Bürgerliches Gesetzbuch.
Vom 18. August 1896.
Wir Wilhelm, von Gottes
Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen u.
verordnen im Namen des
Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was
folgt:
Erstes Buch.
Allgemeiner Theil.
Erster Abschnitt.
Personen.
Erster Titel.
Natürliche Personen.
§ 1. Die Rechtsfähigkeit
des Menschen beginnt mit der Vollendung der Geburt.
§ 2. Die Volljährigkeit
tritt mit der Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs ein.
§ 3. Ein Minderjähriger, der
das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, kann durch Beschluß des
Vormundschaftsgerichts für volljährig erklärt werden.
Durch die
Volljährigkeitserklärung erlangt der Minderjährige die rechtliche Stellung
eines Volljährigen.
§ 4. Die
Volljährigkeitserklärung ist nur zulässig, wenn der Minderjährige seine
Einwilligung ertheilt.
Steht der Minderjährige
unter elterlicher Gewalt, so ist auch die Einwilligung des Gewalthabers
erforderlich, es sei denn, dass diesem weder die Sorge für die Person noch die
Sorge für das Vermögen des Kindes zusteht. Für eine minderjährige Witwe ist die
Einwilligung des Gewalthabers nicht erforderlich.
§ 5. Die
Volljährigkeitserklärung soll nur erfolgen, wenn sie das Beste des
Minderjährigen befördert.
§ 6. Entmündigt kann
werden:
1. wer in
Folge von Geisteskrankheit oder von Geistesschwäche seine Angelegenheiten nicht
zu besorgen vermag;
2. wer
durch Verschwendung sich oder seine Familie der Gefahr des Nothstandes
aussetzt;
3. wer in Folge von Trunksucht seine
Angelegenheiten nicht zu besorgen vermag oder sich oder seine Familie der
Gefahr des Nothstandes aussetzt oder die Sicherheit Anderer gefährdet.
Die Entmündigung ist wieder
aufzuheben, wenn der Grund der Entmündigung wegfällt.
§ 7. Wer sich an einem Orte
ständig niederläßt, begründet an diesem Orte seinen Wohnsitz.
Der Wohnsitz kann
gleichzeitig an mehreren Orten bestehen.
Der Wohnsitz wird
aufgehoben, wenn die Niederlassung mit dem Willen aufgehoben wird, sie
aufzugeben.
§ 8. Wer geschäftsunfähig
oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, kann ohne den Willen seines
gesetzlichen Vertreters einen Wohnsitz weder begründen noch aufheben.
§ 9. Eine Militärperson hat
ihren Wohnsitz am Garnisonsorte. Als Wohnsitz einer Militärperson, deren
Truppentheil im Inlande seinen Garnisonsort hat, gilt der letzte inländische
Garisonort des Truppentheils.
Diese Vorschriften finden
seine Anwendung auf Militärpersonen, die nur zur Erfüllung der Wehrpflicht
dienen oder die nicht selbständig einen Wohnsitz begründen können.
§ 10. Die Ehefrau theilt
den Wohnsitz des Ehemanns. Sie theilt den Wohnsitz nicht, wenn der Mann seinen
Wohnsitz im Ausland an einem Orte begründet, an den die Frau ihm nicht folgt
und zu folgen nicht verpflichtet ist.
Solange der Mann keinen
Wohnsitz hat oder die Frau seinen Wohnsitz nicht theilt, kann die Frau
selbständig einen Wohnsitz haben.
§ 11. Ein eheliches Kind
theilt den Wohnsitz des Vaters, ein uneheliches Kind den Wohnsitz der Mutter,
ein an Kindesstatt angenommenes Kind den Wohnsitz des Annehmenden. Das Kind
behält den Wohnsitz, bis es ihn rechtsgültig aufhebt.
Eine erst nach dem
Eintritte der Volljährigkeit des Kindes erfolgende Legitimation oder Annahme an
Kindesstatt hat keinen Einfluß auf den Wohnsitz des Kindes.
§ 12. Wird das Recht zum
Gebrauch eines Namens dem Berechtigten von einem Anderen bestritten oder wird
das Interesse des Berechtigten dadurch verletzt, daß ein Anderer unbefugt den
gleichen Namen gebraucht, so kann der Berechtigte von dem Anderen Beseitigung
der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so
kann er auf Unterlassung klagen.
§ 13. Wer verschollen ist,
kann nach Maßgabe der §§. 14 bis 17 im Wege des Aufgebotsverfahrens für todt
erklärt werden.
§ 14. Die Todeserklärung
ist zulässig, wenn seit zehn Jahren keine Nachricht von dem Leben des
Verschollenen eingegangen ist. Sie darf nicht vor dem Schlusse des Jahres
erfolgen, in welchem der Verschollene das einunddreißigste Lebensjahr vollendet
haben würde.
Ein Verschollener, der das
siebzigste Lebensjahr vollendet haben würde, kann für todt erklärt werden, wenn
seit fünf Jahren keine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist.
Der Zeitraum von zehn oder
fünf Jahren beginnt mit dem Schlusse des letzten Jahres, in welchem der
Verschollene den vorhandenen Nachrichten zufolge noch gelebt hat.
§ 15. Wer als Angehöriger
einer bewaffneten Macht an einem Kriege Theil genommen hat, während des Krieges
vermißt worden und seitdem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn
seit dem Friedensschlusse drei Jahre verstrichen sind. Hat ein Friedensschluß
nicht stattgefunden, so beginnt der dreijährige Zeitraum mit dem Schlusse des
Jahres, in welchem der Krieg beendigt worden ist.
Als Angehöriger einer
bewaffneten Macht gilt auch derjenige, welcher sich in einem Amts- oder Dienstverhältniß
oder zum Zwecke freiwilliger Hilfeleistung bei der bewaffneten Macht befindet.
§ 16. Wer sich bei einer
Seefahrt auf einem während der Fahrt untergegangenen Fahrzeuge befunden hat und
seit dem Untergange des Fahrzeugs verschollen ist, kann für todt erklärt
werden, wenn seit dem Untergang ein Jahr verstrichen ist.
Der Untergang des Fahrzeugs
wird vermutet, wenn es an dem Orte seiner Bestimmung nicht eingetroffen oder in
Ermangelung eines festen Reiseziels nicht zurückgekehrt ist und wenn:
bei Fahrten innerhalb der Ostsee ein Jahr,
bei Fahrten innerhalb anderer europäischer
Meere, mit Einschluß sämmtlicher Theile des Mittelländischen, Schwarzen und
Asowschen Meeres, zwei Jahre,
bei Fahrten, die über
außereuropäische Meere führen, drei Jahre
seit dem Antritte der Reise
verstrichen sind. Sind Nachrichten über das Fahrzeug eingegangen, so ist der
Ablauf des Zeitraums erforderlich, der verstrichen sein müßte, wenn das
Fahrzeug von dem Orte abgegangen wäre, an dem es sich den Nachrichten zufolge
zuletzt befunden hat.
§ 17. Wer unter anderen als
den in den §§. 15, 16 bezeichneten Umständen in eine Lebensgefahr geraten und
seitdem verschollen ist, kann für todt erklärt werden, wenn seit dem
Ereignisse, durch welches die Lebensgefahr entstanden ist, drei Jahre
verstrichen sind.
§ 18. Die Todeserklärung
begründet die Vermuthung, daß der Verschollene in dem Zeitpunkte gestorben sei,
welcher in dem die Todeserklärung aussprechenden Urtheile festgestellt ist.
Als Zeitpunkt des Todes
ist, sofern nicht die Ermittelungen ein Anderes ergeben, anzunehmen:
in den Fällen des § 14 der
Zeitpunkt, in welchem die Todeserklärung zulässig geworden ist;
in den Fällen des § 15 der Zeitpunkt des
Friedensschlusses oder der Schluß des Jahres, in welchem der Krieg beendigt
worden ist;
in den Fällen des § 16 der Zeitpunkt, in
welchem das Fahrzeug untergegangen ist oder von welchem an der Untergang
vermuthet wird;
in den Fällen des § 17 der Zeitpunkt, in
welchem das Ereigniß stattgefunden hat.
Ist die Todeszeit nur dem
Tage nach festgestellt, so gilt das Ende des Tages als Zeitpunkt des Todes.
§ 19. Solange nicht die
Todeserklärung erfolgt ist, wird das Fortleben des Verschollenen bis zu dem
Zeitpunkte vermuthet, der nach § 18 Abs. 2 in Ermangelung eines anderen
Ergebnisses der Ermittelungen als Zeitpunkt des Todes anzunehmen ist; die
Vorschrift des § 18 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
§ 20. Sind mehrere in einer
gemeinsamen Gefahr umgekommen, so wird vermuthet, daß sie gleichzeitig
gestorben seien.
Zweiter Titel.
Juristische Personen.
I. Vereine
1. Allgemeine Vorschriften
§ 21. Ein Verein, dessen
Zweck nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt
Rechtsfähigkeit durch Eintragung in das Vereinsregister des zuständigen
Amtsgerichts.
§ 22. Ein Verein, dessen
Zweck auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, erlangt in
Ermangelung besonderer reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch
staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Bundesstaate zu, in dessen
Gebiete der Verein seinen Sitz hat.
§ 23. Einem Vereine, der
seinen Sitz nicht in einem Bundesstaate hat, kann in Ermangelung besonderer
reichsgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch Beschluß des Bundesraths
verliehen werden. 1 2
§ 24. Als Sitz eines
Vereins gilt, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die
Verwaltung geführt wird.
§ 25. Die Verfassung eines
rechtsfähigen Vereins wird, soweit sie nicht auf den nachfolgenden Vorschriften
beruht, durch die Vereinssatzung bestimmt.
§ 26. Der Verein muss einen
Vorstand haben. Der Vorstand kann aus mehreren Personen bestehen.
Der Vorstand vertritt den
Verein gerichtlich und außergerichtlich; er hat die Stellung eines gesetzlichen
Vertreters. Der Umfang seiner Vertretungsmacht kann durch die Satzung mit Wirkung
gegen Dritte beschränkt werden.
§ 27. Die Bestellung des
Vorstandes erfolgt durch Beschluß der Mitgliederversammlung.
Die Bestellung ist
jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige
Vergütung. Die Widerruflichkeit kann durch die Satzung auf den Fall beschränkt
werden, dass ein wichtiger Grund für den Widerruf vorliegt; ein solcher Grund
ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen
Geschäftsführung.
Auf die Geschäftsführung
des Vorstandes finden die für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis
670 entsprechende Anwendung.
§ 28. Besteht der Vorstand
aus mehreren Personen, so erfolgt die Beschlußfassung nach den für die
Beschlüsse der Mitglieder des Vereins geltenden Vorschriften der §§ 32, 34.
Ist eine Willenserklärung
dem Vereine gegenüber abzugeben, so genügt die Abgabe gegenüber einem Mitgliede
des Vorstandes.
§ 29. Soweit die
erforderlichen Mitglieder des Vorstandes fehlen, sind sie in dringenden Fällen
für die Zeit bis zur Hebung des Mangels auf Antrag eines Betheiligten von dem
Amtsgerichte zu bestellen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
§ 30. Durch die Satzung
kann bestimmt werden, daß neben dem Vorstande für gewisse Geschäfte besondere
Vertreter zu bestellen sind. Die Vertretungsmacht eines solchen Vertreters
erstreckt sich im Zweifel auf alle Rechtsgeschäfte, die der ihm zugewiesene
Geschäftskreis gewöhnlich mit sich bringt.
§ 31. Der Verein ist für
den Schaden verantwortlich, den der Vorstand, ein Mitglied des Vorstandes oder
ein anderer verfassungsmäßig berufener Vertreter durch eine in Ausführung der
ihm zustehenden Verrichtungen begangene, zum Schadensersatze verpflichtende
Handlung einem Dritten zufügt.
§ 32. Die Angelegenheiten
des Vereins werden, soweit sie nicht von dem Vorstand oder einem anderen
Vereinsorgane zu besorgen sind, durch Beschlußfassung in einer Versammlung der
Mitglieder geordnet. Zur Gültigkeit des Beschlusses ist erforderlich, daß der
Gegenstand bei der Berufung bezeichnet wird. Bei der Beschlußfassung
entscheidet die Mehrheit der erschienenen Mitglieder.
Auch ohne Versammlung der
Mitglieder ist ein Beschluß gültig, wenn alle Mitglieder ihre Zustimmung zu dem
Beschlusse schriftlich erklären.
§ 33. Zu einem Beschlusse,
der eine Aenderung der Satzung enthält, ist eine Mehrheit von drei Viertheilen
der erschienenen Mitglieder erforderlich. Zur Aenderung des Zweckes des Vereins
ist die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich; die Zustimmung der nicht
erschienenen Mitglieder muß schriftlich erfolgen.
Beruht die Rechtsfähigkeit
des Vereins auf Verleihung, so ist zu jeder Aenderung der Satzung staatliche
Genehmigung oder, falls die Verleihung durch den Bundesrath erfolgt ist, die
Genehmigung des Bundesraths erforderlich. 1 2
§ 34. Ein Mitglied ist
nicht stimmberechtigt, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines
Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits
zwischen ihm und dem Vereine betrifft.
§ 35. Sonderrechte eines
Mitglieds können nicht ohne dessen Zustimmung durch Beschluß der
Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden.
§ 36. Die
Mitgliederversammlung ist in den durch die Satzung bestimmten Fällen sowie dann
zu berufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert.
§ 37. Die
Mitgliederversammlung ist zu berufen, wenn der durch die Satzung bestimmte
Theil oder in Ermangelung einer Bestimmung der zehnte Theil der Mitglieder die
Berufung schriftlich unter Angabe des Zweckes und der Gründe verlangt.
Wird dem Verlangen nicht
entsprochen, so kann das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz
hat, die Mitglieder, welche das Verlangen gestellt haben, zur Berufung der
Versammlung ermächtigen und über die Führung des Vorsitzes in der Versammlung
Bestimmung treffen. Auf die Ermächtigung muß bei der Berufung der Versammlung
Bezug genommen werden.
§ 38. Die Mitgliedschaft
ist nicht übertragbar und nicht vererblich. Die Ausübung der
Mitgliedschaftsrechte kann nicht einem Anderen überlassen werden.
§ 39. Die Mitglieder sind
zum Austritt aus dem Vereine berechtigt.
Durch die Satzung kann
bestimmt werden, daß der Austritt nur am Schlusse eines Geschäftsjahrs oder
erst nach dem Ablauf einer Kündigungsfrist zulässig ist; die Kündigungsfrist
kann höchstens zwei Jahre betragen.
§ 40. Die Vorschriften des
§ 27 Abs. 1, 3, des § 28 Abs. 1 und der §§ 32, 33, 38 finden insoweit keine
Anwendung, als die Satzung ein Anderes bestimmt.
§ 41. Der Verein kann durch
Beschluß der Mitgliederversammlung aufgelöst werden. Zu dem Beschluß ist eine
Mehrheit von drei Viertheilen der erschienenen Mitglieder erforderlich, wenn
nicht die Satzung ein Anderes bestimmt.
§ 42. Der Verein verliert
die Rechtsfähigkeit durch die Eröffnung des Konkurses.
Der Vorstand hat im Falle
der Ueberschuldung die Eröffnung des Konkurses zu beantragen. Wird die Stellung
des Antrags verzögert, so sind die Vorstandsmitglieder, denen ein Verschulden
zur Last fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden
verantwortlich; sie haften als Gesammtschuldner.
§ 43. Dem Vereine kann die
Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er durch einen gesetzwidrigen Beschluß
der Mitgliederversammlung oder durch gesetzwidriges Verhalten des Vorstandes
das Gemeinwohl gefährdet.
Einem Vereine, dessen Zweck
nach der Satzung nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet
ist, kann die Rechtsfähigkeit entzogen werden, wenn er einen solchen Zweck
verfolgt.
Einem Vereine, dessen
Rechtsfähigkeit auf Verleihung beruht, kann die Rechtsfähigkeit entzogen
werden, wenn er einen anderen als den in der Satzung bestimmten Zweck verfolgt.
§ 44. Die Zuständigkeit und
das Verfahren bestimmen sich in den Fällen des § 43 nach den für streitige
Verwaltungssachen geltenden Vorschriften der Landesgesetze. Wo ein
Verwaltungsstreitverfahren nicht besteht, finden die Vorschriften der §§ 20, 21
der Gewerbeordnung Anwendung; die Entscheidung erfolgt in erster Instanz durch
die höhere Verwaltungsbehörde, in deren Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
Beruht die Rechtsfähigkeit
auf Verleihung durch den Bundesrath, so erfolgt die Entziehung durch Beschluß
des Bundesraths. 1 2
§ 45. Mit der Auflösung des
Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit fällt das Vermögen an die in
der Satzung bestimmten Personen.
Durch die Satzung kann
vorgeschrieben werden, daß die Anfallberechtigten durch Beschluß der Mitgliederversammlung
oder eines anderen Vereinsorgans bestimmt werden. Ist der Zweck des Vereins
nicht auf einen wirthschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet, so kann die
Mitgliederversammlung auch ohne eine solche Vorschrift das Vermögen einer
öffentlichen Stiftung oder Anstalt zuweisen.
Fehlt es an einer
Bestimmung der Anfallberechtigten, so fällt das Vermögen, wenn der Verein nach
der Satzung ausschließlich den Interessen seiner Mitglieder diente, an die zur
Zeit der Auflösung oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit vorhandenen
Mitglieder zu gleichen Theilen, anderenfalls an den Fiskus des Bundesstaats, in
dessen Gebiete der Verein seinen Sitz hatte.
§ 46. Fällt das
Vereinsvermögen an den Fiskus, so finden die Vorschriften über einen dem Fiskus
als gesetzlichen Erben anfallende Erbschaft entsprechende Anwendung. Der Fiskus
hat das Vermögen thunlichst in einer den Zwecken des Vereins entsprechenden
Weise zu verwenden.
§ 47. Fällt das
Vereinsvermögen nicht an den Fiskus, so muß eine Liquidation stattfinden.
§ 48. Die Liquidation
erfolgt durch den Vorstand. Zu Liquidatoren können auch andere Personen
bestellt werden; für die Bestellung sind die für die Bestellung des Vorstandes
geltenden Vorschriften maßgebend.
Die Liquidatoren haben die
rechtliche Stellung des Vorstandes, soweit sich nicht aus dem Zwecke der
Liquidation ein Anderes ergiebt.
Sind mehrere Liquidatoren
vorhanden, so ist für ihre Beschlüsse Uebereinstimmung aller erforderlich,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.
§ 49. Die Liquidatoren
haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Forderungen einzuziehen, das
übrige Vermögen in Geld umzusetzen, die Gläubiger zu befriedigen und den
Ueberschuß den Anfallberechtigten auszuantworten. Zur Beendigung schwebender
Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen. Die Einziehung
der Forderungen sowie die Umsetzung des übrigen Vermögens in Geld darf unterbleiben, soweit diese Maßregeln nicht zur
Befriedigung der Gläubiger oder zur Vertheilung des Ueberschusses unter die
Anfallberechtigten erforderlich sind.
Der Verein gilt bis zur
Beendigung der Liquidation als fortbestehend, soweit der Zweck der Liquidation
es erfordert.
§ 50. Die Auflösung des
Vereins oder die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist durch die Liquidatoren
öffentlich bekannt zu machen. In der Bekanntmachung sind die Gläubiger zur
Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern. Die Bekanntmachung erfolgt durch das in
der Satzung für Veröffentlichungen bestimmte Blatt, in Ermangelung eines
solchen durch dasjenige Blatt, welches für Bekanntmachungen des Amtsgerichts
bestimmt ist, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hatte. Die
Bekanntmachung gilt mit dem Ablaufe des zweiten Tages nach der Einrückung oder
der ersten Einrückung als bewirkt.
Bekannte Gläubiger sind
durch besondere Mittheilung zur Anmeldung aufzufordern.
§ 51. Das Vermögen darf den
Anfallberechtigten nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach der Bekanntmachung
der Auflösung des Vereins oder der Entziehung der Rechtsfähigkeit
ausgeantwortet werden.
§ 52. Meldet sich ein
bekannter Gläubiger nicht, so ist der geschuldete Betrag, wenn die Berechtigung
zur Hinterlegung vorhanden ist, für den Gläubiger zu hinterlegen.
Ist die Berichtigung einer
Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist
eine Verbindlichkeit streitig, so darf das Vermögen den Anfallberechtigten nur
ausgeantwortet werden, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet ist.
§ 53. Liquidatoren, welche
die ihnen nach dem § 42 Abs. 2 und den §§ 50 bis 52 obliegenden Verpflichtungen
verletzen oder vor der Befriedigung der Gläubiger Vermögen den
Anfallberechtigten ausantworten, sind, wenn ihnen ein Verschulden zur Last
fällt, den Gläubigern für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich; sie
haften als Gesammtschuldner.
§ 54. Auf Vereine, die
nicht rechtsfähig sind, finden die Vorschriften über die Gesellschaft
Anwendung. Aus einem Rechtsgeschäfte, das im Namen eines solchen Vereins einem
Dritten gegenüber vorgenommen wird, haftet der Handelnde persönlich; handeln Mehrere, so haften sie als Gesammtschuldner.
2. Eingetragene Vereine
§ 55. Die Eintragung eines
Vereins der im § 21 bezeichneten Art in das Vereinsregister hat bei dem
Amtsgerichte zu geschehen, in dessen Bezirke der Verein seinen Sitz hat.
§ 56. Die Eintragung soll
nur erfolgen, wenn die Zahl der Mitglieder mindestens sieben beträgt.
§ 57. Die Satzung muß den
Zweck, den Namen und den Sitz des Vereins enthalten und ergeben, daß der Verein
eingetragen werden soll.
Der Name soll sich von den
Namen der an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bestehenden
eingetragenen Vereine deutlich unterscheiden.
§ 58. Die Satzung soll
Bestimmungen enthalten:
1. über
den Eintritt und Austritt der Mitglieder;
2.
darüber, ob und welche Beiträge von den Mitgliedern zu leisten sind;
3. über
die Bildung des Vorstandes;
4. über
die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliederversammlung zu berufen ist, über
die Form der Berufung und über die Beurkundung der Beschlüsse.
§ 59. Der Vorstand hat den
Verein zur Eintragung anzumelden.
Der Anmeldung sind
beizufügen:
1. die
Satzung in Urschrift und Abschrift;
2. eine
Abschrift der Urkunden über die Bestellung des Vorstandes.
Die Satzung soll von
mindestens sieben Mitgliedern unterzeichnet sein und die Angabe des Tages der
Errichtung enthalten.
§ 60. Die Anmeldung ist,
wenn den Erfordernissen der §§ 56 bis 59 nicht genügt ist, von dem Amtsgericht
unter Angabe der Gründe zurückzuweisen.
Gegen einen zurückweisenden
Beschluß findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der
Zivilprozeßordnung statt.
§ 61. Wird die Anmeldung
zugelassen, so hat das Amtsgericht sie der zuständigen Verwaltungsbehörde
mitzutheilen.
Die Verwaltungsbehörde kann
gegen die Eintragung Einspruch erheben, wenn der Verein nach dem öffentlichen
Vereinsrecht unerlaubt ist oder verboten werden kann.
§ 62. Erhebt die
Verwaltungsbehörde Einspruch, so hat das Amtsgericht den Einspruch dem
Vorstande mitzutheilen.
Der Einspruch kann im Wege
des Verwaltungsstreitverfahrens oder, wo ein solches nicht besteht, im Wege des
Rekurses nach Maßgabe der §§ 20, 21 der Gewerbeordnung angefochten werden.
§ 63. Die Eintragung darf,
sofern nicht die Verwaltungsbehörde dem Amtsgerichte mittheilt, daß Einspruch
nicht erhoben werde, erst erfolgen, wenn seit der Mittheilung der Anmeldung an
die Verwaltungsbehörde sechs Wochen verstrichen sind und Einspruch nicht
erhoben oder wenn der erhobene Einspruch endgültig aufgehoben ist.
§ 64. Bei der Eintragung
sind der Name und der Sitz des Vereins, der Tag der Errichtung der Satzung
sowie die Mitglieder des Vorstandes im Vereinsregister anzugeben. Bestimmungen,
die den Umfang der Vertretungsmacht des Vorstandes beschränken oder die
Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von der Vorschrift des § 28 Abs. 1
regeln, sind gleichfalls einzutragen.
§ 65. Mit der Eintragung
erhält der Name des Vereins den Zusatz „eingetragener Verein“.
§ 66. Das Amtsgericht hat
die Eintragung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu
veröffentlichen.
Die Urschrift der Satzung
ist mit der Bescheinigung der Eintragung zu versehen und zurückzugeben. Die
Abschrift wird von dem Amtsgerichte beglaubigt und mit den übrigen
Schriftstücken aufbewahrt.
§ 67. Jede Aenderung des
Vorstandes sowie die erneute Bestellung eines Vorstandsmitglieds ist von dem
Vorstande zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist eine Abschrift der
Urkunde über die Aenderung oder die erneute Bestellung beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich
bestellter Vorstandsmitglieder erfolgt von Amts wegen.
§ 68. Wird zwischen den
bisherigen Mitgliedern des Vorstandes und einem Dritten ein Rechtsgeschäft
vorgenommen, so kann die Aenderung des Vorstandes dem Dritten nur
entgegengesetzt werden, wenn sie zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts in
Vereinsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist. Ist die Aenderung
eingetragen, so braucht der Dritte sie nicht gegen sich gelten zu lassen, wenn
er sie nicht kennt seine Unkenntniß auch nicht auf Fahrlässigkeit beruht.
§ 69. Der Nachweis, daß der
Vorstand aus den im Register eingetragenen Personen besteht, wird Behörden
gegenüber durch ein Zeugniß des Amtsgerichts über die
Eintragung geführt.
§ 70. Die Vorschriften des
§ 68 gelten auch für Bestimmungen, die den Umfang der Vertretungsmacht des
Vorstandes beschränken oder die Beschlußfassung des Vorstandes abweichend von
der Vorschrift des § 28 Abs. 1 regeln.
§ 71. Aenderungen der
Satzung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Eintragung in das Vereinsregister.
Die Aenderung ist von dem Vorstande zur Eintragung anzumelden. Der Anmeldung
ist der die Aenderung enthaltende Beschluß in Urschrift und Abschrift
beizufügen.
Die Vorschriften der §§ 60
bis 64 und des § 66 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§ 72. Der Vorstand hat dem
Amtsgericht auf dessen Verlangen jederzeit eine von ihm vollzogene
Bescheinigung über die Zahl der Vereinsmitglieder einzureichen.
§ 73. Sinkt die Zahl der
Vereinsmitglieder unter drei herab, so hat das Amtsgericht auf Antrag des
Vorstandes und, wenn der Antrag nicht binnen drei Monaten gestellt wird, von
Amts wegen nach Anhörung des Vorstandes dem Vereine die Rechtsfähigkeit zu
entziehen. Der Beschluß ist dem Vereine zuzustellen. Gegen den Beschluß findet
die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung statt.
Der Verein verliert die
Rechtsfähigkeit mit der Rechtskraft des Beschlusses.
§ 74. Die Auflösung des
Vereins sowie die Entziehung der Rechtsfähigkeit ist
in das Vereinsregister einzutragen. Im Falle der Eröffnung des Konkurses
unterbleibt die Eintragung.
Wird der Verein durch
Beschluß der Mitgliederversammlung oder durch den Ablauf der für die Dauer des
Vereins bestimmten Zeit aufgelöst, so hat der Vorstand die Auflösung zur
Eintragung anzumelden. Der Anmeldung ist im ersteren Falle eine Abschrift des
Auflösungsbeschlusses beizufügen.
Wird dem Verein auf Grund
des § 43 die Rechtsfähigkeit entzogen oder wird der Verein auf Grund des
öffentlichen Vereinsrechts aufgelöst, so erfolgt die Eintragung auf Anzeige der
zuständigen Behörde.
§ 75. Die Eröffnung des
Konkurses ist von Amtswegen einzutragen. Das Gleiche gilt von der Aufhebung des
Eröffnungsbeschlusses.
§ 76. Die Liquidatoren sind
in das Vereinsregister einzutragen. Das Gleiche gilt von Bestimmungen, welche
die Beschlußfassung der Liquidatoren abweichend von der Vorschrift des § 48
Abs. 3 regeln.
Die Anmeldung hat durch den
Vorstand, bei späteren Aenderungen durch die Liquidatoren zu erfolgen. Der
Anmeldung der durch Beschluß der Mitgliederversammlung bestellten Liquidatoren
ist eine Abschrift des Beschlusses, der Anmeldung einer Bestimmung über die
Beschlußfassung der Liquidatoren eine Abschrift der die Bestimmung enthaltenden
Urkunde beizufügen.
Die Eintragung gerichtlich
bestellter Liquidatoren geschieht von Amtswegen.
§ 77. Die Anmeldungen zum
Vereinsregister sind von den Mitgliedern des Vorstandes sowie von den
Liquidatoren mittelst öffentlich beglaubigter Erklärung zu bewirken.
§ 78. Das Amtsgericht kann
die Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung der Vorschriften des § 67 Abs. 1,
des § 71 Abs. 1, des § 72, des § 74 Abs. 2 und des § 76 durch Ordnungsstrafen
anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert Mark nicht überschreiten.
In gleicher Weise können
die Liquidatoren zur Befolgung der Vorschriften des § 76 angehalten werden.
§ 79. Die Einsicht des
Vereinsregisters sowie der von dem Vereine bei dem Amtsgericht eingereichten
Schriftstücke ist Jedem gestattet. Von den Eintragungen kann eine Abschrift
gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
II. Stiftungen
§ 80. Zur Entstehung einer
rechtsfähigen Stiftung ist außer dem Stiftungsgeschäfte die Genehmigung des
Bundesstaats erforderlich, in dessen Gebiete die Stiftung ihren Sitz haben
soll. Soll die Stiftung ihren Sitz nicht in einem Bundesstaate haben, so ist
die Genehmigung des Bundesraths erforderlich. Als Sitz der Stiftung gilt, wenn
nicht ein Anderes bestimmt ist, der Ort, an welchem die Verwaltung geführt
wird. 1 2
§ 81. Das Stiftungsgeschäft
unter Lebenden bedarf der schriftlichen Form.
Bis zur Ertheilung der
Genehmigung ist der Stifter zum Widerrufe berechtigt. Ist die Genehmigung bei
der zuständigen Behörde nachgesucht, so kann der Widerruf nur dieser gegenüber
erklärt werden. Der Erbe des Stifters ist zum Widerrufe nicht berechtigt, wenn
der Stifter das Gesuch bei der zuständigen Behörde eingereicht oder im Falle
der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Stiftungsgeschäfts das
Gericht oder den Notar bei oder nach der Beurkundung mit der Einreichung
betraut hat.
§ 82. Wird die Stiftung
genehmigt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäfte
zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen. Rechte, zu deren
Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt, gehen mit der Genehmigung auf die
Stiftung über, sofern nicht aus dem Stiftungsgeschäfte sich ein anderer Wille
des Stifters ergiebt.
§ 83. Besteht das
Stiftungsgeschäft in einer Verfügung von Todes wegen, so hat das Nachlaßgericht
die Genehmigung einzuholen, sofern sie nicht von dem Erben oder dem
Testamentsvollstrecker nachgesucht wird.
§ 84. Wird die Stiftung
erst nach dem Tode des Stifters genehmigt, so gilt sie für die Zuwendungen des
Stifters als schon vor dessen Tode entstanden.
§ 85. Die Verfassung einer
Stiftung wird, soweit sie nicht auf Reichs- oder Landesgesetz beruht, durch das
Stiftungsgeschäft bestimmt.
§ 86. Die Vorschriften des
§ 26, des § 27 Abs. 3 und der §§ 28 bis 31, 42 finden auf Stiftungen
entsprechende Anwendung, die Vorschriften des § 27 Abs. 3 und des § 28 Abs. 1
jedoch nur insoweit, als sich nicht aus der Verfassung, insbesondere daraus,
daß die Verwaltung der Stiftung von einer öffentlichen Behörde geführt wird,
ein Anderes ergiebt. Die Vorschriften des § 28 Abs. 2 und des § 29 finden auf
Stiftungen, deren Verwaltung von einer öffentlichen Behörde geführt wird, keine
Anwendung.
§ 87. Ist die Erfüllung des
Stiftungszwecks unmöglich geworden oder gefährdet sie das Gemeinwohl, so kann
die zuständige Behörde der Stiftung eine andere Zweckbestimmung geben oder sie
aufheben.
Bei der Umwandlung des
Zweckes ist die Absicht des Stifters thunlichst zu berücksichtigen,
insbesondere dafür Sorge zu tragen, daß die Erträge des Stiftungsvermögens dem
Personenkreise, dem sie zu Statten kommen sollten, im Sinne des Stifters
thunlichst erhalten bleiben. Die Behörde kann die Verfassung der Stiftung
ändern, soweit die Umwandlung des Zweckes es erfordert.
Vor der Umwandlung des
Zweckes und der Aenderung der Verfassung soll der Vorstand der Stiftung gehört
werden.
§ 88. Mit dem Erlöschen der
Stiftung fällt das Vermögen an die in der Verfassung bestimmten Personen. Die
Vorschriften der §§ 46 bis 53 finden entsprechende Anwendung.
III. Juristische Personen
des öffentlichen Rechtes
§ 89. Die Vorschrift des §
31 findet auf den Fiskus sowie auf die Körperschaften, Stiftungen und Anstalten
des öffentlichen Rechtes entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, soweit
bei Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechtes der
Konkurs zulässig ist, von der Vorschrift des § 42 Abs. 2.
Zweiter Abschnitt.
Sachen.
§ 90. Sachen im Sinne des
Gesetzes sind nur körperliche Gegenstände.
§ 91. Vertretbare Sachen im
Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, die im Verkehre nach Zahl, Maß oder
Gewicht bestimmt zu werden pflegen.
§ 92. Verbrauchbare Sachen
im Sinne des Gesetzes sind bewegliche Sachen, deren bestimmungsmäßiger Gebrauch
in dem Verbrauch oder in der Veräußerung besteht.
Als verbrauchbar gelten
auch bewegliche Sachen, die zu einem Waarenlager oder zu einem sonstigen
Sachinbegriffe gehören, dessen bestimmungsmäßiger Gebrauch in der Veräußerung
der einzelnen Sachen besteht.
§ 93. Bestandtheile einer
Sache, die von einander nicht getrennt werden können, ohne daß der eine oder der
andere zerstört oder in seinem Wesen verändert wird (wesentliche
Bestandtheile), können nicht Gegenstand besonderer Rechte sein.
§ 94. Zu den wesentlichen
Bestandtheilen eines Grundstücks gehören die mit dem Grund und Boden fest
verbundenen Sachen, insbesondere Gebäude, sowie die Erzeugnisse des
Grundstücks, solange sie mit dem Boden zusammenhängen. Samen wird mit dem
Aussäen, eine Pflanze mit dem Einpflanzen wesentlicher Bestandtheil des
Grundstücks.
Zu den wesentlichen
Bestandtheilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes
eingefügten Sachen.
§ 95. Zu den Bestandtheilen
eines Grundstücks gehören solche Sachen nicht, die nur zu einem vorübergehenden
Zwecke mit dem Grund und Boden verbunden sind. Das Gleiche gilt von einem
Gebäude oder anderen Werke, das in Ausübung eines Rechtes an einem fremden
Grundstücke von dem Berechtigten mit dem Grundstücke verbunden worden ist.
Sachen, die nur zu einem
vorübergehenden Zwecke in ein Gebäude eingefügt sind, gehören nicht zu den
Bestandtheilen des Gebäudes.
§ 96. Rechte, die mit dem
Eigenthum an einem Grundstücke verbunden sind, gelten als Bestandtheile des
Grundstücks.
§ 97. Zubehör sind
bewegliche Sachen, die, ohne Bestandtheile der Hauptsache zu sein, dem
wirthschaftlichen Zwecke der Hauptsache zu dienen bestimmt sind und zu ihr in
einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Eine
Sache ist nicht Zubehör, wenn sie im Verkehre nicht als Zubehör angesehen wird.
Die vorübergehende
Benutzung einer Sache für den wirthschaftlichen Zweck einer anderen begründet
nicht die Zubehöreigenschaft. Die vorübergehende Trennung eines Zubehörstücks
von der Hauptsache hebt die Zubehöreigenschaft nicht auf.
§ 98. Dem wirthschaftlichen
Zwecke der Hauptsache sind zu dienen bestimmt:
1. bei
einem Gebäude, das für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist,
insbesondere bei einer Mühle, einer Schmiede, einem Brauhaus, einer Fabrik, die
zu dem Betriebe bestimmten Maschinen und sonstigen Geräthschaften;
2. bei
einem Landgute, das zum Wirthschaftsbetriebe bestimmte Geräth und Vieh, die
landwirthschaftlichen Erzeugnisse, soweit sie zur Fortführung der Wirthschaft
bis zu der Zeit erforderlich sind, zu welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse
voraussichtlich gewonnen werden, sowie der vorhandene auf dem Gute gewonnene
Dünger.
§ 99. Früchte einer Sache
sind die Erzeugnisse der Sache und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache
ihrer Bestimmung gemäß gewonnen wird.
Früchte eines Rechtes sind
die Erträge, welche das Recht seiner Bestimmung gemäß gewährt, insbesondere bei
einem Rechte auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen die gewonnenen
Bestandtheile.
Früchte sind auch die
Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses
gewährt.
§ 100. Nutzungen sind die
Früchte einer Sache oder eines Rechtes sowie die Vortheile, welche der Gebrauch
der Sache oder des Rechtes gewährt.
§ 101. Ist Jemand
berechtigt, die Früchte einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten
Zeit oder von einer bestimmten Zeit an zu beziehen, so gebühren ihm, sofern
nicht ein Anderes bestimmt ist:
1. die im
§ 99 Abs. 1 bezeichneten Erzeugnisse und Bestandtheile, auch wenn er sie als
Früchte eines Rechtes zu beziehen hat, insoweit, als sie während der Dauer der
Berechtigung von der Sache getrennt werden;
2. andere
Früchte insoweit, als sie während der Dauer der Berechtigung fällig werden;
bestehen jedoch die Früchte in der Vergütung für die Ueberlassung des Gebrauchs
oder des Fruchtgenusses, in Zinsen, Gewinnantheilen oder anderen regelmäßig
wiederkehrenden Erträgen, so gebührt dem Berechtigten ein der Dauer seiner
Berechtigung entsprechender Theil.
§ 102. Wer zur Herausgabe
von Früchten verpflichtet ist, kann Ersatz der auf die Gewinnung der Früchte
verwendeten Kosten insoweit verlangen, als sie einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft entsprechen und den Werth der Früchte nicht übersteigen.
§ 103. Wer verpflichtet
ist, die Lasten einer Sache oder eines Rechtes bis zu einer bestimmten Zeit
oder von einer bestimmten Zeit an zu tragen, hat, sofern nicht ein Anderes
bestimmt ist, die regelmäßig wiederkehrenden Lasten nach dem Verhältnisse der
Dauer seiner Verpflichtung, andere Lasten insoweit zu tragen, als sie während
der Dauer seiner Verpflichtung zu entrichten sind.
Dritter Abschnitt.
Rechtsgeschäfte.
Erster Titel.
Geschäftsunfähigkeit.
§ 104. Geschäftsunfähig
ist:
1. wer
nicht das siebente Lebensjahr vollendet hat;
2. wer
sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustande krankhafter
Störung der Geistesthätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur
nach ein vorübergehender ist;
3. wer
wegen Geisteskrankheit entmündigt ist.
§ 105. Die Willenserklärung
eines Geschäftsunfähigen ist nichtig.
Nichtig ist auch eine
Willenserklärung, die im Zustande der Bewußtlosigkeit oder vorübergehender Störung
der Geistesthätigkeit abgegeben wird.
§ 106. Ein Minderjähriger,
der das siebente Lebensjahr vollendet hat, ist nach Maßgabe der §§ 107 bis 113
in der Geschäftsfähigkeit beschränkt.
§ 107. Der Minderjährige
bedarf zu einer Willenserklärung, durch die er nicht lediglich einen
rechtlichen Vortheil erlangt, der Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
§ 108. Schließt der
Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der
Genehmigung des Vertreters ab.
Fordert der andere Theil
den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur
ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber
erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die
Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der
Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als
verweigert.
Ist der Minderjährige
unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle
der Genehmigung des Vertreters.
§ 109. Bis zur Genehmigung
des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann
auch dem Minderjährigen gegenüber erklärt werden.
Hat der andere Theil die
Minderjährigkeit gekannt, so kann er nur widerrufen, wenn der Minderjährige der
Wahrheit zuwider die Einwilligung des Vertreters behauptet hat; er kann auch in
diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem
Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§ 110. Ein von dem
Minderjährigen ohne Zustimmung des gesetzlichen Vertreters geschlossener
Vertrag gilt als von Anfang an wirksam, wenn der Minderjährige die
vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zwecke oder zu freier
Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten
überlassen worden sind.
§ 111. Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, das der Minderjährige ohne die erforderliche Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Minderjährige mit
dieser Einwilligung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so
ist das Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Minderjährige die Einwilligung nicht
in schriftlicher Form vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem
Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der
Vertreter den Anderen von der Einwilligung in Kenntniß gesetzt hatte.
§ 112. Ermächtigt der
gesetzliche Vertreter mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts den
Minderjährigen zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so ist der
Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt geschäftsfähig, welche
der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, zu
denen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts bedarf.
Die Ermächtigung kann von
dem Vertreter nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zurückgenommen
werden.
§ 113. Ermächtigt der
gesetzliche Vertreter den Minderjährigen, in Dienst oder in Arbeit zu treten,
so ist der Minderjährige für solche Rechtsgeschäfte unbeschränkt
geschäftsfähig, welche die Eingehung oder Aufhebung eines Dienst- oder
Arbeitsverhältnisses der gestatteten Art oder die Erfüllung der sich aus einem
solchen Verhältniß ergebenden Verpflichtungen betreffen. Ausgenommen sind
Verträge, zu denen der Vertreter der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
bedarf.
Die Ermächtigung kann von
dem Vertreter zurückgenommen oder eingeschränkt werden.
Ist der gesetzliche
Vertreter ein Vormund, so kann die Ermächtigung, wenn sie von ihm verweigert
wird, auf Antrag des Minderjährigen durch das Vormundschaftsgericht ersetzt
werden. Das Vormundschaftsgericht hat die Ermächtigung zu ersetzen, wenn sie im
Interesse des Mündels liegt.
Die für einen einzelnen
Fall ertheilte Ermächtigung gilt im Zweifel als allgemeine Ermächtigung zur
Eingehung von Verhältnissen derselben Art.
§ 114. Wer wegen
Geistesschwäche, wegen Verschwendung oder wegen Trunksucht entmündigt oder wer
nach § 1906 unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist, steht in Ansehung der
Geschäftsfähigkeit einem Minderjährigen gleich, der das siebente Lebensjahr
vollendet hat.
§ 115. Wird ein die
Entmündigung aussprechender Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage
aufgehoben, so kann die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem Entmündigten
vorgenommenen Rechtsgeschäfte nicht auf Grund des Beschlusses in Frage gestellt
werden. Auf die Wirksamkeit der von oder gegenüber dem gesetzlichen Vertreter
vorgenommenen Rechtsgeschäfte hat die Aufhebung keinen Einfluß.
Diese Vorschriften finden
entsprechende Anwendung, wenn im Falle einer vorläufigen Vormundschaft der
Antrag auf Entmündigung zurückgenommen oder rechtskräftig abgewiesen oder der
die Entmündigung aussprechende Beschluß in Folge einer Anfechtungsklage
aufgehoben wird.
Zweiter Titel.
Willenserklärung.
§ 116. Eine
Willenserklärung ist nicht deshalb nichtig, weil sich der Erklärende insgeheim
vorbehält, das Erklärte nicht zu wollen. Die Erklärung ist nichtig, wenn sie
einem Anderen gegenüber abzugeben ist und dieser den Vorbehalt kennt.
§ 117. Wird eine
Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben ist, mit dessen
Einverständnisse nur zum Schein abgegeben, so ist sie nichtig.
Wird durch ein
Scheingeschäft ein Anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so finden die für das verdeckte
Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung.
§ 118. Eine nicht ernstlich
gemeinte Willenserklärung, die in der Erwartung abgegeben wird, der Mangel der
Ernstlichkeit werde nicht verkannt werden, ist
nichtig.
§ 119. Wer bei der Abgabe
einer Willenserklärung über deren Inhalt im Irrthume war oder eine Erklärung
dieses Inhalts überhaupt nicht abgeben wollte, kann die Erklärung anfechten,
wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger
Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde.
Als Irrthum über den Inhalt
der Erklärung gilt auch der Irrthum über solche Eigenschaften der Person oder
der Sache, die im Verkehr als wesentlich angesehen werden.
§ 120. Eine
Willenserklärung, welche durch die zur Uebermittlung verwendete Person oder
Anstalt unrichtig übermittelt worden ist, kann unter der gleichen Voraussetzung
angefochten werden wie nach §119 eine irrthümlich abgegebene Willenserklärung.
§ 121. Die Anfechtung muß
in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen,
nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt
hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig
erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.
Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre
verstrichen sind.
§ 122. Ist eine
Willenserklärung nach § 118 nichtig oder auf Grund der §§ 119, 120 angefochten,
so hat der Erklärende, wenn die Erklärung einem Anderen gegenüber abzugeben
war, diesem, andernfalls jedem Dritten den Schaden zu ersetzen, den der Andere
oder der Dritte dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit der Erklärung
vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der
Andere oder der Dritte an der Gültigkeit der Erklärung hat.
Die Schadensersatzpflicht
tritt nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Nichtigkeit oder der
Anfechtbarkeit kannte oder in Folge von Fahrlässigkeit nicht kannte (kennen
mußte).
§ 123. Wer zur Abgabe einer
Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung
bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.
Hat ein Dritter die
Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben
war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte.
Soweit ein Anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben
war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung
ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen mußte.
§ 124. Die Anfechtung einer
nach § 123 anfechtbaren Willenserklärung kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle
der arglistigen Täuschung mit dem Zeitpunkt, in welchem der
Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt, im Falle der Drohung mit dem
Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage aufhört. Auf den Lauf der Frist finden die
für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 2 und der §§ 206, 207
entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung dreißig Jahre
verstrichen sind.
§ 125. Ein Rechtsgeschäft,
welches der durch Gesetz vorgeschriebenen Form ermangelt, ist nichtig. Der
Mangel der durch Rechtsgeschäft bestimmten Form hat im Zweifel gleichfalls Nichtigkeit
zur Folge.
§ 126. Ist durch Gesetz
schriftliche Form vorgeschrieben, so muß die Urkunde von dem Aussteller
eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels gerichtlich oder notariell
beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.
Bei einem Vertrage muß die
Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den
Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede
Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.
Die schriftliche Form wird
durch die gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt.
§ 127. Die Vorschriften des
§ 126 gelten im Zweifel auch für die durch Rechtsgeschäft bestimmte
schriftliche Form. Zur Wahrung der Form genügt jedoch, soweit nicht ein anderer
Wille anzunehmen ist, telegraphische Uebermittelung und bei einem Vertrage
Briefwechsel; wird eine solche Form gewählt, so kann nachträglich eine dem §
126 entsprechende Beurkundung verlangt werden.
§ 128. Ist durch Gesetz
gerichtliche oder notarielle Beurkundung eines Vertrags vorgeschrieben, so
genügt es, wenn zunächst der Antrag und sodann die Annahme des Antrags von
einem Gericht oder einem Notar beurkundet wird.
§ 129. Ist durch Gesetz für
eine Erklärung öffentliche Beglaubigung vorgeschrieben, so muß die Erklärung schriftlich
abgefaßt und die Unterschrift des Erklärenden von der zuständigen Behörde oder
einem zuständigen Beamten oder Notar beglaubigt werden. Wird die Erklärung von
dem Aussteller mittelst Handzeichens unterzeichnet, so ist die im § 126 Abs. 1
vorgeschriebene Beglaubigung des Handzeichens erforderlich und genügend.
Die öffentliche
Beglaubigung wird durch die gerichtliche oder notarielle Beurkundung der
Erklärung ersetzt.
§ 130. Eine
Willenserklärung, die einem Anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in
dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkte wirksam, in welchem sie
ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem Anderen vorher oder gleichzeitig
ein Widerruf zugeht.
Auf die Wirksamkeit der
Willenserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der Erklärende nach der Abgabe
stirbt oder geschäftsunfähig wird.
Diese Vorschriften finden
auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber
abzugeben ist.
§ 131. Wird die
Willenserklärung einem Geschäftsunfähigen gegenüber abgegeben, so wird sie
nicht wirksam, bevor sie dem gesetzlichen Vertreter zugeht.
Das Gleiche gilt, wenn die
Willenserklärung einer in der Geschäftsfähigkeit beschränkten Person gegenüber
abgegeben wird. Bringt die Erklärung jedoch der in der Geschäftsfähigkeit
beschränkten Person lediglich einen rechtlichen Vortheil oder hat der
gesetzliche Vertreter seine Einwilligung ertheilt, so wird die Erklärung in dem
Zeitpunkte wirksam, in welchem sie ihr zugeht.
§ 132. Eine
Willenserklärung gilt auch dann als zugegangen, wenn sie durch Vermittelung
eines Gerichtsvollziehers zugestellt worden ist. Die Zustellung erfolgt nach
den Vorschriften der Zivilprozeßordnung.
Befindet sich der
Erklärende über die Person desjenigen, welchem gegenüber die Erklärung
abzugeben ist, in einer nicht auf Fahrlässigkeit beruhenden Unkenntniß oder ist
der Aufenthalt dieser Person unbekannt, so kann die Zustellung nach den für die
öffentliche Zustellung einer Ladung geltenden Vorschriften der
Zivilprozeßordnung erfolgen. Zuständig für die Bewilligung ist im ersteren
Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke der Erklärende seinen Wohnsitz oder in
Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes seinen Aufenthalt hat, im letzteren
Falle das Amtsgericht, in dessen Bezirke die Person, welcher zuzustellen ist,
den letzten Wohnsitz oder in Ermangelung eines inländischen Wohnsitzes den
letzten Aufenthalt hatte.
§ 133. Bei der Auslegung
einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
§ 134. Ein Rechtsgeschäft,
das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus
dem Gesetz ein Anderes ergiebt.
§ 135. Verstößt die
Verfügung über einen Gegenstand gegen ein gesetzliches Veräußerungsverbot, das
nur den Schutz bestimmter Personen bezweckt, so ist sie nur diesen Personen
gegenüber unwirksam. Der rechtsgeschäftlichen Verfügung steht eine Verfügung
gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erfolgt.
Die Vorschriften zu Gunsten
derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden
entsprechende Anwendung.
§ 136. Ein
Veräußerungsverbot, das von einem Gericht oder von einer anderen Behörde
innerhalb ihrer Zuständigkeit erlassen wird, steht einem gesetzlichen
Veräußerungsverbote der im § 135 bezeichneten Art gleich.
§ 137. Die Befugniß zur
Verfügung über ein veräußerliches Recht kann nicht durch Rechtsgeschäft
ausgeschlossen oder beschränkt werden. Die Wirksamkeit einer Verpflichtung,
über ein solches Recht nicht zu verfügen, wird durch diese Vorschrift nicht
berührt.
§ 138. Ein Rechtsgeschäft,
das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Nichtig ist insbesondere
ein Rechtsgeschäft, durch das Jemand unter Ausbeutung der Nothlage, des
Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Anderen sich oder einem Dritten für
eine Leistung Vermögensvortheile versprechen oder gewähren läßt, welche den
Werth der Leistung dergestalt übersteigen, daß den Umständen nach die
Vermögensvortheile in auffälligem Mißverhältnisse zu der Leistung stehen.
§ 139. Ist ein Theil eines
Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht
anzunehmen ist, daß es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
§ 140. Entspricht ein
nichtiges Rechtsgeschäft den Erfordernissen eines anderen Rechtsgeschäfts, so
gilt das letztere, wenn anzunehmen ist, daß dessen Geltung bei Kenntniß der
Richtigkeit gewollt sein würde.
§ 141. Wird ein nichtiges
Rechtsgeschäft von demjenigen, welcher es vorgenommen hat, bestätigt, so ist
die Bestätigung als erneute Vornahme zu beurtheilen.
Wird ein nichtiger Vertrag
von den Parteien bestätigt, so sind diese im Zweifel verpflichtet, einander zu
gewähren, was sie haben würden, wenn der Vertrag von Anfang an gültig gewesen
wäre.
§ 142. Wird ein
anfechtbares Rechtsgeschäft angefochten, so ist es als von Anfang an nichtig
anzusehen.
Wer die Anfechtbarkeit
kannte oder kennen mußte, wird, wenn die Anfechtung erfolgt, so behandelt, wie
wenn er die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gekannt hätte oder hätte kennen
müssen.
§ 143. Die Anfechtung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Anfechtungsgegner.
Anfechtungsgegner ist bei
einem Vertrage der andere Theil, im Falle des § 123 Abs. 2 Satz 2 derjenige,
welcher aus dem Vertrag unmittelbar ein Recht erworben hat.
Bei einem einseitigen
Rechtsgeschäfte, das einem Anderen gegenüber vorzunehmen war, ist der Andere
der Anfechtungsgegner. Das Gleiche gilt bei einem Rechtsgeschäfte, das einem
Anderen oder einer Behörde gegenüber vorzunehmen war, auch dann, wenn das
Rechtsgeschäft der Behörde gegenüber vorgenommen worden ist.
Bei einem einseitigen
Rechtsgeschäft anderer Art ist Anfechtungsgegner Jeder, der aufgrund des
Rechtsgeschäfts unmittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt hat. Die
Anfechtung kann jedoch, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber
abzugeben war, durch Erklärung gegenüber der Behörde erfolgen; die Behörde soll
die Anfechtung demjenigen mittheilen, welcher durch das Rechtsgeschäft
unmittelbar betroffen worden ist.
§ 144. Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn das anfechtbare Rechtsgeschäft von dem
Anfechtungsberechtigten bestätigt wird.
Die Bestätigung bedarf
nicht der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
Dritter Titel.
Vertrag.
§ 145. Wer einem Anderen
die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn,
daß er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
§ 146. Der Antrag erlischt,
wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber
nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.
§ 147. Der einem Anwesenden
gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem
mittelst Fernsprechers von Person zu Person gemachten Antrage.
Der einem Abwesenden
gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der
Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.
§ 148. Hat der Antragende
für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur
innerhalb der Frist erfolgen.
§ 149. Ist eine dem
Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt abgesendet
worden, dass sie bei regelmäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein
würde, und mußte der Antragende dies erkennen, so hat er die Verspätung dem
Annehmenden unverzüglich nach dem Empfange der Erklärung anzuzeigen, sofern es
nicht schon vorher geschehen ist. Verzögert er die Absendung der Anzeige, so
gilt die Annahme als nicht verspätet.
§ 150. Die verspätete
Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag.
Eine Annahme unter
Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Aenderungen gilt als Ablehnung
verbunden mit einem neuen Antrage.
§ 151. Der Vertrag kommt
durch die Annahme des Antrags zu Stande, ohne daß die Annahme dem Antragenden
gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der
Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat.
Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem
Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
§ 152. Wird ein Vertrag
gerichtlich oder notariell beurkundet, ohne daß beide Theile gleichzeitig
anwesend sind, so kommt der Vertrag mit der nach § 128 erfolgten Beurkundung
der Annahme zu Stande, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist. Die Vorschrift des
§ 151 Satz 2 findet Anwendung.
§ 153. Das Zustandekommen
des Vertrags wird nicht dadurch gehindert, daß der Antragende vor der Annahme
stirbt oder geschäftsunfähig wird, es sei denn, daß ein anderer Wille des
Antragenden anzunehmen ist.
§ 154. Solange nicht die
Parteien sich über alle Punkte eines Vertrags geeinigt haben, über die nach der
Erklärung auch nur einer Partei eine Vereinbarung getroffen werden soll, ist im
Zweifel der Vertrag nicht geschlossen. Die Verständigung über einzelne Punkte
ist auch dann nicht bindend, wenn eine Aufzeichnung stattgefunden hat.
Ist eine Beurkundung des
beabsichtigten Vertrags verabredet worden, so ist im Zweifel der Vertrag nicht
geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
§ 155. Haben sich die
Parteien bei einem Vertrage, den sie als geschlossen ansehen, über einen Punkt,
über den eine Vereinbarung getroffen werden sollte, in Wirklichkeit nicht
geeinigt, so gilt das Vereinbarte, sofern anzunehmen ist, dass der Vertrag auch
ohne eine Bestimmung über diesen Punkt geschlossen sein würde.
§ 156. Bei einer
Versteigerung kommt der Vertrag erst durch den Zuschlag zu Stande. Ein Gebot
erlischt, wenn ein Uebergebot abgegeben oder die Versteigerung ohne Ertheilung
des Zuschlags geschlossen wird.
§ 157. Verträge sind so
auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
Vierter Titel.
Bedingung. Zeitbestimmung.
§ 158. Wird ein
Rechtsgeschäft unter einer aufschiebenden Bedingung vorgenommen, so tritt die
von der Bedingung abhängig gemachte Wirkung mit dem Eintritte der Bedingung
ein.
Wird ein Rechtsgeschäft unter
einer auflösenden Bedingung vorgenommen, so endigt mit dem Eintritte der
Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts; mit diesem Zeitpunkte tritt der
frühere Rechtszustand wieder ein.
§ 159. Sollen nach dem
Inhalte des Rechtsgeschäfts die an den Eintritt der Bedingung geknüpften Folgen
auf einen früheren Zeitpunkt zurückbezogen werden, so sind im Falle des
Eintritts der Bedingung die Betheiligten verpflichtet, einander zu gewähren,
was sie haben würden, wenn die Folgen in dem früheren Zeitpunkt eingetreten
wären.
