem zweyten Senat, wann dieser in die Neben-Stube abgetreten ist: Wie er dann auch, wann der Præsident abwesend ist, oder sonst verhindert wird, dessen Stelle bey dem ersten Senat versehen soll.

§. 2. Er muß des Morgens um 8 Uhr sich in der Regierung einfinden, und sich ohne des Præsidenten, und wann er ausser der Provintz verreisen will, ohne Unsere Special-Bewilligung nicht absentiren.

§. 3. Er muß die ihm von dem Præsidenten zugeschriebene Relationes gleich denen andern Räthen mit übernehmen, wie er dann auch aus denen ihm zugeschriebenen Memoralien den Vortrag im Collegio thun muß.

§. 4. So bald die mündliche Verhöre geschlossen, muß sich der Vice-Præsident mit seinen Räthen in die Neben-Stube verfügen, und die Bescheide über die gehaltene Protocolla verfertigen, die Behörs-Bescheide nebst denen Relationen zu sich nehmen, wohl verwahren, und in den Tage-Zettul einsetzen lassen, damit solche in der nächsten Audientz publiciret werden können.

§. 5. Er muß auch davor sorgen, daß die Räthe seines Senats die ihnen distribuirte Acta zu rechter Zeit referiren, solche mit behörigen Fleiß ausarbeiten, und den Bescheid nach denen Majoribus abfassen: Er muß auch ferner sorgen, daß die abgefaßte Bescheide dem Proto-Notario sofort verschlossen eingeliefert, auch in der nächsten Audientz publiciret werden.

§. 6. Damit aber der Vice-Præsident wissen möge, was für Sachen dem zweyten, Senat distribuirt worden, und daher Achtung geben könne, daß alle Bescheide und Urthel zu gehöriger Zeit referiret werden, so soll ihm alle Tage eine Specification von denen dem zweyten Senat distribuirten Sachen, und darin verordneten Referenten von dem Registratore verschlossen communiciret werden.

§. 7. Der Vice-Præsident muß bey seiner Reception eben den Eyd abschweren, welcher dem Præsidenten vorgeschrieben worden.

Tit. V.

Von dem Amt des Consistorial-Directoris.


13. Erster Theil. Tit. V. VI. (§§. 1.-5.)

Weil wegen der geistlichen Sachen eine besondere Consistorial-Ordnung verfertiget worden, wo von dem Amt des Directorii gehandelt wird, so wollen Wir uns lediglich darauf beziehen.

Tit. VI.

Von dem Amt derer Regierungs-Räthe.

§. 1.

Unsere Regierungs-Räthe sollen des Morgens præcise um 8 Uhr auf der Regierung erscheinen, oder 8 Gr. in die Armen-Büchse erlegen, zu welchem Ende die Sessions-Listen monathlich eingeschickt werden sollen. Sie müssen auch bis zum Ende in der Audientz bleiben, und währender Session nicht ohne wichtige Ursachen aus der Audientz-Stube gehen, noch sich mit denen Advocaten oder andern bereden.

Wann sie wegen Kranckheit nothwendiger Weise, oder andern erheblichen Ursachen nicht erscheinen können, müssen sie die Ursach dem Præsidenten schriftlich anzeigen, und an Eydes statt solche bekräftigen.

§. 2. Die Memorialien, welche ihnen distribuiret werden, müssen die Räthe mit Bedacht zu Hause lesen, mit denen Acten (welche zu dem Ende jederzeit beygefüget werden) conferiren, die Contenta auf einem besondern Zettul extrahiren, das Decret darunter schreiben, und des andern Tages in pleno daraus vortragen, die Suplicanten auf alle und jede Puncte klar und deutlich bescheiden, auch, wann sie nach den angeführten Umständen etwas unrecht bitten, dieselbe was sie thun sollen anweisen, und, wann wider die Acta und Jura geschrieben wird, die Partheyen und den Advocaten mit Gelde, oder Gefängniß bestrafen.

§. 3. Insonderheit müssen die Räthe auf die libellos actionum genau Achtung geben, ob die Sache nach der denen Advocaten gethanen Vorschrift instruiret, die Vollmacht besorget, die Documenta beygeleget, und die Conclusion auf die Præmissa recht eingerichtet sey: Wann solches nicht geschehen, müssen sie den Libellum mit der gewöhnlichen Bestrafung zurück geben, und den Kläger, wie er allenfalls seine Action anstellen müsse, anweisen.

§. 4. Auf diejenige Memorialien, worinn die Fiscæle anfragen ob eine General- oder Special-Inquisition anzustellen, müssen die Räthe mit besonderer Behutsamkeit die Resolutiones abfassen, die Qualitatem denunciationis, und die darin enthaltenen Indicia, genau und gewissenhaftig examiniren, und sich überall nach dem fiscalischen Reglement (vid. Tit.  . §.  .) achten.

§. 5. Wann Remedia von denen Unter-Gerichts-Bescheiden gesucht werden, muß der Decernente nicht sofort ein Communicetur darauf verordnen, oder die Justification abwarten; sondern, wann nach dieser Ordnung die Remedia nicht statt finden, den Provocanten schlechterdings abweisen, und den Advocaten in 10. bis 20. Rtlr. Strafe condemniren.

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14 Erster Theil. Tit. VI. (§§. 5.-10.)

Wie dann auch, wann die Sache sich zu denen Remediis nur ad effectum devolutivum qualificirt, dem Unter-Richter, welcher die Execution fortzusetzen gehalten ist, kein Einhalt geschehen muß.

Gleiche Bewandniß hat es mit denen Appellationen, welche an das Tribunal gelangen: dergestalt, daß wann jemand in verbothenen Fällen, oder welche keinen Effectum devolutivum haben, appellirt, das Collegium non attenta appellatione mit der Execution verfahren, jedoch sofort dem Tribunal die Ursache anzeigen soll.

§. 6. Wann aus denen Memorialien sich hervor thut daß der Gegentheil dagegen gehöret werden muß, und die Umstände so beschaffen, daß bey einem anzusetzenden Verhör die Sache, als zu weitläuftig, loco oralis verwiesen werden dürfte, so soll der Decernente zu Ersparung der Zeit keinen Terminum ansetzen, sondern sofort, nach Beschaffenheit der Sachen, dieselbe loco oralis von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen, oder von 3. zu 3. Wochen verweisen, und zwar mit der Formul:

Communicetur dem Gegentheil, cum Mandato wie gebethen, eventualiter aber seine Exceptiones binnen 3. oder 8. oder 14. Tagen (et)c. a die insinuationis loco oralis einzubringen, und haben alsdann beyde Theile binnen gleicher Zeit loco protocolli zu schliessen.

Die Secretarii müssen eine accurate Specification von denen Sachen, welche dergestalt loco oralis verwiesen worden, verfertigen, und alle Gerichts-Tage dem Præsidenten vorlegen.

§. 7. Bey dem Constitutioniren oder mündlichem Vorträgen derer zur Instruction des Process gehörigen Memorialien, müssen die Räthe auf den Vortrag der Advocaten genau Achtung geben, auch so viel nöthig davon annotiren, und dahin sehen, daß die Decreta legaliter darauf verfertiget werden. Vid. Tit.  . §.  .

Wann die von denen Advocaten geschehene mündliche Proposition altioris indaginis ist, und eine nähere Untersuchung bedarf, und daher auf Verhör provocirt wird, oder dergleichen ex officio zu veranlassen nöthig ist; So soll (wie vorhin bey denen schriftlichen Decretis versehen) die Sache per Decretum loco oralis verwiesen werden, und zwar mit diesem Formular:

Weil die Sache eine nähere Untersuchung bedarf, wird dieselbe loco oralis von 3. zu 3. Tagen (et)c. verwiesen.

§. 9. Hauptsächlich aber müssen bey denen mündlichen Verhören die Räthe desjenigen Senats, wohin die Sache gehöret, das Protocoll mitführen, auch keine Allotria tractiren, noch andere Sachen lesen.

§. 10. Die Räthe sollen in ihren Votis nicht nach ihrem vielleicht irrigen Gewissen und Gutdüncken, sondern auf des Landes Rechte, Constitution, Abscheide, Mandat, Land- und Religions-Frieden und unsern Landes-Ordnungen, Landtags-Abschiede, ehrbare Statuta und Gewohnheiten, auch gemeine und sonderbare Unserer Vorfahren und Unsere gegebene Privilegia und Begnadigungen, die für sie gebracht werden, vermöge und nach Weisung ihres Eydes (et)c. Urthel und Bescheide aussprechen, und sollen weder Frucht noch Dräuen, Gewalt, Befehl, Geschäfte oder andere Sachen, von wem und in was Nahmen solches immer geschehen möchte, sich davon verhindern lassen, sondern jedermänniglich, wes Standes oder Condition er sey, Armen und Reichen, ohne Neben-Absichten, nach Eyd und Pflicht gleichmäßiges Recht wiederfahren lassen.


15 Erster Theil. Tit. VI. (§§. 10.-14.)

Im Fall einer von den Räthen in Abfassung der Urthel sich nicht nach denen vorgeschriebenen Rechten achten, sondern sich öffentlich in seinen Votis der Singularität oder Eigensinnigkeit gefährlicher Weise und pertinaciter befleissen, seine Meynung contra majora quovis modo zu behaupten und durchzutreiben suchen, auch Vota zu captiren oder zu erlangen extra judicium sich bemühen, oder auch sonst seinem Amt dieser Unserer Ordnung gemäß nicht genung (!) thun würde, denselben wollen Wir bey der Regierung nicht dulden, sondern davon abweisen.

§. 11. Damit auch die wenige Räthe nicht mögen abgehalten werden, alle ihre Application auf die Administration der Justitz zu wenden, so wollen Wir sie mit allen Commissionen, welche nicht in loco judicii expediret werden können, verschonen, imgleichen dieselbe mit keinen Vormundschaften, Curateln, Beyständen unmündiger, Witwen, und anderer Personen beladen: Wie Sie sich auch von selbst davon entschlagen müssen, es wäre denn, daß sie vermöge der Rechte angebohrener Verwandschaft halber sich damit zu beladen schuldig.

§. 12. Welcher Rath einer Parthey mit Bluts-Freundschaft oder Schwägerschaft in quarto gradu secundum computationem civilem zugethan, oder wegen eines bey der Sache habenden Interesse, z. E. daß er, kein Mitbelehnter wäre, oder seine nächste Anverwandten eine gleiche Sache hätten, daß er eventualiter die Eviction præstiren müste, oder wann er mit der Parthey in öffentlicher Feindschaft stünde (et)c. muß sich der Rath von selbsten bescheiden, daß er sich seines Voti enthalten, und, wann die Sache vorgetragen wird, einen Abtritt nehmen müsse. Dahero denen Parthen und denen Sachwaltern frey stehet bey Zeiten und in Geheim dem Præsidenten mit Benennung der Ursache solches anzuzeigen, welcher den Rath anweisen soll sich des Voti zu enthalten.

Wann aber der Rath causam recusationis läugnen solte, muß der Præsident die Sache näher untersuchen, und dieselbe allenfalls an das Collegium bringen, welches causas recusationis summarie und in einem præclusivischen Termino hören, auch den Recusanten, wann das Collegium causas recusationis nicht gegründet finden solte, nachdrücklich bestrafen muß, wogegen kein Remedium verstattet werden kan.

Es soll aber unter die causas recusationis die blosse Oblatio ad juramentum perhorrescentiæ, oder der Vorwand, daß der Rath ihm vorher nicht nach Gefallen decretiret oder Bescheid ertheilet habe, nicht gerechnet werden.

§. 13. Damit auch allerley Nachrede und Verdacht vermieden werden möge, so sollen die Räthe, und andere Verwandte des Gerichts, mit denen Partheyen und Advocaten keine tägliche und verdächtige Gemeinschaft und Familiarität haben, noch sich mit ihnen von Rechtshängigen Sachen in Disputation und Rede einlassen, oder von ihnen einige Privat-Information einziehen, auch niemanden der Rechts-hängige Sachen hat in Dienste nehmen.

§. 14. Die Räthe müssen sich in allen Sachen, welche zu der Regierung Cognition gehören, bey Strafe der Cassation, alles Advocirens und Consulirens enthalten, es wäre dann, daß die Sache sie selbst, oder diejenige, die ihnen mit Bluts-Freundschaft und Schwägerschaft in dem vorhin angesetzten Grad zugethan seyn, angehe, welchenfalls ihnen unverbothen ist, denenselben mit Rath an die Hand zu gehen.

Jedoch, daß sie sich alsdann und in solchen Fällen aller Function und Verrichtung in judicio enthalten.

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16 Erster Theil. Tit. VI. (§§. 15-18.)

§. 15. Die Räthe, und alle andere Gerichts-Personen, sollen alles so im Rath gehandelt, votirt und beschlossen wird, und zu jemanden Præjuditz gereichet, bis in ihr Grab geheim und verschwiegen halten: Und wann jemand überführet würde, daß er was einer oder der andere votiret hat offenbaret hätte, (worüber derjenige der einige Nachricht davon erhalten, und sich dessen geäussert, eydlich vernommen werden soll) so muß der Præsident solches immediate an Uns berichten, und darüber Verhaltungs-Befehle erwarten.

§. 16. Desgleichen sollen sie die Acta und die gerichtliche Händel, so ihnen zu referiren gegeben worden, für ihre Frauen, Diener und Haus-Gesinde nicht liegen lassen, sondern in geheimen Acht und Verwahrung halten, damit niemand dazu komme, und die Partheyen und Advocaten, wer die Referenten seyn, oder wie das Urthel lauten werde, vor Eröfnung desselben eine Erfahrung und Wissenschaft erlangen mögen.

Sie sollen auch keine Acta über Feld nehmen, sondern wann sie verreisen, dem Registratori alle bey sich habende / Acta, vermittelst einer Specification bey 5 Rtlr. Strafe einliefern.

Wie dann auch niemand Acta ad referendum ohne vorhergehende Distribution an sich nehmen, auch diejenige, die ihm einmahl distribuiret worden, ehe er sie referiret, nicht wieder weggeben muß.

§. 17. Wann eine Sache, welche zum ordentlichen Schrift-Wechsel verwiesen worden, distribuiret wird, muß der Referent binnen 14 Tagen solche endigen; Es wäre dann, daß die Sache sehr weitläuftig und wichtig wäre, auf welchen Fall der Præsident ihm noch 8 Tage Dilation geben kan.

Im Fall die Räthe durch rechtmäßige Vorfälle abgehalten würden, die Relation in der gesetzten Zeit zu verfertigen, müssen sie sofort die Ursachen dem Præsident anzeigen, und solche an Eydes statt bekräftigen, da ihnen alsdann noch einige Tage verstattet werden sollen.

Wann aber die Verhinderung lang währen solte, muß der Præsident einem von denen Referendariis die Relation zu verfertigen anbefehlen, demselben aber, wann kein Correferent benennet ist, einen andern Rath beyfügen.

Die ihnen zugetheilte Acta müssen die Räthe mit Fleiß verlesen, die Acta keinem andern Assessori, vielweniger einem Fremden zu Verfertigung der Relation hingeben, oder deren Bedencken erfordern.

Diejenige / Sachen, welche loco oralis verwiesen seyn, müssen nach geschehener Distribution binnen 8 Tagen expediret, und das Urthel verfertiget werden.

Mit dem Modo referendi muß es auf die Weise, wie unten Tit.  . §.  . vorgeschrieben ist, verfahren werden.

§. 18. Die Bescheide und Urthel müssen die Räthe über alle und jede streitige Puncten klar und deutlich abfassen, damit denen Partheyen alle Gelegenheit benommen werde Declarationem sententiæ zu suchen, anbey die Rationes decidendi denenselben jederzeit inseriren. Wann aber die Sache zum ordentlichen Schrift-Wechsel verwiesen worden, müssen die Rationes decidendi auf einem besondern Bogen beygefüget, und


17 Erster Theil. Tit. VI. (§. 18.-24.)

im Fall auch auf einen Eyd erkannt würde, die Formula juramenti jederzeit der Sententz mit inseriret werden.

§. 19. Wann aus denen Acten referiret wird, müssen die übrigen Räthe fleißig zuhören, keine andere Sachen vornehmen, das Factum und die Haupt-Rationes dubitandi et decidendi notiren, damit sie auf ihren geleisteten Eyd ihr Votum mit reinen Gewissen ertheilen können; Und muß der Præes Senatus hauptsächlich darauf Achtung geben.

§. 20. Wann eine Sache zum votiren herum gehet, muß kein Rath dieselbe über 3 Tage bey sich behalten, oder vor jeden Tag 1 Flr. in die Sportul-Casse erlegen; auch zu dem Ende den Tag wann er Acta erhalten, und wann er sie wieder weggeschicket, auf das Votum notiren.

§. 21. Die Räthe müssen sich hüten, daß sie Unsere Unterthanen nicht mit unnöthigen Processen fatigiren, oder ihre Creditorès und andere Kläger mit ungegründeten Exceptionibus, Incident-Puncten und Chicannen aufhalten, weil Wir denenjenigen, welche gesetzet seyn andern Recht zu schaffen, die Chicanne zu coupiren, und die Processe zu beschleunigen, nimmermehr verstatten werden in ihren eigenen Sachen (wie bisher geschehen) auf eine unerlaubte Art den Gegentheil herum zu führen, sondern, wann Wir Nachricht davon erhalten, sollen dieselbe sofort ihrer Dienste erlassen, und der Præsident, daß er denenselben keinen Einhalt gethan, zur Verantwortung gezogen werden.

Damit aber denen Räthen alle Gelegenheiten zu dergleichen Chicannen um desto mehr benommen werden, so stehet einer jeden Parthey frey in dergleichen Sachen die Action bey dem geheimen Justitz-Rath einzubringen, oder, wann Sie Beklagte ist, um Remission der Klage dahin zu bitten.

§. 22. Wann es aber mit einem Rath (die Præsidenten [et]c. eingeschlossen) dahin kommt, daß er von vielen Schuldnern belanget wird, und derselbe ein Moratorium suchet, oder die Sache sich zum Concurs anlässet, soll sofort an Uns berichtet, und er dem Befinden nach seines Amtes erlassen werden, weil es so bedencklich als gefährlich ist dergleichen Leuten die Justitz in Händen zu lassen.

§. 23. Wann ein Rath wahrnimmt daß ein Process in Confusion oder zur Weitläuftigkeit gerathen möchte, stehet ihm frey die Advocaten oder die Partheyen selbst vorzufordern, denenselben die unvermeidliche Suiten und Kosten des Processes vorzustellen, sie zur Güte oder wenigstens zum Compromis zu bewegen, allenfalls dieselbe anzumahnen, daß sie die Indicent-Puncte coupiren, und die Sache so viel möglich ad definitivam instruiren sollen.

§. 24. Die Räthe müssen auf die Unter-Gerichte fleißig acht haben, und sorgen daß die Justitz bey denenselben kurtz und ohne grosse Kosten administriret werde. Zu welchem Ende die Räthe bey denen einlaufenden Actis primæ instantiæ die Mängel anmercken, und, wann die Sache daselbst ohne Noth weitläuftig gemacht oder verschleppet worden, die Advocaten und Richter zu besserer Beobachtung ihrer Pflicht anhalten, auch dem Befinden nach mit einer Straf belegen müssen.

Im Fall auch sonst Klagen gegen die Unter-Gerichte wegen protrahirter oder denegirter Justitz, oder wegen übermäßiger Sportuln geführt werden solten, müssen die Räthe, wann sie es nöthig finden, und die Sache von einiger Wichtigkeit ist, Acta

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18 Erster Theil. Tit. VI. (§§. 24-26.)

abfodern, solche nachsehen, und entweder den Richter, wann er schuldig, oder den muthwilligen Kläger, wann er zur Ungebühr geklaget, bestrafen.

§. 25. Weil die Sportuln, welche bishero die Præsidenten, Räthe, und Subalternen bey denen hiesigen Justitz-Collegiis genossen, billig unter die hauptsächliche Ursachen der verfallenen Justitz gerechnet werden können; so finden Wir nöthig dieselbe alle aufzuheben und eine besondere Casse zu errichten, worein alle Sportuln, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, (als Siegel-Groschen, Succumbentz-Gelder, Urthels- Confirmations- Concessions- Dispensations- Commissions-Gebühren, item Arrhæ, und was bey Versieglung, Inventirung, Ueberreichung der Testamenter, Abhörung der Zeugen (et)c. gegeben wird, Lehns- und Land-Buchs- wie auch Consistorial-Sportuln und alle Expeditions-Gebühren, wie sie in der Sportul-Ordnung enthalten seyn, kleine Strafen [et]c.) eingebracht werden sollen, weil Wir Unsern Bedienten zulängliche Besoldungen reichen lassen.

Es müssen zu dem Ende die expedirende Secretarii über eine jede Sache eine besondere Rechnung halten, und die Copialien mit dazu setzen, dieselbe alle Monath denen Advocaten zustellen, welche ihren Partheyen die Rechnungen mit der ersten Post zusenden, die promte Bezahlung denenselben einbinden, auch daß solches geschehen, dociren sollen. Wann die Bezahlung binnen der Zeit nicht erfolget, soll dem Land-Reuter anbefohlen werden, dieselbe abzufordern.

Die Copialien müssen nicht mit in den Kasten geleget, sondern denen Cantzelisten bey der Einlieferung der Gelder zugestellet, und die Gebühren von der Rechnung abgeschrieben werden.

Denen fremden Partheyen kan dieses nicht zu statten kommen, sondern dieselbe müssen ehe von ihnen eine Klage angenommen wird einen tüchtigen Caventen schaffen, welcher vor die Cantzley-Gebühren stehen muß, und von welchem der Land-Reuter, wann er auf erhaltene Nachricht binnen 14 Tagen die Gebühren nicht bezahlet, dieselbe abfordern kan.

Wann der Advocat sich selbst zum Caventen angiebt, soll er zwar angenommen werden, er muß aber weder Pfand noch baares Geld zur Caution dafür nehmen.

Es stehet auch der fremden Parthey frey eine gewisse Summe (welche aber sich niemahlen über 20 Rthlr. belaufen soll,) zu deponiren, wovon die Sportuln alle Monath genommen werden können; worüber Rechnung geführet, und das Residuum bey Strafe doppelter Erstattung dem Fremden ohne die geringste Chicanne restituiret werden soll.

§. 26. Schließlich müssen sich die Regierungs-Räthe bey Antretung ihres Amts mit folgendem Eyd verbindlich machen:

Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friderich Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, obersten Hertzog in Schlesien etc. etc. meinem allergnädigsten Könige und Herrn etc. Nachdem Seine Königliche Majestät mich vor Dero Vorpommerschen und Caminischen Regierungs-Rath gnädigst bestellet und angenommen, daß höchstgemeldter Seiner Königlichen Majestät ich will getreu, hold und gewärtig seyn, Dero Bestes und Frommen in allen befordern, Schaden und Nachtheil aber warnen, und nach meinem besten Vermögen abwenden, wie auch in Dero Vorpommerschen und Caminischen Regierung auf gewöhnliche und ordinari Rechts-Tage, auch gütlichen Vorbescheiden und Handlungen den gerichtlichen Audientzien beywohnen, wann es


19 Erster Theil. Tit. VI. (§. 26) VII. (§§. 1.-3.)

die Noth erfordert, und von der Regierung begehret wird, in der Raths-Stube aufwarten, Acta, Supplicationes, und was mir sonsten unter die Hand gegeben, oder vom Præsidenten aufgetragen wird, mit Fleiß lesen, extrahiren, getreulich referiren, dabey alleine Gott, die Gerechtigkeit und Billigkeit für Augen haben, nach gemeinen beschriebenen Rechten, ehrbahren und guten Ordnungen, Begnadungen, Statuten und Gewohnheiten, sofern dieselben fürkommen und begläubiget werden, meinem besten Verstande nach, männiglichen hohes und niedriges Standes gleich urtheilen, mich weder Furcht, Dräuen, Neid, Gabe, Freundschaft oder andere Sachen, in was Nahmen das immer geschehen möchte, nicht bewegen lassen, auch mit Niemand keinerley Anfang oder Beyfall in Urtheilen suchen noch machen, von den Partheyen, so für mir zu Rechten oder zu handeln haben, oder von ihrentwegen, kein Geschencke, Gabe oder Nutzung durch mich selbst, oder andere nehmen, oder in meinen Nutz nehmen lassen, unter was Gestalt oder Schein das geschehen möchte, keiner Partheyen rathen oder Warnung thun, die Heimlichkeiten oder Rathschläge des Gerichts den Partheyen oder andern, für oder nach dem Urtheil nicht eröfnen, die Sachen und Urtheil aus Vorsatz nicht verzögeren, und was mir sonsten von Seiner Königlichen Majestät wegen, von denen verordneten Directoren anbefohlen und committiret wird, mit getreuem Fleiß verrichten, auch dahin mit sehen wolle, daß alle Process in einem Jahr, soviel es nach menschlichen Vermögen geschehen kan, zum Ende gebracht werden; und sonsten alles das thun, was einem getreuen Regierungs-Rath, Inhalt der Ordnung oblieget und gebühret, auch sonsten wohl anstehet; Alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. VII.

Vom Amte derer Referendarien und Auscultatoren.

§. 1. Wir haben nöthig gefunden, wegen der jetzo geringen Zahl der Räthe bey einem jeden Senat zwey Referendarios, halb adelichen halb bürgerlichen Standes zu setzen. (Vit. Tit. 1. §. 3.)

§. 2. Diese Referendarien sollen bey dem Constitutioniren und denen Verhören das Neben-Protocoll führen, und des Nachmittags die Decreta darunter schreiben, welches denen Acten beygelegt werden soll.

Wie dann auch einer von ihnen, wann der Protonotarius verhindert wird, das Haupt-Protocoll überall zu führen schuldig ist.

Und stehet es lediglich bey dem Præsidenten wem er dieses aufzutragen gut findet; allermassen derjenige, welche sich hierunter unwillig erweiset, sofort dimittiret werden soll.

§. 3. Wann die Menge der geschlossenen Sachen zu groß ist, oder einer von denen Referenten durch Kranckheit oder Abwesenheit verhindert wird seine Relation

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20 Erster Theil. Tit. VII. (§§. 3.-8.) VIII. (§§. 1.-3.)

ex actis zu verfertigen, so stehet dem Præsidenten frey die Referendarios mit zur Arbeit zu ziehen, auch die Memorialien denenselben zuzuschreiben.

§. 4. Weil die Regierungs-Räthe mit auswärtigen Commissionen nicht beladen werden sollen, so müssen diese Referendarii (wann in der Nähe des Orts keine Rechts-erfahrne Land-Räthe, Bürgermeister, Syndici etc. fürhanden, als welche zu Erspahrung der Kosten für andern dazu zu adhibiren seyn) dazu gebraucht werden.

§. 5. Es sollen diese Referendarii kein Votum, auch keinen Character noch Rang eines Regierungs-Raths (wann sie solche nicht vorher gehabt, oder besonders erhalten) haben. Jedoch soll ihnen der Rang für allen Subalternen verstattet seyn.

§. 6. Ausser diesen Referendariis haben Wir auch nöthig gefunden bey einem jeden Senat zwey Auscultatores, halb adelichen halb bürgerlichen Standes, ohne Titul und Rang zu bestellen, welche sich zur künftigen Beförderung qualificiren, und nebst der Theorie auch den Praxin zu lernen suchen müssen.

§. 7. Wann diese Auscultatores sich eine Zeitlang geübet, und das Collegium von deren Capacitæt versichert ist, stehet dem Præsidenten frey, dieselbe bey geringeren Sachen und Commissionen, auch bey Distribution derer Memorialien mit zu gebrauchen.

§. 8. Beyde, so wohl die Referendarii als Auscultatores, müssen an Eydes statt versprechen, verschwiegen zu seyn, und in denen ihnen aufgetragenen Sachen nach denen Rechten und dieser Ordnung zu handeln und zu verfahren.

Tit. VIII.

Von dem Amt des Protonotarii.

§. 1. Der Protonotarius soll Achtung geben, daß alles bey der Cantzley in guter Ordnung gehalten werde: Wann also einiger Mißbrauch sich einschleichen oder einige Unordnung vorgehen solte, muß er die Bedienten glimpflich ihrer Schuldigkeit erinnern, wann sie sich aber nicht daran kehren, muß er dem Præsidenten die Sache melden.

§. 2. Der Protonotarius muß das Haupt-Protocoll bey denen Verhören und bey dem Constitutioniren führen, auch bey Verfertigung derer Decreten gegenwärtig seyn, und die Decreta denen Constitutions-Protocollis beyschreiben; folglich, da er überflüßig zu thun hat, keine andere Function, auch keine Commissionen übernehmen.

§. 3. Der Protonotarius muß in denen Audientz-Tagen des Morgens früh præcise um 8 Uhr, und des Nachmittags um 3 Uhr, bey 8 Gr. Strafe sich auf der Regierung einfinden, vor geendigter Session und Arbeit nicht weggehen, vielweniger gar weg bleiben.


21 Erster Theil. Tit. VIII. (§§. 3.-12.)

Wann er aber wegen wichtiger Ursach (die er dem Præsidenten schriftlich und an Eydes statt anzeigen muß) nicht erscheinen kan, muß der Præsident einen von denen Referendariis unterdessen dazu benennen.

§. 4. Der Protonotarius aber muß in Sachen die ihm und seine Verwandten angehen, oder darin er Advocando bedient gewesen, sich des Protocollirens und anderer gerichtlichen Handlungen enthalten.

§. 5. Was die Advocaten proponiren, soll der Protonotarius so wie es vorgetragen wird, von Wort zu Wort, so viel es zur Sachen dienet, protocolliren, und stehet es nicht in seinen Gefallen die Vorträge zu contrahiren oder abzukürtzen.

§. 6. Der Protonotarius muß sich alle Audientz-Tage mit denen expedirenden Secretariis zusammen thun, und diejenige Sachen, welche zum Verhör verwiesen worden, in einen richtigen Tage-Zettul bringen, die Termine nach Gelegenheit des Tage-Buchs, und nachdem die Partheyen weit oder nahe wohnen, ansetzen: und niemahls mehr als 10. Verhöre auf einen Tag verzeichnen: auch kein Verhör über drey Wochen hinaus setzen.

§. 7. Das Haupt-Protocoll oder Urthel-Buch muß in dem verordneten Schranck verwahret bleiben, und niemand abgefolget werden, sondern wann eine von Gerichts-Verwandten-Personen sich darinn zu ersehen hat, so muß solches an geordneter Gerichts-Stelle geschehen.

§. 8. Wann auch von denen Partheyen Briefe, Siegel und andere Schriften produciret werden, soll der Protonotarius solche sofort nebst einer Specification denen Registratoren zustellen, welche dieselbe fleißig verwahren, auch denen Advocaten auf ihr Begehren eine Recognition darüber ertheilen sollen.

§. 9. Wann ein Eyd abzuschweren, muß der Protonotarius denselben nach Anleitung derer ergangenen Abschiede einrichten, und nichts ab- oder darzu thun, solchen denen Partheyen vorher, ob sie noch etwas darbey zu erinnern haben, vorzeigen, auch wann einige lateinische Wörter darinn enthalten, solche denenjenigen, welche der Sprache nicht mächtig seyn, erklären.

§. 10. Der Protonotarius wie auch die beyden Secretarii sollen den Rang gleich nach denen bürgerlichen Regierungs-Räthen haben, folglich allen andern Titular-Räthen vorgehen.

§. 11. Der Protonotarius muß die Deposita in richtiger Ordnung halten, und überall sich nach dem Depositen-Edict achten.

§. 12. Schließlich muß sich der Protonotarius mit folgendem Eyd verbindlich machen:

Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friderich Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, obersten Hertzog in Schlesien etc. etc. meinem allergnädigsten Könige und Herrn etc. Nachdem Seine Königl. Majestät mich zu einem Protonotario in Dero Vorpommerschen und Caminischen Regierung allergnädigst bestellet und angenommen, daß höchstgemeldter Seiner Königlichen Majestät ich will getreu, gewärtig und gehorsam seyn, Dero und Dero Königlichen Hauses Nutzen und Besten suchen und befordern, Schaden und Nachtheil verhüten, und meinen besten Vermögen nach abwenden. Ich will auch meinen aufgetragenem Amte mit getreuen Fleisse obliegen,

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22 Erster Theil. Tit. VIII. (§. 12.) IX. (§§. 1.-5.)

der Partheyen Fürträge und Gerichts-Acta, desgleichen alle Briefe, Schriften und Abschriften getreulich protocolliren, aufschreiben und verwahren; Urkunde, Briefe und anders so gerichtlich eingebracht bey dem Gericht und Acten behalten, dieselbe oder deren Abschriften ohne Befehl des Præsidenten, oder so dessen Stelle vertreten möchte, niemand geben, noch sonst was zu der Partheyen Sachen gehöret, jemanden eröfnen und lesen lassen, alle Heimlichkeit des Raths und Gerichts gäntzlich verschweigen, keiner Parthey wider die andere Verwarnung thun, Nachricht geben, noch rathen, von Partheyen oder von andern ihrentwegen in Rechts-hängenden Sachen, oder so meines wissens bald Recht-hängig werden möchten, kein Geschenck oder Gaben nehmen, oder durch die Meinigen nehmen lassen, unter was Prætext und Schein das geschehen möchte, an der Gebühr so mir verordnet mich genügen lassen, darüber nichts nehmen, noch jemanden damit entweder selbst, oder durch meine Bediente oder Schreiber übersetzen, und sonst alles das thun und lassen, was einem getreuen Protonotario nach Inhalt der Regierungs-Ordnung wohl anstehet und gebühret. Alles getreulich sonder Gefährde. So wahr mit Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. IX.

Von denen Secretariis.

§. 1. Die Secretarii müssen alle Morgen um 8 Uhr, bey 1 Flr. Strafe auf der Regierung sich einfinden, und ohne Erlaubniß nicht davon gehen, auch nach geendigter Audientz sich jederzeit in die Verhör-Stube verfügen, und nachsehen ob noch einige decretirte Sachen vorhanden seyn.

§. 2. Sie müssen was auf den Memorialien decretiret worden, ungesäumt extendiren, sich nach dem Decret richten, darinn aus Gunst oder Mißgunst nicht zu weit gehen, nichts auslassen, auch von dem Ihrigen nichts hinzuthun, die Memorialien mit Fleiß lesen, die Contenta recht erwegen, darnach das Concept formiren, den Punct worüber suppliciret wird, deutlich im Rescript benennen, folgends was geschrieben revidiren und nachsehen, denen Partheyen was decretiret ist vor der Ausfertigung nicht zeigen, und die expedirte Sachen verschlossen dem Præsidenten zur Versiegelung zu senden.

§. 3. Die Decreta müssen sie nicht zu Hause, sondern auf der Regierung entweder desselben Morgens, oder, wann sie nicht fertig werden können, des Nachmittags expediren, und die Extensiones mit eigener Hand ad acta schreiben; auch die Zeit, wann die Expedition zur Mundirung hingegeben worden, auf die Expedition notiren.

§. 4. Sie müssen sich in Sachen die sie oder ihre Verwandten angehen, oder worin sie zuvor advocirt haben, alles expedirens und anderer gerichtlichen Handlungen enthalten, und solche dem andern Secretario überlassen.

§. 5. Wie sie dann auch bey Strafe der Cassation keine Correspondentz in Process-Sachen mit den Partheyen unterhalten, vielweniger denenselben mit Consiliis an die Hand gehen, Supplicationes machen, vor sie sollicitiren (et)c. vielweniger vor die Räthe Relationes verfertigen, oder deren Vota und ander Geheimnisse der Regierung jemand entdecken sollen.


23 Erster Theil. Tit. IX. (§§. 6.-14.)

§. 6. Sie müssen die expedirte Sachen alle Morgen durch einen Aushang denen Parthen kund machen, solche aber keinem Procuratori (als welche Wir gäntzlich bey denen Processen abgeschaft haben) sondern bloß denen Bedienten der Advocaten abfolgen lassen.

§. 7. Auch müssen sie jederzeit die Taxe der Gerichts-Gebühren auf die Extension setzen, über jede Sache ratione der Gebühren richtige Rechnung halten, solche alle Monath denen Advocaten zusenden, und wann die Bezahlung erfolget, die Gelder in Gegenwart des Controlleurs in den Kasten legen, und alle Monath denen Deputirten Rechnung darüber ablegen.

§. 8. Wann die Secretarii finden solten daß der Decernent nicht über alle Puncten verordnet, oder daß sonst etwas wegen einiger ihnen bekanten Umständen dabey zu erinnern wäre; so stehet ihnen frey dieserwegen bey dem Decernenten anzufragen, und ratione expeditionis näheren Verhaltungs-Befehl einzuhohlen.

§. 9. Die Secretarii müssen nebst dem Protonotario alle Tage den Tage-Zettel, wie solcher Tit. VIII. §. 6. vorgeschrieben ist, berichtigen, und dafür sorgen daß mit Ansetzung der Termine die behörige Behutsamkeit gebraucht werde.

Und diesen Tage-Zettul müssen sie durch den Cantzley-Diener des Abends um 3 Uhr dem Præsidenten zur Benennung der Referenten vorlegen.

§. 10. Was die Cantzelisten mundiren müssen die Secretarii nachsehen, und die Copeyen collationiren, die decretirte Schriften aber denselben Tag in die Registratur remittiren, damit dieselbe sofort ad acta geheftet werden können.

§. 11. Die Secretarii müssen sich eines geziemenden Cantzley-Styli gebrauchen, imgleichen die Titulatur wohl in Acht nehmen, und die Aufschriften also einrichten, daß ein jeder wissen könne ob der Befehl ihn angehe, oder an einen andern gerichtet sey: Wie dann die Advocaten angewiesen werden, die Vor- und Zunahmen der Partheyen und ihre Bedienungen, so viel möglich, in ihren Memorialien anzumercken.

§. 12. Wann ihnen von denen Parthen etwas zu vidimiren oder zu collationiren übergeben wird, müssen sie die Collation mit gehörigen Fleiß verrichten, und unter der Abschrift mit eigener Hand die Richtigkeit attestiren, und dafür stehen; worauf das Regierungs-Siegel beygefüget werden soll.

§. 13. Sie müssen auch für die Expeditiones nichts vor sich nehmen, sondern mit ihrem, aus der Sportul-Casse ihnen destinirtem Quanto zufrieden seyn. Und wann sich äussern solte, daß die Secretarii hierwider gehandelt, und von Partheyen welche Processe haben per directum vel indirectum, unter was für Prætext es sey, wann es auch pro promovenda expeditione, oder die Sache zu recommandiren geschicht, ein Geschencke nehmen würden, oder dasjenige, was sie vor Versiegelung, Aufnehmung der Testamente (et)c. bekommen, nicht getreulich zur Sportul-Casse einliefern; sollen dieselbe als Perjuri ohne alle Gnade cassiret, und sie sowohl, als der Donator und die Unterhändler, überdem mit einer ansehnlichen Geld-Strafe belegt werden.

§. 14. Der Lehns-Secretarius muß sich alles Decretirens enthalten, und bloß dasjenige, was ihm von der Regierung (wo künftig alle Lehn-Sachen vorgetragen werden sollen) befohlen wird, expediren, in denen Sachen aber wo sein Gutachten erfordert wird muß er solches nach Eyd und Pflicht erstatten.

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28. Erster Theil. Tit. IX. (§. 15.) X. (§§. 1.-4.)

§. 15. Die Secretarii sollen sich mit nachfolgenden Eyd verbindlich machen:

Ich N. N. gelobe und schwere dem Allerdurchlauchtigsten, Großmächtigsten König und Herrn, Herrn Friderich Könige in Preussen, Marggrafen zu Brandenburg, obersten Hertzog in Schlesien etc. etc. meinem allergnädigsten Könige und Herrn etc. Nachdem Seine Königliche Majestät mich zu einen Secretario bey Dero Vorpommerschen und Caminschen Regierung allergnädigst bestellet und angenommen, daß höchstgemeldter Seiner Königlichen Majestät ich will getreu, gewärtig und gehorsam seyn, Dero Königlichen Hauses Nutzen schaffen und befördern, Schaden und Nachtheil aber verhüten, und meinen besten Vermögen nach abwenden. Ich will auch meinem aufgetragenem Amt mit getreuem Fleiß obliegen, der Partheyen Fürträge und Gerichts-Acta, dergleichen nebst dem Protonotario alle Briefe, Schriften und Abschriften getreulichst protocolliren, aufschreiben und verwahren, Uhrkunde (!), Briefe und anders so gerichtlich einbracht, bey dem Gerichte behalten, dieselbige, oder derer Abschriften ohne Befehl des Gerichts-Verwalters, oder so dessen Stelle vertreten möchte, niemand geben, noch sonst was die Partheyen angehet, eröfnen noch lesen lassen, alle Heimlichkeiten des Raths und Gerichts gäntzlich verschweigen, keiner Parthey, wider die andere Warnung thun, Nachricht geben noch rathen, von den Partheyen oder von andern ihrentwegen in Rechts-hängenden Sachen, oder so meines wissens bald Recht-hängig werden möchten, kein Geschenck noch Gaben nehmen, oder von den Meinigen, oder anderen für mich oder die Meinigen nehmen lassen, unter was Prætext oder Schein das geschehen möchte, an der Gebühr so mir verordnet, mich genügen lassen, darüber nichts nehmen, noch jemand damit entweder selbst, oder durch meine Bediente oder Schreiber übersetzen, und sonsten alles das thun und lassen, was einem getreuen Regierungs-Secretario nach Inhalt der Regierungs-Ordnung wohl anstehet und gebühret; Alles getreulich und sonder Gefährde. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. X.

Von denen Cantzelisten.

§. 1. Die Cantzelisten müssen um 8 Uhr bey 8 Gr. Strafe sich auf der Regierung einfinden, und vor geendigter Session nicht weggehen, auch des Nachmittags von 3. bis 4. Uhr wieder herauf kommen.

§. 2. Dieselbe müssen alle Befehl, Citationes, und alles was unter dem Siegel ausgefertiget wird, selber schreiben.

§. 3. Sie fertigen auch die Copeyen aus, und schreiben auf jeder Seite 24. Zeilen, müssen auch die Buchstaben nicht zur Ungebühr extendiren.

§. 4. Was die Cantzelisten nicht schreiben, müssen sie durch die uns mit Eyd und Pflicht verwandte Copisten abschreiben lassen: Worzu Leute welche eine leserliche und correcte Hand schreiben können, und einen lateinischen Terminum verstehen, genommen, und mit Eydes-Pflicht belegt werden sollen, daß sie der Ordnung nachleben, und dasjenige was ihnen zu schreiben anvertrauet geheim halten wollen.


25 Erster Theil. Tit. X. (§§. 5.-10.) X. (§§. 1-2.)

§. 5. Was die Copisten abschreiben, müssen sie auf ihre Pflicht revidiren, und daß es collationiret, darunter geschrieben.

§. 6. Die Cantzelisten und Copisten sollen alles in der Cantzelisten-Stube schreiben, und nichts mit nach Hause nehmen. Wann es aber die Nothdurft erfordert, insonderheit bey kurtzen Tagen, daß sie ausserhalb schreiben müssen, sollen ihnen nicht die gantze Acta, sondern allein das Stück so zu copiiren nach Hause mit zu nehmen verstattet werden.

§. 7. Es soll kein Cantzelist und beeydigter Schreiber in Parthey-Sachen bedient seyn, oder für dieselbe sollicitiren, noch denselben von ihrer Verrichtung Part geben.

§. 8. Wann die expedienda expedirt seyn, müssen sie zu ihrer Justification das Datum und die Stunde, wann sie die Sache empfangen und dem Secretario wieder eingeliefert, unter das Concept notiren.

§. 9. Kein Cantzelist soll über die Schreib-Gebühren einiges Geschencke, es mag Nahmen haben wie es will, wann es ihnen auch gutwillig offeriret wird, nehmen; keiner Parthey dienen, noch vor dieselbe solicitiren, und wann sich dergleichen Verdacht äussern solte, muß der Præsident sich sorgfältig darnach erkundigen, und davon berichten, da dann der Schuldige cassirt und über dem an Geld oder am Leibe gestraft werden soll.

§. 10. Die Cantzelisten sollen mit folgenden Eyd belegt werden:

Ich N. N. schwere zu Gott etc. daß ich meinem Amte mit Lesen, Schreiben, Ingrossiren und Copiiren, treuen Fleisses obseyn, darinnen keine Gefährde gebrauchen, die Heimlichkeit der Regierung, als abgefassete Urthel, Decrete und Rescripte, dann auch eingebrachte Kundschaft, Protocolle, Regierungs-Handlung und Schriften niemand eröfnen, oder anders als der Ordnung gemäß lesen lassen, noch ohne Erlaubniß der Regierung davon Copey ertheilen, deswegen und sonst auch kein Geschencke von jemand fodern, heischen oder nehmen, im übrigen alles das thun was einen getreuen Cantzelisten wohl anstehet, getreulich und ohne Gefährde. So wahr mit Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. XI.

Von denen Cantzley-Dienern.

§. 1. Gleich wie des Bothenmeister-Charge bey der neuen Einrichtung gantz unnöthig ist, als soll dieselbe hierdurch aufgehoben seyn, und hingegen zwey Cantzley-Diener angenommen werden, deren einer bey denen Regierungs- der andere zu denen Justitz-Sachen gebraucht werden soll.

§. 2. Diese Cantzley-Diener müssen von ehrlichen Herkommen und bekandter guter Aufführung seyn, auch aus abgedancketen Unter-Officieren, welche lesen und

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26 Erster Theil. Tit. XI. (§§. 2.-9.) XII.

schreiben können, gewählet und vorgeschlagen werden. Sie müssen die Cantzley-Stube rein halten, und alle Morgen vor 8 Uhr sich bey dem Præsident einfinden, ob etwas zu verrichten sey von ihm vernehmen, auch præcise um 8 Uhr sich auf der Rath-Stube einfinden.

§. 3. Vor denen Behören lieset der Cantzley-Diener den Tage-Zettul ab, wie er unten Tit.  . §.  . vorgeschrieben ist.

§. 4. Wann sie die Advocaten zu denen Behören, oder andre zu melden haben, müssen sie von denen Leuten weder etwas fordern noch nehmen.

§. 5. Es muß beständig einer in der Audientz-Stube währender Verhöre aufwarten, damit er wenn Acta verlangt werden bey der Hand sey, ausserdem aber muß er vor der Thür aufwarten.

§. 6. Sie müssen niemanden unangegeben und ohne Erlaubniß in die Audientz-Stube lassen, auch, wann die Räthe abwesend, keiner Parthey oder deren Bedienten den Zutritt über die Sachen so auf dem Tische liegen, bey Strafe der Cassation, verstatten.

§. 7. Die mündliche Citationes müssen sie selber verrichten, darüber ein richtiges Manual halten, und die Relation davon denen Registratoren thun, welche insinuationem ad acta registriren müssen.

§. 8. Wann des Morgens die Advocati die decretirte Sachen nicht abfordern lassen, müssen sie des Nachmittags die rückständige zu sich nehmen, und denenselben insinuiren, und die Gebühren von denen Advocaten fodern.

§. 9. Unser Regierungs-Cantzeley-Diener soll geloben und schweren, seinem Amte mit allem treuen Fleisse vorzustehn, die Briefe, wie ihm befohlen, getreulich zu bestellen, auch andere Unserer Regierung Befehle mit Fleiß und getreulich auszurichten, was ausgericht wieder anzusagen, auf das Gericht und Audientz gut aufmercken zu haben, Unserer Regierung verwandte Personen zu ehren, ihnen gehorsam und gewärtig zu seyn, niemand ohne Befehl in die Rahts-Stube (!), oder über die da liegende Briefe und Acta gehen zu lassen, als dem es Amts halber zustehet. Und, wann er des Raths oder Gerichts Heimlichkeit und Rathschläge erfahren würde, dasselbe zu verschweigen, die Partheyen daraus nicht zu warnen, oder denselben zu rathen, von den Partheyen über seinen gewöhnlichen und gebührlichen Lohn nichts zu nehmen, und sonst alles andere zu thun und zu lassen, das einem getreuen Cantzeley-Diener seines Amts halben, Inhalt dieser Ordnung und sonst gebühret, alles ungefährlich.

Tit. XII.

Von dem Amt des Advocati Fisci und übrigen Fiscælen.


27 Erster Theil. Titel XII. (§§. 1.-7.)

Wir haben zur Beobachtung der fiscælischen Sachen einen Advocatum Fisci, und drey Fiscæle allergnädigst bestellet, welche ebenfalls, wie die andere Advocaten examiniret werden, und sich zu diesem Amte auf gleiche Weise qualificiren sollen.

§. 1. Der Advocatus Fisci soll die Direction über die übrigen Fiscæle haben, auf deren Conduite Achtung geben, und dieselbe zu Beschleunigung der Inquisitions- und fiscælischen Processe anhalten; zu welchem Ende diese am End eines jeden Monaths eine Specification von allen fiscalischen und Inquisitions-Processen demselben bey 5 Rthlr. Strafe einsenden müssen, welche er jederzeit dem Præsidenten vorzeigen, und was er dabey zu bedencken hat, schriftlich anzeigen muß.

§. 2. Hauptsächlich soll dieser Advocatus Fisci auf Unsere Regalia, Jura, et Privilegia Fiscalia Achtung geben, daß solche nicht geschmälert werden, wie er dann in specie unsere Jagd- Zoll- Domainen- Gräntz- Lehns- geistliche und weltliche Jurisdictions- und andere Unsere Landes-Hoheit angehende Sachen selbst besorgen, und wann solche angefochten werden, bey der Regierung defendiren muß. Geringere Sachen und ins besondere Inquisitiones, muß er unter die übrigen Fiscæle vertheilen.

§. 3. Er muß ferner Achtung geben, daß denen Ordnungen und Edicten nachgelebet werde, auch die Fiscæle anhalten darauf ein wachsames Auge zu haben.

§. 4. Der Advocatus Fisci muß samt denen übrigen Fiscælen sich angelegen seyn lassen, daß die verwürckte und erkandte fiscælische Strafen jedesmahl bald bezahlet oder beygetrieben, und gehörigen Orts richtig abgeliefert werden; Sie selbst aber müssen, wie bereits durch die Declaration vom 22ten April. 1728 verfüget, keine Geld-Strafen in Empfang nehmen, und an sich behalten.

§. 5. Was von Strafen vorfällt, davon haben sie jährlich zweymahl die Listen, einmahl zu Ende des Decembris, das anderemal um Trinitatis, eine dem Collegio wo sie vorgefallen, die andere dem General-Fiscal bey 10 Rthlr. Strafe, ohnerinnert einzuschicken.

§. 6. Solche Straf-Listen sind nach folgenden Ueberschriften unter abgesonderten Columnen einzurichten, daß nebst generaler Anzeigung des Collegii, wo sie erkandt, verzeichnet werde:

(1.) Das Quantum der Strafe.

(2.) Das Datum oder Publicatum der Sententz oder Verordnung worin sie festgesetzet.

(3.) Der Nahme und Condition dessen dem sie auferleget.

(4.) In was vor Sache, und warum.

(5.) Ob und wenn sie bezahlet oder remittiret: wobey das Quantum zu widerhohlen; Was aber im Rest bleibet darf nicht widerholet werden, weil es schon aus der ersten Numer (!), wenn solcher Rest unter den bezahlten oder remittirten nicht abgeschrieben, erhellet.

(7.) Die Quota so der Fiscal erhalten: und sind zugleich die Latera zu summiren und hinten abzuschliessen.

§. 7. Keine Strafe muß aus der Liste eher weggelassen werden als bis sie würcklich abgetragen; und sind deshalb die rückständigen Reste allemahl in der neuen Liste aus den vorigen Jahren bis zur Tilgung mit aufzuführen.

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28 Erster Theil. Tit. XII. (§§. 8.-14.)

§. 8. Weil einige Strafen zur Renthey in der Provintz, andere aber zur General-Casse gehören, und zu der letztern Casse Inhalts der Verordnung vom 11. Nov. 1731, diejenige Strafen fliessen, welche bey Hofe erkandt und verordnet, oder wann daselbst eine Leibes-Strafe in Geld-Strafe, als deren ein Jurisdictionarius sub prætextu fructuum jurisdictionis, weil derselbe kein Jus aggratiandi hat, sich nicht nicht (!) anmassen kan, verwandelt worden etc. So müssen die zur General-Strafe-Casse gehörige Strafen, welche ein Fiscal zu betreiben hat, in seiner Straf-Liste mit aufgeführet, von den übrigen Strafen separiret, und voran gesetzet, auch dafür gesorget werden, daß solche Strafen nicht zu den Rentheyen, sondern zur General-Straf-Casse, wie unterm 19ten Febr. 1732. schon verordnet, eingeschicket werden.

§. 9. Wie zu denen General-Cassen-Strafen auch die bey Unserm Tribunal erkannte, oder daselbst sonst übliche Strafen, als wegen nicht abgelegten Appellations-Eydes (et)c. gehören; So müssen solche, wenn deren Beytreibung einem Fiscal in der Provintz oblieget oder committiret ist, gleichfalls so wohl fleißig beygetrieben, und francò eingeschickt, als in der Liste mit verzeichnet, und davon keine Quota zurück behalten werden.

§. 10. Die Quota gebühret sich nur in denen Sachen worin der Fiscal den Process selbst geführet, und gearbeitet, nicht aber, wenn er nur eine sonst festgesetzte Strafe beyzutreiben hat; doch soll ihm in diesem Fall der säumige Schuldner, weil er durch seine Saumseligkeit sich solches verursachet, die desfalls zu verfertigende Aufsätze und Sollicitationes bezahlen.

§. 11. Zur Quota wird dem Fiscal regulariter decima zugestanden, es wäre ihm dann in seiner Bestallung ausdrücklich ein mehreres verschrieben, alsdenn es dabey seyn bewenden hat.

§. 12. Damit aber die Straf-Sachen in richtiger Ordnung gehalten und geführet werden; so soll ein jedes Collegium ein ordentliches Straf-Buch, welches jederzeit auf dem Sessions-Tisch liegen muß, halten, und derjenige Rath, so im Decret, Urthel, oder Verordnung eine Strafe dictiret oder comminiret, solche zugleich selbst, und zwar auf einer Seite die dictirten, auf der andern die comminirten Strafen ordentlich unter eigener Hand, bey Vermeidung dieselbe sonst ex propriis zu erstatten, hinein tragen, und darnächst dabey notiren, ob und wann jene bezahlet sind, und diese wegen geleisteter Parition wegfallen, oder, wann nicht pariret, solche veste bleiben.

Weil aber die durch Urthel dictirte Strafen nicht eher als post publicationem eingetragen werden können, so muß der Protonotarius nach geschehener Publication die Strafen, nebst Anführung der Urthel, mit eigener Hand in das Straf-Buch schreiben.

Solchergestalt soll es auch mit denen kleinen Strafen, welche wegen nicht gehaltener Ordnung dictirt werden, und der Sportuln-Casse zufliessen, gehalten werden.

§. 13. Dieses fiscalische Straf-Buch muß der Advocatus Fisci, und übrigen Fiscæle, fleißig und wenigstens alle Woche nach geendigter letzten Session nachsehen, und was erkannt ist einfordern, allenfalls solche ohne langwierige Nachsicht executive beytreiben; nicht weniger darauf fleißig vigiliren daß die in den Pœnal-Mandatis comminirte Strafen entweder festgesetzet und entrichtet, oder durch eine anderweitige rechtliche Verordnung wieder aufgehoben werden.

§. 14. Es ist schon vorhin verordnet, daß einem Membro Collegii die Aufsicht auf die Beschleunigung der fiscalischen Sachen, so wohl was die Strafen als


29 Erster Theil. Tit. XII. (§§. 14.-21.)

Processe, und Abgebung der Tabellen von selbigen betrift, aufgetragen werden solle; wobey es denn ferner seyn bewenden hat, und hat der Præsident mit darauf Acht zu geben, daß, wo es noch nicht geschehen, ein Membrum Collegii dazu, und zum beständigen Decernenten ernennet, und der ernannte an seiner Pflicht es hierunter nicht ermangeln lasse, sondern einschleichende Nachläßigkeiten und Unordnungen dem Collegio jedesmahl zu nachdrücklicher Abstellung anzeige, auch darauf Acht habe, daß alle Jahr um die geordnete Zeit die Strafe und Depositen-Tabellen nach Hofe richtig eingesandt werden.

§. 15. Wie die fiscælischen Strafen nicht ohne Grund erkannt werden müssen; also sind auch selbige nicht ohne sehr erhebliche Ursach wieder zu erlassen; noch weniger ist darüber ein Verhör oder Verfahren, am wenigsten aber gar ein Remedium oder Appellation zu verstatten, wenn die Strafe nicht über 10 Rthlr. betrift, oder dieselbe wegen nicht beobachteter oder übertretener Ordnung auferleget worden.

