Privileg für das Herzogtum Oesterreich (Privilegium minus). – 1156, Sept. 17.
In nomine
sancte et individue Trinitatis. Fridericus divina favente clemencia Romanorum
imperator augustus. (1). Quamquam rerum commutatio ex ipsa corporali
institutione possit firma consistere vel ea, que legaliter geruntur, nulla
valeant refragatione convelli, ne qua tamen possit esse geste rei dubietas,
nostra debet intervenire imperialis auctoritas. (2). Noverit igitur omnium
Christi imperiique nostri fidelium presens etas et successura posteritas,
qualiter nos eius cooperante gratia, a quo celitus in terram pax missa est
hominibus, in curia generali Ratispone in nativitate sancte Marie celebrata, in
presencia multorum religiosorum et catholicorum principum, litem et controversiam,
que inter dilectissimum patruum nostrum Hainricum ducem Austrie et karissimum
nepotem nostrum Hainricum ducem Saxonie diu agitata fuit de ducatu Bawarie, hoc
modo terminavimus, quod dux Austrie resignavit nobis ducatum Bawarie, quem
statim in beneficium concessimus duci Saxonie. (3). Dux autem Bawarie
resignavit nobis marchiam Austrie cum omni iure suo et cum omnibus beneficiis,
que quondam marchio Leupoldus habebat a ducatu Bawarie. (4). Ne autem in hoc
facto aliquatenus minui videretur honor et gloria dilectissimi patrui nostri,
de consilio et iudicio principum, Wadizlao illustri duce Boemie sentenciam
promulgante et omnibus principibus approbantibus, marchiam Austrie in ducatum
commutavimus et eundem ducatum cum omni iure prefato patruo nostro Hainrico et
prenobilissime uxori sue Theodore in beneficium concessimus, perpetuali lege
sanctientes, ut ipsi et liberi eorum post eos, indifferenter filii sive filie,
iam dictum Austrie ducatum hereditario iure a regno teneant et possideant. (5).
Si autem predictus dux Austrie patruus noster et uxor eius absque liberis
decesserint, libertatem habeant eundem ducatum affectandi cuicumque voluerint.
(6). Statuimus quoque, ut nulla magna vel parva persona in eiusdem ducatus
regimine sine ducis consensu vel permissione aliquam iusticiam presumat
exercere. (7). Dux vero Austrie de ducatu suo aliud servicium non debeat
imperio, nisi quod ad curias, quas imperator in Bawaria prefixerit, evocatus
veniat; nullam quoque expedicionem debeat, nisi quam forte imperator in regna
vel provincias Austrie vicinas ordinaverit. (8). Ceterum ut hec nostra
imperialis constitucio omni evo rata et inconvulsa permaneat, presentem inde
paginam conscribi et sigilli nostri impressione insigniri iussimus, adhibitis
idoneis testibus, quorum nomina sund hec: Pilgrimus patriarcha Aquilegiensis,
Eberhardus Salzeburgensis archiepiscopus, Otto Frisigensis episcopus, Chunradus
Pataviensis episcopus, Eberhardus Babenbergensis episcopus, Hartmanus
Brixenensis episcopus, Haertwicus Ratisponensis episcopus, Tridentinus
episcopus, domnus Welfo, dux Chunradus frater imperatoris, Fridericus filius
regis Chunradi, Hainricus dux Karinthie, marchio Engelbertus de Istria, marchio
Albertus de Staden, marchio Diepoldus, Hermannus comes palatinus de Reno, Otto
comes palatinus et frater eius Fridericus, Gebehardus comes de Sulzbach,
Rudolfus comes de Swinshud, Engelbertus comes Hallensis, Gebahardus comes de
Burchusen, comes de Buthena, comes de Pilstein et alii quam plures.
(M) Signum
domini Friderici Romanorum imperatoris invictissimi.
Ego
Reinaldus cancellarius vice Arnoldi Maguntini archiepiscopi et archicancellarii
recognovi.
Dat.
Ratespone XV. Kal. Octobr., indictione IIII; anno dominice incarnationis MCLVI,
regnante domno Friderico Romanorum imperatore augusto; in Christo feliciter
amen; anno regni eius quinto, imperii secundo.
Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreieinigkeit. Friedrich von Gottes Gnaden Kaiser der Römer, Augustus. (1) Obwohl ein Gütertausch kraft der körperlichen Einsetzung selbst festen Bestand haben und das, was auf gesetzmäßige Weise ausgeführt wird, durch kein Widerstreben untergraben werden kann, soll doch unsere kaiserliche Autorität eingreifen, damit kein Zweifel an dem, was sich ereignet hat, bestehen kann. (2) Daher möge die gegenwärtige Generation und die künftige Nachwelt aller Getreuen Christi und unseres Reiches wissen, dass wir unter Mitwirkung der Gnade dessen, von dem der Friede vom Himmel auf die Erde gesandt wurde, als wir auf dem allgemeinen Hoftag zu Regensburg das Fest der Geburt der heiligen Maria feierlich begingen, in Gegenwart vieler gottesfürchtiger und rechtgläubiger Fürsten den Rechtsstreit um das Herzogtum Bayern, der zwischen unserem liebsten Oheim, dem Herzog Heinrich von Österreich, und unserem teuersten Vetter, dem Herzog Heinrich von Sachsen, lange Zeit hindurch hin und her wogte, in der Weise beendet haben, dass der Herzog von Österreich uns das Herzogtum Bayern aufgelassen hat, das wir sofort dem Herzog von Sachsen zu Lehen gegeben haben, und der Herzog von Bayern aber uns die Mark Österreich aufgelassen hat mit allem ihrem Recht und mit allen Lehen, die einst Markgraf Leopold vom Herzogtum Bayern innehatte. (3) Damit aber dadurch die Ehre und der Ruhm unseres geliebtesten Oheims in keiner Weise gemindert erscheinen, haben wir nach dem Rat und dem Spruch der Fürsten, wobei der erlauchte Herzog Vladislav von Böhmen das Urteil verkündete, und mit Billigung aller Fürsten die Mark Österreich in ein Herzogtum umgewandelt und dieses Herzogtum mit allem Recht unserem genannten Oheim Heinrich und seiner allerdurchlauchtigsten Gattin Theodora zu Lehen gegeben, indem wir durch immerdar gültiges Gesetz verordneten, dass sie und nach ihnen ihre Kinder, Söhne oder Töchter ohne Unterschied, das Herzogtum Österreich zu erblichen Recht vom Reich innehaben und besitzen mögen. (4) Wenn aber der genannte Herzog von Österreich, unser Oheim, und seine Gattin kinderlos sterben sollten, dann sollen sie die Freiheit haben, das Herzogtum zuzuwenden, wem immer sie wollen. (5) Wir setzen auch fest, dass sich niemand, er sei hohen oder niederen Standes, im Amtsbereich des Herzogtums ohne Zustimmung oder Erlaubnis des Herzogs die Ausübung irgendwelcher Gerichtsbarkeit anmaßen dürfe. (6) Der Herzog von Österreich aber soll dem Reich von seinem Herzogtum keinen anderen Dienst schulden als den Besuch der Hoftage, die der Kaiser in Bayern ansetzt, wenn er geladen ist. Er soll auch keine Heeresfolge schuldig sein außer diejenige, die der Kaiser etwa gegen die Österreich benachbarten Königreiche und Länder anordnet. (8) Im übrigen haben wir, damit diese unsere kaiserliche Verordnung zu allen Zeiten gültig und unverbrüchlich bestehen bleibe, befohlen, darüber die vorliegende Urkunde zu verfassen, und sie mit dem Aufdruck unseres Siegels zu bezeichnen, unter Beiziehung geeigneter Zeugen, deren Namen die folgenden sind: Pilgrim, Patriarch von Aquileja, Eberhard, Erzbischof von Salzburg, Otto, Bischof von Freising, Konrad, Bischof von Passau, die Bischöfe Eberhard von Bamberg, Hartmann von Brixen, Hartwig von Regensburg und der von Trient, Herr Herzog Welf, Konrad, der Bruder des Kaisers, Friedrich, der Sohn König Konrads, Heinrich, Herzog von Kärnten, Markgraf Engelbert von Istrien, Markgraf Albert von Stade, Markgraf Diepold, Hermann, Pfalzgraf bei Rhein, Pfalzgraf Otto und sein Bruder Friedrich, Gebhard, Graf von Sulzbach, Rudolf, Graf von Schweinshut, Engelbert, Graf von Hall, Gebhard, Graf von Burghausen, der Graf von Pitten, der Graf von Peilstein und viele andere.
Das Zeichen des Herrn Friedrich, des unbesiegtesten Kaisers der Römer. (Kaiserliches Monogramm)
Ich, der Kanzler Rainald, habe in Vertretung des Erzbischofs Arnold von Mainz, des Erzkanzlers, rekognosziert.
Gegeben zu Regensburg am 18. September, in der 4. Indiktion, im Jahre der Menschwerdung 1156, unter der Regierung des Herrn Friedrich, des Kaisers der Römer, Augustus; in Christus
glückbringend, amen; im 5. Jahre seines Königtums, im 2. seines Kaisertums.
Appelt, H., Privilegium minus, 2. A. 1976, 96