§ 160. Wer unter einer
aufschiebenden Bedingung berechtigt ist, kann im Falle des Eintritts der
Bedingung Schadenersatz von dem anderen Theile verlangen, wenn dieser während
der Schwebezeit das von der Bedingung abhängige Recht durch sein Verschulden
vereitelt oder beeinträchtigt.
Den gleichen Anspruch hat
unter denselben Voraussetzungen bei einem unter einer auflösenden Bedingung
vorgenommenen Rechtsgeschäfte derjenige, zu dessen Gunsten der frühere
Rechtszustand wiedereintritt.
§ 161. Hat Jemand unter
einer aufschiebenden Bedingung über einen Gegenstand verfügt, so ist jede
weitere Verfügung, die er während der Schwebezeit über den Gegenstand trifft,
im Falle des Eintritts der Bedingung insoweit unwirksam, als sie die von der
Bedingung abhängige Wirkung vereiteln oder beeinträchtigen würde. Einer solchen
Verfügung steht eine Verfügung gleich, die während der Schwebezeit im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt.
Dasselbe gilt bei einer
auflösenden Bedingung von den Verfügungen desjenigen, dessen Recht mit dem
Eintritte der Bedingung endigt.
Die Vorschriften zu Gunsten
derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden
entsprechende Anwendung.
§ 162. Wird der Eintritt
der Bedingung von der Partei, zu deren Nachtheil er gereichen würde, wider Treu
und Glauben verhindert, so gilt die Bedingung als eingetreten.
Wird der Eintritt der
Bedingung von der Partei, zu deren Vortheil er gereicht, wider Treu und Glauben
herbeigeführt, so gilt der Eintritt als nicht erfolgt.
§ 163. Ist für die Wirkung
eines Rechtsgeschäfts bei dessen Vornahme ein Anfangs- oder ein Endtermin
bestimmt worden, so finden im ersteren Falle die für die aufschiebende, im
letzteren Falle die für die auflösende Bedingung geltenden Vorschriften der §§
158, 160, 161 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Vertretung. Vollmacht.
§ 164. Eine
Willenserklärung, die Jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht im
Namen des Vertretenen abgibt, wirkt unmittelbar für und gegen den Vertretenen.
Es macht keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des
Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände ergeben, daß sie in dessen Namen
erfolgen soll.
Tritt der Wille, in fremdem
Namen zu handeln, nicht erkennbar hervor, so kommt der Mangel des Willens, im
eigenen Namen zu handeln, nicht in Betracht.
Die Vorschriften des Abs. 1
finden entsprechende Anwendung, wenn eine gegenüber einem Anderen abzugebende
Willenserklärung dessen Vertreter gegenüber erfolgt.
§ 165. Die Wirksamkeit
einer von oder gegenüber einem Vertreter abgegebenen Willenserklärung wird
nicht dadurch beeinträchtigt, daß der Vertreter in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist.
§ 166. Soweit die
rechtlichen Folgen einer Willenserklärung durch Willensmängel oder durch die
Kenntniß oder das Kennenmüssen gewisser Umstände beeinflusst werden, kommt
nicht die Person des Vertretenen, sondern die des Vertreters in Betracht.
Hat im Falle einer durch
Rechtsgeschäft ertheilten Vertretungsmacht (Vollmacht) der Vertreter nach
bestimmten Weisungen des Vollmachtgebers gehandelt, so kann sich dieser in
Ansehung solcher Umstände, die er selbst kannte, nicht auf die Unkenntniß des
Vertreters berufen. Dasselbe gilt von Umständen, die der Vollmachtgeber kennen
mußte, sofern das Kennenmüssen der Kenntniß gleichsteht.
§ 167. Die Ertheilung der
Vollmacht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem zu Bevollmächtigenden oder dem
Dritten, dem gegenüber die Vertretung stattfinden soll.
Die Erklärung bedarf nicht
der Form, welche für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das sich die
Vollmacht bezieht.
§ 168. Das Erlöschen der
Vollmacht bestimmt sich nach dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden
Rechtsverhältnisse. Die Vollmacht ist auch bei dem Fortbestehen des
Rechtsverhältnisses widerruflich, sofern sich nicht aus diesem ein Anderes
ergiebt. Auf die Erklärung des Widerrufs findet die Vorschrift des § 167 Abs. 1
entsprechende Anwendung.
§ 169. Soweit nach den §§
674, 729 die erloschene Vollmacht eines Beauftragten oder eines
geschäftsführenden Gesellschafters als fortbestehend gilt, wirkt sie nicht zu
Gunsten eines Dritten, der bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts das Erlöschen
kennt oder kennen muß.
§ 170. Wird die Vollmacht
durch Erklärung gegenüber einem Dritten ertheilt, so bleibt sie diesem
gegenüber in Kraft, bis ihm das Erlöschen von dem Vollmachtgeber angezeigt
wird.
§ 171. Hat Jemand durch
besondere Mittheilung an einen Dritten oder durch öffentliche Bekanntmachung
kundgegeben, dass er einen Anderen bevollmächtigt habe, so ist dieser auf Grund
der Kundgebung im ersteren Falle dem Dritten gegenüber, im letzteren Falle
jedem Dritten gegenüber zur Vertretung befugt.
Die Vertretungsmacht bleibt
bestehen, bis die Kundgebung in derselben Weise, wie sie erfolgt ist,
widerrufen wird.
§ 172. Der besonderen
Mittheilung einer Bevollmächtigung durch den Vollmachtgeber steht es gleich,
wenn dieser dem Vertreter eine Vollmachtsurkunde ausgehändigt hat und der
Vertreter sie dem Dritten vorlegt.
Die Vertretungsmacht bleibt
bestehen, bis die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber zurückgegeben oder für
kraftlos erklärt wird.
§ 173. Die Vorschriften des
§ 170, des § 171 Abs. 2 und des § 172 Abs. 2 finden keine Anwendung, wenn der
Dritte das Erlöschen der Vertretungsmacht bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts
kennt oder kennen muß.
§ 174. Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem Anderen gegenüber vornimmt, ist
unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und
der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die
Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den Anderen von der
Bevollmächtigung in Kenntniß gesetzt hatte.
§ 175. Nach dem Erlöschen
der Vollmacht hat der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde dem Vollmachtgeber
zurückzugeben; ein Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu.
§ 176. Der Vollmachtgeber
kann die Vollmachtsurkunde durch eine öffentliche Bekanntmachung für kraftlos
erklären; die Kraftloserklärung muß nach den für die öffentliche Zustellung
einer Ladung geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung veröffentlicht
werden. Mit dem Ablauf eines Monats nach der letzten Einrückung in die
öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung wirksam.
Zuständig für die
Bewilligung der Veröffentlichung ist sowohl das Amtsgericht, in dessen Bezirke
der Vollmachtgeber seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, als das Amtsgericht,
welches für die Klage auf Rückgabe der Urkunde, abgesehen von dem Werthe des
Streitgegenstandes, zuständig sein würde.
Die Kraftloserklärung ist
unwirksam, wenn der Vollmachtgeber die Vollmacht nicht widerrufen kann.
§ 177. Schließt Jemand ohne
Vertretungsmacht im Namen eines Anderen einen Vertrag, so hängt die Wirksamkeit
des Vertrags für und gegen den Vertretenen von dessen Genehmigung ab.
Fordert der andere Theil
den Vertretenen zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung
nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Vertreter gegenüber
erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die
Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der
Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als
verweigert.
§ 178. Bis zur Genehmigung
des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt, es sei denn, daß er
den Mangel der Vertretungsmacht bei dem Abschlusse des Vertrags gekannt hat.
Der Widerruf kann auch dem Vertreter gegenüber erklärt werden.
§ 179. Wer als Vertreter
einen Vertrag geschlossen hat, ist, sofern er nicht seine Vertretungsmacht
nachweist, dem anderen Theile nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum
Schadensersatze verpflichtet, wenn der Vertretene die Genehmigung des Vertrags
verweigert.
Hat der Vertreter den
Mangel der Vertretungsmacht nicht gekannt, so ist er nur zum Ersatze desjenigen
Schadens verpflichtet, welchen der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf
die Vertretungsmacht vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses
hinaus, welches der andere Theil an der Wirksamkeit des Vertrags hat.
Der Vertreter haftet nicht,
wenn der andere Theil den Mangel der Vertretungsmacht kannte oder kennen mußte.
Der Vertreter haftet auch dann nicht, wenn er in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt war, es sei denn, dass er mit Zustimmung seines gesetzlichen
Vertreters gehandelt hat.
§ 180. Bei einem
einseitigen Rechtsgeschäft ist Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig. Hat
jedoch derjenige, welchem gegenüber ein solches Rechtsgeschäft vorzunehmen war,
die von dem Vertreter behauptete Vertretungsmacht bei der Vornahme des
Rechtsgeschäfts nicht beanstandet oder ist er damit einverstanden gewesen, daß
der Vertreter ohne Vertretungsmacht handele, so finden die Vorschriften über
Verträge entsprechende Anwendung. Das Gleiche gilt, wenn ein einseitiges
Rechtsgeschäft gegenüber einem Vertreter ohne Vertretungsmacht mit dessen Einverständnisse vorgenommen wird.
§ 181. Ein Vertreter kann,
soweit nicht ein Anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich
im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht
vornehmen, es sei denn, daß das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung
einer Verbindlichkeit besteht.
Sechster Titel.
Einwilligung. Genehmigung.
§ 182. Hängt die
Wirksamkeit eines Vertrags oder eines einseitigen Rechtsgeschäfts, das einem
Anderen gegenüber vorzunehmen ist, von der Zustimmung eines Dritten ab, so kann
die Ertheilung sowie die Verweigerung der Zustimmung sowohl dem einen als dem
anderen Theile gegenüber erklärt werden.
Die Zustimmung bedarf nicht
der für das Rechtsgeschäft bestimmten Form.
Wird ein einseitiges Rechtsgeschäft,
dessen Wirksamkeit von der Zustimmung eines Dritten abhängt, mit Einwilligung
des Dritten vorgenommen, so finden die Vorschriften des § 111 Satz 2, 3
entsprechende Anwendung.
§ 183. Die vorherige
Zustimmung (Einwilligung) ist bis zur Vornahme des Rechtsgeschäfts
widerruflich, soweit nicht aus dem ihrer Ertheilung zu Grunde liegenden
Rechtsverhältnisse sich ein Anderes ergiebt. Der Widerruf kann sowohl dem einen
als dem anderen Theile gegenüber erklärt werden.
§ 184. Die nachträgliche
Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des
Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
Durch die Rückwirkung
werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand
des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt sind.
§ 185. Eine Verfügung, die
ein Nichtberechtigter über einen Gegenstand trifft, ist wirksam, wenn sie mit
Einwilligung des Berechtigten erfolgt.
Die Verfügung wird wirksam,
wenn der Berechtigte sie genehmigt oder wenn der Verfügende den Gegenstand
erwirbt oder wenn er von dem Berechtigten beerbt wird und dieser für die
Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt haftet. In den beiden letzteren Fällen
wird, wenn über den Gegenstand mehrere mit einander nicht in Einklang stehende
Verfügungen getroffen worden sind, nur die frühere Verfügung wirksam.
Vierter Abschnitt.
Fristen. Termine.
§ 186. Für die in Gesetzen,
gerichtlichen Verfügungen und Rechtsgeschäften enthaltenen Frist- und
Terminsbestimmungen gelten die Auslegungsvorschriften der §§ 187 bis 193.
§ 187. Ist für den Anfang
einer Frist ein Ereigniß oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt
maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in
welchen das Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt.
Ist der Beginn eines Tages
der für den Anfang einer Frist maßgebende Zeitpunkt, so wird dieser Tag bei der
Berechnung der Frist mitgerechnet. Das Gleiche gilt von dem Tage der Geburt bei
der Berechnung des Lebensalters.
§ 188. Eine nach Tagen
bestimmte Frist endigt mit dem Ablaufe des letzten Tages der Frist.
Eine Frist, die nach
Wochen, nach Monaten oder nach einem mehrere Monate umfassenden Zeitraume –
Jahr, halbes Jahr, Vierteljahr – bestimmt ist, endigt im Falle des § 187 Abs. 1
mit dem Ablaufe desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats,
welcher durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tage entspricht, in den das
Ereigniß oder der Zeitpunkt fällt, im Falle des § 187 Abs. 2 mit dem Ablaufe
desjenigen Tages der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher dem Tage
vorhergeht, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Anfangstage der Frist
entspricht.
Fehlt bei einer nach
Monaten bestimmten Frist in dem letzten Monate der für ihren Ablauf maßgebende
Tag, so endigt die Frist mit dem Ablaufe des letzten Tages dieses Monats.
§ 189. Unter einem halben
Jahre wird eine Frist von sechs Monaten, unter einem Vierteljahre eine Frist
von drei Monaten, unter einem halben Monat eine Frist von fünfzehn Tagen
verstanden.
Ist eine Frist auf einen
oder mehrere ganze Monate und einen halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn
Tage zuletzt zu zählen.
§ 190. Im Falle der
Verlängerung einer Frist wird die neue Frist von dem Ablaufe der vorigen Frist
an berechnet.
§ 191. Ist ein Zeitraum
nach Monaten oder nach Jahren in dem Sinne bestimmt, daß er nicht
zusammenhängend zu verlaufen braucht, so wird der Monat zu dreißig, das Jahr zu
dreihundertfünfundsechzig Tagen gerechnet.
§ 192. Unter Anfang des
Monats wird der erste, unter Mitte des Monats der fünfzehnte, unter Ende des
Monats der letzte Tag des Monats verstanden.
§ 193. Ist an einem
bestimmten Tage oder innerhalb einer Frist eine Willenserklärung abzugeben oder
eine Leistung zu bewirken und fällt der bestimmte Tag oder der letzte Tag der
Frist auf einen Sonntag oder einen am Erklärungs- oder Leistungsorte staatlich
anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle des Sonntags oder des
Feiertags der nächstfolgende Werktag.
Fünfter Abschnitt.
Verjährung.
§ 194. Das Recht, von einem
Anderen ein Thun oder ein Unterlassen zu verlangen (Anspruch), unterliegt der
Verjährung.
Der Anspruch aus einem familienrechtlichen Verhältniß unterliegt der
Verjährung nicht, soweit er auf die Herstellung des dem Verhältniß
entsprechenden Zustandes für die Zukunft gerichtet ist.
§ 195. Die regelmäßige
Verjährungsfrist beträgt dreißig Jahre.
§ 196. In zwei Jahren
verjähren die Ansprüche:
1. der
Kaufleute, Fabrikanten, Handwerker und derjenigen, welche ein Kunstgewerbe
betreiben, für Lieferung von Waaren, Ausführung von Arbeiten und Besorgung
fremder Geschäfte, mit Einschluß der Auslagen, es sei denn, daß die Leistung
für den Gewerbebetrieb des Schuldners erfolgt;
2.
derjenigen, welche Land- oder Forstwirthschaft betreiben, für Lieferung von
land- oder forstwirthschaftlichen Erzeugnissen, sofern die Lieferung zur
Verwendung im Haushalte des Schuldners erfolgt;
3. der
Eisenbahnunternehmungen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten
wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohns, mit Einschluß der
Auslagen;
4. der
Gastwirthe und derjenigen, welche Speisen oder Getränke gewerbsmäßig
verabreichen, für Gewährung von Wohnung und Beköstigung sowie für andere den
Gästen zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß
der Auslagen;
5.
derjenigen, welche Lotterieloose vertreiben, aus dem Vertriebe der Loose, es
sei denn, daß die Loose zum Weitervertriebe geliefert werden;
6.
derjenigen, welche bewegliche Sachen gewerbsmäßig vermiethen, wegen des
Miethzinses;
7.
derjenigen, welche, ohne zu den in Nr. 1 bezeichneten Personen zu gehören, die
Besorgung fremder Geschäfte oder die Leistung von Diensten gewerbsmäßig
betreiben, wegen der ihnen aus dem Gewerbebetriebe gebührenden Vergütungen, mit
Einschluß der Auslagen;
8.
derjenigen, welche im Privatdienste stehen, wegen des Gehalts, Lohnes oder
anderer Dienstbezüge, mit Einschluß der Auslagen, sowie der Dienstberechtigten
wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse;
9. der
gewerblichen Arbeiter – Gesellen, Gehülfen, Lehrlinge, Fabrikarbeiter –, der
Tagelöhner und Handarbeiter wegen des Lohnes und anderer an Stelle oder als
Theil des Lohnes vereinbarter Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, sowie der
Arbeitgeber wegen der auf solche Ansprüche gewährten Vorschüsse;
10. der
Lehrherren und Lehrmeister wegen des Lehrgeldes und anderer im Lehrvertrage
vereinbarter Leistungen sowie wegen der für die Lehrlinge bestrittenen
Auslagen;
11. der
öffentlichen Anstalten, welche dem Unterrichte, der Erziehung, Verpflegung oder
Heilung dienen, sowie der Inhaber von Privatanstalten solcher Art für Gewährung
von Unterricht, Verpflegung oder Heilung und für die damit zusammenhängenden
Aufwendungen;
12.
derjenigen, welche Personen zur Verpflegung oder zur Erziehung aufnehmen, für
Leistungen und Aufwendungen der in Nr. 11 bezeichneten Art;
13. der
öffentlichen Lehrer und der Privatlehrer wegen ihrer Honorare, die Ansprüche
der öffentlichen Lehrer jedoch nicht, wenn sie auf Grund besonderer
Einrichtungen gestundet sind;
14. der
Aerzte, insbesondere auch der Wundärzte, Geburtshelfer, Zahnärzte und
Tierärzte, sowie der Hebammen für ihre Dienstleistungen, mit Einschluß der
Auslagen;
15. der
Rechtsanwälte, Notare und Gerichtsvollzieher sowie aller Personen, die zur
Besorgung gewisser Geschäfte öffentlich bestellt oder zugelassen sind, wegen
ihrer Gebühren und Auslagen, soweit nicht diese zur Staatskasse fließen;
16. der
Parteien wegen der ihren Rechtsanwälten geleisteten Vorschüsse;
17. der
Zeugen und Sachverständigen wegen ihrer Gebühren und Auslagen.
Soweit die im Abs. 1 Nr. 1,
2, 5 bezeichneten Ansprüche nicht der Verjährung von zwei Jahren unterliegen,
verjähren sie in vier Jahren.
§ 197. In vier Jahren
verjähren die Ansprüche auf Rückstände von Zinsen, mit Einschluß der als
Zuschlag zu den Zinsen zum Zwecke allmählicher Tilgung des Kapitals zu
entrichtenden Beträge, die Ansprüche auf Rückstände von Mieth- und Pachtzinsen,
soweit sie nicht unter die Vorschrift des § 196 Abs. 1 Nr. 6 fallen, und die
Ansprüche auf Rückstände von Renten, Auszugsleistungen, Besoldungen,
Wartegeldern, Ruhegehalten, Unterhaltsbeiträgen und allen anderen regelmäßig
wiederkehrenden Leistungen.
§ 198. Die Verjährung
beginnt mit der Entstehung des Anspruchs. Geht der Anspruch auf ein
Unterlassen, so beginnt die Verjährung mit der Zuwiderhandlung.
§ 199. Kann der Berechtigte
die Leistung erst verlangen, wenn er dem Verpflichteten gekündigt hat, so
beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte, von welchem an die Kündigung
zulässig ist. Hat der Verpflichtete die Leistung erst zu bewirken, wenn seit
der Kündigung eine bestimmte Frist verstrichen ist, so wird der Beginn der
Verjährung um die Dauer der Frist hinausgeschoben.
§ 200. Hängt die Entstehung
eines Anspruchs davon ab, daß der Berechtigte von einem ihm zustehenden
Anfechtungsrechte Gebrauch macht, so beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte,
von welchem an die Anfechtung zulässig ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die
Anfechtung sich auf ein familienrechtliches Verhältniß bezieht.
§ 201. Die Verjährung der
in den §§ 196, 197 bezeichneten Ansprüche beginnt mit dem Schlusse des Jahres,
in welchem der nach den §§ 198 bis 200 maßgebende Zeitpunkt eintritt. Kann die
Leistung erst nach dem Ablauf einer über diesen Zeitpunkt hinausreichenden
Frist verlangt werden, so beginnt die Verjährung mit dem Schlusse des Jahres,
in welchem die Frist abläuft.
§ 202. Die Verjährung ist
gehemmt, solange die Leistung gestundet oder der Verpflichtete aus einem
anderen Grunde vorübergehend zur Verweigerung der Leistung berechtigt ist.
Diese Vorschrift findet
keine Anwendung auf die Einrede des Zurückbehaltungsrechts, des nicht erfüllten
Vertrags, der mangelnden Sicherheitsleistung, der Vorausklage sowie auf die
nach § 770 dem Bürgen und nach den §§ 2014, 2015 dem Erben zustehenden
Einreden.
§ 203. Die Verjährung ist
gehemmt, solange der Berechtigte durch Stillstand der Rechtspflege innerhalb
der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist an der Rechtsverfolgung
verhindert ist.
Das Gleiche gilt, wenn eine
solche Verhinderung in anderer Weise durch höhere Gewalt herbeigeführt wird.
§ 204. Die Verjährung von
Ansprüchen zwischen Ehegatten ist gehemmt, solange die Ehe besteht. Das Gleiche
gilt von Ansprüchen zwischen Eltern und Kindern während der Minderjährigkeit
der Kinder und von Ansprüchen zwischen dem Vormund und dem Mündel während der
Dauer des Vormundschaftsverhältnisses.
§ 205. Der Zeitraum,
während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die
Verjährungsfrist nicht eingerechnet.
§ 206. Ist eine
geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person ohne
gesetzlichen Vertreter, so wird die gegen sie laufende Verjährung nicht vor dem
Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in welchem die Person
unbeschränkt geschäftsfähig wird oder der Mangel der Vertretung aufhört. Ist
die Verjährungsfrist kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung
bestimmte Zeitraum an die Stelle der sechs Monate.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, soweit eine in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Person
prozeßfähig ist.
§ 207. Die Verjährung eines
Anspruchs, der zu einem Nachlasse gehört oder sich gegen einen Nachlaß richtet,
wird nicht vor dem Ablaufe von sechs Monaten nach dem Zeitpunkte vollendet, in
welchem die Erbschaft von dem Erben angenommen oder der Konkurs über den
Nachlaß eröffnet wird oder von welchem an der Anspruch von einem Vertreter oder
gegen einen Vertreter geltend gemacht werden kann. Ist die Verjährungsfrist
kürzer als sechs Monate, so tritt der für die Verjährung bestimmte Zeitraum an
die Stelle der sechs Monate.
§ 208. Die Verjährung wird
unterbrochen, wenn der Verpflichtete dem Berechtigten gegenüber den Anspruch
durch Abschlagzahlung, Zinszahlung, Sicherheitsleistung oder in anderer Weise
anerkennt.
§ 209. Die Verjährung wird
unterbrochen, wenn der Berechtigte auf Befriedigung oder auf Feststellung des
Anspruchs, auf Ertheilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlassung des
Vollstreckungsurtheils Klage erhebt.
Der Erhebung der Klage
stehen gleich:
1. die Zustellung eines Zahlungsbefehls im
Mahnverfahren;
2. die
Anmeldung des Anspruchs im Konkurse;
3. die
Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozesse;
4. die
Streitverkündung in dem Prozesse, von dessen Ausgange der Anspruch abhängt;
5. die Vornahme einer Vollstreckungshandlung und,
soweit die Zwangsvollstreckung den Gerichten oder anderen Behörden zugewiesen
ist, die Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung.
§ 210. Hängt die
Zulässigkeit des Rechtswegs von der Vorentscheidung einer Behörde ab oder hat
die Bestimmung des zuständigen Gerichts durch ein höheres Gericht zu erfolgen,
so wird die Verjährung durch die Einreichung des Gesuchs an die Behörde oder
das höhere Gericht in gleicher Weise wie durch Klagerhebung unterbrochen, wenn die
Klage binnen drei Monaten nach der Erledigung des Gesuchs erhoben wird. Auf
diese Frist finden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende
Anwendung.
§ 211. Die Unterbrechung
durch Klagerhebung dauert fort, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder
anderweit erledigt ist.
Geräth der Prozeß in Folge
einer Vereinbarung oder dadurch, daß er nicht betrieben wird, in Stillstand, so
endigt die Unterbrechung mit der letzten Prozeßhandlung der Parteien oder des
Gerichts. Die nach der Beendigung der Unterbrechung beginnende neue Verjährung
wird dadurch, dass eine der Parteien den Prozeß weiter betreibt, in gleicher
Weise wie durch Klagerhebung unterbrochen.
§ 212. Die Unterbrechung
durch Klagerhebung gilt als nicht erfolgt, wenn die Klage zurückgenommen oder
durch ein nicht in der Sache selbst entscheidendes Urtheil rechtskräftig
abgewiesen wird.
Erhebt der Berechtigte
binnen sechs Monaten von neuem Klage, so gilt die
Verjährung als durch die Erhebung der ersten Klage unterbrochen. Auf diese
Frist finden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§ 213. Die Unterbrechung
durch Zustellung eines Zahlungsbefehls im Mahnverfahren gilt als nicht erfolgt,
wenn die Wirkungen der Rechtshängigkeit erlöschen.
§ 214. Die Unterbrechung
durch Anmeldung im Konkurse dauert fort, bis der Konkurs beendigt ist.
Die Unterbrechung gilt als
nicht erfolgt, wenn die Anmeldung zurückgenommen wird.
Wird bei der Beendigung des
Konkurses für eine Forderung, die in Folge eines bei der Prüfung erhobenen
Widerspruchs in Prozeß befangen ist, ein Betrag zurückbehalten, so dauert die
Unterbrechung auch nach der Beendigung des Konkurses fort; das Ende der
Unterbrechung bestimmt sich nach den Vorschriften des § 211.
§ 215. Die Unterbrechung
durch Geltendmachung der Aufrechnung im Prozeß oder durch Streitverkündung
dauert fort, bis der Prozeß rechtskräftig entschieden oder anderweit erledigt
ist; die Vorschriften des § 211 Abs. 2 finden Anwendung.
Die Unterbrechung gilt als
nicht erfolgt, wenn nicht binnen sechs Monaten nach der Beendigung des
Prozesses Klage auf Befriedigung oder Feststellung des Anspruchs erhoben wird.
Auf diese Frist finden die Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende
Anwendung.
§ 216. Die Unterbrechung
durch Vornahme einer Vollstreckungshandlung gilt als nicht erfolgt, wenn die
Vollstreckungsmaßregel auf Antrag des Berechtigten oder wegen Mangels der
gesetzlichen Voraussetzungen aufgehoben wird.
Die Unterbrechung durch
Stellung des Antrags auf Zwangsvollstreckung gilt als nicht erfolgt, wenn dem
Antrage nicht stattgegeben oder der Antrag vor der Vornahme der
Vollstreckungshandlung zurückgenommen oder die erwirkte Vollstreckungsmaßregel
nach Abs. 1 aufgehoben wird.
§ 217. Wird die Verjährung
unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in
Betracht; eine neue Verjährung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung
beginnen.
§ 218. Ein rechtskräftig
festgestellter Anspruch verjährt in dreißig Jahren, auch wenn er an sich einer
kürzeren Verjährung unterliegt. Das Gleiche gilt von dem Anspruch aus einem
vollstreckbaren Vergleich oder einer vollstreckbaren Urkunde sowie von einem
Anspruche, welcher durch die im Konkurs erfolgte Feststellung vollstreckbar
geworden ist.
Soweit sich die
Feststellung auf regelmäßig wiederkehrende, erst künftig fällig werdende
Leistungen bezieht, bewendet es bei der kürzeren Verjährungsfrist.
§ 219. Als rechtskräftige
Entscheidung im Sinne des § 211 Abs. 1 und des § 218 Abs. 1 gilt auch ein unter
Vorbehalt ergangenes rechtskräftiges Urtheil.
§ 220. Ist der Anspruch vor
einem Schiedsgericht oder einem besonderen Gerichte, vor einem
Verwaltungsgericht oder einer Verwaltungsbehörde geltend zu machen, so finden
die Vorschriften der §§ 209 bis 213, 215, 216, 218, 219 entsprechende
Anwendung.
Sind in dem Schiedsvertrage
die Schiedsrichter nicht ernannt oder ist die Ernennung eines Schiedsrichters
aus einem anderen Grunde erforderlich oder kann das Schiedsgericht erst nach
der Erfüllung einer sonstigen Voraussetzung angerufen werden, so wird die
Verjährung schon dadurch unterbrochen, dass der Berechtigte das zur Erledigung
der Sache seinerseits Erforderliche vornimmt.
§ 221. Gelangt eine Sache,
in Ansehung deren ein dinglicher Anspruch besteht, durch Rechtsnachfolge in den
Besitz eines Dritten, so kommt die während des Besitzes des Rechtsvorgängers
verstrichene Verjährungszeit dem Rechtsnachfolger zu Statten.
§ 222. Nach der Vollendung
der Verjährung ist der Verpflichtete berechtigt, die Leistung zu verweigern.
Das zur Befriedigung eines
verjährten Anspruchs Geleistete kann nicht zurückgefordert werden, auch wenn
die Leistung in Unkenntniß der Verjährung bewirkt worden ist. Das Gleiche gilt
von einem vertragsmäßigen Anerkenntnisse sowie einer Sicherheitsleistung des
Verpflichteten.
§ 223. Die Verjährung eines
Anspruchs, für den eine Hypothek oder ein Pfandrecht besteht, hindert den
Berechtigten nicht, seine Befriedigung aus dem verhafteten Gegenstande zu
suchen.
Ist zur Sicherung eines
Anspruchs ein Recht übertragen worden, so kann die Rückübertragung nicht auf Grund
der Verjährung des Anspruchs gefordert werden.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung bei der Verjährung von Ansprüchen auf Rückstände von Zinsen
oder anderen wiederkehrenden Leistungen.
§ 224. Mit dem
Hauptanspruche verjährt der Anspruch auf die von ihm abhängenden
Nebenleistungen, auch wenn die für diesen Anspruch geltende besondere
Verjährung noch nicht vollendet ist.
§ 225. Die Verjährung kann
durch Rechtsgeschäft weder ausgeschlossen noch erschwert werden. Erleichterung
der Verjährung, insbesondere Abkürzung der Verjährungsfrist, ist zulässig.
Sechster Abschnitt.
Ausübung der Rechte.
Selbstvertheidigung. Selbsthülfe.
§ 226. Die Ausübung eines
Rechtes ist unzulässig, wenn sie nur den Zweck haben kann, einem Anderen
Schaden zuzufügen.
§ 227. Eine durch Nothwehr
gebotene Handlung ist nicht widerrechtlich.
Nothwehr ist diejenige
Vertheidigung, welche erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen
Angriff von sich oder einem Anderen abzuwenden.
§ 228. Wer eine fremde
Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder
einem Anderen abzuwenden, handelt nicht widerrechtlich, wenn die Beschädigung
oder die Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden
nicht außer Verhältniß zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr
verschuldet, so ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
§ 229. Wer zum Zwecke der
Selbsthülfe eine Sache wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder wer zum Zwecke
der Selbsthülfe einen Verpflichteten, welcher der Flucht verdächtig ist,
festnimmt oder den Widerstand des Verpflichteten gegen eine Handlung, die
dieser zu dulden verpflichtet ist, beseitigt, handelt nicht widerrechtlich,
wenn obrigkeitliche Hülfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist und ohne sofortiges
Eingreifen die Gefahr besteht, daß die Verwirklichung des Anspruchs vereitelt
oder wesentlich erschwert werde.
§ 230. Die Selbsthülfe darf
nicht weiter gehen, als zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist.
Im Falle der Wegnahme von
Sachen ist, sofern nicht Zwangsvollstreckung erwirkt wird, der dingliche Arrest
zu beantragen.
Im Falle der Festnahme des
Verpflichteten ist, sofern er nicht wieder in Freiheit gesetzt wird, der
persönliche Sicherheitsarrest bei dem Amtsgerichte zu beantragen, in dessen
Bezirke die Festnahme erfolgt ist; der Verpflichtete ist unverzüglich dem
Gerichte vorzuführen.
Wird der Arrestantrag
verzögert oder abgelehnt, so hat die Rückgabe der
weggenommenen Sachen und die Freilassung des Festgenommenen unverzüglich zu
erfolgen.
§ 231. Wer eine der im §
229 bezeichneten Handlungen in der irrigen Annahme vornimmt, daß die für den
Ausschluß der Widerrechtlichkeit erforderlichen Voraussetzungen vorhanden
seien, ist dem anderen Theile zum Schadensersatze verpflichtet, auch wenn der
Irrthum nicht auf Fahrlässigkeit beruht.
Siebenter Abschnitt.
Sicherheitsleistung.
§ 232. Wer Sicherheit zu
leisten hat, kann dies bewirken:
1. durch
Hinterlegung von Geld oder Werthpapieren,
2. durch
Verpfändung von Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder in das
Staatsschuldbuch eines Bundesstaats eingetragen sind,
3. durch
Verpfändung beweglicher Sachen,
4. durch
Bestellung von Hypotheken an inländischen Grundstücken,
5. durch
Verpfändung von Forderungen, für die eine Hypothek an einem inländischen
Grundstücke besteht, oder durch Verpfändung von Grundschulden oder
Rentenschulden an inländischen Grundstücken.
Kann die Sicherheit nicht
in dieser Weise geleistet werden, so ist die Stellung eines tauglichen Bürgen
zulässig.
§ 233. Mit der Hinterlegung
erwirbt der Berechtigte ein Pfandrecht an dem hinterlegten Gelde oder an den
hinterlegten Werthpapieren und, wenn das Geld oder die Werthpapiere nach
landesgesetzlicher Vorschrift in das Eigenthum des Fiskus oder der als
Hinterlegungsstelle bestimmten Anstalt übergehen, ein Pfandrecht an der
Forderung auf Rückerstattung.
§ 234. Werthpapiere sind
zur Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie auf den Inhaber lauten, einen
Kurswerth haben und einer Gattung angehören, in der Mündelgeld angelegt werden
darf. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament
versehen sind.
Mit den Werthpapieren sind
die Zins-, Renten-, Gewinnantheil- und Erneuerungsscheine zu hinterlegen.
Mit Werthpapieren kann
Sicherheit nur in Höhe von drei Viertheilen des Kurswerths geleistet werden.
§ 235. Wer durch
Hinterlegung von Geld oder von Werthpapieren Sicherheit geleistet hat, ist
berechtigt, das hinterlegte Geld gegen geeignete Werthpapiere, die hinterlegten
Werthpapiere gegen andere geeignete Werthpapiere oder gegen Geld umzutauschen.
§ 236. Mit einer
Buchforderung gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaat kann Sicherheit nur
in Höhe von drei Viertheilen des Kurswerths der Werthpapiere geleistet werden,
deren Aushändigung der Gläubiger gegen Löschung seiner Forderung verlangen
kann.
§ 237. Mit einer
beweglichen Sache kann Sicherheit nur in Höhe von zwei Drittheilen des
Schätzungswerths geleistet werden. Sachen, deren Verderb zu besorgen oder deren
Aufbewahrung mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, können
zurückgewiesen werden.
§ 238. Eine
Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld ist zur
Sicherheitsleistung nur geeignet, wenn sie den Voraussetzungen entspricht,
unter denen am Orte der Sicherheitsleistung Mündelgeld in
Hypothekenforderungen, Grundschulden oder Rentenschulden angelegt werden darf.
Eine Forderung, für die
eine Sicherungshypothek besteht, ist zur Sicherheitsleistung nicht geeignet.
§ 239. Ein Bürge ist
tauglich, wenn er ein der Höhe der zu leistenden Sicherheit angemessenes
Vermögen besitzt und seinen allgemeinen Gerichtsstand im Inlande hat.
Die Bürgschaftserklärung
muß den Verzicht auf die Einrede der Vorausklage enthalten.
§ 240. Wird die geleistete
Sicherheit ohne Verschulden des Berechtigten unzureichend, so ist sie zu
ergänzen oder anderweitige Sicherheit zu leisten.
Zweites Buch.
Recht der
Schuldverhältnisse.
Erster Abschnitt.
Inhalt der
Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Verpflichtung zur Leistung.
§ 241. Kraft des
Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung
zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.
§ 242. Der Schuldner ist
verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht
auf die Verkehrssitte es erfordern.
§ 243. Wer eine nur der
Gattung nach bestimmte Sache schuldet, hat eine Sache von mittlerer Art und
Güte zu leisten.
Hat der Schuldner das zur
Leistung einer solchen Sache seinerseits Erforderliche gethan, so beschränkt
sich das Schuldverhältniß auf diese Sache.
§ 244. Ist eine in
ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inlande zu zahlen, so kann die
Zahlung in Reichswährung erfolgen, es sei denn, daß Zahlung in ausländischer
Währung ausdrücklich bedungen ist.
Die Umrechnung erfolgt nach
dem Kurswerthe, der zur Zeit der Zahlung für den Zahlungsort maßgebend ist.
§ 245. Ist eine Geldschuld
in einer bestimmten Münzsorte zu zahlen, die sich zur Zeit der Zahlung nicht
mehr im Umlaufe befindet, so ist die Zahlung so zu leisten, wie wenn die
Münzsorte nicht bestimmt wäre.
§ 246. Ist eine Schuld nach
Gesetz oder Rechtsgeschäft zu verzinsen, so sind vier vom Hundert für das Jahr
zu entrichten, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist.
§ 247. Ist ein höherer
Zinssatz als sechs vom Hundert für das Jahr vereinbart, so kann der Schuldner
nach dem Ablaufe von sechs Monaten das Kapital unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von sechs Monaten kündigen. Das Kündigungsrecht kann nicht
durch Vertrag ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Diese Vorschriften gelten
nicht für Schuldverschreibungen auf den Inhaber.
§ 248. Eine im voraus getroffene Vereinbarung, daß fällige Zinsen wieder
Zinsen tragen sollen, ist nichtig.
Sparkassen, Kreditanstalten
und Inhaber von Bankgeschäften können im voraus
vereinbaren, daß nicht erhobene Zinsen von Einlagen als neue verzinsliche Einlagen
gelten sollen. Kreditanstalten, die berechtigt sind, für den Betrag der von
ihnen gewährten Darlehen verzinsliche Schuldverschreibungen auf den Inhaber
auszugeben, können sich bei solchen Darlehen die Verzinsung rückständiger
Zinsen im voraus versprechen lassen.
§ 249. Wer zum
Schadensersatze verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen
würde, wenn der zum Ersatze verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Ist
wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz
zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen
Geldbetrag verlangen.
§ 250. Der Gläubiger kann
dem Ersatzpflichtigen zur Herstellung eine angemessene Frist mit der Erklärung
bestimmen, daß er die Herstellung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem
Ablaufe der Frist kann der Gläubiger den Ersatz in Geld verlangen, wenn nicht
die Herstellung rechtzeitig erfolgt; der Anspruch auf die Herstellung ist
ausgeschlossen.
§ 251. Soweit die
Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend
ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
Der Ersatzpflichtige kann
den Gläubiger in Geld entschädigen, wenn die Herstellung nur mit
unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich ist.
§ 252. Der zu ersetzende
Schaden umfaßt auch den entgangenen Gewinn. Als entgangen gilt der Gewinn,
welcher nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge oder nach den besonderen
Umständen, insbesondere nach den getroffenen Anstalten und Vorkehrungen, mit
Wahrscheinlichkeit erwartet werden konnte.
§ 253. Wegen eines
Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den
durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.
§ 254. Hat bei der
Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt
die Verpflichtung zum Ersatze sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von
den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem
einen oder dem anderen Theile verursacht worden ist.
Dies gilt auch dann, wenn
sich das Verschulden des Beschädigten darauf beschränkt, daß er unterlassen
hat, den Schuldner auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens aufmerksam
zu machen, die der Schuldner weder kannte noch kennen mußte, oder daß er
unterlassen hat, den Schaden abzuwenden oder zu mindern. Die Vorschrift des §
278 findet entsprechende Anwendung.
§ 255. Wer für den Verlust
einer Sache oder eines Rechtes Schadensersatz zu leisten hat, ist zum Ersatze
nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem Ersatzberechtigten auf
Grund des Eigenthums an der Sache oder auf Grund des Rechtes gegen Dritte
zustehen.
§ 256. Wer zum Ersatze von
Aufwendungen verpflichtet ist, hat den aufgewendeten Betrag oder, wenn andere
Gegenstände als Geld aufgewendet worden sind, den als Ersatz ihres Werthes zu
zahlenden Betrag von der Zeit der Aufwendung an zu verzinsen. Sind Aufwendungen
auf einen Gegenstand gemacht worden, der dem Ersatzpflichtigen herauszugeben
ist, so sind Zinsen für die Zeit, für welche dem Ersatzberechtigten die
Nutzungen oder die Früchte des Gegenstandes ohne Vergütung verbleiben, nicht zu
entrichten.
§ 257. Wer berechtigt ist,
Ersatz für Aufwendungen zu verlangen, die er für einen bestimmten Zweck macht,
kann, wenn er für diesen Zweck eine Verbindlichkeit eingeht, Befreiung von der
Verbindlichkeit verlangen. Ist die Verbindlichkeit noch nicht fällig, so kann
ihm der Ersatzpflichtige, statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§ 258. Wer berechtigt ist,
von einer Sache, die er einem Anderen herauszugeben hat, eine Einrichtung
wegzunehmen, hat im Falle der Wegnahme die Sache auf seine Kosten in den
vorigen Stand zu setzen. Erlangt der Andere den Besitz der Sache, so ist er
verpflichtet, die Wegnahme der Einrichtung zu gestatten; er kann die Gestattung
verweigern, bis ihm für den mit der Wegnahme verbundenen Schaden Sicherheit
geleistet wird.
§ 259. Wer verpflichtet
ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung Rechenschaft
abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der
Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzutheilen und, soweit
Belege ertheilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
Besteht Grund zu der
Annahme, daß die in der Rechnung enthaltenen Angaben über die Einnahmen nicht
mit der erforderlichen Sorgfalt gemacht worden sind, so hat der Verpflichtete
auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu leisten:
● daß er nach bestem
Wissen die Einnahmen so vollständig angegeben habe,
● als er dazu im
Stande sei.
In Angelegenheiten von
geringer Bedeutung besteht eine Verpflichtung zur Leistung des Offenbarungseids
nicht.
§ 260. Wer verpflichtet
ist, einen Inbegriff von Gegenständen herauszugeben oder über den Bestand eines
solchen Inbegriffs Auskunft zu ertheilen, hat dem Berechtigten ein Verzeichniß
des Bestandes vorzulegen.
Besteht Grund zu der
Annahme, daß das Verzeichniß nicht mit der erforderlichen Sorgfalt aufgestellt
worden ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen den Offenbarungseid dahin zu
leisten:
● daß er nach bestem
Wissen den Bestand so vollständig angegeben hat,
● als er dazu im
Stande sei.
Die Vorschrift des § 259
Abs. 3 findet Anwendung.
§ 261. Der Offenbarungseid
ist, sofern er nicht vor dem Prozeßgerichte zu leisten ist, vor dem
Amtsgerichte des Ortes zu leisten, an welchem die Verpflichtung zur
Rechnungslegung oder zur Vorlegung des Verzeichnisses zu erfüllen ist. Hat der
Verpflichtete seinen Wohnsitz oder seinen Aufenthalt im Inlande, so kann er den
Eid vor dem Amtsgerichte des Wohnsitzes oder des Aufenthaltsorts leisten.
Das Gericht kann eine den
Umständen entsprechende Aenderung der Eidesnorm beschließen.
Die Kosten der Abnahme des
Eides hat derjenige zu tragen, welcher die Leistung des Eides verlangt.
§ 262. Werden mehrere
Leistungen in der Weise geschuldet, daß nur die eine oder die andere zu
bewirken ist, so steht das Wahlrecht im Zweifel dem Schuldner zu.
§ 263. Die Wahl erfolgt
durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
Die gewählte Leistung gilt
als die von Anfang an allein geschuldete.
§ 264. Nimmt der
wahlberechtigte Schuldner die Wahl nicht vor dem Beginne der
Zwangsvollstreckung vor, so kann der Gläubiger die Zwangsvollstreckung nach
seiner Wahl auf die eine oder auf die andere Leistung richten; der Schuldner
kann sich jedoch, solange nicht der Gläubiger die gewählte Leistung ganz oder
zum Theil empfangen hat, durch eine der übrigen Leistungen von seiner
Verbindlichkeit befreien.
Ist der wahlberechtigte
Gläubiger im Verzuge, so kann der Schuldner ihm unter Bestimmung einer angemessenen
Frist zur Vornahme der Wahl auffordern. Mit dem Ablaufe der Frist geht das
Wahlrecht auf den Schuldner über, wenn nicht der Gläubiger rechtzeitig die Wahl
vornimmt.
§ 265. Ist eine der
Leistungen von Anfang an unmöglich oder wird sie später unmöglich, so
beschränkt sich das Schuldverhältniß auf die übrigen Leistungen. Die
Beschränkung tritt nicht ein, wenn die Leistung in Folge eines Umstandes
unmöglich wird, den der nicht wahlberechtigte Theil zu vertreten hat.
§ 266. Der Schuldner ist zu
Theilleistungen nicht berechtigt.
§ 267. Hat der Schuldner
nicht in Person zu leisten, so kann auch ein Dritter die Leistung bewirken. Die
Einwilligung des Schuldners ist nicht erforderlich.
Der Gläubiger kann die
Leistung ablehnen, wenn der Schuldner widerspricht.
§ 268. Betreibt der
Gläubiger die Zwangsvollstreckung in einen dem Schuldner gehörenden Gegenstand,
so ist Jeder, der Gefahr läuft, durch die Zwangsvollstreckung ein Recht an dem
Gegenstande zu verlieren, berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen. Das gleiche
Recht steht dem Besitzer einer Sache zu, wenn er Gefahr läuft, durch die
Zwangsvollstreckung den Besitz zu verlieren.
Die Befriedigung kann auch
durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
Soweit der Dritte den
Gläubiger befriedigt, geht die Forderung auf ihn über. Der Uebergang kann nicht
zum Nachtheile des Gläubigers geltend gemacht werden.
§ 269. Ist ein Ort für die
Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen, insbesondere aus der Natur des
Schuldverhältnisses, zu entnehmen, so hat die Leistung an dem Orte zu erfolgen,
an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen
Wohnsitz hatte.
Ist die Verbindlichkeit im
Gewerbebetriebe des Schuldners entstanden, so tritt, wenn der Schuldner seine
gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hatte, der Ort der
Niederlassung an die Stelle des Wohnsitzes.
Aus dem Umstand allein, daß
der Schuldner die Kosten der Versendung übernommen hat, ist nicht zu entnehmen,
daß der Ort, nach welchem die Versendung zu erfolgen hat, der Leistungsort sein
soll.
§ 270. Geld hat der
Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und seine Kosten dem Gläubiger an dessen
Wohnsitz zu übermitteln.
Ist die Forderung im
Gewerbebetriebe des Gläubigers entstanden, so tritt, wenn der Gläubiger seine
gewerbliche Niederlassung an einem anderen Orte hat, der Ort der Niederlassung
an die Stelle des Wohnsitzes.
Erhöhen sich in Folge einer
nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Aenderung des
Wohnsitzes oder der gewerblichen Niederlassung des Gläubigers die Kosten oder
die Gefahr der Uebermittelung, so hat der Gläubiger im ersteren Falle die
Mehrkosten, im letzteren Falle die Gefahr zu tragen.
Die Vorschriften über den
Leistungsort bleiben unberührt.
§ 271. Ist eine Zeit für
die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, so kann der
Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken.
Ist eine Zeit bestimmt, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß der Gläubiger die Leistung nicht vor dieser Zeit
verlangen, der Schuldner aber sie vorher bewirken kann.
§ 272. Bezahlt der
Schuldner eine unverzinsliche Schuld vor der Fälligkeit, so ist er zu einem
Abzuge wegen der Zwischenzinsen nicht berechtigt.
§ 273. Hat der Schuldner
aus demselben rechtlichen Verhältniß, auf dem seine Verpflichtung beruht, einen
fälligen Anspruch gegen den Gläubiger, so kann er, sofern nicht aus dem
Schuldverhältnisse sich ein Anderes ergiebt, die geschuldete Leistung
verweigern, bis die ihm gebührende Leistung bewirkt wird
(Zurückbehaltungsrecht).
Wer zur Herausgabe eines
Gegenstandes verpflichtet ist, hat das gleiche Recht, wenn ihm ein fälliger
Anspruch wegen Verwendungen auf den Gegenstand oder wegen eines ihm durch
diesen verursachten Schadens zusteht, es sei denn, daß er den Gegenstand durch
eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt hat.
Der Gläubiger kann die
Ausübung des Zurückbehaltungsrechts durch Sicherheitsleistung abwenden. Die
Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
§ 274. Gegenüber der Klage
des Gläubigers hat die Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nur die
Wirkung, daß der Schuldner zur Leistung gegen Empfang der ihm gebührenden
Leistung (Erfüllung Zug um Zug) zu verurtheilen ist. Auf Grund einer solchen
Verurtheilung kann der Gläubiger seinen Anspruch ohne Bewirkung der ihm
obliegenden Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung verfolgen, wenn der
Schuldner im Verzuge der Annahme ist.
§ 275. Der Schuldner wird
von der Verpflichtung zur Leistung frei, soweit die Leistung in Folge eines
nach der Entstehung des Schuldverhältnisses eintretenden Umstandes, den er
nicht zu vertreten hat, unmöglich wird.
Einer nach der Entstehung
des Schuldverhältnisses eintretenden Unmöglichkeit steht das nachträglich
eintretende Unvermögen des Schuldners zur Leistung gleich.
§ 276. Der Schuldner hat,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten.
Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht läßt.
Die Vorschriften der §§ 827, 828 finden Anwendung.
Die Haftung wegen Vorsatzes
kann dem Schuldner nicht im voraus erlassen werden.
§ 277. Wer nur für
diejenige Sorgfalt einzustehen hat, welche er in eigenen Angelegenheiten
anzuwenden pflegt, ist von der Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht
befreit.
§ 278. Der Schuldner hat
ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich
zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfange zu vertreten
wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 2 findet seine
Anwendung.
§ 279. Ist der geschuldete
Gegenstand nur der Gattung nach bestimmt, so hat der Schuldner, solange die
Leistung aus der Gattung möglich ist, sein Unvermögen zur Leistung auch dann zu
vertreten, wenn ihm ein Verschulden nicht zur Last fällt.
§ 280. Soweit die Leistung
in Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden Umstandes unmöglich wird, hat
der Schuldner dem Gläubiger den durch die Nichterfüllung entstehenden Schaden
zu ersetzen.
Im Falle theilweiser
Unmöglichkeit kann der Gläubiger unter Ablehnung des noch möglichen Theiles der
Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit
verlangen, wenn die theilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat. Die für
das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356
finden entsprechende Anwendung.
§ 281. Erlangt der
Schuldner in Folge des Umstandes, welcher die Leistung unmöglich macht, für den
geschuldeten Gegenstand einen Ersatz oder einen Ersatzanspruch, so kann der
Gläubiger Herausgabe des als Ersatz Empfangenen oder Abtretung des Ersatzanspruchs
verlangen.
Hat der Gläubiger Anspruch
auf Schadensersatz wegen Richterfüllung, so mindert sich, wenn er von dem im
Abs. 1 bestimmten Rechte Gebrauch macht, die ihm zu leistende Entschädigung um
den Werth des erlangten Ersatzes oder Ersatzanspruchs.
§ 282. Ist streitig, ob die
Unmöglichkeit der Leistung die Folge eines von dem Schuldner zu vertretenden
Umstandes ist, so trifft die Beweislast den Schuldner.
§ 283. Ist der Schuldner
rechtskräftig verurtheilt, so kann der Gläubiger ihm zur Bewirkung der Leistung
eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der
Leistung nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist kann
der Gläubiger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen, soweit nicht die
Leistung rechtzeitig bewirkt wird; der Anspruch auf Erfüllung ist
ausgeschlossen. Die Verpflichtung zum Schadensersatze tritt nicht ein, wenn die
Leistung in Folge eines Umstandes unmöglich wird, den der Schuldner nicht zu
vertreten hat.
Wird die Leistung bis zum
Ablaufe der Frist nur theilweise nicht bewirkt, so steht dem Gläubiger auch das
im § 280 Abs. 2 bestimmte Recht zu.
§ 284. Leistet der
Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritte der
Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung steht
die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines
Zahlungsbefehls im Mahnverfahren gleich.
Ist für die Leistung eine
Zeit nach dem Kalender bestimmt, so kommt der Schuldner ohne Mahnung in Verzug,
wenn er nicht zu der bestimmten Zeit leistet. Das Gleiche gilt, wenn der
Leistung eine Kündigung vorauszugehen hat und die Zeit für die Leistung in der
Weise bestimmt ist, daß sie sich von der Kündigung ab nach dem Kalender
berechnen läßt.
§ 285. Der Schuldner kommt
nicht in Verzug, solange die Leistung in Folge eines Umstandes unterbleibt, den
er nicht zu vertreten hat.
§ 286. Der Schuldner hat
dem Gläubiger den durch den Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hat die Leistung in Folge
des Verzugs für den Gläubiger sein Interesse, so kann dieser unter Ablehnung
der Leistung Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Die für das
vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356 finden
entsprechende Anwendung.
§ 287. Der Schuldner hat
während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er ist auch für die
während des Verzugs durch Zufall eintretende Unmöglichkeit der Leistung
verantwortlich, es sei denn, daß der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung
eingetreten sein würde.
§ 288. Eine Geldschuld ist
während des Verzugs mit vier vom Hundert für das Jahr zu verzinsen. Kann der
Gläubiger aus einem anderen Rechtsgrunde höhere Zinsen verlangen, so sind diese
fortzuentrichten.
Die Geltendmachung eines
weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§ 289. Von Zinsen sind
Verzugszinsen nicht zu entrichten. Das Recht des Gläubigers auf Ersatz des
durch den Verzug entstehenden Schadens bleibt unberührt.
§ 290. Ist der Schuldner
zum Ersatze des Werthes eines Gegenstandes verpflichtet, der während des Verzugs
untergegangen ist oder aus einem während des Verzugs eingetretenen Grunde nicht
herausgegeben werden kann, so kann der Gläubiger Zinsen des zu ersetzenden
Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Werthes zu
Grunde gelegt wird. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner zum Ersatze der
Minderung des Werthes eines während des Verzugs verschlechterten Gegenstandes
verpflichtet ist.
§ 291. Eine Geldschuld hat
der Schuldner von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn
er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der
Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 und des § 289
Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
§ 292. Hat der Schuldner
einen bestimmten Gegenstand herauszugeben, so bestimmt sich von dem Eintritte
der Rechtshängigkeit an der Anspruch des Gläubigers auf Schadensersatz wegen
Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde eintretenden
Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, welche für das Verhältniß
zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten, soweit nicht aus dem
Schuldverhältniß oder dem Verzuge des Schuldners sich zu Gunsten des Gläubigers
ein Anderes ergiebt.
Das Gleiche gilt von dem
Anspruche des Gläubigers auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von
dem Anspruche des Schuldners auf Ersatz von Verwendungen.
Zweiter Titel.
Verzug des Gläubigers.
§ 293. Der Gläubiger kommt
in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt.
§ 294. Die Leistung muß dem
Gläubiger so, wie sie zu bewirken ist, thatsächlich angeboten werden.
§ 295. Ein wörtliches
Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, daß er die
Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine
Handlung des Gläubigers erforderlich ist, insbesondere wenn der Gläubiger die
geschuldete Sache abzuholen hat. Dem Angebote der Leistung steht die
Aufforderung an den Gläubiger gleich, die erforderliche Handlung vorzunehmen.
§ 296. Ist für die von dem
Gläubiger vorzunehmende Handlung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt, so
bedarf es des Angebots nur, wenn der Gläubiger die Handlung rechtzeitig
vornimmt. Das Gleiche gilt, wenn der Handlung eine Kündigung vorauszugehen hat
und die Zeit für die Handlung in der Weise bestimmt ist, daß sie sich von der
Kündigung ab nach dem Kalender berechnen läßt.
§ 297. Der Gläubiger kommt
nicht in Verzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots oder im Falle des §
296 zu der für die Handlung des Gläubigers bestimmten Zeit außer Stande ist,
die Leistung zu bewirken.
§ 298. Ist der Schuldner
nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kommt der
Gläubiger in Verzug, wenn er zwar die angebotene Leistung anzunehmen bereit
ist, die verlangte Gegenleistung aber nicht anbietet.
§ 299. Ist die
Leistungszeit nicht bestimmt oder ist der Schuldner berechtigt, vor der
bestimmten Zeit zu leisten, so kommt der Gläubiger nicht dadurch in Verzug, daß
er vorübergehend an der Annahme der angebotenen Leistung verhindert ist, es sei
denn, daß der Schuldner ihm die Leistung eine angemessene Zeit vorher
angekündigt hat.
§ 300. Der Schuldner hat
während des Verzugs des Gläubigers nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten.
Wird eine nur der Gattung
nach bestimmte Sache geschuldet, so geht die Gefahr mit dem Zeitpunkt auf den
Gläubiger über, in welchem er dadurch in Verzug kommt, daß er die angebotene
Sache nicht annimmt.
§ 301. Von einer
verzinslichen Geldschuld hat der Schuldner während des Verzugs des Gläubigers
Zinsen nicht zu entrichten.
§ 302. Hat der Schuldner
die Nutzungen eines Gegenstandes herauszugeben oder zu ersetzen, so beschränkt
sich seine Verpflichtung während des Verzugs des Gläubigers auf die Nutzungen,
welche er zieht.
§ 303. Ist der Schuldner
zur Herausgabe eines Grundstücks verpflichtet, so kann er nach dem Eintritte
des Verzugs des Gläubigers den Besitz aufgeben. Das Aufgeben muß dem Gläubiger
vorher angedroht werden, es sei denn, daß die Androhung unthunlich ist.
§ 304. Der Schuldner kann
im Falle des Verzugs des Gläubigers Ersatz der Mehraufwendungen verlangen, die
er für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung des
geschuldeten Gegenstandes machen mußte.