§. 16. Ueber die auf die Contravention der Ordnungen gesetzte Strafen und deren Erlegung, müssen der Advocatus Fisci und Fiscæle genau vigiliren, Acta selbst zuweilen darüber nachsehen, und wenn sie vermercken, daß ein Advocatus und Parthey, oder selbst ein oder anderes Membrum Collegii der Ordnung zuwieder handelten, muß der Advocatus Fisci solches dem Præsidenten zu Remedirung melden.

§. 17. Die Fiscæle müssen niemand mit unrechtmäßigen Strafen zu belästigen suchen, noch allen oft animosen Denunciationibus trauen, jedennoch aber auch die Contraventiones nicht ungerüget lassen; nicht erst abwarten bis ihnen solche angezeiget werden, sondern von selbst darauf Acht haben, sich wohl davon informiren, und wenn sie genungsamen Grund und Beweis, oder Bescheinigung dazu haben, sodenn nach Anleitung der fiscalischen Process-Ordnung verfahren.

§. 18. Solten auch andere zu den juribus fiscalibus gehörige Fälle vorkommen, von welchen etwas, als von Abschoß und Nachsteuer, Confiscationibus, hæreditatibus caducis und dergleichen zu unsern Cassen fliesset: So haben Fiscæle solches hinter ihren fiscælischen Straf-Listen jedesmahl ordentlich mit anzuzeigen, und die von Uns unterm 27ten Martii 1744. allergnädigst verwilligte Quotam von solchen durch ihren Fleiß betriebenen Sachen nach wie vor zu gewärtigen.

§. 19. Findet der General-Fiscal bey denen fiscælischen Straf-Listen, imgleichen den fiscælischen Process-Tabellen, oder sonst in Fiscalibus etwas zu erinnern; so müssen die Fiscæle solchem ungesäumt abhelfen, fleißigen Rapport thun; und was er ihnen aufträget, oder zu Besorgung der Strafe und Processe diesem oder jenem Fiscali zutheilet, von selbigem fertig zu Wercke gerichtet werden.

§. 20. Da der General-Fiscal sich vornehmlich an den Advocatum Fisci in der Provintz zu halten vermag; so müssen die übrigen Fiscæle in der Provintz, in Straf- und andern fiscælischen Sachen der Direction des Advocati ohne die geringste Weigerung sich unterwerfen.

§. 21. Der Advocatus-Fisci muß davor sorgen, daß die Criminal-Listen alle Monath von denen Unter-Gerichten sowohl, als von denen Fiscælen eingesandt werden, damit er wissen kan, wie die Inquisitions-Processe daselbst geführet werden.

Er muß auch diese Listen sofort dem Præsidenten nebst seinen Anmerckungen zusenden, hienächst aber solche nebst andern fiscælischen Listen alle Quartal bey 10 Rthlr. Strafe an den General-Fiscal nach Berlin einsenden.

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30 Erster Theil. Tit. XII. (§§. 22.-29.)

§. 22. Hauptsächlich aber muß er sein Augenmerck dahin richten, daß dieser neuen Process-Ordnung nachgelebet werde, zu welchem Ende er sich alle Tage sich in denen Audientzen einfinden, von Anfang bis zu Ende da bleiben, und Achtung geben ob etwas gegen die Ordnung, und wider ein in Jure fundirtes Interesse Fisci verhandelt oder vorgetragen werde.

§. 23. Im Fall er etwas unanständiges von einem Membro Collegii oder Subalternen wahrnehmen oder erfahren solte, muß er solches dem Præsidenten in geheim anzeigen, und die Remedur suchen.

§. 24. Wann auf einen oder den andern einiger Verdacht einer Corruption fallen solte, muß er dem Præsidenten sofort Nachricht davon geben, welcher die Sache untersuchen, und allenfalls die Parthey eydlich darüber befragen muß.

§. 25. Dahingegen wollen Wir ihm Unsern mächtigen Schutz angedeihen lassen, und gegen ihn niemahls ohngehörter Sache etwas verfängliches verordnen.

§. 26. Die übrigen Fiscæle müssen gleichfalls auf Unsere Regalien und alle auszustehende Befugnisse und Gerechtsame genaue Achtung geben, Unsern Nutzen und Frommen ihrem äussersten Vermögen nach suchen und befodern, Schaden, Nachtheil und Gefahr verhüten, und demselben überall vorzukommen suchen. Im übrigen dasjenige, was ihnen von der Regierung, insonderheit wann ihnen die Abhörung der Zeugen in Inquisitiones und fiscalischen Processen aufgetragen wird, prompt exequiren, nicht aber einige Wochen warten; wie sie denn auch ihre Berichte und Rotulos höchstens binnen 8 Tage nach verrichteter Commission bey Verlust ihrer Gebühren abstatten müssen.

§. 27. Insonderheit müssen sie, und zwar einjeder nach seiner Bestallung, auf alle und jede strafbare Unthaten, so wider göttliche und gemeine beschriebene Rechte, wie auch Unsere Landes-Constitutiones, ausgegangene Edicta und Befehle, insonderheit in Policey-Sachen bey denen Städten, und auf dem Lande von Unsern Vasallen und Unterthanen geschehen, imgleichen, da Uns an Unsern Herrlichkeiten, es bestehen solche in Regalien oder nicht, etwas entzogen und entrissen werden sollte, getreue, sorgfältige und fleißige Acht haben.

§. 28. Alle Gerichte, Bediente und einjeder Unterthan ist schuldig, wann sie von denen begangenen Delictis und strafbaren Verbrechen einige Nachricht erhalten, Unserm Officio Fisci bey ihrem Eyd und Pflichten ohne Ansehen der Person Nachricht davon zu ertheilen.

§. 29. Wann die denunciirte Verbrechen an solchen Orten begangen werden wo denen Unter-Gerichten in criminalibus die Jurisdiction zustehet, müssen die Fiscæle sich der Cognition enthalten, auch, wann ihnen aus Versehen eine Untersuchung an solchen Orten committiret wird, bey Verlust der Gebühren solches anzeigen. Jedoch müssen sie Achtung geben, daß bey den Unter-Gerichten rechtlich verfahren werde, zu welchen Ende ihnen die von denen Unter-Gerichten monathlich einlaufenden Listen von dem Advocato Fisci communiciret werden müssen.

Es wird aber den Unter-Richtern insonderheit denen adelichen Obrigkeiten auf dem Lande hierdurch ernstlich anbefohlen, Rechts-verständige, gewissenhafte und geschworne Gerichts-Verwalter zu halten, oder wenigstens in Criminal-Sachen dergleichen Personen zu gebrauchen, weil sie sonst nicht allein aller Gebühren verlustig erkannt, sondern dem Befinden nach bestraft, oder ihrer Jurisdiction verlustig erkläret werden sollen.


31 Erster Theil. Tit. XII. (§§. 30.-40.)

§. 30. Kein Officialis Fisci soll in Sachen, welche das Interesse Fisci directe oder indirecte angehen, als Advocatus dienen, auch wenn in einer Sache, die er würcklich bedienet, nachhero ein fiscalisches Interesse sich hervor thäte, muß er alsofort davon abstehen, und sie einem andern überlassen.

§. 31. Officiales Fisci müssen auch keinesweges Sachen, unter dem Prætext daß sie fiscalisch seyn, an sich ziehen, und dem Gegentheil dieselbe dadurch schwerer machen.

§. 32. Wann eine Sache, wobey Fiscus interessiret ist, auf Commission gerichtet wird, muß der Fiscalis vigiliren, und erinnern damit sie Fortgang habe, die Commission gehalten, und unverzüglich geendiget werde.

Wann die Commission hierunter säumig ist, muß er solches dem Collegio anzeigen.

§. 33. Wann Acta nachzusehen, so sollen sie ihnen von dem Gericht vorgelegt, aber niemahlen mit nach Haus gegeben werden; Es wäre denn, daß sie eine ordentliche und weitläuftige Deduction ex Actis verfertigen müsten; Auf solchen Fall sollen ihnen Acta geheftet und foliiret gegen einen Schein abgefolget, und solches von dem Præsidenten befohlen werden.

§. 34. In fiscælischen Sachen sollen sie mit niemanden transigiren, oder von dem Process abstehen; sondern wann sie die Sache darnach beschaffen finden, Verhaltungs-Befehle von der Regierung darüber einholen.

§. 35. Wann die Partheyen in Sachen da der Fiscus interessiret ist sich vergleichen, so kan solches dem Interesse Fisci nicht præjudiciren, sondern demselben bleibt sein Recht über kurtz oder lang vorbehalten.

§. 36. Die Fiscæle müssen niemahls ohne schriftliche Anzeige der Ursache und des Præsidenten schriftlicher Einwilligung verreisen.

Wann sie die Bewilligung erhalten, müssen sie bey 1 Rthlr. Strafe einen Substitutum bestellen, welcher in ihren Nahmen denen Audientzen beywohnen, und bey dem Constitutioniren die Nothdurft beobachten könne, damit der Lauf des Processes dadurch nicht aufgehalten werde.

§. 37. Im Fall einem Fiscal eine schwere Sache vorkommen sollte, muß er sich bey dem Advocato Fisci melden, und sich bey demselben Raths erhohlen (!).

§. 38. Die Fiscæle müssen bey 4 Rthlr. Strafe alle Monath eine Liste, sowohl von ihren Inquisitions- als fiscalischen Processen, nach der gewöhnlichen Tabelle dem Advocato Fisci einliefern.

§. 39. Im übrigen müssen die Fiscæle alles, was ihnen von Unsern Geheimnissen anvertrauet wird, oder sie sonst erfahren möchten, bis in ihre Grube ohne Unterscheid, sie bleiben in unsern Diensten oder nicht, verschwiegen halten, auch überall ihrer theuer-geleisteten Pflicht, und insonderheit ihrer Bestallung getreulich nachkommen.

§. 40. Vor diese ihre Mühwaltung haben Wir ihnen nicht allein eine gewisse Besoldung beygeleget, sondern ihnen zugleich die Freyheit verstattet in Privat-Sachen zu advociren. Wie sie denn auch von den erkannten Strafen einen Theil zu hoffen haben, wann auch schon die Strafe ex capite gratiæ remittiret werden solte.

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32 Erster Theil. Tit. XII. (§§. 40.-43.) XIII (§§. 1.-2.)

Es ist aber dieses von denen caducirten Lehnen, und andern wegen Verbrechen eingezogenen Güthern, auch Strafen, so über 1000 Rthlr. belaufen, nicht zu verstehen, sondern Wir wollen denenselben bloß eine Discretion davon zuwenden.

§. 41. Wann sie in denen Königl. Aemtern die Diæten und Vorspann erhalten, können sie dieserwegen dem Inquisito nichts anrechnen.

§. 42. Im übrigen wollen Wir auf denen Hof-Fiscälen Unsern Königlichen Schutz gegen alle Gewalt und Unrecht angedeihen lassen.

§. 43. Schließlich müssen sich die Fiscæle mit nachfolgendem Eyd verbindlich machen:

Ich N. N. gelobe und schwere, daß, nachdem der Allerdurchlauchtigste etc. etc. mein allergnädigster König und Herr, mich zu Dero Advocato und Procuratore des Vorpommerschen und Caminschen Fisci bestellet und angenommen, Deroselben ich will getreu, gehorsam und gewärtig seyn, Dero Bestes wissen und befodern; Schaden und Nachtheil aber warnen, und nach vermögen abwenden, ferner alle und jede fiscalische Sachen, so mir aus allerhöchstgemeldter Seiner Königlichen Majestät Regierung, anbefohlen, und mir sonst kund werden, mit getreuen Fleisse und meinem besten Verstande nach treiben, fordern und fortsetzen, auch emsig dahin trachten, daß alle Maleficia, Verbrechungen, Criminal- und Pœn-Fälle, darin auch ohne einige Anklage der Partheyen, Amts-wegen zu procediren sich gebühret, zur gerichtlichen Cognition und Strafe gezogen werden, zu welchen Behuf ich jederzeit, was ich in Erfahrung bringe, der Königlichen Regierung getreulich denunciiren und berichten, auch von Ihr desfalls Verordnung erwarten will, auch Inhalt der neuen Regierungs-Ordnung und üblichen Rechten verfahren, die verwirckte Strafen zur Execution befordern, daß selbige in die Land-Renthey gebührlich eingeliefert werden, dem Præsidenten auch alle Quartal, oder zum längsten alle halbe Jahre eine richtige Specification der fiscalischen Processe zur Nachricht einhändigen, sonsten aber kein Geschencke, Gift oder Gaben annehmen wil, oder durch andere nehmen lassen, in meinem Amte will ich ohne Ansehen der Persohnen (!), Freund- oder Feindschaft, Gunst oder Ungunst, aufrichtig und gleich durchgehen, auch alles andere thun was einem ehrlichen und getreuen Advocato Fisci gebühret, auch der neuen Regierungs-Ordnung gemäß ist. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. XIII.

Von denen Advocaten.

§. 1. Es sollen künftig bey denen dreyen combinirten Collegiis der Regierung, dem Hof-Gericht, und dem Consistorio, nicht mehr als zwölf Advocaten, inclusive der drey Fiscäle (!) beybehalten, die andre aber alle von dem Praxi bey diesem neuen Collegio dispensiret werden.

§. 2. Diejenige Advocaten, welche nicht in Stettin, sondern in andern Städten wohnen, und als Hof-Gerichts-Advocaten vorhin recipiret gewesen, sollen künftig


(37) (1. T., Tit. XIII., 33) bey der Regierung keine Praxin treiben, und keine Schriften weiter unterschreiben, sondern sie müssen ihre Partheyen anweisen einen von denen nunmehr bey der Regierung bestellten Advocaten anzunehmen, und durch denselben ihre Nothdurft schriftlich und mündlich vorstellen lassen. Und wenn ein Regierungs-Advocat die von andern concipirte Schrift unterschreibt und übergibt, muß es damit wie unten §. 18. seq. versehen, gehalten werden.

Es stehet aber denen Provincial-Advocaten bis auf fernere Verordnung frey, in denen Städten und Aemtern, wo es Herkommens, den Praxin zu treiben und fortzusetzen.

§. 3. Es müssen auch die Magisträte ihre Schriften durch einen Regierungs-Advocaten unterschreiben und durch denselben künftig bey dem Constitutioniren der mündlichen Vorträge thun, und den Process instruiren lassen: Es bleibt aber darbey, daß die Magisträt-Personen (!), wie bishero gebräuchlich gewesen, die Schriften auch selbst unterschreiben müssen.

§. 4. Und weil die Beschleunigung der Processe hauptsächlich auf die Advocaten ankommt, s wollen Wir künftig keine als geschickte, gelahrte und erfahrne Personen annehmen, welche ein gutes Zeugniß ihrer Studien haben, und einen guten und christlichen Wandel führen.

Diese Candidaten sollen a.) in Berlin zwey Tage hinder einander bey unserm Cammer-Gericht, in Gegenwart aller Räthe, Advocaten und anderer gelahrten Leute aus der Theoria juris, und den dritten Tag aus der Pommerschen Process-Ordnun examiniret, und zwey Räthe dazu von dem Præside benannt werden.

b.) Soll ihnen eine wichtige Sache zu Verfertigung einer Probe-Relation zugestellet, einer von denen Examinatoren zum Correferenten ernannt, und beyde Relationes in pleno verlesen werden.

c.) Und weil es bey einem Advocaten zugleich auf einen guten, deutlichen und kurtzen Vortrag ankommt, so soll ihm eine wichtige Sache mündlich vorzutragen, und zu defendiren aufgetragen werden.

d.) Wann dieses alles geschehen, muß das Collegium über des Competentens Capacität, und wie er in allen dreyen Stücken bestanden, sein Gutachten, auf seinen Uns geleisteten Eyd, ohne Ansehung der Person, abstatten, und das Protocoll, worinn die Vota singulorum notirt werden müssen, einschicken, da Wir denn wegen dessen Reception oder Abweisung das Benöthigte verfügen werden.

Und weil es billig ist, daß denen Examinatoribus für ihre Bemühung einige Erkäntlichkeit gereichet werde, so soll der Competente, so bald er sich zum Examine meldet, 10 Rthlr. deponiren, welche unter die Examinatores getheilet werden sollen.

§. 5. Es müssen die Advocati, bey Strafe der Cassation, keine andere Aemter und Handthierungen, in specie aber keine Justitiariate, oder Commissiones auf dem Lande annehmen, auch in keinem andern Judicio als bey der Regierung und dem darunter begriffenen Consistorio denen Partheyen patroniciren.

§. 6. Es soll bey einer jeden Sache nur ein Advocatus gebraucht werden, und wann dieser einmahl sich ad causam legitimiret, soll kein anderer bey 5 Rthlr.

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34 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 6.-11.)

Strafe, ohne des ersten Vorwissen und Consens wissentlich ein Memorial in derselben Sache verfertigen oder unterschreiben.

§. 7. Die Advocaten müssen auch nicht mehr Sachen annehmen als sie bestreiten können, würden sie sich aber damit überhäufen, und ihren Partheyen dadurch etwas versäumen, sollen sie zu Ersetzung des Schadens angehalten werden.

Wie sie dann auch, wann eine Sache zu schwer ist, und über ihre Spheram steiget, solche vons ich abweisen müssen, oder wann etwas dabey versehen ist, vor den Schaden stehen.

§. 8. Die Advocaten müssen nicht promiscue alle vorkommende Sachen annehmen, noch sich auf die blosse ihnen zugefertigte Instruction verlassen, sondern sich mit Fleiß von allen Umständen erkundigen, die Documenta, worauf sich die Klage gründet, sich vorlegen lassen, solche genau examiniren, die Parthey über dasjenige, was etwa der Beklagte einwenden möchte, befragen, hauptsächlich nach dem Beweiß, wann die Klage negiret werden solte, sich erkundigen, oder doch solchen, dem Befinden nach, ihnen an die Hand geben.

Solcher gestalt müssen die Advocaten für allen Dingen die Legitimation besorgen, und bey 5 Rthlr. Strafe, keine Action ohne Vollmacht anstellen, weil auch die Cautio de rato, ausser in causis repentinis, und wo periculum in mora ist, nicht angenommen werden soll: Wann mehrere Interessenten seyn, müssen die Advocaten solche gehörig citiren lassen; Und wann ihre Parthey minoren (!) ist, das Tutorium oder Curatorium der Vollmacht in Copia vidimata beylegen (et)c. Sie müssen auch weiter sich genau erkundigen, ob das Forum gegründet, und wann cautio de reconventione et prosequenda lite gefordert werden könte, müssen sie bey Zeiten Anstalt dazu machen. Anbey über die eingezogene Information ein ordentlich Protocoll halten.

§. 9. Gleichergestalt muß des Beklagten Advocat, so viel möglich, die Partheyen selber examiniren, deren etwa habende Exceptiones wohl erwegen, und den zu Fundirung ihrer Exceptionen gehörigen Beweiß zur Hand schaffen.

§. 10. Wann des Actoris oder rei Advocat die Parthey nicht mündlich zu examiniren Gelegenheit hat, und in der ihm zugefertigten Information die Sache nicht vorgeschriebener massen instruiret ist, muß er die Action nicht eher anstellen, bis er eine nähere und völlige Information erhalten.

§. 11. Wann die Advocaten in ihrem Gewissen überzeugt seyn, daß die Sache offenbar unrecht ist, müssen sie dieselbe nicht annehmen; sondern die Partheyen von ihrem Fürnehmen abrathen, ihnen die schwere Process-Kosten, die Verletzung ihres Gewissens, und Erwerbung des göttlichen Zorns, zu Gemüthe führen: Sich selbs aber durch die Hofnung des Salarii nicht zum offenbahren Meineyd verleiten lassen.

Wann sie aber auch einiger massen zweifelhaft anscheinen möchte, müssen sie suchen, die Sache unter sich zu vergleichen, oder auf einen Rath des Collegii compromittiren. Im Fall ein Advocat einen zweifelhaften und weit aussehenden Process vergleichet, sollen demselben so viel als die gantze Instantz austragen würde, dafür in der Rechnung passiret werden.

Es muß aber der Advocat jederzeit, wann die Sache verglichen wird, oder sonst durch Bezahlung der Process geendigt worden, solches bey Verlust seiner Gebühren


35 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 11.-14.)

bey dem Constitutioniren anzeigen, und zugleich seine Gebühren liquidiren, damit die Acta reponirt und aus der Process-Liste gelöschet werden können.

§. 12. Weil nun von dieser Instruction die gantze Beschleunigung des Processes dependiret, allermassen die Advocaten (wann sie gleich Anfangs eine völlige Information erhalten, nachhero in denen weitern Instantzen die Schriften desto leichter verfertigen, und wegen Mangel der Instruction keine Dilationes fordern dürfen): So soll ein jeder Advocat, auf des Præsidenten Verlangen, seine Privat-Acten zu produciren schuldig seyn, damit dieser daraus ersehen könne, ob der Advocat vor angestellter Klage diese Vorschrift beobachtet, und ein richtiges Protocoll darüber gehalten haben; Wann solches nicht geschehen, und der Process dadurch verzögert worden, muß der Advocat mit 5. bis 10. Rthlr. bestrafet, und dem Befinden nach, cassirt werden.

§. 13. Weil Wir aber auch wahrgenommen, daß alle Unsere nachdrückliche Edicte, wegen Beschleunigung der Processe, keinen Effect daher gehabt, weil die Advocaten von einer jeden Schrift und Verhör sich die Gebühren bezahlen lassen, und daher durch unzählige Memorialien, Incident-Puncten, Verhöre, Restitutions-Gesuche, den Process zu verlängern gesucht haben; So haben Wir kein kräftiger Mittel gefunden, die Advocaten im Zaum zu halten, als deren Gebühren usque ad finem litis auszusetzen.

§. 14. Wir befehlen also allen und jeden Advocaten, bey Vermeidung der unnachbleiblichen Cassation, keine Gebühren, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, wann es auch unter dem Nahmen eines Anlehns, Geschencks, Caution etc. versteckt werden wolte, von einer Parthey anzunehmen, vielweniger de quota litis zu pacisciren, sondern es soll damit folgender gestalt gehalten werden:

Bey einer jeden Instantz muß der Advocat, bey Uebergebung seiner letzten Schrift, sub pœna amissionis seine Gebühren specificiren: Der Referent muß diese Specification mit denen Acten conferiren, alle überflüßige und unnöthige Kosten vorbey gehen, und solche in dem Urthel sowohl erster, zweyter, als dritter Instantz moderiren: Die Bezahlung aber soll nicht eher bis nach völlig geendigten Process erfolgen.

Welcher Advocat seine Gebühren nicht specificiren, sondern entweder vor- oder nach geendigter Sache sein Honorarium fordern, oder wann es ihm auch ultro von der Parthey finita lite offerirt wird, annehmen würde, soll er nicht allein dem Fisco quadruplum erstatten, sondern sofort seines Amts erlassen werden.

Wann aber auch die Advocaten über die in der Sportul-Ordnung vestgesetzte Gebühren etwas fordern, oder dasjenige was sie angeben nicht verrichtet haben, sollen sie auch derer übrigen Gebühren verlustig gehen.

Bey Moderation derer Gebühren muß der Referent in jeder Instantz darauf Achtung geben, ob der Advocat redlich gehandelt, eine gerechte oder wenigstens zweifelhafte Sache defendiret habe: oder aber ob die Sache offenbar ungegründet, ob er die Remedia widerrechtlich ergriffen, und unnöthige incident Puncten formiret, auch die Schriften mit vielen Recoctis und unnöthigen Allegationen weitläuftig gemacht habe: Ersteren falls soll dem Advocaten ohne höchtnöthige Moderation das liquidirte Quantum passirt werden. Letztern falls aber soll dessen Honorarium, nebst dem Duplo, jedesmahl der Sportul-Casse zugesprochen werden, und soll von dergleichen Sententzen kein Remedium statt haben.

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36 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 14.-19)

Weil aber diese Verordnung bloß auf unsere Unterthanen, gegen welche executio wegen des Honorarii parata ist, gerichtet ist; also können fremde Kläger sich dieses Beneficii nicht gebrauchen, sondern dieselbe müssen dem Advocaten entweder einen zulänglichen Vorschuß thun, oder einen tüchtigen Caventen bestellen. Und ist kein Advocat schuldig, bis solches geschehen, das Patrocinium zu übernehmen:

Wann ein Cavent bestellet, muß der Landreuther nach Ablauf der vier Wochen, nachdem der Cavent zur Bezahlung ermahnet worden, das schuldige Honorarium abfordern.

§. 15. Wann die Advocaten Documenta, oder auf genommene Attestata zu produciren haben, müssen sie die verba formalia derselben, und wie sie eigentlich lauten, ad protocollum ordentlich vortragen, mit nichten aber falsch allegiren, oder aus denen offenbahren und klaren Worten, einen andern Verstand erzwingen, imgleichen den Ort wovon eigentlich gehandelt wird, anzeigen, damit unsere Regierung mit unnöthiger Nachlesung des gantzen zuweilen sehr weitläuftigen Instruments nicht möge aufgehalten werden.

§. 16. Wann der Advocat vorsetzlich und wohlwissend etwas geleugnet, welches doch nachhero erwiesen wird, so soll er mit Verlust seines Honorarii ohne Gnade cassiret werden: Und wann die Parthey es geläugnet und dem Advocaten verschwiegen, soll sie die Helfte des Objecti litis entweder verlieren, oder solche dem Gegentheil über das schuldige Quantum erstatten.

Im übrigen bleibt es bey der Disposition der gemeinen Rechte, daß der Reus, welcher, wenn actio realis gegen ihn angestellet wird, läugnet, daß er das Stück Guthes besitze, nachhero aber dessen überführet wird, dem Actori den Besitz einräumen, und den Beweiß, welcher sonst dem Actori obgelegen, übernehmen müsse.

§. 17. Solte sich in processu litis eine wichtige Anzeige hervor thun, woraus eine Malitia oder Animus calumniandi bey dem Principal oder dessen Advocato erscheinen solte, soll Unsere Regierung wohl befugt seyn, ex officio denenselben das Juramentum malitiæ zu imponiren, dessen sich der Advocatus oder die Parthey selbst niemahlen entbrechen, noch dargegen ein Remedium einwenden kan.

§. 18. In Process- und Justitz-Sachen soll kein Memorial, welches nicht von einem recipirten Advocaten unterschrieben ist, angenommen, sondern sofort durch den Cantzley-Diener demselben zurück gegeben, zugleich aber auch der Supplicante befragt werden, wer das Supplicat verfertiget, und was er dafür gegeben habe.

Wann der Verfertiger unter der Regierung Jurisdiction stehet, soll derselbe vorgefordert, und wann er dessen geständig ist, mit 10 Rthlr. Strafe, oder wann er solche binnen drey Tagen nicht erlegt, vier Wochen halb bey Wasser und Brod zur gefänglichen Haft gebracht werden.

Wann der Concipient unter einer andern Jurisdiction stehet, muß das Memorial an den Magistrat des Concipienten ex officio remittiret werden, um denselben, wann er es geständig, auf gleiche Weise zu bestrafen.

§. 19. Dahingegen soll kein Advocat, wann die Parthey Ursach hat, über versagtes Recht zu klagen, sich aus Menschen-Furcht oder Ansehung der Person, entziehen, die Sache in bescheidenen Terminis bey denen Unter- und höhern Gerichten, und,


37 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 19.-23.)

wann ihm nicht rechtlich geholfen wird, bey Uns immediate vorzustellen, und Hülfe zu suchen, allermassen der Advocat allenfalls bey 20 Rthlr. Strafe der klagenden Parthey sein Patrocinium nicht versagen muß.

§. 20. Er muß aber nichts gegen die Rechte, Acta, und ins besondere gegen diese Verfassung suchen, vorstellen oder bitten; er muß auch niemahls mit Vorbeygehung der Regierung sich bey Unserm Geheimten (!) Etats-Rath in Berlin melden, oder Uns immediate, z. E. mit Suchung eines Moratorii, Commission etc. behelligen: Massen derselbe, wann er hierwider handelt, nicht allein seiner Gebühren verlustig erkläret werden, sondern auch seiner Parthey alle verwandte Kosten erstatten, und das Duplum zur Sportul-Casse erlegen soll.

Wir befehlen hingegen Unsern Pommerschen Justitz-Collegiis ernstlich, die Klagen welche wegen versagter Justitz entweder gegen die Unter-Gerichte, oder gegen den Decernenten selbst einlaufen, jederzeit wohl zu erwegen, Acta genau nachzusehen, und wann von denen Unter-Gerichten die etwa erforderte Berichte einkommen, sich nicht bloß darauf zu verlassen, sondern solche mit denen Gravaminibus zu conferiren, und die Partheyen jedesmahl cum rationibus umständlich zu bescheiden, oder zu gewärtigen, daß wann höhern Orts Klage darüber geführet, und die Gravamina gegründet gefunden werden, der Decernent eben so wie vorhin von den Advocaten disponiret worden, gestraft werden solle.

§. 21. Es müssen auch die Advocaten in denen Sachen welche zum Constitutioniren, das ist, zur Instruction des Process gehören, keine schriftliche Memorialien verfertigen, sondern es sollen ihnen dieselbe wieder zurück gegeben, und 1 Rthlr. Strafe von ihnen beygetrieben werden; wovon aber die in denen Ferien verfertigte Memorialien ausgenommen werden (Vid. part. III. Tit. 2.).

§. 22. Es müssen auch die Justitz-Collegia auf derer mehrentheils muthwilligen Kläger Vorgeben, als ob kein recipirter Advocat dem Kläger ein Memorial machen, oder das gemachte unterschreiben wolle, nicht leicht Attention machen, weil die Vermuthung ist daß derjenige, welcher dem Supplicanten bisher bedient gewesen, von der Unrichtigkeit des Gesuchs überzeugt seyn müsse, und dieserwegen sein Patrocinium versagt habe.

Wann aber der Præsident vorkommenden Umständen nach nöthig finden solte, entweder dem vorhin-gewesenen Advocato anzubefehlen, die Ursache der denegirten Unterschrift anzuzeigen, oder dem Supplicanten einen Advocatum ex officio zuzugeben; so müssen die Advocaten kurtz die Ursachen melden, warum sie dem Kläger nicht dienen, oder dessen Memorial nicht unterschreiben können.

Wann die Ursachen der verweigerten Unterschrift gegründet gefunden werden, muß der Kläger den Concipienten benennen, und, was er dafür gegeben, befragt, der Concipient aber zu gebührender Strafe gezogen, und der Kläger abgewiesen werden.

Im Fall der Kläger sich dabey nicht beruhigen will, soll er drey oder vier Tage halb bey Wasser und Brod zur gefänglichen Haft gebracht werden.

§. 23. Da auch eine Parthey oder Advocatus jemand von denen Räthen oder andern Gerichts-Bedienten in rechtmäßigen Verdacht hielte, soll er solche Ursachen des Verdachts dem Præsidenten in geheim, oder, wann es vergeblich, in der Audientz

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38 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 23.-28.)

mit Glimpf und Bescheidenheit anzeigen, und muß alsdenn wie oben Part. I. Tit. VI. §. 12 versehen verfahren werden.

§. 24. Die Advocaten müssen sich in ihren Schriften und Vorträgen alles Calumniirens, Retorquirens, Schmähens, Anzüglichkeiten, auch zur Sachen nicht dienlichen Privat-Händeln, wider die Regierung und deren Räthe sowohl, als den Gegentheil und dessen Advocaten (et)c. gäntzlich enthalten; und da sie dawider handeln, soll die Schrift als eine Schmäh-Schrift angesehen, und der Advocat dem Befinden nach mit einer Geld-Strafe, Suspension oder Remotion, auch dem Befinden nach mit einer Leibes-Strafe angesehen werden.

Es soll auch niemand von dieser Strafe unter dem Vorgeben daß der Gegentheil des Anfang des unziemlichen Schreibens gemacht habe, befreyet werden, sondern so wohl diese als die Schrift so zur Retorsion Anlaß gegeben, soll mit dictirung der obgemeldten Strafe zurück gegeben werden.

§. 25. Die Advocaten sollen ihre Satz-Schriften kurtz und deutlich verfertigen, alle Allotria bey Seite setzen, Priora nicht recoquiren, ihre Sache aus den Legibus so viel möglich deduciren, alle unnöthige Allegationes der Doctorum vermeiden, die Schriften rein und sauber mit Unterzeichnung ihres leserlichen Nahmens schreiben, und zusammen geheftet übergeben, und nichts produciren es sey dann fleißig collationiret und nachgelesen.

Wie sie dann auch auf jede Seite wenigstens zwantzig Zeilen, und in jede Zeile zwölf Silben bringen, auch die Partheyen mit Schreib-Gebühren unbilliger weise nicht übersetzen müssen.

§. 26. Es sollen die Advocati nicht mehr durch eine General-Titulatur, rechtliche Nothdurft etc. ihre Producta rubriciren, sondern mit Terminis juris intituliren; als z. E. Libellus actionis, restitutio in integrum, revisio, Exceptiones, replicæ etc.

Es muß auch deutlich, und zwar mit Anführung des Vor- und Zunahmens, auch Bedienung derer Partheyen, exprimiret werden wer Kläger oder Beklagter, Wider-Kläger oder Wider-Beklagte sey. Wie denn auch der Interveniente und Intervente, Litis denunciant und Litis denunciate, wann sich dergleichen finden, mit benennt werden müssen.

Wann über einen Neben-Punct gestritten wird, als z. E. in puncto turbationis, cautionis etc. sollen auch diese mit specificiret werden.

Schließlich müssen nach Absterben der Partheyen auch derer Erben, und, nach beschehener Cession, auch die Cessioniarii mit aufgeführet werden, per formulam: In Sachen N. modo dessen Erben, Cessionarii etc.

§. 27. Alle gerichtliche Producta, Supplicationes, und Satz-Schriften, können in duplo übergeben werden: Es müssen aber die Advocaten solche collationiren, und dafür stehen daß die Schriften so sie übergeben gleiches Lautes seyn, und wörtlich übereinstimmen.

§. 28. Wann ein Advocat die Unterthanen wider ihre Obrigkeit aufwiegelt, und zum Ungehorsam anreitzet, oder ihnen zur Ungebühr patrociniret, oder sonst im Lande


39 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 28.-36.)

die Leute zum Process beredet, so soll derselbe, wann die Sache in einem offenbahren Ungrund beruhet, nicht allein der Parthey alle Kosten prævio juramento erstatten, sondern auch dem Befinden nach cassiret werden. Jedoch wird hiedurch ein rechtmäßiges Patrocinium der Bedrängten niemand verbothen oder abgeschnitten.

§. 29. Die Advocaten müssen die in dieser Ordnung vorgeschriebenen Termine wohl in Acht nehmen, weil sie, wann sie dieselbe versäumen, und nicht vigiliren, die Parthey aber restitutionem sucht, jederzeit mit 5 Rthlr. ex propriis gestraft werden, und alle Schäden und Kosten besonders dem Gegentheil erstatten sollen.

§. 30. Wann ein Advocat bestraft wird, und innerhalb acht Tagen die Strafe nicht von selbst erleget, so soll dieselbe absque monitorio durch den Cantzley-Diener, und wenn er solche nicht so fort bezahlet, durch den Landreuther abgefordert werden.

Es muß auch kein Advocat sich, bey Strafe der Cassation, unterstehen diese Strafe von der Parthey wieder zu fordern; Und soll dem Fiscal frey stehen, die Parthey allenfalls eydlich darüber zu vernehmen.

§. 31. Die Advocaten müssen ihre Privat-Acta in guter und richtiger Ordnung halten, und dem Præsidenten, wann er es verlanget, solche vorzeigen. Sie können auch unter dem Prætext, daß die Parthey ihnen die Gebühren nicht bezahlen, die Acta und Documenta derselben nicht an sich behalten.

§. 32. Die Advocaten müssen des Vormittags um 9 Uhr auf der Regierung sich einfinden, da dann præcise auf den Schlag die Sachen nach der in dem Tage-Zettul enthaltenen Ordnung vorgenommen werden können.

Wann die Verhöre abgelesen worden, und die Parthey und deren Advocat sich nicht gemeldet, nachhero aber doch gehöret seyn wollen, soll die Parthey 1 Rthlr. zur Sportul-Casse bezahlen.

§. 33. Bey denen mündlichen Verhören müssen sie ihren Vortrag deutlich und umständlich, jedoch kurtz thun, und zu dem Ende sich zuvor zu Haus darzu præpariren: Sie müssen den Vortrag mit Rechts-Gründen aus denen Gesetzen, und nicht mit unnöthigen Allegationen derer Doctoren bewähren, darbey sich aller Weitläuftigkeit und unnöthigen Wiederholungen enthalten, und nichts als was zur Sache dienet, vorbringen.

§. 34. Wann ein Advocat in seinem Vortrag einen seiner Parthey nachtheiligen Errorem in facto begehet, soll ihm oder der Parthey frey stehen, solchen binnen drey Tagen zu corrigiren, und dieserwegen, wenn auch schon verabscheidet worden, auf Verhör zu provociren.

§. 35. Was die Advocaten bey dem Constitutioniren zu beobachten haben, dieserwegen werden sie auf Part. III. Tit.  . §.  . und wegen der Corruption auf Part. I. Tit. I. §. 22. verwiesen.

§. 36. Soviel die Satz-Schriften anbetrift, müssen die Advocaten solche gleichfalls mit behörigen Fleiß ausarbeiten, sich aber mit weitläuftigen und undienlichen Allegatis nicht aufhalten, sondern allein Leges, und, so viel möglich, solche Doctores allegiren, welche in terminis terminantibus von dem streitigen Casu handeln, auch alle unnöthige, und nur zur Vergrösserung der Acten und Kosten, auch Beschwerung des Richters in Verlesung der Acten gereichende Wiederholungen vermeiden.

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40 Erster Theil. Tit. XIII. (§§. 37.-41.) XIV. (§. 1.)

§. 37. Wann eine Commission angeordnet worden, müssen sich die Advocaten des Tags vorher bey denen Commissariis melden, und sich erkundigen, ob- und um welche Zeit die Commission vor sich gehen werde, auch sich um die benannte Zeit bey 2 Rthlr. Strafe einfinden.

§. 38. Wann sie Dilationes suchen, müssen sie jedesmahl anzeigen, ob es die erste, zweyte, oder dritte sey.

§. 39. Die Advocaten müssen, wann sie Remedia suchen, jederzeit den Bescheid oder das Urthel beylegen, damit der Decernent wissen könne, ob die Remedia in denen verbothenen Fällen gesucht werden; als in welchen Fall der Advocat jederzeit in 10. bis 20. Rthlr. Strafe ex propriis condemnirt werden soll.

§. 40. Schließlich soll ein jeder Advocat seinerseits sich angelegen seyn lassen den Process in einem Jahr in allen Instantzen zu endigen: Und wenn ein oder der andere übrig bleiben solte, so soll die Ursache der Verzögerung durch eine Commission untersucht, und der Advocat, wann es an ihm gelegen, dimittiret werden.

§. 41. Damit aber die Advocaten destomehr sich mögen angelegen seyn lassen, diese Unsere gerechte und zum Soulagement unserer Unterthanen gereichende Intention zu befolgen, so soll ein jeder Advocat mit folgendem Eyd belegt werden:

Ich N. N. schwere zu Gott einen cörperlichen Eyd, daß ich wissentlich keine offenbahre ungerechte Sache annehmen noch defendiren, auch zu solchem Ende keine Klage, ohne vorher die in dieser Ordnung vorgeschriebene Information und Instruction vorzunehmen, anfangen, und nichts was der Warheit zuwider ist, anführen, vielweniger vorsetzlich etwas leugnen wolle: daß ich auch in zweifelhaften Sachen denen Partheyen die Gäte anrathen, oder dieselbe zu einem Compromiss disponiren wolle. Daß ich ferner keine Gebühren neque directe, neque per indirectum, als wenn der Process völlig zum Ende, und dieselbe per Sententiam determiniret worden, fordern oder nehmen wolle. Daß ich ohne die höchste Noth keine Dilationes fordern, auch die Processe durch unnöthige und dilatorische Incident-Puncten nicht verzögern, sondern so viel an mir liegt, in einem Jahr zum Ende bringen wolle. Daß ich, wann ich hiergegen vorsetzlich und wissentlich handele, als ein Meineydiger mich der in denen Rechten darauf gesetzten Strafe unterwerfen, und diese neue Gerichts-Ordnung aller Jahr einmahl mit Bedacht durchlesen wolle. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. XIV.

Von Vollmachten derer Advocaten.

§. 1. Weil kein Advocatus eine Klage anstellen soll, ehe und bevor er eine richtige Vollmacht erhalten, so hat es dabey sein Bewenden.

Wenn aber eine Sache vorkommen solte, wo periculum in mora ist, und der Advocat die Vollmacht nicht so bald beyschaffen kan, so soll die Klage zwar


41 Erster Theil. Tit. XIV. (§§. 1.-8.)

angenommen werden: Es muß aber der Advocat in dem ersten Termin eine gedruckte Vollmacht übergeben, wann er solches nicht thut, soll er mit seiner Klage nicht weiter gehöret, sondern angehalten werden dem Kläger die Kosten ex propriis zu bezahlen, überdem auch als Falsus procurator angesehen und bestraft werden.

§. 2. Wann ein Advocat ein Mandatum generale erhalten, und die Parthey verschiedene Processe hat, so muß das Original zu einer Sache, zu den andern aber copiæ vidimatæ gelegt, zugleich auch die Acta, bey welchen sich das Original befindet, benannt werden.

§. 3. Solches Mandatum müssen die Partheyen und Consorten eigenhändig unterschreiben und untersiegeln, oder, wenn sie nicht schreiben können, oder kein Siegel haben, die Vollmacht gerichtlich verfertigen, oder durch einen recipirten Notarium in Gegenwart zweyer beglaubten Zeugen unterschreiben lassen.

§. 4. Wenn es Pupillen-Sachen (et)c. betrift, müssen auch die Tutoria et Curatoria in vidimata Copia beygelegt werden.

§. 5. Wenn jemand für seinen Vater, Sohn, Bruder, Schwester, Ehefrau, oder andere im ersten und zweyten Grad cognationis et affinitatis verwandte Personen im Gericht ohne Vollmacht erscheinet, sollen sie admittiret werden wann sie de rato caviren.

Welches auch also zu halten wenn in einer Klage viele Consortes sich unterschreiben, und einer allein erscheinet der für die abwesenden Consorten handeln wolle: Massen dieser ohne Mandat sub cautione de rato gehöret werden soll.

Es wäre denn daß ein speciale Mandatum erfordert werde, weil in diesen Fällen so wohl von denen Conjunctis personis, als von allen Consorten und Interessenten ein besonderes Mandatum nöthig ist.

§. 6. Wann also ein Advocat ein solches Mandat zu Führung des Process erhalten, so kan er zwar alles was dahin einschlägt verrichten, in allen andern Fällen aber, als z. E. in Vergleichen, Veräusserungen, Renunciatone litis, Ablegung der Eyde, Hebung der Gelder (et)c. muß er ein speciale Mandatum haben; welche Casus in dem Land-Recht weiter ausgeführet werden sollen.

§. 7. Ein jeder Advocat ist schuldig bey 5 Rthlr. Strafe in der Vollmacht einen Substitutum zu benennen, welche die Substitution durch seine Unterschrift annehmen und bekräftigen muß, damit bey dem Constitutioniren die Vorträge, oder wann der Advocat verstirbet, die Sache dadurch nicht aufgehalten werde. Es stehet aber denen Partheyen frey diesen Substitutum nach Gefallen zu ändern, wenn sie nur zugleich einen andern benennen.

§. 8. Kein Advocat soll seinem Mandato ohne wichtige Ursache und vorhergehende richterliche Erkänntniß wider der Parthey Willen renunciiren, massen, der Renunciation ohngeacht, der Advocat so lang pro Mandatario gehalten werden soll bis darüber erkannt wird.

Wann die Renunciation vor gültig erkannt wird, muß die Parthey binnen vier Wochen einen andern Mandatarium bestellen, unterdessen aber liegt dem Substituto ob den Process nach wie vor zu besorgen.

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42 Erster Theil. Tit. XIV. (§§. 8.-10.) XV. (§§. 1.-5.)

Wann die Parthey binnen vier Wochen keinen neuen Mandatarium bestellet, soll ein anderer ex officio benannt werden.

§. 9. Denen Partheyen ist erlaubt ihr Mandatum zu revociren, sie müssen aber auch zugleich einen andern benennen; so lang dieses nicht geschicht, muß der vorige Mandatarius und dessen Substitutus ohngeacht der Revocation den Process fortsetzen.

§. 10. Wann ein Advocat solchergestalt sich des Process entschläget, kann er dem Gegentheil in derselben Sache nicht dienen noch rathen, vielweniger was ihn an Heimlichkeiten anvertrauet worden, offenbahren (!). In andern Sachen aber die mit der vorigen keine Connexion haben, ist ihm-wider (!.) diejenige denen er gedienet oder noch dienet, sich gebrauchen zu lassen unverbothen.

Tit. XV.

Von dem Advocato derer Armen, und derer Soldaten.

§. 1. Unter die Armen werden diejenige gerechnet, welche über ihren höchst-nöthigen Unterhalt nicht so viel im Vermögen haben daß sie die Process-Kosten davon bezahlen können.

§. 2. Und dieses ihr Unvermögen müssen sie vermittelst folgenden Eydes bekräftigen:

Ich N. N. schwere, daß ich an aller meiner liegenden und fahrenden Haabe und Güter oder Schulden so viel nicht vermag, daß ich die zu meiner Sachen gehörige nothdürftige Expeditiones, auch meinen Advocaten und Procuratoren ihre Mühe nicht bezahlen noch belohnen kan, auch um Leistung willen dieses Eydes meine Haab und Güter gefährlicher Weise nicht veräussert, noch anderen übergeben habe, und so ich meine Sachen mit Recht erhalte, oder sonsten zum bessern Vermögen komme, daß ich alsdann einem jeden nach seiner Gebühr ehrliche Zahlung thun will, getreulich und ohngefährlich: Als mir Gott helfe und sein heiliges Wort.

§. 3. Und braucht es also keines weitern Gezeugniß seiner Obrigkeit, oder sonst einer Bescheinigung, noch richterlichen Erkäntniß, als wodurch die Sache wider Unsere Intention nur aufgehalten wird.

§. 4. Bey gemeinen Soldaten und Unter-Officiren braucht es dieses Eydes gar nicht weil ohnedem bekandt daß sie von ihrem Sold keine Processe führen können.

Es muß aber dieses Beneficium, nebst der Freyheit von Sportuln, bloß denen Soldaten und Unter-Officiren zu statten kommen, wenn sie wegen ihrer eigenen Sachen (nicht aber wegen ihrer Eltern und Anverwandten) Klage führen.

§. 5. Wenn jemand zu dem Armen-Recht gelassen zu werden verlanget, soll der Armen-Advocat zuforderst die Sache ausführlich examiniren, die Briefschaften mit Fleiß durchsehen, worauf die Sache ankommt wohl erwegen, ein Protocoll darüber halten, und dem Armen, so wie er es vor Gott nach seinem geleisteten Eyd verantworten kan, mit aller Treue assistiren.


43. Erster Theil. Tit. XV. (§§. 6.-12.) XVI (§. 1)

§. 6. Dafern durch seine Nachläßigkeit denen armen Partheyen einiger Nachtheil und Schaden zuwachsen möchte, soll er deshalb ihnen gerecht zu werden verbunden seyn.

§. 7. Im Fall der Advocat die Sache so beschaffen findet, daß er mit guten Gewissen solche zu defendiren sich nicht getrauet, soll er das gehaltene Protocoll dem Præsidenten nebst seinem Gutachten (welches er an Eydes statt unterschreiben muß) einliefern: Da dann dieser dem Befinden nach den Supplicanten bedeuten und zur Ruhe verweisen; oder, wann er noch einen Zweifel dabey findet, durch einen deputirten Rath den armen Kläger, selber examiniren, und ob ihm zu helfen sey, untersuchen lassen muß.

§. 8. Würde der Advocatus pauperum durch Kranckheit oder andere erhebliche Verhinderungen abgehalten die Sache vorzutragen oder fortzusetzen, soll die Regierung ad interim die Sache einem andern Advocato auftragen, welcher solche ohnweigerlich anzunehmen schuldig.

§. 9. Wann beyde Theile das Armen-Recht erhalten, hat Unsere Regierung demjenigen Theil welchem der Advocatus pauperum nicht bedienet ist einen Advocatum ex officio zu setzen, dessen sich kein Advocat entziehen soll.

§. 10. Damit auch Unsere Regierung von den Armen-Processen gewisse Nachricht haben möge, und die Sache nicht liegen bleibe, so soll der Advocat alle drey Monath ein richtiges Verzeugniß aller Armen- und Soldaten-Sachen, und wie weit darinnen verfahren worden, dem Præsidenten einliefern.

§. 11. Demjenigen so zum Armen-Recht verstattet wird sollen alle gerichtliche Ausfertigungen, auch bey denen Unter-Gerichten, umsonst, und zwar auf ungestempelt Papier, ertheilet werden.

§. 12. Wann ein Armer in der ersten Instantz succumbiret, und der Advocat bey seinem geleisteten Eyd anzeiget, daß er kein besseres Urthel zu erhalten glaube, soll ihm das Armen-Recht, wann es auch ein Soldat ist, entzogen werden.

Und wann der Arme boshafter Weise sich nicht begnügen wolte, soll er dem Befinden nach mit Gefängniß und sonst bestrafet werden.

Tit. XVI.

Von dem Amt des Procuratoris Fisci, wie auch derer Soldaten und Armen.

§. 1. Wir haben hiedurch nochmahl declariren wollen, daß kein Procurator künftig mit Processen und gerichtlichen Handlungen weiter etwas zu thun haben, sondern sich dessen enthalten solle:

Allermassen denen Advocaten obliegt die Correspondentzen in ihrem Nahmen durch ihre Schreiber zu führen.

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44 Theil I. Tit. XVI. (§§. 2.-9.)

§. 2. Wir sind aber zufrieden daß die Advocaten die itzo fürhandene Procuratores, bis sie aussterben, als ihre Schreiber zu sothaner Correspondentz, und nicht weiter, gebrauchen können, sie müssen aber die Gebühren für sothane Correspondentz in ihrem Nahmen liquidiren, die Procuratores aber müssen sich mit demjenigen, was ihnen der Advocat nach beschehener Moderation zuwenden will, begnügen.

§. 3. Würde ein Procurator jemanden zu einem Process anrathen, eine Instruction aufsetzen, oder gerichtlich etwas verhandeln, so soll derselbe, insonderheit wann er von denen Partheyen etwas an Geld oder Geldes Werth dafür genommen, cassirt und überdem am Leibe gestraft werden.

§. 4. Wir befehlen unserm Præsidenten und Officio Fisci hierauf fleißig Achtung zu geben, und wann sie einen Procuratorem auf dem Gericht betreten, solches sofort dem Præsidenten anzuzeigen, welcher auf seine Uns geleistete Pflicht nach dieser Ordnung gegen den Uebertreter verfahren soll.

§. 5. Gleichwie aber bey denen Fiscalischen-, Armen- und Soldaten-Sachen dergleichen Procuratores unentbehrlich seyn; So wollen Wir zwey darzu ernennen, wovon einer die Fiscalische, der andre aber die Soldaten- und Armen-Sachen respiciren soll; welche aber bloß in denen ihnen anvertrauten Sachen procuriren, in andere Justitz-Sachen aber bey Strafe der Cassation sich nicht mischen müssen.

§. 6. Der Procurator Fisci muß dasjenige was ihm das Officium Fisci aufträgt fleißig verrichten, und insonderheit für die Expedition und Insinuation der fiscælischen Sachen sorgen.

§. 7. Der Soldaten- und Armen-Procurator muß die an ihn adressirte Schriften gehörigen Orts übergeben, für deren Expedition sorgen, denen Soldaten und Armen so oft es nöthig, Nachricht von ihren Processen ertheilen, auch was sie zur Beschleunigung der Sachen thun sollen, an die Hand geben.

§. 8. Dahingegen müssen die Soldaten sowohl als die Armen die Briefe jederzeit franquiren.

§. 9. Schließlich müssen diese Procuratores durch folgenden Eyd sich verbinden:

Der Armen-Procurator schweret also:

Ich N. N. schwere zu Gott, daß ich meinen Partheyen getreulich und ohnentgeldlich beystehen, deren Angelegenheiten gehörig besorgen, denenselben fleißig Nachricht von dem Zustand ihrer Sachen geben, und ihnen nach meinem besten Wissen und Gewissen rathen; im übrigen aber mich in keine andere Justitz-Sachen mischen, noch darinn procuriren, und, wann die Advocaten sich meiner gebrauchen wollen, nichts weiter als die Correspondentz in deren Nahmen führen, aber auch dieserwegen nichts vor mich fodern, liquidiren, oder nehmen, sondern mit demjenigen zufrieden seyn wolle, was mir die Advocaten zuwenden werden. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Der Procurator Fisci schweret nach folgendem Formula.

Ich N. N. schwere zu Gott, daß ich dasjenige was mir von dem Officio Fisci aufgetragen wird fleißig ausrichten, die verfertigte fiscælische Sachen überall besorgen, die Expeditions zu rechter Zeit abfodern, und für deren Insinuation sorgen will. Im übrigen aber mich in keine andere Justitz-Sachen mischen, noch darinn


45 Erster Theil. Tit. XVI. (§. 9) XVII. (§§. 1.-9.)

vor mich procuriren, und, wann die Advocaten sich meiner gebrauchen wollen, bloß und allein die Correspondentz in deren Nahmen führen, nichts aber dafür vor mich fodern, liquidiren, oder nehmen, sondern mit demjenigen zufrieden seyn wolle, was mir die Advocaten zuwenden werden. So wahr mir Gott helfe durch Jesum Christum etc.

Tit. XVII.

Von denen Notarien.

§. 1. Nachdem die Erfahrung bishero gezeiget, daß zum öftern die Verträge, Contracte, Handlungen, Zeugnisse, Rotuli, Instrumenta, testamentarische Dispositiones etc. mangelhaft, dunckel, unförmlich und unvollkommen aufgesetzt und verfertiget worden; solches aber hauptsächlich von ungelahrten und unerfahrnen Notariis herrühret, so sollen künftig keine Notarii angenommen werden, welche nicht ihr ehrliches Herkommen und bisheriges gutes Verhalten bescheiniget, die Jura studirt haben, auch in pleno sowohl daraus, als aus der Notariat-Ordnung examiniret, und von uns hiernächst bestätiget worden.

§. 2. Damit auch die Partheyen, welche sich derer Notarien gebrauchen, versichert seyn daß sie zu diesem Amt authorisiret worden, so sollen die Notarii auf allen Instrumenten / so sie verfertigen, den Ort ihrer Wohnung, und daß sie immatriculirt seyn, eigenhändig verzeichnen.

§. 3. Die von uns confirmirte Notarii sollen schuldig seyn bey ihren Pflichten, die sie zum Amt geschworen, einen jeden der sie requirirt, wider uns und männiglich zu dienen.

§. 4. Sie müssen aber sich des Advocirens und Procurirens bey Strafe der Cassation enthalten.

§. 5. Alle Instrumenta, als letzte Willen, Codicille, Contracte, und was sie sonsten als Notarii zu verrichten, müssen sie aufrichtig, redlich und ohne Betrug schreiben und nachlesen, auch sich aller zweifelhaften Worte überall enthalten.

§. 6. Desgleichen müssen sie ein Protocollum, darinn alle und jede Handlungen, so vor ihnen ergangen, und worüber sie requiriret worden, selbst eigenhändig halten, und von denen offenen Instrumenten, so aus dem Protocoll gegeben werden, von Wort zu Wort gleich lautende Copeyen registriret behalten und verwahren.

§. 7. Bey Verfertigung derer Instrumenten, Contracten etc. sollen sie alle Clausuln und Renunciationes in teutscher Sprache setzen, und denen Contrahenten insgesamt die ihnen zustehende Rechts-Wohlthaten deutlich erklären.

§. 8. Wann ihnen etwas zu vidimiren übergeben wird, müssen sie die Abschriften mit denen Originalien fleißig collationiren, auch überdem bey allen ihren Verrichtungen weder auf einige Person, Geschencke noch Gaben, derer sie sich gäntzlich zu äussern, ihr Absehen richten.

§. 9. Wenn sie in Commissionen gebraucht, oder ihnen eine gütliche oder gerichtliche Handlung aufgetragen wird, müssen sie binnen acht Tagen entweder die Ursachen anzeigen warum sie die Sache nicht vornehmen können, oder die Citationes würcklich ergehen lassen, und in vier, höchstens aber in sechs Wochen, ihren Bericht, Rotulum etc. bey Verlust der Commissions-Gebühren und arbitrairer Strafe einschicken.