Zweiter Abschnitt.
Schuldverhältnisse aus
Verträgen.
Erster Titel.
Begründung. Inhalt des
Vertrags.
§ 305. Zur Begründung eines
Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Aenderung des Inhalts eines
Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Betheiligten erforderlich,
soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
§ 306. Ein auf eine
unmögliche Leistung gerichteter Vertrag ist nichtig.
§ 307. Wer bei der
Schließung eines Vertrags, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die
Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muß, ist zum Ersatze des Schadens
verpflichtet, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er auf die Gültigkeit
des Vertrags vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus,
welches der andere Theil an der Gültigkeit des Vertrags hat. Die Ersatzpflicht
tritt nicht ein, wenn der andere Theil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muß.
Diese Vorschriften finden
entsprechende Anwendung, wenn die Leistung nur theilweise unmöglich und der
Vertrag in Ansehung des möglichen Theiles gültig ist oder wenn eine von
mehreren wahlweise versprochenen Leistungen unmöglich ist.
§ 308. Die Unmöglichkeit
der Leistung steht der Gültigkeit des Vertrags nicht entgegen, wenn die
Unmöglichkeit behoben werden kann und der Vertrag für den Fall geschlossen ist,
daß die Leistung möglich wird.
Wird eine unmögliche
Leistung unter einer anderen aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung
eines Anfangstermins versprochen, so ist der Vertrag gültig, wenn die
Unmöglichkeit vor dem Eintritte der Bedingung oder des Termins behoben wird.
§ 309. Verstößt ein Vertrag
gegen ein gesetzliches Verbot, so finden die Vorschriften der §§ 307, 308
entsprechende Anwendung.
§ 310. Ein Vertrag, durch
den sich der eine Theil verpflichtet, sein künftiges Vermögen oder einen
Bruchtheil seines künftigen Vermögens zu übertragen oder mit einem Nießbrauche
zu belasten, ist nichtig.
§ 311. Ein Vertrag, durch
den sich der eine Theil verpflichtet, sein gegenwärtiges Vermögen oder einen
Bruchtheil seines gegenwärtigen Vermögens zu übertragen oder mit einem
Nießbrauche zu belasten, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 312. Ein Vertrag über den
Nachlaß eines noch lebenden Dritten ist nichtig. Das Gleiche gilt von einem
Vertrag über den Pflichttheil oder ein Vermächtniß aus dem Nachlaß eines noch
lebenden Dritten.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung auf einen Vertrag, der unter künftigen gesetzlichen Erben über
den gesetzlichen Erbtheil oder den Pflichttheil eines von ihnen geschlossen
wird. Ein solcher Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen
Beurkundung.
§ 313. Ein Vertrag, durch
den sich der eine Theil verpflichtet, das Eigenthum an einem Grundstücke zu
übertragen, bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung. Ein ohne
Beobachtung dieser Form geschlossener Vertrag wird seinem ganzen Inhalte nach
gültig, wenn die Auflassung und die Eintragung in das Grundbuch erfolgen.
§ 314. Verpflichtet sich
Jemand zur Veräußerung oder Belastung einer Sache, so erstreckt sich die
Verpflichtung im Zweifel auch auf das Zubehör der Sache.
§ 315. Soll die Leistung
durch einen der Vertragschließenden bestimmt werden, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß die Bestimmung nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Die Bestimmung erfolgt
durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
Soll die Bestimmung nach
billigem Ermessen erfolgen, so ist die getroffene Bestimmung für den anderen
Theil nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht. Entspricht sie nicht
der Billigkeit, so wird die Bestimmung durch Urtheil getroffen; das Gleiche gilt,
wenn die Bestimmung verzögert wird.
§ 316. Ist der Umfang der
für eine Leistung versprochenen Gegenleistung nicht bestimmt, so steht die
Bestimmung im Zweifel demjenigen Theile zu, welcher die Gegenleistung zu
fordern hat.
§ 317. Ist die Bestimmung
der Leistung einem Dritten überlassen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie
nach billigem Ermessen zu treffen ist.
Soll die Bestimmung durch
mehrere Dritte erfolgen, so ist im Zweifel Uebereinstimmung aller erforderlich;
soll eine Summe bestimmt werden, so ist, wenn verschiedene Summen bestimmt
werden, im Zweifel die Durchschnittssumme maßgebend.
§ 318. Die einem Dritten
überlassene Bestimmung der Leistung erfolgt durch Erklärung gegenüber einem der
Vertragschließenden.
Die Anfechtung der
getroffenen Bestimmung wegen Irrthums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht
nur den Vertragschließenden zu; Anfechtungsgegner ist der andere Theil. Die
Anfechtung muß unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von
dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt hat. Sie ist ausgeschlossen, wenn
dreißig Jahre verstrichen sind, nachdem die Bestimmung getroffen worden ist.
§ 319. Soll der Dritte die
Leistung nach billigem Ermessen bestimmen, so ist die getroffene Bestimmung für
die Vertragschließenden nicht verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist. Die
Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urtheil; das Gleiche gilt, wenn der
Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
Soll der Dritte die
Bestimmung nach freiem Belieben treffen, so ist der Vertrag unwirksam, wenn der
Dritte die Bestimmung nicht treffen kann oder will oder wenn er sie verzögert.
Zweiter Titel.
Gegenseitiger Vertrag.
§ 320. Wer aus einem
gegenseitigen Vertrage verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung bis
zur Bewirkung der Gegenleistung verweigern, es sei denn, daß er vorzuleisten
verpflichtet ist. Hat die Leistung an Mehrere zu erfolgen, so kann dem
Einzelnen der ihm gebührende Theil bis zur Bewirkung der ganzen Gegenleistung
verweigert werden. Die Vorschrift des § 273 Abs. 3 findet keine Anwendung.
Ist von der einen Seite
theilweise geleistet worden, so kann die Gegenleistung insoweit nicht
verweigert werden, als die Verweigerung nach den Umständen, insbesondere wegen
verhältnißmäßiger Geringfügigkeit des rückständigen Theiles, gegen Treu und
Glauben verstoßen würde.
§ 321. Wer aus einem
gegenseitigen Vertrage vorzuleisten verpflichtet ist, kann, wenn nach dem
Abschlusse des Vertrags in den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine
wesentliche Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die
Gegenleistung gefährdet wird, die ihm obliegende Leistung verweigern, bis die
Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird.
§ 322. Erhebt aus einem
gegenseitigen Vertrage der eine Theil Klage auf die ihm geschuldete Leistung,
so hat die Geltendmachung des dem anderen Theile zustehenden Rechtes, die
Leistung bis zur Bewirkung der Gegenleistung zu verweigern, nur die Wirkung,
daß der andere Theil zur Erfüllung Zug um Zug zu verurtheilen ist.
Hat der klagende Theil
vorzuleisten, so kann er, wenn der andere Theil im Verzuge der Annahme ist, auf
Leistung nach Empfang der Gegenleistung klagen.
Auf die Zwangsvollstreckung
findet die Vorschrift des § 274 Abs. 2 Anwendung.
§ 323. Wird die aus einem
gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines
Umstandes unmöglich, den weder er noch der andere Theil zu vertreten hat, so
verliert er den Anspruch auf die Gegenleistung; bei theilweiser Unmöglichkeit
mindert sich die Gegenleistung nach Maßgabe der §§ 472, 473.
Verlangt der andere Theil
nach § 281 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes
oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung
verpflichtet; diese mindert sich jedoch nach Maßgabe der §§ 472, 473 insoweit,
als der Werth des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Werthe der
geschuldeten Leistung zurückbleibt.
Soweit die nach diesen
Vorschriften nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
zurückgefordert werden.
§ 324. Wird die aus einem
gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines
Umstandes, den der andere Theil zu vertreten hat, unmöglich, so behält er den
Anspruch auf die Gegenleistung. Er muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen,
was er in Folge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige
Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.
Das Gleiche gilt, wenn die
dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines von ihm nicht zu
vertretenden Umstandes zu einer Zeit unmöglich wird, zu welcher der andere
Theil im Verzuge der Annahme ist.
§ 325. Wird die aus einem
gegenseitigen Vertrage dem einen Theile obliegende Leistung in Folge eines
Umstandes, den er zu vertreten hat, unmöglich, so kann der andere Theil
Schadensersatz wegen Richterfüllung verlangen oder von dem Vertrage
zurücktreten. Bei theilweiser Unmöglichkeit ist er, wenn die theilweise
Erfüllung des Vertrags für ihn kein Interesse hat, berechtigt, Schadensersatz
wegen Nichterfüllung der ganzen Verbindlichkeit nach Maßgabe des § 280 Abs. 2
zu verlangen oder von dem ganzen Vertrage zurückzutreten. Statt des Anspruchs
auf Schadensersatz und des Rücktrittsrechts kann er auch die für den Fall des §
323 bestimmten Rechte geltend machen.
Das Gleiche gilt in dem
Falle des § 283, wenn nicht die Leistung bis zum Ablaufe der Frist bewirkt wird
oder wenn zu dieser Zeit theilweise nicht bewirkt ist.
§ 326. Ist bei einem
gegenseitgen Vertrage der eine Theil mit der ihm obliegenden Leistung im
Verzuge, so kann ihm der andere Theil zur Bewirkung der Leistung eine
angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme der Leistung
nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Nach dem Ablaufe der Frist ist er
berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen oder von dem
Vertrage zurückzutreten, wenn nicht die Leistung rechtzeitig erfolgt ist; der
Anspruch auf Erfüllung ist ausgeschlossen. Wird die Leistung bis zum Ablaufe
der Frist theilweise nicht bewirkt, so findet die Vorschrift des § 325 Abs. 1
Satz 2 entsprechende Anwendung.
Hat die Erfüllung des
Vertrags in Folge des Verzugs für den anderen Theil kein Interesse, so stehen
ihm die im Abs. 1 bezeichneten Rechte zu, ohne daß es der Bestimmung einer
Frist bedarf.
§ 327. Auf das in den §§
325, 326 bestimmte Rücktrittsrecht finden die für das vertragsmäßige
Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§ 346 bis 356 entsprechende
Anwendung. Erfolgt der Rücktritt wegen eines Umstandes, den der andere Theil
nicht zu vertreten hat, so haftet dieser nur nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung.
Dritter Titel.
Versprechen der Leistung an
einen Dritten.
§ 328. Durch Vertrag kann
eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, daß der Dritte
unmittelbar das Recht erwirbt, die Leistung zu fordern.
In Ermangelung einer
besonderen Bestimmung ist aus den Umständen, insbesondere aus dem Zwecke des
Vertrags, zu entnehmen, ob der Dritte das Recht erwerben, ob das Recht des
Dritten sofort oder nur unter gewissen Voraussetzungen entstehen und ob den
Vertragschließenden die Befugniß vorbehalten sein soll, das Recht des Dritten
ohne dessen Zustimmung aufzuheben oder zu ändern.
§ 329. Verpflichtet sich in
einem Vertrage der eine Theil zur Befriedigung eines Gläubigers des anderen
Theiles, ohne die Schuld zu übernehmen, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß
der Gläubiger unmittelbar das Recht erwerben soll, die Befriedigung von ihm zu
fordern.
§ 330. Wird in einem
Lebensversicherungs- oder einem Leibrentenvertrage die Zahlung der
Versicherungssumme oder der Leibrente an einen Dritten bedungen, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß der Dritte unmittelbar das Recht erwerben soll, die
Leistung zu fordern. Das Gleiche gilt, wenn bei einer unentgeltlichen Zuwendung
dem Bedachten eine Leistung an einen Dritten auferlegt oder bei einer
Vermögens- oder Gutsübernahme von dem Uebernehmer eine Leistung an einen
Dritten zum Zwecke der Abfindung versprochen wird.
§ 331. Soll die Leistung an
den Dritten nach dem Tode desjenigen erfolgen, welchem sie versprochen wird, so
erwirbt der Dritte das Recht auf die Leistung im Zweifel mit dem Tode des
Versprechensempfängers.
Stirbt der
Versprechensempfänger vor der Geburt des Dritten, so kann das Versprechen, an
den Dritten zu leisten, nur dann noch aufgehoben oder geändert werden, wenn die
Befugniß dazu vorbehalten worden ist.
§ 332. Hat sich der
Versprechungsempfänger die Befugniß vorbehalten, ohne Zustimmung des
Versprechenden an die Stelle des in dem Vertrage bezeichneten Dritten einen
Anderen zu setzen, so kann dies im Zweifel auch in einer Verfügung von
Todeswegen geschehen.
§ 333. Weist der Dritte das
aus dem Vertrag erworbene Recht dem Versprechenden gegenüber zurück, so gilt
das Recht als nicht erworben.
§ 334. Einwendungen aus dem
Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegenüber dem Dritten zu.
§ 335. Der
Versprechensempfänger kann, sofern nicht ein anderer Wille der
Vertragschließenden anzunehmen ist, die Leistung an den Dritten auch dann
fordern, wenn diesem das Recht auf die Leistung zusteht.
Vierter Titel.
Draufgabe. Vertragsstrafe.
§ 336. Wird bei der
Eingehung eines Vertrags etwas als Draufgabe gegeben, so gilt dies als Zeichen
des Abschlusses des Vertrags.
Die Draufgabe gilt im
Zweifel nicht als Reugeld.
§ 337. Die Draufgabe ist im
Zweifel auf die von dem Geber geschuldete Leistung anzurechnen oder, wenn dies
nicht geschehen kann, bei der Erfüllung des Vertrags zurückzugeben. Wird der
Vertrag wiederaufgehoben, so ist die Draufgabe zurückzugeben.
§ 338. Wird die von dem
Geber geschuldete Leistung in Folge eines Umstandes, den er zu vertreten hat,
unmöglich oder verschuldet der Geber die Wiederaufhebung des Vertrags, so ist
der Empfänger berechtigt, die Draufgabe zu behalten. Verlangt der Empfänger
Schadensersatz wegen Nichterfüllung, so ist die Draufgabe im Zweifel
anzurechnen oder, wenn dies nicht geschehen kann, bei der Leistung des
Schadensersatzes zurückzugeben.
§ 339. Verspricht der
Schuldner dem Gläubiger für den Fall, daß er seine Verbindlichkeit nicht oder
nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe, so
ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete
Leistung in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung
ein.
§ 340. Hat der Schuldner
die Strafe für den Fall versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht
erfüllt, so kann der Gläubiger die verwirkte Strafe statt der Erfüllung
verlangen. Erklärt der Gläubiger dem Schuldner, daß er die Strafe verlange, so
ist der Anspruch auf Erfüllung ausgeschlossen.
Steht dem Gläubiger ein
Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu, so kann er die verwirkte
Strafe als Mindestbetrag des Schadens verlangen. Die Geltendmachung eines
weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
§ 341. Hat der Schuldner
die Strafe für den Fall versprochen, daß er seine Verbindlichkeit nicht in
gehöriger Weise, insbesondere nicht zu der bestimmten Zeit, erfüllt, so kann
der Gläubiger die verwirkte Strafe neben der Erfüllung verlangen.
Steht dem Gläubiger ein
Anspruch auf Schadensersatz wegen der nicht gehörigen Erfüllung zu, so finden
die Vorschriften des § 340 Abs. 2 Anwendung.
Nimmt der Gläubiger die
Erfüllung an, so kann er die Strafe nur verlangen, wenn er sich das Recht dazu
bei der Annahme vorbehält.
§ 342. Wird als Strafe eine
andere Leistung als die Zahlung einer Geldsumme versprochen, so finden die
Vorschriften der §§ 339 bis 341 Anwendung; der Anspruch auf Schadensersatz ist
ausgeschlossen, wenn der Gläubiger die Strafe verlangt.
§ 343. Ist eine verwirkte
Strafe unverhältnißmäßig hoch, so kann sie auf Antrag des Schuldners durch
Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Bei der Beurtheilung
der Angemessenheit ist jedes berechtigte Interesse des Gläubigers, nicht blos
das Vermögensinteresse, in Betracht zu ziehen. Nach der Entrichtung der Strafe
ist die Herabsetzung ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt auch außer
den Fällen der §§ 339, 342, wenn Jemand eine Strafe für den Fall verspricht,
daß er eine Handlung vornimmt oder unterläßt.
§ 344. Erklärt das Gesetz
das Versprechen einer Leistung für unwirksam, so ist auch die für den Fall der
Nichterfüllung des Versprechens getroffene Vereinbarung einer Strafe unwirksam,
selbst wenn die Parteien die Unwirksamkeit des Versprechens gekannt haben.
§ 345. Bestreitet der
Schuldner die Verwirkung der Strafe, weil er seine Verbindlichkeit erfüllt
habe, so hat er die Erfüllung zu beweisen, sofern nicht die geschuldete
Leistung in einem Unterlassen besteht.
Fünfter Titel.
Rücktritt.
§ 346. Hat sich in einem
Vertrag ein Theil den Rücktritt vorbehalten, so sind die Parteien, wenn der
Rücktritt erfolgt, verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen
zurückzugewähren. Für geleistete Dienste sowie für die Ueberlassung der
Benutzung einer Sache ist der Werth zu vergüten oder, falls in dem Vertrag eine
Gegenleistung in Geld bestimmt ist, diese zu entrichten.
§ 347. Der Anspruch auf
Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen
Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe bestimmt sich im Falle des
Rücktritts von dem Empfange der Leistung an nach den Vorschriften, welche für
das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten. Das Gleiche gilt von dem
Anspruch auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem Anspruch auf
Ersatz von Verwendungen. Eine Geldsumme ist von der Zeit des Empfanges an zu
verzinsen.
§ 348. Die sich aus dem Rücktritt
ergebenden Verpflichtungen der Parteien sind Zug um Zug zu erfüllen. Die
Vorschriften der §§ 320, 322 finden entsprechende Anwendung.
§ 349. Der Rücktritt
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile.
§ 350. Der Rücktritt wird
nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gegenstand, welchen der Berechtigte
empfangen hat, durch Zufall untergegangen ist.
§ 351. Der Rücktritt ist
ausgeschlossen, wenn der Berechtigte eine wesentliche Verschlechterung, den
Untergang oder die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe des empfangenen
Gegenstandes verschuldet hat. Der Untergang eines erheblichen Theiles steht
einer wesentlichen Verschlechterung des Gegenstandes, das von dem Berechtigten
nach § 278 zu vertretende Verschulden eines Anderen steht dem eigenen Verschulden
des Berechtigten gleich.
§ 352. Der Rücktritt ist
ausgeschlossen, wenn der Berechtigte die empfangene Sache durch Verarbeitung
oder Umbildung in eine Sache anderer Art umgestaltet hat.
§ 353. Hat der Berechtigte
den empfangenen Gegenstand oder einen erheblichen Theil des Gegenstandes
veräußert oder mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist der Rücktritt
ausgeschlossen, wenn bei demjenigen, welcher den Gegenstand in Folge der
Verfügung erlangt hat, die Voraussetzungen des § 351 oder des § 352 eingetreten
sind.
Einer Verfügung des
Berechtigten steht eine Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung
oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§ 354. Kommt der
Berechtigte mit der Rückgewähr des empfangenen Gegenstandes oder eines
erheblichen Theiles des Gegenstandes in Verzug, so kann ihm der andere Theil
eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Annahme nach dem
Ablaufe der Frist ablehne. Der Rücktritt wird unwirksam, wenn nicht die
Rückgewähr vor dem Ablaufe der Frist erfolgt.
§ 355. Ist für die Ausübung
des Rücktrittsrechts eine Frist nicht vereinbart, so kann dem Berechtigten von
dem anderen Theile für die Ausübung eine angemessene Frist bestimmt werden. Das
Rücktrittsrecht erlischt, wenn nicht der Rücktritt vor dem Ablaufe der Frist
erklärt wird.
§ 356. Sind bei einem
Vertrag auf der einen oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann das
Rücktrittsrecht nur von allen und gegen alle ausgeübt werden. Erlischt das
Rücktrittsrecht für einen der Berechtigten, so erlischt es auch für die
übrigen.
§ 357. Hat sich der eine
Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine
Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn der andere
Theil sich von der Verbindlichkeit durch Aufrechnung befreien konnte und
unverzüglich nach dem Rücktritte die Aufrechnung erklärt.
§ 358. Hat sich der eine
Theil den Rücktritt für den Fall vorbehalten, daß der andere Theil seine
Verbindlichkeit nicht erfüllt, und bestreitet dieser die Zulässigkeit des
erklärten Rücktritts, weil er erfüllt habe, so hat er die Erfüllung zu
beweisen, sofern nicht die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht.
§ 359. Ist der Rücktritt
gegen Zahlung eines Reugeldes vorbehalten, so ist der Rücktritt unwirksam, wenn
das Reugeld nicht vor oder bei der Erklärung entrichtet wird und der andere
Theil aus diesem Grunde die Erklärung unverzüglich zurückweist. Die Erklärung
ist jedoch wirksam, wenn das Reugeld unverzüglich nach der Zurückweisung entrichtet
wird.
§ 360. Ist ein Vertrag mit
dem Vorbehalte geschlossen, daß der Schuldner seiner Rechte aus dem Vertrage
verlustig sein soll, wenn er seine Verbindlichkeit nicht erfüllt, so ist der
Gläubiger bei dem Eintritte diese Falles zum Rücktritte von dem Vertrage
berechtigt.
§ 361. Ist in einem
gegenseitigen Vertrage vereinbart, daß die Leistung des einen Theiles genau zu
einer festbestimmten Zeit oder innerhalb einer festbestimmten Frist bewirkt
werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, dass der andere Theil zum Rücktritte
berechtigt sein soll, wenn die Leistung nicht zu der bestimmten Zeit oder
innerhalb der bestimmten Frist erfolgt.
Dritter Abschnitt.
Erlöschen der
Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Erfüllung.
§ 362. Das
Schuldverhältniß erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger
bewirkt wird.
Wird an einen Dritten zum
Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
§ 363. Hat der Gläubiger
eine ihm als Erfüllung angebotene Leistung als Erfüllung angenommen, so trifft
ihn die Beweislast, wenn er die Leistung deshalb nicht als Erfüllung gelten
lassen will, weil sie eine andere als die geschuldete Leistung oder weil sie
unvollständig gewesen sei.
§ 364. Das
Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger eine andere als die geschuldete
Leistung an Erfüllungsstatt annimmt.
Uebernimmt der Schuldner
zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers diesem gegenüber eine neue
Verbindlichkeit, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er die Verbindlichkeit
an Erfüllungsstatt übernimmt.
§ 365. Wird eine Sache,
eine Forderung gegen einen Dritten oder ein anderes Recht an Erfüllungsstatt
gegeben, so hat der Schuldner wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines
Mangels der Sache in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§ 366. Ist der Schuldner
dem Gläubiger aus mehreren Schuldverhältnissen zu gleichartigen Leistungen
verpflichtet und reicht das von ihm Geleistete nicht zur Tilgung sämmtlicher
Schulden aus, so wird diejenige Schuld getilgt, welche er bei der Leistung
bestimmt.
Trifft der Schuldner keine
Bestimmung, so wird zunächst die fällige Schuld, unter mehreren fälligen
Schulden diejenige, welche dem Gläubiger geringere Sicherheit bietet, unter
mehreren gleich sicheren die dem Schuldner lästigere, unter mehreren gleich
lästigen die ältere Schuld und bei gleichen jede Schuld verhältnißmäßig
getilgt.
§ 367. Hat der Schuldner
außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten zu entrichten, so wird eine zur
Tilgung der ganzen Schuld nicht ausreichende Leistung zunächst auf die Kosten,
dann auf die Zinsen und zuletzt auf die Hauptleistung angerechnet.
Bestimmt der Schuldner eine
andere Anrechnung, so kann der Gläubiger die Annahme der Leistung ablehnen.
§ 368. Der Gläubiger hat
gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntniß
(Quittung) zu ertheilen. Hat der Schuldner ein rechtliches Interesse, daß die
Quittung in anderer Form ertheilt wird, so kann er die Ertheilung in dieser
Form verlangen.
§ 369. Die Kosten der
Quittung hat der Schuldner zu tragen und vorzuschießen, sofern nicht aus dem zwischen ihm und dem Gläubiger bestehenden Rechtsverhältnisse
sich ein Anderes ergiebt.
Treten in Folge einer
Uebertragung der Forderung oder im Wege der Erbfolge an die Stelle des
ursprünglichen Gläubigers mehrere Gläubiger, so fallen die Mehrkosten den
Gläubigern zur Last.
§ 370. Der Ueberbringer
einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht die
dem Leistenden bekannten Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung
entgegenstehen.
§ 371. Ist über die
Forderung ein Schuldschein ausgestellt worden, so kann der Schuldner neben der
Quittung Rückgabe des Schuldscheins verlangen. Behauptet der Gläubiger, zur
Rückgabe außer Stande zu sein, so kann der Schuldner das öffentlich beglaubigte
Anerkenntniß verlangen, daß die Schuld erloschen sei.
Zweiter Titel.
Hinterlegung.
§ 372. Geld, Werthpapiere
und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten kann der Schuldner bei einer dazu
bestimmten öffentlichen Stelle für den Gläubiger hinterlegen, wenn der Gläubiger
im Verzuge der Annahme ist. Das Gleiche gilt, wenn der Schuldner aus einem
anderen in der Person des Gläubigers liegenden Grunde oder in Folge einer nicht
auf Fahrlässigkeit beruhenden Ungewißheit über die Person des Gläubigers seine
Verbindlichkeit nicht oder nicht mit Sicherheit erfüllen kann.
§ 373. Ist der Schuldner
nur gegen eine Leistung des Gläubigers zu leisten verpflichtet, so kann er das
Recht des Gläubigers zum Empfange der hinterlegten Sache von der Bewirkung der
Gegenleistung abhängig machen.
§ 374. Die Hinterlegung hat
bei der Hinterlegungsstelle des Leistungsorts zu erfolgen; hinterlegt der
Schuldner bei einer anderen Stelle, so hat er dem Gläubiger den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Der Schuldner hat dem
Gläubiger die Hinterlegung unverzüglich anzuzeigen; im Falle der Unterlassung
ist er zum Schadensersatze verpflichtet. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn
sie unthunlich ist.
§ 375. Ist die hinterlegte
Sache der Hinterlegungsstelle durch die Post übersendet worden, so wirkt die
Hinterlegung auf die Zeit der Aufgabe der Sache zur Post zurück.
§ 376. Der Schuldner hat
das Recht, die hinterlegte Sache zurückzunehmen.
Die Rücknahme ist
ausgeschlossen:
1. wenn
der Schuldner der Hinterlegungsstelle erklärt, daß er auf das Recht zur Rücknahme
verzichte;
2. wenn
der Gläubiger der Hinterlegungsstelle die Annahme erklärt;
3. wenn
der Hinterlegungsstelle ein zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner ergangenes
rechtskräftiges Urtheil vorgelegt wird, das die Hinterlegung für rechtmäßig
erklärt.
§ 377. Das Recht zur
Rücknahme ist der Pfändung nicht unterworfen.
Wird über das Vermögen des
Schuldners der Konkurs eröffnet, so kann während des Konkurses das Recht zur
Rücknahme auch nicht von dem Schuldner ausgeübt werden.
§ 378. Ist die Rücknahme
der hinterlegten Sache ausgeschlossen, so wird der Schuldner durch die
Hinterlegung von seiner Verbindlichkeit in gleicher Weise befreit, wie wenn er
zur Zeit der Hinterlegung an den Gläubiger geleistet hätte.
§ 379. Ist die Rücknahme
der hinterlegten Sache nicht ausgeschlossen, so kann der Schuldner den
Gläubiger auf die hinterlegte Sache verweisen.
Solange die Sache
hinterlegt ist, trägt der Gläubiger die Gefahr und ist der Schuldner nicht
verpflichtet, Zinsen zu zahlen oder Ersatz für nicht gezogene Nutzungen zu
leisten.
Nimmt der Schuldner die
hinterlegte Sache zurück, so gilt die Hinterlegung als nicht erfolgt.
§ 380. Soweit nach den für
die Hinterlegungsstelle geltenden Bestimmungen zum Nachweise der
Empfangsberechtigung des Gläubigers eine diese Berechtigung anerkennende
Erklärung des Schuldners erforderlich oder genügend ist, kann der Gläubiger von
dem Schuldner die Abgabe der Erklärung unter denselben Voraussetzungen
verlangen, unter denen er die Leistung zu fordern berechtigt sein würde, wenn
die Hinterlegung nicht erfolgt wäre.
§ 381. Die Kosten der
Hinterlegung fallen dem Gläubiger zur Last, sofern nicht der Schuldner die
hinterlegte Sache zurücknimmt.
§ 382. Das Recht des
Gläubigers auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig
Jahren nach dem Empfange der Anzeige von der Hinterlegung, wenn nicht der
Gläubiger sich vorher bei der Hinterlegungsstelle meldet; der Schuldner ist zur
Rücknahme berechtigt, auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat.
§ 383. Ist die geschuldete
bewegliche Sache zur Hinterlegung nicht geeignet, so kann der Schuldner sie im
Falle des Verzugs des Gläubigers am Leistungsorte versteigern lassen und den
Erlös hinterlegen. Das Gleiche gilt in den Fällen des § 372 Satz 2, wenn der
Verderb der Sache zu besorgen oder die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen
Kosten verbunden ist.
Ist von der Versteigerung
am Leistungsort ein angemessener Erfolg nicht zu erwarten, so ist die Sache an
einem geeigneten anderen Orte zu versteigern.
Die Versteigerung hat durch
einen für den Versteigerungsort bestellten Gerichtsvollzieher oder zu
Versteigerungen befugten anderen Beamten oder öffentlich angestellten
Versteigerer öffentlich zu erfolgen (öffentliche Versteigerung). Zeit und Ort
der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung der Sache öffentlich
bekannt zu machen.
§ 384. Die Versteigerung
ist erst zulässig, nachdem sie dem Gläubiger angedroht worden ist; die
Androhung darf unterbleiben, wenn die Sache dem Verderb ausgesetzt und mit dem
Aufschube der Versteigerung Gefahr verbunden ist.
Der Schuldner hat den
Gläubiger von der Versteigerung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der
Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
Die Androhung und die
Benachrichtigung dürfen unterbleiben, wenn sie unthunlich sind.
§ 385. Hat die Sache einen
Börsen- oder Marktpreis, so kann der Schuldner den Verkauf aus freier Hand
durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder
durch eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise
bewirken.
§ 386. Die Kosten der
Versteigerung oder des nach § 385 erfolgten Verkaufs fallen dem Gläubiger zur
Last, sofern nicht der Schuldner den hinterlegten Erlös zurücknimmt.
Dritter Titel.
Aufrechnung.
§ 387. Schulden zwei
Personen einander Leistungen, die ihrem Gegenstande nach gleichartig sind, so
kann jeder Theil seine Forderung gegen die Forderung des anderen Theiles
aufrechnen, sobald er die ihm gebührende Leistung fordern und die ihm
obliegende Leistung bewirken kann.
§ 388. Die Aufrechnung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Theile. Die Erklärung ist
unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder Zeitbestimmung abgegeben wird.
§ 389. Die Aufrechnung
bewirkt, daß die Forderungen, soweit sie sich decken, als in dem Zeitpunkt erloschen
gelten, in welchem sie zur Aufrechnung geeignet einander gegenübergetreten
sind.
§ 390. Eine Forderung, der
eine Einrede entgegensteht, kann nicht aufgerechnet werden. Die Verjährung
schließt die Aufrechnung nicht aus, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit,
zu welcher sie gegen die andere Forderung aufgerechnet werden konnte, noch
nicht verjährt war.
§ 391. Die Aufrechnung wird
nicht dadurch ausgeschlossen, daß für die Forderungen verschiedene Leistungs-
oder Ablieferungsorte bestehen. Der aufrechnende Theil hat jedoch den Schaden
zu ersetzen, den der andere Theil dadurch erleidet, daß er in Folge der
Aufrechnung die Leistung nicht an dem bestimmten Orte erhält oder bewirken
kann.
Ist vereinbart, daß die
Leistung zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Orte erfolgen soll, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß die Aufrechnung einer Forderung, für die ein
anderer Leistungsort besteht, ausgeschlossen sein soll.
§ 392. Durch die
Beschlagnahme einer Forderung wird die Aufrechnung einer dem Schuldner gegen
den Gläubiger zustehenden Forderung nur dann ausgeschlossen, wenn der Schuldner
seine Forderung nach der Beschlagnahme erworben hat oder wenn seine Forderung
erst nach der Beschlagnahme und später als die in Beschlag genommene Forderung
fällig geworden ist.
§ 393. Gegen eine Forderung
aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht
zulässig.
§ 394. Soweit eine
Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist, findet die Aufrechnung gegen die
Forderung nicht statt. Gegen die aus Kranken-, Hülfs- oder Sterbekassen,
insbesondere aus Knappschaftskassen und Kassen der Knappschaftsvereine, zu
beziehenden Hebungen können jedoch geschuldete Beiträge aufgerechnet werden.
§ 395. Gegen eine Forderung
des Reichs oder eines Bundesstaats sowie gegen eine Forderung einer Gemeinde
oder eines anderen Kommunalverbandes ist die Aufrechnung nur zulässig, wenn die
Leistung an dieselbe Kasse zu erfolgen hat, aus der die Forderung des
Aufrechnenden zu berichtigen ist.
§ 396. Hat der eine oder
der andere Theil mehrere zur Aufrechnung geeignete Forderungen, so kann der
aufrechnende Theil die Forderungen bestimmen, die gegen einander aufgerechnet
werden sollen. Wird die Aufrechnung ohne eine solche Bestimmung erklärt oder
widerspricht der andere Theil unverzüglich, so findet die Vorschrift des § 366
Abs. 2 entsprechende Anwendung.
Schuldet der aufrechnende
Theil dem anderen Theile außer der Hauptleistung Zinsen und Kosten, so finden
die Vorschriften des § 367 entsprechende Anwendung.
Vierter Titel.
Erlaß.
§ 397. Das
Schuldverhältniß erlischt, wenn der Gläubiger dem Schuldner durch Vertrag die
Schuld erläßt.
Das Gleiche gilt, wenn der
Gläubiger durch Vertrag mit dem Schuldner anerkennt, daß das Schuldverhältniß
nicht bestehe.
Vierter Abschnitt.
Uebertragung der Forderung.
§ 398. Eine Forderung kann
von dem Gläubiger durch Vertrag mit einem Anderen auf diesen übertragen werden
(Abtretung). Mit dem Abschlusse des Vertrags tritt der neue Gläubiger an die
Stelle des bisherigen Gläubigers.
§ 399. Eine Forderung kann
nicht abgetreten werden, wenn die Leistung an einen anderen als den
ursprünglichen Gläubiger nicht ohne Veränderung ihres Inhalts erfolgen kann
oder wenn die Abtretung durch Vereinbarung mit dem Schuldner ausgeschlossen
ist.
§ 400. Eine Forderung kann
nicht abgetreten werden, soweit sie der Pfändung nicht unterworfen ist.
§ 401. Mit der abgetretenen
Forderung gehen die Hypotheken oder Pfandrechte, die für sie bestehen, sowie
die Rechte aus einer für die bestellten Bürgschaft auf
den neuen Gläubiger über.
Ein mit der Forderung für
den Fall der Zwangsvollstreckung oder des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht
kann auch der neue Gläubiger geltend machen.
§ 402. Der bisherige
Gläubiger ist verpflichtet, dem neuen Gläubiger die zur Geltendmachung der
Forderung nöthige Auskunft zu ertheilen und ihm die zum Beweise der Forderung
dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem Besitze befinden, auszuliefern.
§ 403. Der bisherige
Gläubiger hat dem neuen Gläubiger auf Verlangen eine öffentlich beglaubigte
Urkunde über die Abtretung auszustellen. Die Kosten hat der neue Gläubiger zu
tragen und vorzuschießen.
§ 404. Der Schuldner kann
dem neuen Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, die zur Zeit der Abtretung
der Forderung gegen den bisherigen Gläubiger begründet waren.
§ 405. Hat der Schuldner
eine Urkunde über die Schuld ausgestellt, so kann er sich, wenn die Forderung
unter Vorlegung der Urkunde abgetreten wird, dem neuen Gläubiger gegenüber
nicht darauf berufen, daß die Eingehung oder Anerkennung des Schuldverhältnisses
nur zum Schein erfolgt oder daß die Abtretung durch Vereinbarung mit dem
ursprünglichen Gläubiger ausgeschlossen sei, es sei denn, daß der neue
Gläubiger bei der Abtretung den Sachverhalt kannte oder kennen mußte.
§ 406. Der Schuldner kann
eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen
Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, daß er bei dem Erwerbe der
Forderung von der Abtretung Kenntniß hatte oder daß die Forderung erst nach der
Erlangung der Kenntniß und später als die abgetretene Forderung fällig geworden
ist.
§ 407. Der neue Gläubiger
muß eine Leistung, die der Schuldner nach der Abtretung an den bisherigen
Gläubiger bewirkt, sowie jedes Rechtsgeschäft, das nach der Abtretung zwischen
dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger in Ansehung der Forderung
vorgenommen wird, gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schuldner die
Abtretung bei der Leistung oder der Vornahme des Rechtsgeschäfts kennt.
Ist in einem nach der
Abtretung zwischen dem Schuldner und dem bisherigen Gläubiger anhängig
gewordenen Rechtsstreit ein rechtskräftiges Urtheil über die Forderung
ergangen, so muß der neue Gläubiger das Urtheil gegen sich gelten lassen, es
sei denn, daß der Schuldner die Abtretung bei dem Eintritte der Rechtshängigkeit
gekannt hat.
§ 408. Wird eine
abgetretene Forderung von dem bisherigen Gläubiger nochmals an einen Dritten
abgetreten, so finden, wenn der Schuldner an den Dritten leistet oder wenn
zwischen dem Schuldner und dem Dritten ein Rechtsgeschäft vorgenommen oder ein
Rechtsstreit anhängig wird, zu Gunsten des Schuldners die Vorschriften des §
407 dem früheren Erwerber gegenüber entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn die
bereits abgetretene Forderung durch gerichtlichen Beschluß einen Dritten
überwiesen wird oder wenn der bisherige Gläubiger dem Dritten gegenüber
anerkennt, daß die bereits abgetretene Forderung kraft Gesetzes auf den Dritten
übergegangen sei.
§ 409. Zeigt der Gläubiger
dem Schuldner an, daß er die Forderung abgetreten habe, so muß er dem Schuldner
gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie
nicht erfolgt oder nicht wirksam ist. Der Anzeige steht es gleich, wenn der
Gläubiger eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten neuen
Gläubiger ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt.
Die Anzeige kann nur mit
Zustimmung desjenigen zurückgenommen werden, welcher als der neue Gläubiger
bezeichnet worden ist.
§ 410. Der Schuldner ist
dem neuen Gläubiger gegenüber zur Leistung nur gegen Aushändigung einer von dem
bisherigen Gläubiger über die Abtretung ausgestellten Urkunde verpflichtet.
Eine Kündigung oder eine Mahnung des neuen Gläubigers ist unwirksam, wenn sie
ohne Vorlegung einer solchen Urkunde erfolgt und der Schuldner sie aus diesem Grunde
unverzüglich zurückweist.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, wenn der bisherige Gläubiger dem Schuldner die Abtretung
schriftlich angezeigt hat.
§ 411. Tritt eine
Militärperson, ein Beamter, ein Geistlicher oder ein Lehrer an einer öffentlichen
Unterrichtsanstalt den übertragbaren Theil des Diensteinkommens, des
Wartegeldes oder des Ruhegehalts ab, so ist die auszahlende Kasse durch
Aushändigung einer von dem bisherigen Gläubiger ausgestellten, öffentlich
beglaubigten Urkunde von der Abtretung zu benachrichtigen. Bis zur
Benachrichtigung gilt die Abtretung als der Kasse nicht bekannt.
§ 412. Auf die Uebertragung
einer Forderung kraft Gesetzes finden die Vorschriften der §§ 399 bis 404, 406
bis 410 entsprechende Anwendung.
§ 413. Die Vorschriften
über die Uebertragung von Forderungen finden auf die Uebertragung anderer
Rechte entsprechende Anwendung, soweit nicht das Gesetz ein Anderes
vorschreibt.
Fünfter Abschnitt.
Schuldübernahme.
§ 414. Eine Schuld kann von
einem Dritten durch Vertrag mit dem Gläubiger in der Weise übernommen werden,
daß der Dritte an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt.
§ 415. Wird die
Schuldübernahme von dem Dritten mit dem Schuldner vereinbart, so hängt ihre
Wirksamkeit von der Genehmigung des Gläubigers ab. Die Genehmigung kann erst
erfolgen, wenn der Schuldner oder der Dritte dem Gläubiger die Schuldübernahme
mitgetheilt hat. Bis zur Genehmigung können die Parteien den Vertrag ändern
oder aufheben.
Wird die Genehmigung
verweigert, so gilt die Schuldübernahme als nicht erfolgt. Fordert der
Schuldner oder der Dritte den Gläubiger unter Bestimmung einer Frist zur
Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Genehmigung nur bis zum Ablaufe
der Frist erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Solange nicht der Gläubiger
die Genehmigung ertheilt hat, ist im Zweifel der Uebernehmer dem Schuldner
gegenüber verpflichtet, den Gläubiger rechtzeitig zu befriedigen. Das Gleiche
gilt, wenn der Gläubiger die Genehmigung verweigert.
§ 416. Uebernimmt der
Erwerber eines Grundstücks durch Vertrag mit dem Veräußerer eine Schuld des
Veräußerers, für die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, so kann der
Gläubiger die Schuldübernahme nur genehmigen, wenn der Veräußerer sie ihm
mittheilt. Sind seit dem Empfange der Mittheilung sechs Monate verstrichen, so
gilt die Genehmigung als ertheilt, wenn nicht der Gläubiger sie dem Veräußerer
gegenüber vorher verweigert hat; die Vorschrift des § 415 Abs. 2 Satz 2 findet
keine Anwendung.
Die Mittheilung des
Veräußerers kann erst erfolgen, wenn der Erwerber als Eigenthümer im Grundbuch
eingetragen ist. Sie muß schriftlich geschehen und den Hinweis enthalten, daß
der Uebernehmer an die Stelle des bisherigen Schuldners tritt, wenn nicht der
Gläubiger die Verweigerung innerhalb der sechs Monate erklärt.
Der
Veräußerer hat auf Verlangen des
Erwerbers dem Gläubiger die Schuldübernahme mitzutheilen. Sobald die Ertheilung
oder Verweigerung der Genehmigung feststeht, hat der
Veräußerer den Erwerber zu benachrichtigen.
§ 417. Der Uebernehmer kann
dem Gläubiger die Einwendungen entgegensetzen, welche sich aus dem
Rechtsverhältnisse zwischen dem Gläubiger und dem bisherigen Schuldner ergeben.
Eine dem bisherigen Schuldner zustehende Forderung kann er nicht aufrechnen.
Aus dem
der Schuldübernahme zu Grunde liegenden Rechtsverhältnisse zwischen dem
Uebernehmer und dem bisherigen Schuldner kann der Uebernehmer dem Gläubiger
gegenüber Einwendungen nicht herleiten.
§ 418. In Folge der
Schuldübernahme erlöschen die für die Forderung bestellten Bürgschaften und
Pfandrechte. Besteht für die Forderung eine Hypothek, so tritt das Gleiche ein,
wie wenn der Gläubiger auf die Hypothek verzichtet. Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, wenn der Bürge oder derjenige, welchem der verhaftete Gegenstand
zur Zeit der Schuldübernahme gehört, in diese einwilligt.
Ein mit der Forderung für
den Fall des Konkurses verbundenes Vorzugsrecht kann nicht im Konkurs über das
Vermögen des Uebernehmers geltend gemacht werden.
§ 419. Uebernimmt Jemand
durch Vertrag das Vermögen eines Anderen, so können dessen Gläubiger,
unbeschadet der Fortdauer der Haftung des bisherigen Schuldners, von dem
Abschlusse des Vertrags an ihre zu dieser Zeit bestehenden Ansprüche auch gegen
den Uebernehmer geltend machen.
Die Haftung des
Uebernehmers beschränkt sich auf den Bestand des übernommenen Vermögens und die
ihm aus dem Vertrage zustehenden Ansprüche. Beruft sich der Uebernehmer auf die
Beschränkung seiner Haftung, so finden die für die Haftung des Erben geltenden
Vorschriften der §§ 1990, 1991 entsprechende Anwendung.
Die Haftung des
Uebernehmers kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm und dem bisherigen
Schuldner ausgeschlossen oder beschränkt werden.
Sechster Abschnitt.
Mehrheit von Schuldner und
Gläubigern.
§ 420. Schulden Mehrere
eine theilbare Leistung oder haben Mehrere eine theilbare Leistung zu fordern,
so ist im Zweifel jeder Schuldner nur zu einem gleichen Antheile verpflichtet,
jeder Gläubiger nur zu einem gleichen Antheile berechtigt.
§ 421. Schulden Mehrere
eine Leistung in der Weise, daß jeder die ganze Leistung zu bewirken
verpflichtet, der Gläubiger aber die Leistung nur einmal zu fordern berechtigt
ist (Gesammtschuldner), so kann der Gläubiger die Leistung nach seinem Belieben
von jedem der Schuldner ganz oder zu einem Theile fordern. Bis zur Bewirkung
der ganzen Leistung bleiben sämmtliche Schuldner verpflichtet.
§ 422. Die Erfüllung durch
einen Gesammtschuldner wirkt auch für die übrigen Schuldner. Das Gleiche gilt
von der Leistung an Erfüllungsstatt, der Hinterlegung und der Aufrechnung.
Eine Forderung, die einem
Gesammtschuldner zusteht, kann nicht von den übrigen Schuldnern aufgerechnet
werden.
§ 423. Ein zwischen dem
Gläubiger und einem Gesammtschuldner vereinbarter Erlaß wirkt auch für die
übrigen Schuldner, wenn die Vertragschließenden das ganze Schuldverhältniß
aufheben wollten.
§ 424. Der Verzug des
Gläubigers gegenüber einem Gesammtschuldner wirkt auch für die übrigen
Schuldner.
§ 425. Andere als die in
den §§ 422 bis 424 bezeichneten Thatsachen wirken, soweit sich nicht aus dem
Schuldverhältniß ein Anderes ergiebt, nur für und gegen den Gesammtschuldner,
in dessen Person sie eintreten.
Dies gilt insbesondere von
der Kündigung, dem Verzuge, dem Verschulden, von der Unmöglichkeit der Leistung
in der Person eines Gesammtschuldners, von der Verjährung, deren Unterbrechung
und Hemmung, von der Bereinigung der Forderung mit der Schuld und von dem
rechtskräftigen Urtheile.
§ 426. Die Gesammtschuldner
sind im Verhältnisse zu einander zu gleichen Antheilen verpflichtet, soweit
nicht ein Anderes bestimmt ist. Kann von einem Gesammtschuldner der auf ihn
entfallende Beitrag nicht erlangt werden, so ist der Ausfall von den übrigen
zur Ausgleichung verpflichteten Schuldnern zu tragen.
Soweit ein Gesammtschuldner
den Gläubiger befriedigt und von den übrigen Schuldner
Ausgleichung verlangen kann, geht die Forderung des Gläubigers gegen die
übrigen Schuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des
Gläubigers geltend gemacht werden.
§ 427. Verpflichten sich
Mehrere durch Vertrag gemeinschaftlich zu einer theilbaren Leistung, so haften
sie im Zweifel als Gesammtschuldner.
§ 428. Sind Mehrere eine
Leistung in der Weise zu fordern berechtigt, daß jeder die ganze Leistung
fordern kann, der Schuldner aber die Leistung nur einmal zu bewirken
verpflichtet ist (Gesammtgläubiger), so kann der Schuldner nach seinem Belieben
an jeden der Gläubiger leisten. Dies gilt auch dann, wenn einer der Gläubiger
bereits Klage auf die Leistung erhoben hat.
§ 429. Der Verzug eines
Gesammtgläubigers wirkt auch gegen die übrigen Gläubiger.
Vereinigen sich Forderung
und Schuld in der Person eines Gesammtgläubigers, so erlöschen die Rechte der
übrigen Gläubiger gegen den Schuldner.
Im Uebrigen finden die
Vorschriften der §§ 422, 423, 425 entsprechende Anwendung. Insbesondere
bleiben, wenn ein Gesammtgläubiger seine Forderung auf einen Anderen überträgt,
die Rechte der übrigen Gläubiger unberührt.
§ 430. Die Gesammtgläubiger
sind im Verhältnisse zu einander zu gleichen Antheilen berechtigt, soweit nicht
ein Anderes bestimmt ist.
§ 431. Schulden Mehrere
eine untheilbare Leistung, so haften sie als Gesammtschuldner.
§ 432. Haben Mehrere eine
untheilbare Leistung zu fordern, so kann, sofern sie nicht Gesammtgläubiger
sind, der Schuldner nur an alle gemeinschaftlich leisten und jeder Gläubiger
nur die Leistung an alle fordern. Jeder Gläubiger kann verlangen, daß der
Schuldner die geschuldete Sache für alle Gläubiger hinterlegt oder, wenn sie
sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu bestellenden
Verwahrer abliefert.
Im Uebrigen wirkt eine
Thatsache, die nur in der Person eines der Gläubiger eintritt, nicht für und
gegen die übrigen Gläubiger.
Siebenter Abschnitt.
Einzelne
Schuldverhältnisse.
Erster Titel.
Kauf. Tausch.
I. Allgemeine Vorschriften
§ 433. Durch den
Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache
zu übergeben und das Eigenthum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer eines
Rechtes ist verpflichtet, dem Käufer das Recht zu verschaffen und, wenn das
Recht zum Besitz einer Sache berechtigt, die Sache zu übergeben.
Der Käufer ist
verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die
gekaufte Sache abzunehmen.
§ 434. Der Verkäufer ist
verpflichtet, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechten zu
verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können.
§ 435. Der Verkäufer eines
Grundstücks oder eines Rechtes an einem Grundstück ist verpflichtet, im
Grundbuch eingetragene Rechte, die nicht bestehen, auf seine Kosten zur
Löschung zu bringen, wenn sie im Falle ihres Bestehens das dem Käufer zu
verschaffende Recht beeinträchtigen würden.
Das Gleiche gilt bei dem
Verkauf eines Schiffes oder eines Rechtes an einem Schiffe für die im
Schiffsregister eingetragenen Rechte.
§ 436. Der Verkäufer eines
Grundstücks haftet nicht für die Freiheit des Grundstücks von öffentlichen
Abgaben und von anderen öffentlichen Lasten, die zur Eintragung in das
Grundbuch nicht geeignet sind.
§ 437. Der Verkäufer einer
Forderung oder eines sonstigen Rechtes haftet für den rechtlichen Bestand der
Forderung oder des Rechtes.
Der Verkäufer eines
Werthpapiers haftet auch dafür, daß es nicht zum Zwecke der Kraftloserklärung
aufgeboten ist.
§ 438. Uebernimmt der
Verkäufer einer Forderung die Haftung für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners,
so ist die Haftung im Zweifel nur auf die Zahlungsfähigkeit zur Zeit der
Abtretung zu beziehen.
§ 439. Der Verkäufer hat
einen Mangel im Rechte nicht zu vertreten, wenn der Käufer den Mangel bei dem
Abschlusse des Kaufes kennt.
Eine Hypothek, eine
Grundschuld, eine Rentenschuld oder ein Pfandrecht hat der Verkäufer zu
beseitigen, auch wenn der Käufer die Belastung kennt. Das Gleiche gilt von
einer Vormerkung zur Sicherung des Anspruchs auf Bestellung eines dieser
Rechte.
§ 440. Erfüllt der
Verkäufer die ihm nach den §§ 433 bis 437, 439 obliegenden Verpflichtungen
nicht, so bestimmen sich die Rechte des Käufers nach den Vorschriften der §§
320 bis 327.
Ist eine bewegliche Sache
verkauft und dem Käufer zum Zwecke der Eigenthumsübertragung übergeben worden,
so kann der Käufer wegen des Rechtes eines Dritten, das zum Besitze der Sache
berechtigt, Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur verlangen, wenn er die
Sache dem Dritten mit Rücksicht auf dessen Recht herausgegeben hat oder sie dem
Verkäufer zurückgewährt oder wenn die Sache untergegangen ist.
Der Herausgabe der Sache an
den Dritten steht es gleich, wenn der Dritte den Käufer oder dieser den Dritten
beerbt oder wenn der Käufer das Recht des Dritten anderweit erwirbt oder den
Dritten abfindet.
Steht dem Käufer ein
Anspruch auf Herausgabe gegen einen Anderen zu, so genügt an Stelle der
Rückgewähr die Abtretung des Anspruchs.
§ 441. Die Vorschriften des
§ 440 Abs. 2 bis 4 gelten auch dann, wenn ein Recht an einer beweglichen Sache
verkauft ist, das zum Besitze der Sache berechtigt.
§ 442. Bestreitet der
Verkäufer den vom Käufer geltend gemachten Mangel im Rechte, so hat der Käufer
den Mangel zu beweisen.
§ 443. Eine Vereinbarung,
durch welche die nach den §§ 433 bis 437, 439 bis 442 wegen eines Mangels im
Rechte dem Verkäufer obliegende Verpflichtung zur Gewährleistung erlassen oder
beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig
verschweigt.
§ 444. Der Verkäufer ist
verpflichtet, dem Käufer über die den verkauften Gegenstand betreffenden
rechtlichen Verhältnisse, insbesondere im Falle des Verkaufs eines Grundstücks
über die Grenzen, Gerechtsame und Lasten, die nöthige Auskunft zu ertheilen und
ihm die zum Beweise des Rechtes dienenden Urkunden, soweit sie sich in seinem
Besitze befinden, auszuliefern. Erstreckt sich der Inhalt einer solchen Urkunde
auch auf andere Angelegenheiten, so ist der Verkäufer nur zu Ertheilung eines
öffentlich beglaubigten Auszugs verpflichtet.
§ 445. Die Vorschriften der
§§ 433 bis 444 finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung
eines Gegenstandes gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
§ 446. Mit der Uebergabe
der verkauften Sache geht die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer
zufälligen Verschlechterung auf den Käufer über. Von der Uebergabe an gebühren
dem Käufer die Nutzungen und trägt er die Lasten der Sache.
Wird der Käufer eines
Grundstücks vor der Uebergabe als Eigenthümer in das Grundbuch eingetragen, so
treten diese Wirkungen mit der Eintragung ein.
§ 447. Versendet der
Verkäufer auf Verlangen des Käufers die verkaufte Sache nach einem anderen Orte
als dem Erfüllungsorte, so geht die Gefahr auf den Käufer über, sobald der
Verkäufer die Sache dem Spediteur, dem Frachtführer oder der sonst zur
Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat.
Hat der Käufer eine
besondere Anweisung über die Art der Versendung ertheilt und weicht der
Verkäufer ohne dringenden Grund von der Anweisung ab, so ist der Verkäufer dem
Käufer für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich.
§ 448. Die Kosten der
Uebergabe der verkauften Sache, insbesondere die Kosten des Messens und Wägens,
fallen dem Verkäufer, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach
einem anderen Orte als dem Erfüllungsorte fallen dem Käufer zur Last.
Ist ein Recht verkauft, so
fallen die Kosten der Begründung oder Uebertragung des Rechtes dem Verkäufer
zur Last.
§ 449. Der Käufer eines
Grundstücks hat die Kosten der Auflassung und der Eintragung, der Käufer eines
Rechtes an einem Grundstücke hat die Kosten der zur Begründung oder
Uebertragung des Rechtes nöthigen Eintragung in das Grundbuch, mit Einschluß
der Kosten der zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen, zu tragen. Dem
Käufer fallen in beiden Fällen auch die Kosten der Beurkundung des Kaufes zur
Last.
§ 450. Ist vor der
Uebergabe der verkauften Sache die Gefahr auf den Käufer übergegangen und macht
der Verkäufer vor der Uebergabe Verwendungen auf die Sache, die nach dem
Uebergange der Gefahr nothwendig geworden sind, so kann er von dem Käufer
Ersatz verlangen, wie wenn der Käufer ihn mit der Verwaltung der Sache
beauftragt hätte.
Die Verpflichtung des
Käufers zum Ersatze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§ 451. Ist ein Recht an
einer Sache verkauft, das zum Besitze der Sache berechtigt, so finden die
Vorschriften der §§ 446 bis 450 entsprechende Anwendung.
§ 452. Der Käufer ist
verpflichtet, den Kaufpreis von dem Zeitpunkt an zu verzinsen, von welchem an
die Nutzungen des gekauften Gegenstandes ihm gebühren, sofern nicht der
Kaufpreis gestundet ist.
§ 453. Ist als Kaufpreis
der Marktpreis bestimmt, so gilt im Zweifel der für den Erfüllungsort zur
Erfüllungszeit maßgebende Marktpreis als vereinbart.
§ 454. Hat der Verkäufer
den Vertrag erfüllt und den Kaufpreis gestundet, so steht ihm das im § 325 Abs.
2 und im § 326 bestimmte Rücktrittsrecht nicht zu.
§ 455. Hat sich der
Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigenthum bis zur Zahlung des Kaufpreises
vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Uebertragung des Eigenthums
unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises
erfolgt und daß der Verkäufer zum Rücktritte von dem Vertrage berechtigt ist,
wenn der Käufer mit der Zahlung in Verzug kommt.
§ 456. Bei einem Verkauf im
Wege der Zwangsvollstreckung dürfen der mit der Vornahme oder Leitung des
Verkaufs Beauftragte und die von ihm zugezogenen Gehülfen, mit Einschluß des
Protokollführers, den zum Verkaufe gestellten Gegenstand weder für sich
persönlich oder durch einen Anderen noch als Vertreter eines Anderen kaufen.
§ 457. Die Vorschrift des §
456 gilt auch bei einem Verkauf außerhalb der Zwangsvollstreckung, wenn der
Auftrag zu dem Verkauf auf Grund einer gesetzlichen Vorschrift ertheilt worden
ist, die den Auftraggeber ermächtigt, den Gegenstand für Rechnung eines Anderen
verkaufen zu lassen, insbesondere in den Fällen des Pfandverkaufs und des in
den §§ 383, 385 zugelassenen Verkaufs, sowie bei einem Verkaufe durch den
Konkursverwalter.
§ 458. Die Wirksamkeit
eines den Vorschriften der §§ 456, 457 zuwider erfolgten Kaufes und der
Uebertragung des gekauften Gegenstandes hängt von der Zustimmung der bei dem
Verkauf als Schuldner, Eigenthümer oder Gläubiger Betheiligten ab. Fordert der
Käufer einen Betheiligten zur Erklärung über die Genehmigung auf, so finden die Vorschriften des § 177 Abs. 2 entsprechende
Anwendung.
Wird in Folge der
Verweigerung der Genehmigung ein neuer Verkauf vorgenommen, so hat der frühere
Käufer für die Kosten des neuen Verkaufs sowie für einen Mindererlös
aufzukommen.
II. Gewährleistung wegen
Mängel der Sache
§ 459. Der Verkäufer einer
Sache haftet dem Käufer dafür, daß sie zu der Zeit, zu welcher die Gefahr auf
den Käufer übergeht, nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die
Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten
Gebrauch aufheben oder mindern. Eine unerhebliche Minderung des Werthes oder
der Tauglichkeit kommt nicht in Betracht.
Der Verkäufer haftet auch
dafür, daß die Sache zur Zeit des Ueberganges der Gefahr die zugesicherten
Eigenschaften hat.
§ 460. Der Verkäufer hat
einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn der Käufer den
Mangel bei dem Abschlusse des Kaufes kennt. Ist dem Käufer ein Mangel der im §
459 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben,
so haftet der Verkäufer, sofern er nicht die Abwesenheit des Fehlers
zugesichert hat, nur, wenn er den Fehler arglistig verschwiegen hat.
§ 461. Der Verkäufer hat
einen Mangel der verkauften Sache nicht zu vertreten, wenn die Sache auf Grund
eines Pfandrechts in öffentlicher Versteigerung unter der Bezeichnung als Pfand
verkauft wird.
§ 462. Wegen eines Mangels,
den der Verkäufer nach den Vorschriften der §§ 459, 460 zu vertreten hat, kann
der Käufer Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des
Kaufpreises (Minderung) verlangen.
§ 463. Fehlt der verkauften
Sache zur Zeit des Kaufes eine zugesicherte Eigenschaft, so kann der Käufer
statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen. Das Gleiche gilt, wenn der Verkäufer einen Fehler arglistig
verschwiegen hat.
§ 464. Nimmt der Käufer
eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in
den §§ 462, 463 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen
des Mangels bei der Annahme vorbehält.
§ 465. Die Wandelung oder
die Minderung ist vollzogen, wenn sich der Verkäufer auf Verlangen des Käufers
mit ihr einverstanden erklärt.
§ 466. Behauptet der Käufer
dem Verkäufer gegenüber einen Mangel der Sache, so kann der Verkäufer ihn unter
dem Erbieten zur Wandelung und unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur
Erklärung darüber auffordern, ob er Wandelung verlange. Die Wandelung kann in
diesem Falle nur bis zum Ablaufe der Frist verlangt werden.
§ 467. Auf die Wandelung
finden die für das vertragsmäßige Rücktrittsrecht geltenden Vorschriften der §§
346 bis 348, 350 bis 354, 356 entsprechende Anwendung; im Falle des § 352 ist
jedoch die Wandelung nicht ausgeschlossen, wenn der Mangel sich erst bei der
Umgestaltung der Sache gezeigt hat. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die
Vertragskosten zu ersetzen.
§ 468. Sichert der
Verkäufer eines Grundstücks dem Käufer eine bestimmte Größe des Grundstücks zu,
so haftet er für die Größe wie für eine zugesicherte Eigenschaft. Der Käufer
kann jedoch wegen Mangels der zugesicherten Größe Wandelung nur verlangen, wenn
der Mangel so erheblich ist, daß die Erfüllung des Vertrags für den Käufer kein
Interesse hat.
§ 469. Sind von mehreren
verkauften Sachen nur einzelne mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser
Wandelung verlangt werden, auch wenn ein Gesammtpreis für alle Sachen
festgesetzt ist. Sind jedoch die Sachen als zusammengehörend verkauft, so kann
jeder Theil verlangen, daß die Wandelung auf alle Sachen erstreckt wird, wenn
die mangelhaften Sachen nicht ohne Nachtheil für ihn von den übrigen getrennt
werden können.
§ 470. Die Wandelung wegen
eines Mangels der Hauptsache erstreckt sich auch auf die Nebensache. Ist die
Nebensache mangelhaft, so kann nur in Ansehung dieser Wandelung verlangt
werden.
§ 471. Findet im Falle des
Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Wandelung nur in Ansehung
einzelner Sachen statt, so ist der Gesammtpreis in dem Verhältnisse
herabzusetzen, in welchem zur Zeit des Verkaufs der Gesammtwerth der Sachen in
mangelfreiem Zustande zu dem Werthe der von der Wandelung nicht betroffenen
Sachen gestanden haben würde.
§ 472. Bei der Minderung
ist der Kaufpreis in dem Verhältnisse herabzusetzen, in welchem zur Zeit des
Verkaufs der Werth der Sache in mangelfreiem Zustande zu dem wirklichen Werthe
gestanden haben würde.
Findet im Falle des
Verkaufs mehrerer Sachen für einen Gesammtpreis die Minderung nur wegen
einzelner Sachen statt, so ist bei der Herabsetzung des Preises der
Gesammtwerth aller Sachen zu Grunde zu legen.
§ 473. Sind neben dem in
Geld festgesetzten Kaufpreise Leistungen bedungen, die nicht vertretbare Sachen
zum Gegenstande haben, so sind diese Leistungen in den Fällen der §§ 471, 472
nach dem Werthe zur Zeit des Verkaufs in Geld zu veranschlagen. Die
Herabsetzung der Gegenleistung des Käufers erfolgt an dem in Geld festgesetzten
Preise; ist dieser geringer als der abzusetzende Betrag, so hat der Verkäufer
den überschießenden Betrag dem Käufer zu vergüten.
§ 474. Sind auf der einen
oder der anderen Seite Mehrere betheiligt, so kann von jedem und gegen jeden
Minderung verlangt werden.
Mit der Vollziehung der von
einem der Käufer verlangten Minderung ist die Wandelung ausgeschlossen.
§ 475. Durch die wegen
eines Mangels erfolgte Minderung wird das Recht des Käufers, wegen eines
anderen Mangels Wandelung oder von neuem Minderung zu verlangen, nicht
ausgeschlossen.
§ 476. Eine Vereinbarung,
durch welche die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel
der Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Verkäufer den
Mangel arglistig verschweigt.
§ 477. Der Anspruch auf
Wandelung oder auf Minderung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen
Mangels einer zugesicherten Eigenschaft verjährt, sofern nicht der Verkäufer
den Mangel arglistig verschwiegen hat, bei beweglichen Sachen in sechs Monaten
von der Ablieferung, bei Grundstücken in einem Jahre von der Uebergabe an. Die
Verjährungsfrist kann durch Vertrag verlängert werden.
Beantragt der Käufer
gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises, so wird die Verjährung
unterbrochen. Die Unterbrechung dauert bis zur Beendigung des Verfahrens fort.
Die Vorschriften des § 211 Abs. 2 und des § 212 finden entsprechende Anwendung.
Die Hemmung oder
Unterbrechung der Verjährung eines der im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche bewirkt
auch die Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung der anderen Ansprüche.
§ 478. Hat der Käufer den
Mangel dem Verkäufer angezeigt oder die Anzeige an ihn abgesendet, bevor der
Anspruch auf Wandelung oder auf Minderung verjährt war, so kann er auch nach
der Vollendung der Verjährung die Zahlung des Kaufpreises insoweit verweigern,
als er auf Grund der Wandelung oder der Minderung dazu berechtigt sein würde.
Das Gleiche gilt, wenn der Käufer vor der Vollendung der Verjährung
gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt oder in einem
zwischen ihm und einem späteren Erwerber der Sache wegen des Mangels anhängigen
Rechtsstreite dem Verkäufer den Streit verkündet hat.
Hat der Verkäufer den
Mangel arglistig verschwiegen, so bedarf es der Anzeige oder einer ihr nach
Abs. 1 gleichstehenden Handlung nicht.
§ 479. Der Anspruch auf
Schadensersatz kann nach der Vollendung der Verjährung nur aufgerechnet werden,
wenn der Käufer vorher eine der im § 478 bezeichneten Handlungen vorgenommen
hat. Diese Beschränkung tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel
arglistig verschwiegen hat.
§ 480. Der Käufer einer nur
der Gattung nach bestimmten Sache kann statt der Wandelung oder der Minderung
verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften Sache eine mangelfreie geliefert
wird. Auf diesen Anspruch finden die für die Wandelung geltenden Vorschriften
der §§ 464 bis 466, des § 467 Satz 1 und der §§ 469, 470, 474 bis 479
entsprechende Anwendung.
Fehlt der Sache zu der
Zeit, zu welcher die Gefahr auf den Käufer übergeht, eine zugesicherte
Eigenschaft oder hat der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann
der Käufer statt der Wandelung, der Minderung oder der Lieferung einer
mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
§ 481. Für den Verkauf von
Pferden, Eseln, Mauleseln und Maulthieren, von Rindvieh, Schafen und Schweinen
gelten die Vorschriften der §§ 459 bis 467, 469 bis 480 nur insoweit, als sich
nicht aus den §§ 482 bis 492 ein Anderes ergiebt.
§ 482. Der Verkäufer hat
nur bestimmte Fehler (Hauptmängel) und diese nur dann zu vertreten, wenn sie
sich innerhalb bestimmter Fristen (Gewährfristen) zeigen.
Die Hauptmängel und die
Gewährfristen werden durch eine mit Zustimmung des Bundesraths zu erlassende
Kaiserliche Verordnung bestimmt. Die Bestimmung kann auf demselben Wege ergänzt
und abgeändert werden.
§ 483. Die Gewährfrist
beginnt mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Gefahr auf den Käufer
übergeht.
§ 484. Zeigt sich ein
Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird vermuthet, dass der Mangel schon
zu der Zeit vorhanden gewesen sei, zu welcher die Gefahr auf den Käufer
übergegangen ist.
§ 485. Der Käufer verliert
die ihm wegen des Mangels zustehenden Rechte, wenn er nicht spätestens zwei
Tage nach dem Ablaufe der Gewährfrist oder, falls das Thier vor dem Ablaufe der
Frist getödtet worden oder sonst verendet ist, nach dem Tode des Thieres den
Mangel dem Verkäufer anzeigt oder die Anzeige an ihn absendet oder wegen des
Mangels Klage gegen den Verkäufer erhebt oder diesem den Streit verkündet oder
gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt. Der
Rechtsverlust tritt nicht ein, wenn der Verkäufer den Mangel arglistig
verschwiegen hat.
§ 486. Die Gewährfrist kann
durch Vertrag verlängert oder abgekürzt werden. Die vereinbarte Frist tritt an
die Stelle der gesetzlichen Frist.
§ 487. Der Käufer kann nur
Wandelung, nicht Minderung verlangen.
Die Wandelung kann auch in
den Fällen der §§ 351 bis 353, insbesondere wenn das Thier geschlachtet ist,
verlangt werden; an Stelle der Rückgewähr hat der Käufer den Werth des Thieres
zu vergüten. Das Gleiche gilt in anderen Fällen, in denen der Käufer in Folge
eines Umstandes, den er zu vertreten hat, insbesondere einer Verfügung über das
Thier, außer Stande ist, das Thier zurückzugewähren.
Ist vor der Vollziehung der
Wandelung eine unwesentliche Verschlechterung des Thieres in Folge eines von
dem Käufer zu vertretenden Umstandes eingetreten, so hat der Käufer die
Werthminderung zu vergüten.
Nutzungen hat der Käufer
nur insoweit zu ersetzen, als er sie gezogen hat.
§ 488. Der Verkäufer hat im
Falle der Wandelung dem Käufer auch die Kosten der Fütterung und Pflege, die
Kosten der thierärztlichen Untersuchung und Behandlung sowie die Kosten der
nothwendig gewordenen Tödtung und Wegschaffung des Thieres zu ersetzen.
§ 489. Ist über den
Anspruch auf Wandelung ein Rechtsstreit anhängig, so ist auf Antrag der einen
oder der anderen Partei die öffentliche Versteigerung des Thieres und die
Hinterlegung des Erlöses durch einstweilige Verfügung anzuordnen, sobald die
Besichtigung des Thieres nicht mehr erforderlich ist.
§ 490. Der Anspruch auf
Wandelung sowie der Anspruch auf Schadensersatz wegen eines Hauptmangels,
dessen Nichtvorhandensein der Verkäufer zugesichert hat, verjährt in sechs
Wochen von dem Ende der Gewährfrist an. Im Uebrigen bleiben die Vorschriften
des § 477 unberührt.
An die Stelle der in den §§
210, 212, 215 bestimmten Fristen tritt eine Frist von sechs Wochen.
Der Käufer kann auch nach
der Verjährung des Anspruchs auf Wandelung die Zahlung des Kaufpreises
verweigern. Die Aufrechnung des Anspruchs auf Schadensersatz unterliegt nicht
der im § 479 bestimmten Beschränkung.
§ 491. Der Käufer eines nur
der Gattung nach bestimmten Thieres kann statt der Wandelung verlangen, daß ihn
an Stelle des mangelhaften Thieres ein mangelfreies geliefert wird. Auf diesen
Anspruch finden die Vorschriften der §§ 488 bis 490 entsprechende Anwendung.
§ 492. Uebernimmt der
Verkäufer die Gewährleistung wegen eines nicht zu den Hauptmängeln gehörenden
Fehlers oder sichert er eine Eigenschaft des Thieres zu, so finden die
Vorschriften der §§ 487 bis 491 und, wenn eine Gewährfrist vereinbart wird,
auch die Vorschriften der §§ 483 bis 485 entsprechende Anwendung. Die im § 490
bestimmte Verjährung beginnt, wenn eine Gewährfrist nicht vereinbart wird, mit
der Ablieferung des Thieres.
§ 493. Die Vorschriften
über die Verpflichtung des Verkäufers zur Gewährleistung wegen Mängel der Sache
finden auf andere Verträge, die auf Veräußerung oder Belastung einer Sache
gegen Entgelt gerichtet sind, entsprechende Anwendung.
III. Besondere Arten des Kaufes
1. Kauf nach Probe. Kauf
auf Probe.
§ 494. Bei einem Kaufe nach
Probe oder nach Muster sind die Eigenschaften der Probe oder des Musters als
zugesichert anzusehen.
§ 495. Bei einem Kaufe auf
Probe oder auf Besicht steht die Billigung des gekauften Gegenstandes im
Belieben des Käufers. Der Kauf ist im Zweifel unter der aufschiebenden
Bedingung der Billigung geschlossen.
Der Verkäufer ist
verpflichtet, dem Käufer die Untersuchung des Gegenstandes zu gestatten.
§ 496. Die Billigung eines
auf Probe oder auf Besicht gekauften Gegenstandes kann nur innerhalb der
vereinbarten Frist und in Ermangelung einer solchen nur bis zum Ablauf einer
dem Käufer von dem Verkäufer bestimmten angemessenen
Frist erklärt werden. War die Sache dem Käufer zum Zwecke der Probe oder der
Besichtigung übergeben, so gilt sein Schweigen als Billigung.
2. Wiederkauf.
§ 497. Hat sich der
Verkäufer in dem Kaufvertrage das Recht des Wiederkaufs vorbehalten, so kommt
der Wiederkauf mit der Erklärung des Verkäufers gegenüber dem Käufer, daß er
das Wiederkaufsrecht ausübe, zu Stande. Die Erklärung bedarf nicht der für den
Kaufvertrag bestimmten Form. Der Preis, zu welchem verkauft worden ist, gilt im
Zweifel auch für den Wiederkauf.
§ 498. Der Wiederverkäufer
ist verpflichtet, dem Wiederkäufer den gekauften Gegenstand nebst Zubehör
herauszugeben.
Hat der Wiederverkäufer vor
der Ausübung des Wiederkaufsrechts eine Verschlechterung, den Untergang oder
eine aus einem anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der Herausgabe des
gekauften Gegenstandes verschuldet oder den Gegenstand wesentlich verändert, so
ist er für den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Ist der Gegenstand
ohne Verschulden des Wiederverkäufers verschlechtert oder ist er nur
unwesentlich verändert, so kann der Wiederverkäufer Minderung des Kaufpreises
nicht verlangen.
§ 499. Hat der
Wiederverkäufer vor der Ausübung des Wiederkaufsrechts über den gekauften
Gegenstand verfügt, so ist er verpflichtet, die dadurch begründeten Rechte
Dritter zu beseitigen. Einer Verfügung des Wiederverkäufers steht eine
Verfügung gleich, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt.
§ 500. Der Wiederverkäufer
kann für Verwendungen, die er auf den gekauften Gegenstand vor dem Wiederkaufe
gemacht hat, insoweit Ersatz verlangen, als der Werth des Gegenstandes durch
die Verwendungen erhöht ist. Eine Einrichtung, mit der er die herauszugebende
Sache versehen hat, kann er wegnehmen.
§ 501. Ist als
Wiederkaufpreis der Schätzungswerth vereinbart, den der gekaufte Gegenstand zur
Zeit des Wiederkaufs hat, so ist der Wiederverkäufer für eine Verschlechterung,
den Untergang oder die aus einem anderen Grunde eingetretene Unmöglichkeit der
Herausgabe des Gegenstandes nicht verantwortlich, der Wiederkäufer zum Ersatze
von Verwendungen nicht verpflichtet.
§ 502. Steht das
Wiederkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen
ausgeübt werden. Ist es für einen der Berechtigten erloschen oder übt einer von
ihnen sein Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das
Wiederkaufsrecht im Ganzen auszuüben.
§ 503. Das Wiederkaufsrecht
kann bei Grundstücken nur bis zum Ablaufe von dreißig, bei anderen Gegenständen
nur bis zum Ablaufe von drei Jahren nach der Vereinbarung des Vorbehalts
ausgeübt werden. Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an
die Stelle der gesetzlichen Frist.
3. Vorkauf.
§ 504. Wer in Ansehung
eines Gegenstandes zum Vorkaufe berechtigt ist, kann das Vorkaufsrecht ausüben,
sobald der Verpflichtete mit einem Dritten einen Kaufvertrag über den
Gegenstand geschlossen hat.
§ 505. Die Ausübung des
Vorkaufsrechts erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Verpflichteten. Die
Erklärung bedarf nicht der für den Kaufvertrag bestimmten Form.
Mit der Ausübung des
Vorkaufsrechts kommt der Kauf zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten
unter den Bestimmungen zu Stande, welche der Verpflichtete mit dem Dritten
vereinbart hat.
§ 506. Eine Vereinbarung
des Verpflichteten mit dem Dritten, durch welche der Kauf von der Nichtausübung
des Vorkaufsrechts abhängig gemacht oder dem Verpflichteten für den Fall der
Ausübung des Vorkaufsrechts der Rücktritt vorbehalten wird, ist dem
Vorkaufsberechtigten gegenüber unwirksam.
§ 507. Hat sich der Dritte
in dem Vertrage zu einer Nebenleistung verpflichtet, die der
Vorkaufsberechtigte zu bewirken außer Stande ist, so hat der
Vorkaufsberechtigte statt der Nebenleistung ihren Werth zu entrichten. Läßt
sich die Nebenleistung nicht in Geld schätzen, so ist die Ausübung des
Vorkaufsrechts ausgeschlossen; die Vereinbarung der Nebenleistung kommt jedoch
nicht in Betracht, wenn der Vertrag mit dem Dritten auch ohne sie geschlossen
sein würde.
§ 508. Hat der Dritte den
Gegenstand, auf den sich das Vorkaufsrecht bezieht, mit anderen Gegenständen zu
einem Gesammtpreise gekauft, so hat der Vorkaufsberechtigte einen
verhältnißmäßigen Theil des Gesammtpreises zu entrichten. Der Verpflichtete
kann verlangen, daß der Vorkauf auf alle Sachen erstreckt wird, die nicht ohne
Nachtheil für ihn getrennt werden können.
§ 509. Ist dem Dritten in
dem Vertrage der Kaufpreis gestundet worden, so kann der Vorkaufsberechtigte
die Stundung nur in Anspruch nehmen, wenn er für den gestundeten Betrag
Sicherheit leistet.
Ist ein Grundstück
Gegenstand des Vorkaufs, so bedarf es der Sicherheitsleistung insoweit nicht,
als für den gestundeten Kaufpreis die Bestellung einer Hypothek an dem
Grundstücke vereinbart oder in Anrechnung auf den Kaufpreis eine Schuld, für
die eine Hypothek an dem Grundstücke besteht, übernommen worden ist.
§ 510. Der Verpflichtete
hat dem Vorkaufsberechtigten den Inhalt des mit dem Dritten geschlossenen
Vertrags unverzüglich mitzutheilen. Die Mittheilung des Verpflichteten wird
durch die Mittheilung des Dritten ersetzt.
Das Vorkaufsrecht kann bei
Grundstücken nur bis zum Ablaufe von zwei Monaten, bei anderen Gegenständen nur
bis zum Ablauf einer Woche nach dem Empfange der Mittheilung ausgeübt werden.
Ist für die Ausübung eine Frist bestimmt, so tritt diese an die Stelle der
gesetzlichen Frist.
§ 511. Das Vorkaufsrecht
erstreckt sich im Zweifel nicht auf einen Verkauf, der mit Rücksicht auf ein
künftiges Erbrecht an einen gesetzlichen Erben erfolgt.
§ 512. Das Vorkaufsrecht
ist ausgeschlossen, wenn der Verkauf im Wege der Zwangsvollstreckung oder durch
den Konkursverwalter erfolgt.
§ 513. Steht das
Vorkaufsrecht Mehreren gemeinschaftlich zu, so kann es nur im Ganzen ausgeübt
werden. Ist es für einen Berechtigten erloschen oder übt einer von ihnen sein
Recht nicht aus, so sind die übrigen berechtigt, das Vorkaufsrecht im Ganzen
auszuüben.
§ 514. Das Vorkaufsrecht
ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben des Berechtigten über,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Ist das Recht auf eine bestimmte Zeit
beschränkt, so ist es im Zweifel vererblich.
IV. Tausch
§ 515. Auf den Tausch finden die Vorschriften über den Kauf entsprechende
Anwendung.
Zweiter Titel.
Schenkung.
§ 516. Eine Zuwendung,
durch die Jemand aus seinem Vermögen einen Anderen bereichert, ist Schenkung,
wenn beide Theile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.
Ist die Zuwendung ohne den
Willen des Anderen erfolgt, so kann ihn der Zuwendende unter Bestimmung einer
angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme auffordern. Nach dem Ablaufe
der Frist gilt die Schenkung als angenommen, wenn nicht der Andere sie vorher
abgelehnt hat. Im Falle der Ablehnung kann die Herausgabe des Zugewendeten nach
den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
gefordert werden.
§ 517. Eine Schenkung liegt
nicht vor, wenn Jemand zum Vortheil eines Anderen einen Vermögenserwerb
unterläßt oder auf ein angefallenes, noch nicht endgültig erworbenes Recht
verzichtet oder eine Erbschaft oder ein Vermächtniß ausschlägt.
§ 518. Zur Gültigkeit eines
Vertrags, durch den eine Leistung schenkweise versprochen wird, ist die
gerichtliche oder notarielle Beurkundung des Versprechens erforderlich. Das
Gleiche gilt, wenn ein Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß der in den
§§ 780, 781 bezeichneten Art schenkweise ertheilt wird, von dem Versprechen
oder der Anerkennungserklärung.
Der Mangel der Form wird
durch die Bewirkung der versprochenen Leistung geheilt.
§ 519. Der Schenker ist
berechtigt, die Erfüllung eines schenkweise ertheilten Versprechens zu
verweigern, soweit er bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen
außer Stande ist, das Versprechen zu erfüllen, ohne daß sein standesmäßiger
Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden
Unterhaltspflichten gefährdet wird.
Treffen die Ansprüche mehrerer Beschenkten zusammen, so geht der früher
entstandene Anspruch vor.
§ 520. Verspricht der
Schenker eine in wiederkehrenden Leistungen bestehende Unterstützung, so
erlischt die Verbindlichkeit mit seinem Tode, sofern nicht aus dem Versprechen
sich ein Anderes ergiebt.
§ 521. Der Schenker hat nur
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§ 522. Zur Entrichtung von
Verzugszinsen ist der Schenker nicht verpflichtet.
§ 523. Verschweigt der
Schenker arglistig einen Mangel im Rechte, so ist er verpflichtet, dem
Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die
Leistung eines Gegenstandes versprochen, den er erst erwerben sollte, so kann
der Beschenkte wegen eines Mangels im Rechte Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen, wenn der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der
Sache bekannt gewesen oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben
ist. Die für die Gewährleistungspflicht des Verkäufers geltenden Vorschriften
des § 433 Abs. 1, der §§ 434 bis 437, des § 440 Abs. 2 bis 4 und der §§ 441 bis
444 finden entsprechende Anwendung.
§ 524. Verschweigt der
Schenker arglistig einen Fehler der verschenkten Sache, so ist er verpflichtet,
dem Beschenkten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Hatte der Schenker die
Leistung einer nur der Gattung nach bestimmten Sache versprochen, die er erst
erwerben sollte, so kann der Beschenkte, wenn die geleistete Sache fehlerhaft
und der Mangel dem Schenker bei dem Erwerbe der Sache bekannt gewesen oder in
Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist, verlangen, daß ihm an
Stelle der fehlerhaften Sache eine fehlerfreie geliefert wird. Hat der Schenker
den Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Beschenkte statt der Lieferung
einer fehlerfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen. Auf
diese Ansprüche finden die für die Gewährleistung
wegen Fehler einer verkauften Sache geltenden Vorschriften entsprechende
Anwendung.
§ 525. Wer eine Schenkung
unter einer Auflage macht, kann die Vollziehung der Auflage verlangen, wenn er
seinerseits geleistet hat.
Liegt die Vollziehung der
Auflage im öffentlichen Interesse, so kann nach dem Tode des Schenkers auch die
zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
§ 526. Soweit in Folge
eines Mangels im Rechte oder eines Mangels der verschenkten Sache der Werth der
Zuwendung die Höhe der zur Vollziehung der Auflage erforderlichen Aufwendungen
nicht erreicht, ist der Beschenkte berechtigt, die Vollziehung der Auflage zu
verweigern, bis der durch den Mangel entstandene Fehlbetrag ausgeglichen wird.
Vollzieht der Beschenkte die Auflage ohne Kenntniß des Mangels, so kann er von
dem Schenker Ersatz der durch die Vollziehung verursachten Aufwendungen
insoweit verlangen, als sie in Folge des Mangels den Werth der Zuwendung
übersteigen.
§ 527. Unterbleibt die
Vollziehung der Auflage, so kann der Schenker die Herausgabe des Geschenkes
unter den für das Rücktrittsrecht bei gegenseitigen Verträgen bestimmten
Voraussetzungen nach den Vorschriften über die Herausgabe einer
ungerechtfertigten Bereicherung insoweit fordern, als das Geschenk zur
Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn ein Dritter berechtigt ist, die Vollziehung der Auflage zu
verlangen.
§ 528. Soweit der Schenker
nach der Vollziehung der Schenkung außer Stande ist, seinen standesmäßigen
Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten oder
seinem früheren Ehegatten gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu
erfüllen, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt
erforderlichen Betrags abwenden. Auf die Verpflichtung des Beschenkten finden
die Vorschriften des § 760 sowie die für die Unterhaltspflicht der Verwandten
geltende Vorschrift des § 1613 und im Falle des Todes des Schenkers auch die
Vorschriften des § 1615 entsprechende Anwendung.
Unter mehreren Beschenkten
haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht
verpflichtet ist.
§ 529. Der Anspruch auf
Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn der Schenker seine
Bedürftigkeit vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat
oder wenn zur Zeit des Eintritts seiner Bedürftigkeit seit der Leistung des
geschenkten Gegenstandes zehn Jahre verstrichen sind.
Das Gleiche gilt, soweit
der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer
Stande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne daß sein standesmäßiger Unterhalt
oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten
gefährdet wird.
§ 530. Eine Schenkung kann
widerrufen werden, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen
den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undankes
schuldig macht.
Dem Erben des Schenkers
steht das Recht des Widerrufs nur zu, wenn der Beschenkte vorsätzlich und
widerrechtlich den Schenker getödtet oder am Widerrufe gehindert hat.
§ 531. Der Widerruf erfolgt
durch Erklärung gegenüber dem Beschenkten.
Ist die Schenkung
widerrufen, so kann die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.
§ 532. Der Widerruf ist
ausgeschlossen, wenn der Schenker dem Beschenkten verziehen hat oder wenn seit
dem Zeitpunkt, in welchem der Widerrufsberechtigte von dem Eintritte der
Voraussetzungen seines Rechtes Kenntniß erlangt hat, ein Jahr verstrichen ist.
Nach dem Tode des Beschenkten ist der Widerruf nicht mehr zulässig.
§ 533. Auf das
Widerrufsrecht kann erst verzichtet werden, wenn der Undank dem
Widerrufsberechtigten bekannt geworden ist.
§ 534. Schenkungen, durch
die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht
entsprechen wird, unterliegen nicht der Rückforderung und dem Widerrufe.
Dritter Titel.
Miethe. Pacht.
I. Miethe
§ 535. Durch den
Miethvertrag wird der Vermiether verpflichtet, dem Miether den Gebrauch der
vermietheten Sache während der Miethzeit zu gewähren. Der Miether ist
verpflichtet, dem Vermiether den vereinbarten Miethzins zu entrichten.
§ 536. Der Vermiether hat
die vermiethete Sache dem Miether in einem zu dem vertragsmäßigen Gebrauche
geeigneten Zustande zu überlassen und sie während der Miethzeit in diesem
Zustande zu erhalten.
§ 537. Ist die vermiethete
Sache zur Zeit der Ueberlassung an den Miether mit einem Fehler behaftet, der
ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, oder
entsteht im Laufe der Miethe ein solcher Fehler, so ist der Miether für die
Zeit, während deren die Tauglichkeit aufgehoben ist, von der Entrichtung des
Miethzinses befreit, für die Zeit, während deren die Tauglichkeit gemindert
ist, nur zur Entrichtung eines nach den §§ 472, 473 zu bemessenden Theiles des
Miethzinses verpflichtet.
Das Gleiche gilt, wenn eine
zugesicherte Eigenschaft fehlt oder später wegfällt. Bei der Vermiethung eines
Grundstücks steht die Zusicherung einer bestimmten Größe der Zusicherung einer
Eigenschaft gleich.
§ 538. Ist ein Mangel der
im § 537 bezeichneten Art bei dem Abschlusse des Vertrags vorhanden oder
entsteht ein solcher Mangel später in Folge eines Umstandes, den der Vermiether
zu vertreten hat, oder kommt der Vermiether mit der Beseitigung eines Mangels
in Verzug, so kann der Miether, statt die im § 537 bestimmten Rechte geltend zu
machen, Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangen.
Im Falle des Verzugs des
Vermiethers kann der Miether den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der
erforderlichen Aufwendungen verlangen.
§ 539. Kennt der Miether
bei dem Abschlusse des Vertrags den Mangel der gemietheten Sache, so stehen ihm
die in den §§ 537, 538 bestimmten Rechte nicht zu. Ist dem Miether ein Mangel
der im § 537 Abs. 1 bezeichneten Art in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt
geblieben oder nimmt er eine mangelhafte Sache an, obschon er den Mangel kennt,
so kann er diese Rechte nur unter den Voraussetzungen geltend machen, unter
welchen dem Käufer einer mangelhaften Sache nach den §§ 460, 464 Gewähr zu
leisten ist.
§ 540. Eine Vereinbarung,
durch welche die Verpflichtung des Vermiethers zur Vertretung von Mängeln der
vermietheten Sache erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der
Vermiether den Mangel arglistig verschweigt.
§ 541. Wird durch das Recht
eines Dritten dem Miether der vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache
ganz oder zum Theil entzogen, so finden die Vorschriften der §§ 537, 538, des §
539 Satz 1 und des § 540 entsprechende Anwendung.
§ 542. Wird dem Miether der
vertragsmäßige Gebrauch der gemietheten Sache ganz oder zum Theil nicht
rechtzeitig gewährt oder wiederentzogen, so kann der Miether ohne die
Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältniß kündigen. Die Kündigung
ist erst zulässig, wenn der Vermiether eine ihm von dem Miether bestimmte
angemessene Frist hat verstreichen lassen, ohne Abhülfe zu schaffen. Der
Bestimmung einer Frist bedarf es nicht, wenn die Erfüllung des Vertrags in
Folge des die Kündigung rechtfertigenden Umstandes für den Miether kein
Interesse hat.
Wegen einer unerheblichen
Hinderung oder Vorenthaltung des Gebrauchs ist die Kündigung nur zulässig, wenn
sie durch ein besonderes Interesse des Miethers gerechtfertigt wird.
Bestreitet der Vermiether
die Zulässigkeit der erfolgten Kündigung, weil er den Gebrauch der Sache
rechtzeitig gewährt oder vor dem Ablaufe der Frist die Abhülfe bewirkt habe, so
trifft ihn die Beweislast.
§ 543. Auf das dem Miether
nach § 542 zustehende Kündigungsrecht finden die Vorschriften der §§ 539 bis
541 sowie die für die Wandelung bei dem Kaufe geltenden Vorschriften der §§ 469
bis 471 entsprechende Anwendung.
Ist der Miethzins für eine
spätere Zeit im voraus entrichtet, so hat ihn der
Vermiether nach Maßgabe des § 347 oder, wenn die Kündigung wegen eines
Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten.
§ 544. Ist eine Wohnung
oder ein anderer zum Aufenthalte von Menschen bestimmter Raum so beschaffen,
daß die Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden
ist, so kann der Miether das Miethverhältniß ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist kündigen, auch wenn er die gefahrbringende Beschaffenheit bei
dem Abschlusse des Vertrags gekannt oder auf die Geltendmachung der ihm wegen dieser
Beschaffenheit zustehenden Rechte verzichtet hat.
§ 545. Zeigt sich im Laufe
der Miethe ein Mangel der gemietheten Sache oder wird eine Vorkehrung zum
Schutze der Sache gegen eine nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat
der Miether dem Vermiether unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt,
wenn sich ein Dritter ein Recht an der Sache anmaßt.
Unterläßt der Miether die
Anzeige, so ist er zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet;
er ist, soweit der Vermiether in Folge der Unterlassung der Anzeige Abhülfe zu
schaffen außer Stande war, nicht berechtigt, die im § 537 bestimmten Rechte
geltend zu machen oder nach § 542 Abs. 1 Satz 3 ohne Bestimmung einer Frist zu
kündigen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen.
§ 546. Die auf der
vermietheten Sache ruhenden Lasten hat der Vermiether zu tragen.
§ 547. Der Vermiether ist
verpflichtet, dem Miether die auf die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen
zu ersetzen. Der Miether eines Thieres hat jedoch die Fütterungskosten zu
tragen.
Die Verpflichtung des
Vermiethers zum Ersatze sonstiger Verwendungen bestimmt sich nach den
Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Miether ist
berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen.
§ 548. Veränderungen oder
Verschlechterungen der gemietheten Sache, die durch den vertragsmäßigen
Gebrauch herbeigeführt werden, hat der Miether nicht zu vertreten.
§ 549. Der Miether ist ohne
die Erlaubniß des Vermiethers nicht berechtigt, den Gebrauch der gemietheten
Sache einem Dritten zu überlassen, insbesondere die Sache weiter zu vermiethen.
Verweigert der Vermiether die Erlaubniß, so kann der Miether das
Miethverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen Frist kündigen, sofern nicht
in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliegt.
Ueberläßt der Miether den
Gebrauch einem Dritten, so hat ein dem Dritten bei dem Gebrauche zur Last
fallendes Verschulden zu vertreten, auch wenn der Vermiether die Erlaubniß zur
Ueberlassung ertheilt hat.
§ 550. Macht der Miether
von der gemietheten Sache einen vertragswidrigen Gebrauch und setzt er den
Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des Vermiethers fort, so kann der
Vermiether auf Unterlassung klagen.
§ 551. Der Miethzins ist am
Ende der Miethzeit zu entrichten. Ist der Miethzins nach Zeitabschnitten
bemessen, so ist er nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu
entrichten.
Der Miethzins für ein
Grundstück ist, sofern er nicht nach kürzeren Zeitabschnitten bemessen ist,
nach dem Ablaufe je eines Kalendervierteljahres am ersten Werktage des
folgenden Monats zu entrichten.
§ 552. Der Miether wird von
der Entrichtung des Miethzinses nicht dadurch befreit, daß er durch einen in
seiner Person liegenden Grund an der Ausübung des ihm zustehenden
Gebrauchsrechts verhindert wird. Der Vermiether muß sich jedoch den Werth der
ersparten Aufwendungen sowie derjenigen Vortheile anrechnen lassen, welche er
aus einer anderweitigen Verwerthung des Gebrauchs erlangt. Solange der
Vermiether in Folge der Ueberlassung des Gebrauchs an einen Dritten außer
Stande ist, dem Miether den Gebrauch zu gewähren, ist der Miether zur
Entrichtung des Miethzinses nicht verpflichtet.
§ 553. Der Vermiether kann
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältniß kündigen, wenn der
Miether oder derjenige, welchem der Miether den Gebrauch der gemietheten Sache
überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermiethers einen
vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermiethers
in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt
überlassenen Gebrauch beläßt, oder die Sache durch Vernachlässigung der dem
Miether obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet.
§ 554. Der Vermiether kann
ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist das Miethverhältniß kündigen, wenn der
Miether für zwei auf einander folgende Termine mit der Entrichtung des
Miethzinses oder eines Theiles des Miethzinses im Verzug ist. Die Kündigung ist
ausgeschlossen, wenn der Miether den Vermiether befriedigt, bevor sie erfolgt.
Die Kündigung ist unwirksam,
wenn sich der Miether von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und
unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.
§ 555. Macht der Vermiether
von dem ihm nach den §§ 553, 554 zustehenden Kündigungsrechte Gebrauch, so hat
er den für eine spätere Zeit im voraus entrichteten
Miethzins nach Maßgabe des § 347 zurückzuerstatten.
§ 556. Der Miether ist
verpflichtet, die gemiethete Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses
zurückzugeben.
Dem Miether eines
Grundstücks steht wegen seiner Ansprüche gegen den Vermiether ein
Zurückbehaltungsrecht nicht zu.
Hat der Miether den
Gebrauch der Sache einem Dritten überlassen, so kann der Vermiether die Sache
nach der Beendigung des Miethverhältnisses auch von dem Dritten zurückfordern.
§ 557. Giebt der Miether
die gemiethete Sache nach der Beendigung des Miethverhältnisses nicht zurück,
so kann der Vermiether für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den
vereinbarten Miethzins verlangen. Die Geltendmachung eines weiteren Schadens
ist nicht ausgeschlossen.
§ 558. Die Ersatzansprüche
des Vermiethers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der vermietheten
Sache sowie die Ansprüche des Miethers auf Ersatz von Verwendungen oder auf
Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten.
Die Verjährung der
Ersatzansprüche des Vermiethers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem er die
Sache zurückerhält, die Verjährung der Ansprüche des Miethers beginnt mit der
Beendigung des Miethverhältnisses.
Mit der Verjährung des
Anspruchs des Vermiethers auf Rückgabe der Sache verjähren auch die
Ersatzansprüche des Vermiethers.
§ 559. Der Vermiether eines
Grundstücks hat für seine Forderungen aus dem Miethverhältniß ein Pfandrecht an
den eingebrachten Sachen des Miethers. Für künftige Entschädigungsforderungen
und für den Miethzins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende
Miethjahr kann das Pfandrecht nicht geltend gemacht werden. Es erstreckt sich
nicht auf die der Pfändung nicht unterworfenen Sachen.
§ 560. Das Pfandrecht des
Vermiethers erlischt mit der Entfernung der Sachen von dem Grundstück, es sei
denn, daß die Entfernung ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers
erfolgt. Der Vermiether kann der Entfernung nicht widersprechen, wenn sie im
regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Miethers oder den gewöhnlichen
Lebensverhältnissen entsprechend erfolgt oder wenn die zurückbleibenden Sachen
zur Sicherung des Vermiethers offenbar ausreichen.
§ 561. Der Vermiether darf
die Entfernung der seinem Pfandrecht unterliegenden Sachen, soweit er ihr zu
widersprechen berechtigt ist, auch ohne Anrufen des Gerichts verhindern und,
wenn der Miether auszieht, die Sachen in seinen Besitz nehmen.
Sind die Sachen ohne Wissen
oder unter Widerspruch des Vermiethers entfernt worden, so kann er die
Herausgabe zum Zwecke der Zurückschaffung in das Grundstück und, wenn der
Miether ausgezogen ist, die Ueberlassung des Besitzes verlangen. Das Pfandrecht
erlischt mit dem Ablauf eines Monats, nachdem der Vermiether von der Entfernung
der Sachen Kenntniß erlangt hat, wenn nicht der Vermiether diesen Anspruch
vorher gerichtlich geltend gemacht hat.
§ 562. Der Miether kann die
Geltendmachung des Pfandrechts des Vermiethers durch Sicherheitsleistung
abwenden; er kann jede einzelne Sache dadurch von dem Pfandrechte befreien, daß
er in Höhe ihres Werthes Sicherheit leistet.
§ 563. Wird eine dem
Pfandrechte des Vermiethers unterliegende Sache für einen anderen Gläubiger
gepfändet, so kann diesem gegenüber das Pfandrecht nicht wegen des Miethzinses
für eine frühere Zeit als das letzte Jahr vor der Pfändung geltend gemacht
werden.
§ 564. Das Miethverhältniß
endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist.
Ist die Miethzeit nicht
bestimmt, so kann jeder Theil das Miethverhältniß nach den Vorschriften des §
565 kündigen.
§ 565. Bei Grundstücken ist
die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendervierteljahrs zulässig; sie hat
spätestens am dritten Werktage des Vierteljahrs zu erfolgen. Ist der Miethzins
nach Monaten bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines
Kalendermonats zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu
erfolgen. Ist der Miethzins nach Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für
den Schluß einer Kalenderwoche zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage
der Woche zu erfolgen.
Bei beweglichen Sachen hat
die Kündigung spätestens am dritten Tage vor dem Tage zu erfolgen, an welchem
das Miethverhältniß endigen soll.
Ist der Miethzins für ein
Grundstück oder für eine bewegliche Sache nach Tagen bemessen, so ist die
Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag zulässig.
Die Vorschriften des Abs. 1
Satz 1, Abs. 2 gelten auch für die Fälle, in denen das Miethverhältniß unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§ 566. Ein Miethvertrag über
ein Grundstück, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der
schriftlichen Form. Wird die Form nicht beobachtet, so gilt der Vertrag als für
unbestimmte Zeit geschlossen; die Kündigung ist jedoch nicht für eine frühere
Zeit als für den Schluß des ersten Jahres zulässig.
§ 567. Wird ein
Miethvertrag für eine längere Zeit als dreißig Jahre geschlossen, so kann nach
dreißig Jahren jeder Theil das Miethverhältniß unter Einhaltung der
gesetzlichen Frist kündigen. Die Kündigung ist unzulässig, wenn der Vertrag für
die Lebenszeit des Vermiethers oder des Miethers geschlossen ist.
§ 568. Wird nach dem
Ablaufe der Miethzeit der Gebrauch der Sache von dem Miether fortgesetzt, so
gilt das Miethverhältniß als auf unbestimmte Zeit verlängert, sofern nicht der
Vermiether oder der Miether seinen entgegenstehenden Willen binnen einer Frist
von zwei Wochen dem anderen Theile gegenüber erklärt. Die Frist beginnt für den
Miether mit der Fortsetzung des Gebrauchs, für den Vermiether mit dem
Zeitpunkt, in welchem er von der Fortsetzung Kenntniß erlangt.
§ 569. Stirbt der Miether,
so ist sowohl der Erbe als der Vermiether berechtigt, das Miethverhältniß unter
Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung kann nur für den
ersten Termin erfolgen, für den sie zulässig ist.
§ 570. Militärpersonen,
Beamte, Geistliche und Lehrer an öffentlichen Unterrichtsanstalten können im
Falle der Versetzung nach einem anderen Orte das Miethverhältniß in Ansehung
der Räume, welche sie für sich oder ihre Familie an dem bisherigen Garnison-
oder Wohnorte gemiethet haben, unter Einhaltung der gesetzlichen Frist
kündigen. Die Kündigung kann nur für den ersten Termin erfolgen, für den sie
zulässig ist.
§ 571. Wird das vermiethete
Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether an eine
Dritten veräußert, so tritt der Erwerber an Stelle des Vermiethers in die sich
während der Dauer seines Eigenthums aus dem Mietverhältniß ergebenden Rechte
und Verpflichtungen ein.
Erfüllt der Erwerber die
Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether für den von dem Erwerber zu
ersetzenden Schaden wie ein Bürge, der auf die Einrede der Vorausklage
verzichtet hat. Erlangt der Miether von dem Uebergange des Eigenthums durch
Mittheilung des Vermiethers Kenntniß, so wird der Vermiether von der Haftung
befreit, wenn nicht der Miether das Miethverhältniß für den ersten Termin
kündigt, für den die Kündigung zulässig ist.
§ 572. Hat der Miether des
veräußerten Grundstücks dem Vermiether für die Erfüllung seiner Verpflichtungen
Sicherheit geleistet, so tritt der Erwerber in die dadurch begründeten Rechte
ein. Zur Rückgewähr der Sicherheit ist er nur verpflichtet, wenn sie ihm
ausgehändigt wird oder wenn er dem Vermiether gegenüber die Verpflichtung zur
Rückgewähr übernimmt.
§ 573. Eine Verfügung, die
der Vermiether vor dem Uebergange des Eigenthums über den auf die Zeit der
Berechtigung des Erwerbers entfallenden Miethzins getroffen hat, ist insoweit
wirksam, als sie sich auf den Miethzins für das zur Zeit des Ueberganges des
Eigenthums laufende Kalendervierteljahr bezieht; erfolgt der Übergang des
Eigentums innerhalb des letzten halben Monats eines Kalendervierteljahrs, so
ist die Verfügung auch insoweit wirksam, als sie sich auf den Mietzins für das
folgende Kalendervierteljahr bezieht. Eine Verfügung über den Miethzins für
eine spätere Zeit muß der Erwerber gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur
Zeit des Ueberganges des Eigenthums kennt.
§ 574. Ein Rechtsgeschäft,
das zwischen dem Miether und dem Vermiether in Ansehung der Miethzinsforderung
vorgenommen wird, insbesondere die Entrichtung des Miethzinses, ist dem
Erwerber gegenüber wirksam, soweit es sich nicht auf den Mietzins für eine
spätere Zeit als das Kalendervierteljahr bezieht, in welchem der Mieter von dem
Übergange des Eigentums Kenntnis erlangt; erlangt der Mieter die Kenntnis
innerhalb des letzten halben Monats eines Kalendervierteljahrs, so ist das
Rechtsgeschäft auch insoweit wirksam, als es sich auf den Mietzins für das
folgende Kalendervierteljahr bezieht. Ein Rechtsgeschäft, das nach dem
Uebergange des Eigenthums vorgenommen wird, ist jedoch unwirksam, wenn der
Miether bei der Vornahme des Rechtsgeschäfts von dem Uebergange des Eigenthums
Kenntniß hat.
§ 575. Soweit die
Entrichtung des Miethzinses an den Vermiether nach § 574 dem Erwerber gegenüber
wirksam ist, kann der Miether gegen die Miethzinsforderung des Erwerbers eine
ihm gegen den Vermiether zustehende Forderung aufrechnen. Die Aufrechnung ist
ausgeschlossen, wenn der Miether die Gegenforderung erworben hat, nachdem er
von dem Uebergange des Eigenthums Kenntniß erlangt hat, oder wenn die
Gegenforderung erst nach der Erlangung der Kenntniß und später als der
Miethzins fällig geworden ist.
§ 576. Zeigt der Vermiether
dem Miether an, daß er das Eigenthum an dem vermietheten Grundstück auf einen
Dritten übertragen habe, so muß er in Ansehung der Miethzinsforderung die
angezeigte Uebertragung dem Miether gegenüber gegen sich gelten lassen, auch
wenn sie nicht erfolgt oder nicht wirksam ist.
Die Anzeige kann nur mit Zustimmung
desjenigen zurückgenommen werden, welcher als der neue Eigenthümer bezeichnet
worden ist.
§ 577. Wird das vermiethete
Grundstück nach der Ueberlassung an den Miether von dem Vermiether mit dem
Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften der §§ 571 bis 576
entsprechende Anwendung, wenn durch die Ausübung des Rechtes dem Miether der
vertragsmäßige Gebrauch entzogen wird. Hat die Ausübung des Rechtes nur eine
Beschränkung des Miethers in dem vertragsmäßigen Gebrauche zur Folge, so ist der
Dritte dem Miether gegenüber verpflichtet, die Ausübung zu unterlassen, soweit
sie den vertragsmäßigen Gebrauch beeinträchtigen würde.
§ 578. Hat vor der
Ueberlassung des vermietheten Grundstücks an den Miether der Vermiether das
Grundstück an einen Dritten veräußert oder mit einem Rechte belastet, durch
dessen Ausübung der vertragsmäßige Gebrauch dem Miether entzogen oder
beschränkt wird, so gilt das Gleiche wie in den Fällen des § 571 Abs. 1 und des
§ 577, wenn der Erwerber dem Vermiether gegenüber die Erfüllung der sich aus
dem Miethverhältniß ergebenden Verpflichtungen übernommen hat.
§ 579. Wird das vermiethete
Grundstück von dem Erwerber weiter veräußert oder belastet, so finden die
Vorschriften des § 571 Abs. 1 und der §§ 572 bis 578 entsprechende Anwendung.
Erfüllt der neue Erwerber die sich aus dem Miethverhältniß ergebenden
Verpflichtungen nicht, so haftet der Vermiether dem Miether nach § 571 Abs. 2.
§ 580. Die Vorschriften
über die Miethe von Grundstücken gelten auch für die Miethe von Wohnräumen und
anderen Räumen.
II. Pacht
§ 581. Durch den
Pachtvertrag wird der Verpächter verpflichtet, dem Pächter den Gebrauch des
verpachteten Gegenstandes und den Genuß der Früchte, soweit sie nach den Regeln
einer ordnungsgemäßen Wirthschaft als Ertrag anzusehen sind, während der
Pachtzeit zu gewähren. Der Pächter ist verpflichtet, dem Verpächter den
vereinbarten Pachtzins zu entrichten.
Auf die Pacht finden,
soweit sich nicht aus den §§ 582 bis 597 ein Anderes ergiebt, die Vorschriften
über die Miethe entsprechende Anwendung.
§ 582. Der Pächter eines
landwirthschaftlichen Grundstücks hat die gewöhnlichen Ausbesserungen,
insbesondere die der Wohn- und Wirthschaftsgebäude, der Wege, Gräben und
Einfriedigungen, auf seine Kosten zu bewirken.
§ 583. Der Pächter eines
landwirthschaftlichen Grundstücks darf nicht ohne die Erlaubniß des Verpächters
Aenderungen in der wirthschaftlichen Bestimmung des Grundstücks vornehmen, die
auf die Art der Bewirthschaftung über die Pachtzeit hinaus von Einfluß sind.
§ 584. Ist bei der Pacht
eines landwirthschaftlichen Grundstücks der Pachtzins nach Jahren bemessen, so
ist er nach dem Ablaufe je eines Pachtjahrs am ersten Werktage des folgenden
Jahres zu entrichten.
§ 585. Das Pfandrecht des
Verpächters eines landwirthschaftlichen Grundstücks kann für den gesammten
Pachtzins geltend gemacht werden und unterliegt nicht der im § 563 bestimmten
Beschränkung. Es erstreckt sich auf die Früchte des Grundstücks sowie auf die
nach § 715 Nr. 5 der Zivilprozeßordnung der Pfändung nicht unterworfenen
Sachen.
§ 586. Wird ein Grundstück
sammt Inventar verpachtet, so liegt dem Pächter die Erhaltung der einzelnen
Inventarstücke ob.
Der Verpächter ist
verpflichtet, Inventarstücke, die in Folge eines von dem Pächter nicht zu
vertretenden Umstandes in Abgang kommen, zu ergänzen. Der Pächter hat jedoch
den gewöhnlichen Abgang der zu dem Inventar gehörenden Thiere aus den Jungen
insoweit zu ersetzen, als dies einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft entspricht.
§ 587. Uebernimmt der
Pächter eines Grundstücks das Inventar zum Schätzungswerthe mit der
Verpflichtung, es bei der Beendigung der Pacht zum Schätzungswerthe
zurückzugewähren, so gelten die Vorschriften der §§ 588, 589.
§ 588. Der Pächter trägt
die Gefahr des zufälligen Unterganges und einer zufälligen Verschlechterung des
Inventars. Er kann über die einzelnen Stücke innerhalb der Grenzen einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft verfügen.
Der Pächter hat das
Inventar nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft in dem Zustande zu
erhalten, in welchem es ihm übergeben wird. Die von ihm angeschafften Stücke
werden mit der Einverleibung in das Inventar Eigenthum des Verpächters.
§ 589. Der Pächter hat das
bei der Beendigung der Pacht vorhandene Inventar dem Verpächter
zurückzugewähren.
Der Verpächter kann die
Uebernahme derjenigen von dem Pächter angeschafften Inventarstücke ablehnen,
welche nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft für das Grundstück
überflüssig oder zu werthvoll sind; mit der Ablehnung geht das Eigenthum an den
abgelehnten Stücken auf den Pächter über.
Ist der
Gesammtschätzungswerth der übernommenen Stücke höher oder niedriger als der
Gesammtschätzungswerth der zurückzugewährenden Stücke, so hat im ersteren Falle
der Pächter dem Verpächter, im letzteren Falle der Verpächter dem Pächter den Mehrbetrag
zu ersetzen.
§ 590. Dem Pächter eines
Grundstücks steht für die Forderungen gegen den Verpächter die sich auf das
mitgepachtete Inventar beziehen, ein Pfandrecht an den in seinen Besitz
gelangten Inventarstücken zu. Auf das Pfandrecht findet die Vorschrift des §
562 Anwendung.
§ 591. Der Pächter eines
landwirthschaftlichen Grundstücks ist verpflichtet, das Grundstück nach der
Beendigung der Pacht in dem Zustande zurückzugewähren, der sich bei einer
während der Pachtzeit bis zur Rückgewähr fortgesetzten ordnungsmäßigen
Bewirthschaftung ergiebt. Dies gilt insbesondere auch für die Bestellung.
§ 592. Endigt die Pacht
eines landwirthschaftlichen Grundstücks im Laufe eines Pachtjahrs, so hat der
Verpächter die Kosten, die der Pächter auf die noch nicht getrennten, jedoch
nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des Pachtjahrs
zu trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth dieser Früchte nicht
übersteigen.
§ 593. Der Pächter eines
Landguts hat von den bei der Beendigung der Pacht vorhandenen
landwirthschaftlichen Erzeugnissen ohne Rücksicht darauf, ob er bei dem
Antritte der Pacht solche Erzeugnisse übernommen hat, so viel zurückzulassen,
als zur Fortführung der Wirthschaft bis zu der Zeit erforderlich ist, zu
welcher gleiche oder ähnliche Erzeugnisse voraussichtlich gewonnen werden.
Soweit der Pächter
landwirthschaftliche Erzeugnisse in größerer Menge oder besserer Beschaffenheit
zurückzulassen verpflichtet ist, als er bei dem Antritte der Pacht übernommen
hat, kann er von dem Verpächter Ersatz des Werthes verlangen.
Den vorhandenen auf dem Gute gewonnenen Dünger hat der Pächter zurückzulassen,
ohne daß er Ersatz des Werthes verlangen kann.
§ 594. Uebernimmt der
Pächter eines Landguts das Gut auf Grund einer Schätzung des wirthschaftlichen
Zustandes mit der Bestimmung, daß nach der Beendigung der Pacht die Rückgewähr
gleichfalls auf Grund einer solchen Schätzung zu erfolgen hat, so finden auf
die Rückgewähr des Gutes die Vorschriften des § 589 Abs. 2, 3 entsprechende
Anwendung.
Das Gleiche gilt, wenn der
Pächter Vorräthe auf Grund einer Schätzung mit einer solchen Bestimmung
übernimmt, für die Rückgewähr der Vorräthe, die er zurückzulassen verpflichtet
ist.
§ 595. Ist bei der Pacht
eines Grundstücks oder eines Rechtes die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die
Kündigung nur für den Schluß eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am
ersten Werktage des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablaufe die Pacht endigen
soll.
Diese Vorschriften gelten
bei der Pacht eines Grundstücks oder eines Rechtes auch für die Fälle, in denen
das Pachtverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen
Frist vorzeitig gekündigt werden kann.
§ 596. Dem Pächter steht
das im § 549 Abs. 1 bestimmte Kündigungsrecht nicht zu. Der Verpächter ist
nicht berechtigt, das Pachtverhältniß nach § 569 zu kündigen. Eine Kündigung
des Pachtverhältnisses nach § 570 findet nicht statt.
§ 597. Giebt der Pächter
den gepachteten Gegenstand nach der Beendigung der Pacht nicht zurück, so kann
der Verpächter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung den
vereinbarten Pachtzins nach dem Verhältnisse verlangen, in welchem die
Nutzungen, die der Pächter während dieser Zeit gezogen hat oder hätte ziehen können,
zu den Nutzungen des ganzen Pachtjahrs stehen. Die Geltendmachung eines
weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Vierter Titel.