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46 Erster Theil. Tit. XVII. (§§. 10.-13.)

§. 10. Sie müssen auch bey Zeugen-Verhören ihren Rotulum über deren Aussage dergestalt abfassen, daß nach einem jeden Beweiß-Articul und Interrogatoriis aller und jeder Zeugen Aussage in ihrer Ordnung mit denen Worten, wie jeder Zeuge geredet, ordentlich, und nicht durch die Worte affirmat, oder negat, auch nicht relative auf andere Articulos und Interrogatoria, eigentlich verzeichnen und subnectiren, noch sich einiger Abbreviatur gebrauchen.

Wann also dem ersten Articul und darzu gehörigem Interrogatoriis aller und jeder Zeugen Aussage untersetzt worden, folget der andere Articul wiederum von forne (!.) an, welchem abermahl aller und jeder Zeugen Depositiones wortlich und ordentlich untergesetzet werden: In welcher Ordnung durch alle Articula, wie auch bey denen Interrogatoriis verfahren wird: damit der Richter aller Zeugen Aussage auf einen jeden Articul vor Augen haben könne, und des sonst mühsamen Aussuchens und Excerpirens überhoben bleibe.

Wann sie hierwider handeln, sollen sie zum erstenmahl mit Verlust ihrer Gebühren, zum andernmahl mit dem Duplo, zum drittenmahl mit Verlust des Notariat-Amts bestraft werden.

Wir befehlen auch denen Notarien, daß sie bey Zeugen-Verhören jedem Zeugen seine Deposition, ehe er abtritt, klar und deutlich vorlesen, damit sie gewiß seyn, ob sie des Zeugen wahre Meynung recht eingenommen haben.

Weil auch die summariter aufgenommene Zeugnisse, ob gleich dieselbe mit einem Eyd bestärcket worden, in denen Gerichten dennoch nicht mehr als die unbeschworne Attestata beweisen, so wollen Wir, daß bey denenselben kein Notarius hinkünftig den gewöhnlichen Zeugen-Eyd abschweren lassen solle, damit der Mißbrauch des Namens Gottes verhütet werde.

§. 11. Der Zeugen Aussage müssen die Notarii geheim halten, davon bey Strafe der Cassation so wenig denen Partheyen als andern das geringste offenbahren, vielweniger vor Publicirung des Zeugen Verhörs jemanden sehen oder lesen lassen, zu welchem Ende sie ihre Protocolla wohl verwahren sollen, damit in ihrer Abwesenheit, oder sonst, niemand davon zukommen könne.

§. 12. Wann sie Documenta insinuationis verfertigen, sollen sie den eigentlichen Tag darinn Insinuatio geschehen exprimiren, wie auch umständlich verzeichnen was sonst der Insinuant relatiret so bey der Insinuation gesprochen worden, und vorgegangen.

§. 13. Wann ein Notarius verstirbet, sollen dessen Erben solche Protocolla demjenigen Judicio unter dessen Jurisdiction sich ihr Erblasser aufgehalten, bey zehn Rthlr. Strafe einsenden.

Es liegt auch des Orts Obrigkeit ob, ex officio die Protocolla gegen schriftliche Recognition mittelst richtiger Verzeichniß zu erheben, zu versiegeln, und auf dem Gericht in sichere Verwahrung zu hinderlegen, damit diejenige so daran interessirt, darzu einen Recurs haben, und wegen Mangel solcher Protocollen keinen Nachtheil empfinden, auch, was in geheim gehalten werden soll, als Depositiones testium, Testamenta etc. nicht für der Zeit publicirt werden; gestalten dann die Gericht zu solchem Protocollis ohne genugsame Untersuchung und Erkäntniß niemanden verstatten sollen.


47 Zweyter Theil. Tit. I. (§. 1.)

Tit. I.

Von denen bishero bey denen Pom(m)erschen Justitz-Collegiis ratione modi procedendi Eingeschlichenen Mißbräuchen.

§. 1. Wir haben bey der Untersuchung des Justitz-Wesens in Unserm Hertzogthum und Fürstenthum Pommern wahrgenommen,

(1.) Daß bey denen Sessionen auf eine tumultuarische Art verfahren, die Räthe entweder gar nicht, oder nicht zu rechter Zeit erschienen; keine Ordnung im Proponiren gehalten, und dahero wenig Sachen haben abgemachet werden können.

(2.) Daß bey dem Constitutioniren, das ist, bey denen mündlichen Vorträgen derer zur Instruction des Processes gehörigen Vorstellungen (worauf hauptsächlich die Beschleunigung der Processe beruhet), alles in der grösten Confusion tractiret, dergleichen Sachen durch schriftliche Memorialien gesucht, andere, die zum schriftlichen Vortrag gehören, mündlich vorgetragen, die Decreta darauf ohne Ueberlegung verfertiget, und dadurch unzählige Decreta contra Decreta veranlasset worden.

(3.) Daß die schriftliche Supplicata denen Räthen von der Parthey und Advocaten mehrentheils ins Haus zum Decretiren hingegeben, und von denen Räthen ohne Distribution, ohne Nachsehung der Acten, ohne Vortrag im Collegio etc. nach Faveur der Personen darauf decretiret; die im Collegio übergebene Memorialien aber mehrentheils zurück geleget, gar keine Resolution darauf ertheilet, und durch die dieserwegen vielfältig geführte Klagen die Acta mit unzähligen Memorialien überhäuft, die Processe verschleppet, und die Partheyen mit unerträglichen Kosten beschweret worden.

(4.) Daß mit denen mündlichen Verhören auf eine unverantwortliche Weise verfahren, manchmal 30 bis 40 Verhöre auf einen Tag angesetzet, die Sache selten im Collegio vorgetragen, sondern bey einem Secretario angefangen, einige

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48 Zweyter Theil. Tit. I. (§§. 1.-2.) Tit. II. (§§. 1.-4.)

Monath darauf bey einem andern continuiret, und bey einem dritten nach Jahr und Tag geschlossen worden, und daß, wenn endlich die Sachen geschlossen gewesen, die Behörs-Bescheide und Urthel in Jahr und Tag nicht erfolget, niemahls daraus referiret, sondern bloß die Sententzen verlesen worden.

(5.) Daß, wann nach langen Jahren in denen Acten, welche zum schriftlichen Verfahren verwiesen gewesen, endlich geschlossen worden, nicht allein die Sententzen verzögert, sondern auch keine ordentliche schriftliche Relationes verfertiget, vielweniger dieselbe in pleno verlesen und darüber ordentlich und mit Attention votiret worden.

Endlich und (6.) so hat auch dieses eine grosse Verzögerung bey der Justitz verursachet, daß Acta an auswärtige Universitæten verschicket worden, wo mehrentheils schlechte, in praxi unerfahrne Professores sich befinden, und von welchen so viel Nullität begangen worden, daß man die Urthel ab actis removiren, und Acta mit grossen Kosten der Partheyen und Verschleppung der Justitz anderweitig verschicken müssen: zu geschweigen, daß man unterweilen in Jahr und Tag die Urthel nicht zurück erhalten können.

§. 2. Weil nun aus allen diesen und vielen andern Unordnungen nichts anders erfolgen können, als daß die arme Unterthanen zum Raub der Richter und der Advocaten, folglich durch die unerschwingliche Kosten ruiniret werden müssen; zu geschweigen, daß von denen Processen kein Ende abzusehen gewesen. So haben Wir denen unzähligen Klagen einmahl Ziel und Maaß setzen, alle diese Unordnungen abstellen, und zu dem Ende Unsern Pommerschen Justitz-Collegiis wegen aller vorbemeldten Puncte folgende Ordnung vorschreiben wollen.

Tit. II.

Ordnung, wie es bey denen Sessionen gehalten, und was darin verhandelt werden soll.

§. 1. Die beyde erste Senatus, welchen das Civil-Departement hauptsächlich aufgetragen worden, versammlen sich Morgens um 8 Uhr.

§. 2. Der Anfang der Handlung wird gemacht mit denen publiquen Sachen, und ins besondere mit Publication der eingelaufenen Rescripten, worvon der Præsident den Vortrag thut.

§. 3. Darauf werden die schriftliche Memorialien in der Ordnung, wie solche unten Tit. III. vorgeschrieben ist, vorgetragen.

§. 4. Præcise um 9 Uhr müssen die Advocaten herein gefördert werden, und der Cantzley-Diener lieset den Tage-Zettel, worinn die Sachen, die denselben Tag tractiret werden sollen, enthalten seyn, ab, nemlich:

1. Die Verhöre.

2. Die Eydes-Leistungen.

3. Die Relationes commissariorum, Rotuli testium, Testamenta etc. welche zu publiciren seyn.


49 Zweyter Theil. Tit. II. (§§. 4.-11.)

4. Die Inrotulationes actorum.

5. Die fertige Behörs-Bescheide und Urthel, so publiciret werden sollen.

6. Güther und Häuser die gerichtlich verkauft werden.

§. 5. Wann ein Advocat bey dem Ablesen der Verhöre sich nicht meldet, soll er diesem Termino nicht weiter gehöret werden, sondern er muß einen andern Terminum ausbringen, und dem Gegentheil die Contumacial-Kosten erstatten; Es wäre denn daß er 1 Rthlr. in die Sportul-Casse erlegen wolte. Vid. P. 1. Tit. 13. §. 32.

§. 6. Nach Verlesung des Tage-Zettels werden diejenige Decreta, welche auf die Constitutions-Protocolla in der vorigen Session verfertiget worden, verlesen, und die fertige Behörs-Bescheide und Urthel zugleich publiciret.

§. 7. Wann solches geschehen, tragen die Advocaten diejenige Memorialien mündlich vor welche zum Constitutioniren, das ist, zur Instruction des Process gehören, und wovon Tit. seq. die Ordnung vorgeschrieben wird.

Unterdessen verfüget sich der zweyte Senat in die Neben-Stube, um die schriftliche Relationes welche zu dessen Departement gehören zu verlesen, und die Bescheide oder Urthel abzufassen. Vid. Tit. seq..

§. 8. Sobald die Advocaten mit dem Constitutioniren fertig seyn, muß der erste Senat die Decreta darauf, nach Anleitung des Tit. seq. §. 6. verfertigen, auch nachher, wann noch einige Zeit übrig ist, die fertige schriftliche Relationes verlesen und abthun.

Die Advocaten aber verfügen sich zu dem zweyten Senat in die Neben-Stube, und warten die mündliche Verhöre ab, welche auf den Tag angesetzet worden, und worauf der zweyte Senat die Behörs-Bescheide entweder denselben, oder den folgenden Tag verfertigen und in der nächsten Session publiciren muß. Vit. (= Vid.) Tit. seq..

§. 9. Bey dem Constitutioniren führet der Protonotarius das Protocoll, und ein Referendarius das Neben-Protocoll: welches Neben-Protocoll denen Acten beygeheftet werden soll.

§. 10. Des Sonnabends müssen beyde Senatus, und zwar jeder in seinem Zimmer, die in der Woche übrig gebliebene Re- und Correlationes verlesen und die Urthel verfertigen, auch was in der Wochen noch übrig geblieben abthun. Vid. part. 1. Tit. 2. §. 2.

§. 11. Die Criminal-Räthe müssen Sonnabends diejenige Criminal-Sachen, welche ihnen zugeschrieben worden, in dem zweyten Senat vortragen, keine Sache über 8 Tage bey sich behalten, oder vor jeden Tag 1 Rthlr. in die Sportuln-Casse erlegen.

Wann ulterior defensio gesucht, und Inquisite von dem Senat darzu verstattet wird, muß der Præsident einem andern Criminal-Rath die Acta distribuiren, welcher in dem ersten Senat auf gleiche Weise des Sonnabens referiren muß.

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50 Zweyter Theil. Tit. III. (§§ 1.-5.)

Tit. III.

Von dem Constitutioniren oder mündlichen Vorträgen derer Memorialien, welche zur Instruction des Process gehören.

§. 1. Es hat die Erfahrung gezeiget, daß die Acta bey Unsern Justitz-Collegiis (a) mit unzählichen Memorialien überhäufet worden, welche (b) die Partheyen öfters von Leuten so die Rechte und Praxin nicht verstehen, noch die Acta gelesen, verfertigen lassen, dahero die Petita mehrentheils contra jura et acta eingerichtet, und nachhero von geringen und elenden oder malitieusen Advocaten unterschrieben, auch solche (c) diesem oder jenem Rath zugestecket worden, welcher (d) öfters ohne genugsame Ueberlegung, oder aus Absichten darauf decretiret, da denn (e) nicht anders seyn können, als daß diese Decreta auf des Gegentheils Vorstellung wieder aufgehoben, und solchergestalt (f) die Verfertigung, Præsentirung, Expedirung und Insinuation eines jeden Memorials viele Zeit und Kosten erfordert, und daß (h) durch die unendliche Menge sothaner kostbaren Memorialien die Processe verewiget, und die Unterthanen durch die unerschwingliche Kosten ruiniret worden, insonderheit, da (i) einige Gewinnsüchtige Advocaten durch diesen Kunstgriff alle Verhöre wendig zu machen, und durch allerhand ungegründete Vorstellungen den Lauf der Justitz zu hemmen, und das Ende der Processe zu hindern gesucht haben.

§. 2. Diesem Unfug nun abzuhelfen, ordnen und wollen Wir, daß hinkünftig kein Memorial welches zur Instruction des Processus gehöret, weiter schriftlich übergeben werden, sondern die Advocati ihre Nothdurft in Gegenwart derer Räthe und übrigen Advocaten mündlich vortragen, und solchergestalt cum causæ cognitione decretiret werden solle.

§. 3. Weil aber solches nicht geschehen kan bis beyde Theile ihre Mandatarios ad acta bestellet haben, so verstehet sich von selbsten, daß, ehe und bevor diese bestellet, alles schriftlich gesuchet, und dahero der Libellus actionis, und, wann der Gegentheil nicht erscheinet, oder das Verhör nicht abwartet, die Accusationes contumaciæ schriftlich übergeben werden müssen.

§. 4. Wann aber der Gegentheil auch einen Advocaten bestellet, so können beyde Advocati nichts weiter schriftlich übergeben, sondern sie müssen z. E. die Dilationes, Inhibitiones, Publicationes sententiarum et rotulorum testium, Executiones, und alles was zur Instruction des Processus gehöret, mündlich bitten, in specie müssen sie die Haupt-Schriften, wann loco oralis oder schriftlich verfahren wird, bey dem mündlichen Vortrag in duplo übergeben, auch das Original dem Collegio, die Copey aber dem Gegentheil zustellen.

§. 5. Wann ein Advocat etwas gegen den mündlichen Vortrag seines Gegentheils einzuwenden hat, muß er solches in continenti vorstellen, und die Ursachen, warum dem Petito nicht deferiret werden könne, kurtz anführen. Worauf der Implorante, wenn er es nöthig findet, mit wenigen repliciren, und der Implorate dupliciren kan.


51 Zweyter Theil. Tit. III. (§§. 6.-10.)

§. 6. Wann der Vortrag von allen Advocaten geschehen, und dieselbe abgetreten, werden die Decreta von dem ersten Senat, welcher die Vorträge ad protocollum genommen, verfertiget.

Es muß aber damit behutsam verfahren, und, wo das geringste Dubium darbey ist, Acta nachgesehen werden, insonderheit muß allezeit, wann die Advocaten Dilation fordern, gefragt oder nachgesehen werden, ob es prima oder secunda sey. Weil die Dilationes, nachdem die Advocaten keinen Process, ohne völlige Instruction zu haben annehmen sollen, nicht leicht verstattet werden müssen, wann auch schon der gegenseitige Advocat, öfters wider seine Pflicht, consentiret.

Wann sich auch nachhero finden solte, daß ein Advocat etwas wider die Rechte und Ordnung vorgetragen und erlanget hätte, so soll sowohl dieser als der gegenseitige Advocat, welcher nicht contradiciret, mit 2. bis 5. Rthlr. Strafe belegt werden. Und liegt dem Præsidenten ob bey der monathlichen Revision der Acten darauf Achtung zu geben.

Die verfertigte Decreta werden in der nächsten Session publiciret. Vid. Tit. præc. §. 6.

§. 7. Das Haupt-Protocoll wird des Nachmittags denen Partheyen in der Parthey-Stube öffentlich in Gegenwart eines Cantzelisten vorgelegt, da denn einem jeden Advocaten frey stehet Copiam von denen publicirten Decretis ohnentgeldlich zu nehmen, und seine Privat-Acta zu completiren.

Wann sich aber ein Advocat des Decreti in seinen Schriften bedienen und solches als eine Beylage anführen will, muß er es bey dem Protonotario suchen, und unter dessen Hand, gegen zwey zur Sportuln-Casse zu erlegenden Groschen, ausfertigen lassen.

§. 8. Da sich auch wol zuträget, daß der Advocatus nicht in continenti auf des andern mündlichen Vortrag zu antworten vermag, weil er nöthig findet vorhero Acta nachzusehen, oder Information ratione novi facti von seinem Clienten einzuhohlen, oder der Substitutus in Abwesenheit des Advocati eine Dilation zu antworten ad proximam bittet (et)c. So stehet bey dem Collegio, NB. wann die Decision sich nicht ex ipsis actis ergiebet, (welchenfalls das Collegium auf den Vortrag, ohne Erwartung der gegentheiligen Antwort, decretiren kan und muß,) demselben auf einen, zwey, oder mehr Gerichts-Tage Dilation zu geben.

§. 9. Wann auch bey dem Constitutioniren Sachen vorgetragen werden, welche weitläuftig und altioris indaginis seyn, wogegen viele Facta oder Exceptiones vorgestellet werden müssen (et)c. So stehet so wol dem Kläger als dem Beklagten frey auf Verhör, oder auf ein Verfahren loco oralis zu proviciren, welches auch, wenn die Sache nicht ex ipsis actis ihre abhelffliche Maasse findet, nicht versagt werden kann. Wann sich aber finden solte, daß der Advocat freventlicher Weise auf Verhör provocirt, und dadurch die Sache aufgehalten hätte, soll derselbe jedesmahl mit 2. bis 5. Rthlr. Strafe beleget werden.

§. 10. Wann sich jemand gegen das publicirte Decret graviret befindet, kan er in der nächsten Audientz nochmahlige Vorstellung dagegen thun, was aber alsdenn resolviret wird dabey soll es lediglich sein Bewenden haben, und solches pro Judicato gehalten werden.

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52 Zweyter Theil. Tit. III. (§§. 11.-15.)

§. 11. Weil nun bey diesem Constitutioniren nothwendig Acta bey der Hand seyn müssen, damit die Verordnungen, welche eine Nachsehung der Acten bedürfen, durch deren Mangel nicht ausgesetzet, und dadurch die von uns intendirte Beschleunigung der Justitz nicht gehindert werden möge; So befehlen Wir unsern Räthen bey Vermeidung Unserer Ungnade, keine Acta mit nach Hause zu nehmen, und wann ihnen ja einige zugeschrieben werden, jederzeit die Specification von denen Acten so sie bey sich haben mit auf die Regierung zu bringen, da ihnen dann das Protocoll, worauf decretiret werden soll, mitgegeben werden muß, damit sie in der nächsten Audientz den Vortrag daraus thun, und mit Publication des Decreti verfahren werden könne. Wie dann auch denen Secretarien und Cantzelisten hierdurch bey willkührlicher Strafe verbothen wird, keine Acta in ihrem Hause zu behalten, allermassen sie alles in der Regierungs-Cantzeley expediren sollen und müssen. (Vid. supr. part. 1. Tit. 9. §. 3.)

Insonderheit müssen die Räthe welche die Güthe versuchen sollen, oder denen sonst Commission aufgetragen worden, keine Acta bey sich behalten, sondern, wann sie ja bey Versuchung der Güthe (et)c. die Acta nöthig haben, solche jederzeit aus der Registratur abfodern.

Denen Fiscælen wird gleichfalls bey Strafe der Cassation verbothen einige Acta aus der Registratur an sich zu nehmen; Wann aber ein Actus Inquisitionis würcklich von ihnen verrichtet wird, und sie die Acta nothwendig dazu haben müssen; oder ihnen eine Deduction ex Actis zu verfertigen aufgetragen worden, sollen ihnen solche, præscitu Præsidis, gegen einen Schein auf eine kurtze und gewisse Zeit abgefolget werden, sie müssen aber so fort, wann der Actus vorbey, die Acta wieder in die Registratur bey 2 Rthlr. Strafe einliefern. (Vid. part. 1. Tit. 12. §. 33.)

§. 12. Weilen nun solchergestalt alle Memorialien, welche zur Instruction des Processus gehören, in einem Tage mündlich vorgetragen, decretiret, und ohne daß es denen Partheyen das Geringste kostet, publiciret werden; folglich keine Decreta contra Decreta, auch kein Auffenthalt durch die viele und kostbare Vorstellungen zu fürchten; So müssen unsere Räthe bey der Pflicht, womit sie Uns verwandt seyn, auf diese Einrichtung genau halten, und nichts was derselben zuwider ist verstatten.

§. 13. Gleichwie aber in denen Ferien die schriftliche Supplicata nothwendig verstattet werden müssen, also sollen dieselbe alsdenn zugelassen, und es mit deren Distribution, Vortrag und Expedition, wie Tit. seq. versehen, gehalten werden.

§. 14. Damit es aber mit der Expedition derer in denen Feriis einlaufenden Sachen desto geschwinder zugehen möge, so sollen in denen grossen und kleinen Ferien die alsdann gegenwärtige Räthe alle Woche einmahl zusammen kommen, alle Memorialia nach der Tit. seq. vorgeschriebenen Ordnung vortragen, darauf decretiren, auch solche expediren und insinuiren lassen: In Wechsel- wie auch Arrest- und anderen Sachen wo Periculum in mora, auch wann Declaratio sententiæ gesucht wird, können in denen Ferien Verhöre angesetzet, die Executiones aber (ausser in Wechsel-, Aliment- und andern Sachen, wo Periculum in mora ist,) müssen bis zu Ende der Ferien ausgesetzet werden. Vid. part. 1. Tit. 2. §. 5.

Wie dann auch die Räthe, welche Relationes fertig haben, solche in denen Ferien verlesen können.

§. 15. Und weil diese Einrichtung erfordert, daß die sämtlichen Advocati nothwendig an denen zum Constitutioniren verordneten Tägen auf der Regierung beysammen seyn müssen; Als ordnen und wollen Wir weiter, daß dieselbe in denen


53 Zweyter Theil. Tit. III. (§§. 15.-17.) IV. (§§. 1.-3.)

bemeldeten Tagen des Morgens um 9 Uhr, bey 1 Rthlr. Strafe zur Sportul-Casse, sich auf der Regierung einfinden, und ohne die höchste Noth nichts durch die Substitutos (welche wenige Information von den Sachen zu haben pflegen) vortragen lassen.

Unterdessen stehet dem Collegio dennoch frey auf einseitigen Vortrag, wann sich die Resolution aus denen Actis ergiebet, ohnerwartet des Advocati oder Substituti Antwort, inspectis actis zu decretiren.

§. 16. Es müssen auch die Advocati für diesen mündlichen Vortrag keine Gebühren anrechnen, weil ihnen vor die Verhöre mehr als gebräuchlich gewesen passiret worden.

§. 17. Es verstehet sich im übrigen von selbsten, daß die ausser Stettin und Cöslin wohnende Advocaten und Fiscæle sich mit der Direction der Processe weiter nicht bemengen, sondern solche bey Strafe der Cassation denen in vorgemeldten Städten wohnenden Advocaten lediglich überlassen müssen. Wie denn auch die Räthe und andere Justitz-Bediente, it. die Magisträte und Unter-Gerichts-Advocaten, wann sie in ihren eigenen Sachen Processe führen, die Vollmacht jederzeit einem Regierungs-Advocaten auf- und durch denselben die Nothdurft bey dem Constitutioniren vortragen lassen müssen. Vid. part. 1. Tit. 13. §. 2.

Tit. IV.

Von denen schriftlichen Memorialien, und wie es mit deren Distribution, Vortragung, Expedition, und Insinuation gehalten werden soll.

§. 1. Weil viele Sachen vorfallen, welche nicht zur Instruction des Processes gehören, sondern auf Neben-Puncten ankommen; als editionem documentorum, præstationem cautionis, sequestrationem, attentata etc. oder wann es auf interpositionem fatalium, Beweißführung (et)c. ankommt, oder der Vortrag (wann auch derselbe zur Instruction des Process gehörte) wegen derer darbey vorkommenden Umstände zu weitläuftig fallen solte, oder wann von einem Theile noch kein Advocatus bestellet worden, so verstehet sichs von selbsten, daß dergleichen Sachen durch schriftliche Memorialien vorgestellet werden müssen.

§. 2. Alle Supplicata, so schriftlich übergeben werden, müssen denen Registratoren nach ihrem Departement eingehändiget werden um das Præsentatum darauf zu schreiben. Und müssen der Præsident und die Räthe keine dergleichen Supplicata annehmen, sondern solche an die Registratores verweisen.

§. 3. Es müssen aber die Registratores sorgfältig Achtung geben, ob auch die Memorialien von einem recipirten Advocaten unterschrieben seyn; In dessen Ermangelung soll das Memorial dem Præsidenten absque præsentato zugefertiget werden, um nach der Ordnung (Vid. part. 1. Tit. 13. §. 18.) zu verfahren.

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54 Zweyter Theil. Tit. IV. (§§. 4.-13.)

§. 4. So bald ein Memorial præsentiret worden, müssen die Registratores die Acta dazu anschaffen, und parat legen; auch eine Specification von allen Sachen so denselben Tag einlaufen verfertigen, und dem Præsidenten zur Distribution des Nachmittags um 4 Uhr zusenden.

Da denn der Præsident den Nahmen derer Räthe, welche decretiren sollen, ad marginem setzet.

§. 5. Wann der Cantzeley-Diener die Specification zurück bringt, müssen die Registratores die Acta zu jedem Memorial legen, welche der Diener noch denselben Tag denen ernannten Decernenten hinbringen soll, damit die Räthe gehörige Zeit haben mögen, die Memorialien mit denen Acten zu conferiren, und in der nächsten Session daraus zu referiren.

§. 6. Derjenige Rath der zum erstenmahl decretiret hat, (welches der Registrator auf die Specification zugleich notiren muß) soll perpetuus decernens bleiben, und vor die Richtigkeit des Vortrags stehen. Wann über dessen Decret geklaget wird, soll der Præsident ihm einen Correferenten zugeben, welcher in pleno daraus den Vortrag thun muß.

§. 7. Die Räthe müssen die Decreta nach der Vorschrift part. 1. Tit. 6. §. 2. seq. verfertigen, und in der nächsten Audientz vortragen.

§. 8. Damit aber der Præsident wissen möge, ob alle Memorialien vorgetragen worden, so müssen demselben die Specificationes in der Audientz vorgeleget werden, da er denn, wenn der Vortrag geschehen, den Nahmen der Partheyen durchstreichen, die Specification aber nicht eher bis alle Sahcen vorgetragen worden weglegen muß.

§. 9. So bald die Sachen decretiret seyn, müssen sie denen Secretariis, zu deren Departement dieselbe gehören, zur Expedition zugestellet werden.

§. 10. Die expedirte Sachen müssen desselbigen Tages des Abends um vier Uhr denen Räthen welche decretiret haben zur Revision zugesandt, und von dem Cantzeley-Diener, wann die Revision geschehen, denen Cantzelisten zu mundiren hingebracht werden.

§. 11. Die Cantzelisten müssen des folgenden Tages früh mit der Mundirung fertig seyn, damit dieselbe dem Præsidenten des Nachmittags zur Unterschrift und Siegelung zugestellet werden können.

§. 12. Von denen unterschriebenen und gesiegelten Sachen wird eine Specification verfertiget, welche in der Parthen-Stube ausgehangen wird, damit ein jeder Advocat die ihn angehende Verordnungen abfordern könne. Wann des Vormittags dieselbe nicht abgefordert werden, muß der Cantzeley-Diener die übrig gebliebenen Verordnungen des Nachmittags denen Advocaten ex officio insinuiren, diese aber die Insinuations-Gebühren ex propriis bezahlen.

§. 13. Weil nun durch diese Veranstaltung alle Decreta den ersten Tag expedirt, den andern Tag mundirt, unterschrieben und gesiegelt, den dritten Tag aber abgefordert werden müssen; so fallen alle unnöthige und kostbare Sollicitatur- und Insinuations-Gebühren von selbsten hinweg.


55 Zweyter Theil. Tit. IV. (§. 14.) V. (§§. 1.-7.)

§. 14. Und damit durch die Auslösung die Sachen nicht aufgehalten werden; So sollen die Cantzeley-Gebühren (worunter auch Copialien gehören) von dem Secretario causæ bey einer jeden Sache notiret, und am Ende eines jeden Monaths die Specification dem Advocaten zugefertiget werden, welcher schuldig seyn soll, seiner Parthey dieselbe zuzusenden, und diligentiam, wenn es verlanget wird, zu dociren. Vid. part. 1. Tit. 6. §. 25.

Tit. V.

Wie bey denen mündlichen Verhören zu verfahren.

§. 1. Mündliche Verhöre sollen bloß in denenjenigen Sachen angesetzet werden, welche keine weitläuftige Ausführung erfodern, und von keiner sonderbaren Wichtigkeit seyn, oder wo periculum in mora fürhanden.

Als z. E. in Wechsel- und klarer Schuld-, Aliment- auch Injurien-, Turbations-, Arrest- und andern dergleichen Sachen.

§. 2. Wann eine Sache zum mündlichen Vortrag kommt, muß der Præsident, nebst denen Räthen das Protocoll mitführen, auf den Vortrag genau Achtung geben, folglich alle andre Sachen beyseite legen, und solchergestalt sich völlig von der Sachen informiren.

§. 3. Die Advocaten müssen den Vortrag kurtz fassen und sich zu Hause darzu præpariren. Vid. part. 1. Tit. 13. §. 33.

§. 4. Wann der Beklagte im ersten Termino nicht erscheinet, und des Klägers Advocat dessen contumaciam nicht accuisirt (!), noch einen andern Terminum extrahirt, soll dieser 2. bis 5. Rthlr. Strafe geben. Vid. insin. Tit. von contumacien.

§. 5. Derjenige Rath, welchen die Termins-Acta zu der Sache distribuiret worden, (Vid. part. 1. Tit. 1. §. 5.) muß den Vortrag daraus thun, und den Bescheid juxta majora abfassen, auch die Haupt-Rationes decidendi mit inseriren.

§. 6. Die Bescheide müssen von allen Räthen des Senats unterschrieben, und dem Protonotario verschlossen zugefertiget werden, damit er solche in den Tage-Zettul setzen, und in proxima publiciren könne.

§. 7. Bey denen mündlichen Verhören führet das Haupt-Protocell (!) der jüngste Rath, oder, wann derselbige gehindert wird, einer von denen Referendariis, das Neben-Protocoll aber, welches ad Acta gelegt wird, führet allezeit ein Referendarius.

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56 Zweyter Theil. Tit. VI. (§§. 1.-6.)

Tit. VI.

Von denen Sachen worinn Loco Oralis, oder schriftlich verfahren worden, wie solche distribuiret, die Urthel darinn abgefaßt, und publiciret werden sollen.

§. 1. Wann der Richter findet, daß eine Klage oder Appellation dergestalt beschaffen, daß, wann auch schon ein Terminus eventualis angesetzt wird, dennoch die Sache in Termino wegen ihrer Weitläuftigkeit nicht mündlich vorgetragen werden könte: So kan der Richter zu Gewinnung der Zeit, gleich Anfangs die Sache zum Schrift-Wechsel von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen, oder von 4. zu 4. Wochen verweisen. Vid. part. 1. Tit. 6. §. 7.

§. 2. Wann auch eine Sache Rechtshängig ist, und einige Incident-Puncten darbey vorfallen welche eine nähere Einsicht und Ausführung erfordern, so kan der Richter dem Decreto entweder einen eventualen Terminum ansetzen, oder die Sache sofort loco oralis von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen verweisen. Vid. part. 1. Tit. 6. §. 7.

§. 3. Diejenige Sachen welche loco oralis verwiesen werden, können nicht anders als mündliche Vorträge angesehen werden, welche das Collegium wegen Enge der Zeit zum schriftlichen Verfahren aussetzet.

Dahero kein Stempel-Papier dabey nöthig ist, keine Dilationes verstattet, keine Termini Inrotulationis angesetzt, auch denen Advocaten blos die Termins-Gebühren dafür bezahlet werden.

§. 4. Wann in dergleichen Sachen duplicando geschlossen worden, müssen die Registratores denselben, oder höchstens den folgenden Tag die Acta heften und foliiren, solche in das Distributions-Buch einschreiben, und dieses dem Præsidenten zu Benennung eines Referenten durch einen Cantzley-Diener in einer verschlossenen Lade zusenden.

§. 5. Wann der Præsident den Referenten benennet, muß der Cantzley-Diener die Lade sofort dem Registratori zurücke bringen, dieser aber die Acta ohnverzüglich dem benannten Referenten durch einen auf die Acta geklebten Zettul, mit Beyfügung des Tages, wohlverwahrt zusenden damit niemand des Referenten Nahmen erfahren möge.

§. 6. Der Referente muß höchstens binnen 8 Tagen eine schriftliche Relation cum rationibus dubitandi et decidendi ex actis verfertigen, und solche in der nächsten Session, oder wann die Zeit zu kurtz fällt, den nächsten Sonnabend in seinem Senat referiren, die Urthel juxta majora abfassen, und NB. die Haupt-Rationes decidendi dem Behörs-Bescheid einfliessen lassen.


57 Zweyter Theil. Tit. VI. (§§. 7.-16.)

§. 7. Der Behörs-Bescheid muß dem Protonotario verschlossen zugestellet werden um solchen in den nächsten Tage-Zettul einzutragen, und den Bescheid in der nächsten Session, absque citatione, zu publiciren.

§. 8. Wann eine Sache zum ordentlichen Schrift-Wechsel verwiesen, und duplicando darinn geschlossen worden, muß der Richter bey Uebergebung der Duplic Terminum Inrotulationis ad proximam ansetzen, welcher Terminus niemahls prorogirt werden soll.

§. 9. Wann die Inrotulation geschehen, muß der Registrator denselben Tag Acta in das Distributions-Buch (in welches allein die Sachen worinn schriftlich verfahren wird eingetragen werden) einschreiben, solches dem Præsidenten zu Benennung eines Re- und Correferenten, durch den Cantzley-Diener verschlossen zusenden, dieser aber, wie oben §. 5. verordnet, die Sache weiter befodern.

§. 10. Der Referent muß eine umständliche schriftliche Relation cum rationibus dubitandi et decidendi verfertigen, solche höchstens binnen 14 Tagen fertig machen, oder vor jeden Tag 1 Fl. in die Sportuln-Casse erlegen; es wäre denn daß die Sache sehr weitläuftig, oder ein anderes unvermeidliches Impedimentum sich herfür thäte, und dem Præsidenten solches angezeiget würde, in welchem Fall dem Referenten noch 8. oder höchstens 14 Tage zur Verfertigung seiner Relation verstattet werden können.

§. 11. Wann der Rath mit seiner Relation fertig, muß er dieselbe dem Præsidenten (welcher das Datum darauf notiren soll) zusenden, die Acta aber dem Correferenten mit Beyfügung des Dati zusenden, sich aber gegen denselben nicht das geringste von seiner Meynung oder Voto mercken lassen.

§. 12. Der Correferent muß binnen gleicher Zeit, und unter eben derselben Condition seine Correlation, verfertigen, dieselbe gleichfalls dem Præsidenten verschlossen zusenden, die Acta aber der Registratur wieder einliefern.

§. 13. Der Præsident muß dafür sorgen daß beyde Relationes in demjenigen Senat, wohin die Sache gehöret, ohnverzüglich verlesen, das Urthel juxta majora abgefaßt, und dem Protonotario zur Publication zugestellet werde.

Es müssen aber bey allen dergleichen Sachen besondere rationes decidendi abgefaßt und dem Urthel beygelegt werden, damit, wann Remedia ergriffen werden, der Judex Superior mit desto besserem Grund in der Sache erkennen möge.

§. 14. Wann ein Re- oder Correferent durch eine langwierige Kranckheit, oder andern Zufall, verhindert wird seine Relation zu verfertigen, muß der Præsident einen andern Referenten bestellen.

§. 15. Damit aber der Præsident auch versichert seyn möge, daß mit denen Re- und Correlationen richtig eingehalten werde, so muß er sich alle Montage die Distributions-Bücher in pleno vorlegen lassen, sich bey einer jeden Sache, ob sie abgethan sey, erkundigen, die abgethane Sachen auslöschen, von denen Räthen aber, so im Rückstand geblieben, den 1. Flr. für jeden Tag beytreiben lassen. (Vid. P. 1. Tit. 3. §. 11.) Und soll dem Collegio nicht frey stehen, davon zu dispensiren.

§. 16. Und weil die Wohlfahrt unserer Unterthanen von einer vernünftigen, redlichen und gewissenhaften Entscheidung derer Rechts-Sachen dependiret, so haben Wir unsern Præsidenten und Räthen nochmahls auf ihr Gewissen binden wollen, alle ihre Attention bey Abfassung derer Re- und Correlationen anzuwenden, keine andere Sachen währender Ablesung vorzunehmen, sondern die Haupt-Umstände und Rationes zu notiren, damit sie mit völliger Ueberzeugung und ruhigem Gewissen ihr Votum ertheilen können. (Vid. Part. 1. Tit. 6. §. 9. et 19.)

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58 Zweyter Theil. Tit. VII. (§§. 1.-2.)

Tit. VII.

Wie es künftig mit denen Instantzen bey unserer Regierung gehalten werden solle.

I.

Wir haben oben Part. I. Tit. 1. §. 1. verordnet, daß unsere Regierung in drey Senatus eingetheilt, und daß in denen beyden ersten alle Processe, sowol in geistlichen als weltlichen Sachen geführt und decidiret, in dem dritten aber blos diejenige Sachen tractiret werden sollen welche zu keiner Contradiction kommen, worin es weder Verhöre noch Urthel gebraucht, und welche in der Consistorial-Ordnung determiniret werden sollen.

§. 2. Die Instantzen aber in diesen Senaten sollen künftig bey unserer Regierung folgender Gestalt reguliret werden:

Es soll nemlich

I.

Wann Bauren, Bürger, und andere nicht Eximirte verklagt werden.

Die erste Instantz bey denen Unter-Gerichten.

Die zweyte oder Appellations-Instantz, bey dem zweyten Senat der Regierung.

Die dritte oder Restitutions-Instantz, bey dem ersten Senat der Regierung festgesetzet werden.

II.

Wann Eximirte verklagt, oder jemand, (er mag eximirt seyn oder nicht) wegen einer Consistorial-Sache belangt wird.

Ist die erste Instantz bey dem zweyten Senat der Regierung.

Die zweyte oder Restitutions-Instantz, bey dem ersten Senat der Regierung.


59 Zweyter Theil. Tit. VII. (§§. 2.-3.)

Die dritte oder Appellations-Instantz bey dem Tribunal in Berlin.

III.

Diejenige geistliche Sachen, welche dem Consistorio gelassen worden, gehören zum dritten Senat.

Hiebey sind aber eigentlich keine Instantzen, weil es solche Sachen seyn, welche regulariter keine Contradiction mit sich führen.

Wann sich aber ja begeben solte, daß jemand gegen des Consistorii Verordnung, oder Einrichtung, Beschwerde führen möchte, so muß er seine Gravamina bey der Regierung übergeben, welche dem Befinden nach einem fiscalischen Bedienten aufgeben muß Acta nachzusehen, und davon mit Einsendung derer Acten zu berichten, da dann ohne weiteres Verfahren Acta ad referendum ausgethan, und der Gravatus nach denen Acten und Rechten beschieden werden soll. Worbey es schlechterdings sein Bewenden hat.

§. 3. Wann die erste Instantz bey denen Unter-Gerichten ist, so muß der Unterrichter 1.) so viel möglich die Partheyen ohne Advocaten vornehmen, die Güte unter ihnen versuchen, in deren Entstehung aber beyder Theile Vorbringen ad protocollum nehmen, und ins besondere den Kläger, wann ihm an der Klage etwas abgeleugnet wird, wie er den Beweiß führen wolle, umständlich befragen, auch nach beschehener Erklärung demselben, was er beweisen müsse, deutlich vorschreiben: Welches der Richter auch bey denen von dem Beklagten zu erweisenden Exceptionen beobachten, und solchergestalt beyder Theile Jura in das gehörige Licht setzen, und den gantzen Process ex officio dergestalt instruiren muß, daß, wann die Güte nicht verfangen will, definitive darinn erkannt werden könne.

Wann die Sache aber wichtig und weitläuftig ist, und Advocaten dabey gebraucht werden müssen, muß der Unter-Richter die Sache nicht zum ordentlichen schriftlichen Process, sondern loco protocolli von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen verweisen, denen Advocaten nicht die geringste Weitläuftigkeit verstatten, und so viel möglich den schriftlichen Process binnen 4. bis 6. Wochen zum Ende bringen.

Es muß auch 2.) dadurch daß der eine Theil einen Advocaten hat, der andere nicht, daß Verhör nicht aufgehoben werden, sondern der Richter muß den Advocaten abweisen, und den Process nach Pflicht und Gewissen ex officio instruiren, und rechtlichen Bescheid darüber ertheilen.

Massen wann Wir schon an einigen Orten einen oder etliche Advocaten geordnet, solches keinesweges in der Absicht geschehen, daselbst ordentliche Processe zu führen, sondern bey Errichtung wichtiger Contracte, Theilungen und dergleichen, oder da Einwohner an andern Orten Processe führen und Supplicata übergeben müssen, denenselben Rath mitzutheilen, oder auch als Justitiarios sich gebrauchen zu lassen.

Wann aber Fremde, Krancke, oder weit entfernte Partheyen, etwas vor dem Gericht zu suchen hätten, und dazu Advocaten als Mandatarien abschickten, sollen diese zwar admittiret werden; Wann aber der eine Theil keinen Advocaten bey sich hat, muß

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60 Zweyter Theil. Tit. VII. (§. 3.)

der Richter sich von dessen Gerechtsamen umständlich informiren, solche treulich ad protocollum nehmen, und solchergestalt die Sache ex officio zum Spruch instruiren.

Und weil 3.) die Beschleunigung der Untergerichts-Processe, wann Advocaten adhibiret werden müssen, hauptsächlich von diesen dependiret, so müssen sie alles beobachten, was oben Part. I. Tit. 13. denen Advocaten vorgeschrieben worden; dahero denn auch kein Untergerichts-Advocat bey Strafe der Cassation einige Gebühren vor geendigtem Process fordern oder nehmen soll; sondern er muß in seinem letzten Satz solche specificiren, und deren Moderation von dem Richter erwarten, die Execution aber bis zum Ende des Processes ausgesetzet werden.

Im übrigen ist 4.) der Unter-Richter schuldig, bey der Publication des Bescheides, oder Urthels, denen Partheyen kund zu machen, a.) daß sie, (wann sich sonst die Sache zu einer zweyten Instantz qualificiret) an das Hof-Gericht appelliren können, aber sothane Appellation innerhalb 10 Tagen interponiren müssen: b.) daß sie bey dem Hof-Gericht einen Advocaten bestellen, demselben eine gedruckte Vollmacht überschicken; und c.) binnen 4 Wochen, ihre Justifications-Schrift ohne weitere Verordnung daselbst sub pœna desertionis eingeben müssen: und das d.) solches Erinnerung gethan worden, muß der Richter auf Pflicht und Gewissen unter dem Bescheid notiren.

Wann 5.) die Partheyen binnen 10. Tagen appelliren, folglich die Sache an das Hof-Gericht zur zweyten Instantz gedeihet, so muß der Unterrichter den Libellum sofort dem Appellaten communiciren, und den folgenden Posttag Acta nebst dem Libello Appellationis an das Hof-Gericht ex offico bey 10. Rthlr. Strafe einsenden, und die Kosten von der Parthey beytreiben.

Wann der appellirende Theil 6.) seine Gravamina in der Schedula Appellationis zugleich justificiret, und keine weitere Justification ausdrücklich reserviret hat, muß der Præsident die Acta primæ instantiæ sofort dem zweyten Senat distribuiren, und einen Re- und Correferenten benennen.

Wann aber der Appellante bloß die Gravamina anführet, oder ausdrücklich eine weitere Justification reserviret, so muß er (ohne darüber, ob die Appellation anzunehmen, oder nicht, Resolution zu erwarten,) sothane Justification binnen 4 Wochen schriftlich bey der Regierung einbringen; und soll dieser Terminus fatalis seyn, und unter keinem Prætext prorogirt werden: nach Uebergebung der Justifications-Schrift müssen Acta einem Re- und Correferenten zugetheilet werden.

Wann 7.) die Gravamina in einem offenbahren Ungrund bestehen, und solches per majora Senatus davor gehalten wird, alsdenn soll das vorige Urthel ohne weiteres Verfahren per sententiam confirmiret, und die Sententz in der nächsten Audientz ohne weitere Citation publiciret werden.

Im Fall aber 8.) die Gravamina einiger massen zweifelhaftig seyn, muß der Senat durch einen Bescheid dem Gegentheil die Justifications-Schrift communiciren, und die Sache loco oralis von 8. zu 8. oder von 14. zu 14. Tagen, oder aber, wenn die Sache wichtig ist, zum ordentlichen schriftlichen Verfahren verweisen, und zwar mit folgendem Formular:

Daß die Sache befundenen Umständen nach zu fernerem Verfahren von 8 zu 8 Tagen (et)c. zu verweisen, und Appellate excipiendo den Anfang zu machen habe.


61 Zweyter Theil. Tit. VII. (§§. 3.-4.)

Welcher Bescheid in der nächsten Audientz, ohne Citation derer Partheyen publiciret werden soll.

Der Appellante ist (9.) schuldig bey 5 Rthlr. Strafe diesen Bescheid nebst der Copia justificationis sofort dem Appellanten insinuiren zu lassen, und ein Documentum Insinuationis sich anzuschaffen, damit er nach Verlauf des Termini (welcher erst a die Insinuationis zu laufen anfängt) den Appellaten mit Grund contumaciren, und einen andern Terminum præjudicialem extrahiren könne: wann in dieser zweyten Instantz Acta geschlossen, muß durch eben dieselbe Re- und Correferenten die Sache weiter untersucht, und die Sententz nach denen Acten und Rechten cum rationibus dubitandi et decidendi abgefaßt werden.

Im Fall 10.) jemand durch den Spruch dieser zweyten Instantz sich graviret zu seyn vermeynet, und die Sache zur dritten oder Restitutions-Instantz sich qualificiret, so muß der Provocante binnen 10 Tagen die Restitution bey eben dieser Regierung interponiren, hienächst dieselbe binnen 4 Wochen à die interpositionis justificiren. Worauf der Præsident diese Justifications-Schrift nebst denen Actis prioris instantiæ dem ersten Senat zustellen, und einen Re- und Correferenten benennen muß, welche mit Abfassung der Urthel, wie in voriger Instantz vorgeschrieben, verfahren müssen.

§. 4. Und dieses hat also seine Richtigkeit, wann die erste Instantz bey denen Unter-Gerichten ist. Wann aber eximirte und privilegirte Personen belanget werden, oder es eine Consistorial-Sache betrift, so ist

1.) Die erste Instantz bey der Regierung, und muß der Libellus actionis daselbst übergeben, und der darauf abzufassenden Resolution allezeit eventualis Terminus mit beygefüget werden.

Im Termino muß 2.) die Sache entweder mündlich gehöret, oder dieselbe, wenn die Zeit zu kurtz ist, loco protocolli von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen, oder, wann sie sehr weitläuftig, zum schriftlichen Verfahren verwiesen werden.

Wenn 3.) Acta völlig instruiret seyn, (und, wann in Schriften verfahren ist, Acta inrotuliret worden) so muß der Præsident dieselbe dem zweyten Senat zustellen, und daselbst einen Re- und Correferenten benennen, welche binnen eben der vorhin gesetzten Zeit mit ihren Relationen fertig seyn müssen, worauf dann das Urthel ohne fernere Citation in pleno publiciret wird.

Wann ein Theil 4.) durch dieses Urthel graviret zu seyn vermeynet, und die Sache sich zur zweyten oder Restitutions-Instantz qualificiret, so steht ihm frey das Remedium Restitutionis zu ergreifen, und solches intra decendium bey eben dieser Regierung zu interponiren, welche es dem Gegentheil transmittiren muß.

Wann solches geschehen, muß er binnen 4. Wochen a die interpositionis seine Gravamina, ohne Erwartung eines Decreti, justificiren.

Nach Einlaufung der Justification muß 5.) der Præsident dieselbe mit denen Acten prioris instantiæ dem ersten Senat zustellen, und zugleich einen Re- und Correferenten benennen, welche eben wie oben versehen, verfahren, und entweder auf die blosse Justification sprechen, oder wenn die Gravamina einen Schein haben, die Sache durch einen Bescheid zum fernern Verfahren verweisen müssen.

Von dieses Senatus Urtheil gehet 6.) die Appellation an das Tribunal als die dritte Instantz:

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62 Zweyter Theil. Tit. VII. (§§. 4.-7.)

Wie aber solche dritte Instantz künftig, da nach Unserer Intention die Processe in einem Jahr zu Ende gebracht werden sollen, bey dem Tribunal einzurichten, solches soll vor Publication dieser Ordnung näher regulirt werden.

§. 5. Bey diesen dreyen Instantzen soll es lediglich gelassen, und die letzte Sententz, sie mag Con- oder Reformatoria derer vorigen Sententzen seyn, als ein Judicatum gehalten, und unter keinem Prætext, auch einer insanabilen Nullitæt, angefochten werden.

Allermassen dem Publico mehr daran gelegen, daß, (wann auch die unterliegende Parthey vermeynen solte, daß ihr zu viel geschehe) eine Particulir-Sache darunter leide, als daß unter dem Prætext einer Nullität denen Litiganten Gelegenheit gegeben werde, durch dergleichen vierte Instantz die Processe zu verlängern.

§. 6. Es sollen aber diese drey Instantzen nicht ohne Unterschied verstattet werden, sondern Wir wollen es folgender Gestalt damit gehalten wissen:

Es soll gar kein Remedium, und also keine zweyte Instantz zugelassen werden.

1.) Wann das Gravamen offenbar wider die Jura und Landes-Verfassung läuft.

2.) Wann ob periculum in mora intermistice, und bis rechtlich darüber erkant werden kan, (insonderheit in Spolien-, Grentz-, Pacht- und Unterthanen-Sachen) etwas verordnet wird.

3.) Wann super admissione testium, und über die Pertinentz derer Articuln, gesprochen, und erkannt wird daß die Zeugen zu admittiren, oder dieselbige über die streitige Articuln Einwendens ohngeachtet abzuhören: Weil dem Producten seine Exceptiones contra personas et dicta testium bey der Deductione probationis ohnedem vorbehalten bleiben.

Wann aber die producirte Zeugen als inadmissibiles, und die übergebene Articuln als impertinent declariret werden, muß dem Producto, weil die Haupt-Sache auf den Beweiß ankommt, die zweyte Instantz nicht versagt, aber es bey demjenigen was alsdann erkannt wird gelassen werden.

4.) Von Expensen und Moderatons-Urtheln.

5.) Wann kleine Strafen dictiret werden. Wie auch in Injurien-Sachen welche geringe Leuthe betreffen, und in Bagatell-Sachen welche unter 10 Rthlr. betragen.

6.) Wann in contumaciam gesprochen worden, und dieselbe nicht in continenti bey dem darüber anzusetzendem Verhör purgiret wird.

7.) Wann die Communicatio documenti per Sententiam festgesetzt wird.

In allen diesen und andern in dieser Ordnung angeführten Fällen soll denen Unter-Gerichten frey stehen deren eingewandten Remedien ohngeacht das Urthel zur Execution zu bringen.

§. 7. In einigen Fällen soll zwar ein Remedium verstattet werden, aber nur quoad effectum devolutivum: als

1.) Wann ein Wechsel als richtig, und die Bezahlung nach Wechsel-Recht erkannt wird.


63 Zweyter Theil. Tit. VII. (§§. 7.-8.)

In diesem Fall muß der Beklagte entweder bezahlen, oder das Geld deponiren in dessen Entstehung aber gegen ihn mit Personal-Arrest, ohne Ansehen der Person, verfahren werden: Und muß er die Remedia aus dem Arrest verfolgen.

Würde das Collegium hierunter säumig seyn, und aus unzeitigem Mitleiden oder Consideration mit der Execution anstehen, so soll der Debitor aus des Decernenten Besoldung und Güthern befriediget werden.

Womit es auch also zu halten, wenn schon der Debitor leugnet daß es ein Wechsel, oder das Wechsel(-)Recht in diesem Casu statt habe, weil es genug ist daß die Schrift per sententiam vor einen Wechsel erkannt worden.

Es muß aber der Debitor in Wechsel-Sachen nicht mit dem Land-Reuter belegt, sondern, von was für Condition er sey, in ein öffentliches Gefängniß, bis zur Bezahlung, gesetzet werden, weil die Land-Reuter wegen der schweren Executions-Gebühren das Wenige, was der Debitor noch hat, wegzunehmen pflegen, andere Inconveniéntzen zu geschweigen.

2.) In Aliment-Sachen.

3.) In Fällen, wo periculum in mora ist, und das Collegium solches billig findet.

4.) Wann in summariissimo gesprochen worden.

5.) Wann über die Eröfnung eines Concurs, Ertheilung eines Moratorii, über die Competentz welche ein Debitor obæratus prætendiret, oder über dessen Quantum erkannt worden.

6.) In allen andern in dieser Ordnung enthaltenen Fällen.

Wann also dem Remedio bloß quoad effectum devolutivum deferiret wird, so soll niemand frey stehen die Execution zu suspendiren, sondern die Regierung muß die Execution verrichten, wann auch schon per Rescriptum Bericht erfordert, und mit der Execution darinn anzustehen befohlen worden.

§. 8. Die dritte Instantz soll niemahlen verstattet werden:

1.) In Bagatell-Sachen, welche unter 25 Rthlr. betragen, wenn auch schon die vorhergehende Sententzen sich contrair seyn.

2.) Wann über die Incident-Puncten in denen zweyen vorigen Instantzen gesprochen worden.

3.) Wann die Restitutio in integrum ob neglecta formalia processus, vel lapsum termini, in zweyen Instantzien abgeschlagen oder verstattet worden.

4.) Wann jemanden eine Tutel oder Curatel durch zwey Conformes aufgetragen oder jemand davon befreyet worden.

5.) In Injurien-Sachen, wann die Personen honoratioris conditionis seyn, in welchem Fall blos ulterior defensio, und also die zweyte Instantz statt hat.

6.) Wann die Sache nicht 500 Gfl. den Goldfl. 2 Rthlr. 8 Gr. gerechnet, betrift, doch diejenigen Fälle, welche in der Ober-Appellations(-)Gerichts-Ordnung enthalten, ausgenommen.

7.) Wann in possessorio ordinario in zweyen Instantzen gesprochen worden.

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64 Zweyter Theil. Tit. VIII. (§§. 1.-8.)

Tit. VIII.

Von besserer Einrichtung der Registratur, und dem Amt des Registratoris.

§. 1. Unter denen Haupt-Mißbräuchen welche bey der Regierung eingeschlichen, und die Processe verzögert haben, ist die Unordnung welche sich bey der Registratur gefunden; Und welche Wir durch diese besondere Constitution zu ändern nöthig finden.

§. 2. Zuforderst sollen künftig keine Registratores angenommen werden, als welche die Jura studirt, und etwas vom Praxi inne haben. Zu welchem Ende dieselben in pleno von der Regierung, ehe und bevor sie angenommen werden, examiniret werden sollen.

§. 3. Bey unserer Regierung sollen zwey Registratores bestellet werden, von welcher der eine die Publica und was bishero bey der Regierung tractirt worden, auch die Lehns-Sachen, der andere die Hofgerichts-Sachen in seiner Verwahrung halten muß.

§. 4. Diese Registratores müssen sich des Morgens um 8. Uhr, und des Nachmittags von 3. bis 5. Uhr, bey 8. Gr. Strafe auf der Regierung einfinden, um bey der Hand zu seyn wann Acta erfodert werden.

§. 5. Alle Libelli actionum, Memorialien, gesuchte Restitutiones, und andere Schriften, sollen denen Registratoren nach ihren Departement allein (und nicht dem Præsidenten und Räthen) übergeben werden, welche sofort das Præsentatum darauf setzen, die übergebenen Pieçen in ihr Buch, mit Anführung derer Beylagen, eintragen, und was einmahl überschrieben worden bey Strafe der Cassation nicht wieder zurück geben sollen.