Leihe.
§ 598. Durch den
Leihvertrag wird der Verleiher einer Sache verpflichtet, dem Entleiher den
Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten.
§ 599. Der Verleiher hat
nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§ 600. Verschweigt der
Verleiher arglistig einen Mangel im Rechte oder einen Fehler der verliehenen
Sache, so ist er verpflichtet, dem Entleiher den daraus entstehenden Schaden zu
ersetzen.
§ 601. Der Entleiher hat
die gewöhnlichen Kosten der Erhaltung der geliehenen Sache, bei der Leihe eines
Thieres insbesondere die Fütterungskosten, zu tragen.
Die Verpflichtung des
Verleihers zum Ersatz anderer Verwendungen bestimmt sich nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag. Der Entleiher ist berechtigt, eine
Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen.
§ 602. Veränderungen oder
Verschlechterungen der geliehenen Sache, die durch den vertragsmäßigen Gebrauch
herbeigeführt werden, hat der Entleiher nicht zu vertreten.
§ 603. Der Entleiher darf
von der geliehenen Sache keinen anderen als den vertragsmäßigen Gebrauch
machen. Er ist ohne die Erlaubniß des Verleihers nicht berechtigt, den Gebrauch
der Sache einem Dritten zu überlassen.
§ 604. Der Entleiher ist
verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablaufe der für die Leihe bestimmten
Zeit zurückzugeben.
Ist eine Zeit nicht
bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus
dem Zwecke der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die
Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, daß der
Entleiher den Gebrauch hätte machen können.
Ist die Dauer der Leihe
weder bestimmt noch aus dem Zwecke zu entnehmen, so kann der Verleiher die
Sache jederzeit zurückfordern.
Ueberläßt der Entleiher den
Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung
der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.
§ 605. Der Verleiher kann
die Leihe kündigen:
1. wenn
er in Folge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf;
2. wenn
der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere
unbefugt den Gebrauch einem Dritten überläßt, oder die Sache durch
Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet;
3. wenn
der Entleiher stirbt.
§ 606. Die Ersatzansprüche
des Verleihers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der verliehenen
Sache sowie die Ansprüche des Entleihers auf Ersatz von Verwendungen oder auf
Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die
Vorschriften des § 558 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Darlehen.
§ 607. Wer Geld oder andere
vertretbare Sachen als Darlehen empfangen hat, ist verpflichtet, dem Darleiher
das Empfangene in Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzuerstatten.
Wer Geld oder andere
vertretbare Sachen aus einem anderen Grunde schuldet, kann mit dem Gläubiger
vereinbaren, daß das Geld oder die Sachen als Darlehen geschuldet werden
sollen.
§ 608. Sind für ein
Darlehen Zinsen bedungen, so sind sie, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist,
nach dem Ablaufe je eines Jahres und, wenn das Darlehen vor dem Ablauf eines
Jahres zurückzuerstatten ist, bei der Rückerstattung zu entrichten.
§ 609. Ist für die
Rückerstattung eines Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die
Fälligkeit davon ab, daß der Gläubiger oder der Schuldner kündigt.
Die Kündigungsfrist beträgt
bei Darlehen von mehr als dreihundert Mark drei Monate, bei Darlehen von
geringerem Betrag einen Monat.
Sind Zinsen nicht bedungen,
so ist der Schuldner auch ohne Kündigung zur Rückerstattung berechtigt.
§ 610. Wer die Hingabe
eines Darlehens verspricht, kann im Zweifel das Versprechen widerrufen, wenn in
den Vermögensverhältnissen des anderen Theiles eine wesentliche
Verschlechterung eintritt, durch die der Anspruch auf die Rückerstattung
gefährdet wird.
Sechster Titel.
Dienstvertrag.
§ 611. Durch den
Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der
versprochenen Dienste, der andere Theil zur Gewährung der vereinbarten
Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des
Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.
§ 612. Eine Vergütung gilt
als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur
gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung
nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
§ 613. Der zur
Dienstleistung Verpflichtete hat die Dienste im Zweifel in Person zu leisten.
Der Anspruch auf die Dienste ist im Zweifel nicht übertragbar.
§ 614. Die Vergütung ist
nach der Leistung der Dienste zu entrichten. Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten
bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe der einzelnen Zeitabschnitte zu
entrichten.
§ 615. Kommt der
Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der
Verpflichtete für die in Folge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte
Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muß sich
jedoch den Werth desjenigen anrechnen lassen, was er in Folge des Unterbleibens
der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste
erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.
§ 616. Der zur
Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch
verlustig, daß er für eine verhältnißmäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in
seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung
verhindert wird. Er muß sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm
für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung
bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.
§ 617. Ist bei einem dauernden
Dienstverhältnisse, welches die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten
vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nimmt, der Verpflichtete in die
häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte ihm im Fall
der Erkrankung die erforderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung bis zur
Dauer von sechs Wochen, jedoch nicht über die Beendigung des
Dienstverhältnisses hinaus, zu gewähren, sofern nicht die Erkrankung von dem
Verpflichteten vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt worden
ist. Die Verpflegung und ärztliche Behandlung kann durch Aufnahme des
Verpflichteten in eine Krankenanstalt gewährt werden. Die Kosten können auf die
für die Zeit der Erkrankung geschuldete Vergütung angerechnet werden. Wird das
Dienstverhältniß wegen der Erkrankung von dem Dienstberechtigten nach § 626
gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des
Dienstverhältnisses außer Betracht.
Die Verpflichtung des
Dienstberechtigten tritt nicht ein, wenn für die Verpflegung und ärztliche
Behandlung durch eine Versicherung oder durch eine Einrichtung der öffentlichen
Krankenpflege Vorsorge getroffen ist.
§ 618. Der
Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Geräthschaften, die er zur
Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten
und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung
vorzunehmen sind, so zu regeln, daß der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben
und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.
Ist der Verpflichtete in
die häusliche Gemeinschaft aufgenommen, so hat der Dienstberechtigte in
Ansehung des Wohn- und Schlafraums, der Verpflegung sowie der Arbeits- und
Erholungszeit diejenigen Einrichtungen und Anordnungen zu treffen, welche mit
Rücksicht auf die Gesundheit, die Sittlichkeit und die Religion des
Verpflichteten erforderlich sind.
Erfüllt der
Dienstberechtigte die ihm in Ansehung des Lebens und der Gesundheit des
Verpflichteten obliegenden Verpflichtungen nicht, so finden auf seine Verpflichtung
zum Schadensersatze die für unerlaubte Handlungen geltenden Vorschriften der §§
842 bis 846 entsprechende Anwendung.
§ 619. Die dem
Dienstberechtigten nach den §§ 617, 618 obliegenden Verpflichtungen können
nicht im voraus durch Vertrag aufgehoben oder
beschränkt werden.
§ 620. Das
Dienstverhältniß endigt mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen ist.
Ist die Dauer des
Dienstverhältnisses weder bestimmt noch aus der Beschaffenheit oder dem Zwecke
der Dienste zu entnehmen, so kann jeder Theil das Dienstverhältniß nach Maßgabe
der §§ 621 bis 623 kündigen.
§ 621. Ist die Vergütung
nach Tagen bemessen, so ist die Kündigung an jedem Tage für den folgenden Tag
zulässig.
Ist die Vergütung nach
Wochen bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß einer Kalenderwoche
zulässig; sie hat spätestens am ersten Werktage der Woche zu erfolgen.
Ist die Vergütung nach
Monaten bemessen, so ist die Kündigung nur für den Schluß eines Kalendermonats
zulässig; sie hat spätestens am fünfzehnten des Monats zu erfolgen.
Ist die Vergütung nach
Vierteljahren oder längeren Zeitabschnitten bemessen, so ist die Kündigung nur
für den Schluß eines Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von sechs Wochen zulässig.
§ 622. Das Dienstverhältniß
der mit festen Bezügen zur Leistung von Diensten höherer Art Angestellten,
deren Erwerbsthätigkeit durch das Dienstverhältniß vollständig oder
hauptsächlich in Anspruch genommen wird, insbesondere der Lehrer, Erzieher,
Privatbeamten, Gesellschafterinnen, kann nur für den Schluß eines
Kalendervierteljahrs und nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs
Wochen gekündigt werden, auch wenn die Vergütung nach kürzeren Zeitabschnitten
als Vierteljahren bemessen ist.
§ 623. Ist die Vergütung
nicht nach Zeitabschnitten bemessen, so kann das Dienstverhältniß jederzeit
gekündigt werden; bei einem die Erwerbsthätigkeit des Verpflichteten
vollständig oder hauptsächlich in Anspruch nehmenden Dienstverhältniß ist
jedoch eine Kündigungsfrist von zwei Wochen einzuhalten.
§ 624. Ist das
Dienstverhältniß für die Lebenszeit einer Person oder für längere Zeit als fünf
Jahre eingegangen, so kann es von dem Verpflichteten nach dem Ablaufe von fünf
Jahren gekündigt werden. Die Kündigungsfrist beträgt sechs Monate.
§ 625. Wird das
Dienstverhältniß nach dem Ablaufe der Dienstzeit von dem Verpflichteten mit
Wissen des anderen Theiles fortgesetzt, so gilt es als auf unbestimmte Zeit
verlängert, sofern nicht der andere Theil unverzüglich widerspricht.
§ 626. Das
Dienstverhältniß kann von jedem Theile ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist
gekündigt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
§ 627. Hat der zur
Dienstleistung Verpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnisse mit
festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten, die auf Grund
besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen, so ist die Kündigung auch
ohne die im § 626 bezeichnete Voraussetzung zulässig.
Der Verpflichtete darf nur
in der Art kündigen, daß sich der Dienstberechtigte die Dienste anderweit
beschaffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige
Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat er dem
Dienstberechtigten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
§ 628. Wird nach dem
Beginne der Dienstleistung das Dienstverhältniß auf Grund des § 626 oder des §
627 gekündigt, so kann der Verpflichtete einen seinen bisherigen Leistungen
entsprechenden Theil der Vergütung verlangen. Kündigt er, ohne durch
vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles dazu veranlaßt zu sein, oder
veranlaßt er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen
Theiles, so steht ihm ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als
seine bisherigen Leistungen in Folge der Kündigung für den anderen Theil kein Interesse
haben. Ist die Vergütung für eine spätere Zeit im voraus
entrichtet, so hat der Verpflichtete sie nach Maßgabe des § 347 oder, wenn die
Kündigung wegen eines Umstandes erfolgt, den er nicht zu vertreten hat, nach
den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
zurückzuerstatten.
Wird die Kündigung durch
vertragswidriges Verhalten des anderen Theiles veranlaßt, so ist dieser zum
Ersatze des durch die Aufhebung des Dienstverhältnisses entstehenden Schadens
verpflichtet.
§ 629. Nach der Kündigung
eines dauernden Dienstverhältnisses hat der Dienstberechtigte dem
Verpflichteten auf Verlangen angemessene Zeit zum Aussuchen eines anderen
Dienstverhältnisses zu gewähren.
§ 630. Bei der Beendigung
eines dauernden Dienstverhältnisses kann der Verpflichtete von dem anderen
Theile ein schriftliches Zeugniß über das
Dienstverhältniß und dessen Dauer fordern. Das Zeugniß
ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung im Dienste zu erstrecken.
Siebenter Titel.
Werkvertrag.
§ 631. Durch den
Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der
Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
Gegenstand des Werkvertrags
kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als ein anderer durch
Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.
§ 632. Eine Vergütung gilt
als stillschweigend vereinbart, wenn die Herstellung des Werkes den Umständen
nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung
nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in
Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
§ 633. Der Unternehmer ist
verpflichtet, das Werk so herzustellen, daß es die zugesicherten Eigenschaften
hat und nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Werth oder die Tauglichkeit zu
dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrag vorausgesetzten Gebrauch aufheben
oder mindern.
Ist das Werk nicht von
dieser Beschaffenheit, so kann der Besteller die Beseitigung des Mangels verlangen.
Der Unternehmer ist berechtigt, die Beseitigung zu verweigern, wenn sie einen
unverhältnißmäßigen Aufwand erfordert.
Ist der Unternehmer mit der
Beseitigung des Mangels im Verzuge, so kann der Besteller den Mangel selbst
beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen.
§ 634. Zur Beseitigung
eines Mangels der im § 633 bezeichneten Art kann der Besteller dem Unternehmer
eine angemessene Frist mit der Erklärung bestimmen, daß er die Beseitigung des
Mangels nach dem Ablaufe der Frist ablehne. Zeigt sich schon vor der
Ablieferung des Werkes ein Mangel, so kann der Besteller die Frist sofort
bestimmen; die Frist muß so bemessen werden, daß sie nicht vor der für die
Ablieferung bestimmten Frist abläuft. Nach dem Ablaufe der Frist kann der Besteller
Rückgängigmachung des Vertrags (Wandelung) oder Herabsetzung der Vergütung
(Minderung) verlangen, wenn nicht der Mangel rechtzeitig beseitigt worden ist;
der Anspruch auf Beseitigung des Mangels ist ausgeschlossen.
Der Bestimmung einer Frist
bedarf es nicht, wenn die Beseitigung des Mangels unmöglich ist oder von dem
Unternehmer verweigert wird oder wenn die sofortige Geltendmachung des
Anspruchs auf Wandelung oder auf Minderung durch ein besonderes Interesse des
Bestellers gerechtfertigt wird.
Die Wandelung ist
ausgeschlossen, wenn der Mangel den Werth oder die Tauglichkeit des Werkes nur
unerheblich mindert.
Auf die Wandelung und die
Minderung finden die für den Kauf geltenden Vorschriften der §§ 465 bis 467,
469 bis 475 entsprechende Anwendung.
§ 635. Beruht der Mangel
des Werkes auf einem Umstande, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann
der Besteller statt der Wandelung oder der Minderung Schadensersatz wegen
Nichterfüllung verlangen.
§ 636. Wird das Werk ganz
oder zum Theil nicht rechtzeitig hergestellt, so finden die für die Wandelung
geltenden Vorschriften des § 634 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung; an die
Stelle des Anspruchs auf Wandelung tritt das Recht des Bestellers, nach § 327
von dem Vertrage zurückzutreten. Die im Falle des Verzugs des Unternehmers dem
Besteller zustehenden Rechte bleiben unberührt.
Bestreitet der Unternehmer
die Zulässigkeit des erklärten Rücktritts, weil er das Werk rechtzeitig
hergestellt habe, so trifft ihn die Beweislast.
§ 637. Eine Vereinbarung,
durch welche die Verpflichtung des Unternehmers, einen Mangel des Werkes zu
vertreten, erlassen oder beschränkt wird, ist nichtig, wenn der Unternehmer den
Mangel arglistig verschweigt.
§ 638. Der Anspruch des
Bestellers auf Beseitigung eines Mangels des Werkes sowie die wegen des Mangels
dem Besteller zustehenden Ansprüche auf Wandelung, Minderung oder
Schadensersatz verjähren, sofern nicht der Unternehmer den Mangel arglistig
verschwiegen hat, in sechs Monaten, bei Arbeiten an einem Grundstück in einem
Jahre, bei Bauwerken in fünf Jahren. Die Verjährung beginnt mit der Abnahme des
Werkes.
Die Verjährungsfrist kann
durch Vertrag verlängert werden.
§ 639. Auf die Verjährung
der im § 638 bezeichneten Ansprüche des Bestellers finden die für die
Verjährung der Ansprüche des Käufers geltenden Vorschriften des § 477 Abs. 2, 3
und der §§ 478, 479 entsprechende Anwendung.
Unterzieht sich der
Unternehmer im Einverständnisse mit dem Besteller der Prüfung des
Vorhandenseins des Mangels oder der Beseitigung des Mangels, so ist die
Verjährung so lange gehemmt, bis der Unternehmer das Ergebniß der Prüfung dem
Besteller mittheilt oder ihm gegenüber den Mangel für beseitigt erklärt oder
die Fortsetzung der Beseitigung verweigert.
§ 640. Der Besteller ist
verpflichtet, das vertragsmäßig hergestellte Werk abzunehmen, sofern nicht nach
der Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen ist.
Nimmt der Besteller ein
mangelhaftes Werk ab, obschon er den Mangel kennt, so stehen ihm die in den §§
633, 634 bestimmten Ansprüche nur zu, wenn er sich seine Rechte wegen des
Mangels bei der Abnahme vorbehält.
§ 641. Die Vergütung ist
bei der Abnahme des Werkes zu entrichten. Ist das Werk in Theilen abzunehmen
und die Vergütung für die einzelnen Theile bestimmt, so ist die Vergütung für
jeden Theil bei dessen Abnahme zu entrichten.
Eine in Geld festgesetzte
Vergütung hat der Besteller von der Abnahme des Werkes an zu verzinsen, sofern
nicht die Vergütung gestundet ist.
§ 642. Ist bei der
Herstellung des Werkes eine Handlung des Bestellers erforderlich, so kann der
Unternehmer, wenn der Besteller durch das Unterlassen der Handlung in Verzug
der Annahme kommt, eine angemessene Entschädigung verlangen.
Die Höhe der Entschädigung
bestimmt sich einerseits nach der Dauer des Verzugs und der Höhe der vereinbarten
Vergütung, andererseits nach demjenigen, was der Unternehmer in Folge des
Verzugs an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner
Arbeitskraft erwerben kann.
§ 643. Der Unternehmer ist
im Falle des § 642 berechtigt, dem Besteller zur Nachholung der Handlung eine
angemessene Frist mit der Erklärung zu bestimmen, daß er den Vertrag kündige,
wenn die Handlung nicht bis zum Ablaufe der Frist vorgenommen werde. Der
Vertrag gilt als aufgehoben, wenn nicht die Nachholung bis zum Ablaufe der
Frist erfolgt.
§ 644. Der Unternehmer
trägt die Gefahr bis zur Abnahme des Werkes. Kommt der Besteller in Verzug der
Annahme, so geht die Gefahr auf ihn über. Für den zufälligen Untergang und eine
zufällige Verschlechterung des von dem Besteller gelieferten Stoffes ist der
Unternehmer nicht verantwortlich.
Versendet der Unternehmer
das Werk auf Verlangen des Bestellers nach einem anderen Orte als dem
Erfüllungsorte, so finden die für den Kauf geltenden Vorschriften des § 447
entsprechende Anwendung.
§ 645. Ist das Werk vor der
Abnahme in Folge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes oder
in Folge einer von dem Besteller für die Ausführung ertheilten Anweisung
untergegangen, verschlechtert oder unausführbar geworden, ohne daß ein Umstand
mitgewirkt hat, den der Unternehmer zu vertreten hat, so kann der Unternehmer
einen der geleisteten Arbeit entsprechenden Theil der Vergütung und Ersatz der
in der Vergütung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen. Das Gleiche gilt, wenn
der Vertrag in Gemäßheit des § 643 aufgehoben wird.
Eine weitergehende Haftung
des Bestellers wegen Verschuldens bleibt unberührt.
§ 646. Ist nach der
Beschaffenheit des Werkes die Abnahme ausgeschlossen, so tritt in den Fällen
der §§ 638, 641, 644, 645 an die Stelle der Abnahme die Vollendung des Werkes.
§ 647. Der Unternehmer hat
für seine Forderungen aus dem Vertrag ein Pfandrecht an den von ihm
hergestellten oder ausgebesserten beweglichen Sachen des Bestellers, wenn sie
bei der Herstellung oder zum Zwecke der Ausbesserung in seinen Besitz gelangt
sind.
§ 648. Der Unternehmer
eines Bauwerkes oder eines einzelnen Theiles eines Bauwerkes kann für seine
Forderungen aus dem Vertrage die Einräumung einer Sicherungshypothek an dem
Baugrundstücke des Bestellers verlangen. Ist das Werk noch nicht vollendet, so
kann er die Einräumung der Sicherungshypothek für einen der geleisteten Arbeit
entsprechenden Theil der Vergütung und für die in der Vergütung nicht
inbegriffenen Auslagen verlangen.
§ 649. Der Besteller kann
bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der
Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu
verlangen; er muß sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der
Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige
Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterläßt.
§ 650. Ist dem Vertrag ein
Kostenanschlag zu Grunde gelegt worden, ohne daß der Unternehmer die Gewähr für
die Richtigkeit des Anschlags übernommen hat, und ergiebt sich, daß das Werk
nicht ohne eine wesentliche Ueberschreitung des Anschlags ausführbar ist, so
steht dem Unternehmer, wenn der Besteller den Vertrag aus diesem Grunde
kündigt, nur der im § 645 Abs. 1 bestimmte Anspruch zu.
Ist eine solche Ueberschreitung
des Anschlags zu erwarten, so hat der Unternehmer dem Besteller unverzüglich
Anzeige zu machen.
§ 651. Verpflichtet sich
der Unternehmer, das Werk aus einem von ihm zu beschaffenden Stoffe
herzustellen, so hat er dem Besteller die hergestellte Sache zu übergeben und
das Eigenthum an der Sache zu verschaffen. Auf einen solchen Vertrag finden die
Vorschriften über den Kauf Anwendung; ist eine nicht vertretbare Sache
herzustellen, so treten an die Stelle des § 433, des § 446 Abs. 1 Satz 1 und der
§§ 447, 459, 460, 462 bis 464, 477 bis 479 die Vorschriften über den
Werkvertrag mit Ausnahme der §§ 647, 648.
Verpflichtet sich der
Unternehmer nur zur Beschaffung von Zuthaten oder sonstigen Nebensachen, so
finden ausschließlich die Vorschriften über den Werkvertrag Anwendung.
Achter Titel.
Mäklervertrag.
§ 652. Wer für den Nachweis
der Gelegenheit zum Abschluß eines Vertrags oder für die Vermittelung eines
Vertrags einen Mäklerlohn verspricht, ist zur Entrichtung des Lohnes nur
verpflichtet, wenn der Vertrag in Folge des Nachweises oder in Folge der
Vermittelung des Mäklers zu Stande kommt. Wird der Vertrag unter einer
aufschiebenden Bedingung geschlossen, so kann der Mäklerlohn erst verlangt
werden, wenn die Bedingung eintritt.
Aufwendungen sind dem Mäkler
nur zu ersetzen, wenn es vereinbart ist. Dies gilt auch dann, wenn ein Vertrag
nicht zu Stande kommt.
§ 653. Ein Mäklerlohn gilt
als stillschweigend vereinbart, wenn die dem Mäkler übertragene Leistung den
Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
Ist die Höhe der Vergütung
nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe der taxmäßige Lohn, in
Ermangelung einer Taxe der übliche Lohn als vereinbart anzusehen.
§ 654. Der Anspruch auf den
Mäklerlohn und den Ersatz von Aufwendungen ist ausgeschlossen, wenn der Mäkler
dem Inhalte des Vertrags zuwider auch für den anderen Theil thätig gewesen ist.
§ 655. Ist für den Nachweis
der Gelegenheit zum Abschluß eines Dienstvertrags oder für die Vermittelung
eines solchen Vertrags ein unverhältnißmäßig hoher Mäklerlohn vereinbart
worden, so kann er auf Antrag des Schuldners durch Urtheil auf den angemessenen
Betrag herabgesetzt werden. Nach der Entrichtung des Lohnes ist die
Herabsetzung ausgeschlossen.
§ 656. Durch das
Versprechen eines Lohnes für den Nachweis der Gelegenheit zur Eingehung einer
Ehe oder für die Vermittelung des Zustandekommens einer Ehe wird eine
Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des Versprechens Geleistete kann
nicht deshalb zurückgefordert werden, weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden
hat.
Diese Vorschriften gelten
auch für eine Vereinbarung, durch die der andere Theil zum Zwecke der Erfüllung
des Versprechens dem Mäkler gegenüber eine Verbindlichkeit eingeht,
insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.
Neunter Titel.
Auslobung.
§ 657. Wer durch
öffentliche Bekanntmachung eine Belohnung für die Vornahme einer Handlung,
insbesondere für die Herbeiführung eines Erfolges, aussetzt, ist verpflichtet,
die Belohnung demjenigen zu entrichten, welcher die Handlung vorgenommen hat,
auch wenn dieser nicht mit Rücksicht auf die Auslobung gehandelt hat.
§ 658. Die Auslobung kann
bis zur Vornahme der Handlung widerrufen werden. Der Widerruf ist nur wirksam,
wenn er in derselben Weise wie die Auslobung bekannt gemacht wird oder wenn er
durch besondere Mittheilung erfolgt.
Auf die Widerruflichkeit
kann in der Auslobung verzichtet werden; ein Verzicht liegt im Zweifel in der
Bestimmung einer Frist für die Vornahme der Handlung.
§ 659. Ist die Handlung,
für welche die Belohnung ausgesetzt ist, mehrmals vorgenommen worden, so
gebührt die Belohnung demjenigen, welcher die Handlung zuerst vorgenommen hat.
Ist die Handlung von
Mehreren gleichzeitig vorgenommen worden, so gebührt jedem ein gleicher Theil
der Belohnung. Läßt sich die Belohnung wegen ihrer Beschaffenheit nicht theilen
oder soll nach dem Inhalte der Auslobung nur Einer die Belohnung erhalten, so
entscheidet das Loos.
§ 660. Haben Mehrere zu dem
Erfolge mitgewirkt, für den die Belohnung ausgesetzt ist, so hat der Auslobende
die Belohnung unter Berücksichtigung des Antheils eines jeden an dem Erfolge
nach billigem Ermessen unter sie zu vertheilen. Die Vertheilung ist nicht
verbindlich, wenn sie offenbar unbillig ist; sie erfolgt in einem solchen Falle
durch Urtheil.
Wird die Vertheilung des
Auslobenden von einem der Betheiligten nicht als verbindlich anerkannt, so ist
der Auslobende berechtigt, die Erfüllung zu verweigern, bis die Betheiligten
den Streit über ihre Berechtigung unter sich ausgetragen haben; jeder von ihnen
kann verlangen, daß die Belohnung für alle hinterlegt wird.
Die Vorschrift des § 659
Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§ 661. Eine Auslobung, die
eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der
Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt wird.
Die Entscheidung darüber,
ob eine innerhalb der Frist erfolgte Bewerbung der Auslobung entspricht oder
welche von mehreren Bewerbungen den Vorzug verdient, ist durch die in der
Auslobung bezeichnete Person, in Ermangelung einer solchen durch den Auslobenden
zu treffen. Die Entscheidung ist für die Betheiligten verbindlich.
Bei Bewerbungen von
gleicher Würdigkeit finden auf die Zuertheilung des Preises die Vorschriften
des § 659 Abs. 2 Anwendung.
Die Uebertragung des
Eigenthums an dem Werke kann der Auslobende nur verlangen, wenn er in der
Auslobung bestimmt hat, daß die Uebertragung erfolgen soll.
Zehnter Titel.
Auftrag.
§ 662. Durch die Annahme
eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber
übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.
§ 663. Wer zur Besorgung
gewisser Geschäfte öffentlich bestellt ist oder sich öffentlich erboten hat,
ist, wenn er einen auf solche Geschäfte gerichteten Auftrag nicht annimmt,
verpflichtet, die Ablehnung dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen. Das
Gleiche gilt, wenn sich Jemand dem Auftraggeber gegenüber zur Besorgung
gewisser Geschäfte erboten hat.
§ 664. Der Beauftragte darf
im Zweifel die Ausführung des Auftrags nicht einem Dritten übertragen. Ist die
Uebertragung gestattet, so hat er nur ein ihm bei der Uebertragung zur Last
fallendes Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er
nach § 278 verantwortlich.
Der Anspruch auf Ausführung
des Auftrags ist im Zweifel nicht übertragbar.
§ 665. Der Beauftragte ist
berechtigt, von den Weisungen des Auftraggebers abzuweichen, wenn er den
Umständen nach annehmen darf, daß der Auftraggeber bei Kenntniß der Sachlage
die Abweichung billigen würde. Der Beauftragte hat vor der Abweichung dem
Auftraggeber Anzeige zu machen und dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht
mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 666. Der Beauftragte ist
verpflichtet, dem Auftraggeber die erforderlichen Nachrichten zu geben, auf
Verlangen über den Stand des Geschäfts Auskunft zu ertheilen und nach der
Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen.
§ 667. Der Beauftragte ist
verpflichtet, dem Auftraggeber Alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält
und war er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.
§ 668. Verwendet der Beauftragte
Geld für sich, das er dem Auftraggeber herauszugeben oder für ihn zu verwenden
hat, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der Verwendung an zu verzinsen.
§ 669. Für die zur
Ausführung des Auftrags erforderlichen Aufwendungen hat der Auftraggeber dem
Beauftragten auf Verlangen Vorschuß zu leisten.
§ 670. Macht der
Beauftragte zum Zweck der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den
Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber zum
Ersatze verpflichtet.
§ 671. Der Auftrag kann von
dem Auftraggeber jederzeit widerrufen, von dem Beauftragten jederzeit gekündigt
werden.
Der Beauftragte darf nur in
der Art kündigen, daß der Auftraggeber für die Besorgung des Geschäfts
anderweit Fürsorge treffen kann, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die
unzeitige Kündigung vorliegt. Kündigt er ohne solchen Grund zur Unzeit, so hat
er dem Auftraggeber den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Liegt ein wichtiger Grund
vor, so ist der Beauftragte zur Kündigung auch dann berechtigt, wenn er auf das
Kündigungsrecht verzichtet hat.
§ 672. Der Auftrag erlischt
im Zweifel nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit des
Auftraggebers. Erlischt der Auftrag, so hat der Beauftragte, wenn mit dem
Aufschube Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen Geschäfts
fortzusetzen, bis der Erbe oder der gesetzliche Vertreter des Auftraggebers
anderweit Fürsorge treffen kann; der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§ 673. Der Auftrag erlischt
im Zweifel durch den Tod des Beauftragten. Erlischt der Auftrag, so hat der
Erbe des Beauftragten den Tod dem Auftraggeber unverzüglich anzuzeigen und,
wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, die Besorgung des übertragenen
Geschäfts fortzusetzen, bis der Auftraggeber anderweit Fürsorge treffen kann;
der Auftrag gilt insoweit als fortbestehend.
§ 674. Erlischt der Auftrag
in anderer Weise als durch Widerruf, so gilt er zu Gunsten des Beauftragten
gleichwohl als fortbestehend, bis der Beauftragte von dem Erlöschen Kenntniß
erlangt oder das Erlöschen kennen muß.
§ 675. Auf einen
Dienstvertrag oder einen Werkvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum
Gegenstande hat, finden die Vorschriften der §§ 663, 665 bis 670, 672 bis 674
und, wenn dem Verpflichteten das Recht zusteht, ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist zu kündigen, auch die Vorschriften des § 671 Abs. 2
entsprechende Anwendung.
§ 676. Wer einem Anderen
einen Rath oder eine Empfehlung ertheilt, ist, unbeschadet der sich aus einem
Vertragsverhältniß oder einer unerlaubten Handlung ergebenden
Verantwortlichkeit, zum Ersatze des aus der Befolgung des Rathes oder der
Empfehlung entstehenden Schadens nicht verpflichtet.
Elfter Titel.
Geschäftsführung ohne
Auftrag.
§ 677. Wer ein Geschäft für
einen Anderen besorgt, ohne von ihm beauftragt oder ihm gegenüber sonst dazu
berechtigt zu sein, hat das Geschäft so zu führen, wie das Interesse des
Geschäftsherrn mit Rücksicht auf dessen wirklichen oder muthmaßlichen Willen es
erfordert.
§ 678. Steht die Uebernahme
der Geschäftsführung mit dem wirklichen oder dem muthmaßlichen Willen des
Geschäftsherrn in Widerspruch und mußte der Geschäftsführer dies erkennen, so
ist er dem Geschäftsherrn zum Ersatze des aus der Geschäftsführung entstehenden
Schadens auch dann verpflichtet, wenn ihm ein sonstiges Verschulden nicht zur
Last fällt.
§ 679. Ein der
Geschäftsführung entgegenstehender Wille des Geschäftsherrn kommt nicht in
Betracht, wenn ohne die Geschäftsführung eine Pflicht des Geschäftsherrn, deren
Erfüllung im öffentlichen Interesse liegt, oder eine gesetzliche
Unterhaltspflicht des Geschäftsherrn nicht rechtzeitig erfüllt werden würde.
§ 680. Bezweckt die
Geschäftsführung die Abwendung einer dem Geschäftsherrn drohenden dringenden
Gefahr, so hat der Geschäftsführer nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu
vertreten.
§ 681. Der Geschäftsführer
hat die Uebernahme der Geschäftsführung, sobald es thunlich ist, dem
Geschäftsherrn anzuzeigen und, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden
ist, dessen Entschließung abzuwarten. Im Uebrigen finden auf die Verpflichtungen
des Geschäftsführers die für einen Beauftragten geltenden Vorschriften der §§
666 bis 668 entsprechende Anwendung.
§ 682. Ist der
Geschäftsführer geschäftsfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so
ist er nur nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter
Handlungen und über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
verantwortlich.
§ 683. Entspricht die
Uebernahme der Geschäftsführung dem Interesse und dem wirklichen oder dem
muthmaßlichen Willen des Geschäftsherrn, so kann der Geschäftsführer wie ein
Beauftragter Ersatz seiner Aufwendungen verlangen. In den Fällen des § 679
steht dieser Anspruch dem Geschäftsführer zu, auch wenn die Uebernahme der
Geschäftsführung mit dem Willen des Geschäftsherrn in Widerspruch steht.
§ 684. Liegen die
Voraussetzungen des § 683 nicht vor, so ist der Geschäftsherr verpflichtet, dem
Geschäftsführer Alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt, nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
herauszugeben. Genehmigt der Geschäftsherr die Geschäftsführung, so steht dem
Geschäftsführer der im § 683 bestimmte Anspruch zu.
§ 685. Dem Geschäftsführer
steht ein Anspruch nicht zu, wenn er nicht die Absicht hatte, von dem
Geschäftsherrn Ersatz zu verlangen.
Gewähren Eltern oder
Voreltern ihren Abkömmlingen oder diese jenen Unterhalt, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß die Absicht fehlt, von dem Empfänger Ersatz zu verlangen.
§ 686. Ist der
Geschäftsführer über die Person des Geschäftsherrn im Irrthume, so wird der
wirkliche Geschäftsherr aus der Geschäftsführung berechtigt und verpflichtet.
§ 687. Die Vorschriften der
§§ 677 bis 686 finden keine Anwendung, wenn Jemand ein fremdes Geschäft in der
Meinung besorgt, daß es sein eigenes sei.
Behandelt Jemand ein
fremdes Geschäft als sein eigenes, obwohl er weiß, daß er nicht dazu berechtigt
ist, so kann der Geschäftsherr die sich aus den §§ 677, 678, 681, 682
ergebenden Ansprüche geltend machen. Macht er sie geltend, so ist er dem
Geschäftsführer nach § 684 Satz 1 verpflichtet.
Zwölfter Titel.
Verwahrung.
§ 688. Durch den
Verwahrungsvertrag wird der Verwahrer verpflichtet,
eine ihm von dem Hinterleger übergebene bewegliche Sache aufzubewahren.
§ 689. Eine Vergütung für
die Aufbewahrung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Aufbewahrung den
Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
§ 690. Wird die
Aufbewahrung unentgeltlich übernommen, so hat der Verwahrer
nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten
anzuwenden pflegt.
§ 691. Der
Verwahrer ist im Zweifel nicht berechtigt, die hinterlegte Sache bei
einem Dritten zu hinterlegen. Ist die Hinterlegung bei einem Dritten gestattet,
so hat der Verwahrer nur ein ihm bei dieser Hinterlegung zur Last fallendes
Verschulden zu vertreten. Für das Verschulden eines Gehülfen ist er nach § 278
verantwortlich.
§ 692. Der
Verwahrer ist berechtigt, die vereinbarte Art der Aufbewahrung zu
ändern, wenn er den Umständen nach annehmen darf, daß der Hinterleger bei
Kenntniß der Sachlage die Aenderung billigen würde. Der
Verwahrer hat vor der Aenderung dem Hinterleger Anzeige zu machen und
dessen Entschließung abzuwarten, wenn nicht mit dem Aufschube Gefahr verbunden
ist.
§ 693. Macht der Verwahrer
zum Zwecke der Aufbewahrung Aufwendungen, die er den Umständen nach für
erforderlich halten darf, so ist der Hinterleger zum Ersatze verpflichtet.
§ 694. Der Hinterleger hat
den durch die Beschaffenheit der hinterlegten Sache dem Verwahrer entstehenden
Schaden zu ersetzen, es sei denn, daß er die gefahrdrohende Beschaffenheit der
Sache bei der Hinterlegung weder kennt noch kennen muß oder daß er sie dem
Verwahrer angezeigt oder dieser sie ohne Anzeige gekannt hat.
§ 695. Der Hinterleger kann
die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern, auch wenn für die Aufbewahrung
eine Zeit bestimmt ist.
§ 696. Der
Verwahrer kann, wenn eine Zeit für die Aufbewahrung nicht bestimmt ist,
jederzeit die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen. Ist eine Zeit
bestimmt, so kann er die vorzeitige Rücknahme nur verlangen, wenn ein wichtiger
Grund vorliegt.
§ 697. Die Rückgabe der
hinterlegten Sache hat an dem Orte zu erfolgen, an welchem die Sache
aufzubewahren war; der Verwahrer ist nicht verpflichtet, die Sache dem
Hinterleger zu bringen.
§ 698. Verwendet der Verwahrer
hinterlegtes Geld für sich, so ist er verpflichtet, es von der Zeit der
Verwendung an zu verzinsen.
§ 699. Der Hinterleger hat
die vereinbarte Vergütung bei der Beendigung der Aufbewahrung zu entrichten.
Ist die Vergütung nach Zeitabschnitten bemessen, so ist sie nach dem Ablaufe
der einzelnen Zeitabschnitte zu entrichten.
Endigt die Aufbewahrung vor
dem Ablaufe der für sie bestimmten Zeit, so kann der
Verwahrer einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Theil der
Vergütung verlangen, sofern nicht aus der Vereinbarung über die Vergütung sich
ein Anderes ergiebt.
§ 700. Werden vertretbare
Sachen in der Art hinterlegt, daß das Eigenthum auf den Verwahrer übergeben und
dieser verpflichtet sein soll, Sachen von gleicher Art, Güte und Menge zurückzugewähren,
so finden die Vorschriften über das Darlehen Anwendung. Gestattet der
Hinterleger dem Verwahrer, hinterlegte vertretbare Sachen zu verbrauchen, so
finden die Vorschriften über das Darlehen von dem Zeitpunkt an Anwendung, in
welchem der Verwahrer sich die Sachen aneignet. In
beiden Fällen bestimmen sich jedoch Zeit und Ort der Rückgabe im Zweifel nach
den Vorschriften über den Verwahrungsvertrag.
Bei der Hinterlegung von
Werthpapieren ist eine Vereinbarung der im Abs. 1 bezeichneten Art nur gültig,
wenn sie ausdrücklich getroffen wird.
Dreizehnter Titel.
Einbringung von Sachen bei
Gastwirthen.
§ 701. Ein Gastwirth, der
gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt, hat einem im Betriebe dieses
Gewerbes aufgenommenen Gaste den Schaden zu ersetzen, den der Gast durch den
Verlust oder die Beschädigung eingebrachter Sachen erleidet. Die Ersatzpflicht
tritt nicht ein, wenn der Schaden von dem Gaste, einem Begleiter des Gastes
oder einer Person, die er bei sich aufgenommen hat, verursacht wird oder durch
die Beschaffenheit der Sachen oder durch höhere Gewalt entsteht.
Als eingebracht gelten die
Sachen, welche der Gast dem Gastwirth oder Leuten des Gastwirths, die zur
Entgegennahme der Sachen bestellt oder nach den Umständen als dazu bestellt
anzusehen waren, übergeben oder an einen ihm von diesen angewiesenen Ort oder
in Ermangelung einer Anweisung an den hierzu bestimmten Ort gebracht hat.
Ein Anschlag, durch den der
Gastwirth die Haftung ablehnt, ist ohne Wirkung.
§ 702. Für Geld,
Werthpapiere und Kostbarkeiten haftet der Gastwirth nach § 701 nur bis zu dem
Betrage von eintausend Mark, es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntniß
ihrer Eigenschaft als Werthsachen zur Aufbewahrung übernimmt oder die
Aufbewahrung ablehnt oder daß der Schaden von ihm oder von seinen Leuten
verschuldet wird.
§ 703. Der dem Gaste auf
Grund der §§ 701, 702 zustehende Anspruch erlischt, wenn nicht der Gast
unverzüglich, nachdem er von dem Verlust oder der Beschädigung Kenntniß erlangt
hat, dem Gastwirth Anzeige macht. Der Anspruch erlischt nicht, wenn die Sachen
dem Gastwirthe zur Aufbewahrung übergeben waren.
§ 704. Der Gastwirth hat
für seine Forderungen für Wohnung und andere dem Gaste zur Befriedigung seiner
Bedürfnisse gewährte Leistungen, mit Einschluß der Auslagen, ein Pfandrecht an
den eingebrachten Sachen des Gastes. Die für das Pfandrecht des Vermiethers
geltenden Vorschriften des § 559 Satz 3 und der §§ 560 bis 563 finden
entsprechende Anwendung.
Vierzehnter Titel.
Gesellschaft.
§ 705. Durch den
Gesellschaftsvertrag verpflichten sich die Gesellschafter gegenseitig, die
Erreichung eines gemeinsamen Zweckes in der durch den Vertrag bestimmten Weise
zu fördern, insbesondere die vereinbarten Beiträge zu leisten.
§ 706. Die Gesellschafter
haben in Ermangelung einer anderen Vereinbarung gleiche Beiträge zu leisten.
Sind vertretbare oder
verbrauchbare Sachen beizutragen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie
gemeinschaftliches Eigenthum der Gesellschafter werden sollen. Das Gleiche gilt
von nicht vertretbaren und nicht verbrauchbaren Sachen, wenn sie nach einer
Schätzung beizutragen sind, die nicht blos für die Gewinnvertheilung bestimmt
ist.
Der Beitrag eines
Gesellschafters kann auch in der Leistung von Diensten bestehen.
§ 707. Zur Erhöhung des
vereinbarten Beitrags oder zur Ergänzung der durch Verlust verminderten Einlage
ist ein Gesellschafter nicht verpflichtet.
§ 708. Ein Gesellschafter
hat bei der Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtungen nur für diejenige
Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§ 709. Die Führung der
Geschäfte der Gesellschaft steht den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu; für
jedes Geschäft ist die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.
Hat nach dem
Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen zu entscheiden, so ist die
Mehrheit im Zweifel nach der Zahl der Gesellschafter zu berechnen.
§ 710. Ist in dem
Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte einem Gesellschafter oder
mehreren Gesellschaftern übertragen, so sind die übrigen Gesellschafter von der
Geschäftsführung ausgeschlossen. Ist die Geschäftsführung mehreren
Gesellschaftern übertragen, so finden die Vorschriften des § 709 entsprechende
Anwendung.
§ 711. Steht nach dem
Gesellschaftsvertrage die Führung der Geschäfte allen oder mehreren Gesellschaftern
in der Art zu, daß jeder allein zu handeln berechtigt ist, so kann jeder der
Vornahme eines Geschäfts durch den anderen widersprechen. Im Falle des
Widerspruchs muß das Geschäft unterbleiben.
§ 712. Die einem
Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur
Geschäftsführung kann ihm durch einstimmigen Beschluß oder, falls nach dem
Gesellschaftsvertrage die Mehrheit der Stimmen entscheidet, durch
Mehrheitsbeschluß der übrigen Gesellschafter entzogen werden, wenn ein wichtiger
Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder
Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Gesellschafter kann
auch seinerseits die Geschäftsführung kündigen, wenn ein wichtiger Grund
vorliegt; die für den Auftrag geltenden Vorschriften des § 671 Abs.2, 3 finden
entsprechende Anwendung.
§ 713. Die Rechte und
Verpflichtungen der geschäftsführenden Gesellschafter bestimmen sich nach den
für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664 bis 670, soweit sich nicht aus
dem Gesellschaftsverhältniß ein Anderes ergiebt.
§ 714. Soweit einem
Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage die Befugniß zur Geschäftsführung
zusteht, ist er im Zweifel auch ermächtigt, die anderen Gesellschafter Dritten
gegenüber zu vertreten.
§ 715. Ist im
Gesellschaftsvertrag ein Gesellschafter ermächtigt, die anderen Gesellschafter
Dritten gegenüber zu vertreten, so kann die Vertretungsmacht nur nach Maßgabe
des § 712 Abs. 1 und, wenn sie in Verbindung mit der Befugniß zur
Geschäftsführung ertheilt worden ist, nur mit dieser entzogen werden.
§ 716. Ein Gesellschafter
kann, auch wenn er von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, sich von den
Angelegenheiten der Gesellschaft persönlich unterrichten, die Geschäftsbücher
und die Papiere der Gesellschaft einsehen und sich aus ihnen eine Uebersicht
über den Stand des Gesellschaftsvermögens anfertigen.
Eine dieses Recht
ausschließende oder beschränkende Vereinbarung steht der Geltendmachung des
Rechtes nicht entgegen, wenn Grund zu der Annahme unredlicher Geschäftsführung
besteht.
§ 717. Die Ansprüche, die
den Gesellschaftern aus dem Gesellschaftsverhältnisse gegen einander zustehen,
sind nicht übertragbar. Ausgenommen sind die einem Gesellschafter aus seiner
Geschäftsführung zustehenden Ansprüche, soweit deren Befriedigung vor der
Auseinandersetzung verlangt werden kann, sowie die Ansprüche auf einen
Gewinnantheil oder auf dasjenige, was dem Gesellschafter bei der
Auseinandersetzung zukommt.
§ 718. Die Beiträge der
Gesellschafter und die durch die Geschäftsführung für die Gesellschaft
erworbenen Gegenstände werden gemeinschaftliches Vermögen der Gesellschafter
(Gesellschaftsvermögen).
Zu dem
Gesellschaftsvermögen gehört auch, was auf Grund eines zu dem
Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden
Gegenstandes erworben wird.
§ 719. Ein Gesellschafter
kann nicht über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und an den
einzelnen dazu gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt,
Theilung zu verlangen.
Gegen eine Forderung, die
zum Gesellschaftsvermögen gehört, kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen
einzelnen Gesellschafter zustehende Forderung aufrechnen.
§ 720. Die Zugehörigkeit einer
nach § 718 Abs. 1 erworbenen Forderung zum Gesellschaftsvermögen hat der
Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit
Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende
Anwendung.
§ 721. Ein Gesellschafter
kann den Rechnungsabschluß und die Vertheilung des Gewinns und Verlustes erst
nach der Auflösung der Gesellschaft verlangen.
Ist die Gesellschaft von
längerer Dauer, so hat der Rechnungsabschluß und die Gewinnvertheilung im
Zweifel am Schlusse jedes Geschäftsjahrs zu erfolgen.
§ 722. Sind die Antheile
der Gesellschafter am Gewinn und Verluste nicht bestimmt, so hat jeder
Gesellschafter ohne Rücksicht auf die Art und die Größe seines Beitrags einen
gleichen Antheil am Gewinn und Verluste.
Ist nur der Antheil am
Gewinn oder am Verluste bestimmt, so gilt die Bestimmung im Zweifel für Gewinn
und Verlust.
§ 723. Ist die Gesellschaft
nicht für eine bestimmte Zeit eingegangen, so kann jeder Gesellschafter sie
jederzeit kündigen. Ist eine Zeitdauer bestimmt, so ist die Kündigung vor dem
Ablaufe der Zeit zulässig, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund
ist insbesondere vorhanden, wenn ein anderer Gesellschafter eine ihm nach dem
Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus
grober Fahrlässigkeit verletzt oder wenn die Erfüllung einer solchen
Verpflichtung unmöglich wird. Unter der gleichen Voraussetzung ist, wenn eine
Kündigungsfrist bestimmt ist, die Kündigung ohne Einhaltung der Frist zulässig.
Die Kündigung darf nicht
zur Unzeit geschehen, es sei denn, daß ein wichtiger Grund für die unzeitige
Kündigung vorliegt. Kündigt ein Gesellschafter ohne solchen Grund zur Unzeit,
so hat er den übrigen Gesellschaftern den daraus entstehenden Schaden zu
ersetzen.
Eine Vereinbarung, durch
welche das Kündigungsrecht ausgeschlossen oder diesen Vorschriften zuwider
beschränkt wird, ist nichtig.
§ 724. Ist eine
Gesellschaft für die Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen, so kann sie
in gleicher Weise gekündigt werden wie eine für unbestimmte Zeit eingegangene
Gesellschaft. Dasselbe gilt, wenn eine Gesellschaft nach dem Ablaufe der
bestimmten Zeit stillschweigend fortgesetzt wird.
§ 725. Hat ein Gläubiger
eines Gesellschafters die Pfändung des Antheils des Gesellschafters an dem
Gesellschaftsvermögen erwirkt, so kann er die Gesellschaft ohne Einhaltung
einer Kündigungsfrist kündigen, sofern der Schuldtitel nicht blos vorläufig
vollstreckbar ist.
Solange die Gesellschaft
besteht, kann der Gläubiger die sich aus dem Gesellschaftsverhältniß
ergebenden Rechte des Gesellschafters, mit Ausnahme des Anspruchs auf einen
Gewinnantheil, nicht geltend machen.
§ 726. Die Gesellschaft
endigt, wenn der vereinbarte Zweck erreicht oder dessen Erreichung unmöglich
geworden ist.
§ 727. Die Gesellschaft
wird durch den Tod eines der Gesellschafter aufgelöst, sofern nicht aus dem
Gesellschaftsvertrage sich ein Anderes ergiebt.
Im Falle der Auflösung hat
der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den übrigen Gesellschaftern den Tod
unverzüglich anzuzeigen und, wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist, die
seinem Erblasser durch den Gesellschaftsvertrag übertragenen Geschäfte
fortzuführen, bis die übrigen Gesellschafter in Gemeinschaft mit ihm anderweit
Fürsorge treffen können. Die übrigen Gesellschafter sind in gleicher Weise zur
einstweiligen Fortführung der ihnen übertragenen Geschäfte verpflichtet. Die
Gesellschaft gilt insoweit als fortbestehend.
§ 728. Die Gesellschaft
wird durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Gesellschafters
aufgelöst. Die Vorschriften des § 727 Abs. 2 Satz 2, 3 finden Anwendung.
§ 729. Wird die
Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung ausgelöst, so gilt die einem
Gesellschafter durch den Gesellschaftsvertrag übertragene Befugniß zur
Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der
Auflösung Kenntniß erlangt oder die Auflösung kennen muß.
§ 730. Nach der Auflösung
der Gesellschaft findet in Ansehung des Gesellschaftsvermögens die
Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern statt.
Für die Beendigung der
schwebenden Geschäfte, für die dazu erforderliche Eingehung neuer Geschäfte
sowie für die Erhaltung und Verwaltung des Gesellschaftsvermögens gilt die
Gesellschaft als fortbestehend, soweit der Zweck der Auseinandersetzung es
erfordert. Die einem Gesellschafter nach dem Gesellschaftsvertrage zustehende
Befugniß zur Geschäftsführung erlischt jedoch, wenn nicht aus dem Vertrage sich
ein Anderes ergiebt, mit der Auflösung der Gesellschaft; die Geschäftsführung
steht von der Auflösung an allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zu.
§ 731. Die
Auseinandersetzung erfolgt in Ermangelung einer anderen Vereinbarung in
Gemäßheit der §§ 732 bis 735. Im Uebrigen gelten für die Theilung die
Vorschriften über die Gemeinschaft.
§ 732. Gegenstände, die ein
Gesellschafter der Gesellschaft zur Benutzung überlassen hat, sind ihm
zurückzugeben. Für einen durch Zufall in Abgang gekommenen oder
verschlechterten Gegenstand kann er nicht Ersatz verlangen.
§ 733. Aus dem
Gesellschaftsvermögen sind zunächst die gemeinschaftlichen Schulden mit
Einschluß derjenigen zu berichtigen, welche den Gläubigern gegenüber unter den
Gesellschaftern getheilt sind oder für welche einem Gesellschafter die übrigen
Gesellschafter als Schuldner haften. Ist eine Schuld noch nicht fällig oder ist
sie streitig, so ist das zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten.
Aus dem nach der
Berichtigung der Schulden übrig bleibenden Gesellschaftsvermögen sind die
Einlagen zurückzuerstatten. Für Einlagen, die nicht in Geld bestanden haben,
ist der Werth zu ersetzen, den sie zur Zeit der Einbringung gehabt haben. Für
Einlagen, die in der Leistung von Diensten oder in der Ueberlassung der
Benutzung eines Gegenstandes bestanden haben, kann nicht Ersatz verlangt
werden.
Zur Berichtigung der
Schulden und zur Rückerstattung der Einlagen ist das Gesellschaftsvermögen,
soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
§ 734. Verbleibt nach der
Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und der Rückerstattung der
Einlagen ein Ueberschuß, so gebührt er den Gesellschaftern nach dem Verhältniß
ihrer Antheile am Gewinne.
§ 735. Reicht das
Gesellschaftsvermögen zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Schulden und zur
Rückerstattung der Einlagen nicht aus, so haben die Gesellschafter für den
Fehlbetrag nach dem Verhältniß aufzukommen, nach welchem sie den Verlust zu
tragen haben. Kann von einem Gesellschafter der auf ihn entfallende Beitrag
nicht erlangt werden, so haben die übrigen Gesellschafter den Ausfall nach dem
gleichen Verhältnisse zu tragen.
§ 736. Ist im
Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt oder
stirbt oder wenn der Konkurs über sein Vermögen eröffnet wird, die Gesellschaft
unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so scheidet bei dem
Eintritt eines solchen Ereignisses der Gesellschafter, in dessen Person es
eintritt, aus der Gesellschaft aus.
§ 737. Ist im
Gesellschaftsvertrage bestimmt, daß, wenn ein Gesellschafter kündigt, die
Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern fortbestehen soll, so kann ein
Gesellschafter, in dessen Person ein die übrigen Gesellschafter nach § 723 Abs.
1 Satz 2 zur Kündigung berechtigender Umstand eintritt, aus der Gesellschaft
ausgeschlossen werden. Das Ausschließungsrecht steht den übrigen
Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Die Ausschließung erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem auszuschließenden Gesellschafter.
§ 738. Scheidet ein
Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so wächst sein Antheil am
Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu. Diese sind verpflichtet,
dem Ausscheidenden die Gegenstände, die er der Gesellschaft zur Benutzung
überlassen hat, nach Maßgabe des § 732 zurückzugeben, ihn von den
gemeinschaftlichen Schulden zu befreien und ihm dasjenige zu zahlen, was er bei
der Auseinandersetzung erhalten würde, wenn die Gesellschaft zur Zeit seines
Ausscheidens aufgelöst worden wäre. Sind gemeinschaftliche Schulden noch nicht
fällig, so können die übrigen Gesellschafter dem Ausscheidenden, statt ihn zu
befreien, Sicherheit leisten.
Der Werth des Gesellschaftsvermögens
ist, soweit erforderlich, im Wege der Schätzung zu ermitteln.
§ 739. Reicht der Werth des
Gesellschaftsvermögens zur Deckung der gemeinschaftlichen Schulden und der
Einlagen nicht aus, so hat der Ausscheidende den übrigen Gesellschaftern für
den Fehlbetrag nach dem Verhältnisse seines Antheils am Verlust aufzukommen.
§ 740. Der Ausgeschiedene
nimmt an dem Gewinn und dem Verluste Theil, welcher sich aus den zur Zeit
seines Ausscheidens schwebenden Geschäften ergiebt. Die übrigen Gesellschafter
sind berechtigt, diese Geschäfte so zu beendigen, wie es ihnen am
vortheilhaftesten erscheint.
Der Ausgeschiedene kann am
Schlusse jedes Geschäftsjahrs Rechenschaft über die inzwischen beendigten
Geschäfte, Auszahlung des ihm gebührenden Betrags und Auskunft über den Stand
der noch schwebenden Geschäfte verlangen.
Fünfzehnter Titel.
Gemeinschaft.
§ 741. Steht ein Recht
Mehreren gemeinschaftlich zu, so finden, sofern sich nicht aus dem Gesetz
ergiebt, die Vorschriften der §§ 742 bis 758 Anwendung (Gemeinschaft nach
Bruchtheilen).
§ 742. Im Zweifel ist
anzunehmen, daß den Theilhabern gleiche Antheile zustehen.
§ 743. Jedem Theilhaber
gebührt ein seinem Antheil entsprechender Bruchtheil der Früchte.
Jeder Theilhaber ist zum
Gebrauche des gemeinschaftlichen Gegenstandes insoweit befugt, als nicht der
Mitgebrauch der übrigen Theilhaber beeinträchtigt wird.
§ 744. Die Verwaltung des
gemeinschaftlichen Gegenstandes steht den Theilhabern gemeinschaftlich zu.
Jeder Theilhaber ist
berechtigt, die zur Erhaltung des Gegenstandes nothwendigen Maßregeln ohne
Zustimmung der anderen Theilhaber zu treffen; er kann verlangen, daß diese ihre
Einwilligung zu einer solchen Maßregel im voraus
ertheilen.
§ 745. Durch
Stimmenmehrheit kann eine der Beschaffenheit des gemeinschaftlichen
Gegenstandes entsprechende ordnungsmäßige Verwaltung und Benutzung beschlossen
werden. Die Stimmenmehrheit ist nach der Größe der Antheile zu berechnen.
Jeder Theilhaber kann,
sofern nicht die Verwaltung und Benutzung durch Vereinbarung oder durch Mehrheitsbeschluß
geregelt ist, eine dem Interesse aller Theilhaber nach billigem Ermessen
entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen.
Eine wesentliche
Veränderung des Gegenstandes kann nicht beschlossen oder verlangt werden. Das
Recht des einzelnen Theilhabers auf einen seinem Antheil entsprechenden
Bruchtheil der Nutzungen kann nicht ohne seine Zustimmung beeinträchtigt
werden.