§. 6. Denen præsentirten Memorialien müssen sie sofort ante Acta beyfügen, und mit deren Ablieferung an den Cantzley-Diener, wie oben Tit. 4. §. 4. et 5. versehen, verfahren.

§. 7. So bald ein Memorial aus der Expedition kommt, müssen die Registratores solches sofort ad Acta heften, foliiren, und in den Rotulum eintragen, allermassen wann Acta Manca gefunden werden, und die Schuld an ihnen liegt, dieselbe jedesmahl 1. Flr. Strafe erlegen sollen.

Sie können aber vor das Heften der Acten (weil es ein Stücke ihres Amts ist) nichts fodern, vielweniger einen Buchbinder darzu halten.

Wann in Sachen so loco oralis, oder zum schriftlichen Verfahren verwiesen werden, geschlossen ist, so müssen die Registratores nach Anleitung des Tit. 6. §. 4. et. 9. dieselbe dem Præsidenten ohnverzüglich zur Distribution zufertigen.

Es müssen auch diese Distributions-Bücher alle Montage dem Præsidenten vorgelegt werden, um Nachfrage zu halten, ob alle Sachen zu behöriger Zeit referiret und abgethan worden. Vid. Tit. 8. (§.) 15. Nach der Audientz aber müssen dieselbe wieder verschlossen zurück gelegt werden.

§. 8. Bey allen einlaufenden neuen Processen müssen die Registratores gleich Anfangs eine richtige Rubric verfertigen, und

1. Das Datum der eingelaufenen Klage oben ansetzen.

2. Die Nahmen der Partheyen, und


65 Zweyter Theil. Tit. VIII. (§§. 8.-16.)

3. Das Objectum litis deutlich exprämiren.

4. Sofort den Rotulum anfangen und

5. Acta foliiren.

In Processu causæ aber

6. Das Folium wo die Vollmacht, item

7. Die Sententzen befindlich, notiren.

8. Den Decernenten beyschreiben, (weil dieser Perpetuus Decernens bleiben soll.)

9. Den Senat, wohin die Sache gehört, genau anmercken.

§. 9. Ihre Registratur müssen sie in richtiger Ordnung halten, damit sie die Acta, wann sie gefodert werden sofort finden können.

Diejenige Sachen welche nicht zur Contradiction, folglich nicht zum Process gedeyen, müssen sie von Process-Sachen separiren, und dieselbe nicht mit auf die Process-Listen setzen, sondern eine besondere Registratur darüber führen.

§. 10. Sie müssen keine Acta abliefern ohne in ihr Buch zu notiren wer sie bekommen.

Und weil öfters Acta in die Audientz oder bey Verfertigung der Constitutions-Decreten gefodert werden; So müssen sie nach geendigter Session sich selbst in der Audientz-Stube verfügen, und die etwa daselbst befindliche Acta wieder zu sich nehmen: Und wann sie jemand mit nach Hause genommen, fleißig darnach fragen, auch wann sie dieselbe Woche nicht remittirt werden, oder gar einige Acta verlohren gehen, solches den Præsident melden.

§. 11. Die Registratores müssen bey Strafe der Cassation keinem Advocaten, auch keinem Fiscalischen Bedienten einige Acta ohne des Præsidentens schriftliche Permission mit nach Hause geben: wann sie aber auf schriftliche Ordre Acta abfolgen lassen, müssen sie specifice notiren, wieviel Volumina es gewesen: auch dafür sorgen, daß Acta nach einiger Zeit wieder von ihnen abgefodert werden.

§. 12. Wann von denen Partheyen Briefe, Siegel und andere Schriften producirt werden, soll der Registrator dieselbe, so lang sie im Gericht bleiben, fleißig verwahren und aufheben, auch denen Parthen auf ihr Begehren darüber eine Recognition gratis ertheilen.

§. 13. Die Registratores müssen nicht leiden, daß eine Parthey oder deren Advocaten, vielweniger deren Bedienten, sich in die Registratur einfinden, und die Acta nachsuchen dürfen, sondern wann jemand Acta nachzusehen nöthig hat, soll er dieselbe auf einen von dem Præsidenten erhaltenen Zettul in der Neben-Stube nachsehen; Im Fall sie auch mit denen Cantzley-Bedienten zu sprechen hätten, müssen sie solches an andern gelegenen Oertern thun.

§. 14. Wann die Registratores verreisen, oder sonst gehindert werden ihr Amt zu thun, müssen sie die Schlüssel dem Præsidenten zustellen, welcher die Anstalt machen soll daß einem andern unterdessen die Registratur anvertrauet werde.

§. 15. Kein Registrator soll sich unterstehen jemand einige Copialien ohne des Præsidenten Vorwissen zu ertheilen, oder Inspectionem Actorum zu verstatten.

§. 16. Wann Inrotulatio actorum verordnet wird, muß solches in seiner Gegenwart geschehen, und muß er das Protocoll halten, und die Advocaten solches unterschreiben: Wann der eine ausbleibet, muß er solches notiren, weil die Inrotulatio in contumaciam pro facta gehalten, und Acta sofort zum Spruch vorgelegt werden müssen.

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66 Dritter Theil. Tit. I. (§§. 1.-7.)

Dritter Theil.

Tit. I.

Von einigen besondern Processen, als (1.) in Bagatell-Sachen, (2.) in Summariissimo, (3.) in Injurien, (4.) in Causis fiscalibus, (5.) bey Commissionen, und (6.) Versuchung der Güthe, (7.) zwischen Pächtern und Guths-Herren, Obrigkeiten und Unterthanen, Pupillen und Vormündere: Item wegen streitiger Gräntze, (8.) in Concursen etc.

§. 1. Es hat die Erfahrung gezeiget, daß bey Unserer Regierung fast in allen Sachen modo ordinario verfahren, und kein Unterscheid unter denen Sachen, worin summarie verfahren werden muß, gemacht worden.

§. 2. Solchergestalt hat sich geäussert, daß (1.) die Bagatel-Sachen durch Advocaten vorgetragen, auf Beweis und Gegenbeweis erkant, und allerhand Remedia gegen die Erkentniß verstattet worden.

§. 3. Ob Wir auch schon (2.) in summarissimo einen kurtzen modum procedendi vorgeschrieben, so hat doch die Erfahrung gegeben, daß solcher gar nicht beobachtet, unzählige Weitläuftigkeit darbey gebraucht, interventiones und litis denunciationes zugestanden, auch so gar verschiedene Remedia verstattet worden.

§. 4. Wir haben auch (3.) in Injurien-Processen eine besondere Constitution publiciret, und wie darinn kurtz verfahren werden solle, angewiesen. Es ist aber auch darauf nicht gehalten worden, sondern man hat von diesen Processen kein Ende absehen können.

§. 5. Hauptsächlich aber und (4.) seyn bey denen fiscalischen Processen viele Mißbräuche eingeschlichen, wodurch nicht allein die Sachen weitläuftig und kostbar gemacht, sondern auch durch der fiscalischen Bediente Passiones und Chicanen die Partheyen öfters um ihre zeitliche Wohlfarth gebracht worden.

§. 6. Es haben auch (5.) die öfters unnöthige, langwürige und kostbahre Commissiones die Processe aufgehalten, und die Unterthanen ruiniret.

§. 7. Wir haben auch (6.) wahrgenommen, daß die Güthe niemahls gehörig versucht, oder der behörige Ernst darbey gebraucht worden, wodurch, sonderlich im Anfange, viele Processe hätten vermieden werden können.


67 Dritter Theil. Tit. I. (§§. 8.-10.) Tit. II. (§§. 1.-4.)

§. 8. Und wann (7.) zwischen Pachtern und Guts-Herrn, Obrigkeiten und Unterthanen, Pupillen und Vormündern, item wegen der Gräntzen Streit entstanden, so seyn die Processe mehrentheils unsterblich gewesen, oder haben sich nicht ohne des einen oder des andern Theils Untergang geendiget.

§. 9. Schließlich und (8.) so sein die Concurs-Processe in der grösten Unordnung tractiret worden, der Ausgang aber ist endlich dahin gediehen, daß die Advocaten, und hauptsächlich der Contradictor und bonorum Curator, das übrige Vermögen absorbirt, und denen Creditoren das leere Nachsehen gelassen haben.

§. 10. Wir haben daher nöthig gefunden, eine besondere Constitution zu entwerfen, wie in allen diesen Sachen verfahren, und dieselbe bald, ohne Weitläuftigkeit und Kosten, zum Ende gebracht werden können. Was die Criminal- und Wechsel-Processe betrift, darüber beziehen Wir Uns auf die dieserwegen puclicirten (!) besonderen Ordnungen.

Tit. II.

Von Bagatell-Sachen.

§. 1. Weil einige gewissenlose Advocaten sich nicht entblöden in allen Kleinigkeiten ordentliche Processe zu führen, viele Exceptiones dilatorias zu formiren, Incident-Puncte zu erregen, auf Beweiß und Gegenbeweiß zu provociren, und wohl gar verschiedene Remedia gegen die in dergleichen Bagatell-Sachen ergangene Bescheide zu ergreifen, wodurch Unsere Unterthanen gezwungen werden mehr Kosten auf den Process zu verwenden als die Sache imprortiret (et)c. So ordnen und wollen Wir daß es künftig in dergleichen Sachen folgendergestalt gehalten werden solle.

§. 2. Der Kläger muß 1.) eine schriftliche Vorstellung übergeben, das Factum kurtz und deutlich anführen, und das Petitum demselben gemäß formiren; worbey der Advocat dasjenige was ihm bey Verfertigung eines Libelli vorgeschrieben worden, beobachten muß. Vid. P. I. Tit. 13. §. 8. seq..

§. 3. Wenn 2.) ein Bauer, oder anderer gemeiner Mann, niemand findet der ihm eine schriftliche Klage aufsetzen will, und sich bey denen Gerichten meldet, soll der Richter ihn nicht abweisen, sondern jemand committiren, welcher die Klage ex officio auf- und solche mit allen Umständen ad protocollum nehmen soll.

§. 4. Der Richter muß auf die schriftliche Vorstellung, oder auf das Protocoll, rechtlich verordnen, und eventualiter Terminum zum Verhör ansetzen, mit der Commination

Daß, wann Beklagter entweder nicht in Person, oder wann er kranck, oder anderer wichtigen Ursachen halber verhindert wird (welches er an Eydes statt bekräftigen muß), durch einen Bevollmächtigten erscheinen würde, in contumaciam erkandt werden solte.

Worbey zugleich dem Beklagten anbefohlen werden muß, dem Kläger ein Recepisse bey 1 Rthlr. Strafe zu ertheilen, und alle seine Documenta, Nachrichten, und Zeugen wann dergleichen fürhanden, in Termino mitzubringen.

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68 Dritter Theil. Tit. II. (§§. 4.-11.)

Der Richter muß aber auch den Kläger bedeuten, daß er in Termino seine Documenta, Nachrichten, und Zeugen wann er deren bedarf, in Termino produciren müsse.

§. 5. Dieses Decret, nebst der copeylichen Klage oder Protocoll, und dahin gehörigen Beylagen, muß der Richter dem Kläger zustellen, damit er dem Beklagten solches selber insinuiren könne.

Im Fall dieser dem Kläger kein Recepisse ertheilen wolte, muß der Kläger den Notarium, Schultzen, oder Richter des Orts antreten, welche mit Vorbehalt der verwürckten Strafe, ihm ohne alles Entgeld entweder ein Recepisse verschaffen, oder aber daß die Insinuation geschehen, attestiren müssen.

§. 6. Wenn der Beklagte bey Zeiten, schriftlich oder mündlich ad protocollum Dilation bittet, muß das Memorial oder Protocoll nebst dem anderweitig angesetztem Termino, dem Beklagten auf eben dieselbe Art zur Insinuation zugestellet werden.

§. 7. Wann der Beklagte in Termino nicht erscheinet, muß sofort in contumaciam gegen ihn verfahren, und, wann die Klage vor richtig erkannt wird, die Execution dem Judici loci anbefohlen, das Mandatum aber dem Kläger zugestellet werden: wann der Beklagte contumaciam purgiren wolte, muß es salva executione geschehen.

§. 8. Wann der Citatus in Termino in Person erscheinet, muß er seine Nothdurft mündlich vorstellen, der Richter muß dessen Exceptiones ad protocollum nehmen, und die Sache ex officio ad duplicas usque instruiren, und keinen Advocaten zu(-)lassen.

Wann ein Theil durch einen Advocaten erscheinet, der andre in Person, muß das Verhör dadurch nicht aufgehalten werden, sondern wann des Advocaten Proposition ad protocollum genommen worden, muß der zu Aufnehmung des Protocolli deputirte Rath dem andern Theil alle angeführte Umstände und Rationes deutlich vorstellen, was er dargegen in facto einwenden kan, von ihm vernehmen, die Jura suppliren, folglich des Indefensi Nothdurft ex officio beobachten, und wann solchergestalt duplicando geschlossen, in der Haupt-Sache nach Recht und Billigkeit sprechen.

Wann beyde Theile extra locum judicii wohnen, stehet dem Richter frey zu Erspahrung der Kosten einem des Orts, oder in der Nachbarschaft wohnenden Rechts-Gelahrten zu committiren, diese geringe Sache zu untersuchen, beyde Theile vor sich zu fordern, die Zeugen wo nöthig abzuhören, und das Protocoll zum Spruch einzusenden.

§. 9. Es werden aber unter die Bagatell-Sachen gerechnet, wann die Sache 50 Rthlr. und darunter betrift:

Wann die Sache kein baares Geld, sondern Præsentationes, Jura, oder andere Anforderungen importiret, deren Werth nicht über 50 Rthlr. gerechnet werden kann, (welches dem arbitrio judicis lediglich überlassen wird) so gehören solche gleichfalls unter die Bagatell-Sachen.

§. 10. Weil aber öfters das Wohl und Weh, insonderheit bey armen und geringeren Leuthen (!) in dieser Summe bestehet, und daher die Remedia nicht so schlechterdings versagt werden können, so wollen Wir es folgendergestalt damit gehalten wissen.

§. 11. Wann jemand sich über den Bescheid gravirt befindet, und die Sache 10 Rthlr. und weniger betrift, so soll niemahls ein Remedium gegen den Bescheid verstattet werden. Vid. Part. 2. Tit. 7. §. 6. n. 5.


69 Dritter Theil. Tit. II. (§§. 12.-14.) III. (§§. 1.-2.)

§. 12. Betrift aber die Sache über 10 und unter 20 Rthlr. so muß der Gravatus innerhalb 10 Tagen ein Remedium einwenden, und nachher seine Gravamina daraus binnen 4 Wochen bey eben demselben Richter justificiren. Worzu keine Dilation verstattet werden soll.

Diese Justitificatio kan schriftlich oder auch mündlich geschehen, in welchem letzten Fall der Richter wiederum ex officio die Justitification instruiren muß.

Wann solches geschehen, muß der Richter ohne weiteres Verfahren Acta nebst seinem Bericht und Gutachten ex officio an das Ober-Gericht einsenden: Und was dieses erkennet darbey soll es gelassen, und kein weiter Remedium, auch nicht sub prætextu nullitatis, verstattet werden.

§. 13. Wann die Sache über 20 Rthlr. und unter 50 Rthlr. betrift, so soll wie in andern Sachen verordnet ist, verfahren, die Justification binnen 4 Wochen bey dem Ober-Gericht schriftlich übergeben, und, wann die Gravamina gegründet scheinen, und daher nöthig gefunden wird den andern Theil dargegen zu hören, die Sache zu weiterm Verfahren, wie oben in dem folgenden Tit.  . §.  . versehen, verwiesen, aber es bey demjenigen was alsdann erkannt wird lediglich gelassen, und die dritte Instantz niemahlen verstattet ewrden.

§. 14. Es können die Richter und Commissarii in dergleichen Bagatell-Sachen ausser denen Copial- und Insinuations-Kosten keine Gebühren nehmen noch fordern. Wann aber jemand Remedia von dem Bescheid ergreifet, und Sententia confirmatoria bey dem Ober-Gericht erfolgt, so soll pars succumbens in pœnam 2 Rthlr. zur Sportul-Casse erlegen.

Wie dann auch der Advocat, wann derselbe dergleichen Bagatell-Sachen übernimt, und Confirmatoria erfolget, seine Gebühren verlustig gehen, und diese der Sportul-Casse zugesprochen werden sollen.

Tit. III.

Von dem Processu in Possessorio Summariissimo.

§. 1. Weil das Summariissimum öfters gemißbrauchet, und mit dem Possessorio ordinario confundiret, der Beweiß nicht recht eingerichtet, und dadurch Weitläuftigkeit und unnöthige Kosten verursachet zu werden pflegen, so ordnen und wollen Wir daß künftig in Summariissimo folgendermassen verfahren werden solle.

§. 2. Das Summariissimum soll nur statt haben, wenn von der Possessione præsentanea vel quasi die Frage ist, und ein Theil klagt daß er von einem andern in seiner Possession de facto turbiret werdt, und daher Periculum in mora, oder Metus armorum vorhanden, oder ein unwiderbringlicher Schaden zu besorgen sey.

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70 Dritter Theil. Tit. III. (§§. 3.-9.)

§. 3. Bey diesem Summariissimo muß der Kläger in seinem Libello den Ort wo die Turbation geschehen umständlich beschreiben und benennen, anbey sich in einer beständigen und ruhigen Possession von 1. 2. 3. und mehr Jahren fundiren, das Petitum aber dahin formiren, daß er in seiner Possessione præsentanea et quieta möge geschützet, dem Gegentheil alle Turbation inhibiret, und (wann ihm etwas weggenommen worden) das Weggenommene cum omni causa restituiret werden.

§. 4. Worauf der Richter Mandatum de non turbando, vel de restituendo pure, oder salvo jure, cum vel sine pœna, oder auch alles in statu quo zu lassen, ertheilen; eventualiter aber Terminum zum Verhör sub pœna confessi et convicti ansetzen muß.

§. 5. Weil es nun hauptsächlich auf die Bescheinigung des Orts und der angegebenen Possession ankommt; so müssen beyde Theile sothane Bescheinigung durch beeydeter Zeugen Aussage, oder solche Documenta welche actus possessorios in sich halten, führen, und den Rotulum 2 Tage vor dem Termino dem Registratori sub pœna præclusi einliefern, damit der Gegentheil solchen bey demselben nachsehen könne.

§. 6. Die Articuli müssen genau auf den Ort quæst. (damit nicht nöthig sey eine ocular(-)Inspection zu veranlassen) nicht weniger auf den letzteren Actum possessorium NB. non contradictum gerichtet werden, weil allein derjenige, welcher durch die Zeugen bescheiniget, daß er einen oder mehr actus possessorios vor dem letztern Actu, welcher causam liti gegeben, ohne des Gegners Wiederspruch (!) exerciret habe, in summariissimo geschützet werden soll.

Dahero derjenige Actus so den Streit veranlasset, als Actus Possessorius nicht consideriret werden kan.

Wann die Partheyen fürchten daß die Zeugen nicht gutwillig Gezeugniß ablegen werden, so stehet ihnen frey ante Terminum eine Commission zu deren Abhörung auszuwürcken: Und diese Vereydigung muß in einen förmlichen Rotulum gebracht, und solchergestalt wie schon gedacht, zwey Tage vor der Verhör offen übergeben werden.

§. 7. Interrogatoria und Exceptiones contra personas et dicta testium werden bey der Abhörung nicht zugelassen: Es bleibt aber beyden Theilen frey ihre Nothdurft gegen die Zeugen und ihre Aussage bey der Verhör anzuführen: Jedoch müssen die Richter in ihren Summariissimo auf dasjenige, was die Zeugen nicht gantz inhabil macht, und nicht in continenti verificiret werden kan, oder altioris indaginis ist, nicht reflectiren, sondern vor denjenigen in summariissimo sprechen, dessen Possessio sowohl intuitu der Qualitæt der Zeugen, als inuitu derer von ihnen angeführten Umstände, und durch deren Aussage, am besten bescheiniget ist, allermassen auch ein Zeuge, und ein Actus non contradictus zur Bescheindigung genug ist.

§. 8. Es stehet auch einem jeden frey, pro colorando summariissimo antiquiores actus possessorios anzuführen, und Zeugen darüber abhören zu lassen, oder solche durch Documenta in seinem Libello zu behaupten.

§. 9. Wenn auch jemand seinen Titulum pro colorando possessorio anzuführen, und seinem Libello beyzufügen nöthig findet, soll auch dieses erlaubet seyn, welches einen grossen Effect dieserwegen haben kan, weil in dem Fall, da der Gegner den Titulum wahrscheinlich nicht elidiret, der Richter auch in petitorio sprechen kan, obschon nur in Summariissimo submittiret worden.


71 Dritter Theil. Tit. III. (§§. 9.-15.)

Welches Wir auch zu Abschneidung aller unnöthigen Weitläuftigkeiten, von dem Possessorio ordinario wollen verstanden haben.

Es ist dahero dem Turbato zu rathen sich nicht bloß mit der Exceptione, daß hier nur de summariissimo die Frage sey, und er vor allen Dingen restituiret werden müsse, aufzuhalten, sondern kurtz auf den angeführten Titulum, und Actus possessorios mit zu antworten.

§. 10. Es soll auch zu Abhörung der Zeugen, wann periculum in mora ist, keine Dilation, sonsten aber nur eine, und zwar nicht über 14 Tage, verstattet werden.

§. 11. In dem Termino muß der Implorat, daß er denen an ihm ergangenen Mandatis pariret habe, dociren, oder erhebliche Ursachen warum er zu pariren nicht schuldig gewesen, anführen, und solche zugleich bescheinigen: Wann er solches nicht thut, ist er dem Befinden nach in die denen Mandatis einverleibte, oder andere arbitrarische Strafen zu vertheilen, massen jedesmahl der Strafe halber, ob selbige verwürckt sey oder nicht, mit erkandt werden soll.

§. 12. Wann in Termino aus Zusammenhaltung der Zeugen-Verhöre sich hervor thun solten, daß die Zeugen in loco nicht einig seyn, und ein Theil auf eine Ocular-Inspection provociret, oder der Richter dieselbe nöthig findet, so ist solche nicht gäntzlich auszuschliessen, jedoch muß alles de simplici et plano, ohne Veranlassung eines ordentlichen Beweises, und Gegenbeweises (et)c. geschehen. Dergleichen Ocular-Inspection aber ist vor der Verhör zu suchen nicht erlaubt.

§. 13. Wann die Possessio in re corporali aus redlichen Ursachen von dem Richter als zweifelhaft angesehen, folglich in Summarissimo nicht sogleich gesprochen werden könte, und daher einige Verwirrung zu besorgen stünde, so soll ohne des einen oder des andern Theils Ansuchen eine Sequestration ex officio veranlasset, darbey aber dahin gesehen werden, daß, wann es füglich geschehen kan, und de perceptione fructuum die Frage ist, der streitige Ort unterdessen verpachtet werde.

Wann aber der Streit super possessione rerum incorporalium entstehet, soll bey vorgedachten Umständen Inhibition ergehen; wann aber hiernächst gefunden wird daß der Kläger entweder zur Ungebühr gepfändet, oder ihm sonst einiger Schaden zugefüget worden, so soll derjenige, dessen Fossession den Vorzug behält, per Mandatum de non turbando geschützet, das etwa noch rückstündige Pfand sofort ohne Entgeld auch ohne Erstattung des Futters, oder, da es abhanden kommen der Werth, nebst dem Genuß davon welchen der Gepfändete inzwischen entbehren müssen, restituiret, und der erweißliche Schaden sogleich nach richterlicher Ermäßigung ersetzt werden; die Kosten aber seyn ad finem litis auszusetzen: jedoch ist hierunter dasjenige was vor diesem letzten Process gepfändet, oder an Schaden zugefügt worden, nicht begriffen.

§. 14. Es stehet auch einem und dem andern Theil frey das Jurament über dergleichen ultimos actus non contradictos, wie auch über den Actum turbationis selbst, wann solcher von einem Theil angegeben, von dem andern Theil aber negirt worden, zu deferiren.

Wiewohl auch denen Gerichten frey gelassen wird, einem oder dem andern, dem Befinden nach das Juramentum suppletorium oder purgatorium zuzuerkennen.

§. 15. Wann der Richter in summariissimo erkennet, muß er dem Gegentheil possessorium ordinarium und petitorium reserviren.

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72 Dritter Theil. III. (§§. 16.-20.) IV. (§§. 1.-3.)

§. 16. Das Summarissiumum soll keine statt haben, wann in Erbfällen inter liberos ein Erbe sich auf die prioritatem apprehensiones beziehet, und sich dabey zu schützen bittet, weil alle Erben ipso jure hæredes seyn, und die Possessio ipso jure auf sie devolviret wird, mithin kein actus prioris apprehensionis allegiret werden kan.

Gleiche Bewandniß hat es, wann ein proximus agnatus nach Versterben des letztern Vasalli, die Possession des Lehns, oder, wenn ein hæres Fidei-Commissarius nach dem Tod des ultimi Possessoris das Fidei-Commiss-Guth in Besitz nimmt: Es können also diese Hæredes nicht bitten, daß sie in Summariissimo geschützet werden mögen, weil die Possessions-Ergreiffung dem Juri retentionis der Witwen nicht præjudiciret, vermöge dessen sie, ehe und bevor sie befriediget ist, aus dem Guth zu weichen nicht schuldig ist.

§. 17. Es soll auch in Summariissimo keine litis denunciatio oder reconventio (wie solches bishero abusive geschehen) zugelassen werden.

§. 18. In Summariissimo soll niemahlen schriftlich verfahren, sondern der Vortrag mündlich oder loco oralis von 3 zu 3 Tagen geschehen.

§. 19. Es soll auch kein Remedium dargegen als quoad Effectum devolutivum verstattet werden, wann auch gleich auf Schaden und Kosten zugleich mit erkant worden, oder beyde Theile Remedia suchen.

§. 20. Weil die Sententia in Summariissimo lata nur eine Provisional-Verordnung ist, so soll die possessio, worinn jemand geschützt worden, den Besitzer, wann er nachher in ordinario vel petitorio succumbirt, von der Restitution der fructuum perceptorum nicht liberiren: Und wann er überführt wird daß er mala fide die streitige Sachen besessen, so kan er auch zur Erstattung der fructuum percipiendorum, und derer Kosten, angehalten werden.

Tit. IV.

Von Injurien-Sachen und wie darin procediret werden soll.

§. 1. Weil wegen mehrentheils geringer Injurien bishero weitläuftige und kostbahre Processe geführet worden, so haben Wir auch diesen Processen einen Riegel vorschieben wollen.

§. 2. Wann Injurien unter Handwercks-Genossen oder gantzen Zünften vorgehen, sollen dieselbe nach der in Handwercks-Sachen im gantzen Römischen Reich Anno 1731, kund gemachten General-Constitution gäntzlich unkräftig und unnachtheilig seyn, auch wie daselbst verordnet ist, gegen die Injurianten verfahren werden.

§. 3. Wann die Injurien von keiner Erheblichkeit seyn, und geringere Leuthe angehen, welche nicht von beträchtlicher Condition seyn, oder sonst in keinen Ehren-Aemtern stehen; So muß die Sache regulariter in einem Verhör abgethan, und zu dem Ende, wann beyde der Kläger und Beklagte in loco judicii wohnen, der letztere mit


73 Dritter Theil. Tit. IV. (§§. 3.-8.)

Vorzeigung oder Verlesung der Original-Denunciation von dem Cantzley-Diener auf einen kurtzen Terminum vorgeladen werden, mit dem Beyfügen, daß beyde Theile ihre etwa habende Zeugen mit zur Gerichts-Stelle bringen, oder ante Terminum um deren Citation anhalten müssen.

Wann beyde Theile extra locum judicii wohnen, so stehet der Regierung frey, einem des Orts wohnenden Rechts-Gelahrten, Bürgermeister, Syndico, Actuario etc. ex officio zu committiren, daß er beyde Theile in brevi Termino vor sich laden, dieselbe mit ihrer Nothdurft umständlich ad protocollum hören, Zeugen, wo nöthig, summariter abhören, Acta aber nebst dem Bericht binnen 4 bis 6 Wochen bey 10 Rthlr. Strafe zum Spruch einschicken solle.

In dergleichen Sachen sollen keine Advocaten admittiret, keine Exceptio suspecti Commissarii angenommen, auch auf keine Exception contra personas testium reflectiret; sondern die Sache ex æquo et bono decidiret, und, wann beyde Theile excediret, auch beyde Theile gestraft, von dergleichen Erkäntniß auch keine Remedia verstattet werden.

§. 4. Wann die angebrachte Injurien von einer Wichtigkeit seyn, oder beträfen Standes- und andere honoratioris conditionis Personen, so sollen wegen dergleichen Injurien, sie mögen durch Minen, Gebärden, Schimpf- und Scheltworte, oder auch realiter durch Ohrfeigen, Stockschläge (et)c. begangen werden, keine solenne und förmliche Actiones civiles, es sey ad æstimationem, palinodiam, oder wie sie sonst Nahmen haben, angestellet, sondern bloß per modum denunciationis angebracht, und niemahlen darinne schriftlich verfahren, sondern solche summariissime, und so kurtz es möglich vollführet werden.

§. 5. Zu solchem Ende muß die einzureichende schriftliche Denunciation von dem beleidigten Theil, deutlich, umständlich, mit Benennung des Orts, der Zeit, und der anwesend gewesenen Personen ausgeführet, und ohne also klar genug gemachte That von dem Judicio nichts voreilig fürgenommen werden.

§. 6. Wann Zeugen bey dem Facto gegenwärtig gewesen, wird der Kläger oder Denunciate wohl thun, deren summarische Aussagen beyzulegen, oder in seiner Denunciation zu bitten, daß dieselbe in Termino mit vorgefordert werden mögen.

Wann der Beweiß durch schriftliche Documenta geführet werden soll, muß der Denunciate durch Anfügung der Copeyen das Factum bescheinigen.

§. 7. Wann nun solchergestalt die Denunciation gerichtlich eingebracht ist, so muß das Judicium dieselbe dem Gegentheil communiciren, Terminum præjudicialem von 8 bis 14 Tagen ansetzen, dem Beklagten gleichfalls Auflage thun, daß er diejenige Zeugen die er zu seiner Defension gebrauchen will, in Termino mitbringen, oder bey Zeiten bitten müsse, daß sie besonders ad illum Terminum citiret werden.

Wobey zugleich jederzeit dem Officio fisci anbefohlen werden muß, in Termino pro interesse fisci zu vigiliren.

§. 8. Auf solche Citation ist der Denunciate schuldig, sich ohne alle Entschuldigung persönlich in Termino zu gestellen, mit Vorbeylassung aller dilatorischen Exceptionen (als welche kein Richter in Injurien-Sachen zu consideriren hat), so gleich litem zu contestiren, und die Exceptiones peremptorias in ipso Termino sämtlich, aber nur mündlich beyzubringen; Worauf der geschmähete Denunciate sogleich zu

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74 Dritter Theil. Tit. IV. (§§. 8.-15.)

repliciren, und Denunciatus zu dupliciren hat, wodurch die Causa völlig geschlossen seyn soll.

Der Fiscalis aber muß dem Befinden nach auf die in denen Gesetzen determinirte Strafe in Termino antragen.

§. 9. Hätte aber der Denunciate erhebliche Ursachen aussen zu bleiben, worunter keine andere als unvermuthete Wasserfluth, Krieges-Gefahr, schmertzhafte Kranckheit, und würckliche Niederlage, oder daß er eine Königl. Sache, oder ein Amt, wobey seine Gegenwart beständig nöthig, zu respiciren habe (et)c. (welche Verhinderung er an Eydes statt bekräftigen muß) anzunehmen sind, so soll ihm in diesem Fall eine eintzige Dilation von 14 Tagen verstattet, oder befundenen Umständen nach, auch sein Mandatarius specialiter instructus admittiret werden.

§. 10. Erschiene aber derselbe in dem angesetzten oder dem prorogirten Termino weder selbst in Person, noch per Mandatarium, oder der Mandatarius wolte einige unnöthige Weitläuftigkeit, unter dem Prætext daß er nicht genugsam instruiret wäre, machen, so soll der Injuriante pro confesso et convicto declariret, und wieder ihn der Gebühr nach verfahren werden.

§. 11. Im Gegentheil soll der in Termino aussenbleibende Kläger nicht ehender mit seiner zu erneuernden Klage gehört werden, bis er dem Beklagten expensas Termini refundiret, auch allenfalls, wenn er nicht ansäßig wäre, Caution wegen der angebrachen Injurien præstiret hätte.

§. 12. Sind nun Kläger und Beklagte in Termino beysammen, so hat das Gerichte sowohl vor dem Behör, als nach Beendigung desselben, und vor erfolgten Bescheid jederzeit durch einen von den Räthen die Güte zwischen denen Partheyen ernstlich zu tentiren, und soviel möglich solche zu bewürcken.

§. 13. Wan die Güthe nicht verfangen will, die Sache auch vorgeschriebener massen instruiret ist, und der Injuriante gestünde das Factum, so muß der Richter definitive, und dergestalt deutlich sprechen, daß die Partheyen auf einmal auseinander gesetzet, und dem beleidigten Theil nach Inhalt der Duell-Edicten gebührende Satisfaction verschaffet werde.

§. 14. Wann aber der Denunciatus das Factum entweder in totum oder in tantum negiret, so sollen die gegenwärtige Zeugen sofort darüber summariter vernommen, oder, wann die Zeugen nicht erschienen, einem fiscalischen Bedienten committiret werden, die angegebene Zeugen höchstens binnen 14 Tagen summariter, jedoch eydlich abzuhören, und in Fall der Denunciatus zu seiner Defension eigentliche Umstände, welche den Denunciaten gleichfalls strafbahr (!) machen, und ratione seiner die Strafe moderiren, anzeigen sollte, als daß der Denunciate zuerst geschimpfet, daß er den Stock gebrauchen müssen um ihn vom Leibe zu halten, (et)c. auch dieserwegen die Zeugen benennet (inmassen er in Termino zu thun schuldig, nachhero aber nicht weiter damit gehöret werden soll), der Denunciate aber solches negiret, so müssen auch diese Defensional-Zeugen von dem Fiscali abgehöret und vernommen werden, welcher das Protocoll ohne einen ordentlichen Rotulum über die Aussage zu formiren, dem Judicio einschicken muß, woraus der Richter ohne die Partheyen weiter darüber zu hören, erkennen soll.

§. 15. Würde aber einem Theil das Jurament deferiret, so ist derselbe schuldig den Eyd, wo nicht in Termino ipso, doch in einer anderweitigen Frist von 8 Tagen (welche nicht prorogiret werden soll) abzulegen, der Deferent aber muß vorhero das Juramentum calumniæ præstiren.


75 Dritter Theil. Tit. IV. (§§. 15.-21.)

Wann derjenige dem der Eyd deferiret worden, in diesen Terminis nicht erscheinet, muß er pro jurare nolente gehalten, und auf die Strafe erkannt werden.

§. 16. Von der solchergestalt ausgesprochenen Sententz oder Bescheid, hat regulariter weder eine Appellation noch Revision, noch ein anderes Remedium juris statt, sondern es haben beyde Theile dabey zu acquiesciren, und dem Bescheid ein Genügen zu leisten.

§. 17. Hätte aber dennoch der Beklagte und Denunciat erhebliche Ursache zu glauben, daß ihm durch den Bescheid zuviel und wehe geschehe, so hat er, wann von denen Unter-Gerichten erkandt worden, solche per modum ulterioris defensionis bey dem Unterrichter schriftlich einzureichen.

Dieser Unterrichter muß Acta sofort ex officio an das Ober-Gericht einsenden, welches ohne weiteres Verfahren der Partheyen auf die Acta prout jacent ratione Con- vel Reformationis erkennen, und dem Unterrichter Acta ex officio wieder zurück senden, die Gebühren aber von dem succumbirenden Theil beytreiben lassen muß.

§. 18. Desgleichen stehet dem Kläger und Denunciaten frey, seine wider den Bescheid habende Beschwerden, in einer kurtz gefaßten Gravatorial-Schrift bey dem Unterrichter einzubringen, da dann auf gleiche weise mit Einsendung der Acten verfahren werden soll.

§. 19. Wann bey der Regierung und dessen zweyten Senat in prima instantia gesprochen worden, muß ulterior defensio an den ersten Senat als instantiam superiorem gebracht, und von diesem erkannt werden.

§. 20. Es stehet aber keinem von beyden Theilen frey, zu Behauptung ihrer weiteren Defension, neue Zeugen vorzuschlagen, oder neue Documenta vorzubringen, vielweniger neue Attestat beyzulegen; allermassen solche sofort ab actis removiret werden, und auf dasjenige, was in der Defension daraus angeführet wird, gar nicht reflectiret, sondern die Decisio blos ex ante actis genommen werden soll: Weil jeder Theil sich imputiren muß, daß er in primo Termino nicht alles vorgestellet; dem Publico aber daran gelegen, daß dergleichen Injurien-Processe je eher je lieber abgethan werden.

§. 21. Was in dieser zweyten Instantz erkannt wird, dabey soll es lediglich gelassen werden. Gestalten Wir keine Remedia sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, auch nicht einmahl querelam nullitatis, dargegen admittiren wollen, wenn auch schon die letztere Sententz reformatoria seyn solte; Und soll die Parthey sowohl als der Advocat, wann sie bey Hofe sich dagegen moviren wolten, jeder 10 Rthlr. Strafe erlegen.

Wir befehlen auch Unserm Officio Fisci aller Orten zu vigiliren und Achtung zu geben, daß dieser Unserer Constitution auf das exacteste nachgelebt, und solche bey allen Ober- und Unter-Gerichten zu Effect gebracht und mit Nachdruck darüber gehalten werde.

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76 Dritter Theil. Tit. V. (§§. 1.-6.)

Tit. V.

Von denen Fiscælischen Processen wie darin zu verfahren, und Von einigen bey den Inquisitionen eingeschlichenen Mängeln.

§. 1. Es ist bey denen Pommerschen Gerichten der Mißbrauch eingeschlichen, daß einige gewissenlose rechtlich zu überlegen, dergestalt vorgestellet, daß sie von dem Collegio die Einwilligung erhalten, generale und speciale Inquisitionen anzustellen, wodurch die Unterthanen auf eine unverantwortliche Art chicaniret, dieselbe dadurch öfters unschuldig um Ehre und guten Leimuth (!) gebracht, und durch die unerschwingliche Kosten mehrentheils ruiniret worden.

§. 2. Es hat sich auch ferner bey der Visitation gefunden, daß vorbemeldete fiscalische Bedienten diejenige Sachen, worin sie per modum implorationis agiren sollen, inquisitorie tractiret, folglich in denen Dilictis levioribus eben wie in denen Criminibus verfahren haben.

§. 3. Weiter hat sich geäussert daß sie in denen Sachen wo ihnen befohlen worden zu vigiliren, und ihr Amt zu thun promiscue Inquisitiones angestellet haben, wie sie dann auch die zuweilen verstattete Assistentiam Fisci vielfältig gemißbrauchet, Jura Fisci, und Freyheit von Sportuln, dabey prætendiret, und dem Gegentheil die Sache dadurch schwer gemachet haben.

§. 4. Endlich hat man auch wahrgenommen, daß die Fiscæle wann ihnen befohlen worden, jemand wegen eines Domanii, oder andern juris realis in Anspruch zu nehmen, nicht genugsam vorher untersuchet, ob die Actio gegründet sey oder nicht, sondern blindlings die Action angestellet, solche durch alle Instantzen durchgetrieben, und dadurch Unsere getreue Unterthanen in schwere, kostbahre, und langwieriger Processe verwickelt haben.

§. 5. Diesen unbändigen Verfahren nun haben Wir ein vor allemahl einen Riegel vorschieben, und einige insonderheit bey denen Inquisitionen eingeschlichene Mißbräuche hierdurch gäntzlich abschaffen wollen. Dem zufolge soll

§. 6. Erstlich kein fiscælischer Bedienter bey Strafe der Cassation sich unterstehen, eine General- oder Special-Inquisition anzustellen, ehe und bevor er wohl überleget, ob auch die Indicia so beschaffen, daß mit Grund einiger Verdacht auf den Thäter fallen können, in specie aber muß der Fiscalis wohl examiniren, wie die Denunciation und deren Umstände beschaffen, ob sich der Denunciate unterschrieben, oder ob Zeugen


77 Dritter Theil. Tit. V. (§§. 6.-11.)

angegeben worden, welche von dem denunciirten Facto Nachricht geben können (et)c. Wann er nach seiner Pflicht und Gewissen glaubt, daß die Denunciation zu einer General-Inquisition sich nicht qualificire, muß er die Denunciation reponiren.

Im Fall aber ein rechtlicher Verdacht auf jemand fallen kan, muß Fiscalis die Indicia und Umstände der Regierung vortragen, welche den Fiscal bescheiden soll.

§. 7. Wann er zweytens nach beschehener General-Untersuchung findet, daß nach Anleitung der Criminal-Ordnung die Indicia dergestalt beschaffen seyn, daß eine Special-Inquisition statt finden könne, so muß er dieselbe mit allen Umständen der Regierung denuo schriftlich vortragen, und nähern Befehl darüber erwarten.

§. 8. Es müssen aber drittens die Fiscæle sowohl als die decernirende Räthe mit aller Behutsamkeit hiebey verfahren, damit niemand unschuldig mit fiscalischer Untersuchung und Strafe beleget, und folgends an seinem guten Leumuth, ehrlichen Nahmen, zeitlichen Güthern, und Leib und Lehen gefährdet werde. Sie müssen auch ferner vor allen Dingen des Corporis Delicti in den Fällen, in welchen es die Rechte erfordern, gewiß seyn, und sodann allererst auf die Special-Inquisition antragen oder erkennen.

§. 9. Würde viertens ein Fiscal oder Decernent hierunter sich übereilen, und ohne genugsame Anzeige eine Special-Inquisition veranlassen; Soll er seines Amts verlustig declariret werden, und dem Inquisiten allen Schaden und Kosten, wie er solche vermittelst Eydes erhärten wird, erstatten.

§. 10. Es haben fünftens die Inquisiti selbst bishero auch dadurch die Inquisitions-Processe aufgehalten, daß sie ohne Unterscheid defensionem pro avertenda zu suchen, und von denen Collegiis mehrentheils ohne Ueberlegung dazu admittiret zu werden pflegen: Wir ordnen und wollen daher, daß sothane Defensio alsdann nur statt habe, wann der Inquisit nach der Lehre Carpzovii Part. 3. q. 115. n. 23. erweisen will, daß die Indicia zur Special-Inquisiton nicht zureichend seyn: Welche Defension der Inquisite binnen vier Wochen sub pœna præclusi beybringen muß.

Wann also das Delictum klar vor Augen lieget, oder Indicia proxima vorhanden seyn; so kan er mit keiner Defension pro avertenda gehöret werden, sondern er muß ohne ein Verhör darüber zu veranlassen, litem contestiren, wowider keine Protestation oder einiges Remedium verstattet werden soll.

§. 11. Gleichwie Wir sechstens die Verschickung der Acten (weil dadurch die Processe so sehr verzögert werden) in genere verbothen, also müssen auch in denen Criminal- und Fiscalischen Sachen, keine Acta mehr auf Universitäten verschicket, sondern es folgendergestalt gehalten werden:

Wann a.) bey denen Aemtern und andern Unter-Gerichten eine Inquisition geführet worden, stehet dem inquirirenden Richter wann er die Rechte verstehet, oder einen Rechts-verständigen beeydigten Justitiarium bestellet hat, frey, selbst zu sprechen, oder Acta an die Regierung einzuschicken.

Letzternfalls muß b.) der Præsident die Acta einem Criminal-Rath zuschreiben, in wichtigen Sachen einen Correferenten daraus benennen, welcher binnen 8. und höchstens binnen 14. Tagen die Relation verfertigen, und am nächsten Sonnabend bey dem zweyten Senat daraus referiren müsse.

Wann c.) der Unterrichter selber gesprochen, und der Inquisitus ulteriorem defensionem gesucht (welche er binnen 4. Wochen præclusivischer Frist einbringen

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78 Dritter Theil. Tit. V. (§§. 11.-15.)

muß), muß der Richter ohnverzüglich Acta an die Regierung mit der Defension einsenden, dieser aber solche denen Criminal-Räthen zu Abfassung eines Urthels distribuiren.

Wann d.) das erste Urthel bey dem zweyten Senat ausgesprochen worden, und der Inquisite ulteriorem defensionem bittet, so muß der Præsident Acta, mit der binnen 4. Wochen einzubringenden Defension, einem andern Criminal-Rath distribuiren.

Dieser Referente muß gleichfalls e.) die Relation binnen 8. oder höchstens binnen 14. Tagen verfertigen, des Sonnabends bey dem ersten Senat verlesen, und das Urthel abfassen, zugleich aber auch genau Achtung geben, ob die Inquisitio von dem Unterrichter oder Fiscal legaliter instruiret worden.

Wann einige Hauptfehler dabey begangen, müssen die Referenten solche notiren, dem Judici et Fiscali inquirenti solche verweisen, und dieselbe dem Befinden nach jederzeit in 5. bis 10. Rthlr. Strafe zur Sportul-Casse condemniren.

Es muß auch f.) nach einmahl gesuchter defensione ulteriori keine weitere Defension gesucht noch verstattet, sondern Acta müssen dem Unter-Richter oder Fiscal zur Publication der Urthel remittiret werden.

Es sollen auch g.) dergleichen Urthel nebst denen Acten nicht mehr zur Confirmation eingeschicket werden, ausser in crimine læsæ Majestatis, falsæ monetæ, Todschlag, und wann auf die Tortur, oder Landes-Verweisung erkannt worden.

Wann ein Delinquent blos zur Vestungs-Arbeit comdemniret worden, dürfen nicht die Acta, sondern blos das Urthel eingeschicket, und die Ordre an den Commendanten zu Annehmung des Delinquenten gesucht werden.

§. 12. Im übrigen werden siebentens die Fiscæle und Unter-Richter auf die Criminal-Ordnung verwiesen, welche sie jederzeit vor Augen haben, bey Anstellung der Inquisitionen alle Passiones und Privat-Absichten bey Seite setzen, und die Processe auf alle Wege beschleunigen, und zum Spruch befördern müssen.

§. 13. Schließlich stehet der Regierung frey, zur Ersparung der Kosten, sowol in den geringern Inquisitions, als Fiscælen, Advocaten (et)c. zu committiren, daß sie die Inquisiten oder Denuncianten ad Protocollum vernehmen, Zeugen abhören (et)c. und das Protocoll, Rotulos etc. binnen gewisser Zeit, bey Verlust ihrer Gebühren einschicken sollen.

§. 14. Von denen Inquisitions-Processen müssen die Fiscælische Processe wohl unterschieden werden, allermassen in diesen niemahls inquisitorie, sondern per modum actionis civilis verfahren werden soll und muß.

Es gehören aber unter die Fiscælische Processe I.) die Delicta Leviora, wo keine Pœna capitalis, sondern nur Pœna pecuniaria oder Gefängniß erkannt zu werden pflegt, als in Schlägereyen, Injurien, geringen Diebstählen, Stupro, Adulterio simplici, wann jemand in denen Königl. Holtzungen gejaget, Holtz gehauen, und andere dergleichen Delicta. In dergleichen Sachen muß der Richter dem Denunciato causam citationis, und wann eine schriftliche Denunciation vorhanden, solche zugleich mit communiciren.

§. 15. Es ist auch in diesen Fällen nicht nöthig, daß der Denunciatus in Person erscheine, sondern es stehet ihm frey, per Mandatarium sich zu gestellen. Es


79 Dritter Theil. Tit. V. (§§. 15.-22.)

muß aber dieser völlig instruiret werden, massen unter dem Prætext, daß er nähere Instruction einholen müsse, die Decision der Haupt-Sache nicht aufgehalten werden soll.

§. 16. Es gehöret auch II.) zu denen Fiscælischen Processen, wann bey einer Civil-Sache dem Fisco anbefohlen wird bey der Sache zu vigiliren, oder sein Amt zu thun, oder wann ihm die Nothdurft darbey reserviret wird. Nichtweniger wann er bey einem Privat-Process, wegen eines dabey versirenden Interesse Fisci ohne Befehl interveniret.

§. 17. Wann einem Fiscælischen Bedienten auf eingelaufene Denunciation befohlen wird, sein Amt zu thun, so muß er solches nicht aussetzen, sondern höchstens binnen 8. Tagen bey arbitrairer Strafe, was er thun soll exequiren.

§. 18. Unter die Fiscælischen Processe werden auch III.) gerechnet, wann Fiscus wegen der Regalien oder Domainen-Güther, item wegen der Grentzen, und anderer die Königl. Aemter angehende Jurium jemanden in Anspruch nimmt.

§. 19. Keinesweges gehören aber IV.) zu denen Fiscælischen Processen, wann die Fiscæle der Städte, Magistræte und Cämmereyen Jura defendiren, allermassen diese in denen Processen, welche ihre Güther und Jura betreffen, nicht anders als Privati, und die Fiscæle bloß als deren Advocati angesehen und angehalten werden können; Dahero sie auch Stempel-Papier gebrauchen, die Sportuln bezahlen, und was sonst in causis privatorum erfodert wird, præstiren müssen.

§. 20. Am wenigsten aber können V.) promiscue als Fiscælische Processe angesehen werden, wann einem Privato assistentia Fisci verstattet wird, sondern es muß distinguiret werden, ob der Privatus in ein Jus vere Fiscale succedire, folglich der Fiscus wegen eines wahren Juris Fiscalis dem Privato assistire, als z. E. wann der Landes-Herr dem Privato ein Lehn schencket, und die Agnati demselben viele Lehn-Schulden aufbürden wollen (et)c. In diesem Fall gehöret die Sache zu den Fiscælischen Processen.

Wann aber einem Privato, weil er abwesend, minor, furiosus etc. ist, oder wann einem Pio Corpori die assistentia Fisci verstattet wird, so ist es mera causa privata, worin alles, was in andern causis privatis statuiret worden, observiret werden muß.

§. 21. Ob nun schon in denen fiscælischen Processen Fiscus von dem Stempel und Sportuln frey ist, auch ihm alles ex officio communiciret und ausgefertiget werden muß; so müssen die Fiscæle sich dennoch wie andere Advocaten nach denen Ordnungen achten, und zu dem Ende keine Action ohne genugsame Instruction anstellen. Die angesetzte Termine gehörig abwarten, die Schriften zur gehörigen Zeit übergeben, und nicht ohne höchste Noth Dilationes bitten.

Wann sie hierunter etwas versäumen und contumaciret werden, soll die Entschuldigung wegen ihrer Amts-Geschäfte nicht angenommen, sondern in contumaciam verfahren, oder wann sie dieserwegen Restitution suchen, jederzeit mit 5 Rtr. bestrafet werden.

§. 22. Wann 1.) die Fiscæle in Inquisitions- und andern fiscalischen Sachen, wider die Rechte, Acta und diese Ordnung etwas suchen oder schreiben, sollen sie jedesmahl mit denen darin gesetzten Strafen beleget werden.

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80 Dritter Theil. Tit. V. (§§. 22.-24.)

2.) Wann sie eine ungerechte fiscalische Sache defendiren, und solche wider besser Wissen und Gewissen durch alle Instantzen durchtreiben, müssen sie allezeit in die Unkosten ex propriis condemniret werden.

Allermassen dieselbe 3.) wann die Sache gar keinen Grund hat, die Action gar nicht anstellen, oder wann ein Dubium dabey ist, bey dem Collegio anfragen; die Rationes pro et contra anführen, und Verhaltungs-Befehl erwarten müssen.

Wann der Fiscus in dergleichen zweifelhaften Sache 4.) in der ersten Instantz verliehret, muß er ohne wichtige Ursachen keine weitere Instantz suchen, sondern dem Collegio allenfalls vorstellen, daß er sich nicht getraue mit der Sache fortzukommen.

Im Fall 5.) das Collegium dem ohngeacht ihm anbefiehlet, die Instantz fortzusetzen, und die erste Sententz confirmiret, und der Fiscus in die Kosten condemnirt würde, soll das Collegium, und in specie der Decernent die Kosten ex propriis bezahlen, auch kein weiteres Remedium contra duas conformes verstattet werden, und muß Fiscus dem Reo absoluto assistiren.

Allermassen Wir 6.) vermittelst einer besondern Ordre bereits positive declariret haben, wie Wir durchaus nicht wollen, daß unsere Unterthanen, und insonderheit die vom Adel, von denen Fiscælen chicaniret, und mit Processen fatigiret werden, auch zu dem Ende Unserm General-Directorio kund gemacht haben, daß in Zukunft die von Adel, wann sie gewisse Funda oder Gerechtigkeiten, es haben solche Nahmen wie sie wollen, würcklich nutzen und besitzen, deshalb unter keinerley Prætext durch das Officium Fisci in Anspruch genommen, vielmehr sie bey ihrer Possession mit Nachdruck mainteniret werden sollen.

Wir haben Uns auch 7.) in unserer, wegen der Kantereckschen Grentz-Sache abgelassenen Cabinets-Ordre ferner Landes-väterlich dahin erkläret, daß, wann es eine Kleinigkeit betrift, Wir lieber etwas verliehren, als unsere getreue Unterthanen mit Processen belästigen wollen; weil unserm Interesse, wann Wir verliehren, ein Weniges abgehen, dahingegen unsere Vasallen und Unterthanen, welche uns ohnedem mit Gut und Blut unter Arme greifen, öfters alles verliehren und totaliter ruiniret werden dürften.

§. 23. Mit denen Remediis soll es in Causis Fiscalibus, wie in andern Civil-Sachen gehalten werden, wovon oben Part. II. Tit. 7. §. 2. Versehung geschehen.

§. 24. Gleichwie Wir schließlich denen Advocaten verbothen haben einige Gebühren, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, von denen Partheyen zu fordern oder zu nehmen; Also wollen Wir solches Verboth auch auf die Fiscæle extendiren, dergestalt, daß sie weder bey denen Inquisitonen noch bey denen Fiscælischen Processen, weder directe noch per indirectum, etwas währenden Process, bey Strafe der Cassation und anderer Leibes-Strafe nehmen, sondern bey Endigung einer jeden Instantz ihre Liquidation ad Acta geben sollen, welche hiernächst, wie oben bey denen Advocaten verordnet worden, von denen Referenten in dem Urthel moderiret und festgesetzet werden sollen.

Wann der Process völlig zum Ende, soll dem Fiscali zu seinen Gebühren allenfalls mediante executione, und ohne Kosten verholfen werden.


81 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 1.-2.)

Tit. VI.

Von denen Commissionen und wie dabey zu verfahren.

§. 1. Die bisherige Commissiones sind nicht eine von denen geringsten Land-Plagen unserer Pommerschen Länder gewesen, weil ohngeacht aller so deutlich- und nachdrücklichen Ordnungen unsere arme Unterthanen, insonderheit die Pia Corpora dem Raub einiger Gewissen-losen Räthe exponiret, und durch die abgedrungene unerschwingliche Kosten zum Theil ruiniret worden.

Wir haben dahero nochmahls nöthig gefunden alle wegen der Commmissionen in unsern Landen gemachte Ordnungen zusammen zu fassen, solche zu erläutern, und darinn durch eine ewige Verfassung fest zu setzen:

1.) Wann Commissiones statt haben sollen.

2.) Was vor Personen die Commissiones aufzutragen.

3.) Wie bey Commissionen zu verfahren.

4.) Wie es mit denen Diæten derer Commissarien zu halten.

Sectio I.

Wann Commissiones statt haben sollen.

§. 2. Die Commissiones können nur in folgenden Fällen verstattet werden:

a.) Wann jemand, ehe und bevor er sich bey einem Gerichte meldet, bey seinen Obern um Anordnung einer Commission bittet, in der Meynung dadurch kürtzer aus der Sache zu kommen, in diesem Fall stehet dem Richter frey ex officio einen oder zwey Commissarios zu benennen, welche die Partheyen mit ihrer Nothdurft hören, und entweder durch einen rechtlichen Spruch die Sache decidiren, oder an das Collegium cum voto referiren sollen.

b.) Wann beyde Theile in possessorio summariissimo versiren, und durch die bey mündlichen Vorträgen ad Acta gebrachte Bescheinigungen, der Locus Controversus, oder auch dasjenige über dessen Possession die Frage ist, nicht eigentlich und vollkommen geurtheilet werden kan.

c.) Wann ein Beweiß per ocularem inspectionem angetreten wird.

d.) Wann Zeugen abzuhören, so wegen Entlegenheit, Schwachheit, oder Alters ihr Zeugniß in ordentlichen Gericht nicht ablegen können.