§ 746. Haben die Theilhaber
die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Gegenstandes geregelt, so
wirkt die getroffene Bestimmung auch für und gegen die Sondernachfolger.
§ 747. Jeder Theilhaber
kann über seinen Antheil verfügen. Ueber den gemeinschaftlichen Gegenstand im
Ganzen können die Theilhaber nur gemeinschaftlich verfügen.
§ 748. Jeder Theilhaber ist
den anderen Theilhabern gegenüber verpflichtet, die Lasten des
gemeinschaftlichen Gegenstandes sowie die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung
und einer gemeinschaftlichen Benutzung nach dem Verhältnisse seines Antheils zu
tragen.
§ 749. Jeder Theilhaber
kann jederzeit die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen.
Wird das Recht, die
Aufhebung zu verlangen, durch Vereinbarung für immer oder auf Zeit
ausgeschlossen, so kann die Aufhebung gleichwohl verlangt werden, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt. Unter der gleichen Voraussetzung kann, wenn eine
Kündigungsfrist bestimmt wird, die Aufhebung ohne Einhaltung der Frist verlangt
werden.
Eine Vereinbarung, durch
welche das Recht, die Aufhebung zu verlangen, diesen Vorschriften zuwider
ausgeschlossen oder beschränkt wird, ist nichtig.
§ 750. Haben die Theilhaber
das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Zeit
ausgeschlossen, so tritt die Vereinbarung im Zweifel mit dem Tode eines
Theilhabers außer Kraft.
§ 751. Haben die Theilhaber
das Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit
ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die Vereinbarung
auch für und gegen die Sondernachfolger. Hat ein Gläubiger die Pfändung des
Antheils eines Theilhabers erwirkt, so kann er ohne Rücksicht auf die
Vereinbarung die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, sofern der Schuldtitel
nicht blos vorläufig vollstreckbar ist.
§ 752. Die Aufhebung der
Gemeinschaft erfolgt durch Theilung in Natur, wenn der gemeinschaftliche
Gegenstand oder, falls mehrere Gegenstände gemeinschaftlich sind, diese sich
ohne Verminderung des Werthes in gleichartige, den Antheilen der Theilhaber
entsprechende Theile zerlegen lassen. Die Vertheilung gleicher Theile unter die
Theilhaber geschieht durch das Loos.
§ 753. Ist die Theilung in
Natur ausgeschlossen, so erfolgt die Aufhebung der Gemeinschaft durch Verkauf
des gemeinschaftlichen Gegenstandes nach den Vorschriften über den
Pfandverkauf, bei Grundstücken durch Zwangsversteigerung, und durch Theilung
des Erlöses. Ist die Veräußerung an einen Dritten unstatthaft, so ist der
Gegenstand unter den Theilhabern zu versteigern.
Hat der Versuch, den
Gegenstand zu verkaufen, keinen Erfolg, so kann jeder Theilhaber die
Wiederholung verlangen; er hat jedoch die Kosten zu tragen, wenn der
wiederholte Versuch mißlingt.
§ 754. Der Verkauf einer
gemeinschaftlichen Forderung ist nur zulässig, wenn sie noch nicht eingezogen
werden kann. Ist die Einziehung möglich, so kann jeder Theilhaber
gemeinschaftliche Einziehung verlangen.
§ 755. Haften die
Theilhaber als Gesammtschuldner für eine Verbindlichkeit, die sie in Gemäßheit
des § 748 nach dem Verhältniß ihrer Antheile zu erfüllen haben oder die sie zum
Zwecke der Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit eingegangen sind, so kann
jeder Theilhaber bei der Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, daß die Schuld
aus dem gemeinschaftlichen Gegenstande berichtigt wird.
Der Anspruch kann auch
gegen die Sondernachfolger geltend gemacht werden.
Soweit zur Berichtigung der
Schuld der Verkauf des gemeinschaftlichen Gegenstandes erforderlich ist, hat
der Verkauf nach § 753 zu erfolgen.
§ 756. Hat ein Theilhaber
gegen einen anderen Theilhaber eine Forderung, die sich auf die Gemeinschaft
gründet, so kann er bei der Aufhebung der Gemeinschaft die Berichtigung seiner
Forderung aus dem auf den Schuldner entfallenden Theile des gemeinschaftlichen
Gegenstandes verlangen. Die Vorschriften des § 755 Abs. 2, 3 finden Anwendung.
§ 757. Wird bei der
Aufhebung der Gemeinschaft ein gemeinschaftlicher Gegenstand einem der
Theilhaber zugetheilt, so hat wegen eines Mangels im Recht oder wegen eines
Mangels der Sache jeder der übrigen Theilhaber zu seinem Antheil in gleicher
Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten.
§ 758. Der Anspruch auf
Aufhebung der Gemeinschaft unterliegt nicht der Verjährung.
Sechzehnter Titel.
Leibrente.
§ 759. Wer zur Gewährung
einer Leibrente verpflichtet ist, hat die Rente im Zweifel für die Lebensdauer
des Gläubigers zu entrichten.
Der für die Rente bestimmte
Betrag ist im Zweifel der Jahresbetrag der Rente.
§ 760. Die Leibrente ist im
voraus zu entrichten.
Eine Geldrente ist für drei
Monate vorauszuzahlen; bei einer anderen Rente bestimmt sich der Zeitabschnitt,
für den sie im voraus zu entrichten ist, nach der
Beschaffenheit und dem Zwecke der Rente.
Hat der Gläubiger den
Beginn des Zeitabschnitts erlebt, für den die Rente im voraus
zu entrichten ist, so gebührt ihm der volle auf den Zeitabschnitt entfallende
Betrag.
§ 761. Zur Gültigkeit eines
Vertrags, durch den eine Leibrente versprochen wird, ist, soweit nicht eine
andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung des Versprechens
erforderlich.
Siebzehnter Titel.
Spiel. Wette.
§ 762. Durch Spiel oder
durch Wette wird eine Verbindlichkeit nicht begründet. Das auf Grund des
Spieles oder der Wette Geleistete kann nicht deshalb zurückgefordert werden,
weil eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat.
Diese Vorschriften gelten
auch für eine Vereinbarung, durch die der verlierende Theil zum Zweck der
Erfüllung einer Spiel- oder einer Wettschuld dem gewinnenden Theile gegenüber
eine Verbindlichkeit eingeht, insbesondere für ein Schuldanerkenntniß.
§ 763. Ein Lotterievertrag
oder ein Ausspielvertrag ist verbindlich, wenn die Lotterie oder die
Ausspielung staatlich genehmigt ist. Anderenfalls finden die Vorschriften des §
762 Anwendung.
§ 764. Wird ein auf
Lieferung von Waaren oder Werthpapieren lautender Vertrag in der Absicht
geschlossen, daß der Unterschied zwischen dem vereinbarten Preise und dem
Börsen- oder Marktpreise der Lieferungszeit von dem verlierenden Theile an den
gewinnenden gezahlt werden soll, so ist der Vertrag als Spiel anzusehen. Dies
gilt auch dann, wenn nur die Absicht des einen Theiles auf die Zahlung des
Unterschieds gerichtet ist, der andere Theil aber diese Absicht kennt oder kennen
muß.
Achtzehnter Titel.
Bürgschaft.
§ 765. Durch den
Bürgschaftsvertrag verpflichtet sich der Bürge gegenüber dem Gläubiger eines
Dritten, für die Erfüllung der Verbindlichkeit des Dritten einzustehen.
Die Bürgschaft kann auch
für eine künftige oder eine bedingte Verbindlichkeit übernommen werden.
§ 766. Zur Gültigkeit des
Bürgschaftsvertrags ist schriftliche Ertheilung der Bürgschaftserklärung
erforderlich. Soweit der Bürge die Hauptverbindlichkeit erfüllt, wird der
Mangel der Form geheilt.
§ 767. Für die
Verpflichtung des Bürgen ist der jeweilige Bestand der Hauptverbindlichkeit
maßgebend. Dies gilt insbesondere auch, wenn die Hauptverbindlichkeit durch
Verschulden oder Verzug des Hauptschuldners geändert wird. Durch ein
Rechtsgeschäft, das der Hauptschuldner nach der Uebernahme der Bürgschaft
vornimmt, wird die Verpflichtung des Bürgen nicht erweitert.
Der Bürge haftet für die
dem Gläubiger von dem Hauptschuldner zu ersetzenden Kosten der Kündigung und
der Rechtsverfolgung.
§ 768. Der Bürge kann die
dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt der
Hauptschuldner, so kann sich der Bürge nicht darauf berufen, daß der Erbe für
die Verbindlichkeit nur beschränkt haftet.
Der Bürge verliert eine
Einrede nicht dadurch, daß der Hauptschuldner auf sie verzichtet.
§ 769. Verbürgen sich
Mehrere für dieselbe Verbindlichkeit, so haften sie als Gesammtschuldner, auch
wenn sie die Bürgschaft nicht gemeinschaftlich übernehmen.
§ 770. Der Bürge kann die
Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange dem Hauptschuldner das Recht
zusteht, das seiner Verbindlichkeit zu Grunde liegende Rechtsgeschäft
anzufechten.
Die gleiche Befugniß hat
der Bürge, solange sich der Gläubiger durch Aufrechnung gegen eine fällige
Forderung des Hauptschuldners befriedigen kann.
§ 771. Der Bürge kann die
Befriedigung des Gläubigers verweigern, solange nicht der Gläubiger eine
Zwangsvollstreckung gegen den Hauptschuldner ohne Erfolg versucht hat (Einrede
der Vorausklage).
§ 772. Besteht die
Bürgschaft für eine Geldforderung, so muß die Zwangsvollstreckung in die
beweglichen Sachen des Hauptschuldners an seinem Wohnsitz und, wenn der
Hauptschuldner an einem anderen Orte eine gewerbliche Niederlassung hat, auch
an diesem Orte, in Ermangelung eines Wohnsitzes und einer gewerblichen
Niederlassung an seinem Aufenthaltsorte versucht werden.
Steht dem Gläubiger ein
Pfandrecht oder ein Zurückbehaltungsrecht an einer beweglichen Sache des
Hauptschuldners zu, so muß er auch aus dieser Sache Befriedigung suchen. Steht
dem Gläubiger ein solches Recht an der Sache auch für eine andere Forderung zu,
so gilt dies nur, wenn beide Forderungen durch den Werth der Sache gedeckt
werden.
§ 773. Die Einrede der
Vorausklage ist ausgeschlossen:
1. wenn
der Bürge auf die Einrede verzichtet, insbesondere wenn er sich als
Selbstschuldner verbürgt hat;
2. wenn
die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der
Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der
gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners
wesentlich erschwert ist;
3. wenn
über das Vermögen des Hauptschuldners der Konkurs eröffnet ist;
4. wenn
anzunehmen ist, daß die Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Hauptschuldners
nicht zur Befriedigung des Gläubigers führen wird.
In den Fällen der Nr. 3, 4
ist die Einrede insoweit zulässig, als sich der Gläubiger aus einer beweglichen
Sache des Hauptschuldners befriedigen kann, an der er ein Pfandrecht oder ein
Zurückbehaltungsrecht hat; die Vorschrift des § 772 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.
§ 774. Soweit der Bürge den
Gläubiger befriedigt, geht die Forderung des Gläubigers gegen den
Hauptschuldner auf ihn über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des
Gläubigers geltend gemacht werden. Einwendungen des Hauptschuldners aus einem
zwischen ihm und den Bürgen bestehenden Rechtsverhältnisse
bleiben unberührt.
Mitbürgen haften einander
nur nach § 426.
§ 775. Hat sich der Bürge
im Auftrage des Hauptschuldners verbürgt oder stehen ihm nach den Vorschriften
über die Geschäftsführung ohne Auftrag wegen der Uebernahme der Bürgschaft die
Rechte eines Beauftragten gegen den Hauptschuldner zu, so kann er von diesem
Befreiung von der Bürgschaft verlangen:
1. wenn
sich die Vermögensverhältnisse des Hauptschuldners wesentlich verschlechtert
haben;
2. wenn
die Rechtsverfolgung gegen den Hauptschuldner in Folge einer nach der
Uebernahme der Bürgschaft eingetretenen Aenderung des Wohnsitzes, der
gewerblichen Niederlassung oder des Aufenthaltsorts des Hauptschuldners
wesentlich erschwert ist;
3. wenn
der Hauptschuldner mit der Erfüllung seiner Verbindlichkeit im Verzug ist;
4. wenn
der Gläubiger gegen den Bürgen ein vollstreckbares Urtheil auf Erfüllung
erwirkt hat.
Ist die
Hauptverbindlichkeit noch nicht fällig, so kann der Hauptschuldner dem Bürgen,
statt ihn zu befreien, Sicherheit leisten.
§ 776. Giebt der Gläubiger
ein mit der Forderung verbundenes Vorzugsrecht, eine für sie bestehende
Hypothek, ein für sie bestehendes Pfandrecht oder das Recht gegen einen
Mitbürgen auf, so wird der Bürge insoweit frei, als er aus dem aufgegebenen
Rechte nach § 774 hätte Ersatz erlangen können. Dies gilt auch dann, wenn das
aufgegebene Recht erst nach der Uebernahme der Bürgschaft entstanden ist.
§ 777. Hat sich der Bürge
für eine bestehende Verbindlichkeit auf bestimmte Zeit verbürgt, so wird er
nach dem Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger die
Einziehung der Forderung unverzüglich nach Maßgabe des § 772 betreibt, das
Verfahren ohne wesentliche Verzögerung fortsetzt und unverzüglich nach der
Beendigung des Verfahrens dem Bürgen anzeigt, daß er ihn in Anspruch nehme.
Steht dem Bürgen die Einrede der Vorausklage nicht zu, so wird er nach dem
Ablaufe der bestimmten Zeit frei, wenn nicht der Gläubiger ihm unverzüglich
diese Anzeige macht.
Erfolgt die Anzeige
rechtzeitig, so beschränkt sich die Haftung des Bürgen im Falle des Abs.1 Satz
1 auf den Umfang, den die Hauptverbindlichkeit zur Zeit der Beendigung des
Verfahrens hat, im Falle des Abs. 1 Satz 2 auf den Umfang, den die
Hauptverbindlichkeit bei dem Ablaufe der bestimmten Zeit hat.
§ 778. Wer einen Anderen
beauftragt, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung einem Dritten Kredit zu
geben, haftet dem Beauftragten für die aus der Kreditgewährung entstehende
Verbindlichkeit des Dritten als Bürge.
Neunzehnter Titel.
Vergleich.
§ 779. Ein Vertrag, durch
den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältniß im
Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn
der nach dem Inhalte des Vertrags als feststehend zu Grunde gelegte Sachverhalt
der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei
Kenntniß der Sachlage nicht entstanden sein würde.
Der Ungewißheit über ein Rechtsverhältniß steht es gleich, wenn die
Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist.
Zwanzigster Titel.
Schuldversprechen.
Schuldanerkenntniß.
§ 780. Zur Gültigkeit eines
Vertrags, durch den eine Leistung in der Weise versprochen wird, daß das
Versprechen die Verpflichtung selbständig begründen soll (Schuldversprechen),
ist, soweit nicht eine andere Form vorgeschrieben ist, schriftliche Ertheilung
des Versprechens erforderlich.
§ 781. Zur Gültigkeit eines
Vertrags, durch den das Bestehen eines Schuldverhältnisses anerkannt wird
(Schuldanerkenntniß), ist schriftliche Ertheilung der Anerkennungserklärung
erforderlich. Ist für die Begründung des Schuldverhältnisses, dessen Bestehen
anerkannt wird, eine andere Form vorgeschrieben, so bedarf der
Anerkennungsvertrag dieser Form.
§ 782. Wird ein
Schuldversprechen oder ein Schuldanerkenntniß auf Grund einer Abrechnung oder
im Wege des Vergleichs ertheilt, so ist die Beobachtung der in den §§ 780, 781
vorgeschriebenen schriftlichen Form nicht erforderlich.
Einundzwanzigster Titel.
Anweisung.
§ 783. Händigt Jemand eine
Urkunde, in der er einen Anderen anweist, Geld, Werthpapiere oder andere
vertretbare Sachen an einen Dritten zu leisten, dem Dritten aus, so ist dieser
ermächtigt, die Leistung bei dem Angewiesenen im eigenen Namen zu erheben; der
Angewiesene ist ermächtigt, für Rechnung des Anweisenden an den
Anweisungsempfänger zu leisten.
§ 784. Nimmt der
Angewiesene die Anweisung an, so ist er dem Anweisungsempfänger gegenüber zur
Leistung verpflichtet; er kann ihm nur solche Einwendungen entgegensetzen,
welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der
Anweisung oder dem Inhalte der Annahme ergeben oder dem Angewiesenen
unmittelbar gegen den Anweisungsempfänger zustehen.
Die Annahme erfolgt durch
einen schriftlichen Vermerk auf der Anweisung. Ist der Vermerk auf die Anweisung
vor der Aushändigung an den Anweisungsempfänger gesetzt worden, so wird die
Annahme diesem gegenüber erst mit der Aushändigung wirksam.
§ 785. Der Angewiesene ist
nur gegen Aushändigung der Anweisung zur Leistung verpflichtet.
§ 786. Der Anspruch des
Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen aus der Annahme verjährt in drei
Jahren.
§ 787. Im Falle einer
Anweisung auf Schuld wird der Angewiesene durch die Leistung in deren Höhe von
der Schuld befreit.
Zur Annahme der Anweisung
oder zur Leistung an den Anweisungsempfänger ist der Angewiesene dem
Anweisenden gegenüber nicht schon deshalb verpflichtet, weil er Schuldner des
Anweisenden ist.
§ 788. Ertheilt der
Anweisende die Anweisung zu dem Zwecke, um seinerseits eine Leistung an den
Anweisungsempfänger zu bewirken, so wird die Leistung, auch wenn der
Angewiesene die Anweisung annimmt, erst mit der Leistung des Angewiesenen an
den Anweisungsempfänger bewirkt.
§ 789. Verweigert der
Angewiesene vor dem Eintritte der Leistungszeit die Annahme der Anweisung oder
verweigert er die Leistung, so hat der Anweisungsempfänger dem Anweisenden
unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn der Anweisungsempfänger
die Anweisung nicht geltend machen kann oder will.
§ 790. Der Anweisende kann
die Anweisung dem Angewiesenen gegenüber widerrufen, solange nicht der
Angewiesene sie dem Anweisungsempfänger gegenüber angenommen oder die Leistung
bewirkt hat. Dies gilt auch dann, wenn der Anweisende durch den Widerruf einer
ihm gegen den Anweisungsempfänger obliegenden Verpflichtung zuwiderhandelt.
§ 791. Die Anweisung
erlischt nicht durch den Tod oder den Eintritt der Geschäftsunfähigkeit eines
der Betheiligten.
§ 792. Der
Anweisungsempfänger kann die Anweisung durch Vertrag mit einem Dritten auf
diesen übertragen, auch wenn sie noch nicht angenommen worden ist. Die
Uebertragungserklärung bedarf der schriftlichen Form. Zur Uebertragung ist die
Aushändigung der Anweisung an den Dritten erforderlich.
Der Anweisende kann die
Uebertragung ausschließen. Die Ausschließung ist dem Angewiesenen gegenüber nur
wirksam, wenn sie aus der Anweisung zu entnehmen ist oder wenn sie von dem
Anweisenden dem Angewiesenen mitgetheilt wird, bevor dieser die Anweisung
annimmt oder die Leistung bewirkt.
Nimmt der Angewiesene die
Anweisung dem Erwerber gegenüber an, so kann er aus einem
zwischen ihm und dem Anweisungsempfänger bestehenden Rechtsverhältniß
Einwendungen nicht herleiten. Im Uebrigen finden auf
die Uebertragung der Anweisung die für die Abtretung einer Forderung geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
Zweiundzwanzigster Titel.
Schuldverschreibung auf den
Inhaber.
§ 793. Hat Jemand eine
Urkunde ausgestellt, in der er dem Inhaber der Urkunde eine Leistung verspricht
(Schuldverschreibung auf den Inhaber), so kann der Inhaber von ihm die Leistung
nach Maßgabe des Versprechens verlangen, es sei denn, daß er zur Verfügung über
die Urkunde nicht berechtigt ist. Der Aussteller wird jedoch auch durch die
Leistung an einen nicht zur Verfügung berechtigten Inhaber befreit.
Die Gültigkeit der
Unterzeichnung kann durch eine in die Urkunde aufgenommene Bestimmung von der
Beobachtung einer besonderen Form abhängig gemacht werden. Zur Unterzeichnung
genügt eine im Wege der mechanischen Vervielfältigung hergestellte
Namensunterschrift.
§ 794. Der Aussteller wird
aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber auch dann verpflichtet, wenn sie
ihm gestohlen worden oder verloren gegangen oder wenn sie sonst ohne seinen
Willen in den Verkehr gelangt ist.
Auf die Wirksamkeit einer
Schuldverschreibung auf den Inhaber ist es ohne Einfluß, wenn die Urkunde
ausgegeben wird, nachdem der Aussteller gestorben oder geschäftsunfähig
geworden ist.
§ 795. Im Inland
ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer
bestimmten Geldsumme versprochen wird, dürfen nur mit staatlicher Genehmigung
in den Verkehr gebracht werden.
Die Genehmigung wird durch
die Zentralbehörde des Bundesstaats ertheilt, in dessen Gebiete der Aussteller
seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat. Die Ertheilung der
Genehmigung und die Bestimmungen, unter denen sie erfolgt, sollen durch den
Deutschen Reichsanzeiger bekannt gemacht werden.
Eine ohne staatliche
Genehmigung in den Verkehr gelangte Schuldverschreibung ist nichtig; der
Aussteller hat dem Inhaber den durch die Ausgabe verursachten Schaden zu
ersetzen.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung auf Schuldverschreibungen, die von dem Reiche oder einem
Bundesstaat ausgegeben werden.
§ 796. Der Aussteller kann
dem Inhaber der Schuldverschreibung nur solche Einwendungen entgegensetzen,
welche die Gültigkeit der Ausstellung betreffen oder sich aus der Urkunde
ergeben oder dem Aussteller unmittelbar gegen den Inhaber zustehen.
§ 797. Der Aussteller ist
nur gegen Aushändigung der Schuldverschreibung zur Leistung verpflichtet. Mit
der Aushändigung erwirbt er das Eigenthum an der Urkunde, auch wenn der Inhaber
zur Verfügung über sie nicht berechtigt ist.
§ 798. Ist eine
Schuldverschreibung auf den Inhaber in Folge einer Beschädigung oder einer
Verunstaltung zum Umlaufe nicht mehr geeignet, so kann der Inhaber, sofern ihr
wesentlicher Inhalt und ihre Unterscheidungsmerkmale noch mit Sicherheit
erkennbar sind, von dem Aussteller die Ertheilung einer neuen
Schuldverschreibung auf den Inhaber gegen Aushändigung der beschädigten oder
verunstalteten verlangen.
Die Kosten hat er zu tragen
und vorzuschießen.
§ 799. Eine abhanden
gekommene oder vernichtete Schuldverschreibung auf den Inhaber kann, wenn nicht
in der Urkunde das Gegentheil bestimmt ist, im Weg des Aufgebotsverfahrens für
kraftlos erklärt werden. Ausgenommen sind Zins-, Renten- und
Gewinnantheilscheine sowie die auf Sicht zahlbaren unverzinslichen
Schuldverschreibungen.
Der Aussteller ist
verpflichtet, dem bisherigen Inhaber auf Verlangen die zur Erwirkung des
Aufgebots oder der Zahlungssperre erforderliche Auskunft zu ertheilen und die
erforderlichen Zeugnisse auszustellen. Die Kosten der Zeugnisse hat der
bisherige Inhaber zu tragen und vorzuschießen.
§ 800. Ist eine
Schuldverschreibung auf den Inhaber für kraftlos erklärt, so kann derjenige,
welcher das Ausschlußurtheil erwirkt hat, von dem Aussteller, unbeschadet der
Befugniß, den Anspruch aus der Urkunde geltend zu machen, die Ertheilung einer
neuen Schuldverschreibung auf den Inhaber an Stelle der für kraftlos erklärten
verlangen. Die Kosten hat er zu tragen und vorzuschießen.
§ 801. Der Anspruch aus
einer Schuldverschreibung auf den Inhaber erlischt mit dem Ablaufe von dreißig
Jahren nach dem Eintritte der für die Leistung bestimmten Zeit, wenn nicht die
Urkunde vor dem Ablaufe der dreißig Jahre dem Aussteller zur Einlösung
vorgelegt wird. Erfolgt die Vorlegung, so verjährt der Anspruch in zwei Jahren
von dem Ende der Vorlegungsfrist an. Der Vorlegung steht die gerichtliche
Geltendmachung des Anspruchs aus der Urkunde gleich.
Bei Zins-, Renten- und
Gewinnantheilscheinen beträgt die Vorlegungsfrist vier Jahre. Die Frist beginnt
mit dem Schlusse des Jahres, in welchem die für die Leistung bestimmte Zeit
eintritt.
Die Dauer und der Beginn
der Vorlegungsfrist können von dem Aussteller in der Urkunde anders bestimmt
werden.
§ 802. Der Beginn und der
Lauf der Vorlegungsfrist sowie der Verjährung werden durch die Zahlungssperre
zu Gunsten des Antragsstellers gehemmt. Die Hemmung beginnt mit der Stellung des
Antrags auf Zahlungssperre; sie endigt mit der Erledigung des
Aufgebotsverfahrens und, falls die Zahlungssperre vor der Einleitung des
Verfahrens verfügt worden ist, auch dann, wenn seit der Beseitigung des der
Einleitung entgegenstehenden Hindernisses sechs Monate verstrichen sind und
nicht vorher die Einleitung beantragt worden ist. Auf diese Frist finden die
Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
§ 803. Werden für eine
Schuldverschreibung auf den Inhaber Zinsscheine ausgegeben, so bleiben die
Scheine, sofern sie nicht eine gegentheilige Bestimmung enthalten, in Kraft,
auch wenn die Hauptforderung erlischt oder die Verpflichtung zur Verzinsung
aufgehoben oder geändert wird.
Werden solche Zinsscheine
bei der Einlösung der Hauptschuldverschreibung nicht zurückgegeben, so ist der
Aussteller berechtigt, den Betrag zurückzubehalten, den er nach Abs. 1 für die
Scheine zu zahlen verpflichtet ist.
§ 804. Ist ein Zins-,
Renten- oder Gewinnantheilschein abhanden gekommen oder vernichtet und hat der
bisherige Inhaber den Verlust dem Aussteller vor dem Ablaufe der
Vorlegungsfrist angezeigt, so kann der bisherige Inhaber nach dem Ablaufe der
Frist die Leistung von dem Aussteller verlangen. Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der abhanden gekommene Schein dem Aussteller zur Einlösung
vorgelegt oder der Anspruch aus dem Scheine gerichtlich geltend gemacht worden
ist, es sei denn, daß die Vorlegung oder die gerichtliche Geltendmachung nach
dem Ablaufe der Frist erfolgt ist. Der Anspruch verjährt in vier Jahren.
In dem Zins-, Renten- oder
Gewinnantheilscheine kann der im Abs. 1 bestimmte Anspruch ausgeschlossen
werden.
§ 805. Neue Zins- oder
Rentenscheine für eine Schuldverschreibung auf den Inhaber dürfen an den
Inhaber der zum Empfange der Scheine ermächtigenden Urkunde (Erneuerungsschein)
nicht ausgegeben werden, wenn der Inhaber der Schuldverschreibung der Ausgabe
widersprochen hat. Die Scheine sind in diesem Falle dem Inhaber der
Schuldverschreibung auszuhändigen, wenn er die Schuldverschreibung vorlegt.
§ 806. Die Umschreibung
einer auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibung auf den Namen eines
bestimmten Berechtigten kann nur durch den Aussteller erfolgen. Der Aussteller
ist zur Umschreibung nicht verpflichtet.
§ 807. Werden Karten,
Marken oder ähnliche Urkunden, in denen ein Gläubiger nicht bezeichnet ist, von
dem Aussteller unter Umständen ausgegeben, aus welchen sich ergiebt, daß er dem
Inhaber zu einer Leistung verpflichtet sein will, so finden die Vorschriften
des § 793 Abs. 1 und der §§ 794, 796, 797 entsprechende Anwendung.
§ 808. Wird eine Urkunde,
in welcher der Gläubiger benannt ist, mit der Bestimmung ausgegeben, daß die in
der Urkunde versprochene Leistung an jeden Inhaber bewirkt werden kann, so wird
der Schuldner durch die Leistung an den Inhaber der Urkunde befreit. Der
Inhaber ist nicht berechtigt, die Leistung zu verlangen.
Der Schuldner ist nur gegen
Aushändigung der Urkunde zur Leistung verpflichtet. Ist die Urkunde abhanden
gekommen oder vernichtet, so kann sie, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, im
Wege des Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden. Die im § 802 für die
Verjährung gegebenen Vorschriften finden Anwendung.
Dreiundzwanzigster Titel.
Vorlegung von Sachen.
§ 809. Wer gegen den
Besitzer einer Sache einen Anspruch in Ansehung der Sache hat oder sich
Gewissheit verschaffen will, ob ihm ein solcher Anspruch zusteht, kann, wenn
die Besichtigung der Sache aus diesem Grunde für ihn von Interesse ist,
verlangen, daß der Besitzer ihm die Sache zur Besichtigung vorlegt oder die
Besichtigung gestattet.
§ 810. Wer ein rechtliches
Interesse daran hat, eine in fremdem Besitze befindliche Urkunde einzusehen,
kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde
in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem
Anderen bestehendes Rechtsverhältniß beurkundet ist oder wenn die Urkunde
Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem
Anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler
gepflogen worden sind.
§ 811. Die Vorlegung hat in
den Fällen der §§ 809, 810 an dem Orte zu erfolgen, an welchem sich die
vorzulegende Sache befindet. Jeder Theil kann die Vorlegung an einem anderen
Orte verlangen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
Die Gefahr und die Kosten
hat derjenige zu tragen, welcher die Vorlegung verlangt. Der Besitzer kann die
Vorlegung verweigern, bis ihm der andere Theil die Kosten vorschießt und wegen
der Gefahr Sicherheit leistet.
Vierundzwanzigster Titel.
Ungerechtfertigte
Bereicherung.
§ 812. Wer durch die
Leistung eines Anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne
rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. Diese
Verpflichtung besteht auch dann, wenn der rechtliche Grund später wegfällt oder
der mit einer Leistung nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts bezweckte Erfolg
nicht eintritt.
Als Leistung gilt auch die
durch Vertrag erfolgte Anerkennung des Bestehens oder des Nichtbestehens eines
Schuldverhältnisses.
§ 813. Das zum Zwecke der
Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann auch dann zurückgefordert
werden, wenn dem Anspruch eine Einrede entgegenstand, durch welche die
Geltendmachung des Anspruchs dauernd ausgeschlossen wurde. Die Vorschrift des §
222 Abs. 2 bleibt unberührt.
Wird eine betagte
Verbindlichkeit vorzeitig erfüllt, so ist die Rückforderung ausgeschlossen; die
Erstattung von Zwischenzinsen kann nicht verlangt werden.
§ 814. Das zum Zwecke der
Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden,
wenn der Leistende gewußt hat, daß er zur Leistung nicht verpflichtet war, oder
wenn die Leistung einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprach.
§ 815. Die Rückforderung
wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolges ist
ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolges von Anfang an unmöglich war und
der Leistende dies gewußt hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolges
wider Treu und Glauben verhindert hat.
§ 816. Trifft ein
Nichtberechtigter über einen Gegenstand eine Verfügung, die dem Berechtigten
gegenüber wirksam ist, so ist er dem Berechtigten zur Herausgabe des durch die
Verfügung Erlangten verpflichtet. Erfolgt die Verfügung unentgeltlich, so
trifft die gleiche Verpflichtung denjenigen, welcher auf Grund der Verfügung
unmittelbar einen rechtlichen Vortheil erlangt.
Wird an einen
Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt, die dem Berechtigten gegenüber wirksam
ist, so ist der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe des Geleisteten
verpflichtet.
§ 817. War der Zweck einer
Leistung in der Art bestimmt, daß der Empfänger durch die Annahme gegen ein
gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der
Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen,
wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei
denn, daß die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur
Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert
werden.
§ 818. Die Verpflichtung
zur Herausgabe erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen sowie auf dasjenige,
was der Empfänger auf Grund eines erlangten Rechtes oder als Ersatz für die
Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung des erlangten Gegenstandes erwirbt.
Ist die Herausgabe wegen
der Beschaffenheit des Erlangten nicht möglich oder ist der Empfänger aus einem
anderen Grunde zur Herausgabe außer Stande, so hat er den Werth zu ersetzen.
Die Verpflichtung zur
Herausgabe oder zum Ersatze des Werthes ist ausgeschlossen, soweit der
Empfänger nicht mehr bereichert ist.
Von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit an haftet der Empfänger nach den allgemeinen Vorschriften.
§ 819.
Kennt der Empfänger den Mangel des rechtlichen Grundes bei dem Empfang oder
erfährt er ihn später, so ist er von dem Empfang oder der Erlangung der
Kenntniß an zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe
zu dieser Zeit rechtshängig geworden wäre.
Verstößt
der Empfänger durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot oder
gegen die guten Sitten, so ist er von dem Empfange der Leistung an in der
gleichen Weise verpflichtet.
§ 820. War mit der Leistung
ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als
ungewiß angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt,
zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit
des Empfanges rechtshängig geworden wäre. Das Gleiche gilt, wenn die Leistung
aus einem Rechtsgrunde, dessen Wegfall nach dem Inhalte des Rechtsgeschäfts als
möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt.
Zinsen hat der Empfänger
erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in welchem er erfährt, daß der Erfolg
nicht eingetreten oder daß der Rechtsgrund weggefallen ist; zur Herausgabe von
Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr
bereichert ist.
§ 821. Wer ohne rechtlichen
Grund eine Verbindlichkeit eingeht, kann die Erfüllung auch dann verweigern,
wenn der Anspruch auf Befreiung von der Verbindlichkeit verjährt ist.
§ 822. Wendet der Empfänger
das Erlangte unentgeltlich einem Dritten zu, so ist, soweit in Folge dessen die
Verpflichtung des Empfängers zur Herausgabe der Bereicherung ausgeschlossen
ist, der Dritte zur Herausgabe verpflichtet, wie wenn er die Zuwendung von dem
Gläubiger ohne rechtlichen Grund erhalten hätte.
Fünfundzwanzigster Titel.
Unerlaubte Handlungen.
§ 823. Wer vorsätzlich oder
fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigenthum
oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt, ist dem Anderen
zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Die gleiche Verpflichtung
trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines Anderen bezweckendes
Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalte des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses
auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des
Verschuldens ein.
§ 824. Wer der Wahrheit
zuwider eine Thatsache behauptet oder verbreitet, die geeignet ist, den Kredit
eines Anderen zu gefährden oder sonstige Nachtheile für dessen Erwerb oder
Fortkommen herbeizuführen, hat dem Anderen den daraus entstehenden Schaden auch
dann zu ersetzen, wenn er die Unwahrheit zwar nicht kennt, aber kennen muß.
Durch eine Mittheilung,
deren Unwahrheit dem Mittheilenden unbekannt ist, wird dieser nicht zum
Schadensersatze verpflichtet, wenn er oder der Empfänger der Mittheilung an ihr
ein berechtigtes Interesse hat.
§ 825. Wer eine
Frauensperson durch Hinterlist, durch Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses
zur Gestattung der außerehelichen Beiwohnung bestimmt, ist ihr zum Ersatze des
daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
§ 826. Wer in einer gegen
die guten Sitten verstoßenden Weise einem Anderen vorsätzlich Schaden zufügt,
ist dem Anderen zum Ersatze des Schadens verpflichtet.
§ 827. Wer im Zustande der
Bewußtlosigkeit oder in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden
Zustande krankhafter Störung der Geistesthätigkeit einem Anderen Schaden
zufügt, ist für den Schaden nicht verantwortlich. Hat er sich durch geistige
Getränke oder ähnliche Mittel in einen vorübergehenden Zustand dieser Art
versetzt, so ist er für einen Schaden, den er in diesem Zustande widerrechtlich
verursacht, in gleicher Weise verantwortlich, wie wenn ihm Fahrlässigkeit zur
Last fiele; die Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn er ohne Verschulden in
den Zustand gerathen ist.
§ 828. Wer nicht das
siebente Lebensjahr vollendet hat, ist für einen Schaden, den er einem Anderen
zufügt, nicht verantwortlich.
Wer das siebente, aber
nicht das achtzehnte Lebensjahr hat, ist für einen Schaden, den er einem
Anderen zufügt, nicht verantwortlich, wenn er bei der Begehung der schädigenden
Handlung nicht die zur Erkenntniß der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht
hat. Das Gleiche gilt von einem Taubstummen.
§ 829. Wer in einem der in
den §§ 823 bis 826 bezeichneten Fälle für einen von ihm verursachten Schaden
auf Grund der §§ 827, 828 nicht verantwortlich ist, hat gleichwohl, sofern der
Ersatz des Schadens nicht von einem aufsichtspflichtigen Dritten erlangt werden
kann, den Schaden insoweit zu ersetzen, als die Billigkeit nach den Umständen,
insbesondere nach den Verhältnissen der Betheiligten, eine Schadloshaltung
erfordert und ihm nicht die Mittel entzogen werden, deren er zum standesmäßigen
Unterhalte sowie zur Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten bedarf.
§ 830. Haben Mehrere durch
eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht,
so ist jeder für den Schaden verantwortlich. Das Gleiche gilt, wenn sich nicht
ermitteln lässt, wer von mehreren Betheiligten den Schaden durch seine Handlung
verursacht hat.
Anstifter und Gehülfen
stehen Mitthätern gleich.
§ 831. Wer einen Anderen zu
einer Verrichtung bestellt, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der
Andere in Ausführung der Verrichtung einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die
Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Geschäftsherr bei der Auswahl der
bestellten Person und, sofern er Vorrichtungen oder Geräthschaften zu
beschaffen oder die Ausführung der Verrichtung zu leiten hat, bei der
Beschaffung oder der Leitung die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet
oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
Die gleiche Verantwortlichkeit
trifft denjenigen, welcher für den Geschäftsherrn die Besorgung eines der im
Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Geschäfte durch Vertrag übernimmt.
§ 832. Wer kraft Gesetzes
zur Führung der Aufsicht über eine Person verpflichtet ist, die wegen
Minderjährigkeit oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der
Beaufsichtigung bedarf, ist zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den diese
Person einem Dritten widerrechtlich zufügt. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein,
wenn er seiner Aufsichtspflicht genügt oder wenn der Schaden auch bei gehöriger
Aufsichtsführung entstanden sein würde.
Die gleiche
Verantwortlichkeit trifft denjenigen, welcher die Führung der Aufsicht durch
Vertrag übernimmt.
§ 833. Wird durch ein Thier
ein Mensch getödtet oder der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt
oder eine Sache beschädigt, so ist derjenige, welcher das Thier hält,
verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die
Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden durch ein Haustier verursacht
wird, das dem Berufe, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalte des Tierhalters
zu dienen bestimmt ist, und entweder der Tierhalter bei der Beaufsichtigung des
Tieres die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet oder der Schaden auch
bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden sein würde.
§ 834. Wer für denjenigen,
welcher ein Thier hält, die Führung der Aufsicht über das Thier durch Vertrag
übernimmt, ist für den Schaden verantwortlich, den das Thier einem Dritten in
der im § 833 bezeichneten Weise zufügt. Die Verantwortlichkeit tritt nicht ein,
wenn er bei der Führung der Aufsicht die im Verkehr erforderliche Sorgfalt
beobachtet oder wenn der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden
sein würde.
§ 835. Wird durch Schwarz-,
Roth-, Elch-, Dam- oder Rehwild oder durch Fasanen ein Grundstück beschädigt,
an welchem dem Eigenthümer das Jagdrecht nicht zusteht, so ist der
Jagdberechtigte verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen. Die
Ersatzpflicht erstreckt sich auf den Schaden, den die Thiere an den getrennten,
aber noch nicht eingeernteten Erzeugnissen des Grundstücks anrichten.
Ist dem Eigenthümer die
Ausübung des ihm zustehenden Jagdrechts durch das Gesetz entzogen, so hat
derjenige den Schaden zu ersetzen, welcher zur Ausübung des Jagdrechts nach dem
Gesetze berechtigt ist. Hat der Eigenthümer eines Grundstücks, auf dem das
Jagdrecht wegen der Lage des Grundstücks nur gemeinschaftlich mit dem Jagdrecht
auf einem anderen Grundstück ausgeübt werden darf, das Jagdrecht dem Eigenthümer
dieses Grundstücks verpachtet, so ist der letztere für den Schaden
verantwortlich.
Sind die Eigenthümer der
Grundstücke eines Bezirkes zum Zwecke der gemeinschaftlichen Ausübung des
Jagdrechts durch das Gesetz zu einem Verbande vereinigt, der nicht als solcher
haftet, so sind die nach dem Verhältnisse der Größe ihrer Grundstücke
ersatzpflichtig.
§ 836. Wird durch den
Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstücke verbundenen
Werkes oder durch die Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes ein
Mensch getödtet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder
eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz
oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter
Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden
zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke
der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.
Ein früherer Besitzer des
Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die
Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt,
es sei denn, daß er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche
Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser
Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.
Besitzer im Sinne dieser
Vorschriften ist der Eigenbesitzer.
§ 837. Besitzt Jemand auf
einem fremden Grundstück in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder ein anderes
Werk, so trifft ihn an Stelle des Besitzers des Grundstücks die im § 836
bestimmte Verantwortlichkeit.
§ 838. Wer die Unterhaltung
eines Gebäudes oder eines mit einem Grundstücke verbundenen Werkes für den
Besitzer übernimmt oder das Gebäude oder das Werk vermöge eines ihm zustehenden
Nutzungsrechts zu unterhalten hat, ist für den durch den Einsturz oder die
Ablösung von Theilen verursachten Schaden in gleicher Weise verantwortlich wie
der Besitzer.
§ 839. Verletzt ein Beamter
vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende
Amtspflicht, so hat er dem Dritten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so kann er nur dann in Anspruch
genommen werden, wenn der Verletzte nicht auf andere Weise Ersatz zu erlangen
vermag.
Verletzt ein Beamter bei
dem Urtheil in einer Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus
entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit
einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen
Strafe bedroht ist. Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der
Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift keine Anwendung.
Die Ersatzpflicht tritt
nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den
Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. 3
§ 840. Sind für den aus
einer unerlaubten Handlung entstehenden Schaden Mehrere neben einander
verantwortlich, so haften sie, vorbehaltlich der Vorschrift des § 835 Abs. 3,
als Gesammtschuldner.
Ist neben demjenigen,
welcher nach den §§ 831, 832 zum Ersatze des von einem Anderen verursachten
Schadens verpflichtet ist, auch der Andere für den Schaden verantwortlich, so
ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein, im Falle des § 829 der
Aufsichtspflichtige allein verpflichtet.
Ist neben demjenigen,
welcher nach den §§ 833 bis 838 zum Ersatze des Schadens verpflichtet ist, ein
Dritter für den Schaden verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu
einander der Dritte allein verpflichtet.
§ 841. Ist ein Beamter, der
vermöge seiner Amtspflicht einen Anderen zur Geschäftsführung für einen Dritten
zu bestellen oder eine solche Geschäftsführung zu beaufsichtigen oder durch
Genehmigung von Rechtsgeschäften bei ihr mitzuwirken hat, wegen Verletzung
dieser Pflichten neben dem Anderen für den von diesem verursachten Schaden
verantwortlich, so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Andere allein
verpflichtet.
§ 842. Die Verpflichtung
zum Schadensersatze wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten
Handlung erstreckt sich auf die Nachtheile, welche die Handlung für den Erwerb
oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.
§ 843. Wird in Folge einer
Verletzung des Körpers oder der Gesundheit die Erwerbsfähigkeit des Verletzten
aufgehoben oder gemindert oder tritt eine Vermehrung seiner Bedürfnisse ein, so
ist dem Verletzten durch Entrichtung einer Geldrente Schadensersatz zu leisten.
Auf die Rente finden die
Vorschriften des § 760 Anwendung. Ob, in welcher Art und für welchen Betrag der
Ersatzpflichtige Sicherheit zu leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
Statt der Rente kann der
Verletzte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund
vorliegt.
Der Anspruch wird nicht
dadurch ausgeschlossen, daß ein Anderer dem Verletzten Unterhalt zu gewähren
hat.
§ 844. Im Falle der Tödtung
hat der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen zu ersetzen,
welchem die Verpflichtung obliegt, diese Kosten zu tragen.
Stand der Getödtete zur
Zeit der Verletzung zu einem Dritten in einem Verhältnisse, vermöge dessen er
diesem gegenüber kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder
unterhaltspflichtig werden konnte, und ist dem Dritten in Folge der Tödtung das
Recht auf den Unterhalt entzogen, so hat der Ersatzpflichtige dem Dritten durch
Entrichtung einer Geldrente insoweit Schadensersatz zu leisten, als der
Getödtete während der muthmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des
Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde; die Vorschriften des § 843 Abs. 2
bis 4 finden entsprechende Anwendung. Die Ersatzpflicht tritt auch dann ein,
wenn der Dritte zur Zeit der Verletzung erzeugt, aber noch nicht geboren war.
§ 845. Im Falle der
Tödtung, der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der
Freiheitsentziehung hat der Ersatzpflichtige, wenn der Verletzte kraft Gesetzes
einem Dritten zur Leistung von Diensten in dessen Hauswesen oder Gewerbe
verpflichtet war, dem Dritten für die entgehenden Dienste durch Entrichtung
einer Geldrente Ersatz zu leisten. Die Vorschriften des § 843 Abs. 2 bis 4
finden entsprechende Anwendung.
§ 846. Hat in den Fällen
der §§ 844, 845 bei der Entstehung des Schadens, den der Dritte erleidet, ein
Verschulden des Verletzten mitgewirkt, so finden auf den Anspruch des Dritten
die Vorschriften des § 254 Anwendung.
§ 847. Im Falle der
Verletzung des Körpers oder der Gesundheit sowie im Falle der
Freiheitsentziehung kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht
Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen. Der
Anspruch ist nicht übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn,
daß er durch Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
Ein gleicher Anspruch steht
einer Frauensperson zu, gegen die ein Verbrechen oder Vergehen wider die
Sittlichkeit begangen oder die durch Hinterlist, durch Drohung oder unter
Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der außerehelichen
Beiwohnung bestimmt wird.
§ 848. Wer zur Rückgabe
einer Sache verpflichtet ist, die er einem Anderen durch eine unerlaubte
Handlung entzogen hat, ist auch für den zufälligen Untergang, eine aus einem
anderen Grunde eintretende zufällige Unmöglichkeit der Herausgabe oder eine
zufällige Verschlechterung der Sache verantwortlich, es sei denn, daß der
Untergang, die anderweitige Unmöglichkeit der Herausgabe oder die
Verschlechterung auch ohne die Entziehung eingetreten sein würde.
§ 849. Ist wegen der
Entziehung einer Sache der Werth oder wegen der Beschädigung einer Sache die
Werthminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden
Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Werthes zu
Grunde gelegt wird.
§ 850. Macht der zur
Herausgabe einer entzogenen Sache Verpflichtete Verwendungen auf die Sache, so
stehen ihm dem Verletzten gegenüber die Rechte zu, die der Besitzer dem
Eigenthümer gegenüber wegen Verwendungen hat.
§ 851. Leistet der wegen
der Entziehung oder Beschädigung einer beweglichen Sache zum Schadensersatze
Verpflichtete den Ersatz an denjenigen, in dessen Besitze sich die Sache zur
Zeit der Entziehung oder der Beschädigung befunden hat, so wird er durch die
Leistung auch dann befreit, wenn ein Dritter Eigenthümer der Sache war oder ein
sonstiges Recht an der Sache hatte, es sei denn, daß ihm das Recht des Dritten
bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt ist.
§ 852. Der Anspruch auf
Ersatz des aus einer unerlaubten Handlung entstandenen Schadens verjährt in
drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Verletzte von dem Schaden und
der Person des Ersatzpflichtigen Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese
Kenntniß in dreißig Jahren von der Begehung der Handlung an.
Hat der Ersatzpflichtige
durch die unerlaubte Handlung auf Kosten des Verletzten etwas erlangt, so ist
er auch nach der Vollendung der Verjährung zur Herausgabe nach den Vorschriften
über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verpflichtet.
§ 853. Erlangt Jemand durch
eine von ihm begangene unerlaubte Handlung eine Forderung gegen den Verletzten,
so kann der Verletzte die Erfüllung auch dann verweigern, wenn der Anspruch auf
Aufhebung der Forderung verjährt ist.
Drittes Buch.
Sachenrecht.
Erster Abschnitt.
Besitz.
§ 854. Der Besitz einer
Sache wird durch die Erlangung der thatsächlichen Gewalt über die Sache
erworben.
Die Einigung des bisherigen
Besitzers und des Erwerbers genügt zum Erwerbe, wenn der Erwerber in der Lage
ist, die Gewalt über die Sache auszuüben.
§ 855. Uebt Jemand die
thatsächliche Gewalt über eine Sache für einen Anderen in dessen Haushalt oder
Erwerbsgeschäft oder in einem ähnlichen Verhältniß aus, vermöge dessen er den
sich auf die Sache beziehenden Weisungen des Anderen Folge zu leisten hat, so
ist nur der Andere Besitzer.
§ 856. Der Besitz wird
dadurch beendigt, daß der Besitzer die thatsächliche Gewalt über die Sache
aufgiebt oder in anderer Weise verliert.
Durch eine ihrer Natur nach
vorübergehende Verhinderung in der Ausübung der Gewalt wird der Besitz nicht
beendigt.
§ 857. Der Besitz geht auf
den Erben über.
§ 858. Wer dem Besitzer
ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitze stört, handelt,
sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet,
widerrechtlich (verbotene Eigenmacht).
Der durch verbotene
Eigenmacht erlangte Besitz ist fehlerhaft. Die Fehlerhaftigkeit muß der
Nachfolger im Besitze gegen sich gelten lassen, wenn er Erbe des Besitzers ist
oder die Fehlerhaftigkeit des Besitzes seines Vorgängers bei dem Erwerbe kennt.
§ 859. Der Besitzer darf
sich verbotener Eigenmacht mit Gewalt erwehren.
Wird eine bewegliche Sache
dem Besitzer mittelst verbotener Eigenmacht weggenommen, so darf er sie dem auf
frischer That betroffenen oder verfolgten Thäter mit Gewalt wiederabnehmen.
Wird dem Besitzer eines
Grundstücks der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen, so darf er sofort
nach der Entziehung sich des Besitzes durch Entsetzung des Thäters
wiederbemächtigen.
Die gleichen Rechte stehen
dem Besitzer gegen denjenigen zu, welcher nach § 858 Abs. 2 die
Fehlerhaftigkeit des Besitzes gegen sich gelten lassen muß.
§ 860. Zur Ausübung der dem
Besitzer nach § 859 zustehenden Rechte ist auch derjenige befugt, welcher die
thatsächliche Gewalt nach § 855 für den Besitzer ausübt.
§ 861. Wird der Besitz
durch verbotene Eigenmacht dem Besitzer entzogen, so kann dieser die
Wiedereinräumung des Besitzes von demjenigen verlangen, welcher ihm gegenüber
fehlerhaft besitzt.
Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der entzogene Besitz dem gegenwärtigen Besitzer oder
dessen Rechtsvorgänger gegenüber fehlerhaft war und in dem letzten Jahre vor
der Entziehung erlangt worden ist.
§ 862. Wird der Besitzer
durch verbotene Eigenmacht im Besitze gestört, so kann er von dem Störer die
Beseitigung der Störung verlangen. Sind weitere Störungen zu besorgen, so kann
der Besitzer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der Besitzer dem Störer oder dessen Rechtsvorgänger
gegenüber fehlerhaft besitzt und der Besitz in dem letzten Jahre vor der
Störung erlangt worden ist.
§ 863. Gegenüber den in den
§§ 861, 862 bestimmten Ansprüchen kann ein Recht zum Besitz oder zur Vornahme
der störenden Handlung nur zur Begründung der Behauptung geltend gemacht
werden, daß die Entziehung oder die Störung des Besitzes nicht verbotene
Eigenmacht sei.
§ 864. Ein nach den §§ 861,
862 begründeter Anspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres nach der Verübung
der verbotenen Eigenmacht, wenn nicht vorher der Anspruch im Wege der Klage
geltend gemacht wird.
Das Erlöschen tritt auch
dann ein, wenn nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht durch
rechtskräftiges Urtheil festgestellt wird, daß dem Thäter ein Recht an der
Sache zusteht, vermöge dessen er die Herstellung eines seiner Handlungsweise
entsprechenden Besitzstandes verlangen kann.
§ 865. Die Vorschriften der
§§ 858 bis 864 gelten auch zu Gunsten desjenigen, welcher nur einen Theil einer
Sache, insbesondere abgesonderte Wohnräume oder andere Räume, besitzt.
§ 866. Besitzen Mehrere
eine Sache gemeinschaftlich, so findet in ihrem Verhältnisse zu einander ein
Besitzschutz insoweit nicht statt, als es sich um die Grenzen des den Einzelnen
zustehenden Gebrauchs handelt.
§ 867. Ist eine Sache aus
der Gewalt des Besitzers auf ein im Besitz eines Anderen befindliches
Grundstück gelangt, so hat ihm der Besitzer des Grundstücks die Aufsuchung und
die Wegschaffung zu gestatten, sofern nicht die Sache inzwischen in Besitz
genommen worden ist. Der Besitzer des Grundstücks kann Ersatz des durch die
Aufsuchung und die Wegschaffung entstehenden Schadens erlangen. Er kann, wenn
die Entstehung eines Schadens zu besorgen ist, die Gestattung verweigern, bis
ihm Sicherheit geleistet wird; die Verweigerung ist unzulässig, wenn mit dem
Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 868. Besitzt Jemand eine
Sache als Nießbraucher, Pfandgläubiger, Pächter, Miether, Verwahrer oder in
einem ähnlichen Verhältnisse, vermöge dessen er einem Anderen gegenüber auf
Zeit zum Besitze berechtigt oder verpflichtet ist, so ist auch der Andere
Besitzer (mittelbarer Besitz).
§ 869. Wird gegen den
Besitzer verbotene Eigenmacht verübt, so stehen die in den §§ 861, 862
bestimmten Ansprüche auch dem mittelbaren Besitzer zu. Im Falle der Entziehung
des Besitzes ist der mittelbare Besitzer berechtigt, die Wiedereinräumung des
Besitzes an den bisherigen Besitzer zu verlangen; kann oder will dieser den
Besitz nicht wiederübernehmen, so kann der mittelbare Besitzer verlangen, daß
ihm selbst der Besitz eingeräumt wird. Unter der gleichen Voraussetzung kann er
im Falle des § 867 verlangen, daß ihm die Aufsuchung und Wegschaffung der Sache
gestattet wird.
§ 870. Der mittelbare
Besitz kann dadurch auf einen Anderen übertragen werden, daß diesem der
Anspruch auf Herausgabe der Sache abgetreten wird.
§ 871. Steht der mittelbare
Besitzer zu einem Dritten in einem Verhältnisse der im § 868 bezeichneten Art,
so ist auch der Dritte mittelbarer Besitzer.
§ 872. Wer eine Sache als
ihm gehörend besitzt, ist Eigenbesitzer.
Zweiter Abschnitt.
Allgemeine Vorschriften
über Rechte an Grundstücken.
§ 873. Zur Uebertragung des
Eigenthums an einem Grundstücke, zur Belastung eines Grundstücks mit einem
Rechte sowie zur Uebertragung oder Belastung eines solchen Rechtes ist die
Einigung des Berechtigten und des anderen Theiles über den Eintritt der
Rechtsänderung und die Eintragung der Rechtsänderung in das Grundbuch
erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
Vor der Eintragung sind die
Betheiligten an die Einigung nur gebunden, wenn die Erklärungen gerichtlich
oder notariell beurkundet oder vor dem Grundbuchamt abgegeben oder bei diesem
eingereicht sind oder wenn der Berechtigte dem anderen Theile eine den
Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Eintragungsbewilligung
ausgehändigt hat.
§ 874. Bei der Eintragung
eines Rechtes, mit dem ein Grundstück belastet wird, kann zur näheren
Bezeichnung des Inhalts des Rechtes auf die Eintragungsbewilligung Bezug
genommen werden, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
§ 875. Zur Aufhebung eines
Rechtes an einem Grundstück ist, soweit nicht das Gesetz ein Anderes
vorschreibt, die Erklärung des Berechtigten, daß er das Recht aufgebe, und die
Löschung des Rechtes im Grundbuch erforderlich. Die Erklärung ist dem
Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber abzugeben, zu dessen Gunsten sie
erfolgt.
Vor der Löschung ist der
Berechtigte an seine Erklärung nur gebunden, wenn er sie dem Grundbuchamte
gegenüber abgegeben oder demjenigen, zu dessen Gunsten sie erfolgt, eine den
Vorschriften der Grundbuchordnung entsprechende Löschungsbewilligung
ausgehändigt hat.
§ 876. Ist ein Recht an
einem Grundstücke mit dem Rechte eines Dritten belastet, so ist zur Aufhebung
des belasteten Rechtes die Zustimmung des Dritten erforderlich. Steht das
aufzuhebende Recht dem jeweiligen Eigenthümer eines anderen Grundstücks zu, so
ist, wenn dieses Grundstück mit dem Rechte eines Dritten belastet ist, die
Zustimmung des Dritten erforderlich, es sei denn, daß dessen Recht durch die
Aufhebung nicht berührt wird. Die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder
demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist
unwiderruflich.
§ 877. Die Vorschriften der
§§ 873, 874, 876 finden auch auf Aenderungen des Inhalts eines Rechtes an einem
Grundstück Anwendung.