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82 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 2.-6.)

e.) Wann eine Berechnung zwischen beyden Theilen vorzunehmen, oder Vormundschafts-Rechnungen zu examiniren.

f.) Wann Documenta zu collationiren oder zu vidimiren, so ohne Gefahr, oder erheblicher Umständen halber, in das Gericht zu bringen bedencklich.

g.) Wann Testamente Judicialia aufzunehmen, und Testator wegen Schwachheit, Alters, Standes, oder anderer Ursachen wegen im Gericht persönlich nicht erscheinen kan.

h.) Wann Juramenta erkannt worden, und der-, oder diejenige, so selbige zu leisten haben, im Gericht deshalb zu erscheinen nicht gehalten, oder sonst nach Ermessen des Richters davon excusiret sind, oder auch

i.) Wann bey den ordentlichen Gerichten der Process über ein Jahr gewähret, und durch die Chicanen der Advocaten, oder Nachläßigkeit der Gerichte in solche Weitläuftigkeit und Confusion gesetzt worden, daß die Sache eine nähere und höhere Einsicht erfordert, so können Acta avociret und einer Commission übergeben werden.

k.) Wann sonst etwas vorkommt, so nach Ermessen des Richters nicht anders als durch Commission expediret werden kan; Wann z. E. bey Reluition eines Guths, Meliorationes und Dederiorationes (!) zu untersuchen und zu taxiren, der Werth eines Grund-Stückes auszumachen, Güther unter Brüdern oder andern zu theilen, streitige Grentzen zu reguliren, Allodium a feudo zu separiren; Item in Bau- und Hütungs-Sachen.

§. 3. Hingegen soll keine Sache so bereits Rechtshängig, wider der andern Parthey willen, von dem Foro, in welchem beyde Theil Litem contestiret, und dadurch des Gerichts Erkäntniß sich unterworfen haben, abgezogen, und zu einer besondern Commission zum Erkäntniß in der Haupt-Sache verwiesen werden, es wäre denn, daß dieselbe wie vorhin gemeldet, binnen einem Jahr bey denen ordentlichen Gerichten nicht abgethan worden.

§. 4. Wie dann auch in Sachen so per judicata abgemachet worden, oder auch bereits auf der Execution beruhen, keine Commission statt haben solle.

§. 5. Wann auch die Partheyen bey uns immediate Commissiones suchen und erhalten, so haben Wir durch unser aus eigener Principium Regulativum festgesetzet, daß, wann Wir an unsere Ministres vom Justitz-Departement, oder an unsere Justitz-Collegia, dergleichen Ordres zu Anordnung einer Commission ertheilen, solche nur in denen vorangeführten Fällen statt haben sollen.

Wann aber in einer Sache, welche rechtshängig ist, und nicht verschleppet wird, oder auf den Spruch stehet, oder gar schon abgethan und rechtskräftig worden ist, eine Commission von uns veranlasset wird, so muß unsere Cabinets-Ordre als sub- et obrepirt gehalten, die Commission keines weges verstattet, sondern der Supplicant schlechterdings abgewiesen werden.

§. 6. Im Fall auch jemand diesem ohngeacht eine Commission in dergleichen Fällen würcklich erschleichen solte, und der Gegentheil sich einlassen müste, so soll diesem solches nicht præjudiciren, sondern alles was zu seinem Præjuditz von der Commission veranlasset worden, dergestalt null und nichtig seyn, daß auch keine Præscriptio,


83 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 6.-12.)

vielweniger exceptio rei judicatæ dargegen statt finden, sondern der Gegentheil quovis tempore, ohne Process, mediante executione wieder in dem vorigen Besitz und Stand cum omni causa, und allen verursachten Kosten, prævio juramento in litem gesetzet werden solle. Gestalten unsere allergnädigste Intention dahin gehet, daß dergleichen Impetrante, oder dessen Erben nimmermehr sicher dabey seyn sollen.

§. 7. Es soll auch der Concipient, welcher das Memorial, worinn Commissio gesucht worden, verfertiget, und der Advocat welcher solches unterschrieben, in solidum von allen verursachten Schadens dem Fisco 2, bis 500 Rthlr. Strafe erlegen.

§. 8. Der Commissarius aber selbst ist schuldig in dergleichen Fällen vorläufig an uns immediate zu berichten, daß die Commissio wider die von uns wohlbedächtlich gemachte Einrichtung laufe, und der Impetrante und seine Erben nimmermehr sicher seyn könne, auch nähere Ordre darauf erwarten; Wann er solches unterlässet, muß er gleichfalls in solidum vor allen Schaden stehen.

§. 9. Damit auch der leidende Theil bey Vindication seines Rechtes keine Unkosten tragen dürfe, wollen Wir ihm Assistentiam Fisci contra quoscunque, nebst der Freyheit von allen Sportuln verstatten.

Sectio II.

Was für Personen die Commissiones aufzutragen.

§. 10. Es sollen zu Commissariis keine Leute genommen werden, als welche wegen ihrer guten Aufführung, Redlichkeit, Wissenschaft und Erfahrung bekandt seyn. Insonderheit aber sollen in Sachen, welche eine Quæstionem Juris betreffen, oder dahin einschlagen, als bey Auseinandersetzung der Partheyen, Liquidationen (et)c. keine andre als der Rechten erfahrene genommen werden: Welches auch bey Abhörung der Zeugen in wichtigen Sachen zu beobachten. Weil der Commissarius öfters wegen der sich bey der Aussage ereignenden rechtlichen Umstände, verschiedene Neben-Fragen formiren muß (et)c. Und dieses um so viel mehr, weil genugsame Gelahrte Subjecta in denen benachbarten Städten sich finden: dahero dann auch die Aufnehmung derer Testamenten in denen Städten, blos denen Rechtsgelahrten committirt werden soll.

§. 11. Weil unsere Regierungs-Räthe keine andere Chargen und Neben-Geschäfte übernehmen, sondern ihre eintzige Intention auf eine solide und rechtliche Administration der Justitz und deren Beschleunigung richten sollen, so können Wir auch nicht verstatten, daß dieselbe mit auswärtigen Commissionen sich beladen, und die schwere Arbeit im Collegio versäumen sollen.

§. 12. Es sollen daher unsere Regierungs-Räthe keine Commissiones, welche auf dem Lande abgethan werden müssen, übernehmen, sondern es können die Referendarii,

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84 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 12.-18.)

Auscultatores, oder die benachbarte Bürgermeister, Syndici, Justitiarii, und, wann Inventarien oder Rechnungen aufzunehmen, Æstimationes zu verfertigen und in geringen Sachen Zeugen abzuhören, Eyde abzunehmen, Testamenta ausser denen Städten auf dem Lande aufzunehmen seyn, tüchtige Notarii darzu genommen werden.

§. 13. Es sollen aber die Commissarii nicht mehr von denen Partheyen vorgeschlagen, sondern von dem Collegio per majora ex officio benannt werden. Es wäre denn daß beyde Theile auf einen Commissarium compromittiren, welchenfalls derselbe schlechterdings confirmiret werden muß.

§. 14. Wann es auf eine Taxe der Güther, deren Melioration oder Deterioration bey Reluition oder Theilung derselben, bey Verpachtungen (et)c. ankommt, muß jederzeit ein Oeconomie-verständiger Beamter oder Verwalter des benachbarten Orts der Commission zugegeben und dadurch die Repetitiones Taxæ vermieden werden.

§. 15. Wie sie denn auch in Fällen, da Artis peritos bey der Commission zu brauchen nöthig, dieselbe von den Commissariis auf der Interessenten Kosten erfordert, und beeydiget werden müssen.

Gestalten dann in specie in Rechnungs- und Handlungs-Sachen, gewisse in der Rechnung erfahrne Notarii oder Kauf- und Handels-Leute, wann die Commissarii es nöthig finden, ex officio mit zugezogen werden sollen.

Sectio III.

Wie bey denen Commissionen zu verfahren.

§. 16. Wann eine Commission per Sententiam oder Decretum erkandt wird, muß das Commissoriale ohnverzüglich expediret, und, wann zwey oder mehr Commissarii benennet worden, das Commissoriale zwey oder dreymahl ausgefertiget werden, damit die Commissarii sich desto geschwinder eines Termini vereinigen können.

§. 17. Es muß auch jedesmahl denen Commissariis nach Beschaffenheit der Sachen eine gewisse Zeit vorgeschrieben werden, binnen welcher sie die Commission expediren und davon referiren sollen, mit der Verwarnung, daß wann sie darunter säumig seyn werden, sie nicht allein ihrer Gebühren für verlustig erkläret, sondern auch dem Befinden nach arbitrarie bestraft werden sollen.

Wann die Zeit verstrichen, muß der Advocat des Extrahenten ein Excitatorium suchen, oder gewärtigen, daß er der Gebühren des gantzen Processes verlustig gehen solle.

§. 18. Der benannte Commissarius ist schuldig dergleichen Commissiones zu übernehmen; es wäre dann daß er legale Ursachen hätte solche zu depreciren:


85 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 18.-26.)

In welchem Fall derselbe solches binnen 3 Tagen nach erhaltenem Commissoriali der Regierung so wohl als beyden Partheyen bey 10 Rthlr. Strafe notificiren muß, damit bey Zeiten ein anderer Commissarius an seinen Platz ernennet, und die Sache dadurch nicht aufgehalten werden möge.

§. 19. Wann Commissio zu Abnahme erkannter Eyde, Aufnehmung eines Testamenti, oder dergleichen Verrichtungen wo keine Contradiction vor der Hand sich hervor thut, angeordnet wird, so braucht es keiner besondern Instruction, wann aber die Sache so beschaffen ist, daß es zur Contradiction kommen dürfte so muß hauptsächlich exprimiret werden, ob die Commissarii facultatem decidendi oder bloß referendi haben sollen. Es muß auch denen Commissariis deutlich vorgeschrieben werden, was sie thun und unterlassen sollen; weil die Erfahrung lehret, daß wann denen Commissariis und ihren Verrichtungen keine Schrancken gesetzt werden, unzehlige Unordnungen und Illegalitæten daher entstehen.

§. 20. Die Commissarii müssen nach erhaltenen Commissoriali binnen drey Tagen, wann sie in einem Orte wohnen, (sonst aber binnen acht Tagen) sich eines Termini vereinigen, die Citation zusammen unterschreiben, alle Interessenten gehörig citiren, und dahin sehen daß die Insinuation richtig geschehe, und Documentum-Insinuationis in Termino ad Acta gebracht werde.

§. 21. Es können Commissarii auch ohne Requisition derer Unter-Gerichte dergleichen Citationes an die Partheyen abgehen lassen; wiewohl solches oft dazu dienen kan, damit die Gerichts-Herren die Partheyen oder die Zeugen anhalten, sich in Termino zu gestellen.

§. 22. Wann der eine Theil dem andern Theil notificiret, daß er prorogationem Termini gesucht, und er nicht nöthig habe vor der Commission zu erscheinen, so darf er sich dadurch nicht abhalten lassen den Termin abzuwarten, Wann ihm nebst der Abkündigung nicht auch zugleich ein Decretum prorogationis concessæ, wenigsten drey Tage vor dem Termino vorgezeigt wird. Wann also nachhero die Prorogatio insinuiret wird, müssen demselben, wann er schon einige Kosten verwandt, expensæ termini erstattet werden.

§. 23. Wann zwey oder mehr Commissarii benennet worden, und der eine in dem beliebten Termino nicht erscheinet, können die übrige den Actum verrichten, wann schon die Clausula samt und sonders nicht in dem Commissoriali enthalten ist.

§. 24. Die Commissarii sollen sich künftig keines Commissions-Secretarii oder Notarii weiter bedienen, noch denen Partheyen unnöthige Kosten dadurch verursachen, sondern sie müssen die Protocolla, und was sonst zu thun ist, wie in unsern übrigen Provintzen geschicht, selber schreiben.

§. 25. Die Commissarii müssen von Morgens um 8 Uhr an, bis um 12 Uhr arbeiten, und des Nachmittags continuren, damit denen armen Unterthanen die Kosten auf alle Wege menagiret werden.

§. 26. Vor allen Dingen müssen sie die Güte inter partes versuchen, und wann solche Platz greifet, ein richtiges Protocoll darüber halten, solches von denen Partheyen unterscheiden lassen, den Vergleich ausfertigen, und Copiam davon ihrem Bericht beylegen.

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86 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 27.-37.)

§. 27. Wann jemand schuldig erkannt wird Rechnung abzulegen, und ein Commissarius benennet worden, vor welchem die Abnahme der Rechnung geschehen soll, so soll es folgender gestalt damit gehalten werden.

§. 28. Zufoderst sind alle Administratores fremder Güther, als Tutores, Curatores, Sequestri, Cassen-Bediente (et)c. schuldig Rechnung abzulegen, und sollen dieselbe nicht eher bis solches geschehen, und sie den Bestand abgetragen, auch alle Rechnungs-Belege ausgeantwortet haben, ihres Officii halber quitiret werden.

§. 29. Der Rechnungs-Führer muß am Ende seiner Rechnung die gantze Summe der Einnahme und Ausgabe, auch des Restes richtig verzeichnen, und wann die Einnahme sich höher als die Ausgabe beläuft, stehet dem Gegentheil frey, mit Vorbehalt seiner Exceptionen wegen des Bestandes, Executoriales zu suchen.

§. 30. Wann verschiedene Personen bey einer Rechnung eodem modo interessiret seyn, müssen dieselbe communem Mandatarium bestellen: würden sie sich aber hierunter nicht vergleichen, so stehet zwar einem jeden frey einen besondern Mandatarium auf seine Kosten zu bestellen, solchenfalls aber darf nur einem unter ihnen die Abschrift der Rechnungen und Beylagen communiciret werden.

§. 31. Wann hingegen die Interessenten verschiedene Jura dabey zu beobachten haben, muß der Rechnungs-Führer jedem eine Abschrift communiciren.

§. 32. Der Commissarius muß die Rechnung von Post zu Post durchgehen, beyde Theile über jeden Punct ad duplicas usque, wann es nöthig, hören, die Güte zugleich versuchen, die liquide Posten von denen illiquiden separiren, eine jede in gewisse Classes und Numeros bringen, und ein End-Urthel darüber abfassen.

§. 33. In dem End-Urthel, so über eine streitige Rechnung ergehet, sollen die Einnahme und Ausgabe, und Bestand, dafern sich einer findet, specifice ausgedruckt und gesetzet werden.

§. 34. Wann jemand durch dieses per Sententiam festgesetzte Liquidum graviret zu seyn vermeynet, stehet demselben frey intra decendium ein Remedium zu interponiren und binnen vier Wochen die Justification bey der Regierung einzubringen, worauf ein neuer Commissarius bestellet werden soll, welcher in Gegenwart des vorigen Commissarii die Rechnung revidiren soll.

§. 35. Wann diese Revisores mit denen vorigen einig seyn, soll weiter keine Revisio verstattet werden. Im Fall sie aber dissentiren, muß das Protocoll der Regierung eingesandt, derselben die Decision überlassen, und davon keine weitere Remedia verstattet werden.

§. 36. Wann bloß ein Error Calculi gegen das Commissarische Liquidum angegeben, und einiger massen bescheiniget wird, (welches auch in ipsa executione geschehen kan) soll die Berechnung zwar von neuen angelegt, und, wie in §. præced. verordnet, darin verfahren, in den übrigen Puncten aber, und in dem liquiden Quanto, die Execution veranlasset werden.

§. 37. Wie die Commissarii bey Aufnehmung eines Zeugen-Verhörs, oder bey Æstimation eines Guths zu verfahren, darvon soll unten gehandelt werden.


87 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 38.-44.)

§. 38. Wann nach gehaltener Commission der Commissarische Bericht einläuft, muß derselbe durch den Tage-Zettul publiciret werden. Die Partheyen aber müssen bey dem Constitutioniren das Benöthigte weiter besorgen, und wann darüber verhandelt werden muß, Terminum dazu ausbitten.

§. 39. Wann eine Commission verstattet wird, ehe und bevor die Sach rechtshängig ist, und die Commissarii ein Urthel in der Sache sprechen, so sollen die Remedia (wann auch schon die Commission von uns immediate angeordnet worden) an die Regierung und deren zweyten Senat, und so weiter an den ersten Senat gehen.

Wann aber eine rechtshängige Sache ob neglectam vel protractam justitiam von der Regierung ab- und zur Commission gezogen wird, gehen die Remedia von dem commissarischen Urthel an die folgende Instantz.

§. 40. Wann der Commissarius etwas versiehet, und die Commission nicht nach der ihm ertheilten Instruction verrichtet, folglich dieselbe wiederholet, und z. E. Repetitio einer Æstimation und Taxæ, oder eines Zeugen-Verhörs geschehen muß, soll solches auf des Commissarii Kosten geschehen, derselbe auch schuldig seyn beyden Theilen die auf vorige Commission verwandte Kosten zu erstatten, und überdem die erhaltene Gebühren zur Sportul-Casse zu liefern.

Würde der Præsident und das Collegium hierunter nachsehen, und den Commissarium nicht mit aller Rigeur zur Restitution anhalten, auch darüber geklagt werden, so wollen Wir die liquidirte Kosten von denen Besoldungen beytreiben lassen, und überdem Uns die Ahndung gegen das Collegium vorbehalten.

§. 41. Schließlich müssen Commissarii gedencken, daß sie Richter zwischen beyden Partheyen seyn, und vor Gottes gerechtem Richter-Stuhl Rechenschaft von ihrem Verfahren geben, folglich keinem Theil mehr als den andern, wie solches bishero vielfältig geschehen, favorisiren, vielweniger einem Theil Consilia gegen den andern geben müssen.

§. 42. Die Acta müssen Commissarii nach vollzogener Commission bey Abstattung des Berichts bey 5 Rthlr. Strafe jederzeit wieder zur Registratur geben, damit dieselbe nicht zerstreuet, oder gar verlohren werden.

Sectio IV.

Von denen Diæten derer Commissarien.

§. 43. Die Commissarii müssen bey Strafe der Cassation kein Honorarium von denen Partheyen, neque per directum, neque per indirectum, weder vor, noch nach gehaltener Commission, fodern, oder nehmen, sondern ihre Diæten à 2 Rthlr. per Tag aus der Sportul-Casse erwarten, jedoch seyn die Partheyen schuldig denen Commissariis freye Fuhr zu verschaffen.

§. 44. Diese Diæten sollen ihnen, wann sie nebst ihrem Bericht die Liquidation übergeben, und solche benöthigten falls moderiret worden, aus gedachter Casse angewiesen werden.

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88 Dritter Theil. Tit. VI. (§§. 45.-49.) VII. (§. 1.)

§. 45. Ausser diesen 2 Rthlr. sollen sie weder vor Essen, noch vor Quartier, noch vor einen Wagen, noch vor Abstattung oder Abschreibung des Berichts und der Protocollen das geringste prætendiren, sondern wann sie an dem Ort unbekannt seyn, können sie bey Ansetzung des Termini dem Extrahenten Auflage thun, das Quartier auf der Commissarien Kosten, in loco Commissionis zu bestellen.

Sie müssen auch bey Verlust ihres Honorarii bey keinem Theil logiren, essen, oder von denenselben Eßwaaren annehmen, sondern wann an den Ort kein Wirthshaus oder Krug zu finden, in der nächsten Stadt oder Dorf sich logiren.

§. 46. Sie müssen ihrer Liquidation jederzeit an Eydes statt beyfügen, daß sie keine andere Commissiones währender Anwesenheit verrichtet haben: Allermassen unbillig seyn würde auf einer Reise die Kosten zweyen Partheyen anzuschreiben, sondern sie müssen solchenfalls die Reise-Kosten, und Diæten einer jeden Parthey bloß pro rata anrechnen.

Wann ihnen auch währender Commission eine neue Sache an demselben Ort committiret wird, sollen keine andere Diæten von denen bey dieser neuen Commission interessirenden Partheyen gezahlt werden, als nur für die Zeit die dazu angewandt worden.

§. 47. Sie müssen auch anzeigen wie viel Tage sie auf der Hin- und Rückreise, auch in loco hingebracht, und dieser eydlichen Versicherung weiter beyfügen, daß sie die Commission nicht haben in weniger Tagen zu Ende bringen können.

§. 48. Wann einem Referendario, Bürgermeister, Syndico etc. eine Commission aufgetragen wird, soll derselbe nebst freyer Fuhr 2 Flor. die Notarii aber (weil ihnen nur geringe Sachen aufgetragen werden sollen) 1 Rthlr. aus der Sportul-Casse haben, auch bey Strafe der Cassation nichts weiter von denen Partheyen nehmen oder fodern; Er muß aber gleichfalls die vorhin §. 36. et 37. gemeldete Versicherung beyfügen.

§. 49. Diese vorgeschossene Diæten müssen der Parthey, welche die Commission extrahiret, von der Regierung angeschrieben, und von derselben alle drey Monath wie die andere Gebühren abgefodert, und beygetrieben werden.

Wann ex officio eine Commission ohne Ansuchen der Partheyen erkant wird, müssen beyde Theile interim die Kosten entrichten:

Bey Entscheidung der Haupt-Sache aber müssen sie das Erkäntniß, wer dieselbe zu tragen schuldig, erwarten.

Tit. VII.

Wie bey Versuchung der Güte zu verfahren.

§. 1. Es soll vor allen Dingen gleich bey Anfang des Processes, ehe die Partheyen in eine Verbitterung gerathen, die Güte versucht, und alle Mühe angewandt werden, die Sache zu vergleichen.


89 Dritter Theil. Tit. VII. (§§. 2.-9.)

§. 2. Zu dem Ende sollen jederzeit bey der ersten Citation die Partheyen ermahnet werden, in Person, oder durch einen zur gütlichen Handlung genugsam instruirten Bevollmächtigten, zu erscheinen, mit dem Beyfügen, daß die Güte versucht werden, und beyde Theile sich den Tag vor dem Termino bey dem Præsidenten melden sollen.

§. 3. Wann die Partheyen in Person erscheinen, muß der Præsident einen oder ein Paar Räthe deputiren, welche die Sache in der Neben-Stube ohne Advocaten vornehmen, beyde Theile mit ihrer Nothdurft hören, ihre Documenta und Briefschaften nachsehen, den gantzen Process ex officio instruiren, ein förmliches Protocoll darüber halten, und solches denen Partheyen vorlesen müssen.

§. 4. Wann der Commissarius solchergestalt die völlige Information eingenommen, muß er Vorschläge zur Güte thun, auch wann es nöthig die Advocaten, wann sie vorhanden, mit zuziehen, und wann die Hauptsache selbst nicht abgethan werden kan, wenigstens die Kleinigkeiten vergleichen, und die Incident-Puncten coupiren.

§. 5. In Entstehung der Güte, muß der Commissarius beyden Advocaten Auflage thun die Sache von 3. zu 3. oder von 8. zu 8. Tagen loco oralis zu verhandeln.

Er muß aber auch zugleich sein gehaltenes Protocoll ad Acta geben, und darin verzeichnen, was für Vorschläge geschehen, und welcher Advocat oder Parthey solche nicht annehmen wollen.

§. 6. Wann bey der künfigen Urthel derjenige Theil, welcher den Vergleich refusiret, verliehret, oder noch weniger, als ihm durch den Vergleich offeriret worden, erhält, so soll er allezeit dem Gegentheil die Kosten erstatten, der Advocat aber, welcher den Vergleich abgerathen, seine Gebühren verliehren, welche der Sportul-Casse zugesprochen werden müssen.

§. 7. Wann Remedia gegen das Urthel eingewandt werden, muß derselbe Rath nochmahls die Güte unter denen Advocaten versuchen, in deren Entstehung aber durch ein kurtzes Protocoll, was für Vorschläge geschehen, und welche Parthey oder Advocat dem Vergleich entgegen gewesen, notiren, und denen Acten beylegen, hiernächst denen Remediis ihren Lauf lassen, der künftige Referent aber muß ratione der Kosten sich nach dem vorhergehenden §pho richten.

§. 8. Wann auch die Referenten, oder andere Räthe, in progressu litis die Güte versuchen wollen, soll ihnen solches ebenfalls frey stehen.

§. 9. Weil aber die gröste Billigkeit erfordert, daß die Räthe, welche dergleichen Mühe übernommen, und die Advocaten, welche denen Partheyen dazu angerathen, eine zulängliche Belohnung bekommen, so soll es damit folgendergestalt gehalten werden:

Wann 1.) die Sache 100 Rthlr. und darunter beträgt, soll der Rath nichts dafür nehmen, der Advocat aber seine Termins-Gebühren a 2 Rthlr. und die Sportuln-Casse wegen Ausfertigung des Vergleichs von jeder Parthey 1 Rthlr. nehmen.

Wann 2.) die Sache über 100. bis 500. Rthlr. beträgt, soll der Rath von jedem Theil 2 Rthlr. jeder Advocat aber von seiner Parthey 4 Rthlr. und die Sportuln-Casse wegen auszufertigenden Vergleich von jedem Parth nicht mehr als 1 Rthlr. nehmen.

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90 Dritter Theil. Tit. VII. (§§. 9.-12.) VIII. (§. 1.)

Wann 3.) die Sache über 500. Rthlr. beträgt, soll der Rath von jedem Theil 4 Rthlr. jeder Advocat von seiner Parthey 6. Rthlr. die Sportuln-Casse aber vor Ausfertigung des Vergleichs von jedem Parth 2 Rthlr. nehmen.

Wann die Summe 1000. und mehr Rthlr. beträgt, soll denen Räthen und Advocaten überdem von jedem 1000. noch 2. Rthlr. und der Sportuln-Casse 1 Rthlr. zugebilliget werden.

§. 10. Ob Wir nun zwar gerne sehen, wann eine Sache in der Güte verglichen wird, so müssen dennoch die Räthe denenjenigen welche das offenbahre Recht vor sich haben nicht zu viel zumuthen, sondern dieselbe bloß in zweifelhaften Sachen zum Vergleich disponiren.

§. 11. Wann der Vergleich statt findet, soll derselbe in einen deutlichen und förmlichen Recess abgefaßt, und unter des Gerichts Unterschrift und beygedruckten Siegel denen Partheyen ausgereicht werden.

§. 12. Damit Wir aber auch wissen mögen was vor Räthe und Advocaten sich bey denen Vergleichen distinguiret haben, so soll der Præsident alle Monath zwey Listen an unser Justitz-Departement einsenden, und in der einen anmercken:

1.) Die Sachen, welche verglichen worden.

2.) Den Nahmen des Raths.

3.) Die Nahmen der Advocaten.

In der andern Liste sollen angeführet werden:

1.) Die Sachen worin die Güte tentiret worden.

2.) Das Objectum Litis.

3.) Der Rath welcher die Güte tentiret.

4.) Die Nahmen der Advocaten, und

5.) Welcher dem Vergleich entgegen gewesen.

Tit. VIII.

§. 1. Wie bey Processen welche a.) zwischen dem Guths-Herrn und dem Pächter, b.) zwischen denen Obrigkeiten und Unterthanen wegen streitigen Præstationen etc. c.) zwischen dem Lehns-Folger und Land-Erben, d.) zwischen dem Vormund und Pupillen, e.) wegen der Gräntzen vorfallen, verfahren werden soll.


91 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 1.-6.)

Alle in dieser Rubric benannte Processe, worinnen gleichwohl eine schleunige Remediur nöthig ist, seyn mehrentheils dergestalt tumultuarie tractiret, und öfters in solche Weitläuftigkeit gesetzet worden, daß sie sich nicht als mit beyder, oder wenigstens eines Theils Ruin geendiget haben, dahero unumgänglich nöthig ist, auch diesen Processen Ziel und Maas zu setzen.

§. 2. Was erstlich die Processe zwischen denen Guths-Herrn und ihren Pächtern betrift, so pflegen eines Theils die Pächter darüber zu klagen, daß der Contract ihnen nicht gehalten, das angeschlagene Land, oder die angegebene Aussaat nicht geliefert, der Mißwachs nicht gut gethan, der durch das Viehsterben verursachte Schaden nicht ersetzet, die Meliorationes  und Impensæ nicht vergütet werden wolten; daß sie von dem Guths-Herrn in der Nutzung turbiret, oder wohl gar von demselben exmittiret worden etc.

Andern Theils pflegen die Guths-Herrn zu klagen, daß der Pächter die Güther nicht hauswirthlich bestelle, kein genugsames Vieh halte, die Bauren ruinire, die Gebäude verwüste, das Inventarium verbringe, und hauptsächlich, daß er seine Pension nicht richtig bezahle.

Damit nun hierunter alle Weitläuftigkeit vermieden werden möge, so wollen Wir es damit folgendergestalt gehalten wissen:

§. 3. Wann zwischen dem Guts-Herrn und dem Pächter Streit entstehet, muß der Guths-Herr, welchem nach der Landes-Verfassung die Jurisdiction über den Pächter zustehet, niemahls eigenmächtig verfahren, sondern einen redlichen und tüchtigen Justitiarium bestellen, solchen ad hunc actum beeydigen, und die Sache rechtlich untersuchen lassen.

§. 4. Dieser Justitiarius muß mit Vorbeygehung aller Exceptionum Dilatoriarum, alle und jede Puncten worüber geklaget wird, hinc inde specifice aufnehmen, eines jeden Theils angeführte Umstände genau und wohl examiniren, dieselbe ad Protocollum nehmen, und vor allen Dingen die Güte versuchen.

§. 5. Wann die Güte nicht verfangen will, muß der Justitiarius genau untersuchen, ob des Pächters oder des Guths-Herrn Prætensiones liquid seyn, oder binnen drey Tagen liquid gemacht werden können.

§. 6. Wann der Pächter seine Forderungen darthut, ist er befugt solche von der Pension abzuziehen.

Wann dieses Liquidum bey Endigung der Pacht-Jahre gezogen wird, und die Pension nicht zureichend ist solches zu tilgen, kan der Pächter sich des Juris Retentionis zwar bedienen, jedoch nur dergestalt, daß ihm ein Vorwerck oder ander Stück Landes angewiesen werden muß, woraus er die Befriedigung suchen kan; Es können ihm auch die Bauren-Pächte assigniret, oder dem neuen Pächter sub pœna dupli befohlen werden, dem Guths Herrn nichts eher auszuzahlen, bis der abziehende Pächter befriediget worden.

Welche Anordnung um desto billiger ist, weil eines Theils der Guths-Herr, wann er unterdessen keinen andern Pächter ansetzen kan, totaliter ruiniret werden dürfte, andern Theils der Pächter, wenn er das Guth administriren müste, wegen der Rechnung, Bestellung (et)c. in einen neuen Process gerathen würde.

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92 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 7.-14.)

§. 7. Und dieses Jus Retentionis hat auch statt, wenn schon andere Creditores in das Guth immittiret werden: Es verstehet sich aber dieses nur von solchen Forderungen des Pächters, welche aus dem Pacht-Contract, nicht aber von andern Forderungen (als z. E. wann der Pächter dem Guths-Herrn ein Anlehn gethan) sich originiren, weil das Jus Retentionis des Pächters in præjudicium Creditorum extra Contractum nicht extendiret werden kan. Sondern es muß der Pächter sein Recht wie andere Creditores durch den ordentlichen Weg Rechtens verfolgen.

Wann aber ein Concursus Creditorum sich in des Guths-Herrn Vermögen eräugent, hört das Jus Retentionis auf, und muß der Pächter das rückständige Quantum in Termino liquidiren, und locum competentem erwarten.

§. 8. Wann im Gegentheil des Guths-Herrn Forderungen liquid seyn, muß der Pächter angehalten werden, die rückständige Pensiones zu bezahlen: Wann er nicht bezahlen kan, muß mit der Execution nach Maßgebung der Executions-Ordnung verfahren werden.

§. 9. Es kan aber auch der Guths-Herr den Caventen, wann Cautio bestellet ist, angreifen, welcher das constituirte Liquidum baar zu bezahlen schuldig ist, und kan derselbe weder auf eine anderweitige Liquidaton mit dem Pächter provociren, noch verlangen, daß des Pächters Vieh zuerst verkauft werde.

§. 10. Demjenigen, welcher durch des Justitiarii Spruch graviret zu seyn vermeynet, stehet frey, an die Ober-Gerichte zu appelliren, und in der Appellations-Instantz seine Jura weiter auszuführen.

Es soll aber diese Appellation blos Effectum devolutivum haben, wann das Urthel zur Sicherheit des Guths-Herrn, oder des Pächters etwas veranlasset, z. E. wann der Pächter in der Possession geschützet wird, oder wann im Gegentheil ihm der Boden verschlossen, oder ein Aufseher zugegeben, oder das Guth sequestriret wird (et)c.

§. 11. Wann auf die Exmission des Pächters währender Pacht-Jahre erkannt wird, soll zwar die Appellation Effectum suspensivum haben; Es stehet aber dem Justitiario frey, alle Mittel zur Sicherheit des Guths-Herrn, der eingewandten Appellation ohngeacht vorzukehren, dem Pächter einen Aufseher zu geben, die Boden zuzuschliessen etc. und davon sollen keine Remedia statt haben, weil der Pächter allenfalls seine genugsame Sicherheit an dem Guth und bey denen künftigen Pacht-Geldern hat.

§. 12. Und dieses hat also seine Richtigkeit, wann der Guths-Herr durch einen Justitiarium seine mit dem Pächter habende Streit-Sache rechtlich untersuchen läßt.

§. 13. Im Fall aber der Guths-Herr, ohne die Sache einem Justitiario aufzutragen, de facto zu fahren, den Pächter arretiren, ihm die Boden zuschliessen, oder denselben gar exmittiren wolte, stehet dem Pächter frey sich immediate bey dem Ober-Gericht zu melden, welches sofort Mandatum de non turbando, de restituendo etc. ertheilen, einen kurtzen Terminum zum Verhör ansetzen, und solchen wann super exmissione geklagt wird, niemahlen, sonst aber nicht als aus höchstwichtigen Ursachen prorogiren muß.

§. 14. In Termino muß der Citatus paritionem, daß er nemlich dem Mandato Regiminis ein Genügen gethan, dociren, oder Ursach anführen warum er nicht dazu angehalten werden könne.


93 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 15.-20.)

§. 15. Wann die Sache weitläuftig ist, und in vielen Puncten bestehet, soll einem Rath ex officio committiret werden, denselben, oder den folgenden Tag die Nothdurft beyder Theile ad Protocollum zu nehmen, vor allen Dingen die Güte zu versuchen, und wenigstens die Kleinigkeiten so viel möglich zu vergleichen.

In Entstehung der Güte muß das Protocoll vorgelegt, ein rechtliches Urthel nach denen vorhin §. 5. et. seq. vorgeschriebenen Principiis daraus abgefaßt, und gewöhnlicher massen publicirt, auch mit denen Remediis es nach dem §. 10. et. 11. gehalten werden.

§. 16. Wann der Rath findet, daß vor Endigung der Sache eine Local-Commission zu veranlassen nöthig sey, oder ein und der andere Theil darauf provociret, so muß die Regierung periculo succumbentis ex officio einen Commissarium benennen, welcher nach der Commissions-Ordnung und nach denen vorhin vorgeschriebenen Principiis in loco verfahren soll.

§. 17. Wann der Pächter darüber klaget, daß er eigenmächtig und ohne richterliche Erkäntniß, oder nach eingewandter Appellation de facto exmittiret worden, so muß der Pächter sofort durch eine Commission cum omni causa restituiret werden, wann schon in dem Contract versehen wäre, daß der Guths-Herr den Pächter, wann er die Pension nicht richtig bezahlt (et)c. privata autoritate exmittiren könne: Es soll auch ehe die Restitutio geschehen, der Guths-Herr weder gehöret, noch ihm einiges Remedium verstattet werden.

§. 18. Weil aber bey dergleichen Processen die Sache dadurch weitläuftig gemacht zu werden pfleget, weil in denen Rechten nirgends klar und deutlich versehen ist, wer die Unglücks-Fälle, welche sich entweder bey dem verpachteten Guth selbst, oder bey denen Früchten, oder bey dem Vieh eräugnen (et)c. tragen solle; Und wie der Mißwachs, welcher eine Remission der Pension mit sich führet, beschaffen seyn müsse; So wollen Wir es folgendergestalt gehalten wissen:

§. 19. Wann erstlich das verpachtete Guth durch einen Zufall in den Stand gesetzet wird, daß der Pächter es nicht völlig, oder nicht zum Theil nutzen kan, als z. E. wann das Gehöfte verbrennet, und der Pächter sein Vieh nicht lassen kan, item wenn ein Stück Landes durch einen Erdfall versincket, oder wann durch den übeln Ausgang eines Processes der Guths-Herr einen Theil des verpachteten Landes verliehret, oder wann der Pächter durch Krieges-Unruhe und feindliche Gewalt die Güther zu gebrauchen verhindert wird (et)c. so kan der Pächter nach Proportion des dadurch verursachten Schadens, und entzogenen Nutzung um Remission der Pension anhalten.

Es muß aber der Pächter a.) erweisen, daß er Schaden gelitten, b.) daß der Schade zu der Zeit, und in denen Jahren von welchen die Pension rückständig, sich zugetragen habe, daher z. E. der Pächter sich unter dem Prætext, daß in diesem Jahr Krieg gewesen, sich auch von denen Pensionen, so in denen vorigen Jahren im Rest geblieben, nicht befreyen, sondern die Remissio Pensionis nur auf das Jahr, worinn er den Schaden gelitten, gefordert werden kan; c.) daß der Schaden important, und nicht erträglich sey, wovon in dem folgenden §. gehandelt werden soll.

§. 20. Es leidet also diese Regul einen Abfall: 1.) Wann der Pächter den Nutzen des Guths ob schon mit einiger Incommoditæt geniessen kan. z. E. Wann das Gehöfte im Sommer abbrennet, und das Vieh, bis die Stallung wieder gebauet wird, des Nachts auf dem Felde bleiben kan (et)c.

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94 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 20.-22.)

2.) Wann der Pächter selber die Ursach, oder Schuld ist, daß er das Guth nicht nutzen kan, z. E. wann derjenige, der mit ihm in Feindschaft lebt, oder seine Domestiquen Feuer anlegen.

3.) Wann dergleichen Unglücks-Fälle gewöhnlich, oder

4.) Der Pächter solche, da er das Guth gepachtet, gewust, und die Gefahr gegenwärtig gewesen.

5.) Wann der Schaden gering und leidlich, oder

6.) Der Pächter alle Unglücks-Fälle übernommen. Welche Exceptiones in dem folgenden §. weiter erläutert werden sollen.

§. 21. Wann zweytens der Pächter durch Frost, Hitze, Heuschrecken, Mausefraß, Hagel (et)c. einen Mißwachs an denen Früchten leidet, so kan er den Schaden nach Proportion seines Verlustes von der Pension abziehen.

Es wird aber erfordert 1.) daß dergleichen Mißwachs an dem Ort etwas ungewöhnliches sey, dann wann sich dergleichen Casus öfters zu eräugnen pflegen, z. E. wenn in denen bey der See gelegenen Aeckern, durch die aufsteigende Nebel, die Blüthe des Korns versenget wird, so kan der Pächter keine Ersetzung prætendiren, noch an der Pension etwas abkürtzen.

Es wird 2.) erfordert, daß diese Zufälle von aussen her, nicht aber aus der Natur des Ackers kommen, als wann der Grund steinig, kalt, sandig, oder trächtig von Unkraut ist (et)c. weil der Pächter sich imputiren muß, daß er dergleichen Land gepachtet, daher ist er schuldig, die gantze Pension zu bezahlen, wann er schon gar nichts geerndtet hat.

Es wird 3.) erfordert, daß die Früchte, wobey der Unglücks-Fall sich zugetragen, noch nicht abgemehet, abgebrochen und percipiret seyn.

Dann wann sie abgemehet, oder abgebrochen gewesen, so seyn sie des Pächters eigen, und fället der Schaden ihm als Domino zur Last; welches auch also zu halten, wenn sie auf dem Felde liegen, und noch nicht in die Scheune gebracht oder ausgedroschen, oder noch nicht in Verwahrung genommen worden.

Es wird 4.) erfordert, daß der Mißwachs ohne des Pächters Schuld sich zugetragen, und derselbe solchen nicht habe hindern können.

Wann also der Pächter nicht zu rechter Zeit die Saat bestellet, nicht genug gemistet, schlechte Saat gebraucht (et)c. kan er keine Remission verlangen.

Es wird 5.) erfordert, daß der Mißwachs groß und important sey: Dann wann es eine Kleinigkeit betrift, darf der Locator keinen Schaden ersetzen.

§. 22. Weil aber in denen Rechten nicht determiniret ist, was ein importanter und unerträglicher Schaden ist, sondern solches dem arbitrio judicis überlassen worden, so wollen Wir um alle Gelegenheit zum Process zu coupiren hierdurch fest setzen, daß wann die gehabte Abnützung (nach Abzug der Saat und Bestellungs-Kosten) die Helfte der Pension nicht erreichet, der Schaden vor groß, und nicht erträglich zu halten sey.

Es muß aber nicht allein die Abnutzung der Früchte, sondern alle Einnahme der Güther, so vom Vieh, Holtzungen, Fischereyen (et)c. gehoben werden, mit in computum kommen, und die Abnutzung darnach reguliret werden.


95 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 22.-29.)

Wie dann auch im Gegentheil wann der Guths-Herr sich einige Douceurs in dem Contract reserviret, solche zu Gelde geschlagen, und der Pension zugerechnet werden müssen.

§. 23. Es muß aber der Werth derer Abnutzungen nicht nach dem Anschlag, sondern dergestalt gerechnet werden, was das Getreyde auf Weyhnachten, oder Ostern nach dem Durchschnitt in dem Jahr gegolten hat:

§. 24. Wann also die Abnutzung nicht bis an die Helfte der Pension anläuft, so ist der Pächter befugt, alles was ihm an der Helfte fehlet von der Pension abzuziehen: Wann also z. E. das Guth vor 1000 Rthlr. verpachtet ist, du der Pächter von dem Guth, alle Einnahme mitgerechnet, nur 100 Rthlr. eingenommen, so kan er nicht mehr als 400 Rthlr. (Welches die Helfte von der Pension ausmacht) von der Pension abziehen.

§. 25. Bey Aestimation des Schadens kan die Einsaat nicht in Consideration kommen, daher wann solche verdorben, und nicht gewonnen wird, kan der Pächter keine Remission fordern, weil er Herr des Saamens ist, folglich er die Unglücks-Fälle davon tragen muß.

§. 26. Wie dan auch die Kosten welche zu Bestellung des Ackerbaues und der Haushaltung, z. E. an Gesinde-Lohn verwandt worden, nicht angerechnet, noch dieserwegen Remission gefordert werden kan.

§. 27. Es wird auch 6.) erfordert, daß der Mißwachs nicht durch den Vortheil der übrigen Ländereyen, oder durch den Ueberfluß der vorigen oder der folgenden Jahre ersetzet werde, weil es die grösseste Unbilligkeit seyn würde, wann der Pächter den Ueberfluß desselben, oder der übrigen Jahre allein geniessen, und dem Guths-Herrn nichts davon zufliessen lassen: Hingegen wenn in einem oder andern Jahre ein Mißwachs sich hervor thut, solchen allein dem Guths-Herrn aufbürden, und den Schaden von der Pension abziehen wolte.

§. 28. Wann also (a) ein Strich des verpachteten Roggen-Landes durch Hagel-Schaden, Heuschrecken (et)c. verdorben wird, hingegen der Weitzen, die Gerste (et)c. einen grossen Ueberfluß tragen, so kan keine Remission verlangt werden.

Wann (b) in dem vorigen Jahr die Erndte so reich gewesen, daß der durch den diesjährigen Mißwachs erlittene Schaden, durch des vorigen Jahrs Ueberfluß ersetzet wird, so kan der Pächter gleichfalls nichts von der Pension abziehen.

Wann auch (c) in denen folgenden Jahren die Erndte so reichlich erfolget, daß der erlittene Mißwachs und Schaden derer ersten Pacht-Jahre entweder gantz, oder zur Helfte durch diesen Ueberfluß ersetzet wird, so muß der Pächter dasjenige, was er vor den Mißwachs vorhin abgezogen, oder erhalten, wieder herausgeben, und dem Guths-Herrn erstatten.

Es ergibt sich aber (d) von selbsten, daß solches blos von dem Ueberfluß derer gegenwärtigen Pacht-Jahre in welchen sich der Verwalter tempore des erlittenen Schaden befindet zu verstehen sey: Wann also ein Pächter nachdem er auf 4 Jahr gepachtet, nach deren Ablauf den Contract auf andere 4 Jahre prorogiret oder erneuert, so kan der bey dem ersten Contract genossene Ueberfluß, mit dem in dem andern Contract erlittenen Schaden nicht compensiret werden.

§. 29. Ein Pächter kan niemahls eine Remission fordern, wann er alle Unglücks-Fälle übernommen hat. Weil, wann solches geschehen, auch insolitissimi darunter

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96 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 29.-31.)

verstanden werden müssen: Nachdemahln gemeiniglich wegen dieser Clausul die Pacht geringer gesetzt wird.

Es muß aber deutlich in dem Contract exprimiret werden, daß er alle Unglücks-Fälle über sich nehme, oder daß er aller Remission wegen Unglücks-Fälle sich begebe.

Wann aber nur ein oder ander Casus ohne Beyfügung einer solchen General-Renunciation exprimiret worden, kan der Pächter wegen anderer Unglücks-Fälle Remission fordern.

§. 30. Damit aber der Guths-Herr und Locator wissen könne, wie hoch auf der einen Seite der Mißwachs und der Schaden sich belaufe, und ob auf der andern Seite derselbe durch den Ueberfluß der andern Aecker oder der vorhergehenden und folgenden Jahre ersetzt werde, so muß der Pächter

a) Wann er eine Erlassung an der Pension prætendiret, vor der Erndte dem Locatori oder dessen Inspectori etc. den Mißwachs, oder erlittenen Schaden notificiren, und um eine gerichtliche Besichtigung und Untersuchung bitten, oder auch in foro ordinario um dergleichen Untersuchung, mit Citirung des Locatoris (wann er gegenwärtig), oder dessen Inspectoris etc. Ansuchung thun, welche das Quantum des Mißwachses, oder des erlittenen Schaden, es erscheine der Locator oder nicht, determiniren müssen.

b) Der Pächter muß dem Locatori von denen vorigen Jahren, und von diesem Jahr eine richtige Oeconomie-Rechnung produciren, um daraus ersehen zu können, ob dieser Mißwachs nicht durch den Reichthum derer vorigen Jahre, oder durch den Ueberfluß der übrigen disjährigen Revenuen ersetzt werde.

Wann c) weder in diesem, noch in denen vorigen Jahren, sich ein Ueberfluß findet, folglich der Mißwachs und andere erlittene Schaden klar am Tage liegt, so kan der Locator sich nicht entbrechen, den Schaden mit zu tragen, und sich solchen nach Anleitung des §. 22. et seq. von der Pension abziehen zu lassen.

Wann aber d) in denen folgenden Jahren dieser Schaden durch eine reiche Einnahme ersetzet wird, und solches aus denen Oeconomie-Rechnungen ( die der Pächter herausgeben muß) bescheiniget werden kan; so ist der Pächter schuldig, dem Locatori dasjenige was er wegen des Mißwachses vorigen Jahres von der Pacht abgezogen, wieder zu erstatten.

§. 31. Es verstehet sich also von selbsten, daß der Pächter von allen Jahren eine accurate Oeconomie-Rechnung halten, und darin notiren müsse, was das gantze Guth getragen (Vid. supr. §. 22.), und insonderheit wie viel Stiege er jedes Jahr von jeder Art Getreyde eingefahren, und was eine Stiege gelohnt habe.

Hiernechst muß er mittelst Eydes bestärcken, daß er diese Rechnung hauswirthlich geführet, was geerndtet, und sonst an andern Gefällen eingenommen worden, richtig eingetragen habe, und daß er nicht mehr als was darin notiret ist, eingeerndtet, genutzet, und eingenommen habe.

Wann der Pächter dergleichen Oeconomie-Rechnung nicht gehalten, oder dieselbe vorgeschriebenermassen nicht beschweren kan; So kan sich derselbe nicht entbrechen die gantze Pension zu bezahlen: Es stehet ihm jedoch frey auf ander Art zu erweisen, daß er die Helfte der Pension nicht gewonnen habe, wodurch aber die Bezahlung der völligen Pension nicht aufgehalten werden kan, weil er sich imputiren muß, daß er, wie er doch schuldig, keine richtige Oeconomie-Rechnung gehalten hat.


97 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 32.-38.)

§. 32. Wann dem Pächter eine Remission ertheilet werden muß, und des Locatoris Schuld nicht dabey concurriret, so ist dieser niemals das Interesse zu præstiren, oder fructus percipiendos zu erstatten schuldig, sondern der Pächter muß sich mit dem landüblichen Werth begnügen.

§. 33. Was drittens das Viehsterben anbetrift, so muß distinguiret werden, ob das Vieh dem Pächter zugehöre, oder dem Guths-Herrn.

Ersternfalls stirbt das Vieh seinem Herrn. Es ist aber auch vor des Pächters eigen Vieh zu halten, wann solches dem Pächter taxato zugeschlagen wird.

Wann das Vieh dem Guths-Herrn eigen ist, so fällt das Vieh-Sterben dem Locatori als Domino des Viehes zur Last.

In beyden Fällen aber ist der Pächter, weil ihm die Abnutzung entgehet, dieserwegen Remission zu fodern wohl befugt: Und muß ihm der Schaden, welchen er durch das Sterben des Viehes an der Abnutzung gelitten, nach dem landüblichen Anschlag vergüthet werden.

§. 34. So lang der durch den Unglücksfall verursachte Schaden nicht völlig gerichtlich reguliret und determiniret worden, kan der Pächter die Pension nicht zurück halten, weil er an dem Guth und denen folgenden Jahren seine Sicherheit hat.

§. 35. Wann in dem letzten Jahr der Mißwachs (et)c. entstehet, und der Schaden vor dem Abzug des Pächters nicht reguliret werden kan, muß dieser die Pension gerichtlich deponiren, oder bürgliche Caution bestellen, und darf er bis eines von beyden geschehen, mit seinem Invectis et Illatis nicht dimittiret werden.

§. 36. Es soll gegen dergleichen Determination des Schadens kein Remedium, als quoad effectum devolutivum, verstattet werden.

§. 37. Wann zweytens Streit zwischen Obrigkeit und Unterthanen z. E. wegen geweigerten, oder übermäßigen Dienste, oder andern neuerlichen Præstationen entstehet; So soll niemahls ein ordentlicher Process darüber verstattet, sondern auf eingekommene Klage Terminus angesetzt, und in Termino einem Rath committiret werden die Sache ad protocollum zu nehmen, die Güthe zu versuchen, in deren Entstehung aber die Sache zum rechtlichen Spruch bey der Regierung vorzutragen.

Vor welchem Spruch kein Remedium, als quoad effectum devolutivum, verstattet werden soll.

Bey Entscheidung dergleichen Sachen ist jederzeit zum Grund zu setzen, daß in dubio die Unterthanen zu Verrichtung der Dienste und Præstationen angehalten werden müssen, weil dieselbe an dem Guthe jederzeit ihren Regress und Sicherheit haben; dahingegen der Guths-Herr, wann die Unterthanen condemniret werden, und nachdienen oder die gehäufte Præstationes auf einmahl erstatten sollen, mehrentheils ruiniret werden, oder wenigstens solches vorgeben dürften; allermassen wenig Exempel fürhanden, daß der Guths-Herr etwas ohne einen neuen Process wieder bekommen habe.

Unterdessen bleibt die Regul feste, daß kein Bauer deswegen, weil er in bessern Umständen wie sein Nachbar ist, mit schwererem Dienst beleget, und ihm ein mehreres als andern in selbigen Dorf angemuthet, sondern alles gleich eingerichtet werden müsse.

§. 38. Wann drittens zwischen einem Lehnsfolger und denen Land-Erben Streit entstehet, und das Allodium von dem Feudo separiret werden muß, soll gleichfalls kein ordentlicher Process verstattet, sondern auf eingelaufene Klage in dem darüber

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98 Dritter Theil. Tit. VIII. (§§. 38.-40.)

angesetztem Termino einem Rath committiret werden, beyde Theile über alle und jede hinc inde habende Forderungen zu vernehmen, ein richtiges Protocoll darüber zu halten, und die Güthe zu versuchen: Wann er die Haupt-Sache nicht in der Güthe beylegen kann, muß er wenigstens suchen die Kleinigkeiten zu vergleichen, die dilatorische und incident Puncten zu coupiren, und den Process ad definitivam zu instruiren.

Im Fall, vor völliger Entscheidung, in einigen Puncten eine Local-Commission veranlasset werden muß, so kann die Regierung über die instruirte Puncte sprechen, wegen der andern aber die Sache auf Commission richten, da dann der Commissarius nach Anleitung der Commissions-Ordnung zu verfahren schuldig ist.

Was aber ad feudum oder ad allodium zu rechnen, item wie es mit denen Schulden zu halten, solches ist in unserer Lehns-Constitution deutlich versehen.

§. 39. Es seyn auch viertens billig unter die unglückseelige Processe zu rechnen, wann zwischen denen Pupillen und Vormündern (et)c. Streit entstehet, und wann entweder der Vormund von dem Unmündigen wegen eines Residui Ersetzung fordert, oder der Unmündige den Vormund wegen übel geführter Administration in Anspruch nimt.

Item, wenn ein Administrator piorum corporum mit dem pio corpore wegen geführter Administration in Process geräth.

In diesen Fällen soll a) gleichfalls kein ordentlicher Process verstattet, sondern in dem ersten Termino einem Rath committiret werden die Sache aufzunehmen, und soll alsdann eben auf die Art, wie oben §. 38. vorgeschrieben, weiter verfahren werden.

Es ist b) bey einigen Collegiis die üble Gewohnheit eingeschlichen, daß wann ein Vormund oder Curator jährlich seine Rechnung gerichtlich abgelegt, und darüber quitiret wird, dem Unmündigen oder Minderjährigen, wann er die Majorennitæt erlanget, unter dem Prætext daß der Vormund einmahl gerichtlich quitiret worden, nicht gestattet werden will die Vormundschafts-Rechnung einzusehen, noch weniger Monita darüber zu formiren (et)c.

Weil aber nach denen Rechten die Vormundschafts-Rechnung nach geendigter Vormundschaft NB. denen gewesenen Unmündigen abgestattet werden soll und muß; Und die jährliche Abnahme hauptsächlich nur dieserwegen eingeführet worden, damit der Vormund währender Vormundschaft nicht nach Gefallen von des Unmündigen Geldern disponiren könne, sondern den Bestand alle Jahr belegen und vorzeigen müsse; So kan der Vormund sich nicht entbrechen dem Pupillen auf dessen Verlangen die Rechnungen mit denen Belägen nochmals vorzulegen, die dagegen gemachte Defecten zu beantworten, und darüber richterliche Erkäntniß zu gewarten; welches um destomehr statt haben soll, wann bey der jährlichen Abnahme keine Monita gegen die Rechnung gemacht, und dem Vormund alles was er angegeben, ohne zu examiniren ob es nöthig gewesen oder nicht, passiret worden.

§. 40. Wann fünftens wegen der Gräntzen zwischen Benachbarten Streit entstehet, ist desto nöthiger die Mishelligkeit zu coupiren, weil öfters, wann die Verbitterung darzu kommt, Mord und Todschlag daher entstehen kan, dergleichen Processe auch wegen der vielfältigen Commissionen, und Abhörung einer grossen Menge von Zeugen, sehr kostbahr, und durch die Negligentz derer Commissarien unsterblich zu seyn pflegen.

Wann also (1) jemand klagt daß der Nachbar die Gräntzen verrücke, wann bey Theilung eines Guths oder Holtzes Streit entstehet, wann bey eingeklagter Turbation, Pfändung, Abstammung des Holtzes (et)c. die Gräntzen gestritten werden, folglich es auf


99 Dritter Theil. Tit. VIII. (§. 40.) IX.

eine Ocular-Inspection ankommt, so muß sofort ex officio ein Commissarius benannt werden, die Sache in loco zu untersuchen, beyden Theilen aber bey Gefängniß, oder andern Strafe anbefohlen werden, alles bis dahin in statu quo zu lassen.

Der Commissarius muß (2) nach der Commissions-Ordnung Terminum præjudicialem ansetzen, und denen streitenden Partheyen Auflage thun, in Termino ihre Documenta und Nachrichten wegen der Gräntze mitzubringen, die Zeugen deren sie sich bedienen wollen, alsdann zu produciren, oder dieselbe beyzeiten ante Terminum citiren zu lassen.

In Termino muß (3) der Commissarius beyde Theile mit ihrer Nothdurft hören, die Documenta und Nachrichten examiniren, wann die Gräntzen weitläuftig, solche durch einen geschwornen Landmesser aufnehmen lassen, sonst aber selber einen ohngefehren Abriß davon machen. (et)c.

Bey Abhörung der Zeugen muß (4) Commissarius auf keine Exceptiones contra personas testium (es wäre dann daß sie ipse jure repellibiles seyn) reflectiren, jedoch was wider dieselbe angegeben wird fleißig ad protocollum notiren, damit der künftige Referent in quantum de jure darauf reflectiren könne.

Der Commissarius muß (5) nach untersuchter Sache, und geschlossenem Protocoll, die Güthe versuchen, und in deren Entstehung durch eine Interims-Verordnung den Statum possessionis bis zu erfolgtem Bescheid salvo jure et falsa possessione utriusque reguliren, und, wann einige Thätlichkeit zu befürchten, und die Possession sehr zweifelhaftig ist, beyden Theilen bey Gefängniß oder andrer Strafe den Gebrauch des Orts untersagen, oder dem Befinden nach einen Sequestrum bestellen.

Im übrigen muß (6) der Commissarius wegen Beschleunigung des Berichts, und der Diæten, sich überall nach der Commissions-Ordnung achten.

Wann die Sache (7) bey der Regierung zur Relation kommt, muß dieselbe jederzeit unsere in denen Rechten und Billigkeit fundirte General-Regul vor Augen haben, daß wann nicht möglich die Gewisheit der Gräntze auszufinden, dieselbe getheilet werden solle.

Es darf aber diese Theilung, wann die Gräntzen an verschiedenen Orten streitig, an einem aber klar erwiesen oder wenigstens ziemlich bescheinigt seyn, nicht allezeit zu gleichen Theilen geschehen: Sondern es muß die Theilung bloß in denen Oetern (= Oertern) geschehen, wo beyde Theile entweder gar nichts erwiesen, oder wo beyder Beweiß gleich wichtig ist.

Es muß auch eine vernünftige Proprotion (= Proportion) bey dieser Theilung beobachtet, und demjenigen welcher mehr Præsumptiones vor sich hat, auch ein grösserer Theil bey der Theilung assigniret werden.

Tit. IX.

Vom Concurss-Process, und von dem Moratorio, auch von Behandlung derer Creditoren, Cessione bonorum, und dem Beneficio competentiæ.

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100 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 1.-2.)

§. 1. Wir haben bey denen Concurs-Processen mit dem höchsten Misfallen wahrgenommen, daß solche in der größten Confusion bishero tractiret worden, und kein Ende davon abzusehen gewesen: wann er aber endlich nach langen Jahren geendiget worden, so hat sich nicht allein gefunden daß verschiedene neue Processe daher entstanden, sondern auch daß die Richter und Advocaten, vornemlich aber der Contradictor das Meiste davon profitiret haben, und denen Creditoribus mehrentheils, nach Abzug derer Kosten, das leere Nachsehen gelassen worden.

Wir finden daher nöthig auch diesen unverantwortlichen Mißbräuchen einmal Ziel und Maasse zu setzen, und durch eine besondere Ordnung vorzuschreiben:

1.) Wann ein Concurs-Process zu eröfnen.

2.) Wie dabey civiliter zu verfahren.

3.) Wie gegen einen betrüglichen Banqueroutirer criminaliter zu verfahren.

4.) Wann dem Debitori ein Moratorium zu verstatten, und was dabey zu beobachten.

5.) Wann er zur Behandlung derer Creditoren, oder

6.) Zu dem Beneficio cessionis bonorum zuzulassen.

7.) In welchen Fällen dem Schuldener das beneficium competentiæ zu statten kommen müsse.

Sectio I.

Wann ein Concurs-Process zu eröfnen.

§. 2. Wann 1.) viele Creditores sich zu gleicher Zeit gegen einen Schuldner melden, und aus verschiedenen Documentis Klage anstellen, der Debitor aber die Schulden negiret, oder wahrscheinliche Exceptiones denenselben entgegen setzet, so können die Creditores, weil die Schulden noch nicht liquid seyn, nicht zum Concurs provociren.

Wann aber gleichwohl die Debita nothdürftig bescheiniget, die dargegen eingewandte Exceptiones weit aussehend, folglich eine Vermuthung sich hervor thut, daß der Debitor seine Creditores blos mit Processen zu fatigiren suche, unterdessen aber seine noch übrige Güther verthun, und denen Creditoribus bey Endigung des Process das leere nachsehn lassen dürfte; so seyn die sich meldende Creditores befugt, von dem Debitore eine eydliche Specification seines Vermögens, und, wann er ein Handelsmann ist, die Production seiner Handlungs-Bücher zu erfordern.

Der Richter muß solchenfalls einen Terminum, höchstens von 4 Wochen ansetzen, den Debitorem mit seiner Nothdurft hören, dem Befinden nach die Creditores


101 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 2.-5.)

zum Juramento Calumniæ anhalten, und nach Beschaffenheit der Sachen, insonderheit wann die Schulden allem Ansehen nach liquid, der Debitor nicht angesessen, oder sonst ein übler Haushalter wäre (et)c. denselben zu der gesuchten Production anhalten.

Im Fall der Debitor in Termino ausbleiben, oder, wann er erscheinet, sich zu der erkandten Specification und Production der richterlichen Erkäntniß ohngeachtet nicht bequemen wolte, oder nach beschehener Production das Vermögen eventualiter nicht zureichen möchte, so soll zur Sicherheit der Creditoren bis die Haupt-Processe geendiget, und ad liquidum gebracht worden, dem Befinden nach ein Aufseher, welchen die Creditores wählen sollen, oder ein Curator bonorum bestellet werden, es wäre denn daß der Debitor bis dahin genugsame bürgerliche Caution bestellen könte.

Was der Richter hierunter verordnet, davon soll kein Remedium, als quoad effectum devolutivum verstattet werden. Welches auch, wann die Bürgschaft nicht für zulänglich erkannt wird, statt haben soll.

§. 3. Es wird auch 2.) dadurch kein Concurs erreget wann ein Creditor in ein Guth immittiret wird, und viele andere Creditores, welche auf sothanes Guth gleichfalls versichert seyn, sich hervor thun, ihre Bezahlung daraus fordern, und auf die Immission und Subhastation dringen. Weil alsdann, wann die Schulden liquid gemacht worden, blos das Guth verkauft, und das Geld unter die Hypothecarios getheilet, das übrige aber dem Debitori gegeben, oder, wann andere Creditores chirographarii, Cambiarii etc. auf das Kauf-Geld einen Arrest gelegt, unter diese distribuiret werden muß.

Wann so viele Schulden auf dem Guthe haften, daß alle Hypothecarii nicht daraus bezahlet werden, so müssen die Creditores einen Liquidations-Process anstellen, einen Curatorem benennen, alle Creditores, oder welche sonst an diesem Guth einen Anspruch haben, per edictales citiren, und zugleich Terminum ad liquidandum ansetzen lassen.

Wann Creditores super prioritate verfahren, müssen sie nach ihrer Ordnung classificiret, das Kauf-Pretium unter die Priores distribuiret, die ausgehende aber an das übrige Vermögen des Debitoris verwiesen werden. Wodurch also noch kein Concurs über das gantze Vermögen veranlasset wird.

§. 4. Gleiche Bewandniß hat es wann ein Creditor, welcher in eintzele Stücke eines Guths immittiret worden, vorher stehet, daß er wegen der darauf haftenden näheren Schulden seine Bezahlung nicht daraus erhalten könne, und daher bittet, daß er in alle des Debitoris Immobilia immittiret, und dieselbe hiernächst subhastiret werden möchten.

Massen auch hiedurch kein Concurs erreget wird, sondern die Creditores welche an diesen Güthern etwas zu fordern haben, werden allein prævia citatione edictali et liquidatione lociret, folglich hat hier gleichfalls bloß der Liquidations-Process statt.

§. 5. Es ist auch kein Concurs zu nennen, wann ein Käufer eines Guths zu seiner Sicherheit die auf dem Guth haftende Creditores, und andere welche ein Recht an diesem Guth zu haben vermeynen, per edictales, und wann Creditores certi seyn, per Patentum ad domum citiren lässet. Allermassen der Besitzer solches bloß zu seiner Sicherheit, und alle Creditores zu præcludiren, suchet.

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102 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 5.-7.)

Wann also der Käufer in dem Termino gegen Erlegung des Kauf-Pretii die Tradition erhält, ist er bey seinem Titulo sicher: und müssen alle Creditores, sie mögen Fiscus, Pupilli, oder Pia Corpora seyn, wann sie sich nicht gemeldet mit ihren Foderungen an diesem Guth per sententiam præcludiret werden, und hat keine Restitutio contra fidem hastæ statt.

Die Creditores theilen sich constituto liquido in dieses Kauf-Pretium, wann solches zu deren Bezahlung zureichend ist; wo nicht, müssen sie die Prioritæt unter sich durch einen Liquidations-Process ausmachen: die ausgehende Creditores müssen sich alsdann an das übrige Vermögen des Debitoris halten, und darin die Execution suchen.

§. 6. Schließlich kan auch kein würcklicher Concurs genannt werden, wann jemand ein Moratorium suchet, folglich sufficientiam bonorum, und daß er, wann ihm Zeit gelassen wird, im Stande sey alle Creditores zu bezahlen, vorgibt.

Weil er aber gleichwol zugestehet, daß er vor der Hand nicht im Stande sey, seine Creditores zu befriedigen, so seyn die Creditores befugt, entweder um die Versiegelung seines Vermögens, oder Bestellung eines Aufsehers, oder wol gar eines Interim Curatoris bonorum Ansuchung zu thun, bis erkannt wird ob dessen Vermögen solvendo, folglich der Debitor zu diesem Beneficio zu admittiren, oder der Concurs zu eröfnen sey: wovon unten Sectione IV. mit mehrern gehandelt werden soll.

§. 7. Hingegen können die Creditores auf einen Concurs provociren:

Erstlich, wenn ein Schuldner, insonderheit ein Handelsmann, sich zur Verfall-Zeit des Wechsels, oder wann eine Execution gegen ihn vorgenommen werden soll, absentiret, und keine Anstalt zur Bezahlung macht, auch kein ander Objectum Executionis vorhanden ist, und soll keine Entschuldigung, daß er auf die Messen, oder ex alia justa causa verreiset ist, gelten.

Zweytens, wann der Debitor notorie nicht solvendo ist, z. E. wann der Debitor auf die Cessionem bonorum provociret, oder denen Creditoren eine Behandlung offeriret, wovon unten Sectione V. et. VI. gehandelt wird.

Drittens, wann ein Debitor sufficientiam bonorum vorgibt, ein Moratorium suchet, und prævia causæ cognitione damit abgewiesen wird. Vid. §. præced. 5. et. infr. Sect. IV.

Viertens, wann ein Schuldner verstirbet, dessen gegenwärtige Witwe oder Erben sich auch der Verlassenschaft angenommen, wegen Vielheit der Schulden aber sich der Erbschaft entsagen, so qualificirt sich die Sache gleichfalls zum Concurs.

In diesem Fall aber müssen 1.) gedachte Witwe oder Erben sich binnen sechs Wochen, ob sie Erben seyn wollen, erklären (nach deren Ablauf sie sonst pro hæredibus gehalten, und gegen sie agiret werden soll). 2.) Wenn sie nicht Erben seyn wollen, ein legales Inventarium des Nachlassers und der Schulden dem Gericht übergeben: In welches Inventarium 3.) alles was in dem Sterb-Haus gefunden wird, auch so gar der Witwen und Erben eigene Sachen (welche sie aber, wann sie in continenti bescheinigen, daß sie ihnen zugehören, zurück nehmen können,) mit verzeichnet werden müssen. Worauf 4.) der Richter so fort das Vermögen in seine Verwahrung nehmen, und versiegeln, oder einen Interims-Curatorem bestellen; anbey 5.) den Concurs von dem Tage an, da der Debitor verstorben, per Decretum festsetzen, und 6.) ohnverzüglich mit Citation derer Creditorum ad liquidandum verfahren muß.


103 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 7.-10.)

Fünftens, wann keine Erben des Schuldner gegenwärtig seyn, oder gar keine Erben existiren, hingegen die Creditores ihre Bezahlung urgiren, und der Richter, oder Fiscus, aus dem ex officio zu verfertigenden Inventario wahrnimmt, daß das Vermögen nicht zureiche die sich meldende, oder sonst aus denen Briefschaften und Hypothequen-Büchern bekandte Creditores zu befriedigen; So muß ein ordentlicher Concurs, mit Benennung des Jahrs und des Tags, da der Creditor verstorben, veranlasset, auch, daß solches geschehen, ad Protocollum notiret, und in der Citatione ad liquidandum solches gemeldet werden.

§. 8. So bald der Concurs eröfnet worden hören alle Actiones gegen den Debitorem auf, und alle Processe welche vor diesem in diversis judiciis angestellet worden, werden propter connexitatem causarum ad forum concursus gezogen, und kan also der Debitor hernach nirgends weiter als vor diesem Foro belanget werden.

Es kan auch der Debitor von dem Tage des erregten Concurs nicht weiter von seinen Vermögen zu eines oder des andern Creditoris Faveur disponiren, oder einem eine grössere Sicherheit verschreiben: Wie denn auch die gerichtliche Eintragung nach den Tag des Concurs keine Prærogativ geben kan.

Sectio II.

Wie nach eröfneten Concurs weiter zu verfahren.

§. 9. Nachdem der Concurs per Decretum oder Sententiam eröfnet worden, muß der Præsident zweyen von denen geschicktesten Räthen die Direction des Process auftragen, welche alles in pleno vortragen, und dafür sorgen auch stehen müssen, daß der Concurs nach denen vorgeschriebenen Principiis fortgesetzet werde. Zu dem Ende muß das Gerichte

I.) sich der Person des Debitoris bemächtigen, und, wann er flüchtig worden, denselben mit Steckbriefen verfolgen. Wovon Section seq. gehandelt werden soll.

II.) Dessen Vermögen (wann es noch nicht geschehen) versiegeln, und ein Inventarium darüber verfertigen.

III.) Einen Interims-Curatorem mit Bewilligung der gegenwärtigen Creditoren bestellen, welcher bis zu dem Termino liquidationis auf die Güther Achtung geben, die Edictales befördern, nicht weniger die Aff- et Refixiones besorgen soll.

Hauptsächlich aber und IV.) muß der Richter die sämtliche Creditores (wenn solches nicht schon vorher occasione des etwa gesuchten Moratorii etc. geschehen. Vid. infr. Sect. IV. §.  .) per edictales ad liquidandum citiren lassen. Wovon das Formular sub Lit. A. beygedrucket worden.

§. 10. Es müssen aber (a) diejenige, deren Schulden bey dem Gerichte im Hypothequen-Buche verzeichnet, oder die aus dem Inventario, daß sie in dem Orte gegenwärtig, bekandt worden, denn auch die Receptores, auch Kirchen und Schulen, so

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104 Dritter Theil. Tit. IX. (§. 10.)

der Orten aus den Güthern etwas zu erheben pflegen, durch offene Citation an ihre Wohnung, nicht weniger andere auswärtige Creditores, deren Domicilia bekandt, durch Subsidiales, die übrigen aber per edictalem citationem ad liquidandum vorgeladen werden; und ist unter das Patent ad Domum von jedem, wie es ihm insinuiret, oder in ejus absentia von denen die in dem Hause wohnen, oder es sonst anzunehmen schuldig, zu verzeichnen; Wegen der auswärtigen bekandten Creditoren aber der geschehenen Insinuation halber Documentum von des Orts Obrigkeit zu begehren, und von denen Gerichten beyzuschaffen.

Es muß auch zum Ueberfluß alle Woche einmal, bis zu dem Termino liquidationis, durch den Intelligentz-Bogen mit Benenung des Termini kund gemacht werden, daß die Creditores in dieser Concurs-Sache ad liquidandum citiret worden. Welches der expedirende Secretarius beobachten muß.

Die Edictal-Citation aber muß, (b) damit Creditores um so weniger die Unwissenheit zu allegiren Ursache haben, nebst dem Orte des erregten Concursus an zweyen Orten verschiedener Jurisdiction angeschlagen werden; es wäre denn der Debitor ein Mann gewesen der nicht sonderlich Verkehr ausserhalb gehabt, oder der Concurs wäre geringer Wichtigkeit, welchenfalls allein bey dem Gerichte des Ortes wo er entstanden, und der Concurs moviret, und einem benachbarten Gericht Citatio anzuschlagen.

Würde aber der Concurs in der Obern-Instantz eröfnet, oder es entstünde dergleichen bey einem von Adel im Lande, sind die Edictal-Citationes in dem höhern Gerichte, und andern zweyen Orten anzuschlagen, und auf den letztern Fall die nächste bey des von Adel Güthern gelegene Haupt-Stadt des Creises unter solchen beyden Orten, zu Besorgung der Affiction, mit zu erwählen.

Wann (c) der Schuldner ein Mann, der grosse und weitläuftige Handlung gethan, oder die Wichtigkeit des Concursus, Vielheit an Schulden, Abwesenheit der Creditorum, und deren weit auseinander liegende Wohnungen es erforderten, so sollen die Edictales auch in dreyer Herren Landen, fürnehmlich in denen Handels-Städten, und andern Orten wo die Citation am sichersten zu der Creditorum Wissenschaft kommen kan, angeschlagen, und von Unsern Secretariis und andern Gerichts-Actuariis darunter der Tag, wann sie angeschlagen, und wieder abgenommen, verzeichnet: Von auswärtigen aber eine Registratur, wie solches geschehen, beygebracht werden.

Hinkünftig soll (d) nicht mehr als eine Citation ausgefertiget, jedoch der Terminus sowohl in der Edictali, als ad Domum, auf 9 Wochen; bey Handels-Leuthen aber auf 12 Wochen gerichtet, davon drey oder respective viere für den ersten, drey oder viere für den andern, und drey oder viere für den dritten peremtorie gerechnet werden sollen. Und ist der Citation die Commination beyzufügen, daß in Ansehung derjenigen, welche in den gesetzten 9 oder respective 12 Wochen sich ad acta nicht gemeldet, durch Ablauf des letzten Tages die Acta ipso jure für geschlossen geachtet, und sie nicht weiter gehöret, sondern ihnen in der Classifications- und Prioritæts-Urthel ein ewiges Stillschweigen auferleget werden solle.

Dergleichen auch (e) derjenigen halber, welche sich zwar ad acta gemeldet, aber in Termino præfixo nicht erschienen, noch ihre Forderung bescheiniget, in der Prioritæt-Urthel zu erkennen.

Würde aber (f) ein Creditor, der sich nicht gemeldet, ex post justam causam anführen, so soll in solchem Falle, wie unten §.  . verordnet, verfahren werden.


105 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 10.-12.)

Gleichwie aber (g) ein vieles an der richtigen Aff- und Refixion der Edictal-Citation gelegen ist, so muß der expedirende Secretarius davor sorgen, daß die Edictal-Citationes völlig 9 und respective 12 Wochen angeschlagen bleiben, damit nicht von dem Debitore oder einem ausgebliebenem Creditore eine Nullitæt daher genommen werden könne: Zu dem Ende soll der Secretarius den Terminum jederzeit auf 8 bis 14 Tage weiter hinaus setzen, und denen Rescripten und Requisitorialien die Beschleunigung des Anschlages mit einfliessen lassen: Es liegt auch dem Secretario ob, die behörige Anstalt zu machen, daß die Patente gegen den Terminum liquidationis refigirt, Terminus Aff- et Refixionis unter das Patent notiret, und an die Regierung eingeschicket werden.

Wann etwas daran fehlet (worauf die Räthe in Termino Liquidationis hauptsächlich Achtung geben müssen), soll sofort ein neuer Terminus angesetzet werden, und muß der Secretarius wann er Schuld hat, nicht allein die zur Edictal-Citation gehörige Kosten übernehmen, sondern auch denen Creditoribus alle Kosten der vorigen Citation erstatten.

Wann (h) der Schuldner noch am Leben, und in dem Orte wo der Concurs-Process geführet wird, oder auch in der Provintz, zugegen ist, hat der Curator inzeiten zu besorgen, daß er gegen diesen Terminum nach Gewohnheit des Gerichts, entweder mündlich durch den Gerichts-Bothen, oder, wenn er nicht in dem Orte zugegen, durch eine besondere schriftliche Citation dazu gefordert, und wann er flüchtig ist, in denen Edictalibus citiret werde.

§. 11. Es muß auch jederzeit einem fiscalischen Bedienten Auflage gethan werden, in dem ad liquidandum angesetzten Termino zu vigiliren, und gegen den Schuldner, wann sich ein Dolus oder lata culpa aus denen Vorträgen hervor thun solte, auch wann derselbe wider die Rechte ein Moratorium oder Cessionem bonorum etc. suchen wolte, die Nothdurft zu beobachten.

§. 12. In dem ad liquidandum angesetzten Termino müssen die Creditores VI. per majora entweder den etwa bestellten Interims-Curatorem (vid. supr. §. 8.) bestätigen, oder einen andern erwählen (welcher zugleich wann der Concurs nicht weitläuftig ist Contradictor seyn soll), da dann ad Protocollum, daß die Creditores den N. N. zum Curatore oder Contradictore bestellet haben wolten, notiret, und derselbe per Decretum confirmiret werden muß.

Im Fall aber Creditores in Partes gehen, so stehet dem Richter frey jemand von denen so auf der Wahl stehen, oder, nach Beschaffenheit der Sachen, auch einen Tertium ex officio zu bestellen.

Dem ernanten und confirmirten Curatori liegt ob, (a) vermittelst Handschlages an den Richter, oder Præsidenten des Gerichts, oder welchen dieser dazu deputiren möchte, an Eydes statt anzugeloben, mit allen Fleiß die Beytreibung der ausstehenden Schulden, die Verkaufung der Güther, Erhebung der aus denselben fallenden Nutzung, und Beschleunigung des Processes ihm angelegen seyn zu lassen, daß er auch mit dem Einkommenden getreulich umgehen, und sich überall dieser Ordnung gemäß verhalten wolle.

Und ist (b) wann der Curator Immobilia besitzet, denen Hypothequen-Büchern so des Orts geführet werden, zugleich einzutragen, daß N. N. zum Curatore in N. N. Schuld-Wesen bestellet, und das Vermögen sich ohngefehr auf =    =    =    Rthlr.    =    =    Gr.    =    =    Pf. betrage.

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106 Dritter Theil. Tit. IX. (§. 12.)

Nach geendigten Process und abgelegter Rechnung aber ist gleichfalls in vorgemeldten Büchern zu notiren, daß er davon entschlagen sey, wie sonst bey andern Schuldnern, wenn sie bezahlet, zu geschehen pflegt.

Im Fall der Curator bonorum keine Immobilia besitzet, und gleichwohl billig ist denen Creditoribus wegen der Einnahme Sicherheit zu verschaffen, so muß er keine Gelder ohne gerichtlichen Befehl in Empfang nehmen, und bey 50 Rthlr. Strafe gleich nach Ablauf des ersten Monaths seine Rechnung mit Einnahme und Ausgabe dem Gericht übergeben, auch alle Monath damit continuiren.

Von diesen eingehobenen Geldern muß das Gericht dem Curatori so viel, als er zu Betreibung des Concurs nöthig hat, in die Hände geben, das übrige aber versiegeln: Und alle Monath solchergestalt continuiren, da dann der Curator jederzeit die versiegelte Gelder vorzeigen muß.

Es stehet auch denen Creditoren frey, die Gelder an einen andern sichern Ort, auf Erkäntniß des Richters, niederzulegen.

Es muß also (c) der Curator zuförderst sorgen, daß denen Creditoribus in Termino liquidationis das Inventarium nebst denen Briefschaften und Büchern vorgelegt werde, da dann der gegenwärtige Debitor schuldig ist, sowohl dem Curatori, als denen Creditoribus, von Beschaffenheit aller und jeden Obligationen, auf deren Befragen, die verlangte Nachricht jederzeit zu geben.

Würden auch (d) der Curator und die Creditores nöthig finden, den gegenwärtigen Debitorem anzuhalten eydlich zu bestärcken, daß er in dem Inventario alles sein Vermögen angegeben, auch nichts vorher an solche Creditores welche seinen Zustand gewust, alieniret habe, so kan sich der Debitor dessen nicht entbrechen.

Diesemnach muß (e) der Curator gleich des andern Tages nach dem gegebenen Handschlage bey dem Gerichte gebührend bitten, daß der gegenwärtige Schuldner mit allen den Seinigen (wenn es noch nicht geschehen), oder diejenigen so in des Verstorbenen Güthern sitzen, aus den Vermögen geschaffet, und ihm solches nach der zu übergebenden Specification ausgeantwortet werde.

Wie er denn auch, (f) wenn von der Obrigkeit ein Inventarium gemacht, nach selbigem die Effecten, Bücher, und Briefschaften von der Obrigkeit in Empfang zu nehmen hat.

Er hat auch (g) zu besorgen, daß wenn ein ausgetretener oder verstorbener Debitor ein Handelsmann gewesen, der anderswo Effecten hat, oder schon von dem Seinen etwas heimlich untergebracht um solches denen Creditoren zu entziehen, sofort und ungesäumt Arrest verhänget, und solches per publicum proclama, so von dem Gericht anzuschlagen, dahin bekandt gemacht werde, daß bey einer nahmhaften Strafe ein jeder so unter den Gerichts-Zwang gesessen alles dasjenige was dem Flüchtigen oder Verstorbenen zugehöret, und er in seinen Händen, Gewahrsam oder Verwaltung hat, ohngeachtet ihm dasselbe verpfändet (in welchem Fall er das Jus retentionis hat), hingeleget, und zu verwahren gegeben, oder auf andere Weise von dem Schuldner selbst, oder jemand anders an dessen statt zugebracht, auch was einer von des Falliten Güthern oder Vermögen des Ortes, oder anderswo mit Arrest beschlagen lassen; imgleichen was einjeder dem Falliten oder Verstorbenen an Geld oder Waaren zu liefern, oder zu bezahlen schuldig, ohngeacht einiger Compensation oder anderer Prætension, bey Verlust seines Rechts und der benannten Strafe, daß er, wenn es hernach entdecket wird, dennoch alles herausgeben müsse, innerhalb 4 Wochen a dato bey dem Gerichte schriftlich und mit seiner eigenen Hand (jedoch vorbehältlich seines Rechts) angeben, und davon niemanden als wie es das


107 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 12.-13.)

Gericht verordnet, etwas abfolgen lassen solle. Auf welches Anzeigen dann das Gericht nach Befinden die Verabfolgung an den Curatorem zu veranlassen hat.

Er hat ferner und (i) eines ausgetretenen Schuldners zurückgebliebene Frau, Diener, Buchhalter, oder andere, so sich bey demselben aufgehalten, desgleichen eines verstorbenen Schuldners benannte oder nachgelassene rechtliche Erben, oder andere Personen, so bey seinem Absterben in den Vermögen gewesen, ohne Zeit-Verlauf mit dem Eyde belegen zu lassen:

Daß sie des entwichenen oder verstorbenen Schuldners Haab und Güther, Rechnung- und Handels-Bücher, aussenstehende Schulden, und was ihnen von eines flüchtigen Debitoren Anschlag und Vorhaben bekandt, alles ihres Wissens getreulich angegeben, und davon weder zum Nachtheil der Creditoren etwas verschwiegen, oder selbst unterschlagen, noch von Händen gebracht; daß sie auch was sie noch auffinden, oder erfahren würden, getreulich anzeigen wollen; So wahr ihnen Gott helfen solle durch seinen Sohn Jesum Christum.

Und soll dieser Eyd auch alsdann gefordert werden, wenn der Schuldner bonis cediret, und sich ein redlicher Verdacht hervor thut, daß nicht alles richtig angegeben, und seine Domestiquen, oder die sein Vermögen mit unter Händen gehabt, davon Nachricht haben möchten.

Wann der Curator (k) in denen Büchern, im Inventario, oder beschwornen Specification findet, daß der Schuldner anderer Orten ausstehende Schulden habe, hat der Curator von dem Gericht darauf gleichfalls Arrest auszubringen, die Schulden beytreiben zu lassen, gegen seine Quitung, wenn die Schuldner freywillig, oder von ihrer Obrigkeit angehalten, Zahlung thun, dieselbe in Empfang zu nehmen, und alle 4 Wochen einen Etat der eingekommenen, noch ausstehenden, oder durch Erkäntniß liquiden Gegen-Rechnung, oder sonst abgegangener Schulden, bey dem Gericht ad acta Concursus zu geben, damit sowohl die Gerichte als Creditores von Zeit zu Zeit davon Nachricht haben, die Gelder ad depositum nehmen, und solche hiernechst austhun können.

§. 13. Wann sich VII. in dem ersten Termino niemand ad Acta meldete, der etwas von den Mobilien oder Waaren als sein Eigenthum forderte, oder sonst zu Recht reclamirete, und was nicht zu guter Treu verkauft zurück begehrete, (welchenfalls solche Stücke bis zur Erkäntniß auszusetzen) soll der Curator bonorum die beweglichen und unbeweglichen Güther des Fallit oder Verstorbenen (die Pretiosa aber davon ausgenommen) ohnverzüglich durch die Auction verkaufen lassen.

Es hat aber (a) der Curator 14 Tage vor der Auction, mit Anzeigung des Tages, Stunde und Ortes, eine generale Designation der zu verkaufenden Sachen, z. E. Bücher, Betten, Spiegel, höltzern und eisern, oder andern Haus-Geräthe, an den Ecken der Stadt und Kirchthüren anschlagen, auch in denen Zeitungen so am nechstgelegenen Orte gedruckt werden, oder in denen Intelligentz-Bogen, alle Woche einmahl bekandt machen zu lassen, die Auction selbst aber, wo nicht gewisse Auctionarien von Uns angesetzet, durch einen geschwornen Ausrufer (dessen Eyd am Ende dieser Constitution sub Lit. B. zu finden) und durch einen von dem Gericht dazu Deputirten aus dessen Mittel, oder den Secretarium, oder auch in Unserm Gerichte immatriculirten Notarium, wie hoch jedes Stück, welches aus dem Inventario zugleich nachzuweisen, verkaufet, niederschreiben zu lassen, und muß er solches Auctions-Protocoll samt den Schluß der Rechnung über das eingekommene Geld, vom Notario, dem Ausrufer, und ihm selbst unterschrieben, auch das für die auctionirte Stücke eingehobene Geld, drey Tage nach geendigter Auction, und nach Abzug dessen so an Auctions-Kosten erfordert worden, und gebührend zu specificiren und zu belegen ist, den Gerichten einsenden.

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108 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 13.-14.)

Und wie (b) bey solchen Auctionen nicht anders als gegen baar Geld, sogleich zu erlegen, zu verkaufen; Als muß, wenn einer etwas erstanden, derselbe solches sofort folgenden Tages bezahlen, und ist keinem, ohne Unterscheid ob er bekandt, daß er solvendo, oder einer der vornehmsten Creditoren oder nicht, ohne baare Bezahlung nicht das Geringste abzufolgen.

Es stehet also (c) dem Curatori nicht frey, Auctions-Reste in seiner Rechnung zu führen, sondern im Fall er jemand ohne Bezahlung, diesem zuwider, etwas abfolgen lassen, muß er solches aus seinen eigenen Mitteln bezahlen, und das Geld in die Einnahme bringen.

Wenn aber (d) unter denen Mobilen Juwelen, rare Schildereyen, Kunststücke, und andere Kostbarkeiten vorhanden, sollen dieselbe wie §. seq. von den Immobilien geordnet, durch der Sachen verständige und in specie beeydigte Taxatores taxiret, mit der Taxe und umständlichen Beschreibung subhastiret, und wie sonst mit den Immobilien zu verfahren, gerichtlich an den Meistbiethenden verkauft werden; Jedoch mit dem Unterscheide, daß nach einmahliger Adjudication solche zu reluiren dem Schuldner in Zeit von 4 Wochen, anders aber nicht, frey stehen solle; auch der Käufer erst bey Verlauf 4 Wochen a die Adjudicationis das Geld zahle, und dagegen die adjudicirte Stücke in Empfang nehme.

§. 14. Was die Immobilien betrift, muß der Curator, (a) wenn gleich ein Immissus-Creditor (von dem er Rechnung zu fordern hat) darinnen sässe, derselben Taxation, und wenn die Taxe zu denen Acten gebracht, die Subhastation, wie in der Executions-Ordnung vorgeschrieben worden, suchen. Worauf, wenn selbige geschehen, mit der Adjudication verfahren werden muß. Und ist die Form dergleichen Adjudication sub Lit. C. hierbey gefüget.

Denen Creditoribus aber und deren Advocaten, wie auch dem Contradictori, wird (b) von denen zur Kauf-Handlung angesetzten Terminis zum Ueberfluß Nachricht ertheilet.

Wann hingegen (c) das unbewegliche Stücke wegen des gar zu geringen Geboths zu verkaufen nicht rathsam, oder sich gar kein Käufer angiebet, oder das Kauf-Geld nicht sicher unter zu bringen (welches das Gerichte wovor der Concurs schwebet zu erwegen hat), so kan ein solches Immobile sub hasta demjenigen so am meisten biethet, mit Vorbewust der Creditoren verpachtet, oder vermiethet, und was davon einkommt ad depositum gebracht, und die Massa bonorum zu der Creditoren Besten verstärcket, unterdessen aber das Guth anderweitig zum Kauf angeschlagen, und, wann sich alsdann kein pinguior emtor findet, demjenigen welcher vorhin plus licitans gewesen, das Guth adjudiciret, denen Creditoribus aber das Jus reluendi binnen 6 Monath frey gelassen werden.

Wann sich aber (d) kein Pächter finden will, muß das Guth administriret werden; zu welchem Ende die Creditores wenn sie den Curatorem bonorum nicht behalten wollen, sich eines communis administratoris per majora zu vereinigen haben.

Es muß aber auch alsdann das Guth anderweitig angeschlagen, und, wie in dem vorhergehenden §pho vorgeschrieben verfahren, und wann sich ein Käufer findet, bey der Tradition das Kauf-Pretium (wenn es auch ein Creditor kauft,) deponiret, und zu solchem Ende im Gerichte ausgezahlet werden.

Wenn (e) ein Guth wiederkäuflich alieniret worden, so fällt das Jus reluendi nach geendigten Wiederkaufs-Jahren an die Creditores.


109 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 14.-20.)

Was (f) an gemeinen Lasten währenden Concursus, und bis zur Adjudication, von Häusern oder andern liegenden Gründen abzuführen, muß der Curator aus denen einkommenden Nutzungen bezahlen, und was zu repariren nöthig ohnverzüglich, mit Vorwissen einiger Creditoren, oder des Richters besorgen, damit die Gebäude zum Nachtheil derselben nicht verschlimmert, und also immittelst geringer werden.

§. 15. Wann der Debitor in verschiedenen Unsern Provintzien besondere Handlungen, oder verschuldete Güther hätte, und es wäre an einem Orte Concursus entstanden, so kan das in denen andern Provintzen belegene Vermögen, oder Handlungen, von dem Curatore zu solchem Concurs nicht gezogen werden, sondern es müssen Creditores, nach Gelegenheit, die Eröfnung des Concurs auch in denen andern Orten und Gerichten suchen, welche auf gleiche Weise das hier Verordnete ex officio zu veranlassen haben.

Auch seyn die auf dieselbe Güther oder Handlunen versicherte Creditores zu dem Vermögen, worinnen Concursus eröfnet worden, nicht zu admittiren; Es wäre dann daß nach Abfindung der zum Concurs gehörigen Creditoren noch etwas übrig bliebe.

§. 16. In dem ad liquidandum angesetztem Termino muß VII. sofort mit der Liquidation verfahren, und von einem jeden Creditore angeführt werden, in was vor einer Classe er nach denen Rechten lociret werden müsse.

Zu dem Ende müssen die Creditores, und deren Mandatatii, in diesem oder in dem Consensu Creditorum prorogirten Termino sich behörig quoad personam et causam legitimiren, und ihre Anforderung an Capital, Zinsen und Kosten (bey Verlust des Capitals, Zinsen und Kosten) angeben, copiam documenti, woraus ein jeder Creditor agiret, ad acta geben, und solche mit dem Original bestärcken; auch, wenn die Forderung von einem andern herrühret, dasjenige womit er sich dazu legitimiren kan vorlegen; wann er aus Rechnungen, so mit dem Schuldner geschlossen, oder aus seinen eigenen Rechnungs- und Handels-Büchern (welche wann sie Handlungs-mäßig geführt worden semiplenam probationem haben sollen), seine Forderung zu verificiren gewilliget, solche Stücke gleichfalls in originali produciren.

§. 17. Wobey Wir fest setzen, daß, wann ein einheimischer Kaufmann binnen sechs Monath à dato der contrahirten Schuld nicht klagt, er seine Forderung nicht aus dem Handels-Buche, sondern durch ordentlichen Beweis verificiren müsse.

§. 18. Wann ein Creditor schon vorhin, und ante Terminum liquidationis schriftlich liquidiret hat, kann er sich darauf beziehen, und die Originalia produciren, welche in beyden Fällen dem Secretario gegen einen Revers gelassen werden müssen.

§. 19. Wenn einiger Verdacht einer Collision mit einem oder dem andern Creditore sich hervor thut, und bey der Obligation einige Unrichtigkeit vermercket werden solte, so stehet dem Contradictori, und einem jeden Creditori frey, von einem jeden Liquidanten prævio juramento calumniæ den Eyd darüber zu erfordern, daß es mit der Obligation, und mit der Schuld seine völlige Richtigkeit habe, und nichts gefährliches dabey vorgegangen sey.

§. 20. Wann bey einem Unserer verrechneten Dienern bey dessen Leben, oder in dessen Verlassenschaft nachhero Concurs- oder Liquidations-Processe entstehen, und demselben entweder selbst, oder mit dessen hinterlassenen Kindern, Erben und Verwandten, oder auch gesetzten Curatore litis, vor dem Collegio worunter der verrechnete Diener gestanden, oder, wann Wir besondere Commissarios geordnet, vor solchen ein Liquidum constituiret worden, ist genug wenn solches Liquidation von einem Unserer fiscalischen

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110 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 20.-24.)

Bedienten ad Acta gegeben, und in Termino nochmahls mit der Commissarien Unterschrift, und Approbation des Collegii so die Liquidation veranlasset, produciret wird; Und darüber ist weder dem Schuldner und dessen Angehörigen, noch auch andern Gläubigern, ein fernerer Disputat und Streit zu gestatten, sondern die Creditores müssen solche annehmen, die Richter darnach in dem abzufassenden Urtheil erkennen, und die Creditores, alles dagegen beschehenen Einwendens ohngeachtet, an obgedachtes Collegium lediglich verweisen.

§. 21. Und da der Misbrauch bey denen hiesigen Gerichten eingeschlichen, daß die Prætensiones und Anforderungen derer Creditoren nicht separiret, sondern durcheinander geworfen, in ein Volumen gebunden, auch mit denen generalien des Concurs confundiret worden, so muß auch dieser Misbrauch abgestellet werden; Zu dem Ende ordnen und wollen Wir, daß (a) ein jeder Creditor in Termino besonders seine Forderung justificiren, und mit dem Contradictore ad duplicas usque verfahren solle, welches Protocoll auch besonders geheftet, und eine besondere Rubric darauf gesetzet werden soll.

Wann dieses Protocoll geschlossen, muß (b) der zweyte, hiernächst der dritte Creditor, und so weiter auf gleiche Weise liquidiren, und besondere Acta formiren.

Einem jeden Creditori stehet (c) frey, wann der Contradictor etwas bey einer oder der andern Liquidation versiehet, solches interveniendo zu suppliren; wie dann auch der Creditor schuldig ist dem Contradictori, was gegen die Forderungen eingewendet werden kann, an die Hand zu geben.

(d) Die Generalia, die bey dem Concurs vorfallen, müssen in einen besondern Fasciculum verfast und geheftet werden.

Der Commissarius oder Richter muß jedes Protocoll eigenhändig unterschreiben, auch oben bey dem Anfang des ersten Blattes, zwischen wem es gehalten worden, notiren.

Wann auch (e) der erscheinenden Creditoren so viel, daß dieselben in einem Tage ihre Forderungen nicht alle ad protocollum justificiren, und darüber recessiren können, soll damit folgenden Tages, und so ferner bis alle Protocolla geschlossen, verfahren werden;

Worauf der Contradictor und die Creditores in der nächsten Audientz die Acta, so sie complet seyn, nachsehen, solches durch ihre Unterschrift attestiren, und solchergestalt Acta inrotuliren sollen.

§. 22. Wann ein Creditor sich mit seiner Prætension, erst nach geschlossenen Acten, bey der Inrotulation meldet, so soll er den Process in dem Stande wie er lieget annehmen, und schweren, daß er von dem Concurs vorhero keine Nachricht gehabt, da er dann mit seiner Verification und Liquidation zwar in ipso collationis Termino (nachhero aber nicht) zugelassen, der Contradictor und Creditores aber mit ihren Exceptionibus dagegen gehöret, weiter aber nicht verfahren, sondern Acta pro inrotulatis angenommen werden sollen.

§. 23. Im Fall ein Creditor das Original, worauf sich seine Anforderung gründet, erst nach beschlossenen Verfahren, oder in Termino inrotulationis vorbringen würde, so soll, wann der Contradictor und Creditores etwas gegen die Validitæt des Originals einzuwenden hätten, damit wie im vorhergehenden §pho verfahren werden.

§. 24. Wann er das Original gar nicht vorzeiget, anbey an Eydes statt erhalten kan, daß er, aller angewandten Mühe ohnerachtet, solches nicht erlangen können, muß


111 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 24.-31.)

ihm in Sententia prioritatis sub conditione, wann er das Document binnen einer gewissen Zeit produciren, und solches richtig befunden würde, sein Ort angewiesen werden.

§. 25. Wann nun VIII. wie vorstehet in dem Process verfahren und geschlossen, müssen die Räthe, die den Process bishero dirigiret haben, ein Classifications- und Prioritæts-Urthel verfertigen, und braucht es daher ratione prioritatis keines besondern kostbahren und weitläuftigen Verfahrens, weil dem Urthels-Fasser alle die Classen wornach die Creditores lociret werden sollen, in der Hypothequen-Ordnung deutlich vorgeschrieben worden.

§. 26. In dem Urthel ist (a) zuförderst denenjenigen so nicht liquidiret, der ergangenen Verwarnung zufolge, ein ewiges Stillschweigen aufzulegen, und sind dieselbe von dem Concurs oder dem Grund-Stücke, worüber die Gläubiger citiret, gäntzlich abzuweisen.

§. 27. Demnechst haben (b) die Urthels-Fasser in Acht zu nehmen, daß sie fremde Creditoren aus denen Orten, da denen Unsrigen nicht gleiches Vorzug-Recht als nach dieser Ordnung gestattet wird, keine andere Ordnung in der Urthel anweisen, als des Orts woher sie sind geschiehet, sondern hierinn, als überall, auf das Jus retorsionis sehen.

§. 28. Keinem Creditori ist (c) in eben der Ordnung als sein Capital, mehr als dreyjähriger Zinsen Nachstand (und zwar nur von denen nächsten dreyen vorhergehenden Jahren) anzusetzen; die übrige nachstehende Zinsen aber, nachdem alle Creditoren, auch die nur schlechte Hand-Scheine und Buch-Schulden fordern, ihres Capitals halber Befriedigung erhalten, in eben solcher Ordnung wie die Capitalia vorstehen anzuweisen. Jedoch daß auch dieserhalb wider die Creditoren, so aus den Orten sind wo das Sächsische oder sonst ein Recht, so dieser Hypothequen-Ordnung zuwider, obtiniret, Jure retorsionis verfahren werde.

§. 29. Hätte (d) ein Creditor den Schuldner seiner Forderung halber ausgeklaget, und wären demselben durch ein Urthel oder Moderations-Bescheid gewisse Unkosten zuerkannt, sollen solche in der Prioritæt-Urthel, wo das Capital ihm angewiesen wird, zugleich mit angesetzet; diejenigen Kosten aber, so er bey dem entstandenen Concurs-Process aufgewendet seine Forderung zu liquidiren und zu justificiren, sollen, wenn gleich in der Obligation sonst Kosten verschrieben, nicht mit angewiesen, sondern übergangen werden.

§. 30. (e) Diejenigen so einem Gläubiger seine Forderung bezahlet, auch die Bürgen so dergleichen für ihren Principal-Schuldner gethan, treten in der bezahlten Creditoren Recht, und sind an deren Stelle in der Prioritæt-Urthel zu lociren: Jedoch dergestalt, daß die Bürgen keine Cession vonnöthen haben, und, der von ihnen bezahlten Zinsen halber, denen zahlenden Bürgen alle von ihnen bezahlte Zinsen als Capital anzusetzen, wegen der hernach aufgeschwollener Zinsen aber, wie im kurtzvorhergehenden §pho geordnet, es zu halten; Andere aber so einem Creditori Zahlung gethan, können ihre Befriedigung wegen der von ihnen diesem bezahlten Zinsen ein mehrers nicht als in vorhergehendem §. versehen, auch in der Ordnung anders nicht, als was wegen der Creditorum selbst geordnet, nehmen.

§. 31. (f) Vor allen Creditoren sind die zum gemeinen besten derselben, und zu Fortsetzung des Concurs-Processus, jedoch keine andere als nach dieser Ordnung angewandte Gerichts-Kosten, und Advocaten-Gebühren, darunter das Litis et bonorum Curatoris salarium mit begriffen, in dem Urtheil anzusetzen. Wofern aber das Vermögen nicht hinreichend alle Creditores an Capital und Zinsen zu befriedigen, müssen diejenigen so Bezahlung erhalten die Kosten pro rata tragen.

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112 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 32.-40.)

§. 32. (g) Im Fall jemand ein Grundstück und unbewegliches Guth durch freywilligen Kaufhandel an sich bringet, oder auch auf Anhalten eines Creditoris ein solches gerichtlich verkaufet, und diesem zugeschlagen wird, und der Käufer zu seiner Sicherheit und Erforschung der darauf haftenden Schulden Creditores citiren lässet, ohne daß ein Concurs förmlich eröfnet werde, (Vid. supr. §. 4. et 5.) sollen deshalben wenn ein Urtheil darüber abgefasset wird, im ersten Fall keine Kosten so auf die Citation verwandt, im letzten aber, wie in formali concursu angesetzet werden. Im übrigen werden die Creditores nach folgenden Classen lociret.

Erste Classe.

Von denen, welche ein Eigenthum, so in des Schuldners Vermögen vorhanden ist, zurück fordern.

§. 33. Wann jemand ein eigenthümliches Guth, beweg- oder unbeweglich, welches in des Schuldners Vermögen annoch unverwendet befunden wird, zurück fodert (als welches in ipso Termino liquidationis erweislich gemacht werden muß) so ist solches dem Eigenthümer sofort wieder abzufolgen, ohne daß die Creditores sich dessen anmassen, oder dasselbe verkaufen, und daraus ihre Befriedigung suchen können; Als da sind

§. 34. I. Die bey dem Schuldener zu verwahren niedergelegte Gelder, Waaren, oder andere Sachen welche noch vorhanden seyn.

Die niedergelegte Gelder seyn alsdann vorhanden, wenn sie mit des Deponenten Wapen versiegelt in des Depositarii Verwahrung gefunden werden.

§. 35. II. Was demselben zu gewissen Gebrauch geliehen, oder precario zu nutzen hingegeben worden.

§. 36. III. Sachen so ihm zu verkaufen anvertrauet und in Commission gegeben worden.

§. 37. IV. Der Kinder ererbtes, durch Geschenck überkommenes, oder im Krieg und sonst erworbenes Guth, auch Pathen-Geschenck, so viel davon würcklich vorhanden.

§. 38. V. Wann jemand einem so in Schulden vertiefet, dessen unwissend, auf guten Glauben Waaren oder Güther verkauft, der Käufer aber zwey oder drey Tage nachher banquerout machet, so kan der Verkäufer die noch existirende Waaren und Güther vindiciren, massen es solchenfalls, als wäre kein Kauf geschehen, wegen der verkauften Stücke zu achten.

§. 93. VI. Güther so der Schuldener, unter Bedingung dieselbe baar zu bezahlen angekauft, das Geld aber davon nicht erlegt:

§. 40. VII. Pfänder so bey dem Schuldener versetzt seyn, wann die Eigenthümer das darauf vorgeschossene Geld, samt Landüblichen Zinsen erlegen, andernfalls


113 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 40.-47.)

dieselbe zu verkaufen, und dem Eigenthümer was daraus über Capital und Zinsen gelöset wird zurück zu geben.

§. 41. VIII. Wann jemand mit dem Schuldner in gemeinschaftlicher Handlung gestanden, und in des Socii Schulden nicht consentiret hat, so gehöret ihm die Hälfte der noch vorhandenen Waaren und Güter zu.

§. 42. IX. Güther die mit fideicommiss belegt, wann sie in das Land-Buch eingetragen worden.

§. 43. X. Der Frauen eingebrachte Dotal- und Paraphernal-Stücke, auch Receptitia so würcklich existiren.

§. 44. XI. Wann einem Mann das Ehe-Geld mit dem Beding gegeben wird, daß solches nicht anders als an ein unbewegliches Stück verwendet werden soll, und solches auch würcklich dazu erweißlich verwendet, und NB. daß das Guth mit der Frauen Geld erkauft sey, dem Land-Buch eingeschrieben worden.

§. 45. XII. Wann der Frauen etwas zur Morgen-Gabe geschencket, und solches noch vorhanden.

§. 46. XIII. Verkäufer unbeweglicher Güther die sich das Eigenthum bis zur Zahlung reserviret, und solches ins Hypothequen-Buch eintragen lassen.

Es muß aber die Anzeigung mit richtiger Benennnung derer Güther, und derer Debitorum Vor- und Zunahmen geschehen: die Eintragung des Reservati Dominii aber darf nicht besonders gebethen werden, sondern die Landschaft oder Lehns-Cantzeley muß solches ex officio notiren, und zu dem Ende den Contract fleißig durchlesen.

Und diese Præferentz ex capite reservati dominii hat auch statt, wann (a) schon dem Käufer das Guth tradiret worden, und dieser seinen Contract und Titulum eintragen lassen, weil dieser Titulus nur conditionalis ist, und durch das zugleich eingetragene Dominium reservatum limitiret wird. (b) Wann auch schon der Käufer nach verflossener Tag-Zeit das Kauf-Pretium bey dem Käufer zinsbar stehen lassen: Weil fides des Land-Buchs, so lang das Dominium reservatum nicht gelöscht ist, subsistiret; allermassen derjenige, welcher ohngeacht des eingetragenen reservirten Dominii dem Käufer Geld leihet, sich imputiren muß wann er sein Geld ehe das Dominium reservatum gelöscht worden, hazardiret.

§. 47. Endlich und XIV. alles was von einem fremden Guth absque justo Titulo in des Schuldeners Vermögen gefunden wird: Dann wie alle diese Eigenthümer auf den Fall da alle diese Güther nicht mehr in des Schuldners Vermögen existiren, lociret werden sollen, davon soll unten §.  . mit mehrern gehandelt werden.

Zweyte Classe.

Von denen Creditoren welche ein Singulare Jus prælationis haben.

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114 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 48.-52.)

§. 48. Nach denen Eigenthümern müssen diejenige welche ein singulare Jus prælationis haben, lociret werden. Als:

§. 49. I. Unser Fiscus und dessen Cessionarii, sowohl wegen der Caduquen und dem Fisco anheim fallenden Güther (wenn solche in zu recht geschehener Zeit gefordert werden), als wegen der Contributions-Reste, auch Unsere Chatoul-, Holtz-, Müntz-, Schoß- und Roß-Dienst-Gelder, und an statt derselben des verglichenen Canonis, und aller andern Anlagen und Gelder welche in Unsere Casse fliessen.

Insonderheit wegen der Pacht-Gelder und Unsere Domainen-Pensionen von denen Saltz und andern Güthern, als auch was Unsere Cassen-Administratores, auch andere Bediente, so einige Unserer Gelde Einnahme haben, schuldig bleiben, vermöge Unsers Edicts vom 4ten Novembr. 1713.

§. 50. II. Es soll Unser Fiscus nicht allein ein Vorrecht haben in des Pächters und Cassen-Bedienten Güthern, sondern auch in denen Güthern des Caventen, welche vor dergleichen Leute fidejubiret haben.

§. 51. Weil aber vielfältig sich zuträgt daß dergleichen Pächter und Administratores, oder deren Caventen, wann sie schon mit andern Schulden überhäuft seyn Unsere Domainen und andere Güther zu pachten, zu administriren, oder davor zu caviren, und dadurch sich der Execution wegen ihrer andern vorhin contrahirten Schulden zu entziehen suchen, so würde die größte Unbilligkeit seyn wann diejenige Creditores welche bona fide dergleichen Pächtern und Administratoren vorher ihr Geld und Vermögen anvertrauet, und ihre Forderung in das Hypothequen-Buch eintragen lassen, folglich alle menschliche Sicherheit gebraucht haben, unter dem Prætext Unsers fiscælischen Interesse, dem Fisco nachgesetzet, und ohne ihre Schuld ruiniret werden solten. etc.

Daher ordnen und wollen Wir daß diejenige Bedienten welche dergleichen Contributiones und andere Gefälle aufschwellen lassen, und binnen Jahres Frist nicht beygetrieben haben, item die Collegia welche bey Verpachtung der Domainen etc. Güther, und Bestellung der Cassen-Bedienten nicht die behörige Vorsorge angewandt, derer Pächter, Administratoren, oder derer Caventen Vermögen nicht genau examiniret, das Hypothequen-Buch nicht nachgesehen, oder, wann dergleichen Leuthe schon vorher mit Schulden überhäuft gewesen, und dennoch zu Pächtern, Administratoren und Caventen angenommen, oder die Caution nicht in das Hypothequen-Buch eingetragen worden, etc. denen übrigen Creditoren, welche ihre Forderungen in das Hypothequen-Buch eintragen lassen, in solidum haften sollen.

Und ob Wir zwar Unserm Privilegio fisci nicht renunciren, sondern die Præferentz uns vorbehalten wollen, so declariren Wir doch zugleich hiedurch, daß Wir denen in das Hypothequen-Buch eingetragenen Creditoren auf solchen Fall Unsere Jura cediren, und Assistentiam fisci gegen diejenige Bedienten und Collegia, welche die vorgeschriebene Præcautiones nicht genommen, verstatten wollen: Die Execution soll gegen die Decernenten in solidum, oder wann dieser nicht solvendo ist, oder der Creditor sich lieber an das gantze Collegium halten will, gegen diejenigen so damals gegenwärtig gewesen, pro rata geschehen.

§. 52. Zu dieser Classe gehören auch III. diejenige Creditoren welche das Jus separationis haben: wann nemlich die Creditores welche jemanden Geld vorgestreckt, oder sonst eine Anforderung an ihn haben, nach dessen Tod verlangen, daß des Defuncti Vermögen von des Successoris oder des Erben Güthern separiret, und ihnen allein zur Distribution überlassen werden möge:


115 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 52.-54.)

Welche Præferentz in der gesunden Vernunft gegründet ist, weil des Defuncti gantzes Vermögen denen Creditoren haftet, folglich des Defuncti Erben und deren Creditores nicht eher Recht an sothanen Vermögen haben, als wann zuvor dessen Schulden abgezogen worden.

Dieses Jus separationis hat also nicht allein in beweglichen, sondern auch in unbeweglichen Güthern statt; Weil diese gleichfalls zu dem Vermögen des Defuncti gehören.

Es höret aber diese aus dem Jure separatonis herrührende Præferentz auf. (1.) Wann die beweglichen Güther des Defuncti dergestalt mit dem Vermögen des Erben vermenget seyn, daß man nicht mehr unterscheiden kan, was dem Defuncto gehöret: z. E. Wann alle Obligatoines (= Obligationes) auf derer Erben Nahmen (ein anders ist also wann die Obligationes noch auf des Defuncti Nahmen stehen) ausgestellet worden: in welchen Fall die Creditores defuncti in der sechsten Classe lociret werden müssen. (2.) Wann die Creditores defuncti auf ein unbewegliches Guth eine Hypothec erhalten, und solche nicht eintragen lassen: dessen Erben aber anderweitig Gelder aufgenommen, und Hypothequen auf dieses Guth constituiret haben, welche die Creditores eintragen lassen: In diesem Fall haben die Hypothecarii defuncti vor denen eingetragenen Hypothequen derer Erben keine Præferentz; Sondern sie müssen zur vierten Classe verwiesen werden.

Gleiche Bewandniß hat es, wann die Creditores des Successoris, oder des Erben verlangen daß das Vermögen des Successoris von denen Güthern des Defuncti (welche vielleicht mit vielen Schulden überladen seyn) separiret, und Creditores des Defuncti davon excludiret werden mögen.