§ 878. Eine von dem
Berechtigten in Gemäßheit der §§ 873, 875, 877 abgegebene Erklärung wird nicht
dadurch unwirksam, daß der Berechtigte in der Verfügung beschränkt wird,
nachdem die Erklärung für ihn bindend geworden und der Antrag auf Eintragung
bei dem Grundbuchamte gestellt worden ist.
§ 879. Das
Rangverhältniß unter mehreren Rechten, mit denen ein Grundstück belastet ist,
bestimmt sich, wenn die Rechte in derselben Abtheilung des Grundbuchs
eingetragen sind, nach der Reihenfolge der Eintragungen. Sind die Rechte in
verschiedenen Abtheilungen eingetragen, so hat das unter Angabe eines früheren
Tages eingetragene Recht den Vorrang; Rechte, die unter Angabe desselben Tages
eingetragen sind, haben gleichen Rang.
Die Eintragung ist für das
Rangverhältniß auch dann maßgebend, wenn die nach § 873 zum Erwerbe des Rechtes
erforderliche Einigung erst nach der Eintragung zu Stande gekommen ist.
Eine abweichende Bestimmung
des Rangverhältnisses bedarf der Eintragung in das Grundbuch.
§ 880. Das
Rangverhältniß kann nachträglich geändert werden.
Zu der Rangänderung ist die Einigung des zurücktretenden und des vortretenden
Berechtigten und die Eintragung der Aenderung in das Grundbuch erforderlich;
die Vorschriften des § 873 Abs. 2 und des § 878 finden Anwendung. Soll eine
Hypothek, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld zurücktreten, so ist außerdem
die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich. Die Zustimmung ist dem
Grundbuchamt oder einem der Betheiligten gegenüber zu erklären; sie ist
unwiderruflich.
Ist das zurücktretende
Recht mit dem Rechte eines Dritten belastet, so finden die Vorschriften des §
876 entsprechende Anwendung.
Der dem vortretenden Rechte
eingeräumte Rang geht nicht dadurch verloren, daß das zurücktretende Recht
durch Rechtsgeschäft aufgehoben wird.
Rechte, die den Rang
zwischen dem zurücktretenden und dem vortretenden Rechte haben, werden durch
die Rangänderung nicht berührt.
§ 881. Der Eigenthümer kann
sich bei der Belastung des Grundstücks mit einem Rechte die Befugniß
vorbehalten, ein anderes, dem Umfange nach bestimmtes Recht mit dem Range vor
jenem Recht eintragen zu lassen.
Der Vorbehalt bedarf der
Eintragung in das Grundbuch; die Eintragung muß bei dem Rechte erfolgen, das
zurücktreten soll.
Wird das Grundstück
veräußert, so geht die vorbehaltene Befugniß auf den Erwerber über.
Ist das Grundstück vor der
Eintragung des Rechtes, dem der Vorrang beigelegt ist, mit einem Rechte ohne
einen entsprechenden Vorbehalt belastet worden, so hat der Vorrang insoweit
keine Wirkung, als das mit dem Vorbehalt eingetragene Recht in Folge der
inzwischen eingetretenen Belastung eine über den Vorbehalt hinausgehende
Beeinträchtigung erleiden würde.
§ 882. Wird ein Grundstück
mit einem Rechte belastet, für welches nach den für die Zwangsversteigerung
geltenden Vorschriften dem Berechtigten im Falle des Erlöschens durch den
Zuschlag der Werth aus dem Erlöse zu ersetzen ist, so kann der Höchstbetrag des
Ersatzes bestimmt werden. Die Bestimmung bedarf der Eintragung in das
Grundbuch.
§ 883. Zur Sicherung des
Anspruchs auf Einräumung oder Aufhebung eines Rechtes an einem Grundstück oder
an einem das Grundstück belastenden Rechte oder auf Aenderung des Inhalts oder
des Ranges eines solchen Rechtes kann eine Vormerkung in das Grundbuch
eingetragen werden. Die Eintragung einer Vormerkung ist auch zur Sicherung
eines künftigen oder eines bedingten Anspruchs zulässig.
Eine Verfügung, die nach
der Eintragung der Vormerkung über das Grundstück oder das Recht getroffen
wird, ist insoweit unwirksam, als sie den Anspruch vereiteln oder
beeinträchtigen würde. Dies gilt auch, wenn die Verfügung im Weg der
Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter
erfolgt.
Der Rang des Rechtes, auf
dessen Einräumung der Anspruch gerichtet ist, bestimmt sich nach der Eintragung
der Vormerkung.
§ 884. Soweit der Anspruch
durch die Vormerkung gesichert ist, kann sich der Erbe des Verpflichteten nicht
auf die Beschränkung seiner Haftung berufen.
§ 885. Die Eintragung einer
Vormerkung erfolgt auf Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund der
Bewilligung desjenigen, dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung
betroffen wird. Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich,
daß eine Gefährdung des zu sichernden Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
Bei der Eintragung kann zur
näheren Bezeichnung des zu sichernden Anspruchs auf die einstweilige Verfügung
oder die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
§ 886. Steht demjenigen,
dessen Grundstück oder dessen Recht von der Vormerkung betroffen wird, eine
Einrede zu, durch welche die Geltendmachung des durch die Vormerkung
gesicherten Anspruchs dauernd ausgeschlossen wird, so kann er von dem Gläubiger
die Beseitigung der Vormerkung verlangen.
§ 887. Ist der Gläubiger,
dessen Anspruch durch die Vormerkung gesichert ist, unbekannt, so kann er im
Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte ausgeschlossen werden, wenn die
im § 1170 für die Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten
Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt die
Wirkung der Vormerkung.
§ 888. Soweit der Erwerb
eines eingetragenen Rechtes oder eines Rechtes an einem solchen Rechte
gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten die Vormerkung besteht, unwirksam ist,
kann dieser von dem Erwerber die Zustimmung zu der Eintragung oder der Löschung
verlangen, die zur Verwirklichung des durch die Vormerkung gesicherten
Anspruchs erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der
Anspruch durch ein Veräußerungsverbot gesichert ist.
§ 889. Ein Recht an einem
fremden Grundstück erlischt nicht dadurch, daß der Eigenthümer des Grundstücks
das Recht oder der Berechtigte das Eigenthum an dem Grundstück erwirbt.
§ 890. Mehrere Grundstücke
können dadurch zu einem Grundstücke vereinigt werden, daß der Eigenthümer sie
als ein Grundstück in das Grundbuch eintragen läßt.
Ein Grundstück kann dadurch
zum Bestandtheil eines anderen Grundstücks gemacht werden, daß der Eigenthümer
es diesem im Grundbuch zuschreiben läßt.
§ 891. Ist im Grundbuche
für Jemand ein Recht eingetragen, so wird vermuthet, daß ihm das Recht zustehe.
Ist im Grundbuch ein
eingetragenes Recht gelöscht, so wird vermuthet, daß das Recht nicht bestehe.
§ 892. Zu Gunsten
desjenigen, welcher ein Recht an einem Grundstück oder ein Recht an einem
solchen Rechte durch Rechtsgeschäft erwirbt, gilt der Inhalt des Grundbuchs als
richtig, es sei denn, daß ein Widerspruch gegen die Richtigkeit eingetragen
oder die Unrichtigkeit dem Erwerber bekannt ist. Ist der Berechtigte in der
Verfügung über ein im Grundbuch eingetragenes Recht zu Gunsten einer bestimmten
Person beschränkt, so ist die Beschränkung dem Erwerber gegenüber nur wirksam,
wenn sie aus dem Grundbuch ersichtlich oder dem Erwerber bekannt ist.
Ist zu dem Erwerbe des
Rechtes die Eintragung erforderlich, so ist für die Kenntniß des Erwerbers die
Zeit der Stellung des Antrags auf Eintragung oder, wenn die nach § 873
erforderliche Einigung erst später zu Stande kommt, die Zeit der Einigung maßgebend.
§ 893. Die Vorschriften des
§ 892 finden entsprechende Anwendung, wenn an denjenigen, für welchen ein Recht
im Grundbuch eingetragen ist, auf Grund dieses Rechtes eine Leistung bewirkt
oder wenn zwischen ihm und einem Anderen in Ansehung dieses Rechtes ein nicht
unter die Vorschriften des § 892 fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das
eine Verfügung über das Recht enthält.
§ 894. Steht der Inhalt des
Grundbuchs in Ansehung eines Rechtes an dem Grundstück, eines Rechtes an einem
solchen Rechte oder einer Verfügungsbeschränkung der im § 892 Abs. 1
bezeichneten Art mit der wirklichen Rechtslage nicht im Einklange, so kann
derjenige, dessen Recht nicht oder nicht richtig eingetragen oder durch die
Eintragung einer nicht bestehenden Belastung oder Beschränkung beeinträchtigt
ist, die Zustimmung zu der Berichtigung des Grundbuchs von demjenigen
verlangen, dessen Recht durch die Berichtigung betroffen wird.
§ 895. Kann die
Berichtigung des Grundbuchs erst erfolgen, nachdem das Recht des nach § 894
Verpflichteten eingetragen worden ist, so hat dieser auf Verlangen sein Recht
eintragen zu lassen.
§ 896. Ist zur Berichtigung
des Grundbuchs die Vorlegung eines Hypotheken-, Grundschuld- oder
Rentenschuldbriefs erforderlich, so kann derjenige, zu dessen Gunsten die
Berichtigung erfolgen soll, von dem Besitzer des Briefes verlangen, daß der
Brief dem Grundbuchamte vorgelegt wird.
§ 897. Die Kosten der
Berichtigung des Grundbuchs und der dazu erforderlichen Erklärungen hat
derjenige zu tragen, welcher die Berichtigung verlangt, sofern nicht aus einem
zwischen ihm und dem Verpflichteten bestehenden Rechtsverhältnisse
sich ein Anderes ergiebt.
§ 898. Die in den §§ 894
bis 896 bestimmten Ansprüche unterliegen nicht der Verjährung.
§ 899. In den Fällen des §
894 kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen
werden.
Die Eintragung erfolgt auf
Grund einer einstweiligen Verfügung oder auf Grund einer Bewilligung
desjenigen, dessen Recht durch die Berichtigung des Grundbuchs betroffen wird.
Zur Erlassung der einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine
Gefährdung des Rechtes des Widersprechenden glaubhaft gemacht wird.
§ 900. Wer als Eigenthümer
eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne daß er das Eigenthum
erlangt hat, erwirbt das Eigenthum, wenn die Eintragung dreißig Jahre bestanden
und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitze gehabt hat. Die
dreißigjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die
Ersitzung einer beweglichen Sache. Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein
Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.
Diese Vorschriften finden
entsprechende Anwendung, wenn für Jemand ein ihm nicht zustehendes anderes
Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum Besitze des Grundstücks berechtigt
oder dessen Ausübung nach den für den Besitz geltenden Vorschriften geschützt
ist. Für den Rang des Rechtes ist die Eintragung maßgebend.
§ 901. Ist ein Recht an
einem fremden Grundstück im Grundbuche mit Unrecht gelöscht, so erlischt es,
wenn der Anspruch des Berechtigten gegen den Eigenthümer verjährt ist. Das
Gleiche gilt, wenn ein kraft Gesetzes entstandenes Recht an einem fremden
Grundstücke nicht in das Grundbuch eingetragen worden ist.
§ 902. Die Ansprüche aus eingetragenen
Rechten unterliegen nicht der Verjährung. Dies gilt nicht für Ansprüche, die
auf Rückstände wiederkehrender Leistungen oder auf Schadensersatz gerichtet
sind.
Ein Recht, wegen dessen ein
Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen ist, steht einem
eingetragenen Rechte gleich.
Dritter Abschnitt.
Eigenthum.
Erster Titel.
Inhalt des Eigenthums.
§ 903. Der Eigenthümer
einer Sache kann, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen,
mit der Sache nach Belieben verfahren und Andere von jeder Einwirkung
ausschließen.
§ 904. Der Eigenthümer
einer Sache ist nicht berechtigt, die Einwirkung eines Anderen auf die Sache zu
verbieten, wenn die Einwirkung zur Abwendung einer gegenwärtigen Gefahr
nothwendig und der drohende Schaden gegenüber dem aus der Einwirkung dem
Eigenthümer entstehenden Schaden unverhältnißmäßig groß ist. Der Eigenthümer
kann Ersatz des ihm entstehenden Schadens verlangen.
§ 905. Das Recht des
Eigenthümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche
und auf den Erdkörper unter der Oberfläche. Der Eigenthümer kann jedoch
Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen
werden, daß er an der Ausschließung kein Interesse hat.
§ 906. Der Eigenthümer
eines Grundstücks kann die Zuführung von Gasen, Dämpfen, Gerüchen, Rauch, Ruß,
Wärme, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück
ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die
Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt oder
durch eine Benutzung des anderen Grundstücks herbeigeführt wird, die nach den
örtlichen Verhältnissen bei Grundstücken dieser Lage gewöhnlich ist. Die
Zuführung durch eine besondere Leitung ist unzulässig.
§ 907. Der Eigenthümer
eines Grundstücks kann verlangen, daß auf den Nachbargrundstücken nicht Anlagen
hergestellt oder gehalten werden, von denen mit Sicherheit vorauszusehen ist,
daß ihr Bestand oder ihre Benutzung eine unzulässige Einwirkung auf sein
Grundstück zur Folge hat. Genügt eine Anlage den landesgesetzlichen
Vorschriften, die einen bestimmten Abstand von der Grenze oder sonstige
Schutzmaßregeln vorschreiben, so kann die Beseitigung der Anlage erst verlangt
werden, wenn die unzulässige Einwirkung thatsächlich hervortritt.
Bäume und Sträucher gehören
nicht zu den Anlagen im Sinne dieser Vorschriften.
§ 908. Droht einem
Grundstücke die Gefahr, daß es durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines
anderen Werkes, das mit einem Nachbargrundstücke verbunden ist, oder durch die
Ablösung von Theilen des Gebäudes oder des Werkes beschädigt wird, so kann der
Eigenthümer von demjenigen, welcher nach dem § 836 Abs. 1 oder den §§ 837, 838
für den eintretenden Schaden verantwortlich sein würde, verlangen, daß er die
zur Abwendung der Gefahr erforderliche Vorkehrung trifft.
§ 909. Ein Grundstück darf
nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden des Nachbargrundstücks die
erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß für eine genügende anderweitige
Befestigung gesorgt ist.
§ 910. Der Eigenthümer
eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauchs, die von einem
Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt
von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigenthümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks
eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht
innerhalb der Frist erfolgt.
Dem Eigenthümer steht
dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des
Grundstücks nicht beeinträchtigen.
§ 911. Früchte, die von
einem Baume oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten
als Früchte dieses Grundstücks. Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn
das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauche dient.
§ 912. Hat der Eigenthümer
eines Grundstücks bei der Errichtung eines Gebäudes über die Grenze gebaut,
ohne daß ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit zur Last fällt, so hat der
Nachbar den Ueberbau zu dulden, es sei denn, daß er vor oder sofort nach der
Grenzüberschreitung Widerspruch erhoben hat.
Der Nachbar ist durch eine
Geldrente zu entschädigen. Für die Höhe der Rente ist die Zeit der
Grenzüberschreitung maßgebend.
§ 913. Die Rente für den
Ueberbau ist dem jeweiligen Eigenthümer des Nachbargrundstücks von dem
jeweiligen Eigenthümer des anderen Grundstücks zu entrichten.
Die Rente ist jährlich im voraus zu entrichten.
§ 914. Das Recht auf die
Rente geht allen Rechten an dem belasteten Grundstück, auch den älteren, vor.
Es erlischt mit der Beseitigung des Ueberbaues.
Das Recht wird nicht in das
Grundbuch eingetragen. Zum Verzicht auf das Recht sowie zur Feststellung der
Höhe der Rente durch Vertrag ist die Eintragung erforderlich.
Im Uebrigen finden die
Vorschriften Anwendung, die für eine zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers
eines Grundstücks bestehende Reallast gelten.
§ 915. Der
Rentenberechtigte kann jederzeit verlangen, daß der Rentenpflichtige ihm gegen
Uebertragung des Eigenthums an dem überbauten Theile des Grundstücks den Werth
ersetzt, den dieser Theil zur Zeit der Grenzüberschreitung gehabt hat. Macht er
von dieser Befugniß Gebrauch, so bestimmen sich die Rechte und Verpflichtungen
beider Theile nach den Vorschriften über den Kauf.
Für die Zeit bis zur
Uebertragung des Eigenthums ist die Rente fortzuentrichten.
§ 916. Wird durch den
Ueberbau ein Erbbaurecht oder eine Dienstbarkeit an dem Nachbargrundstücke
beeinträchtigt, so finden zu Gunsten des Berechtigten die Vorschriften der §§
912 bis 914 entsprechende Anwendung.
§ 917. Fehlt einem
Grundstücke die zur ordnungsmäßigen Benutzung nothwendige Verbindung mit einem
öffentlichen Wege, so kann der Eigenthümer von den Nachbarn verlangen, daß sie
bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der
erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Nothwegs und der Umfang des
Benutzungsrechts werden erforderlichen Falles durch Urtheil bestimmt.
Die Nachbarn, über deren
Grundstücke der Nothweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die
Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden
entsprechende Anwendung.
§ 918. Die Verpflichtung
zur Duldung des Nothwegs tritt nicht ein, wenn die bisherige Verbindung des
Grundstücks mit dem öffentlichen Wege durch eine willkürliche Handlung des
Eigenthümers aufgehoben wird.
Wird in Folge der
Veräußerung eines Theiles des Grundstücks der veräußerte oder der
zurückbehaltene Theil von der Verbindung mit dem öffentlichen Wege
abgeschnitten, so hat der Eigenthümer desjenigen Theiles, über welchen die
Verbindung bisher stattgefunden hat, den Nothweg zu dulden. Der Veräußerung
eines Theiles steht die Veräußerung eines von mehreren demselben Eigenthümer
gehörenden Grundstücken gleich.
§ 919. Der Eigenthümer
eines Grundstücks kann von dem Eigenthümer eines Nachbargrundstücks verlangen,
daß dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen
verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.
Die Art der Abmarkung und
das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen; enthalten diese keine
Vorschriften, so entscheidet die Ortsüblichkeit.
Die Kosten der Abmarkung
sind von den Betheiligten zu gleichen Theilen zu tragen, sofern nicht aus einem
zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnisse sich ein
Anderes ergiebt.
§ 920. Läßt sich im Falle
einer Grenzverwirrung die richtige Grenze nicht ermitteln, so ist für die
Abgrenzung der Besitzstand maßgebend. Kann der Besitzstand nicht festgestellt
werden, so ist jedem der Grundstücke ein gleich großes
Stück der streitigen Fläche zuzutheilen.
Soweit eine diesen
Vorschriften entsprechende Bestimmung der Grenze zu einem Ergebnisse führt, das
mit den ermittelten Umständen, insbesondere mit der feststehenden Größe der
Grundstücke, nicht übereinstimmt, ist die Grenze so zu ziehen, wie es unter
Berücksichtigung dieser Umstände der Billigkeit entspricht.
§ 921. Werden zwei
Grundstücke durch einen Zwischenraum, Rain, Winkel, einen Graben, eine Mauer,
Hecke, Planke oder eine andere Einrichtung, die zum Vortheile beider
Grundstücke dient, von einander geschieden, so wird vermuthet, daß die
Eigenthümer der Grundstücke zur Benutzung der Einrichtung gemeinschaftlich
berechtigt seien, sofern nicht äußere Merkmale darauf hinweisen, daß die
Einrichtung einem der Nachbarn allein gehört.
§ 922. Sind die Nachbarn
zur Benutzung einer der im § 921 bezeichneten Einrichtungen gemeinschaftlich
berechtigt, so kann jeder sie zu dem Zwecke, der sich aus ihrer Beschaffenheit
ergiebt, insoweit benutzen, als nicht die Mitbenutzung des anderen
beeinträchtigt wird. Die Unterhaltungskosten sind von den Nachbarn zu gleichen
Theilen zu tragen. Solange einer der Nachbarn an dem Fortbestande der
Einrichtung ein Interesse hat, darf sie nicht ohne seine Zustimmung beseitigt
oder geändert werden. Im Uebrigen bestimmt sich das Rechtsverhältniß zwischen
den Nachbarn nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
§ 923. Steht auf der Grenze
ein Baum, so gebühren die Früchte und, wenn der Baum gefällt wird, auch der
Baum den Nachbarn zu gleichen Theilen.
Jeder der Nachbarn kann die
Beseitigung des Baumes verlangen. Die Kosten der Beseitigung fallen den
Nachbarn zu gleichen Theilen zur Last. Der Nachbar, der die Beseitigung
verlangt, hat jedoch die Kosten allein zu tragen, wenn der andere auf sein
Recht an dem Baume verzichtet; er erwirbt in diesem Falle mit der Trennung das
Alleineigenthum. Der Anspruch auf die Beseitigung ist ausgeschlossen, wenn der
Baum als Grenzzeichen dient und den Umständen nach nicht durch ein anderes
zweckmäßiges Grenzzeichen ersetzt werden kann.
Diese Vorschriften gelten
auch für einen auf der Grenze stehenden Strauch.
§ 924. Die Ansprüche, die
sich aus den §§ 907 bis 909, 915, dem § 917 Abs. 1, dem § 918 Abs. 2, den §§
919, 920 und dem § 923 Abs. 2 ergeben, unterliegen nicht der Verjährung.
Zweiter Titel.
Erwerb und Verlust des
Eigenthums an Grundstücken.
§ 925. Die zur Uebertragung
des Eigenthums an einem Grundstücke nach § 873 erforderliche Einigung des
Veräußerers und des Erwerbers (Auflassung) muß bei gleichzeitiger Anwesenheit
beider Theile vor dem Grundbuchamt erklärt werden.
Eine Auflassung, die unter
einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgt, ist unwirksam.
§ 926. Sind der Veräußerer
und der Erwerber darüber einig, daß sich die Veräußerung auf das Zubehör des
Grundstücks erstrecken soll, so erlangt der Erwerber mit dem Eigenthum an dem
Grundstück auch das Eigenthum an den zur Zeit des Erwerbes vorhandenen
Zubehörstücken, soweit sie dem Veräußerer gehören. Im Zweifel ist anzunehmen,
daß sich die Veräußerung auf das Zubehör erstrecken soll.
Erlangt der Erwerber auf
Grund der Veräußerung den Besitz von Zubehörstücken, die dem Veräußerer nicht
gehören oder mit Rechten Dritter belastet sind, so finden die Vorschriften der
§§ 932 bis 936 Anwendung; für den guten Glauben des Erwerbers ist die Zeit der
Erlangung des Besitzes maßgebend.
§ 927. Der Eigenthümer
eines Grundstücks kann, wenn das Grundstück seit dreißig Jahren im Eigenbesitz
eines Anderen ist, im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte
ausgeschlossen werden. Die Besitzzeit wird in gleicher Weise berechnet wie die
Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. Ist der Eigenthümer im
Grundbuch eingetragen, so ist das Aufgebotsverfahren nur zulässig, wenn er
gestorben oder verschollen ist und eine Eintragung in das Grundbuch, die der
Zustimmung des Eigenthümers bedurfte, seit dreißig Jahren nicht erfolgt ist.
Derjenige, welcher das
Ausschlußurtheil erwirkt hat, erlangt das Eigenthum dadurch, daß er sich als
Eigenthümer in das Grundbuch eintragen läßt.
Ist vor der Erlassung des
Ausschlußurtheils ein Dritter als Eigenthümer oder wegen des Eigenthums eines
Dritten ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs eingetragen
worden, so wirkt das Urtheil nicht gegen den Dritten.
§ 928. Das Eigenthum an
einem Grundstücke kann dadurch aufgegeben werden, daß der Eigenthümer den
Verzicht dem Grundbuchamte gegenüber erklärt und der Verzicht in das Grundbuch
eingetragen wird.
Das Recht zur Aneignung des
aufgegebenen Grundstücks steht dem Fiskus des Bundesstaats zu, in dessen
Gebiete das Grundstück liegt. Der Fiskus erwirbt das Eigenthum dadurch, daß er
sich als Eigenthümer in das Grundbuch eintragen läßt.
Dritter Titel.
Erwerb und Verlust des
Eigenthums an beweglichen Sachen.
I. Uebertragung.
§ 929. Zur Uebertragung des
Eigenthums an einer beweglichen Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer die
Sache dem Erwerber übergiebt und beide darüber einig sind, daß das Eigenthum
übergeben soll. Ist der Erwerber im Besitze der Sache, so genügt die Einigung
über den Uebergang des Eigenthums.
§ 930. Ist der Eigenthümer
im Besitze der Sache, so kann die Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß
zwischen ihm und dem Erwerber ein Rechtsverhältniß
vereinbart wird, vermöge dessen der Erwerber den mittelbaren Besitz erlangt.
§ 931. Ist ein Dritter im
Besitze der Sache, so kann die Uebergabe dadurch ersetzt werden, daß der
Eigenthümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.
§ 932. Durch eine nach §
929 erfolgte Veräußerung wird der Erwerber auch dann Eigenthümer, wenn die
Sache nicht dem Veräußerer gehört, es sei denn, daß er zu der Zeit, zu der er
nach diesen Vorschriften das Eigenthum erwerben würde, nicht in gutem Glauben
ist. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt dies jedoch nur dann, wenn der Erwerber
den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte.
Der Erwerber ist nicht in
gutem Glauben, wenn ihm bekannt oder in Folge grober Fahrlässigkeit unbekannt
ist, daß die Sache nicht dem Veräußerer gehört.
§ 933. Gehört eine nach §
930 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber Eigenthümer,
wenn ihm die Sache von dem Veräußerer übergeben wird, es sei denn, daß er zu
dieser Zeit nicht in gutem Glauben ist.
§ 934. Gehört eine nach §
931 veräußerte Sache nicht dem Veräußerer, so wird der Erwerber, wenn der
Veräußerer mittelbarer Besitzer der Sache ist, mit der Abtretung des Anspruchs,
anderenfalls dann Eigenthümer, wenn er den Besitz der Sache von dem Dritten
erlangt, es sei denn, daß er zur Zeit der Abtretung oder des Besitzerwerbes
nicht in gutem Glauben ist.
§ 935. Der Erwerb des
Eigenthums auf Grund der §§ 932 bis 934 tritt nicht ein, wenn die Sache dem
Eigenthümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen
war. Das Gleiche gilt, falls der Eigenthümer nur mittelbarer Besitzer war,
dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung auf Geld oder Inhaberpapiere sowie auf Sachen, die im Wege
öffentlicher Versteigerung veräußert werden.
§ 936. Ist eine veräußerte
Sache mit dem Rechte eines Dritten belastet, so erlischt das Recht mit dem
Erwerbe des Eigenthums. In dem Falle des § 929 Satz 2 gilt jedoch nur dann,
wenn der Erwerber den Besitz von dem Veräußerer erlangt hatte. Erfolgt die
Veräußerung nach § 930 oder war die nach § 931 veräußerte Sache nicht im
mittelbaren Besitze des Veräußerers, so erlischt das Recht des Dritten erst dann,
wenn der Erwerber auf Grund der Veräußerung den Besitz der Sache erlangt.
Das Recht des Dritten
erlischt nicht, wenn der Erwerber zu der nach Abs. 1 maßgebenden Zeit in
Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist.
Steht im Falle des § 931
das Recht dem dritten Besitzer zu, so erlischt es auch dem gutgläubigen
Erwerber gegenüber nicht.
II. Ersitzung.
§ 937. Wer eine bewegliche
Sache zehn Jahre im Eigenbesitze hat, erwirbt das Eigenthum (Ersitzung).
Die Ersitzung ist
ausgeschlossen, wenn der Erwerber bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes nicht in
gutem Glauben ist oder wenn er später erfährt, daß ihm das Eigenthum nicht
zusteht.
§ 938. Hat Jemand eine
Sache am Anfang und am Ende eines Zeitraums im Eigenbesitze gehabt, so wird
vermuthet, daß sein Eigenbesitz auch in der
Zwischenzeit bestanden habe.
§ 939. Die Ersitzung kann
nicht beginnen und, falls sie begonnen hat, nicht fortgesetzt werden, solange
die Verjährung des Eigenthumsanspruchs gehemmt ist oder ihrer Vollendung die
Vorschriften der §§ 206, 207 entgegenstehen.
§ 940. Die Ersitzung wird
durch den Verlust des Eigenbesitzes unterbrochen.
Die Unterbrechung gilt als
nicht erfolgt, wenn der Eigenbesitzer den Eigenbesitz ohne seinen Willen
verloren und ihn binnen Jahresfrist oder mittelst einer innerhalb dieser Frist
erhobenen Klage wiedererlangt hat.
§ 941. Die Ersitzung wird
unterbrochen, wenn der Eigenthumsanspruch gegen den Eigenbesitzer oder im Falle
eines mittelbaren Eigenbesitzes gegen den Besitzer gerichtlich geltend gemacht
wird, der sein Recht zum Besitze von dem Eigenbesitzer ableitet; die
Unterbrechung tritt jedoch nur zu Gunsten desjenigen ein, welcher sie
herbeiführt. Die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 209 bis 212,
216, 219, 220 finden entsprechende Anwendung.
§ 942. Wird die Ersitzung
unterbrochen, so kommt die bis zur Unterbrechung verstrichene Zeit nicht in
Betracht; eine neue Ersitzung kann erst nach der Beendigung der Unterbrechung
beginnen.
§ 943. Gelangt die Sache
durch Rechtsnachfolge in den Eigenbesitz eines Dritten, so kommt die während
des Besitzes des Rechtsvorgängers verstrichene Ersitzungszeit dem Dritten zu
Statten.
§ 944. Die Ersitzungszeit,
die zu Gunsten eines Erbschaftsbesitzes verstrichen ist, kommt dem Erben zu
Statten.
§ 945. Mit dem Erwerbe des
Eigenthums durch Ersitzung erlöschen die an der Sache vor dem Erwerbe des
Eigenbesitzes begründeten Rechte Dritter, es sei denn, daß der Eigenbesitzer
bei dem Erwerbe des Eigenbesitzes in Ansehung dieser Rechte nicht in gutem
Glauben ist oder ihr Bestehen später erfährt. Die Ersitzungsfrist muß auch in
Ansehung des Rechtes des Dritten verstrichen sein; die Vorschriften der §§ 939
bis 944 finden entsprechende Anwendung.
III. Verbindung.
Vermischung. Verarbeitung.
§ 946. Wird eine bewegliche
Sache mit einem Grundstücke dergestalt verbunden, daß sie wesentlicher
Bestandtheil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigenthum an dem
Grundstück auf diese Sache.
§ 947. Werden bewegliche
Sachen mit einander dergestalt verbunden, daß sie wesentliche Bestandtheile
einer einheitlichen Sache werden, so werden die bisherigen Eigenthümer
Miteigenthümer dieser Sache; die Antheile bestimmen sich nach dem Verhältnisse
des Werthes, den die Sachen zur Zeit der Verbindung haben.
Ist eine der Sachen als die
Hauptsache anzusehen, so erwirbt ihr Eigenthümer das Alleineigenthum.
§ 948. Werden bewegliche
Sachen mit einander untrennbar vermischt oder vermengt, so finden die
Vorschriften des § 947 entsprechende Anwendung.
Der Untrennbarkeit steht es
gleich, wenn die Trennung der vermischten oder vermengten Sachen mit
unverhältnißmäßigen Kosten verbunden sein würde.
§ 949. Erlischt nach den §§
946 bis 948 das Eigenthum an einer Sache, so erlöschen auch die sonstigen an
der Sache bestehenden Rechte. Erwirbt der Eigenthümer der belasteten Sache Miteigenthum,
so bestehen die Rechte an dem Antheile fort, der an die Stelle der Sache tritt.
Wird der Eigenthümer der belasteten Sache Alleineigenthümer, so erstrecken sich
die Rechte auf die hinzutretende Sache.
§ 950. Wer durch
Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche
Sache herstellt, erwirbt das Eigenthum an der neuen Sache, sofern nicht der
Werth der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Werth
des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen,
Drucken, Graviren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.
Mit dem Erwerbe des
Eigenthums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.
§ 951. Wer in Folge der
Vorschriften der §§ 946 bis 950 einen Rechtsverlust erleidet, kann von
demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
fordern. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes kann nicht verlangt werden.
Die Vorschriften über die
Verpflichtung zum Schadensersatze wegen unerlaubter Handlungen sowie die
Vorschriften über den Ersatz von Verwendungen und über das Recht zur Wegnahme
einer Einrichtung bleiben unberührt. In den Fällen der §§ 946, 947 ist die
Wegnahme nach den für das Wegnahmerecht des Besitzers gegenüber dem Eigenthümer
geltenden Vorschriften auch dann zulässig, wenn die Verbindung nicht von dem
Besitzer der Hauptsache bewirkt worden ist.
§ 952. Das Eigenthum an dem
über eine Forderung ausgestellten Schuldscheine steht dem Gläubiger zu. Das
Recht eines Dritten an der Forderung erstreckt sich auf den Schuldschein.
Das Gleiche gilt für
Urkunden über andere Rechte, kraft deren eine Leistung gefordert werden kann,
insbesondere für Hypotheken-, Grundschuld- und Rentenschuldbriefe.
IV. Erwerb von Erzeugnissen
und sonstigen Bestandtheilen einer Sache.
§ 953. Erzeugnisse und
sonstige Bestandtheile einer Sache gehören auch nach der Trennung dem
Eigenthümer der Sache, soweit sich nicht aus den §§ 954 bis 957 ein Anderes
ergiebt.
§ 954. Wer vermöge eines
Rechtes an einer fremden Sache befugt ist, sich Erzeugnisse oder sonstige
Bestandtheile der Sache anzueignen, erwirbt das Eigenthum an ihnen, unbeschadet
der Vorschriften der §§ 955 bis 957, mit der Trennung.
§ 955. Wer eine Sache im
Eigenbesitze hat, erwirbt das Eigenthum an den Erzeugnissen und sonstigen zu
den Früchten der Sache gehörenden Bestandtheilen, unbeschadet der Vorschriften
der §§ 956, 957, mit der Trennung. Der Erwerb ist ausgeschlossen, wenn der
Eigenbesitzer nicht zum Eigenbesitz oder ein Anderer vermöge eines Rechtes an
der Sache zum Fruchtbezuge berechtigt ist und der Eigenbesitzer bei dem Erwerbe
des Eigenbesitzes nicht in gutem Glauben ist oder vor der Trennung den
Rechtsmangel erfährt.
Dem Eigenbesitzer steht
derjenige gleich, welcher die Sache zum Zwecke der Ausübung eines
Nutzungsrechts an ihr besitzt.
Auf den Eigenbesitz und den
ihm gleichgestellten Besitz findet die Vorschrift des § 940 Abs. 2
entsprechende Anwendung.
§ 956. Gestattet der
Eigenthümer einem Anderen, sich Erzeugnisse oder sonstige Bestandtheile der
Sache anzueignen, so erwirbt dieser das Eigenthum an ihnen, wenn der Besitz der
Sache ihm überlassen ist, mit der Trennung, anderenfalls mit der
Besitzergreifung. Ist der Eigenthümer zu der Gestattung verpflichtet, so kann
er sie nicht widerrufen, solange sich der Andere in dem ihm überlassenen
Besitze der Sache befindet.
Das Gleiche gilt, wenn die
Gestattung nicht von dem Eigenthümer, sondern von einem Anderen ausgeht, dem Erzeugnisse
oder sonstige Bestandtheile einer Sache nach der Trennung gehören.
§ 957. Die Vorschriften des
§ 956 finden auch dann Anwendung, wenn derjenige, welcher die Aneignung einem
Anderen gestattet, hierzu nicht berechtigt ist, es sei denn, daß der Andere,
falls ihm der Besitz der Sache überlassen wird, bei der Ueberlassung,
anderenfalls bei der Ergreifung des Besitzes der Erzeugnisse oder der sonstigen
Bestandtheile nicht in gutem Glauben ist oder vor der Trennung den Rechtsmangel
erfährt.
V. Aneignung.
§ 958. Wer eine herrenlose
bewegliche Sache in Eigenbesitz nimmt, erwirbt das Eigenthum an der Sache.
Das Eigenthum wird nicht
erworben, wenn die Aneignung gesetzlich verboten ist oder wenn durch die
Besitzergreifung das Aneignungsrecht eines Anderen verletzt wird.
§ 959. Eine bewegliche
Sache wird herrenlos, wenn der Eigenthümer in der Absicht, auf das Eigenthum zu
verzichten, den Besitz der Sache aufgiebt.
§ 960. Wilde Thiere sind
herrenlos, solange sie sich in der Freiheit befinden. Wilde Thiere in Thiergärten
und Fische in Teichen oder anderen geschlossenen Privatgewässern sind nicht
herrenlos.
Erlangt ein gefangenes
wildes Thier die Freiheit wieder, so wird es herrenlos, wenn nicht der
Eigenthümer das Thier unverzüglich verfolgt oder wenn er die Verfolgung
aufgiebt.
Ein gezähmtes Thier wird
herrenlos, wenn es die Gewohnheit ablegt, an den ihm bestimmten Ort
zurückzukehren.
§ 961. Zieht ein
Bienenschwarm aus, so wird er herrenlos, wenn nicht der Eigenthümer ihn
unverzüglich verfolgt oder wenn der Eigenthümer die Verfolgung aufgiebt.
§ 962. Der Eigenthümer des
Bienenschwarmes darf bei der Verfolgung fremde Grundstücke betreten. Ist der
Schwarm in eine fremde nicht besetzte Bienenwohnung eingezogen, so darf der
Eigenthümer des Schwarmes zum Zwecke des Einfangens die Wohnung öffnen und die
Waben herausnehmen oder herausbrechen. Er hat den entstehenden Schaden zu
ersetzen.
§ 963. Vereinigen sich
ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigenthümer, so werden die Eigenthümer,
welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigenthümer des eingefangenen
Gesammtschwarmes; die Antheile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten
Schwärme.
§ 964. Ist ein
Bienenschwarm in eine fremde besetzte Bienenwohnung eingezogen, so erstrecken
sich das Eigenthum und die sonstigen Rechte an den Bienen, mit denen die
Wohnung besetzt war, auf den eingezogenen Schwarm. Das Eigenthum und die
sonstigen Rechte an dem eingezogenen Schwarme erlöschen.
VI. Fund.
§ 965. Wer eine verlorene
Sache findet und an sich nimmt, hat dem Verlierer oder dem Eigenthümer oder
einem sonstigen Empfangsberechtigten unverzüglich Anzeige zu machen.
Kennt der Finder die
Empfangsberechtigten nicht oder ist ihm ihr Aufenthalt unbekannt, so hat er den
Fund und die Umstände, welche für die Ermittelung der Empfangsberechtigten
erheblich sein können, unverzüglich der Polizeibehörde anzuzeigen. Ist die
Sache nicht mehr als drei Mark werth, so bedarf es der Anzeige nicht.
§ 966. Der Finder ist zur
Verwahrung der Sache verpflichtet.
Ist der Verderb der Sache
zu besorgen oder ist die Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden,
so hat der Finder die Sache öffentlich versteigern zu lassen. Vor der
Versteigerung ist der Polizeibehörde Anzeige zu machen. Der Erlös tritt an die
Stelle der Sache.
§ 967. Der Finder ist
berechtigt und auf Anordnung der Polizeibehörde verpflichtet, die Sache oder
den Versteigerungserlös an die Polizeibehörde abzuliefern.
§ 968. Der Finder hat nur
Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
§ 969. Der Finder wird
durch die Herausgabe der Sache an den Verlierer auch den sonstigen
Empfangsberechtigten gegenüber befreit.
§ 970. Macht der Finder zum
Zwecke der Verwahrung oder Erhaltung der Sache oder zum Zwecke der Ermittelung
eines Empfangsberechtigten Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich
halten darf, so kann er von dem Empfangsberechtigten Ersatz verlangen.
§ 971. Der Finder kann von
dem Empfangsberechtigten einen Finderlohn verlangen. Der Finderlohn beträgt von
dem Werthe der Sache bis zu dreihundert Mark fünf vom Hundert, von dem
Mehrwerth eins vom Hundert, bei Thieren eins vom Hundert. Hat die Sache nur für
den Empfangsberechtigten einen Werth, so ist der Finderlohn nach billigem
Ermessen zu bestimmen.
Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der Finder die Anzeigepflicht verletzt oder den Fund auf
Nachfrage verheimlicht.
§ 972. Auf die in den §§
970, 971 bestimmten Ansprüche finden die für die Ansprüche des Besitzers gegen
den Eigenthümer wegen Verwendungen geltenden Vorschriften der §§ 1000 bis 1002
entsprechende Anwendung.
§ 973. Mit dem Ablauf eines
Jahres nach der Anzeige des Fundes bei der Polizeibehörde erwirbt der Finder
das Eigenthum an der Sache, es sei denn, daß vorher ein Empfangsberechtigter
dem Finder bekannt geworden ist oder sein Recht bei der Polizeibehörde angemeldet
hat. Mit dem Erwerbe des Eigenthums erlöschen die sonstigen Rechte an der
Sache.
Ist die Sache nicht mehr
als drei Mark werth, so beginnt die einjährige Frist mit dem Funde. Der Finder
erwirbt das Eigenthum nicht, wenn er den Fund auf Nachfrage verheimlicht. Die
Anmeldung eines Rechtes bei der Polizeibehörde steht dem Erwerbe des Eigenthums
nicht entgegen.
§ 974. Sind vor dem Ablaufe
der einjährigen Frist Empfangsberechtigte dem Finder bekannt geworden oder
haben sie bei einer Sache, die mehr als drei Mark werth ist, ihre Rechte bei
der Polizeibehörde rechtzeitig angemeldet, so kann der Finder die
Empfangsberechtigten nach den Vorschriften des § 1003 zur Erklärung über die
ihm nach den §§ 970 bis 972 zustehenden Ansprüche auffordern. Mit dem Ablaufe
der für die Erklärung bestimmten Frist erwirbt der Finder das Eigenthum und
erlöschen die sonstigen Rechte an der Sache, wenn nicht die
Empfangsberechtigten sich rechtzeitig zu der Befriedigung der Ansprüche bereit
erklären.
§ 975. Durch die
Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die Polizeibehörde
werden die Rechte des Finders nicht berührt. Läßt die Polizeibehörde die Sache
versteigern, so tritt der Erlös an die Stelle der Sache. Die Polizeibehörde
darf die Sache oder den Erlös nur mit Zustimmung des Finders einem
Empfangsberechtigten herausgeben.
§ 976. Verzichtet der
Finder der Polizeibehörde gegenüber auf das Recht zum Erwerbe des Eigenthums an
der Sache, so geht sein Recht auf die Gemeinde des Fundorts über.
Hat der Finder nach der
Ablieferung der Sache oder des Versteigerungserlöses an die Polizeibehörde auf
Grund der Vorschriften der §§ 973, 974 das Eigenthum erworben, so geht es auf
die Gemeinde des Fundorts über, wenn nicht der Finder vor dem Ablauf einer ihm
von der Polizeibehörde bestimmten Frist die Herausgabe verlangt.
§ 977. Wer in Folge der
Vorschriften der §§ 973, 974, 976 einen Rechtsverlust erleidet, kann in den
Fällen der §§ 973, 974 von dem Finder, in den Fällen des § 976 von der Gemeinde
des Fundorts die Herausgabe des durch die Rechtsänderung Erlangten nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
Der Anspruch erlischt mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Uebergange des
Eigenthums auf den Finder oder die Gemeinde, wenn nicht die gerichtliche
Geltendmachung vorher erfolgt.
§ 978. Wer eine Sache in
den Geschäftsräumen oder den Beförderungsmitteln einer öffentlichen Behörde
oder einer dem öffentlichen Verkehre dienenden Verkehrsanstalt findet und an
sich nimmt, hat die Sache unverzüglich an die Behörde oder die Verkehrsanstalt
oder an einen Angestellten abzuliefern. Die Vorschriften der §§ 965 bis 977
finden keine Anwendung.
§ 979. Die Behörde oder die
Verkehrsanstalt kann die an sie abgelieferte Sache öffentlich versteigern
lassen. Die öffentlichen Behörden und die Verkehrsanstalten des Reichs, der
Bundesstaaten und der Gemeinden können die Versteigerung durch einen ihrer
Beamten vornehmen lassen.
Der Erlös tritt an die
Stelle der Sache.
§ 980. Die Versteigerung
ist erst zulässig, nachdem die Empfangsberechtigten in einer öffentlichen
Bekanntmachung des Fundes zur Anmeldung ihrer Rechte unter Bestimmung einer
Frist aufgefordert worden sind und die Frist verstrichen ist; sie ist
unzulässig, wenn eine Anmeldung rechtzeitig erfolgt ist.
Die Bekanntmachung ist
nicht erforderlich, wenn der Verderb der Sache zu besorgen oder die
Aufbewahrung mit unverhältnißmäßigen Kosten verbunden ist.
§ 981. Sind seit dem
Ablaufe der in der öffentlichen Bekanntmachung bestimmten Frist drei Jahre
verstrichen, so fällt der Versteigerungserlös, wenn nicht ein
Empfangsberechtigter sein Recht angemeldet hat, bei Reichsbehörden und
Reichsanstalten an den Reichsfiskus, bei Landesbehörden und Landesanstalten an
den Fiskus des Bundesstaats, bei Gemeindebehörden und Gemeindeanstalten an die
Gemeinde, bei Verkehrsanstalten, die von einer Privatperson betrieben werden,
an diese.
Ist die Versteigerung ohne
die öffentliche Bekanntmachung erfolgt, so beginnt die dreijährige Frist erst,
nachdem die Empfangsberechtigten in einer öffentlichen Bekanntmachung des
Fundes zur Anmeldung ihrer Rechte aufgefordert worden sind. Das Gleiche gilt,
wenn gefundenes Geld abgeliefert worden ist.
Die Kosten werden von dem
herauszugebenden Betrag abgezogen.
§ 982. Die in den §§ 980,
981 vorgeschriebene Bekanntmachung erfolgt bei Reichsbehörden und
Reichsanstalten nach den von dem Bundesrath, in den übrigen Fällen nach den von
der Zentralbehörde des Bundesstaats erlassenen Vorschriften.
§ 983. Ist eine öffentliche
Behörde im Besitz einer Sache, zu deren Herausgabe sie verpflichtet ist, ohne
daß die Verpflichtung auf Vertrag beruht, so finden, wenn der Behörde der
Empfangsberechtigte oder dessen Aufenthalt unbekannt ist, die Vorschriften der
§§ 979 bis 982 entsprechende Anwendung.
§ 984. Wird eine Sache, die
so lange verborgen gelegen hat, daß der Eigenthümer nicht mehr zu ermitteln ist
(Schatz), entdeckt und in Folge der Entdeckung in Besitz genommen, so wird das
Eigenthum zur Hälfte von dem Entdecker, zur Hälfte von dem Eigenthümer der
Sache erworben, in welcher der Schatz verborgen war.
Vierter Titel.
Ansprüche aus dem
Eigenthume.
§ 985. Der Eigenthümer kann
von dem Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen.
§ 986. Der Besitzer kann
die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er oder der mittelbare Besitzer, von
dem er sein Recht zum Besitz ableitet, dem Eigenthümer gegenüber zum Besitze
berechtigt ist. Ist der mittelbare Besitzer dem Eigenthümer gegenüber zur
Ueberlassung des Besitzes an den Besitzer nicht befugt, so kann der Eigenthümer
von dem Besitzer die Herausgabe der Sache an den mittelbaren Besitzer oder,
wenn dieser den Besitz nicht wiederübernehmen kann oder will, an sich selbst
verlangen.
Der Besitzer einer Sache,
die nach § 931 durch Abtretung des Anspruchs auf Herausgabe veräußert worden
ist, kann dem neuen Eigenthümer die Einwendungen entgegensetzen, welche ihm
gegen den abgetretenen Anspruch zustehen.
§ 987. Der Besitzer hat dem
Eigenthümer die Nutzungen herauszugeben, die er nach dem Eintritte der
Rechtshängigkeit zieht.
Zieht der Besitzer nach dem
Eintritte der Rechtshängigkeit Nutzungen nicht, die er nach den Regeln einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft ziehen könnte, so ist er dem Eigenthümer zum
Ersatze verpflichtet, soweit ihm ein Verschulden zur Last fällt.
§ 988. Hat ein Besitzer, der
die Sache als ihm gehörig oder zum Zwecke der Ausübung eines ihm in
Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrecht an der Sache besitzt, den Besitz
unentgeltlich erlangt, so ist er dem Eigenthümer gegenüber zur Herausgabe der
Nutzungen, die er vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit zieht, nach den
Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
verpflichtet.
§ 989. Der Besitzer ist von
dem Eintritte der Rechtshängigkeit an dem Eigenthümer für den Schaden
verantwortlich, der dadurch entsteht, daß in Folge seines Verschuldens die
Sache verschlechtert wird, untergeht oder aus einem anderen Grunde von ihm
nicht herausgegeben werden kann.
§ 990. War der Besitzer bei
dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben, so haftet er dem Eigenthümer
von der Zeit des Erwerbes an nach den §§ 987, 989. Erfährt der Besitzer später,
daß er zum Besitze nicht berechtigt ist, so haftet er in gleicher Weise von der
Erlangung der Kenntniß an.
Eine weitergehende Haftung
des Besitzers wegen Verzugs bleibt unberührt.
§ 991. Leitet der Besitzer
das Recht zum Besitze von einem mittelbaren Besitzer ab, so finden die
Vorschriften des § 990 in Ansehung der Nutzungen nur Anwendung, wenn die
Voraussetzungen des § 990 auch bei dem mittelbaren Besitzer vorliegen oder diesem
gegenüber die Rechtshängigkeit eingetreten ist.
War der Besitzer bei dem
Erwerbe des Besitzes in gutem Glauben, so hat er gleichwohl von dem Erwerb an
den im § 989 bezeichneten Schaden dem Eigenthümer gegenüber insoweit zu
vertreten, als er dem mittelbaren Besitzer verantwortlich ist.
§ 992. Hat sich der
Besitzer durch verbotene Eigenmacht oder durch eine strafbare Handlung den
Besitz verschafft, so haftet er dem Eigenthümer nach den Vorschriften über den
Schadensersatz wegen unerlaubter Handlungen.
§ 993. Liegen die in den §§
987 bis 992 bezeichneten Voraussetzungen nicht vor, so hat der Besitzer die
gezogenen Früchte, soweit sie nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft
nicht als Ertrag der Sache anzusehen sind, nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben; im Uebrigen ist er weder
zur Herausgabe von Nutzungen noch zum Schadensersatze verpflichtet.
Für die Zeit, für welche
dem Besitzer die Nutzungen verbleiben, finden auf ihn die Vorschriften des §
101 Anwendung.
§ 994. Der Besitzer kann
für die auf die Sache gemachten nothwendigen Verwendungen von dem Eigenthümer
Ersatz verlangen. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten sind ihm jedoch für die
Zeit, für welche ihm die Nutzungen verbleiben, nicht zu ersetzen.
Macht der Besitzer nach dem
Eintritte der Rechtshängigkeit oder nach dem Beginne der im § 990 bestimmten
Haftung nothwendige Verwendungen, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des
Eigenthümers nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
§ 995. Zu den nothwendigen
Verwendungen im Sinne des § 994 gehören auch die Aufwendungen, die der Besitzer
zur Bestreitung von Lasten der Sache macht. Für die Zeit, für welche dem
Besitzer die Nutzungen verbleiben, sind ihm nur die Aufwendungen für solche
außerordentliche Lasten zu ersetzen, die als auf den Stammwerth der Sache
gelegt anzusehen sind.
§ 996. Für andere als
nothwendige Verwendungen kann der Besitzer Ersatz nur insoweit verlangen, als
sie vor dem Eintritte der Rechtshängigkeit und vor dem Beginne der im § 990
bestimmten Haftung gemacht werden und der Werth der Sache durch sie noch zu der
Zeit erhöht ist, zu welcher der Eigenthümer die Sache wiedererlangt.
§ 997. Hat der Besitzer mit
der Sache eine andere Sache als wesentlichen Bestandtheil verbunden, so kann er
sie abtrennen und sich aneignen. Die Vorschriften des § 258 finden Anwendung.
Das Recht zur Abtrennung
ist ausgeschlossen, wenn der Besitzer nach § 994 Abs. 1 Satz 2 für die
Verwendung Ersatz nicht verlangen kann oder die Abtrennung für ihn keinen
Nutzen hat oder ihm mindestens der Werth ersetzt wird, den der Bestandtheil
nach der Abtrennung für ihn haben würde.
§ 998. Ist ein
landwirthschaftliches Grundstück herauszugeben, so hat der Eigenthümer die
Kosten, die der Besitzer auf die noch nicht getrennten, jedoch nach den Regeln
einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor dem Ende des Wirthschaftsjahrs zu
trennenden Früchte verwendet hat, insoweit zu ersetzen, als sie einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft entsprechen und den Werth dieser Früchte nicht
übersteigen.
§ 999. Der Besitzer kann
für die Verwendungen eines Vorbesitzers, dessen Rechtsnachfolger er geworden
ist, in demselben Umfang Ersatz verlangen, in welchem ihn der Vorbesitzer
fordern könnte, wenn er die Sache herauszugeben hätte.
Die Verpflichtung des
Eigenthümers zum Ersatze von Verwendungen erstreckt sich auch auf die
Verwendungen, die gemacht worden sind, bevor er das Eigenthum erworben hat.
§ 1000. Der Besitzer kann
die Herausgabe der Sache verweigern, bis er wegen der ihm zu ersetzenden
Verwendungen befriedigt wird. Das Zurückbehaltungsrecht steht ihm nicht zu,
wenn er die Sache durch eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung erlangt
hat.
§ 1001. Der Besitzer kann
den Anspruch auf den Ersatz der Verwendungen nur geltend machen, wenn der
Eigenthümer die Sache wiedererlangt oder die Verwendungen genehmigt. Bis zur
Genehmigung der Verwendungen kann sich der Eigenthümer von dem Anspruche
dadurch befreien, daß er die wiedererlangte Sache zurückgiebt. Die Genehmigung
gilt als ertheilt, wenn der Eigenthümer die ihm von dem Besitzer unter
Vorbehalt des Anspruchs angebotene Sache annimmt.
§ 1002. Giebt der Besitzer
die Sache dem Eigenthümer heraus, so erlischt der Anspruch auf den Ersatz der
Verwendungen mit dem Ablauf eines Monats, bei einem Grundstücke mit dem Ablaufe
von sechs Monaten nach der Herausgabe, wenn nicht vorher die gerichtliche
Geltendmachung erfolgt oder der Eigenthümer die Verwendungen genehmigt.
Auf diese Fristen finden
die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206, 207
entsprechende Anwendung.
§ 1003. Der Besitzer kann
den Eigenthümer unter Angabe des als Ersatz verlangten Betrags auffordern, sich
innerhalb einer von ihm bestimmten angemessenen Frist darüber zu erklären, ob
er die Verwendungen genehmige. Nach dem Ablaufe der Frist ist der Besitzer
berechtigt, Befriedigung aus der Sache nach den Vorschriften über den
Pfandverkauf, bei einem Grundstücke nach den Vorschriften über die
Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen zu suchen, wenn nicht die Genehmigung
rechtzeitig erfolgt.
Bestreitet der Eigenthümer
den Anspruch vor dem Ablaufe der Frist, so kann sich der Besitzer aus der Sache
erst dann befriedigen, wenn er nach rechtskräftiger Feststellung des Betrags
der Verwendungen den Eigenthümer unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur
Erklärung aufgefordert hat und die Frist verstrichen ist; das Recht auf
Befriedigung aus der Sache ist ausgeschlossen, wenn die Genehmigung rechtzeitig
erfolgt.
§ 1004. Wird das Eigenthum
in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes
beeinträchtigt, so kann der Eigenthümer von dem Störer die Beseitigung der
Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so
kann der Eigenthümer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen,
wenn der Eigenthümer zur Duldung verpflichtet ist.
§ 1005. Befindet sich eine
Sache auf einem Grundstücke, das ein Anderer als der Eigenthümer der Sache
besitzt, so steht diesem gegen den Besitzer des Grundstücks der im § 867
bestimmte Anspruch zu.
§ 1006. Zu Gunsten des
Besitzers einer beweglichen Sache wird vermuthet, daß er Eigenthümer der Sache
sei. Dies gilt jedoch nicht einem früheren Besitzer gegenüber, dem die Sache
gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen ist, es sei
denn, daß es sich um Geld oder Inhaberpapiere handelt.
Zu Gunsten eines früheren
Besitzers wird vermuthet, daß er während der Dauer seines Besitzes Eigenthümer
der Sache gewesen sei.
Im Falle eines mittelbaren
Besitzes gilt die Vermuthung für den mittelbaren Besitzer.
§ 1007. Wer eine bewegliche
Sache im Besitze gehabt hat, kann von dem Besitzer die Herausgabe der Sache
verlangen, wenn dieser bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in gutem Glauben war.
Ist die Sache dem früheren
Besitzer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen, so
kann er die Herausgabe auch von einem gutgläubigen Besitzer verlangen, es sei
denn, daß dieser Eigenthümer der Sache ist oder die Sache ihm vor der
Besitzzeit des früheren Besitzers abhanden gekommen war. Auf Geld und
Inhaberpapiere findet diese Vorschrift keine Anwendung.
Der Anspruch ist
ausgeschlossen, wenn der frühere Besitzer bei dem Erwerbe des Besitzes nicht in
gutem Glauben war oder wenn er den Besitz aufgegeben hat. Im Uebrigen finden
die Vorschriften der §§ 986 bis 1003 entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Miteigenthum.
§ 1008. Steht das Eigenthum
an einer Sache Mehreren nach Bruchtheilen zu, so gelten die Vorschriften der §§
1009 bis 1011.
§ 1009. Die
gemeinschaftliche Sache kann auch zu Gunsten eines Miteigenthümers belastet
werden.