§. 53. IV. Die Begräbniß-Kosten des verstorbenen Schuldeners; darunter die der Witwen und denen Kindern gegebene Standes, und dem Vermögen gemässe Trauer-Kleider, und was dazu gehöret mit begriffen seyn; Jedoch sollen auf andere dem Schuldner angehörige Personen verwandte Begräbniß-Kosten darunter nicht gerechnet werden.

Damit aber künftighin es keines ungewissen und zweifelhaftigen richterlichen Ermessens bedürfe; und wie viel in Ansehung der verstorbenen Schuldners Standes und Vermögens an Begräbniß-Kosten anzusetzen, und aus dem Nachlaß vor andern Creditoren, wenn selbiges zu aller Befriedigung nicht hinreichend seyn möchte zu bezahlen; So ordnen Wir hiermit, daß in eines von Adel Concurs (dann was ausser dem Concurs ein jeder nach seinen Stande anwendet gehöret nicht hierher) an Begräbniß-Kosten zuzulassen 50 Rthlr. die, wann as Allodium nicht zureichend seyn solte, aus den würcklichen oder ins Erbe versetzten Lehn zu bezahlen. Zu eines vornehmen Bedienten bürgerlichen Standes, auch 50 Rthlr. Zu eines geringen Bedientens, Kaufmanns oder Künstlers 30 Rthlr. Zu einem gemeinen bürgerlichen Begräbniß 10 Rthlr. Und solches kan der Sterbende, wann er gleich ein mehrers verordnen wollen, durch seine Disposition in keine Wege ändern; zumahlen aller Ueberfluß, so auf Stand-Reden, Leichen-Predigten, Gastmahle, Leichen-Steine und so weiter verwendet werden, billig hier cessiren, und nicht mehr als vorhin gemeldet in diese Classe passiren muß.

Würde aber jemand ein mehrers, als hier geordnet, auf das Begräbniß eines Verschuldeten verwenden, hat er, wenn das Vermögen soweit reichet, deshalb seine Befriedigung inter Chirographarios zu gewarten.

§. 54. Nach denen Begräbniß-Kosten folget V. was für des Schuldeners, nicht aber dessen Kinder oder anderer Familie, Artzeney, und nothdürftigen Nahrungs-Unterhalt, in seiner letzten Kranckheit, darin er verstorben, denen Medicis, Wund-Aertzten,

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116 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 54.-61.)

auch Apotheckern, und andern schuldig blieben; worunter aber nicht was währender Kranckheit an Gewürtz und Delicatessen aufgewendet, mit unterlaufen soll; Vid. infr. §. 128. Und haben sich die Medici, Chirurgi und Apothecker mit ihrer Liquidation nach der Medicinal-Ordnung und Apothecker-Taxe zu richten.

§. 55. VI. Diejenige so in des Schuldners Hause und Diensten um ein gewisses Jahr-Geld gedienet, als Præceptoren, Schreiber, Koch, Diener, Kutscher-Knechte, Vieh-Hirten, Drescher, Ausgeber- und Schliesserinnen, Ammen, Cammer-, Hof-, Haus-, Vieh- und andere Mägde, die Meyer, Hofmeister und deren Weiber auf dem Lande, die Gärtner, Wein-Meister und deren Gesellen, imgleichen in denen Städten die Buchhalter, Provisores und andere Gesellen, so zur Zeit des Absterbens, oder entstandenen Falliments, würcklich in des Schuldeners Brod sich befinden, sollen mit zwey Jahres, und zwar denen in Unsern Landen und Städten publicirten Gesinde-Ordnung, oder wo dergleichen nicht vorhanden, der bisherigen Gewohnheit gemässen Lohn, gleiches Vorrecht geniessen: auch diejenigen Handwercks-Leuthe und Tagelöhner welche auf dem Lande und Städten im Hause um gewissen Lohn gearbeitet.

§. 56. Andere Dienstbothen aber so bereits ausser dem Brod des Schuldeners, (es wäre denn, daß sie sogleich als sie aus dem Dienst getreten, wegen des rückständigen Lohns wider den Herrn geklaget) sowohl als diejenigen welche noch würcklich in dessen Diensten sind, und über zwey Jahre Lohn zu fordern haben, werden deshalb, wenn sie um ein besseres Recht zu erlangen von dem Schuldner keine andere Versicherung genommen, unter denen Chirographarien angewiesen.

§. 57. Nicht weniger sollen auch VII. die ausser dem Hause seynde Professores, Præceptores auf Universitæten und Schulen, item Schreib- und Rechenmeister, und die so in Mathesi und Ingenieur-Kunst informiren, in dieser Ordnung lociret werden.

§. 58. Auf gleiche Weise sind diejenigen zu tractiren, so an statt Lohns ein gewisses Deputat bekommen. Wäre aber kein gewisses Dienst-Lohn oder Deputat versprochen, so hat das Gerichte wo der Concurs schwebet das Lohn oder Deputat nach der Condition des Dienstbothen, der Landes-Ordnung, und der Billigkeit gemäß einzurichten.

§. 59. Dem Dienst-Lohn ist IX. gleich zu achten das in dem letzten Jahr verdiente Pflüger-Lohn, die vorgeschossene Aussaat, auch die zu Unterhaltung des Viehes verglichene und restituirende Weyde-Pacht. Item

§. 60. X. Die Lasten und Pflichten, so auf den Güthern und liegenden Gründen haften, und daraus gegeben werden müssen; als die Einkünfte der Kirchen, Zehenden, Meßkorn, und andere Belohnung der Kirchen- und Schul-Diener; die aus Stiftungen und Vermachungen herrührende, und der Kirchen zustehende Gaben, die Canones emphiteutici, und unabläßliche jährliche Zinsen, Renten und Einkünfte, als Pacht-Korn, auch der Obrigkeit gebührendes Zinse-Geld, Rauchhuhn, und der Nachstand wegen nicht geleisteter Dienste; Ingleichen was die Obrigkeit den Unterthanen an Saamen und Brod-Korn vorgesetzet, auch der Orten da solches erhoben wird, an landschaftlicher Accise bezahlet: Ferner dasjenige was Unterthanen ihrer Obrigkeit, und Bürger dem Magistrat geben, auch zu gemeinen Stadt-Bürden tragen müssen: als Bier- und Tranck-Steuer, Servis-, Frohn- und Dienst-Geld, und andere dergleichen Gefälle.

§. 61. Damit aber auch diejenigen, welchen im vorstehenden §pho einiges Vorrecht gegeben, dasselbe zum Nachtheil anderer Creditorum nicht mißbrauchen mögen; So soll dasselbe in infinitum sich nicht erstrecken; sondern ihnen weiter nicht zu statten kommen, als auf einen zweyjährigen Nachstand so vor dem eröfneten Concurs


117 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 61.-67.)

verfallen. Hätten sie aber zum Beschwer der Güther mehr ungemahnet nachstehen und aufwachsen lassen, gehören solche unter die gemeine chirographische Schulden, und sind die Vorstehere der Kirchen und anderer Stiftungen, auch Cämmerer und Einnehmer bey den Stadt-Güthern, und andere Receptores obrigkeitlicher Gefälle, wenn ein mehrerer Nachstand als von zwey Jahren aus des Schuldners Vermögen bey den chirographischen Schulden nicht bezahlet werden könte, denselben aus ihren eigenen Mitteln, welche dafür haften, zu erstatten schuldig; Und sollen im Fall diese die Zahlung nicht leisten könten, diejenige so die Rechnung abzunehmen haben, ebenfalls dafür stehen; Maassen Wir denn auch bey Unsern Cassen und Domainen die Versehung werden thun lassen, daß daselbst keine Reste, oder wenigstens nicht höher als von zwey Jahren aufwachsen, und vor den Ueberrest, wenn es zum Concurs kommen möchte, die Einnehmer stehen sollen.

§. 62. Könten jedoch die so jährliche Forderung zu erheben befuget, daß sie durch fleißige Einmahnung, gerichtliche Hülfs-Suchung, die Zahlung nicht erhalten können, aus denen Gerichts-Actis in continenti erweisen, solchenfalls hätten sie auch wegen des über 2 Jahre befindlichen Nachstandes, solches Vorrecht zu geniessen.

§. 63. Hätten aber die Gerichts-, Pacht- und Dienst-Herren von ihren obgedachten Forderungen bey den Unterthanen so viel aufschwellen lassen, daß derselben Vermögen zu ihrer aller Befriedigung nicht hinlänglich, und es wären keine andere Creditores vorhanden, um deren Willen nach vorstehenden §phis zu erkennen; So gehen dieselben ihrer Forderung halber in tributum oder zu gleichen Theilen nach Proportion ihrer Forderungen.

§. 64. XIII. Wann jemand einem Officier zu seiner Krieges-Equipage mit Consens seines Officiers leihet, aber nicht höher als auf die im Edict vom 4ten Julii 1746 festgesetzte Summe und Weise: welches Edict zu dem Ende sub Lit. hierbey gedruckt worden.

§. 65. XIV. Wann jemand auf ein bewegliches Unterpfand Geld leihet, und solches in Händen hat. Wann schon ein anderer ein pignus generale auf ale bewegliche Güther des Debitoris vorhin erhalten. Wann aber nach Verkaufung des Pfandes von dem Kauf-Geld nach Abzug dessen was er darauf geliehen, und ihm an landüblichen Zinsen, auch Kosten gebühret, etwas übrig bleibet, solches ist er denen andern Creditoren herauszugeben schuldig.

§. 66. Vorstehende Creditoren gehen, wenn des Schuldeners Vermögen zu ihrer aller Befriedigung nicht zureichend seyn sollte, nicht in tributum, sondern folgen einander; Und wann æque privilegiati concurriren, werden die ältere denen jüngern vorgezogen.

Dritte Classe.

Von denen welche eine in das Schuld-Buch eingetragene Hypothec haben.

§. 67. Zur dritten Classe gehören diejenige Creditores, welche ihre Schuld-Forderung oder Recht in das Hypothequen-Buch eintragen lassen, und gehen diese allen Creditoren, welche nicht zu denen beyden vorigen Classen gehören, sie mögen ein

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118 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 67.-70.)

Privilegium personale haben, und judiciales seyn oder nicht, vor: Allermassen in soweit die vorige Hypothequen-Ordnung hierdurch geändert wird.

Dann da die Hypothequen-Bücher dieserwegen eingeführet worden, damit ein jeder welcher Geld auf ein Guth leihen, oder seine Sicherheit wegen einer Ehestiftung, Vormundschaft etc. haben wollte, vergewissert seyn möge, ob und was vor Schulden auf den Güthern haften; So würde die Haupt-Intention derer Hypothequen wegfallen, wann die stillschweigende Hypothequen, Dominia Reservata, Jura separationis, fideicommissa familiæ, etc. worvon in dem Schuld-Buch keine Nachricht vorhanden, vorgehen solten, in mehrerer Erwegung, da dergleichen Creditores sich selber imputiren müssen daß sie ihre Jura nicht gleichfalls eintragen lassen, und ihre Sicherheit dadurch gesucht haben.

§. 68. Es haben also dergleichen eingetragene Schulden etc. eine Præferentz vor allen folgenden nicht eingetragenen Foderungen, als:

1.) Vor denen Dominiis reservatis.

2.) Vor denen Frauen, oder deren Kindern ratione ihrer Dotal- und Paraphernel-Gelder (!), auch Leib-Gedings, wann sie auch

3.) Schon unter der Condition hergegeben worden, daß unbewegliche Güther damit angeschaft werden sollen.

4.) Vor denen Erb-Geldern welche aus den Guth herausgegeben werden müssen; Es bestehe in ausgemachten Vater- oder Mutter-Guth, oder brüderlichen und schwesterlichen Antheil etc.

5.) Vor denen Bau- und Besserungs-Kosten eines Guths, die nach der eingetragenen Hypothec in das Guth verwandt worden.

6.) Vor denen fideicommissis familiæ, majoraten etc.

7.) Vor denen Schulden derer Unmündigen, Soldaten, Kirchen und anderer piorum corporum, mit deren Geld Güther eingekauft worden.

8.) Vor denen die zu Erkaufung eines Guths mit dem Beding Geld vorgeschossen, daß ihnen das Guth zur Hypothec haften solle.

9.) Vor den Hypothecariis welche das Jus separationis haben, aber solches nicht eintragen lassen.

Es wäre denn daß dieselbe Hypothecarii gleich nach dem Absterben ihres Creditoris, und ehe die von denen Erben constituirte Hypothequen eingetragen worden, dem Erben die Schuld aufgesagt, und dieselbe nach Ablauf des Termins gerichtlich eingeklagt hätten.

10.) Vor denen widerkäuflichen reditibus annuis, Zinsen, und Renten, welche auf einem Grund-Stücke haften, wann solche nicht eingetragen worden.

11.) Und endlich in genere vor allen Hypothecariis welche ein ausdrückliches oder stillschweigendes Pfand haben, wann sie solches nicht eintragen lassen.

§. 69. Wann aber auch alle diese Debita nachhero eingetragen werden, so erhalten sie keine Præferentz als von dem Tage da sie eingetragen worden.

§. 70. Alle eingetragene Creditores folgen einander nach der Ordnung und Zeit der Eintragung, dergestalt daß der ältere denen andern vorgehet.


119 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 71.-78.)

§. 71. Im übrigen stehet einem jeden Creditori frey zu seiner Sicherheit eine judicialiter, oder extra judicialiter, auch tacite constituirte Hypothec, auch ohne des Debitoris Consens in das Land-Buch eintragen zu lassen, wann nur der Creditor die Original-Obligation produciret, wodurch dann die vorige Hypothequen-Ordnung in diesem Stücke geändert wird.

§. 72. Wann jemand eine General-Hypothec erlanget, und nachmahl auf ein besonderes Stück eine Special-Hypothec sich constituiren, und beyde eintragen lassen, so gehet derselbe General-Hypothecarius einem jüngern Creditori, der auf diesem besondern Stück sich gleichfalls eine Special-Hypothec auch an dem Ort eingetragen worden, wo das besondere Stück belegen ist.

§. 73. Desgleichen præjudiciret die einem jüngern Creditori von dem Schuldener eingeräumte Possession eines Guths einem ältern Gläubiger, der seine Schuld eintragen lassen, nicht, sondern es wird dieser jenem dennoch vorgezogen.

Vierte Classe.

Von denen welche nebst dem Jure hypotecæ ein Privilegium personale haben.

§. 74. Zur vierten Classe gehören diejenige welche nebst einem stillschweigenden Pfand ein Privilegium personale haben, aber ihre Jura nicht eintragen lassen, als:

§. 75. I. Wenn einer Geld zum Studiren hergegeben.

§. 76. II. Die Ehefrauen und derer Kinder so viel das eingebrachte Ehe-Geld betrift, und sind diese von Zeit der Verheyrathung allen und jeden des Ehemanns Gläubigern, welche nicht unter die vorhergehende Classen gehören, vorzusetzen; Desgleichen mit den Paraphernalien von Zeit des Einbringens, und den receptitien.

§. 77. III. Gleiches Vorrecht haben auch die Ehe-Frauen wegen der, an statt des Ehe-Geldes, beständig verschriebenen jährlichen Leib-Zinsen, oder rechtmäßigen Leib-Gedinges zu geniessen:

Jedoch lieget der Ehe-Frauen oder deren Kindern ob erweißlich beyzubringen, daß sie das gesetzte Ehe-Geld ihrem Ehemann würcklich und wahrhaftig eingebracht. Die würckliche Verwendung in des Mannes Güther und Nutzen, soll sie zu erweisen nicht gehalten seyn.

§. 78. Damit aber wegen des Beweises nicht Weitläuftigkeit entstehen möge, So ordnen und wollen Wir, daß künftig weder auf des Mannes blosse Quitung, noch auf der Frauen Juramentum suppletorium gesehen werden solle, sondern es muß alles dasjenige was eine Ehefrau ihrem Mann einbringet, allemahl in dem ordentlichen Gerichte des Ehemanns oder der Ehefrauen ausgezahlet? deshalb von dem Ehemann gerichtlich quitiret, auch dabey deutlich gesetzet werden, was er an Ehe-Geld, Paraphernal und receptitien empfangen; worauf das hierüber zu haltende Protocoll in das Gerichts-Buch niedergeschrieben werden soll.

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120 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 79.-87.)

§. 79. Desgleichen wenn durch Erb-Recesse, Schenckungen, und sonst der Frauen noch etwas zufällt, müssen solche ordentlich in denen Gerichten vorgetragen, und derjenige, so das Geld ausgezahlet, von der Frau nebst dem Ehemann quitiret werden, auch ob solches der Mann als ein Eingebrachtes erhalten, oberwehntermassen mit registriret werden.

§. 80. IV. Alles was im vorhergehenden, wegen der Frauen geordnet, solches soll auch bey adlichen Personen in Ansehung der Ritter-Güther statt haben; Wovon in Unserer Lehns-Constitution näher verordnet worden.

§. 81. Im übrigen soll auch V. was oben von der Frauen insgemein geordnet, bey den Juden-Weibern statt haben, wenn sie in ihrer Ehe-Stiftung den Dotem exprimiret, und solcher in Gegenwart des Rabbi und zwey Zeugen ausgezahlet worden.

§. 82. Eine Frau aber die VII. mit ihrem Mann Kaufmannschaft gehalten, und neben ihm einen offenen Laden, oder offene Marckt-Handelung, Wirthschaft oder Weinschanck zu ihrem eigenen Vortheil mit getrieben, und dem Mann nicht bloß zur Hand gegangen, und geholfen, hat diese Rechts-Wohlthat und Vorzug nicht zu geniessen.

§. 83. Hätte VIII. eine Ehefrau die Güther ihres Mannes in dessen Abwesenheit eine geraume Zeit übel verwaltet, oder durch ihr böses Haushalten dem Mann zu seinen gefährlichen Aufborgen und Verderben mit geholfen, oder auch wohl gar denselben zum unnöthigen depensiren instigiret, oder vor sich übermäßigen Pracht getrieben, oder sonst ein mehreres, als die Interessen von ihren Illatis betragen, oder hauswirthlich entbehret werden können, verthan, und dergleichen von denen Creditoren mit Grunde auf sie gebracht würde; So soll dieselbe der verstatteten Rechts-Wohlthat und Vorzugs-Recht unwürdig, mit dem ihr sonst zustehenden Vorrecht zurückgesetzet, und alsdann erst, wann nach Befriedigung aller Creditoren noch etwas übrig ist, lociret werden.

§. 84. IX. So gebühret auch das Vorzugs-Recht allen der Frauen Erben in absteigender Linie in infinitum, keinesweges aber deren Eltern, oder seitwerts Verwandten, vielweniger fremden auswärtigen Testaments-Erben; sondern es haben diese unter denen gerichtlichen Hypothequen, oder unter den stillschweigenden Unterpfänden in gehöriger Ordnung ihren Locum zu erwarten.

§. 85. Ebenermassen kan X. dieses Vorzugs-Recht von der Frau einen fremden nicht abgetreten, oder cediret werden; Cedirte sie aber jemand ihr Recht quoad hypothecam consensu munitam, vel protocollo publico inscriptam, ist solches zu recht beständig, und dem Cessionario deshalb locus competens anzuweisen.

§. 86. XI. Diejenigen so zu erweißlichen Bau-, Besser- und Erhaltung eines Hauses, Schiffes, oder andern Guths hergeliehen, wann das Geld würcklich dazu angewandt; desgleichen alle diejenigen so zu Erbauung eines neuen, oder zu Reparirung eines alten Gebäudes oder Schiffes, die Materialien erweißlich hergegeben, als Steine, Holtz, Kalck, Fenster-Glas, Ofen und dergleichen, haben den Vorzug ihres Darlehns halber, vor allen folgenden Classen folglich auch vor denen Creditoren so ältere, auch gerichtlich confirmirte Verpfändung haben, aber nur von zwey Jahren ante motum concursum.

§. 87. XII. Auf gleiche Weise gehöret auch hieher der Handwercker Arbeits-Lohn, wann die angefertigte oder ausgebesserte Gebäude oder Schiffe noch würcklich vorhanden, und brauchbar seyn.


121 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 88.-94.)

§. 88. Damit aber der Beweiß wegen des gethanen Vorschusses, an Gelde oder Materialien, dem Gläubiger nicht zu schwer fallen möge, so soll der Gläubiger den geschehenen Bau, oder Refection, durch die Gerichte in Beyseyn des Schuldeners besichtigen, und nach Gelegenheit unter der Obligation, oder sonsten, von denenselben attestiren lassen, welches dann des Beweises halber vor zulänglich gehalten werden soll.

§. 89. Damit aber die Handwercks-Leute diese Prærogativ nicht zum Nachtheil anderer Creditorum mißbrauchen mögen, so soll dieselbe sich nicht in infinitum erstrecken, sondern nicht weiter als auf einen zweyjährigen Nachstand, so vor dem entstandenen Concurs verfallen, gelten.

Wann also binnen zwey Jahren die hierunter interessirende Creditores durch gerichtliche Hypothequen, und deren Einschreibung auf Immobilia, oder durch würckliche Einlieferung des Unterpfands, sich binnen solcher Zeit nicht prospiciren, solchenfalls sollen sie nach Ablauf der zwey Jahre inter chirographarios lociret werden.

§. 90. XIII. Die Unmündige und minderjährige Soldaten, Kirchen, auch andere die in den Rechten mit diesen gleich geachtet werden, haben in denen erweislich mit ihren Gelde erkauften Güthern, Häusern und anderen liegenden Gründen, gleiches Vorzugs-Recht zu geniessen.

§. 91. XIV. Hätte auch jemand zu Erkaufung eines Hauses oder Guthes mit dem Beding Geld vorgeschossen, daß das erkaufte Guth ihm zum Unterpfand haften solle, solches aber nicht eintragen lassen, so wird derselbe mit sothanen Vorschuß hierher angesetzet.

§. 92. XV. Der ein Haus, Acker, oder andern liegenden Grund, es sey Erb- oder Erben-Zins-Guth, oder ein ins Erbe versetztes Lehn verkauft, und wegen des nicht, oder nicht völlig bezahlten, sondern auf Tagezeit behandelten Kauf-Geldes, ihm das Eigenthum bis zu Zahlung an dem verkauften Stücke vorbehalten, solches aber in das Land-Buch nicht eintragen lassen.

§. 93. Schließlich gehören auch zu dieser Classe diejenige Hypothecarii welche das Jus Separationis haben: das ist, welche bitten daß das Vermögen ihres verstorbenen Creditoris von dem Vermögen des Successoris separiret werden möge, aber ihre Hypothec nicht haben eintragen lassen.

§. 94. Alle in dieser Classe angesetzte Creditores folgen einander nach der Zeit, daß der ältere dem andern vorgehet.

Fünfte Classe.

Von denen welche eine gerichtliche oder stillschweigende Hypothec erhalten, solche aber nicht eintragen lassen, noch ein Privilegium personale haben.

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122 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 95.-101.)

§. 95. Zur fünften Classe gehören alle Creditores welche entweder eine gerichtliche, oder stillschweigende Hypothec auf ein Grund-Stück erhalten, aber solche nicht eintragen lassen, noch ein Privilegium personale haben, und auf folgende Weise zu lociren und anzusetzen seyn.

§. 96. I. Diejenigen welche ihnen eine Hypothec gerichtlich constituiren lassen, gehen allen andern welche ein stillschweigend Pfand haben, oder welchen ausser Gericht privatim eine Hypothec verschrieben worden, ihre Recht aber in das Land-Buch vorhin nicht einschreiben lassen, auch kein Privilegium personale haben, in denen verpfändeten Güthern vor, und werden unter sich nach der Zeit der gerichtlichen Versiegelung lociret.

§. 97. Wann jemand sich neben der General-Hypothec auch eine Special-Hypothec auf ein Guth gerichtlich bestellen lassen, ist er zuforderst auf diese zu verweisen und zu lociren; Im Fall er aber daselbst seine Zahlung nicht erhielte, kan er sich an der gerichtlichen General-Hypothec erholen.

Jedoch hat solches nur alsdann statt, wann der Gläubiger nicht bey der Pfand-Verschreibung bedungen daß die allgemeine Verpfändung der Güther der specialen, und diese jener, nicht præjudiciren soll.

§. 98. Wan der Gläubiger einem jüngern gerichtlichen Hypothecaria das verpfändete Guth einräumet, kan solches dem ältern gerichtlichen Hypothecario nicht præjudiciren. Es wäre dann daß der jüngere seine Hypothec eher als der ältere in das Land-Buch eintragen lassen.

§. 99. Wann jemand allein eine gerichtliche Special-Hypothec hat, aber seine Bezahlung daraus nicht erlanget hätte, kan er zwar aus dem gemeinen Vermögen den Abgang suchen; einem andern aber ist er in dem Stück, welches diesem entweder generaliter oder specialiter gerichtlich verschrieben gewesen, nicht zu præferiren.

§. 100. Wie dann auch derjenige, der eine General-Hypothec auf Nomina Activa erhalten, dadurch kein Præferentz erhält. Es wäre denn daß ihm die Handschrift originaliter eingeliefert, oder zu seiner Sicherheit in das Gericht oder bey einem Dritten niedergelegt worden.

§. 101. Diesen gerichtlichen Hypothequen folgen diejenige, welche nach Anleitung der Rechte in des Schuldeners Güthern ein stillschweigendes Unterpfand erhalten, solches aber nicht eintragen lassen, und gehen diese stillschweigende Hypothequen eine der andern nach der Zeit erlangten Rechts vor oder nach.

Dergleichen Tacitam Hypothecam haben (1) die Pupillen und Minderjährige (et)c. Wann nemlich die Gerichte derer Unmündigen ihre väterliche und mütterliche Erbtheile (et)c. nicht in das Hypothequen-Buch einschreiben lassen, oder ohne diese Præcaution dem Vormund in die Hände geben.

Item, wann die Vormünder die Vormundschaft nicht eintragen lassen, oder bey Auslehnung der Pupillen-Gelder diese Præcaution nicht gebrauchen, oder sonst übel administriren; so haben die Unmündige in allen des Vormundes Güthern wegen der Vormundschaft ein stillschweigendes Pfand, jedoch ohne Vorzugs-Recht vor denen gerichtlichen Hypothequen; und seyn demnach solche Unmündige und Minderjährige, item prodigi, muti et surdi, absentes, furiosi, auf der Vormünder und Curatoren Güther zu lociren.


123 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 102.-110.)

§ 102. Gleiches Recht stehet auch (2) denen Kindern in der Mütter- und Großmütter Vermögen zu, wenn selbige die Vormundschaft über sich nehmen und verwalten. Hätten auch diese ehe sie die Kinder mit andern Vormündern versehen lassen, und Rechnung ihrer Administration abgeleget, sich anderweits verehliget, haften des neuen Ehemanns Güther, sowohl als der Mutter eigene, denen Kindern zu ihrer völligen Befriedigung zum Unterpfande.

§. 103. In bonis litis Curatoris, so denen Weibern gesetzet werden, hat (3) keine Hypotheca Tacita statt.

§. 104. Die Frauen haben (4) wegen ihrer Receptitien und Gegen-Vermächtniß, auch Morgen-Gabe, wenn dieserwegen sie keine bessere rechtliche Versicherung erlanget, gleichfalls Hypothecam tacitam, und zwar nach der Zeit da der Mann solches administriret.

§. 105. So competiret dergleichen Hypothec auch (5) denen Kindern wegen ihres Mutter-Guths, Pathen-Geldes, und andern Güthern so Adventitia genennet werden, in des Vatern Vermögen, wenn selbige nicht würcklich mehr darin vorhanden, sondern consumiret seyn. (Vid. Class. 1. N. 4.)

§. 106. Ferner und (6) stehet sothane Hypothec denen Kirchen, Schulen, Stipendiaten, Hospitalien, Städten und Gemeinen in den Güthern ihrer Vorsteher und Administratoren zu, bey deren Bestellung diejenige so sie anzuordnen befugt sind, auf ihres Vermögens Zustand wohl Acht zu haben, und aus dem Hypothequen-Buch deshalb Erkundigung einzuziehen, und insonderheit bey denen Cämmereyen, zu Bestellung gnugsamer Caution die Bediente anzuhalten; Massen widrigenfalls, und da wegen der Caution-Bestellung etwas versäumet, und der Stadt und Cämmerey Schaden zugefüget würde, die Magistrats-Personen und andere so dergleichen Caution zu erfordern haben, ex propriis solchen ersetzen, und dafür haften sollen.

§. 107. Und erstrecket sich auch (7) diese stillschweigende Hypothec auf aller derer Güther, welche denen Kirchen, Schulen, Stipendiaten, und Hospitalien auch Städten und Gemeinen ex contractu schuldig seyn, insonderheit wenn der Patronus der Kirchen derselben schuldig worden, von der Zeit an da er das Jus Patronatus erlanget.

§. 108. Desgleichen hat (8) ein jeder Herr dergleichen Hypothec in dem Vermögen und Güthern seiner Bedienten, Einnehmer, Verwalter oder anderer, welche Guth oder Geld zu verwalten und zu bezahlen haben: auch die Creditores so den Woll-Fabricanten und Arbeitern an Wolle oder Geld zu ihrer Manufactur Vorschuß gethan, Vermöge Unsers Edicts vom 20ten Sept. 1719. hiebey Lit. gedrucket.

§. 109. Unser Fiscus hat eine Hypothecam tacitam wegen verwürckter und wider den Schuldener erkannter Strafe, von Zeit der Erkänntniß, im Fall die Strafe nicht auf gäntzliche Confiscation der Güther gehet. Wäre aber dieses, so ist Fiscus erst nach dem alle, auch chirographische Schulden befriediget, in den übrigen Rest des condemnirten Vermögen zu setzen.

§. 110. Was (10) ein Pächter oder Miethsmann von seiner eigenen fahrenden Haab in das gepachtete Guth, Haus, Hof, Gemach, Keller oder Gewölbe gebracht, darauf hat der Vermiether so wohl für den Schaden so ihm durch den Mietsmann zugefüget wird, als Pacht und Mieths-Geld, und an denen aus solchen Contract fliessenden Præstandis, tacitam hypotecam, wenn er sich schon anderwerts durch ausdrückliche Verpfändung mehrere Versicherung geben lassen.

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124 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 111.-115.)

§. 111. Derjenige dem (11) in einem letzten Willen eine gewisse Summe vermachet, hat deshalb Jus tacitæ hypothecæ auf der gantzen Erbschaft, und kan seine Befriedigung von jedem Erben pro rata suchen; der Stillschweigenden Hypothec aber sich darin erst zu gebrauchen, wenn alle auf der Erbschaft haftende Schulden bezahlet seyn.

Wofern ihm ein gewisses Stück legiret, oder vermachet, stehet ihm gleiches Recht gegen dessen Besitzer zu.

§. 112. Wann (12) bey entstandenem Concurs der Debitor wegen seiner Schuld-Foderung, so durch eine Hypothec versichert gewesen, sich vergleichet, und seinem Creditori eine neue Verschreibung ausstellet, nachhero aber wiederum fallit wird, so stehet dem Creditori frey sich wieder an sein voriges Unterpfand zu halten.

Wann also die vorige Schuld-Foderung eingetragen und in dem Hypothequen-Buch nicht gelöscht worden, tritt der Creditor in das vorige Recht, und gehet allen nachher eingetragenen Hypothequen vor, wann schon eine Novatio durch den Vergleich geschehen.

Gleiche Bewandniß hat es, wann die alte Hypothec nicht eingetragen gewesen, jedoch ein personale Privilegium hat; oder wann eine gerichtliche Hypothec vorhin constituiret gewesen. Es wäre dann daß eine Novatio ohne Vorbehalt der vorigen Hypothec geschehen.

§. 113. Wann (13) ein Bürge zu Zahlung einer Schuld, wofür der Principal keine ausdrückliche Hypothec constituiret, vertheilet, dabey aber der Regress gegen den Principal-Schuldner vorbehalten wird, der Bürger auch darauf Zahlung gethan; Soll solche Reservation ihm statt eines stillschweigenden Unterpfandes gelten.

§. 114. Ferner und (14) sollen gleich denen so ein stillschweigendes Unterpfand haben geachtet, und mit denenselben in dieser Classe angesetzet werden, die aus klaren Briefen und Siegel, welche vermöge der Rechte Paratam Executionem haben, würckliche Einweisung und Immission erlangen; nicht aber diejenige welche ein blosses Judicatum erstritten, oder dem zu gut die Execution und Immission zwar angeordnet gewesen, aber nicht vollzogen worden; sondern diese Tacita Hypotheca soll erst von Zeit würcklich gschehener Immission ihren Anfang nehmen. Es ist aber die Immissio pro realiter facta zu halten wann der Debitor declariret daß er den Creditorem pro Immisso halte.

§. 115. Derjenige so (15) eines entwichenen Schuldners Güther, die er zum Nachtheil der Creditoren wegzubringen getrachtet, oder anderswo verborgen gehalten, entdecket, und mit Arrest zum Besten gemeiner Creditoren beleget, angehalten, oder wieder beygebracht, oder auch den flüchtigen Schuldner selbst aufgesuchet und arrestiren lassen, soll allen Gläubigern, die mit ihm gleiches Recht haben, vorgezogen und vor denselben befriediget werden.

Sechste Classe.

Von denen Creditoren welche ohne Hypothec blos personaliter privilegiret seyn.


125 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 116.-124.)

§. 116. Zu der sechsten Classe gehören diejenige, welche allein personaliter privilegiret, oder sonst ein Vorrecht haben vor andern Gläubigern, so nur aus blossen Handscheinen fodern: Als

(1) Die bey dem Schuldner freywillig etwas in Verwahrung zu treuer Hand niedergeleget, oder demselben zu gebrauchen geliehen oder vergönnet, das Deponiret aber, oder zum Gebrauch geliehene, oder vergönnete, nicht mehr vorhanden.

Wären aber sogleich bey dem deponirten Gelde, im Fall es gebraucht würde, Zinsen stipuliret, so hätten sie die Wiedererstattung unter den blossen Chirographariis zu suchen.

§. 117. Gleiche Bewandniß hat es mit denen übrigen Creditoren welche ihr Eigenthum zurücke fodern, wann solches nicht mehr vorhanden ist; und werden nur die Eh-Frauen wegen ihrer Dotal- und Paraphernal- auch Receptien-Gelder ausgenommen, als welche wegen ihrer mit einem Privilegio personali verknüpften stillschweigenden Hypothec zur vierten Classe gehören. (Vid. supr. §. 76. seq.)

§. 118. (3) Die, welche zu Erkaufung eines Hauses oder Guths Geld geliehen, und ihnen keine gerichtliche Hypothec constituiren lassen, ingleichen der Verkäufer eines solchen unbeweglichen Guths, wegen des Nachstandes seines Kauf-Pretii, wann er mit keiner gerichtlichen Hypothec versehen.

§. 119. (4) Ferner die ohne Zinsen Geld geliehen, wenn sie ihnen auf keine andere Weise wegen eines juris realis prospiciret; auf welchem Fall dieselbe sonst auf gleiche Weise, als der sub hypotheca in re emenda Geld zum Kauf geliehen, gehörigen Orts zu præferiren.

§. 120. (5) Aliment-Sachen, so aus Testamenten oder Contracten herrühren, und nicht Kirchen, Schulen und Hospitæler betreffen; Sie gehören andern piis causis, und seyn ad pios usus destiniret oder nicht.

§. 121. (6) Die auf sich selbst gegebene Wechsel-Briefe, mit oder ohne Hypothec des Vermögens, als worunter nach Anleitung Unsers Churmärckischen Wechsel-Rechts Art. 37. kein Unterscheid zu machen.

§. 122. (7) Eine Braut, so ihrem Bräutigam vor Vollziehung der Hochzeit zu Bezahlung seiner Schulden, Fortsetzung seiner Nahrung, und dergleichen, Gelder voraus bezahlet, und darüber keine Verschreibung nimmt.

§. 123. (8) Ferner diejenigen, welche einem Possessori eines Land-Guths zu Verbesserung des Inventarii, Schafe und ander Vieh verkauft, und nicht bezahlet bekommen; oder zu Ankaufung des Inventarii Geld vorgeschossen, wann das erkaufte Inventarium noch vorhanden.

§. 124. (9) Doctores, Apothecker und Chirurgi, wegen des Sostri und Artzneyen, welche ausser der letzten Kranckheit vor den Defunctum, und dessen Frau und Kinder, gehohlt worden, item Advocaten, Notarien, ingleichen die Exercitien-Meister so in Reiten, Tantzen, Fechten, Sprachen, Zeichnen, und dergleichen informiret, ihrer verdienter Bezahlung halber, ferner das Lehrgeld so bey Handwerckern verdienet ist.

NB. Diese Creditores haben die Præferentz bloß von denen beyden letzten Jahren.

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126 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 125.-133.)

§. 125. (10) Diejenige welche ein Jus separationis haben, wann das bewegliche Vermögen, des Defuncti und derer Erben dergestalt vermischt ist, daß man nicht wissen kan was dem Defuncto zugehört habe (Vid. supr. §. 52.).

§. 126. Alle in dieser Classe benannte Creditores müssen, wann des Schuldners Vermögen nicht hinreichet, ohne Unterscheid der Zeit ihres erlangten Rechts, zusammen treten, und nach Proportion ihrer Forderung sich in dasjenige, was nach denen in vorigen Classen stehenden Gläubigern übrig bleibet, theilen.

Siebende Classe.

Von denen Privat-Hypothequen.

§. 127. Zu der siebenden Classe gehören alle Privat-Hypothequen, welche weder eingetragen, noch gerichtlich constituiret seyn, noch ein Privilegium personale haben, nach der Zeit der Verschreibung.

§. 128. Worunter auch die wiederkäufliche annui reditus, Zinsen, und Renthen gehören, welche auf einen Grund-Stücke haften, und nicht eingetragen worden.

Ache Classe.

Von denen Chirographariis und andern schlechten Creditoren.

§. 129. Nach diesen Hypothecariis folgen die Chirographarii simplices, welche weder ein Jus reale, noch sonst einiges Privilegium haben.

§. 130. Nicht weniger Kram-Waaren und Buch-Schulden.

§. 131. Auch Arbeits-Lohn der Arbeiter, welche nicht bey einem gantzen Bau, oder nothwendiger Reparation, verdienet.

§. 132. Item die gar keine Hand-Schriften, oder Handels-Bücher haben; sondern allein durch Zeugen, oder Eydes-Delation ihre Forderung beweisen wollen.

§. 133. Hierunter gehören auch die Medicinal-Kosten, welche nicht in der letzten Kranckheit des Verstorbenen, auch nicht in denen beyden letzten Jahren vor dessen Absterben verwandt worden: Vid. §. 54. et. §. 124.


127 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 134.-143.)

§. 134. Wie auch der rückständige Lohn derer Dienst-Bothen, ausser denen beyden vor den Concurs verflossenen letzten Jahren.

§. 135. Nicht weniger die Onera wlche oben §. 60. specificiret, und welche ausser denen beyden letzten Jahren aufgeschwollen seyn.

§. 136. Und endlich wann von deponirten Geldern Zinsen gehoben werden.

§. 137. Alle diese concurrirende Creditores gehen ohne Unterscheid der Zeit nach Proportion ihrer Forderung in tributum.

§. 138. Wenn nun auf solche Weise die Sententz so bald nur immer möglich abgefasset, soll sofort, ohne das jemand darüber anhalte, Terminus von 4 Wochen zu derselben Publication angesetzet werden, wozu alle Creditores die sich liquidando angegeben, zusamt dem Debitore und Contradictore vorzuladen. Und damit die Insinuatio keine Schwürigkeit finde, oder grosse Kosten erfordere, so ist genug, daß wann Creditores nicht in loco sich befinden, dieselbe der Creditorum Mandatariis, als welche sie sofort in primo Termino, und ehe sie weiter gehöret werden, zu bestellen haben, und in loco Concursus sich befinden müssen, geschehe. Wären aber an einem Orte Advocati nicht vorhanden so bevollmächtiget werden können, so muß die Insinuatio, wie es jedes Orts füglich verrichtet werden kan, ad domum geschehen.

§. 139. Solte wider das Urthel ein und mehrere Creditores, als gravirt, Remedia suchen; so soll denenselben, wann die Gravamina erheblich, deferirt werden.

§. 140. Auf eingewandte Appellation soll (wie bey andern Sachen, einem jeden der vorhin nicht in lite gewesen in Rechten nachgelassen, pro suo interesse in secunda instantia zu interveniren) denen die vor der Prioritæt-Sententz nicht liquidiret frey stehen und zugelassen seyn, in der Appellations-Instantz ihre Liquidationes, nebst dazu gehörigen Documentis, annoch ad acta zu bringen, und ihrer Forderung halber locum competentem bey dem erfolgenden Urthel zu erwarten.

§. 141. Es soll ein solcher Liquidant in Zeit von 10 Tagen nach verflossenem Decendio solche Intervention, bey Strafe der Præclusion, mit seiner Liquidation und copeylichen Documentis übergeben, und mit deren Communication den communem Contradictorem, und alle Creditores, denen er mit seinen Forderungen vorzugehen vermeynet, durch ein Patent ad Domum citiren lassen, und mit denselben so viel ihrer nebst dem Contradictore erscheinen, in einem Termino peremtorio, welcher, nach vorheriger Production der Original-Documenten ad protocollum, usque ad duplicam verfahren.

§. 142. So viel auch diejenigen betrift, denen in der Prioritæts-Sententz die Ablegung eines Eydes, oder bessere Bescheinigung, oder Beweis ihrer Forderung auferleget, haben die erste, im Fall sie von der Sententz nicht appelliren, innerhalb 4 Wochen a die Sententiæ Terminum zu Leistung des Eydes auszubringen und den Curatorem, daß er sehe wie geschworen werde, dazu citiren zu lassen; Wie denn auch der auferlegte Beweiß oder Bescheinigung innerhalb 4 Wochen, gleichfalls von Tage der Sententz anzurechnen, ohnfehlbar anzutreten, und wie jedes Orts hergebracht auszuführen.

§. 143. Es sollen aber weder hierdurch, noch durch eingewandte Appellation Creditores aufgehalten, sondern nach dem Quanto, was ihnen in der Prioritæt-Urtheil zuerkannt, soweit das Urtheil Rechts-kräftig worden, und das Vermögen in der Ordnung zureichet, bezahlet werden, und nach Abzug dessen, so an

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128 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 143.-148.)

Unsere Cassen, nach Anleitung Unsers Edicts von Depositionen der Gelder, nur soviel zu zahlen zurück bleiben, als die Forderung der Appellanten und derer Creditoren, die nach der Sententz noch etwas zu præstiren haben, austräget.

§. 144. Zu dem Ende hat Curator, nach eröfneten Prioritæt-Urthel, seine Rechnung sofort zu schliessen, dieselbe so einzurichten, daß er in der Einnahme führe was er vermöge des Inventarii bekommen, was an ausstehenden Schulden vermöge der Adjudicationen aus denen verkauften, oder verpachteten, oder vermietheten Immobilien, und pretiosis, und nach Anweisung des Auctions-Protocols, aus denen veräusserten Mobilien oder Waaren; nicht weniger, wann von den deponirten Geldern etwas angeliehen, an Interessen einkommen sollen, und darauf würcklich eingekommen. In Ausgabe hat er zu bringen, was auf den Concurs-Process, auch geführte Klagen, und Processe mit andern Debitoren aufgegangen, die Auctions-Kosten, dergleichen was an Oneribus publicis, bis die Güther und liegende Gründe verkauft, und darnach an Deposition(-)Geldern abgetragen werden müssen; Was auf Verordnung des Gerichts, als Eigenthum, an andere aus dem Nachlaß des Vermögen des Schuldeners abgefolget; Auch was vor Activ-Schulden durch Gegen-Rechnung, oder sonst, abgegangen, und solche von der Einnahme abgezogen, auf den baaren Bestand zu schliessen, auch was an Schulden noch ausstehe, und an Mobilien, so nicht verkauft werden können, annoch vorhanden; Als worin sich Curator nach dem bey Unserer Vormundschafts-Ordnung vorhandenen Formular der Vormundschafts-Rechnung mit richten kan.

§. 145. Solche Rechnung muß er samt den Belegen, innerhalb 14 Tagen nach publicirter Sententz, dem Gericht übergeben, und dabey Veranlassung bitten, wie die Auszahlung des verhandenen Geldes denen Creditoren zu thun, und er sich wegen der übrig gebliebenen Mobilien und ausstehenden Schulden zu verhalten habe. Da dann von dem Gericht, so weit nicht von dem Urtheil appelliret, oder dasselbe durch Beweiß oder Eyde annoch zu purificiren, die Auszahlung der Gelder sofort per Decretum veranlasset werden, und gegen Herausgebung der General-Obligationen und Quitung gerichtlich geschehen soll. Wenn aber appelliret, und die Creditores vor Austrag der appellirten Puncten, die Gelder ex deposito verlangen, muß darin nach Unsern Edict, wegen der Depositionen verfahren, und von denen Creditoribus, so dergleichen streitige Gelder erheben wollen, Caution bestellet werden, daß im Fall jemand ein besseres Recht für ihnen ausführete, sie so weit es nöthig, das Empfangene restituiren, inzwischen Unserm Edict von Depositionen ein Gnügen thun wollen.

§. 146. Die übergebene Rechnung aber ist ad Acta zu nehmen, und solches denen Creditoren zu notificiren, mit Befehl selbige nachzusehen, und, falls habenden Einwendens, dasselbe in einen anzusetzenden Termino anzuzeigen, und, oder zu gewarten daß alsdann die Rechnung, als richtig angenommen werde. Der Curator aber hat in solchem Termino seine Rechnung in Einnahme und Ausgabe, es erscheinen Creditores oder nicht, gehörig zu justificiren.

§. 147. Insbesondere sind gegen solchen Terminum mit vorzuladen diejenigen Creditoren, so noch in Process bleiben, und alsdann sich ad Protocollum zu erklären haben, wie sie vermeynen daß das Geld, so ihrentwegen ausgesetzet und in Deposito lieget, bis zu Austrag der Sache zu verfahren.

§. 148. Nach geendigter Apppellations-Instantz muß der Curator die Creditores, so aus der Baarschaft ihre Befriedigung nicht erhalten, vorladen lassen, daß selbige die etwan noch ausstehende Schulden, wann selbige, alles angewendeten Fleisses ungeachtet, nicht beygetrieben werden können, nicht weniger die Mobilien so nicht verkauft


129 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 148.-152.)

werden mögen, zu ihrer Abfindung dergestalt annehmen, daß der erst vorstehende unbezahlte Creditor daraus zu seiner Bezahlung was ihm anständig, so viel seine Forderung austrägt, und wenn es Mobilien, nach der Taxe, welche Curator vor dem Termino durch verpflichtete Taxatoren machen lassen, erwählen, und so ferner die folgenden verfahren, oder sich unter einander vergleichen mögen.

§. 149. Solchemnach ist der Curator über seine Administration völlig zu quitiren, und seiner über sich gehabten Curatel zu erlassen, wie solches geschehen in ein Protocollum zu bringen, und solches ad Acta zu legen, auch, wenn in desselben Gerichts-Hypothequen-Buch angezeichnet was der Curator bey seiner Bestellung an Güthern empfangen, darbey zu bemercken, daß solches gäntzlich abgethan sey; Wann aber die Einzeichnung in einem andern Gerichte geschehen, ist die Verfügung zu machen, daß, wegen der geschehenen Einzeichnung, wie vorstehet, verfahren, und dergestalt der Concurs-Process geendiget, der Curator auch ausser allen Anspruch, und der Opinion als ob seine Güther dieserhalb noch verhaftet, gesetzet werde.

§. 150. Schließlich verstehet sich von selbsten, daß weder die Advocaten noch der Curator oder Contradictor etwas an Gebühren fodern können, ehe und bevor der gantze Concurs-Process ein Ende hat: Und muß damit wie Part. I. Tit. 13. §. 4. versehen, verfahren, und von denen Referenten genau Achtung gegeben werden, ob einer oder der andre den Concurs-Process unnöthiger Weise protrahiret, oder sonst wider diese Ordnung gehandelt habe. In welchem Fall die liquidirte und sonst vorgeschossene Gebühren der Sportul-Casse zuerkannt, und die Schuldige überdem nachdrücklich bestraft werden sollen.

§. 151. Im Fall der Curator einige Auslagen zu thun hätte, müssen ihm solche, wann das Gericht solche nöthig findet, aus der Sportul-Casse gegen dessen Quitung vorgeschossen, und hiernächst von denen, welche dieselbe zu erstatten schuldig, wieder abgefodert werden.

Sectio III.

Wie gegen einen vorsetzlichen und betrüglichen Banqueroutirer zu verfahren.

§. 152. Nachdem eine Zeithero in Unsern Königreich und Landen verschiedene Banquerouts entstanden, welches vornemlich daher gekommen, daß die Falliten üppig gelebet, und mehr als sie erwerben können, verzehret, grosse Häuser erbauet, kostbare Gärten sich zugelegt, ihre Familie über ihren Stand mit Kleidung unterhalten, und en general mehr als sie in Vermögen gehabt an Geld und Waaren aufgeborget; So dann öfters ausgetreten, und dadurch ihren Nächsten unverschuldet in Schaden, und wol gar in Ruin, und die Commercia, so von Unsern Unterthanen getrieben worden, in übeln Ruf gesetzet (et)c. so haben Wir nöthig gefunden solchen boshaften Unternehmen, dadurch der Credit, mithin Handel und Wandel, geschwächet, und frevelhafter Weise niedergeleget, auch ehrliche Leute gottloser und diebischer Weise betrogen, und um ihre zeitliche Habseligkeit gebracht werden, mit Nachdruck zu steuren: Zu dem Ende ordnen und wollen Wir

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130 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 153.-158.)

§. 153. Zum ersten, daß niemand der in Unsern Landen gesessen, oder sich darinn enthielte, wer er auch sey, mehr als er bezahlen kan, aufborgen solle: da sich befünde, daß sich jemand dessen boshaftig unternommen, durch Ueppigkeit, überflüßiges Bauen, unnöthige Depenses, übel geführte Menages, oder andere einem ehrliebenden, verständigen, und fleißigen Hauswirth nicht anständige Wege, also durch sein Verschulden sich in Abgang seines Vermögens, mithin dadurch Creditores betrogen, und in Schaden gebracht, so soll wider den, oder dieselben, ohne Unterscheid der Personen und Standes, nicht nur nach Schärfe der Rechte, und, wann es Wechsel betrift, nach Inhalt Unser Wechsel-Edicte, verfahren, sondern auch ein solcher muthwilliger Schuldener, nach befundenen Betrug, als ein Dieb und Falsarius angesehen, auch ohne weitere Sententiam Declaratoriam vor unehrlich gehalten, seiner etwa habenden Aemter oder Innungen verlustig, auch hinkünftig derselben auf ewig unfähig seyn.

§. 154. Wobey Wir Uns zweytens ausdrücklich vorbehalten, nach Beschaffenheit der Umstände, und der Grösse des Banquerouts, dergleichen Betrüger als einen Dieb und Spitzbuben zum Pranger, ewigen Gefängniß oder Vestungs-Arbeit, auch wohl gar mit Staupenschlägen, Landes(-)verweisen, oder wann das Verbrechen gar enorm, mit dem Strange vom Leben zum Tode bringen zu lassen.

§. 155. Dahero dann drittens, so bald ein Concurs eröfnet worden, jederzeit einem fiscalischen Bedienten anbefohlen werden soll, in Termino zu vigiliren. Vid. supr. §. 11.

§. 156. Wann derselbe viertens bey der Verification der Schulden wahrnimmt, daß der Fallite betrüglich gehandelt, muß er alle vorkommende betrügliche Umstände notiren, und wann die Liquidation geschlossen, seine Anmerckungen dem Gericht übergeben, und Verhaltungs-Befehl ausbitten, ob er den Falliten zur Special-Inquisition anhalten solle.

Wann das Gericht die Indicia zur Special-Inquisition zulänglich findet, so soll dem Falliten niemahls defensio pro avertenda inquisitione verstattet werden.

Wie denn auch die Actio Criminalis nicht bis zum Ende des Concurs ausgesetzet, vielweniger mit der Actione Civili confundiret werden soll. Dahero denn auch diese Criminal-Sache, wann Judex Concursus keine Criminal-Jurisdiction hat, vor denen Criminal-Gerichten fortgesetzet werden soll.

§. 157. Da aber fünftens ein solcher betrüglicher Schuldener flüchtig würde, und austrete, so sollen Unsere Regierungen, Judicia, und Gerichte jedes Orts, worunter der Entlaufene gesessen, sofort dessen Bücher, Briefschaften und Effecte in genaue Verwahrung nehmen, was an andern Orten sich findet mit Arrest belegen, das gantze Vermögen in ein richtiges Inventarium bringen, zugleich durch ein öffentliches Proclama den Schuldener ein für allemahl citiren, und er erscheine sodann oder nicht, einem jeden zu dem, so ihn zukommen kan, vermittelst Distraction, oder wie es sonst am füglichsten geschehen kan, ohne weitläuftigen Process zu verhelfen. Wobey es auch, wenn gleich der Debitor sich nach Ablauf des Termini wieder einfinde, sein unveränderliches Verbleiben haben, und derselbe was solchergestalt einmahl gerichtlich verordnet, auch unter dem Prætext daß er über die Helfte verletzet, oder der Process nichtig sey, anzufechten, keinen Fug oder Macht haben, sondern damit ohne fernere Untersuchung gleich abgewiesen werden soll.

§. 158. Darneben soll sechstens wider einen solchen Flüchtigen, so bald sich zeiget, daß das hinterlassene Vermögen zu Bezhalung (= Bezahlung) der Schulden nicht zureichet,


131 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 158.-163.)

criminaliter verfahren, und derselbe nicht allein von Zeit des Austritts vor infam gehalten, und an statt der Sententiæ Declaratoriæ sein Nahme an den Galgen geschlagen, sondern auch ferner gegen ihn als einen offenbaren Dieb der Process fortgeführet, und wann er sich auf beschehene Citation, so in Loco delicti zu affigiren ist, nicht gestellet, die Strafe so er verdienet, erkannt, und allenfalls an dessen Bildniß exequiret, und wie solches geschehen in die öffentliche Zeitungen gesetzet, auch sonsten überall, da es nöthig gefunden wird, bekandt gemachet werden.

§. 159. Damit aber siebendens, wann möglich, ein solcher entwichener Dieb zur Haft gebracht, und andern zum Exempel oder Abscheu mit der verwürckten Leibes-Strafe beleget werde. So geben Wir hiermit einen jeden dessen Gläubiger freye Macht und Gewalt, denselben wo er ihn findet anzuhalten, und gefangen nehmen zu lassen; Zu welchem Ende die Gerichte jedes Orts, unter welchen der entlaufene Banqueroutirer, wann er zugegen wäre, belanget werden könte, sofort denen Creditoribus samt oder sonders offene Patente und Steckbriefe ohnentgeltlich mittheilen, Unsere Regierungen, Judicia, Beamte, und andere Gerichts-Obrigkeiten aber in Unsern Landen, wann der Ausgetretene unter ihrer Jurisdiction angetroffen wird, auf beschehenes Anmelden, und vorgedachten Steckbrief, sich dessen sofort bemächtigen, und ihn verwahrlich behalten, auch solches an die Gerichte, da der Process dormiret wird, berichten müssen, welche denn zur Abholung unverzügliche Anstalt zu machen haben.

§. 160. Sollten auch achtens Unsere Judicia oder Beamte, oder andere Obrigkeit und Gerichts-Personen, hierinnen säumig, oder nachläßig, oder welches Wir gar nicht vermuthen wollen, eine Collusion bey ihnen befunden werden, und darüber vor oder nach der Haft der Delinquente entkommen; So stehet denen Creditoribus frey an denen auf welche die Schuld fället, behörigen Orts die gebührende Satisfaction zu suchen; Und wollen Wir, befehlen auch hiermit in Gnaden, doch ernstlich, daß ihnen hierin schleunige und unpartheyische Justitz, ohne Ansehung der Personen und Standes, und ohne Verstattung einiger Ausflucht und Ausschweife, administriret werde.

§. 161. Darneben soll auch neuntens, wider solche Gerichte, Beamte, Obrigkeit, oder Gerichts-Personen, die den flüchtigen Banqeroutirer solchergestalt echapiren lassen, sowohl auch wieder diejenige, so dazu mit Rath oder That behülflich gewesen, Unser Fiscus jedes Orts sein Amt thun, und inquisitorie verfahren; oder, da die Schuld der Gerichte notorisch ist, auf eine solche Strafe die in denen Rechten auf diejenige gesetzet, die einen gefangenen Delinquenten nicht gehörig verwahren, oder ihn gar forthelfen lassen, antragen, und darüber nach geführter Defension rechtlich erkennen lassen, da denn, was Urthel und Recht mit sich bringet, ohnverzüglich ohne einige Begnadigung exequiret werden soll.

§. 162. Nicht weniger setzen und ordnen Wir zehentens hiermit und Kraft dieses Unsers Edicts, daß diejenigen, so von einem obseyenden Fallimente zuverläßige Nachricht haben, solches in Zeiten in den Gerichten jedes Orts gebührend anzeigen; Wiedrigenfalls aber, nach Beschaffenheit der Sachen, mit proportionirlicher Geld- auch wohl Leibes-Strafe beleget; diejenigen aber so den Austrit wissen, und es nicht in Zeiten gerichtlich melden, oder Rath dazu geben, oder sonst behülflich seyn, denen so Diebstähle verheelen, oder deren sich auf einige Weise theilhaftig machen, gleich geachtet, und solchergestalt bestrafet werden sollen.

§. 163. Da auch elftens die Erfahrung gezeiget, daß solche diebische Schuldener, wenn sie die Flucht ergriffen, sich insgemein in anderer Gebiethe, auch wohl ausser

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132 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 163.-168.)

Reichs begeben; So wollen Wir hinführo, wann ein solcher Banqueroutirer sich unter einem Reichs-Stand befindet, selbigen den Reichs-Constitutionen gemäß, der Auslieferung halber requiriren. Da aber die Retirade unter eine fremde Potentz genommen, daselbst durch alle hinreichende Mittel es dahin richten lassen, damit der Entlaufene wieder herbey geschaffet, und als ein durch Unsere Landes-Constitution vor infam erklärter Delinquent, der Leib- und Lebens-Strafe verdienet, nicht geduldet werde.

§. 164. Und damit zwölftens diese Unsere gerechte Intention desto besser zum Effect gebracht, und dadurch der bisherige Betrug desto eher vermieden werde; So werden Wir in dergleichen Fällen an Unsere auswärtige Ministros und Bediente die Ordre ergehen lassen, dergleichen flüchtige Creditores überall aufsuchen zu lassen, und zu arretiren.

§. 165. Und wiewohl dreyzehentens Wir diese Unsere Constitution nur von denjenigen Schuldnern so betrüglich gehandelt verstanden wissen, denen aber so durch erweißliche Unglücks-Fälle um ihr Vermögen in Abgang der Nahrung gekommen, und dannenhero mehr Mitleiden als Strafe verdienen, die in denen gemeinen, auch Landes-Rechten, Gesetzen, verordneten Rechts-Wohlthaten, keines weges abschneiden, vielmehr ihnen solche, wann sie sich gebührend dazu qualificiren, angedeyhen lassen wollen; So verordnen Wir doch hiermit, daß, wenn ein solcher wider sein Verschulden in Unvermögen gerathener Schuldner sich nicht dieser erlaubten Rechts-Mittel in Zeiten bedienet, sondern auf flüchtigen Fuß setzet, und auf das vorhergehende Proclama ungehorsamlich ausbleibet, derselbe aller solcher beneficiorum juris ohne fernerer rechtlichen Erkäntniß sogleich verlustig seyn, und damit nicht weiter gehöret, zugleich vor infam und aller Ehren-Aemter, auch ehrlicher Gesellschaften, Innungen, Gülden und dergleichen, wozu ein ehrlicher Mann gelangen kann, unfähig, und ipso facto davor erkläret seyn solle.

§. 166. Wann auch vierzehentens ein Schuldener, welcher zu Abtrag seiner Schulden sich nicht vermögend befindet, seine Zuflucht zu obgedachten Rechts-Wohlthaten nimmet, dabey aber in der Specification seiner Güther und Effecten, sie seyn in oder ausser Unsern Landen, durch Verschweigung oder sonst betrüglich handelt; So soll derselbe auch alles dessen, so ihm sonst in seinen Schuld-Wesen zu statten kommen könte, gleichergestalt verlustig seyn, und deshalb als ein Falsarius bestrafet, auch im Fall von denen verschwiegenen oder geborgenen Güthern nach Abzug der Schulden und erforderten Kosten etwas übrig bleibt, solches Unserm Fisco verfallen seyn, und dahin gezogen werden.

§. 167. Im Fall auch funfzehntens sich bey einem Kauf- oder Handelsmann, der nicht bezahlen kan, findet, daß er sein Vermögen ungebührlich verthan, das Seinige oder das Ausgeborgete liederlich hazardiret, oder in Jahres Frist von dem Verfall keine Balance gezogen, oder zwar selbige gezogen, aber die befundene Insufficientz seines Vermögens nicht sogleich nach deren Befinden in Zeit von zwey Monathen bey den Gerichten, oder seinen Creditoribus angezeiget, und nach seinen Vermögen Zahlungs-Vorschläge gethan; So soll ebenermassen dasjenige nicht statt haben, was verunglückten Debitoren zum besten im Rechten versehen.

§. 168. Weil auch sechszehentens der Kaufleute Frauens öfters ihre Männer zum unnöthigen Depensiren instigiren, oder vor sich übermäßigen Pracht treiben, oder sonst ein mehrers, als die Interessen von ihren Illatis betragen, oder hauswirthlich entbehret werden könte, verthun, sodann mit ihren weiblichen Beneficiis sich behelfen, und, ob sie schon in der Handlung mit assistiret, Creditoribus vorzugehen suchen, Wir auch hierin remediret wissen wollen; So ist Unser ernster Wille, daß hinkünftig die Judicia und Gerichte jedes Orts, da das Falliment geschiehet, auf diese Umstände, und ob dergleichen


133 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 168.-175.)

sich finden, genaue Obsicht haben, und nach Befinden, wann durch ihr Verschulden der Mann aussern Stande kommet seine Gläubiger ehrlich zu befriedigen, und sie also die in denen Rechten verstattete Wohlthaten nicht verdienen, gedachten Frauen in solchen Fällen nicht nachsehen, sondern wann Creditores dergleichen mit Grunde auf sie bringen können, sie mit ihrem sonst zustehenden Vorrechte zurück setzen soll; Wie auch die Juristen-Collegia in Unsern Landen, hierauf jedesmahl zu erkennen haben.

§. 169. (Der an dieser Stelle zu erwartende Paragraph fehlt.)

Sectio IV.

Wie es mit Ertheilung des Moratorii zu halten.

§. 170. Es trägt sich öfters zu, daß wann ein Creditor den Schuldner ausklaget, alle andere Gläubiger, von was Art deren Forderung auch sey, aufzuwachen, und in ihren gemeinen Schuldner zu dringen pflegen, so daß derselbe wann er auch sonst, ausser baaren Geldes, Vermögen genug hätte, übern Haufen geworfen wird, und zu Grunde gehen muß, dahingegen, wann ihm einige Zeit gelassen würde seine Capitalien beyzutreiben, oder die Güther zu verkaufen, sein Vermögen zureichend seyn dürfte alle Creditores zu befriedigen.

§. 171. Gleichwie Wir nun eines theils dergleichen Leuthe welche ein genugsames Vermögen haben, und solches in continenti klar dociren können, durch dergleichen Aufschub von ein, zwey, bis drey Jahren gerne geholfen wissen wollen; also muß auch andern theils vor derer Creditoren, welche ihre Geld bona fide hingegeben, völlige Sicherheit gesorget werden.

§. 172. Wir setzen aber hierbey voraus daß der Schuldner, welcher ein Moratorium suchet, sich nicht auf flüchtigen Fuß begeben, und abwesend den Indult suchen müsse: Allermassen einen flüchtigen Debitori niemahls ein Moratorium verstattet werden soll, sondern es muß sofort der Concurs eröfnet, und wie oben vorgeschrieben verfahren werden.

§. 173. Wann also ein Schuldener ein Moratorium suchet, muß er 1.) sich bey seinen ordentlichen Gerichten melden, und um einen Indult anhalten:

Dahero sich niemand unterstehen soll ein Moratorium bey Unserm Etats-Ministerio, oder gar bey Uns immediate zu suchen, weil der Schuldener leicht begreifen kan, daß Wir absque causæ cognitione keinen Indult verstatten können noch wollen. Daher der Advocat welcher dergleichen Memorial unterschreibet mit 10 Rthlr. Strafe belegt werden, der Debitor aber bloß angewiesen werden soll, sich in foro ordinario zu dem Moratorio zu qualificiren.

§. 174. Er muß 2.) seinen Gesuch einen accuraten Statum bonorum beyfügen, und sich zu dessen eydlichen bestätigung, auch wann er ein Handelsmann ist, zur Production seiner Bücher offeriren, anbey

§. 175. 3.) Bitten daß seine Creditores, um sich hierüber zu erklären, citiret werden mögen.

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134 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 176.-183.)

§. 176. Der Richter muß 4.) die in loco gegenwärtige, und sonst sich meldende Creditores vorfordern, und mit ihnen, wie es mit des Schuldeners Vermögen bis zu derer Creditoren Erklärung zu halten, und ob solches zu versiegeln, oder ein Interims-Curator zu bestellen, oder dem Schuldener blos ein Aufseher zuzugeben sey, überlegen, und das Benöthigte verordnen. Zu gleicher Zeit aber

§. 177. 5.) Die sämtliche Creditores edictaliter (und die bekandte ad domum) citiren, und dazu einen Terminum von zwey Monath (wann es aber Kaufleuthe seyn, von 3 Monath) ansetzen, mit dem Beyfügen:

Daß sie sich in dem angesetzen Termino ratione des gesuchten Indults declariren, eventualiter aber ihre Forderungen liquidiren, oder gewärtigen müssen, daß auf beschehenes Aussenbleiben mit denen erscheinenden Creditoren allein, wegen des gesuchten Moratorii gehandelt, und ohne auf die Abwesende zu reflectiren, der Ordnung gemäß Veranlassung geschehe, eventualiter aber mit der Liquidation verfahren werde.

§. 178. Unterdessen müssen 6.) die Actiones welche schon angestrenget, oder währenden Termino angestrenget worden, nicht sistiret, sondern die Sache instruiret, die Urthel publiciret, die Personal-Execution, z. E. in Wechsel-Sachen, realisiret, die Execution in das Vermögen aber bis zum Termino ausgesetzet werden.

§. 179. In dem anberaumten Termino müssen 7.) alle Documenta, Nachrichten, Obligationes und Handlungs-Bücher denen Creditoren vorgelegt, und sie mit ihrer Nothdurft, ob das Vermögen notorie zureichend sey, und das Indult nach denen Rechten verstattet werden könne, gehöret werden. Allermassen Wir nicht zugeben wollen, daß alte verlegene Obligationes, welche in langen Jahren keine Zinsen getragen, oder weit aussehende Processe, oder eigenmächtige Taxæ liegender Gründe, vor sufficient angenommen werden sollen.

§. 180. Wann 8.) der Richter nach Eyd und Pflicht davor halten solte, daß der Schuldner solvendo sey; So muß er ihn binnen 8 Tagen præclusivischer Frist zur fidejussorischen Caution (massen die Juratoria nicht gelten soll) anhalten, daß er nichts von seinen Vermögen verbringen, auch durante moratorio, die Zinsen, bey Verlust des Moratorii richtig abtragen wolle.

§. 181. Wann 9.) sothane Caution sowohl ratione des Capitals als der Zinsen binnen 14 Tagen bestellet, und dieselbe von dem Richter vor zureichend erkandt wird, so braucht es keines Consensus Creditorum, sondern es soll, wann er davon Bericht an Uns erstattet, das Moratorium dem Befinden nach auf ein, zwey bis drey Jahr, weiter aber nicht expediret werden.

§. 182. Im Fall aber 10.) die sufficientia bonorum nicht klar und offenbahr dociret wird, und der Richter per Decretum oder Sententiam solches gleichfalls fest setzet, so soll sofort der Concurs eröfnet, und befundenen Umständen nach mit Arretirung der Person und Versiegelung des Vermögens (wann es noch nicht geschehen) verfahren, und mit dem Debitore als einem Banqueroutirer gehandelt werden.

§. 183. Es soll auch 11.) keine Protestation, Appellation, querela nullitatis, gegen dergleichen richterliche Verordnung gelten, noch die Liquidation dadurch aufgehalten werden.

Und wann wir auch 12.) durch ein Rescript oder Cabinets-Ordre Bericht erfordern, oder gar ohne die vorhergehende Requisita ein Moratorium verstatten, soll


135 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 183.-184.)

solche Ordre vor sub- et obrepirt gehalten, und denen Rechten der strenge Lauf gelassen, jedoch sofort dargegen Vorstellung gethan werden.

Allermassen dem Publico mehr daran gelegen, daß ein übeler Bezahler, dessen Schuld mehrentheils mit zuconcurriren pflegt, übereilt werde, als daß die Creditores welche ihr Geld bona fide hingegeben, der Discretion des Schuldeners, und einem ungewissen Hazard einer gehoften Verbesserung des Vermögens überlassen werden, oder super sufficientia cautionis et bonorum einen köstlichen Process führen sollen.

§. 184. Es ist zwar 12.) in jure communi versehen, daß bey dem Concursu Creditorum minor pars demjenigen folgen müsse was major pars beschlossen. Wir haben auch in unsern vorigen Verordnungen festgesetzet, daß wann major pars Creditorum die Güther vor zureichend hält, die Caution vor sufficient erklärt, oder schlechterdings in das Indult willigt, die Dissentienten denen majoribus folgen müssen. Es bezeugt aber die Erfahrung, daß unendliche Verwirrungen daraus entstehen, allermassen (1.) der computus majoris partis bey denen acht Classen, insonderheit wann viele Classen concurriren, so intricat und confus ist, daß über die Frage, ob major pars vorhanden? mehrentheils viele Jahre processirt wird. Da unterdessen der Schuldner in dem ruhigen Besitz seines Vermögens gelassen, und ihm dadurch Gelegenheit gegeben wird, das Wenige, was noch übrig gewesen zu verzehren.

Eben diese Erfahrung zeigt auch (2.) daß viele Collusiones hiebey vorzugehen pflegen, indem die Verwandten, insonderheit unter den Judens-Genossen, gemeiniglich zuzutreten, und ihre Foderungen zu sacrificiren pflegen; zu geschweigen daß diesem oder jenem unter der Hand ratione futuri Sicherheit verschaffet wird.

Es wäre (3.) die gröste Unbilligkeit, wann die Creditores, welche jetzo, da der Debitor sufficientiam bonorum angibt, folglich wegen ihrer Foderung, gantz oder grossen Theils befriediget werden könten, ihr Capital ob consensum majoris partis creditorum einem üblen Bezahler in den Händen lassen, und solches auf einen ungewissen Hazard zu exponiren, gezwungen würden: Da diese dissentirende Creditores das Capital, wann sie es jetzo in die Hände bekämen, nicht allein sicher austhun, sondern vielleicht durch Handlung, oder durch einen avantageusen Kauf viel besser nützen könten.

Entweder consentiren (4.) diejenige Creditores welche denen dissentientibus jederzeit, auch nach Ablauf des Moratorii vorgehen; solchenfalls risquiren die consentirende Creditores nichts, hingegen risquiren die dissentirende alles, weil sie, wann der Debitor seine Güther (wie gemeiniglich geschicht) durante moratorio verringert, künftig leer ausgehen würden.

Oder es consentiren (5.) diejenige, welche den dissentientibus nachgehen, und weil sie jetzo leer ausgehen würden, durch das Moratorium Hofnung haben, daß der Debitor ad meliorem fortunam kommen werde; etc. so würde unbillig seyn wann diejenige, welche wegen ihrer Foderung entweder alle Sicherheit genommen, oder dieselbe lege erhalten, wegen einer ungewissen Hofnung derer jetzo leer ausgehenden Creditoren, ihr Capital einen Hazard exponiren müssen.

Bey diesen Umständen nun soll (6.) künftig major pars creditorum bey denen Moratoriis nicht weiter in Consideration kommen, sondern wann die sufficientia bonorum nicht notorie vorhanden, und die Conservation des Vermögens durch eine hinlängliche Caution nicht versichert wird, muß sofort der Concurs eröfnet werden; Es wäre dann daß alle Creditores per unanimia das Indult bewilligten.

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136 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 185.-188.)

§. 185. Wann aber auch dem Schuldner ob sufficientiam bonorum per sententiam judicis ein Indult ertheilet wird; so kann er sich dessen gegen diejenige nicht gebrauchen:

1.) Gegen welche er dem Moratorio ausdrücklich renunciiret hat.

2.) Wenn der Debitor Uns und Unserm Fisco mit Schulden verhaftet ist.

3.) Wann aufgelaufene unbezahlte gemeine Lasten.

4.) Begräbniß-Kosten.

5.) Aliment-Gelder.

6.) Gesinde-Lohn, oder

7.) Gebühren wegen geführten Amts, gefodert werden.

8.) In causis piis et miserabilium personarum, weil sie zu ihrem höchstnöthigen Unterhalt ihre Gelder benöthiget seyn. Item

9.) In causa expromissorum und Bürgen welche vor dergleichen causas et personas caviret, und bezahlen müssen.

10.) Wann jemand sein Dominium zurück fodert, oder

11.) Wann die Schuld von anvertrauten Guth, oder

12.) Restirendem Kauf-Geld, oder

13.) Von Pacht- und Heuer-Geld, vermietheten Häuser oder Güther herrühret.

14.) Wenn der Schuldner zu der Zeit Geld aufgenommen, oder Schuld gemacht, da er schon in Abfall seiner Nahrung und Vermögens gekommen, kan der Creditor, ohngeacht des Moratorii seine Schuld fodern.

§. §. 186. Wann derjenige der ein Moratorium erhalten mit denen Zinsen nicht richtig einhält, stehet einem jeden Creditor frey die Execution auf Capital und Zinsen zu suchen.

Sectio V.

Wie es mit Behandlung derer Creditoren zu halten.

§. 187. Wann die Schulden-Last so groß ist daß der Schuldner weder durch die Zeit noch andere Mittel zu retten, auch seine Güther und Vermögen augenscheinlich nicht zureichen, und daher die Sache entweder auf Behandlung, oder entlich gar auf die Cession und Uebergabe seines Vermögens hinaus zu laufen pfleget, so sollen diese Wohlthaten von muthwilligen Schuldnern nicht misbraucht, sondern es folgendergestalt damit gehalten werden.

§. 188. Wenn jemand durch kundbahre und erweißliche Unglücks-Fälle, die durch Unvorsichtigkeit nicht verursachet, als Handels-, Brand- oder ander dergleichen Schaden,


137 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 188.-193.)

in solchen Abfall seines Vermögens gerathen, daß er sich mit keinem Indulto helfen, noch die Creditores darnach völlig befriedigen könte, und mit ihnen einen Vergleich suchte, auch selbigen etwas gewisses zu geben offerirte, so sollen Creditores darüber gehöret, und eben so wie bey denen Moratoriis versehen, verfahren werden.

§. 189. Wann die Creditores in dem angesetzten Termino sich nicht behandeln lassen wollen, mithin die Güthe mit einen solchen Mitleidens-würdigen Schuldener nicht statt findet, so stehet ihm nichts weiter als das beneficium cessionis bonorum offen, worvon in der folgenden Section gehandelt werden soll. Und soll der Debitor so wenig durch das eine als das andere Beneficium an seinen Ehren einigen Abbruch leiden.

§. 190. Gleichwie aber diese Behandlung supponiret, daß der Schuldner durch Unglücks-Fälle in den Abgang seiner Nahrung gerathen sey, also folget von selbsten, daß wenn der Debitor die Unglücks-Fälle nicht in continenti klar und deutlich erweiset, sondern durch seine üble Haushaltung und Unvorsichtigkeit in den nothdürftigen Zustand gerathen, gegen denselben als einen offenbahren Banqueroutirer vorgeschriebener massen verfahren werden solle.

§. 191. Er ist aber ohne alle weitere Untersuchung vor einen offenbahren Banqueroutirer zu achten, wann er flüchtig worden, und abwesend sich zur Behandelung offeriret, und dadurch seinen Creditores, wann sie nicht alles verliehren wollen, zum Vergleich zu zwingen sucht; in welchem Fall der Concurs sofort eröfnet, und wie oben Sect. 3. vorgeschrieben, verfahren werden soll.

Es soll auch der Flüchtige sofort mit Steckbriefen verfolget, Fiscus excitiret und derselbe, wenn er in dem zur Liquidation angesetztem Termino nicht erscheinet, in effigie aufgehencket; und wenn er nachher ertappt wird, gegen ihm als einen Spitzbuben verfahren werden.

Und wenn auch die Creditores sich mit einem solchen betrüglichen Spitzbuben per unanimia (allermassen major pars so wenig in diesem Fall als bey dem Moratorio gelten soll) sich vergleichen wollten, so soll solches dem Fisco nicht præjudiciren, weil dem Publico daran gelegen, daß dergleichen Betrüger nicht andern ein Exempel geben durch die Flucht ihre Creditores zum Vergleich zu zwingen.

Sectio VI.

Von dem Beneficio cessionis bonorum.

§. 192. Es pflegen diejenige welche in Schulden gerathen, wann sie sich nicht weiter zu helfen wissen, ad cessionem bonorum zu provociren: Weil aber dieses flebile beneficium vielfältig gemißbraucht zu werden pfleget, so soll es folgendergestalt damit gehalten werden.

§. 193. Wann ein Schuldner, sonderlich ein Handelsmann, ehe er von seinen Creditoren gedränget wird, bey Nachsehung seines Vermögens, oder gezogener Balance (welche er alle Jahre ziehen muß) dasselbe nicht zureichend befunden; So muß er binnen 6 Wochen nach gezogenem Calculo (welche Zeit er allenfalls eydlich bestärcken muß) solches in seinem foro ordinario anzeigen, ein Inventarium seines gantzen Vermögens, insonderheit der Activ- und Passiv-Schulden übergeben, sich zu dessen eydlichen Bestärckung erbiethen, alle und jede Unglücks-Fälle specificiren, und solche bescheinigen, sich zu

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138 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 193.-197.)

Edirung seiner Briefschaften und Handlungs-Bücher offeriren, und bitten, daß seine Creditores edictaliter citiret werden mögen:

Der Richter muß darauf wie oben Sect. IV. bey denen Moratoriis versehen, verfahren, die Creditores citiren um sich zu erklären, eventualiter aber zu liquidiren.

§. 194. Wann die Schuldnere in Termino in continenti klar und deutlich erweisen, daß sie durch Unglücks-Fälle, die auch selbst von denen Creditoren nicht geleugnet werden können, in den Verfall ihrer Nahrung, und gegenwärtiges Unvermögen gerathen, so soll dergleichen unglücklichen Schuldnern, welche mehr Mitleiden als Strafe verdienen, dieses beneficium auch als invitis Creditoribus per sententiam verstattet werden.

§. 195. Wann ein solcher durch Unglücks-Fälle in Abgang seiner Nahrung gerathene Debitor per sententiam zur Cession seines Vermögens admittiret wird; So soll dieses folgenden Personen keinesweges præjudiciren, nemlich:

1.) Denen Wechsel-Inhabern, welche ihr Recht durch Personal-Arrest verfolgen können.

2.) Denenjenigen, welche eine Obligation in Händen haben, worin der Cessioni bonorum renunciiret worden.

3.) Wenn jemand einen Erben oder Vormund belanget, welcher kein Inventarium verfertiget hat.

§. 196. Im Gegentheil sollen zu dem beneficio cessionis nicht admittiret werden:

1.) Wann die Creditores in dem Termino dem Schuldner aus seinen producirten Büchern oder sonst überführen, daß er nicht redlich gehandelt, sondern betrüglich mit ihnen umgegangen.

2.) Wann der Schuldner die angeführten Unglücks-Fälle, z. E. Wasser-Schaden, Schiffbruch, Raub, ausstehende Schulden, Bürgschaften etc. nicht in continenti, d. i. binnen 3 Tagen erweiset, und genugsam beybringet.

3.) Wann der Debitor durch seine Schuld in Unvermögen gerathen, weil er nemlich mehr als er bezahlen kan an Waaren und Geld aufgeborget, oder mehr als er erwerben können depensiret, oder seine Frau und Kinder über ihren Stand mit Kleidung und sonst unterhalten, oder Lust-Häuser und Gärten zu seinem Plaisir erbauet, oder gekaufet (et)c. und dadurch zurück gekommen.

4.) Wann der Schuldner flüchtig worden, und abwesend cessionem bonorum offeriret (in welchem Fall, wie oben Sect. 3. versehen) verfahren werden muß.

5.) Wann der Schuldner wissentlich etwas von seinem Vermögen bey Seite gebracht oder verhelet hat.

6.) Wann er in fraudem Creditorum seine Güther alieniret hat. Wann auch solche schon von denen Possessoribus recuperiret werden können, oder würcklich recuperiret worden.

7.) Wann er schon einmahl bonis cediret hat, und nachhero neue Schulden machet.

In welchem Fall ihm aber das Beneficium competentiæ wider die vorige, nicht aber die neue Creditores zustatten kommt.

8.) Wann der Debitor anfänglich die Schuld geleugnet, und, nachdem er deren überführet worden, ad cessionem provociret.

9.) Wann jemand wegen einer Uebelthat condemniret worden, und sich zur Cession offeriret.

10.) Wann der Schuldner einen Gläubiger in einen weitläuftigen Process verwickelt, nachher condemniret wird, und in ipsa executione bonis cediren will.

§. 197. Im Fall nun der Schuldner die Unglücks-Fälle erwiesen, und per sententiam zur Cession seines Vermögens admittiret worden, soll derselbe in Gegenwart derer Creditoren nach vorhergehenden Verwarnung vor den Meineyd, folgenden Eyd abzulegen schuldig seyn.


139 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 197.-200.)

Ich N. N. schwere zu GOtt dem Allmächtigen einen leiblichen Eyd, daß ich alle meine Haab und Güther, auch ausstehende Schulden, so ich zu fordern, in meinem Verzeichniß, so viel mir wissend, getreulich angegeben, und nichts verschwiegen habe von meinen Güthern und Vermögen: nichts, es habe Nahmen, wie es wolle, zum Nachtheil und Abbruch meiner Creditoren veräussert, noch selbst oder durch andere etwas an Baarschaften, Kostbarkeiten, Briefschaften (im Fall es ein Kaufmann, kan nach Gelegenheit seiner Handlung conjunctim oder alternative hinzu gethan werden, Handels-Bücher und Waaren) von Händen und bey andern untergebracht und verheelet, oder wegbringen und verheelen lassen. Ich will auch, wenn noch etwas auffinden oder mir beyfallen möchte, so wider Vermuthen vergessen, oder hienächst etwan erwerben und erlangen, oder ererben möchte, solches jedesmahl zu Befriedigung meiner Creditoren getreulich und ohne Gefärde anzeigen, und nicht unterschlagen, sondern nach Vermögen dieselbigen davon bezahlen. So wahr mir Gott helffe durch (et)c.

Sectio VII.

Von dem Beneficio competentiæ.

§. 198. Weil die Rechte denenjenigen, welche durch den Concurs oder Execution in den Stand gesetzt werden daß sie keine Lebens-Mittel übrig behalten, eine gewisse Competentz ausmachen; So soll es damit folgendergestalt gehalten werden.

§. 199. Wir supponiren vor allen Dingen, daß diejenige welche sich auf die Competentz berufen, durch bekante erwiesene Unglücks-Fälle in einen armseligen Zustand gerathen seyn; dahero diejenige, welche durch ein prächtiges Leben, durch Verschwendung, oder sonst durch ihre eigene Schuld in diesen Stand gerathen, zu gedachtem Beneficio nicht zugelassen werden sollen.

§. 200. Dieses Beneficium competentiæ kommt also in dem vorgeschriebenen Casu zu statten, (1.) denen Eltern ersten Grades, gegen ihre Kinder: (keinesweges aber denen Stief-Eltern) Worbey auch auf die Zahl derer noch unerzogenen oder unversorgten Kinder mit reflectiret werden muß.

(2.) Denen Kindern, welche aus einem rechtmäßigen Ehebette gezeuget seyn, gegen ihre rechte Eltern:

(3.) Dem Marito, wann er zur Restitution des Braut-Schatzes, oder Bezahlung andrer seiner Frauen schuldigen Gelder angehalten werden soll; und solches Schulden währendem Ehestand contrahiret worden.

Es kommt ihm also dieses Beneficium nicht zu statten, (a) wann ein dritter, welcher den Braut-Schatz vorgeschossen, quanitatem dotis zurückfordert. (b) Wann die Schuld soluto matrimonio mit der Frauen contrahiret wird. (c) Wann die Ehe culpa mariti dissolviret worden.

(4.) Der Ehefrauen, welche den Dotem versprochen aber nicht inferiret hat, oder welche stante matrimonio ihrem Ehemann etwas versprochen hat: Keinesweges aber einem Bräutigam und Braut, vielweniger einer Concubine etc.

(5.) Dem Vater des Ehemanns und der Ehefrau, so lang diese beyde leben.

(6.) Demjenigen welcher ex pacto donationis belanget wird, ausser dem aber nicht.

(7.) Einem Socio, welcher aus einem Societæt-Handel, oder aus einem andern stante Societate errichtetem Contract, von seinem Socio belangt wird.

(8.) Denen Soldaten welche würcklich in Kriegs-Diensten stehen, wann das Debitum occasione militiæ gemacht worden.

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140 Dritter Theil. Tit. IX. (§§. 200.-207.)

(9.) Denen Brüdern und Schwestern unter sich, sie mögen germani oder uterini seyn.

(10.) Bey denen Geistlichen, Edelleuten, und Doctoren soll dieses Beneficium blos ob qualitatem personæ nicht statt haben.

§. 201. Wann also gegen diese Personen ein Concurs eröfnet, oder eine Execution veranlasset wird, so müssen ihnen die höchstnöthige Lebens-Mittel gelassen werden, welches nicht allein in nothdürftigem Essen, Trincken und Wohnung, sondern auch in einem Kleid, einigem Weiß-Zeug und Bette bestehet: Und können auch diejenige welche in dignitate constituiret seyn, ein mehreres nicht prætendiren: Allermassen die Competentz bey diesen niemahlen über 1 bis 2 Rthlr. wöchentlich belaufen soll.

Worbey die Qualitæt der Güther, ob viele Onera Realia darauf haften, (welchen keineswegs præjudiciret werden muß) item der Zustand des Creditoris, wann er selber nicht Uberfluß (!) hat, mit in Consideration gezogen, und dem Debitori destoweniger assigniret werden muß.

§. 202. Wann ratione quanti die Partheyen sich in der Güther nicht vereinigen können, so soll die Regierung das Quantum ex æquo et bono determiniren, worbey es lediglich bleiben, und kein Remedium dargegen, als quoad effectum devolutivum, verstattet werden muß.

§. 203. Zu Hebung dieser Competentz soll ein gewisses Capital bey dem Concurs ausgesetzet, solches aber keinesweges denen Creditoribus so zur Perception gelangen, pro rata abgezogen, sondern ex Massa Concursus noch vor der Distribution genommen, und bey dem Rückfall zu Befriedigung derer folgenden Gläubiger ihrer Ordnung nach angewandt werden.

§. 204. Es müssen aber dergleichen Personen sich vermittelst Eydes reversiren, daß wann sie ad meliorem fortunam kommen werden (welches die Creditores erweisen müssen), sie die Competentz zurück geben, und die gantze Schuld nebst Interesse nachzahlen wollen.

§. 205. Es können aber zu dem Beneficio competentiæ nicht gelassen werden (1.) die einen vorsetzlichen und betrüglichen Banquerout gemacht haben.

(2.) Wann der Creditor selber nichts zu leben hätte, wenn dem Debitori die Competentz gelassen wird.

(3.) Wann der Debitor des Creditoris Eigenthum besitzet, und solches herauszugeben condemniret worden.

(4.) Wann der Schuldner dem Beneficio competentiæ renunciiret hat.

(5.) Wann er sich durch seiner Hände Arbeit, oder mit seiner Profession ernähren kan.

(6.) In allen übrigen Fällen, wo die Cessio bonorum nicht statt hat.

NB. Alle diese Exceptionen kön(n)en zwischen Eltern und Kindern nicht angeführt werden.

§. 206. Wann auch hierüber Streit entstehet, muß der Richter ex æquo et bono die Sache decidiren, worgegen kein Remedium, als quoad effectum devolutivum, statt haben soll.

§. 207. Wann dergleichen Debitor von einem andern beklagt wird, kan keine Execution in diese Competentz geschehen, weil diese ex beneficio Creditorum et legis dem Schuldner zugewandt wird.


141 Dritter Theil. Beylagen. Lit. A.

Beylagen der Concurs-Ordnung.

Lit. A.

ad §. 9. in fin. p. 103.

Formular, wie Creditores ad liquidandum edictaliter zu citiren, wann Concurs veranlasset.

Von GOttes Gnaden, Wir Friderich, König in Preussen (et)c. (et)c. Entbiethen allen und jeden Creditoren, so an N. N. Vermögen einigen An- und Zuspruch vermeinen zu haben, Unsern Gruß; Und fügen denenselben hierdurch zu wissen, was massen nach in obgedachten N. N. Vermögen entstandenem Concurs der von Uns bestätigte Curator N. N. vermittelst ad Acta gegebenen Supplicati eure gebührende Vorladung ad liquidandum allerunterthänigst gebeten.

Wann Wir nun solchem Suchen statt gegeben; Als citiren und laden Wir euch hiermit und in Kraft dieses Proclamatis (wovon eines hier) (das andere die übrigen) zu N. N. angeschlagen, peremtorie, daß ihr a dato innerhalb 9 (oder) 12 Wochen, wovon 3 (oder) 4 für den ersten, 3 (oder) 4 für den andern, 3 (oder) 4 für den dritten Termin zu rechnen, eure Forderungen wie ihr dieselbe mit untadelhaften Documentis, oder auf andere rechtliche Weise zu verificiren vermöget, ad Acta anzeiget, auch den    =    =    =    vor Unsern (et)c. N. N. N. N. welche Wir hiermit zu Commissarien der Liquidation bestätiget, auf dem Gericht allhier euch gestellet, die Documenta zur Justification eurer Forderung in Originali produciret, eurer Forderung halber mit dem Curatore auch Neben-Creditoren ad Protocollum verfahret, gütliche Handlung pfleget, und in deren Entstehung rechtliche Erkäntniß und Locum in abzufassenden Prioritæt-Urthel gewartet. Mit Ablauf des Termini aber sollen Acta für beschlossen geachtet, und diejenigen so ihre Forderung ad Acta nicht gemeldet, oder wenn gleich solches geschehen, sie doch benennten Tages sich nicht gestellet, und ihre Forderungen gebührend justificiret, nicht weiter gehöret, von dem Vermögen abgewiesen, und ihnen ein ewiges Stillschweigen auferleget werden. Wornach sich also dieselben zu achten. Gegeben Berlin den (et)c.

Nota. Daß wenn der Debitor noch am Leben, der Citation mit zu inseriren, daß Creditores mit dem Curatore, Debitore etc. ihrer Forderungen halber zu verfahren.

Wann in einem Judicio, nicht Nahmens Sr. Königl. Majestät die Sachen ausgefertiget werden, wird Citatio nach obigen Formular nomine Judicii eingerichtet.

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142 Dritter Theil. Beylagen. Lit. B. Lit. C.

Lit. B.

ad §. 13. p. 107.

Eyd eines Ausrufers bey den Auctionen.

Ich N. N. schwere zu GOtt dem Allmächtigen einen Eyd, daß, nachdem ich zum Ausrufer bey dem öffentlichen Verkauf beweglicher Güter bestellet und angenommen worden, ich bey solchem Amt mich nach denen ergangenen Verordnungen wie die jetzo sind oder künftig noch gemachet werden möchten, allemahl getreulich achten, was mir von dem gesetzten Auctions-Commissario, oder wem aus dem Gericht derselben Direction aufgetragen, geheissen wird, getreulich verrichten, wann ich ein Stück ausrufe, auf das Gebot, so darauf gethan wird, wohl Acht haben, und solches mit vernehmlicher Stimme, damit alle so zugegen, solches hören können, ausrufen, bey Ausbiethung eines Stücks, und ehe jemand öffentlich gebothen, vor mich keinen Preiß (!), als wenn schon von andern so viel gebothen, darauf setzen, wann ich mercke, daß die Biethenden nichts mehr nachsetzen, den höchsten Preis so gebothen worden, zum ersten, andern und dritten mahl jedesmahl absonderlich melden, und wann niemand ein mehrers biethet, alsdann demjenigen, welcher das höchste gebothen, die Sache zuschlagen, jedoch dabey solches Masse halten, daß die Biethende nicht übereilet, noch auch der Zuschlag zur Ungebühr verzögert werde, gegen die anwesende Licitanten gebührende Bescheidenheit, auch keine Gefährlichkeit, Durchstecherey, und was sonsten einem Menschen zum Nachtheil gereichen möchte, oder die Käufere abhalten könte, gebrauchen, auch weder für mich selbst biethen, noch mir etwas zuschlagen, weniger von anderen Commission zu kaufen übernehmen, oder jemand anders an meine Statt zu meinem Vortheil untersetzen, sondern mich jederzeit und in allen so verhalten will, wie es einem getreuen Auctions-Ausrufer eignet, anstehet und gebühret. So wahr mir GOtt helfe (et)c.

Nota. Der Orten, wo nach Holländischer Manier eine Sache von dem Ausrufer unter gewissem Preise, der ihm aufgegeben, zum Kauf eingesetzet, und so lang abgelassen, bis jemand mein ruft, sodann mit diesem Preise zur Höhung ausgerufen und getrieben wird, kan die Form des Eydes dem Erfordern nach geändert werden.

Lit. C.

ad §. 14. p. 108.

Formular einer Adjudication in Concursu Creditorum.

Auf vorgegangene gebührende Tax- und Subhastation des allhier in der N. N. Strasse belegenen, und N. N. zugehörigen Wohn-Hauses und Pertinentien wird nunmehro solches Haus N. N. als plus licitanti für die gebothene Summe der    =    =    =    Rthlr. wie solches mit allen seinen Zubehörungen und Gerechtigkeiten in der Taxe von    =    =    =    =    auf    =    =    =    Rthlr. gewürdiget, erb- und eigenthümlich zugeschlagen.


143 Dritter Theil. Beylagen. Lit. C. Lit. D.

Es wird ihm solches sofort von dem Curatore und Creditoren eingeräumet; Er erleget bey der Tradition das Kauf-Geld baar, und sind Creditores gehalten, pro rata accepti ihm die Gewehr zu leisten.

Nota. Daß nach obigen Formular die Adjudicationes in allen Judiciis einzurichten, nur daß wegen des Unterscheids des Judicii der Stylus observiret werde.

Wo es gebräuchlich, daß der Käufer etwas ad pias causas erleget, wird am Ende der Adjudication hinzu gethan; auch erleget der Käufer ad pias causas    =    =    Rthlr.

Wann auf gewisse Sorten Geldes, wegen des Kauf-Pretii mit geschlossen, muß solches auch in der Adjudication ausdrücklich mit bemercket werden.

Beym Verkauf und Adjudication eines Ritter- oder Lehn-Guths, wann solches widerkäuflich verkauft wird, müssen nicht nur die Jahre, wie lange der Kauf währen soll, in der Adjudication deutlich exprimiret werden; sondern auch wer die Confirmation oder Consens-Kosten tragen soll, auch, daß, wann der Käufer solche zu zahlen übernommen, selbige bey der Reluition ihm wieder zu erstatten.

Lit. D.

ad. §. 49. p. 114.

Edict von Præferentz der Königl. Cassen.

Wir Friderich Wilhelm, von GOttes Gnaden, König in Preussen (et)c. (et)c. Thun kund, und fügen hiemit zu wissen: Demnach Wir vernehmen, daß ungeachtet Unsern Steuer-Cassen bey ereignenden Concursibus Creditorum nicht nur nach den allgemeinen beschriebenen Rechten das Jus prælationis in bonis administrantium vor andern Gläubigern zustehet, sondern auch Unser in GOtt ruhender Groß-Herr-Vater, Churfürst Friderich Wilhelm, Glorwürdigen Andenckens, in dem Land-Tages-Abscheide, Unserer Chur-Marck Brandenburg de anno 1653. ausdrücklich verordnet, daß die Contributions-Reste allen denen Creditoren, auch denen so ein Jus Separationis zu haben vermeynen, vorgehen, und solches insonderheit in Executione und bey den Distributionibus, wann schon aus Unwissenheit solcher Verordnung an fremden Orten ein anders erkannt seyn möchte, in Acht genommen werden, Unsere Tribunalia auch in judicando et pronunciando sich darnach achten sollten, welche Constitution dieselbe nachgehends durch unterschiedene Verordnungen auf Holtz-, Müntz- und andere dergleichen, fürnemlich aber auch auf solche Gelder, welcher unser Fiscus von denenjenigen, so Uns ex administratione schuldig blebien, und mit Unsern Geldern malversiret haben, per pragmaticas sanctiones vom 8ten Januarii und 30ten Martii 1685. Unserm Hof- und Cammer-Gerichte allhier gnädigst anbefohlen, dem Fisco ratione solcher Schulden, gleich denen Holtz-, Schoß- und Contributions-Geldern primum locum in Concursibus Creditorum zu assigniren, auch keine Gegen-Prætensiones von Ehe-Geldern und dergleichen dawider zu admittiren, Unsers Höchst-seligsten Herrn Vaters Majestät auch, solch Vorzugs-Recht, durch ein besonderes Edict vom dato Charlottenburg den 24ten Julii 1707. welches nachgehends durch unterschiedliche Rescripta und Verordnungen wiederhohlet worden, mit der Erklärung bestätiget, daß in Unserm Hertzogthum Madgeburg die Haupt- und andere Steuer-Cassen, wegen der Reste, so die Receptores schuldig bleiben, vor allen Creditoren, so bey solchen Receptoren Anspruch haben, auch bey deren beweg- und unbeweglichen Güthern, so sie nicht in dem Hertzogthum Magdeburg, sondern in andern Unsern Landen besitzen, bey ereignenden Concursu Creditorum, ungeachtet dieselbe antiquiorem Hypothecam, Landes-herrlichen und Obrigkeitlichen

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144 Dritter Theil. Beylagen. Lit. D. Lit. E.

Consens, oder der Prioritæt halber andere Privilegia haben, den Vorzug behalten, und daraus vor allen andern befriediget werden sollen, solch Vorzugs-Recht Unsern Cassen dennoch streitig gemacht, und darüber weitläuftige Processe geführet worden: Wir aber dergleichen Disceptationes zu derselben Nachtheil nicht gestatten, sondern dieselbe bey solchem Jure Prælationis undisputirlich geschützet wissen wollen;

Als declariren, setzen und ordnen Wir hiemit und Kraft dieses, daß bey denen vorangeführten Verordnungen und Edicten Unserer in Gott ruhenden Herrn Vaters und Groß-Herrn Vaters, es in allen Puncten und Clausuln fernerhin unveränderlich verbleiben, und Unsere Haupt- und Steuer-Cassen, nach derselben Inhalt, nicht nur in Unserer Chur-Marck Brandenburg und Hertzogthum Magdeburg, wie bisher, sondern auch hinführo in allen Unsern übrigen Landen, bey entstehenden Concursibus Creditorum, in der Receptoren beweg- und unbeweglichen Güthern, sie mögen belegen seyn, wo sie wollen, vor allen Creditoren, es haben dieselben sonst Privilegia, wie sie mögen, keine ausgenommen, die Præferentz und Vorzug unstreitig behalten und geniessen sollen. Gestalt Wir dann allen und jeden Unsern Regierungen, Tribunalen und Commissariaten, auch Beamten und Magistraten in den Städten und auf dem Lande, in Unsern Chur- und allen übrigen Landen, hiermit allergnädigst und ernstlich anbefehlen, sich hiernach in judicando et sententionando allergehorsamst zu achten, dieses Unser Edict, damit es zu jedermanns Wissenschaft desto besser gelangen möge, öffentlich an gewöhnlichen Orten zu affigiren, und keinesweges zu gestatten, daß dawider auf einige Weise gehandelt werde, auch wann an fremden Orten aus Unwissenheit dieser Unser Verordnung ein anders erkannt werden möchte, solche Sententz nach derselben sofort ohne alle Weitläuftigkeit zu corrigiren und einzurichten.

Uhrkundlich (!) unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und aufgedruckten Insiegel. Gegeben Berlin den 4ten Novembr. 1713.

(L. S.) Friderich Wilhelm.

Lit. E.

ad §. 64. p. 117.

Edict von Schulden derer Officiers und Soldaten.

Wir Friderich von GOttes Gnaden, König in Preussen (et)c. (et)c. Thun kund und fügen hiermit zu wissen: daß ob Wir gleich nicht allein, in denen, Unserer Armee ertheilten Reglements, unter andern denen Officiers das Schuldenmachen, auf das schärfeste verbothen haben, sondern auch, mittelst eines besondern, unterm 7ten April. 1744. publicirten Edicts, Unsere hierunter hegende ernsthaftige Intention bekandt machen lassen; So müssen Wir dennoch zu Unserm besondern Mißfallen wahrnehmen, daß darauf so wenig gehalten werde, daß Wir sehr oft mit Klagen wider Unsere Officiers, wegen ihrer gemachten Schulden, behelliget werden. Weilen aber solches gar vielfältig zum Ruin der Officiers gereichet, und dieselben wohl gar Ehre und Reputation risquiren, mithin Wir hierunter ferner nachzusehen nicht gemeinet sind; So haben Wir nicht allein die bereits vorhin ergangene Reglements und Edicte, insbesondere aber, das, wie obgedacht, unterm 7ten April. 1744. emanirte, und welches Wir nochmahls hierbey sub A. andrucken lassen, damit sich niemand mit der Unwissenheit entschuldigen könne, hiermit wiederhohlen wollen; sondern Wir verordnen auch, und befehlen


145 Dritter Theil. Beylagen. Lit. E. Beylage A. Edicti præced.

hiermit nochmahls, so gnädigst als ernstlich, daß sich kein Officier unterstehen solle, die geringsten Schulden zu machen, noch auch jemand denenselben einiges Geld leihen solle, es sey dann nach vorheriger Untersuchung, des Chefs oder Commandeurs vom Regiment, und mit deren schriftlichen Consens, in welchen die Ursachen, wozu das Geld geliehen worden, mit beygefüget werden müssen. Auf dem Fall aber dem ohngeachtet ein oder der andere Officier sich unterstehen solte, wider diesen Unsern ausdrücklichen Befehl, einiges Geld zu borgen, oder Waaren auf Credit zu nehmen, so soll derselbe darüber zur Verantwortung gezogen und bestrafet werden, wie die deshalb an die Regimenter ergangene Circulair-Ordre vom heutigen Dato besaget. Diejenigen aber, so denen Officiers ohne Vorwissen des Chefs oder Commandeurs des Regiments Geld leihen, oder Waaren verborgen, sollen nicht nur dessen, oder der Waare, ad pias causas, verlustig seyn, sondern noch überdem, wenn sie des Vermögens sind, 50 Ducaten zur Invaliden-Casse bezahlen, sonst aber solches proportionirlich mit Gefängniß absitzen. Gleichwie Wir nun wollen, daß diesem überall gehörig nachgelebet werde; Also soll dieses Edict nicht allein bey Unserer Armée, sondern auch und damit es zu jedermanns Wissenschaft und Achtung kommen möge, in allen Unsern Landen, von denen Cantzeln öffentlich publiciret, und auf denen Rath-Häusern bey versammleter Bürgerschaft abgelesen, auch damit alle Viertel-Jahre continuiret werden. Wie Wir dann Unserm Offico (= Officio) Fisci aufgegeben haben, zu vigiliren, daß diesem, und insonderheit, daß die Vierteljährige Wiederholung der Publibation (= Publication) geschehen möge, gehörig nachgelebet werde. Wornach sich also jedermann, insbesondere die Chefs und Commandeurs derer Regimenter und Bataillons, Infanterie, Cavallerie, Dragoner, Hussaren und Garnisons, wie auch die Regierungen, Krieges- und Domainen-Cammern, Magisträte in denen Städten, und alle Obrigkeiten, genau zu achten haben. Des zu Urkund haben Wir dieses Edict höchsteigenhändig unterschrieben, und mit Unserm Königl. Insiegel bedrucken lassen. So geschehen und gegeben Berlin, den 4ten Julii 1746.

(L. S.) Friderich.

Beylage A. Edicti præced.

Wir Friderich von GOttes Gnaden, König in Preussen (et)c. (et)c. Thun kund und fügen hiemit zu wissen; daß nachdem wir mißfällig wahrgenommen, was gestalt das von Unsers in GOtt ruhenden Herrn Vaters Majestät, unterm 6ten April. 1726. zu Verhütung der Schulden bey den Capitains und Subalternen Officiers, auch Unter-Officiers und gemeinen Soldaten emanirte Patent, ingleichen die den 31ten Decembr. 1729. darauf erfolgete Declaration nicht überall gehöirg beobachtet werden, sondern an theils Orten in Vergessenheit gekommen, Wir nöthig gefunden, solches Patente zu erneuern, auch noch mehr zu erläutern. Wir setzen, ordnen und befehlen demnach hiermit anderweit auf das ernstliche und nachdrücklichste,

1.) Daß kein Capitain, vielweniger ein Subaltern Officier sich unterstehen soll, ohne Vorwissen des Commandeurs vom Regiment von jemand Geld zu lehnen, auch unter keinerley Prætext Waaren auf Credit auszunehmen und zu borgen.

2.) Wann aber etwa ein Capitain zum Besten der Compagnie Geld aufnehmen müste, so soll er sich deshalb bey dem Commandeur des Regiments melden, und wann dieser findet, daß der Capitain nothwendig Geld auflehnen muß, so soll der Commandeur zur Sicherheit desjenigen, welcher das Geld leihen will, über die von dem Capitain auszustellende Verschreibung, worin die Summa des Anlehns, auch zu was vor Behuf eigentlich das Geld zum Besten der Compagnie aufgenommen worden, und zu welcher Zeit die Wieder-Bezahlung erfolgen soll, deutlich ausgedrucket

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146 Dritter Theil. Beylagen. Beylage A. Edicti præced.

seyn muß, seine schriftliche Einwilligung und Consens ertheilen, auch unter des Capitains Verschreibung, oder in dem Consens attestiren, daß das gelehnte Geld zu dem erwehnten Behuf aufgenommen und angewendet worden, welches sodann völlige Kraft eines Beweises wegen der Anwendung haben, und deshalb kein anderweiter Beweiß gefordert werden soll, wobey der Commandeur des Regiments sich auch noch von dem Capitain die Versichung geben zu lassen hat, auf welche Art der letztere das Geld zur gesetzten Zeit wieder bezahlen wolle.

3.) Wann aber ein Capitain unbewegliche Güther, als Häuser oder andere Grund-Stücken besitzet, und darauf Geld lehnen, mithin solche Grund-Stücken zur Hypothec verschreiben will, so ist dazu der Consens des Commandeurs vom Regiment nicht nöthig, sondern ein solcher Gläubiger muß sich an die ihm verschriebene Hypothec halten, und soll an des Capitains übriges Vermögen, oder Tractament und Compagnie-Gelder zum Præjuditz des oder dererjenigen, welche mit des Commandeurs Consens zum Besten der Compagnie ohne Hypothec ein Anlehn hergegeben, eher keinen Anspruch haben, bis diese von dem Commandeur des Regiments consentirte Schulden bezahlet worden.

4.) Wann nun jemand nach dem 2ten erneuerten Patents einem Capitain mit Consens des Commandeurs vom Regiment ohne Hypothec Geld leihet, und nach Ablauf der gesetzten Zeit die Wieder-Bezahlung nicht erfolget, noch der Capitain dazu Anstalt machet, so soll alsdann der Commandeur des Regiments dem Capitain das Geld monathlich von der Assignation abziehen, damit der Gläubiger zu seiner Befriedigung gelange.

5.) Im Fall aber der Commandeur eines Regiments in Schulden, so nicht zum Besten der Compagnie gemachet, noch dazu angewendet werden, consentirte, und dazu seine Einwilligung ertheilte, dergestalt, daß der Capitain mit Schulden überladen würde, so soll der Commandeur sodann allenfalls, wann der Capitain nicht bezahlen könte, selbst dafür haften.

6.) Kein Subaltern-Officier muß über acht Rthlr. Schulden machen, wie dann auch der Commandeur vor keinen Subaltern-Officier, der ein Anlehn aufnehmen will, darüber seine Einwilligung ertheilen soll, ausser in dem Fall, wann ein neu angenommener Officier zu Bezahlung der Mundirung Geld gebrauchet, welches diesem hernach entweder abgezogen, oder von seinen Mitteln, so er von Hause bekommt, bezahlet werden muß.

7.) Wofern indessen diesem Unsern ernstlichen Verboth zuwider, ein oder ander Capitain, der keine Grund-Stücken zur Hypothec zu verschreiben hat, oder ein Subaltern-Officier dennoch unternehmen würde, ohne Vorwissen und Consens des Commandeur Schulden zu machen, so sollen dergleichen Capitains sowohl, als Subaltern-Officiers, sie mögen bezahlen können oder nicht, in Arrest gesetzet, und an Unsere höchste Person von dem Commandeur solches berichtet werden, da Wir sodenn den Capitain, weil er wider Unsere Ordre gehandelt hat, dafür bestrafen wollen, und soll ihm überdas von dem Commandeur das Geld abgezogen werden; Die Subalternen-Officiers hingegen sollen so lange auf der Haupt-Wache in Arrest sitzen, und dabey doch ihre Dienste thun, bis sie das betragende Geld wegen ihrer Schulden erleget haben; Jedoch sollen die Creditores, ob gleich dem Capitaine oder Subaltern-Officier die Gelder wegen der ohne Consens gemachten Schulden abgezogen, oder solche sonst von ihnen bezahlet worden, diese Gelder nicht bekommen, sondern selbige sollen zum Besten der Armen und zu milden Sachen angewendet, auch die Gläubiger, weil sie wieder dieses Unser erneuertes ernstliches


147 Dritter Theil. Beylagen. Beylage A. Edicti præced.

Verboth gehandelt haben, überdas noch bestrafet werden, immassen Wir keinem, er mag seyn wer er will, darunter nachgesehen, sondern das Leihen und Borgen an Capitains oder Subalterne-Officiers ohne des Commandeurs schriftlichen Consens und Einwilligung, ausser in dem §. 3. dieses erneuerten Patents ausgedruckten Fall, wann jemand einem Capitaine auf Hypothec leihen will, gäntzlich abgestellet wissen wollen.

8.) Die Unter-Officiers und gemeinen Soldaten sollen nicht eines Groschens werth von jemand borgen, widrigenfalls die Unter-Offriciers auf Schild-Wache gesetzet, und die Gemeinen durch die Spitz-Ruthen laufen sollen; Auch soll derjenige, welcher creditiret hat, nicht allein nichts bezahlet bekommen, sondern auch überdas noch bestrafet werden.

9.) Woferne aber jemand sich unterstehen würde, einem Kaufmann, Brauer, Becker, Wirth oder andern Bürgern wegen verweigerten Credits übel zu begegnen, oder unter versprochener baaren Bezahlung an Waaren, Victualien, Bier (et)c. etwas an sich gebracht hätte, so soll der Commandeur des Regiments, wann solches innerhalb 24. Stunden angezeiget wird, dem Klagenden schleunige Justitz angedeyhen lassen, auch nach Befinden der Umstände die dabey gegen den oder diejenigen, welche nicht borgen wollen, etwa vorgenommene Gewaltthätigkeit oder übeles Betragen ernstlich und nachdrücklich bestrafen.

Damit nun niemand in den Städten oder auf dem Lande sich mit der Unwissenheit entschuldigen könne, so soll dieses Unser erneuertes Patent und ernstliche Ordre von den Cantzeln abgelesen, auch überdas in den Städten der versammleten Bürgerschaft auf den Rath-Häusern durch Verlesung publiciret, ingleichen durch Trommelschlag bekandt gemachet, solches auch alle Viertel-Jahr zu mehrer Warnung vor einen jeden wiederholet, nicht minder an öffentlichen Orten angeschlagen und ausgehangen werden.

Auch soll derjenige Chef, der solches quartaliter nicht austrommeln lässet, oder Magistratus, welcher nicht dafür sorget, daß es quartaliter Vor- oder Nachmittags, oder Wechsels-weise abgelesen werde, in funfzig Rthlr. unnachläßiger Strafe verfallen seyn.

Urkundlich unter Unserer höchst-eigenhändigen Unterschrift und beygedrucktem Königl. Insiegel. So geschehen und gegeben zu Berlin den 7ten April. 1744.

(L. S.) Friderich.

F. v. Görne.     A. D. v. Viereck.     F. W. v. Happe.     A. F. v. Boden.     S. v. Marschall.