Die Belastung eines
gemeinschaftlichen Grundstücks zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines
anderen Grundstücks sowie die Belastung eines anderen Grundstücks zu Gunsten
der jeweiligen Eigenthümer des gemeinschaftlichen Grundstücks wird nicht
dadurch ausgeschlossen, daß das andere Grundstück einem Miteigenthümer des
gemeinschaftlichen Grundstücks gehört.
§ 1010. Haben die
Miteigenthümer eines Grundstücks die Verwaltung und Benutzung geregelt oder das
Recht, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit
ausgeschlossen oder eine Kündigungsfrist bestimmt, so wirkt die getroffene
Bestimmung gegen den Sondernachfolger eines Miteigenthümers nur, wenn sie als
Belastung des Antheils im Grundbuch eingetragen ist.
Die in den §§ 755, 756
bestimmten Ansprüche können gegen den Sondernachfolger eines Miteigenthümers
nur geltend gemacht werden, wenn sie im Grundbuch eingetragen sind.
§ 1011. Jeder
Miteigenthümer kann die Ansprüche aus dem Eigenthume Dritten gegenüber in
Ansehung der ganzen Sache geltend machen, den Anspruch auf Herausgabe jedoch
nur in Gemäßheit des § 432.
Vierter Abschnitt.
Erbbaurecht.
§ 1012. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
§ 1013. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
§ 1014. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
§ 1015. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
§ 1016. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
§ 1017. Anm.:
Aufgehoben durch § 35, RGBl 1919/S. 72 – ErbbauVO.
Fünfter Abschnitt.
Dienstbarkeiten.
Erster Titel.
Grunddienstbarkeiten.
§ 1018. Ein Grundstück kann
zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks in der Weise
belastet werden, daß dieser das Grundstück in einzelnen Beziehungen benutzen
darf oder daß auf dem Grundstücke gewisse Handlungen nicht vorgenommen werden
dürfen oder daß die Ausübung eines Rechtes ausgeschlossen ist, das sich aus dem
Eigenthum an dem belasteten Grundstücke dem anderen Grundstücke gegenüber
ergiebt (Grunddienstbarkeit).
§ 1019. Eine
Grunddienstbarkeit kann nur in einer Belastung bestehen, die für die Benutzung
des Grundstücks des Berechtigten Vortheil bietet. Ueber das sich hieraus
ergebende Maß hinaus kann der Inhalt der Dienstbarkeit nicht erstreckt werden.
§ 1020. Bei der Ausübung
einer Grunddienstbarkeit hat der Berechtigte das Interesse des Eigenthümers des
belasteten Grundstücks thunlichst zu schonen. Hält er zur Ausübung der
Dienstbarkeit auf dem belasteten Grundstück eine Anlage, so hat er sie in
ordnungsmäßigem Zustande zu erhalten, soweit das Interesse des Eigenthümers es
erfordert.
§ 1021. Gehört zur Ausübung
einer Grunddienstbarkeit eine Anlage auf dem belasteten Grundstücke, so kann
bestimmt werden, daß der Eigenthümer dieses Grundstücks die Anlage zu
unterhalten hat, soweit das Interesse des Berechtigten es erfordert. Steht dem
Eigenthümer das Recht zur Mitbenutzung der Anlage zu, so kann bestimmt werden,
daß der Berechtigte die Anlage zu unterhalten hat, soweit es für das Benutzungsrecht
des Eigenthümers erforderlich ist.
Auf eine solche
Unterhaltungspflicht finden die Vorschriften über die Reallasten entsprechende
Anwendung.
§ 1022. Besteht die
Grunddienstbarkeit in dem Rechte, auf einer baulichen Anlage des belasteten Grundstücks
eine bauliche Anlage zu halten, so hat, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist,
der Eigenthümer des belasteten Grundstücks seine Anlage zu unterhalten, soweit
das Interesse des Berechtigten es erfordert. Die Vorschrift des § 2021 Abs. 2
gilt auch für diese Unterhaltungspflicht.
§ 1023. Beschränkt sich die
jeweilige Ausübung einer Grunddienstbarkeit auf einen Theil des belasteten
Grundstücks, so kann der Eigenthümer die Verlegung der Ausübung auf eine
andere, für den Berechtigten ebenso geeignete Stelle verlangen, wenn die
Ausübung an der bisherigen Stelle für ihn besonders beschwerlich ist; die
Kosten der Verlegung hat er zu tragen und vorzuschießen. Dies gilt auch dann,
wenn der Theil des Grundstücks, auf den sich die Ausübung beschränkt, durch
Rechtsgeschäft bestimmt ist.
Das Recht auf die Verlegung
kann nicht durch Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§ 1024. Trifft eine
Grunddienstbarkeit mit einer anderen Grunddienstbarkeit oder einem sonstigen
Nutzungsrecht an dem Grundstücke dergestalt zusammen, daß die Rechte
nebeneinander nicht oder nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben
die Rechte gleichen Rang, so kann jeder Berechtigte eine den Interessen aller
Berechtigten nach billigem Ermessen entsprechende Regelung der Ausübung
verlangen.
§ 1025. Wird das Grundstück
des Berechtigten getheilt, so besteht die Grunddienstbarkeit für die einzelnen
Theile fort; die Ausübung ist jedoch im Zweifel nur in der Weise zulässig, daß
sie für den Eigenthümer des belasteten Grundstücks nicht beschwerlicher wird.
Gereicht die Dienstbarkeit nur einem der Theile zum Vortheile, so erlischt sie
für die übrigen Theile.
§ 1026. Wird das belastete
Grundstück getheilt, so werden, wenn die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf
einen bestimmten Theil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, die Theile,
welche außerhalb des Bereichs der Ausübung liegen, von der Dienstbarkeit frei.
§ 1027. Wird eine
Grunddienstbarkeit beeinträchtigt, so stehen dem Berechtigten die im § 1004
bestimmten Rechte zu.
§ 1028. Ist auf dem
belasteten Grundstück eine Anlage, durch welche die Grunddienstbarkeit
beeinträchtigt wird, errichtet worden, so unterliegt der Anspruch des
Berechtigten auf Beseitigung der Beeinträchtigung der Verjährung, auch wenn die
Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen ist. Mit der Verjährung des Anspruchs
erlischt die Dienstbarkeit, soweit der Bestand der Anlage mit ihr in
Widerspruch steht.
Die Vorschriften des § 892
finden keine Anwendung.
§ 1029. Wird der Besitzer
eines Grundstücks in der Ausübung einer für den Eigenthümer im Grundbuch
eingetragenen Grunddienstbarkeit gestört, so finden die für den Besitzschutz
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit die Dienstbarkeit
innerhalb eines Jahres vor der Störung, sei es auch nur einmal, ausgeübt worden
ist.
Zweiter Titel.
Nießbrauch.
I. Nießbrauch an Sachen.
§ 1030. Eine Sache kann in
der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung
erfolgt, berechtigt ist, die Nutzungen der Sache zu ziehen (Nießbrauch).
Der Nießbrauch kann durch
den Ausschluß einzelner Nutzungen beschränkt werden.
§ 1031. Mit dem Nießbrauch
an einem Grundstück erlangt der Nießbraucher den Nießbrauch an dem Zubehöre
nach den für den Erwerb des Eigenthums geltenden Vorschriften des § 926.
§ 1032. Zur Bestellung des
Nießbrauchs an einer beweglichen Sache ist erforderlich, daß der Eigenthümer
die Sache dem Erwerber übergiebt und beide darüber einig sind, daß diesem der
Nießbrauch zustehen soll. Die Vorschriften des § 929 Satz 2 und der §§ 930 bis
936 finden entsprechende Anwendung; in den Fällen des § 936 tritt nur die
Wirkung ein, daß der Nießbrauch dem Rechte des Dritten vorgeht.
§ 1033. Der Nießbrauch an
einer beweglichen Sache kann durch Ersitzung erworben werden. Die für den
Erwerb des Eigenthums durch Ersitzung geltenden Vorschriften finden
entsprechende Anwendung.
§ 1034. Der Nießbraucher
kann den Zustand der Sache auf seine Kosten durch Sachverständige feststellen
lassen. Das gleiche Recht steht dem Eigenthümer zu.
§ 1035. Bei dem Nießbrauch
an einem Inbegriffe von Sachen sind der Nießbraucher und der Eigenthümer
einander verpflichtet, zur Aufnahme eines Verzeichnisses der Sachen
mitzuwirken. Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der Aufnahme zu
versehen und von beiden Theilen zu unterzeichnen; jeder Theil kann verlangen,
daß die Unterzeichnung öffentlich beglaubigt wird. Jeder Theil kann auch
verlangen, daß das Verzeichniß durch die zuständige Behörde oder durch einen
zuständigen Beamten oder Notar aufgenommen wird. Die Kosten hat derjenige zu tragen
und vorzuschießen, welcher die Aufnahme oder die Beglaubigung verlangt.
§ 1036. Der Nießbraucher
ist zum Besitze der Sache berechtigt.
Er hat bei der Ausübung des
Nutzungsrechts die bisherige wirthschaftliche Bestimmung der Sache
aufrechtzuerhalten und nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zu
verfahren.
§ 1037. Der Nießbraucher
ist nicht berechtigt, die Sache umzugestalten oder wesentlich zu verändern.
Der Nießbraucher eines
Grundstücks darf neue Anlagen zur Gewinnung von Steinen, Kies, Sand, Lehm,
Thon, Mergel, Torf und sonstigen Bodenbestandtheilen errichten, sofern nicht
die wirthschaftliche Bestimmung des Grundstücks dadurch wesentlich verändert
wird.
§ 1038. Ist ein Wald
Gegenstand des Nießbrauchs, so kann sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher
verlangen, daß das Maß der Nutzung und die Art der wirthschaftlichen Behandlung
durch einen Wirthschaftsplan festgestellt werden. Tritt eine erhebliche
Aenderung der Umstände ein, so kann jeder Theil eine entsprechende Aenderung
des Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten hat jeder Theil zur Hälfte zu
tragen.
Das Gleiche gilt, wenn ein
Bergwerk oder eine andere auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen gerichtete
Anlage Gegenstand des Nießbrauchs ist.
§ 1039. Der Nießbraucher
erwirbt das Eigenthum auch an solchen Früchten, die er den Regeln einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder die er deshalb im Uebermaße zieht,
weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses nothwendig geworden ist. Er ist
jedoch, unbeschadet seiner Verantwortlichkeit für ein Verschulden,
verpflichtet, den Werth der Früchte dem Eigenthümer bei der Beendigung des
Nießbrauchs zu ersetzen und für die Erfüllung dieser Verpflichtung Sicherheit
zu leisten. Sowohl der Eigenthümer als der Nießbraucher kann verlangen, daß der
zu ersetzende Betrag zur Wiederherstellung der Sache insoweit verwendet wird,
als es einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht.
Wird die Verwendung zur
Wiederherstellung der Sache nicht verlangt, so fällt die Ersatzpflicht weg,
soweit durch den ordnungswidrigen oder den übermäßigen Fruchtbezug die dem
Nießbraucher gebührenden Nutzungen beeinträchtigt werden.
§ 1040. Das Recht des
Nießbrauchers erstreckt sich nicht auf den Antheil des Eigenthümers an einem
Schatze, der in der Sache gefunden wird.
§ 1041. Der Nießbraucher
hat für die Erhaltung der Sache in ihrem wirthschaftlichen Bestande zu sorgen.
Ausbesserungen und Erneuerungen liegen ihm nur insoweit ob, als sie zu der
gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören.
§ 1042. Wird die Sache
zerstört oder beschädigt oder wird eine außergewöhnliche Ausbesserung oder
Erneuerung der Sache oder eine Vorkehrung zum Schutze der Sache gegen eine
nicht vorhergesehene Gefahr erforderlich, so hat der Nießbraucher dem
Eigenthümer unverzüglich Anzeige zu machen. Das Gleiche gilt, wenn sich ein
Dritter ein Recht an der Sache anmaßt.
§ 1043. Nimmt der
Nießbraucher eines Grundstücks eine erforderlich gewordene außergewöhnliche
Ausbesserung oder Erneuerung selbst vor, so darf er zu diesem Zwecke innerhalb
der Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft auch Bestandtheile des
Grundstücks verwenden, die nicht zu den ihm gebührenden Früchten gehören.
§ 1044. Nimmt der
Nießbraucher eine erforderlich gewordene Ausbesserung oder Erneuerung der Sache
nicht selbst vor, so hat er dem Eigenthümer die Vornahme und, wenn ein
Grundstück Gegenstand des Nießbrauchs ist, die Verwendung der im § 1043
bezeichneten Bestandtheile des Grundstücks zu gestatten.
§ 1045. Der Nießbraucher
hat die Sache für die Dauer des Nießbrauchs gegen Brandschaden und sonstige
Unfälle auf seine Kosten unter Versicherung zu bringen, wenn die Versicherung
einer ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Die Versicherung ist so zu
nehmen, daß die Forderung gegen den Versicherer dem Eigenthümer zusteht.
Ist die Sache bereits
versichert, so fallen die für die Versicherung zu leistenden Zahlungen dem
Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs zur Last, soweit er zur Versicherung
verpflichtet sein würde.
§ 1046. An der Forderung
gegen den Versicherer steht dem Nießbraucher der Nießbrauch nach den
Vorschriften zu, die für den Nießbrauch an einer auf Zinsen ausstehenden
Forderung gelten.
Tritt ein unter die
Versicherung fallender Schaden ein, so kann sowohl der Eigenthümer als der
Nießbraucher verlangen, daß die Versicherungssumme zur Wiederherstellung der
Sache oder zur Beschaffung eines Ersatzes insoweit verwendet wird, als es einer
ordnungsmäßigen Wirthschaft entspricht. Der Eigenthümer kann die Verwendung
selbst besorgen oder dem Nießbraucher überlassen.
§ 1047. Der Nießbraucher
ist dem Eigenthümer gegenüber verpflichtet, für die Dauer des Nießbrauchs die
auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der außerordentlichen
Lasten, die als auf den Stammwerth der Sache gelegt anzusehen sind, sowie
diejenigen privatrechtlichen Lasten zu tragen, welche schon zur Zeit der
Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache ruhten, insbesondere die Zinsen der
Hypothekenforderungen und Grundschulden sowie die auf Grund einer Rentenschuld
zu entrichtenden Leistungen.
§ 1048. Ist ein Grundstück
sammt Inventar Gegenstand des Nießbrauchs; so kann der Nießbraucher über die
einzelnen Stücke des Inventars innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft verfügen. Er hat für den gewöhnlichen Abgang sowie für die nach den
Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft ausscheidenden Stücke Ersatz zu
beschaffen; die von ihm angeschafften Stücke werden mit der Einverleibung in
das Inventar Eigenthum desjenigen, welchem das Inventar gehört.
Uebernimmt der Nießbraucher
das Inventar zum Schätzungswerthe mit der Verpflichtung, es bei der Beendigung
des Nießbrauchs zum Schätzungswerthe zurückzugewähren, so finden die
Vorschriften der §§ 588, 589 entsprechende Anwendung.
§ 1049. Macht der
Nießbraucher Verwendungen auf die Sache, zu denen er nicht verpflichtet ist, so
bestimmt sich die Ersatzpflicht des Eigenthümers nach den Vorschriften über die
Geschäftsführung ohne Auftrag.
Der Nießbraucher ist
berechtigt, eine Einrichtung, mit der er die Sache versehen hat, wegzunehmen.
§ 1050. Veränderungen oder
Verschlechterungen der Sache, welche durch die ordnungsmäßige Ausübung des
Nießbrauchs herbeigeführt werden, hat der Nießbraucher nicht zu vertreten.
§ 1051. Wird durch das
Verhalten des Nießbrauchers die Besorgniß einer erheblichen Verletzung der
Rechte des Eigenthümers begründet, so kann der Eigenthümer Sicherheitsleistung
verlangen.
§ 1052. Ist der
Nießbraucher zur Sicherheitsleistung rechtskräftig verurtheilt, so kann der
Eigenthümer statt der Sicherheitsleistung verlangen, daß die Ausübung des
Nießbrauchs für Rechnung des Nießbrauchers einem von dem Gerichte zu
bestellenden Verwalter übertragen wird. Die Anordnung der Verwaltung ist nur
zulässig, wenn dem Nießbraucher auf Antrag des Eigenthümers von dem Gericht
eine Frist zur Sicherheitsleistung bestimmt worden und die Frist verstrichen
ist; sie ist unzulässig, wenn die Sicherheit vor dem Ablaufe der Frist
geleistet wird.
Der Verwalter steht unter
der Aufsicht des Gerichts wie ein für die Zwangsverwaltung eines Grundstücks
bestellter Verwalter. Verwalter kann auch der Eigenthümer sein.
Die Verwaltung ist
aufzuheben, wenn die Sicherheit nachträglich geleistet wird.
§ 1053. Macht der
Nießbraucher einen Gebrauch von der Sache, zu dem er nicht befugt ist, und
setzt er den Gebrauch ungeachtet einer Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann
der Eigenthümer auf Unterlassung klagen.
§ 1054. Verletzt der
Nießbraucher die Rechte des Eigenthümers in erheblichem Maße und setzt er das
verletzende Verhalten ungeachtet einer Abmahnung des Eigenthümers fort, so kann
der Eigenthümer die Anordnung einer Verwaltung nach § 1052 verlangen.
§ 1055. Der Nießbraucher
ist verpflichtet, die Sache nach der Beendigung des Nießbrauchs dem Eigenthümer
zurückzugeben.
Bei dem Nießbrauch an einem
landwirthschaftlichen Grundstücke finden die Vorschriften der §§ 591, 592, bei
dem Nießbrauch an einem Landgute finden die Vorschriften der §§ 591 bis 593
entsprechende Anwendung.
§ 1056. Hat der
Nießbraucher ein Grundstück über die Dauer des Nießbrauchs hinaus vermiethet
oder verpachtet, so finden nach der Beendigung des Nießbrauchs die für den Fall
der Veräußerung geltenden Vorschriften der §§ 571, 572, des § 573 Satz 1 und
der §§ 574 bis 576, 579 entsprechende Anwendung.
Der Eigenthümer ist
berechtigt, das Mieth- oder Pachtverhältniß unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist zu kündigen. Verzichtet der Nießbraucher auf den Nießbrauch, so
ist die Kündigung erst von der Zeit an zulässig, zu welcher der Nießbrauch ohne
den Verzicht erlöschen würde.
Der Miether oder der
Pächter ist berechtigt, den Eigenthümer unter Bestimmung einer angemessenen
Frist zur Erklärung darüber aufzufordern, ob er von dem Kündigungsrechte
Gebrauch mache. Die Kündigung kann nur bis zum Ablaufe der Frist erfolgen.
§ 1057. Die Ersatzansprüche
des Eigenthümers wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Sache sowie
die Ansprüche des Nießbrauchers auf Ersatz von Verwendungen oder auf Gestattung
der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die Vorschriften des
§ 558 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 1058. Im Verhältnisse
zwischen dem Nießbraucher und dem Eigenthümer gilt zu Gunsten des Nießbrauchers
der Besteller als Eigenthümer, es sei denn, daß der Nießbraucher weiß, daß der
Besteller nicht Eigenthümer ist.
§ 1059. Der Nießbrauch ist
nicht übertragbar. Die Ausübung des Nießbrauchs kann einem Anderen überlassen
werden.
§ 1060. Trifft ein
Nießbrauch mit einem anderen Nießbrauch oder mit einem sonstigen Nutzungsrecht
an der Sache dergestalt zusammen, daß die Rechte neben einander nicht oder
nicht vollständig ausgeübt werden können, und haben die Rechte gleichen Rang,
so findet die Vorschrift des § 1024 Anwendung.
§ 1061. Der Nießbrauch
erlischt mit dem Tode des Nießbrauchers. Steht der Nießbrauch einer
juristischen Person zu, so erlischt er mit dieser.
§ 1062. Wird der Nießbrauch
an einem Grundstücke durch Rechtsgeschäft aufgehoben, so erstreckt sich die
Aufhebung im Zweifel auf den Nießbrauch an dem Zubehöre.
§ 1063. Der Nießbrauch an
einer beweglichen Sache erlischt, wenn er mit dem Eigenthum in derselben Person
zusammentrifft.
Der Nießbrauch gilt als
nicht erloschen, soweit der Eigenthümer ein rechtliches Interesse an dem
Fortbestehen des Nießbrauchs hat.
§ 1064. Zur Aufhebung des
Nießbrauchs an einer beweglichen Sache durch Rechtsgeschäft genügt die
Erklärung des Nießbrauchers gegenüber dem Eigenthümer oder dem Besteller, daß
er den Nießbrauch aufgebe.
§ 1065. Wird das Recht des
Nießbrauchers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Nießbrauchers die
für die Ansprüche aus dem Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende
Anwendung.
§ 1066. Besteht ein
Nießbrauch an dem Antheil eines Miteigenthümers, so übt der Nießbraucher die
Rechte aus, die sich aus der Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der
Verwaltung der Sache und der Art ihrer Benutzung ergeben.
Die Aufhebung der
Gemeinschaft kann nur von dem Miteigenthümer und dem Nießbraucher
gemeinschaftlich verlangt werden.
Wird die Gemeinschaft
aufgehoben, so gebührt dem Nießbraucher der Nießbrauch an den Gegenständen,
welche an die Stelle des Antheils treten.
§ 1067. Sind verbrauchbare
Sachen Gegenstand des Nießbrauchs, so wird der Nießbraucher Eigenthümer der
Sachen; nach der Beendigung des Nießbrauchs hat er dem Besteller den Werth zu
ersetzen, den die Sachen zur Zeit der Bestellung hatten. Sowohl der Besteller
als der Nießbraucher kann den Werth auf seine Kosten durch Sachverständige
feststellen lassen.
Der Besteller kann
Sicherheitsleistung verlangen, wenn der Anspruch auf Ersatz des Werthes
gefährdet ist.
II. Nießbrauch an Rechten.
§ 1068. Gegenstand des
Nießbrauchs kann auch ein Recht sein.
Auf den Nießbrauch an
Rechten finden die Vorschriften über den Nießbrauch an Sachen entsprechende
Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1069 bis 1084 ein Anderes ergiebt.
§ 1069. Die Bestellung des
Nießbrauchs an einem Rechte erfolgt nach den für die Uebertragung des Rechtes
geltenden Vorschriften.
An einem Rechte, das nicht
übertragbar ist, kann ein Nießbrauch nicht bestellt werden.
§ 1070. Ist ein Recht,
kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Nießbrauchs,
so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Nießbraucher und dem
Verpflichteten die Vorschriften entsprechende Anwendung, welche im Falle der
Uebertragung des Rechtes für das Rechtsverhältniß zwischen dem Erwerber und dem
Verpflichteten gelten.
Wird die Ausübung des
Nießbrauchs nach § 1052 einem Verwalter übertragen, so ist die Uebertragung dem
Verpflichteten gegenüber erst wirksam, wenn er von der getroffenen Anordnung
Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine Mittheilung von der Anordnung zugestellt
wird. Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Verwaltung.
§ 1071. Ein dem Nießbrauch
unterliegendes Recht kann durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des
Nießbrauchers aufgehoben werden. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu
erklären, zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich. Die Vorschrift
des § 876 Satz 3 bleibt unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle
einer Aenderung des Rechtes, sofern sie den Nießbrauch beeinträchtigt.
§ 1072. Die Beendigung des
Nießbrauchs tritt nach den Vorschriften der §§ 1063, 1064 auch dann ein, wenn
das dem Nießbrauch unterliegende Recht nicht ein Recht an einer beweglichen
Sache ist.
§ 1073. Dem Nießbraucher
einer Leibrente, eines Auszugs oder eines ähnlichen Rechtes gebühren die
einzelnen Leistungen, die auf Grund des Rechtes gefordert werden können.
§ 1074. Der Nießbraucher
einer Forderung ist zur Einziehung der Forderung und, wenn die Fälligkeit von
einer Kündigung des Gläubigers abhängt, zur Kündigung berechtigt. Er hat für
die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen. Zu anderen Verfügungen über die
Forderung ist er nicht berechtigt.
§ 1075. Mit der Leistung
des Schuldners an den Nießbraucher erwirbt der Gläubiger den geleisteten
Gegenstand und der Nießbraucher den Nießbrauch an dem Gegenstande.
Werden verbrauchbare Sachen
geleistet, so erwirbt der Nießbraucher das Eigenthum; die Vorschriften des §
1067 finden entsprechende Anwendung.
§ 1076. Ist eine auf Zinsen
ausstehende Forderung Gegenstand des Nießbrauchs, so gelten die Vorschriften
der §§ 1077 bis 1079.
§ 1077. Der Schuldner kann
das Kapital nur an den Nießbraucher und den Gläubiger gemeinschaftlich zahlen.
Jeder von beiden kann verlangen, daß an sie gemeinschaftlich gezahlt wird;
jeder kann statt der Zahlung die Hinterlegung für beide fordern.
Der Nießbraucher und der
Gläubiger können nur gemeinschaftlich kündigen. Die Kündigung des Schuldners
ist nur wirksam, wenn sie dem Nießbraucher und dem Gläubiger erklärt wird.
§ 1078. Ist die Forderung
fällig, so sind der Nießbraucher und der Gläubiger einander verpflichtet, zur
Einziehung mitzuwirken. Hängt die Fälligkeit von einer Kündigung ab, so kann
jeder Theil die Mitwirkung des anderen zur Kündigung verlangen, wenn die
Einziehung der Forderung wegen Gefährdung ihrer Sicherheit nach den Regeln
einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung geboten ist.
§ 1079. Der Nießbraucher
und der Gläubiger sind einander verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß das eingezogene Kapital nach den für die Anlegung von
Mündelgeld geltenden Vorschriften verzinslich angelegt und gleichzeitig dem
Nießbraucher der Nießbrauch bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der
Nießbraucher.
§ 1080. Die Vorschriften
über den Nießbrauch an einer Forderung gelten auch für den Nießbrauch an einer
Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§ 1081. Ist ein
Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das mit Blankoindossament versehen ist,
Gegenstand des Nießbrauchs, so steht der Besitz des Papiers und des zu dem
Papiere gehörenden Erneuerungsscheins dem Nießbraucher und dem Eigenthümer
gemeinschaftlich zu. Der Besitz der zu dem Papiere gehörenden Zins-, Renten-
oder Gewinnantheilscheine steht dem Nießbraucher zu.
Zur Bestellung des
Nießbrauchs genügt an Stelle der Uebergabe des Papiers die Einräumung des
Mitbesitzes.
§ 1082. Das Papier ist
nebst dem Erneuerungsschein auf Verlangen des Nießbrauchers oder des
Eigenthümers bei einer Hinterlegungsstelle mit der Bestimmung zu hinterlegen,
daß die Herausgabe nur von dem Nießbraucher und dem Eigenthümer
gemeinschaftlich verlangt werden kann. Der Nießbraucher kann auch Hinterlegung
bei der Reichsbank verlangen.
§ 1083. Der Nießbraucher
und der Eigenthümer des Papiers sind für einander verpflichtet, zur Einziehung
des fälligen Kapitals, zur Beschaffung neuer Zins-, Renten- oder
Gewinnantheilscheine sowie zu sonstigen Maßnahmen mitzuwirken, die zur
ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung erforderlich sind.
Im Falle der Einlösung des
Papiers finden die Vorschriften des § 1079 Anwendung. Eine bei der Einlösung
gezahlte Prämie gilt als Theil des Kapitals.
§ 1084. Gehört ein
Inhaberpapier oder ein Orderpapier, das mit Blankoindossament versehen ist,
nach § 92 zu den verbrauchbaren Sachen, so bewendet es bei den Vorschriften des
§ 1067.
III. Nießbrauch an einem
Vermögen.
§ 1085. Der Nießbrauch an
dem Vermögen einer Person kann nur in der Weise bestellt werden, daß der
Nießbraucher den Nießbrauch an den einzelnen zu dem Vermögen gehörenden
Gegenständen erlangt. Soweit der Nießbrauch bestellt ist, gelten die
Vorschriften der §§ 1086 bis 1088.
§ 1086. Die Gläubiger des
Bestellers können, soweit ihre Forderungen vor der Bestellung entstanden sind,
ohne Rücksicht auf den Nießbrauch Befriedigung aus den dem Nießbrauch
unterliegenden Gegenständen verlangen. Hat der Nießbraucher das Eigenthum an
verbrauchbaren Sachen erlangt, so tritt an die Stelle der Sachen der Anspruch
des Bestellers auf Ersatz des Werthes; der Nießbraucher ist den Gläubigern
gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§ 1087. Der Besteller kann,
wenn eine vor der Bestellung entstandene Forderung fällig ist, von dem
Nießbraucher Rückgabe der zur Befriedigung des Gläubigers erforderlichen
Gegenstände verlangen. Die Auswahl steht ihm zu; er kann jedoch nur die
vorzugsweise geeigneten Gegenstände auswählen. Soweit die zurückgegebenen
Gegenstände ausreichen, ist der Besteller dem Nießbraucher gegenüber zur
Befriedigung des Gläubigers verpflichtet.
Der Nießbraucher kann die
Verbindlichkeit durch Leistung des geschuldeten Gegenstandes erfüllen. Gehört
der geschuldete Gegenstand nicht zu dem Vermögen, das dem Nießbrauch
unterliegt, so ist der Nießbraucher berechtigt, zum Zwecke der Befriedigung des
Gläubigers einen zu dem Vermögen gehörenden Gegenstand zu veräußern, wenn die
Befriedigung durch den Besteller nicht ohne Gefahr abgewartet werden kann. Er
hat einen vorzugsweise geeigneten Gegenstand auszuwählen. Soweit er zum Ersatze
des Werthes verbrauchbarer Sachen verpflichtet ist, darf er eine Veräußerung
nicht vornehmen.
§ 1088. Die Gläubiger des
Bestellers, deren Forderungen schon zur Zeit der Bestellung verzinslich waren,
können die Zinsen für die Dauer des Nießbrauchs auch von dem Nießbraucher
verlangen. Das Gleiche gilt von anderen wiederkehrenden Leistungen, die bei
ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden,
wenn die Forderung vor der Bestellung des Nießbrauchs entstanden ist.
Die Haftung des Nießbrauchs
kann nicht durch Vereinbarung zwischen ihm und dem Besteller ausgeschlossen
oder beschränkt werden.
Der Nießbraucher ist dem
Besteller gegenüber zur Befriedigung der Gläubiger wegen der im Abs. 1 bezeichneten
Ansprüche verpflichtet. Die Rückgabe von Gegenständen zum Zwecke der
Befriedigung kann der Besteller nur verlangen, wenn der Nießbraucher mit der
Erfüllung dieser Verbindlichkeit in Verzug kommt.
§ 1089. Die Vorschriften
der §§ 1085 bis 1088 finden auf den Nießbrauch an einer Erbschaft entsprechende
Anwendung.
Dritter Titel.
Beschränkte persönliche
Dienstbarkeiten.
§ 1090. Ein Grundstück kann
in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung
erfolgt, berechtigt ist, das Grundstück in einzelnen Beziehungen zu benutzen,
oder daß ihm eine sonstige Befugniß zusteht, die den Inhalt einer
Grunddienstbarkeit bilden kann (beschränkte persönliche Dienstbarkeit).
Die Vorschriften der §§
1020 bis 1024, 1026 bis 1029, 1061 finden entsprechende Anwendung.
§ 1091. Der Umfang einer
beschränkten persönlichen Dienstbarkeit bestimmt sich im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnisse des Berechtigten.
§ 1092. Eine beschränkte
persönliche Dienstbarkeit ist nicht übertragbar. Die Ausübung der Dienstbarkeit
kann einem Anderen nur überlassen werden, wenn die Ueberlassung gestattet ist.
§ 1093. Als beschränkte
persönliche Dienstbarkeit kann auch das Recht bestellt werden, ein Gebäude oder
einen Theil eines Gebäudes unter Ausschluß des Eigenthümers als Wohnung zu
benutzen. Auf dieses Recht finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften
der §§ 1031, 1034, 1036, des § 1037 Abs. 1 und der §§ 1041, 1042, 1044, 1049,
1050, 1057, 1062 entsprechende Anwendung.
Der Berechtigte ist befugt,
seine Familie sowie die zur standesmäßigen Bedienung und zur Pflege
erforderlichen Personen in die Wohnung aufzunehmen.
Ist das Recht auf einen
Theil des Gebäudes beschränkt, so kann der Berechtigte die zum
gemeinschaftlichen Gebrauche der Bewohner bestimmten Anlagen und Einrichtungen
mitbenutzen.
Sechster Abschnitt.
Vorkaufsrecht.
§ 1094. Ein Grundstück kann
in der Weise belastet werden, daß derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung
erfolgt, dem Eigenthümer gegenüber zum Vorkaufe berechtigt ist.
Das Vorkaufsrecht kann auch
zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt
werden.
§ 1095. Ein Bruchtheil
eines Grundstücks kann mit dem Vorkaufsrechte nur belastet werden, wenn er in
dem Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§ 1096. Das Vorkaufsrecht
kann auf das Zubehör erstreckt werden, das mit dem Grundstücke verkauft wird.
Im Zweifel ist anzunehmen, daß sich das Vorkaufsrecht auf dieses Zubehör
erstrecken soll.
§ 1097. Das Vorkaufsrecht
beschränkt sich auf den Fall des Verkaufs durch den Eigenthümer, welchem das
Grundstück zur Zeit der Bestellung gehört, oder durch dessen Erben; es kann
jedoch auch für mehrere oder für alle Verkaufsfälle bestellt werden.
§ 1098. Das
Rechtsverhältniß zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten bestimmt sich
nach den Vorschriften der §§ 504 bis 514. Das Vorkaufsrecht kann auch dann
ausgeübt werden, wenn das Grundstück von dem Konkursverwalter aus freier Hand
verkauft wird.
Dritten gegenüber hat das
Vorkaufsrecht die Wirkung einer Vormerkung zur Sicherung des durch die Ausübung
des Rechtes entstehenden Anspruchs auf Uebertragung des Eigenthums.
§ 1099. Gelangt das
Grundstück in das Eigenthum eines Dritten, so kann dieser in gleicher Weise wie
der Verpflichtete dem Berechtigten den Inhalt des Kaufvertrags mit der im § 510
Abs. 2 bestimmten Wirkung mittheilen.
Der Verpflichtete hat den
neuen Eigenthümer zu benachrichtigen, sobald die Ausübung des Vorkaufsrechts
erfolgt oder ausgeschlossen ist.
§ 1100. Der neue
Eigenthümer kann, wenn er der Käufer oder ein Rechtsnachfolger des Käufers ist,
die Zustimmung zur Eintragung des Berechtigten als Eigenthümer und die
Herausgabe des Grundstücks verweigern, bis ihm der zwischen dem Verpflichteten
und dem Käufer vereinbarte Kaufpreis, soweit er berichtigt ist, erstattet wird.
Erlangt der Berechtigte die Eintragung als Eigenthümer, so kann der bisherige
Eigenthümer von ihm die Erstattung des berichtigten Kaufpreises gegen
Herausgabe des Grundstücks fordern.
§ 1101. Soweit der
Berechtigte nach § 1100 dem Käufer oder dessen Rechtsnachfolger den Kaufpreis
zu erstatten hat, wird er von der Verpflichtung zur Zahlung des aus dem
Vorkaufe geschuldeten Kaufpreises frei.
§ 1102. Verliert der Käufer
oder sein Rechtsnachfolger in Folge der Geltendmachung des Vorkaufsrechts das
Eigenthum, so wird der Käufer, soweit der von ihm geschuldete Kaufpreis noch
nicht berichtigt ist, von seiner Verpflichtung frei; den berichtigten Kaufpreis
kann er nicht zurückfordern.
§ 1103. Ein zu Gunsten des
jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht
von dem Eigenthum an diesem Grundstücke getrennt werden.
Ein zu Gunsten einer
bestimmten Person bestehendes Vorkaufsrecht kann nicht mit dem Eigenthum an
einem Grundstücke verbunden werden.
§ 1104. Ist der Berechtigte
unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte
ausgeschlossen werden, wenn die im § 1170 für die Ausschließung eines
Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Mit der Erlassung
des Ausschlußurtheils erlischt das Vorkaufsrecht.
Auf ein Vorkaufsrecht, das
zu Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks besteht, finden diese
Vorschriften keine Anwendung.
Siebenter Abschnitt.
Reallasten.
§ 1105. Ein Grundstück kann
in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die
Belastung erfolgt, wiederkehrende Leistungen aus dem Grundstücke zu entrichten
sind (Reallast).
Die Reallast kann auch zu
Gunsten des jeweiligen Eigenthümers eines anderen Grundstücks bestellt werden.
§ 1106. Ein Bruchtheil
eines Grundstücks kann mit einer Reallast nur belastet werden, wenn er in dem
Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§ 1107. Auf die einzelnen
Leistungen finden die für die Zinsen einer
Hypothekenforderung geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
§ 1108. Der Eigenthümer
haftet für die während der Dauer seines Eigenthums fällig werdenden Leistungen
auch persönlich, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist.
Wird das Grundstück
getheilt, so haften die Eigenthümer der einzelnen Theile als Gesammtschuldner.
§ 1109. Wird das Grundstück
des Berechtigten getheilt, so besteht die Reallast für die einzelnen Theile
fort. Ist die Leistung theilbar, so bestimmen sich die Antheile der Eigenthümer
nach dem Verhältnisse der Größe der Theile; ist sie nicht theilbar, so finden
die Vorschriften des § 432 Anwendung. Die Ausübung des Rechtes ist im Zweifel
nur in der Weise zulässig, daß sie für den Eigenthümer des belasteten
Grundstücks nicht beschwerlicher wird.
Der Berechtigte kann
bestimmen, daß das Recht nur mit einem der Theile verbunden sein soll. Die
Bestimmung hat dem Grundbuchamte gegenüber zu erfolgen und bedarf der
Eintragung in das Grundbuch; die Vorschriften der § 876, 878 finden
entsprechende Anwendung. Veräußert der Berechtigte einen Theil des Grundstücks,
ohne eine solche Bestimmung zu treffen, so bleibt das Recht mit dem Theile
verbunden, den er behält. Gereicht die Reallast nur einem der Theile zum
Vortheile, so bleibt sie mit diesem Theile allein verbunden.
§ 1110. Eine zu Gunsten des
jeweiligen Eigenthümers eines Grundstücks bestehende Reallast kann nicht von
dem Eigenthum an diesem Grundstücke getrennt werden.
§ 1111. Eine zu Gunsten
einer bestimmten Person bestehende Reallast kann nicht mit dem Eigenthum an
einem Grundstücke verbunden werden.
Ist der Anspruch auf die
einzelne Leistung nicht übertragbar, so kann das Recht nicht veräußert oder
belastet werden.
§ 1112. Ist der Berechtigte
unbekannt, so finden auf die Ausschließung seines Rechtes die Vorschriften des
§ 1104 entsprechende Anwendung.
Achter Abschnitt.
Hypothek. Grundschuld.
Rentenschuld.
Erster Titel.
Hypothek.
§ 1113. Ein Grundstück kann
in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die
Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme zur Befriedigung wegen einer ihm
zustehenden Forderung aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Hypothek).
Die Hypothek kann auch für
eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden.
§ 1114. Ein Bruchtheil
eines Grundstücks kann mit einer Hypothek nur belastet werden, wenn er in dem
Antheil eines Miteigenthümers besteht.
§ 1115. Bei der Eintragung
der Hypothek müssen der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die
Forderung verzinslich ist, der Zinssatz, wenn andere Nebenleistungen zu
entrichten sind, ihr Geldbetrag im Grundbuch angegeben werden; im Uebrigen kann
zur Bezeichnung der Forderung auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen
werden.
Bei der Eintragung der
Hypothek für ein Darlehen einer Kreditanstalt, deren Satzung von der
zuständigen Behörde öffentlich bekannt gemacht worden ist, genügt zur
Bezeichnung der außer den Zinsen satzungsgemäß zu entrichtenden Nebenleistungen
die Bezugnahme auf die Satzung.
§ 1116. Ueber die Hypothek
wird ein Hypothekenbrief ertheilt.
Die Ertheilung des Briefes
kann ausgeschlossen werden. Die Ausschließung kann auch nachträglich erfolgen.
Zu der Ausschließung ist die Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie
die Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des § 873 Abs. 2
und der §§ 876, 878 finden entsprechende Anwendung.
Die Ausschließung der
Ertheilung des Briefes kann aufgehoben werden; die Aufhebung erfolgt in
gleicher Weise wie die Ausschließung.
§ 1117. Der Gläubiger
erwirbt, sofern nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen ist,
die Hypothek erst, wenn ihm der Brief von dem Eigenthümer des Grundstücks
übergeben wird. Auf die Uebergabe finden die Vorschriften des § 929 Satz 2 und
der §§ 930, 931 Anwendung.
Durch die Uebergabe des
Briefes kann die Vereinbarung ersetzt werden, daß der Gläubiger berechtigt sein
soll, sich den Brief von dem Grundbuchamt aushändigen zu lassen.
Ist der Gläubiger im
Besitze des Briefes, so wird vermuthet, daß die Uebergabe erfolgt sei.
§ 1118. Kraft der Hypothek
haftet das Grundstück auch für die gesetzlichen Zinsen der Forderung sowie für
die Kosten der Kündigung und der die Befriedigung aus dem Grundstücke
bezweckenden Rechtsverfolgung.
§ 1119. Ist die Forderung
unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann die
Hypothek ohne Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten
dahin erweitert werden, daß das Grundstück für Zinsen bis zu fünf vom Hundert
haftet.
Zu einer Aenderung der
Zahlungszeit und des Zahlungsorts ist die Zustimmung dieser Berechtigten
gleichfalls nicht erforderlich.
§ 1120. Die Hypothek erstreckt
sich auf die von dem Grundstücke getrennten Erzeugnisse und sonstigen
Bestandtheile, soweit sie nicht mit der Trennung nach den §§ 954 bis 957 in das
Eigenthum eines Anderen als des Eigenthümers oder des Eigenbesitzers des
Grundstücks gelangt sind, sowie auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme
der Zubehörstücke, welche nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des
Grundstücks gelangt sind.
§ 1121. Erzeugnisse und
sonstige Bestandtheile des Grundstücks sowie Zubehörstücke werden von der
Haftung frei, wenn sie veräußert und von dem Grundstück entfernt werden, bevor
sie zu Gunsten des Gläubigers in Beschlag genommen worden sind.
Erfolgt die Veräußerung vor
der Entfernung, so kann sich der Erwerber dem Gläubiger gegenüber nicht darauf
berufen, daß er in Ansehung der Hypothek in gutem Glauben gewesen sei. Entfernt
der Erwerber die Sache von dem Grundstücke, so ist eine vor der Entfernung
erfolgte Beschlagnahme ihm gegenüber nur wirksam, wenn er bei der Entfernung in
Ansehung der Beschlagnahme nicht in gutem Glauben ist.
§ 1122. Sind die
Erzeugnisse oder Bestandtheile innerhalb der Grenzen einer ordnungsmäßigen
Wirthschaft von dem Grundstücke getrennt worden, so erlischt ihre Haftung auch
ohne Veräußerung, wenn sie vor der Beschlagnahme von dem Grundstück entfernt
werden, es sei denn, daß die Entfernung zu einem vorübergehenden Zwecke
erfolgt.
Zubehörstücke werden ohne
Veräußerung von der Haftung frei, wenn die Zubehöreigenschaft innerhalb der
Grenzen einer ordnungsmäßigen Wirthschaft vor der Beschlagnahme aufgehoben
wird.
§ 1123. Ist das Grundstück
vermiethet oder verpachtet, so erstreckt sich die Hypothek auf die Mieth- oder
Pachtzinsforderung.
Soweit die Forderung fällig
ist, wird sie mit dem Ablauf eines Jahres nach dem Eintritte der Fälligkeit von
der Haftung frei, wenn nicht vorher die Beschlagnahme zu Gunsten des
Hypothekengläubigers erfolgt. Ist der Mieth- oder Pachtzins im voraus zu
entrichten, so erstreckt sich die Befreiung nicht auf den Mieth- oder Pachtzins
für eine spätere Zeit als das zur Zeit der Beschlagnahme laufende
Kalendervierteljahr; erfolgt die Beschlagnahme innerhalb des letzten halben
Monats eines Kalendervierteljahrs, so erstreckt sich die Befreiung auch auf den
Miet- oder Pachtzins für das folgende Kalendervierteljahr.
§ 1124. Wird der Mieth-
oder Pachtzins eingezogen, bevor er zu Gunsten des Hypothekengläubigers in
Beschlag genommen worden ist, oder wird vor der Beschlagnahme in anderer Weise
über ihn verfügt, so ist die Verfügung dem Hypothekengläubiger gegenüber
wirksam. Besteht die Verfügung in der Uebertragung der Forderung auf einen
Dritten, so erlischt die Haftung der Forderung; erlangt ein Dritter ein Recht
an der Forderung, so geht es der Hypothek im Range vor.
Die Verfügung ist dem
Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam, soweit sie sich auf den Mieth- oder
Pachtzins für eine spätere Zeit als das zur Zeit der Beschlagnahme laufende
Kalendervierteljahr bezieht; erfolgt die Beschlagnahme innerhalb des letzten
halben Monats eines Kalendervierteljahrs, so ist die Verfügung jedoch insoweit
wirksam, als sie sich auf den Miet- oder Pachtzins für das folgende
Kalendervierteljahr bezieht.
Der Uebertragung der
Forderung auf einen Dritten steht es gleich, wenn das Grundstück ohne die
Forderung veräußert wird.
§ 1125. Soweit die Einziehung
des Mieth- oder Pachtzinses dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam ist,
kann der Miether oder der Pächter nicht eine ihm gegen den Vermiether oder den
Verpächter zustehende Forderung gegen den Hypothekengläubiger aufrechnen.
§ 1126. Ist mit dem Eigenthum
an dem Grundstück ein Recht auf wiederkehrende Leistungen verbunden, so
erstreckt sich die Hypothek auf die Ansprüche auf diese Leistungen. Die
Vorschriften des § 1123 Abs. 2 Satz 1, des § 1124 Abs. 1, 3 und des § 1125
finden entsprechende Anwendung. Eine vor der Beschlagnahme erfolgte Verfügung
über den Anspruch auf eine Leistung, die erst drei Monate nach der
Beschlagnahme fällig wird, ist dem Hypothekengläubiger gegenüber unwirksam.
§ 1127. Sind Gegenstände,
die der Hypothek unterliegen, für den Eigenthümer oder den Eigenbesitzer des
Grundstücks unter Versicherung gebracht, so erstreckt sich die Hypothek auf die
Forderung gegen den Versicherer.
Die Haftung der Forderung
gegen den Versicherer erlischt, wenn der versicherte Gegenstand wiederhergestellt
oder Ersatz für ihn beschafft ist.
§ 1128. Ist ein Gebäude
versichert, so kann der Versicherer die Versicherungssumme mit Wirkung gegen
den Hypothekengläubiger an den Versicherten erst zahlen, wenn er oder der
Versicherte den Eintritt des Schadens dem Hypothekengläubiger angezeigt hat und
seit dem Empfange der Anzeige ein Monat verstrichen ist. Der
Hypothekengläubiger kann bis zum Ablaufe der Frist dem Versicherer gegenüber
der Zahlung widersprechen. Die Anzeige darf unterbleiben, wenn sie unthunlich ist;
in diesem Falle wird der Monat von dem Zeitpunkt an berechnet, in welchem die
Versicherungssumme fällig wird.
Im Uebrigen finden die für
eine verpfändete Forderung geltenden Vorschriften Anwendung; der Versicherer
kann sich jedoch nicht darauf berufen, daß er eine aus dem Grundbuch
ersichtliche Hypothek nicht gekannt habe.
§ 1129. Ist ein anderer
Gegenstand als ein Gebäude versichert, so bestimmt sich die Haftung der
Forderung gegen den Versicherer nach den Vorschriften des § 1123 Abs. 2 Satz 1
und des § 1124 Abs. 1, 3.
§ 1130. Ist der Versicherer
nach den Versicherungsbestimmungen nur verpflichtet, die Versicherungssumme zur
Wiederherstellung des versicherten Gegenstandes zu zahlen, so ist eine diesen
Bestimmungen entsprechende Zahlung an den Versicherten dem Hypothekengläubiger
gegenüber wirksam.
§ 1131. Wird ein Grundstück
nach § 890 Abs. 2 einem anderen Grundstück im Grundbuche zugeschrieben, so
erstrecken sich die an diesem Grundstücke bestehenden Hypotheken auf das
zugeschriebene Grundstück. Rechte, mit denen das zugeschriebene Grundstück
belastet ist, gehen diesen Hypotheken im Range vor.
§ 1132. Besteht für die
Forderung eine Hypothek an mehreren Grundstücken (Gesammthypothek), so haftet
jedes Grundstück für die ganze Forderung. Der Gläubiger kann die Befriedigung
nach seinem Belieben aus jedem der Grundstücke ganz oder zu einem Theile
suchen.
Der Gläubiger ist
berechtigt, den Betrag der Forderung auf die einzelnen Grundstücke in der Weise
zu vertheilen, daß jedes Grundstück nur für den zugetheilten Betrag haftet. Auf
die Vertheilung finden die Vorschriften der §§ 875, 876, 878 entsprechende
Anwendung.
§ 1133. Ist in Folge einer
Verschlechterung des Grundstücks die Sicherheit der Hypothek gefährdet, so kann
der Gläubiger dem Eigenthümer eine angemessene Frist zur Beseitigung der
Gefährdung bestimmen. Nach dem Ablaufe der Frist ist der Gläubiger berechtigt,
sofort Befriedigung aus dem Grundstücke zu suchen, wenn nicht die Gefährdung
durch Verbesserung des Grundstücks oder durch anderweitige Hypothekenbestellung
beseitigt worden ist. Ist die Forderung unverzinslich und noch nicht fällig, so
gebührt dem Gläubiger nur die Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen
Zinsen für die Zeit von der Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der
Forderung gleichkommt.
§ 1134. Wirkt der
Eigenthümer oder ein Dritter auf das Grundstück in solcher Weise ein, daß eine
die Sicherheit der Hypothek gefährdende Verschlechterung des Grundstücks zu
besorgen ist, so kann der Gläubiger auf Unterlassung klagen.
Geht die Einwirkung von dem
Eigenthümer aus, so hat das Gericht auf Antrag des Gläubigers die zur Abwendung
der Gefährdung erforderlichen Maßregeln anzuordnen. Das Gleiche gilt, wenn die
Verschlechterung deshalb zu besorgen ist, weil der Eigenthümer die
erforderlichen Vorkehrungen gegen Einwirkungen Dritter oder gegen andere
Beschädigungen unterläßt.
§ 1135. Einer
Verschlechterung des Grundstücks im Sinne der §§ 1133, 1134 steht es gleich,
wenn Zubehörstücke, auf die sich die Hypothek erstreckt, verschlechtert oder
den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider von dem Grundstück
entfernt werden.
§ 1136. Eine Vereinbarung,
durch die sich der Eigenthümer dem Gläubiger gegenüber verpflichtet, das
Grundstück nicht zu veräußern oder nicht weiter zu belasten, ist nichtig.
§ 1137. Der Eigenthümer
kann gegen die Hypothek die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung
sowie die nach § 770 einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt
der persönliche Schuldner, so kann sich der Eigenthümer nicht darauf berufen, daß
der Erbe für die Schuld nur beschränkt haftet.
Ist der Eigenthümer nicht
der persönliche Schuldner, so verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß
dieser auf sie verzichtet.
§ 1138. Die Vorschriften
der §§ 891 bis 899 gelten für die Hypothek auch in Ansehung der Forderung und
der dem Eigenthümer nach § 1137 zustehenden Einreden.
§ 1139. Ist bei der
Bestellung einer Hypothek für ein Darlehen die Ertheilung des Hypothekenbriefs
ausgeschlossen worden, so genügt zur Eintragung eines Widerspruchs, der sich darauf
gründet, daß die Hingabe des Darlehens unterblieben sei, der von dem
Eigenthümer an das Grundbuchamt gerichtete Antrag, sofern er vor dem Ablauf
eines Monats nach der Eintragung der Hypothek gestellt wird. Wird der
Widerspruch innerhalb des Monats eingetragen, so hat die Eintragung die gleiche
Wirkung, wie wenn der Widerspruch zugleich mit der Hypothek eingetragen worden
wäre.
§ 1140. Soweit die
Unrichtigkeit des Grundbuchs aus dem Hypothekenbrief oder einem Vermerk auf dem
Briefe hervorgeht, ist die Berufung auf die Vorschriften der §§ 892, 893
ausgeschlossen. Ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs, der aus
dem Briefe oder einem Vermerk auf dem Briefe hervorgeht, steht einem im
Grundbuch eingetragenen Widerspruche gleich.
§ 1141. Hängt die
Fälligkeit der Forderung von einer Kündigung ab, so ist die Kündigung für die
Hypothek nur wirksam, wenn sie von dem Gläubiger dem Eigenthümer oder von dem
Eigenthümer dem Gläubiger erklärt wird. Zu Gunsten des Gläubigers gilt
derjenige, welcher im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen ist, als der
Eigenthümer.
Hat der Eigenthümer keinen
Wohnsitz im Inland oder liegen die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 vor, so hat
auf Antrag des Gläubigers das Amtsgericht in dessen Bezirke das Grundstück
liegt, dem Eigenthümer einen Vertreter zu bestellen, dem gegenüber die
Kündigung des Gläubigers erfolgen kann.
§ 1142. Der Eigenthümer ist
berechtigt, den Gläubiger zu befriedigen, wenn die Forderung ihm gegenüber
fällig geworden oder wenn der persönliche Schuldner zur Leistung berechtigt
ist.
Die Befriedigung kann auch
durch Hinterlegung oder durch Aufrechnung erfolgen.
§ 1143. Ist der Eigenthümer
nicht der persönliche Schuldner, so geht, soweit er den Gläubiger befriedigt,
die Forderung auf ihn über. Die für einen Bürgen geltenden Vorschriften des §
774 Abs.1 finden entsprechende Anwendung.
Besteht für die Forderung
eine Gesammthypothek, so gelten für diese die Vorschriften des § 1173.
§ 1144. Der Eigenthümer
kann gegen Befriedigung des Gläubigers die Aushändigung des Hypothekenbriefs
und der sonstigen Urkunden verlangen, die zur Berichtigung des Grundbuchs oder
zur Löschung der Hypothek erforderlich sind.
§ 1145. Befriedigt der
Eigenthümer den Gläubiger nur theilweise, so kann er die Aushändigung des
Hypothekenbriefs nicht verlangen. Der Gläubiger ist verpflichtet, die
theilweise Befriedigung auf dem Briefe zu vermerken und den Brief zum Zwecke
der Berichtigung des Grundbuchs oder der Löschung dem Grundbuchamt oder zum
Zwecke der Herstellung eines Theilhypothekenbriefs für den Eigenthümer der
zuständigen Behörde oder einem zuständigen Notare vorzulegen.
Die Vorschrift des Abs. 1
Satz 2 gilt für Zinsen und andere Nebenleistungen nur, wenn sie später als in
dem Kalendervierteljahr, in welchem der Gläubiger befriedigt wird, oder dem
folgenden Vierteljahre fällig werden. Auf Kosten, für die das Grundstück nach §
1118 haftet, findet die Vorschrift keine Anwendung.
§ 1146. Liegen dem
Eigenthümer gegenüber die Voraussetzungen vor, unter denen ein Schuldner in
Verzug kommt, so gebühren dem Gläubiger Verzugszinsen aus dem Grundstücke.
§ 1147. Die Befriedigung
des Gläubigers aus dem Grundstück und den Gegenständen, auf die sich die
Hypothek erstreckt, erfolgt im Wege der Zwangsvollstreckung.
§ 1148. Bei der Verfolgung
des Rechtes aus der Hypothek gilt zu Gunsten des Gläubigers derjenige, welcher
im Grundbuch als Eigenthümer eingetragen ist, als der Eigenthümer. Das Recht
des nicht eingetragenen Eigenthümers, die ihm gegen die Hypothek zustehenden
Einwendungen geltend zu machen, bleibt unberührt.
§ 1149. Der Eigenthümer
kann, solange nicht die Forderung ihm gegenüber fällig geworden ist, dem
Gläubiger nicht das Recht einräumen, zum Zwecke der Befriedigung die
Uebertragung des Eigenthums an dem Grundstücke zu verlangen oder die Veräußerung
des Grundstücks auf andere Weise als im Wege der Zwangsvollstreckung zu
bewirken.
§ 1150. Verlangt der
Gläubiger Befriedigung aus dem Grundstücke, so finden die Vorschriften der §§
268, 1144, 1145 entsprechende Anwendung.
§ 1151. Wird die Forderung
getheilt, so ist zur Aenderung des Rangverhältnisses der Theilhypotheken unter
einander die Zustimmung des Eigenthümers nicht erforderlich.
§ 1152. Im Falle einer
Theilung der Forderung kann, sofern nicht die Ertheilung des Hypothekenbriefs
ausgeschlossen ist, für jeden Theil ein Theilhypothekenbrief hergestellt
werden; die Zustimmung des Eigenthümers des Grundstücks ist nicht erforderlich.
Der Theilhypothekenbrief tritt für den Theil, auf den er sich bezieht, an die
Stelle des bisherigen Briefes.
§ 1153. Mit der
Uebertragung der Forderung geht die Hypothek auf den neuen Gläubiger über.
Die Forderung kann nicht
ohne die Hypothek, die Hypothek kann nicht ohne die Forderung übertragen
werden.
§ 1154. Zur Abtretung der
Forderung ist Ertheilung der Abtretungserklärung in schriftlicher Form und
Uebergabe des Hypothekenbriefs erforderlich; die Vorschriften des § 1117 finden
Anwendung. Der bisherige Gläubiger hat auf Verlangen des neuen Gläubigers die
Abtretungserklärung auf seine Kosten öffentlich beglaubigen zu lassen.
Die schriftliche Form der
Abtretungserklärung kann dadurch ersetzt werden, daß die Abtretung in das
Grundbuch eingetragen wird.
Ist die Ertheilung des
Hypothekenbriefs ausgeschlossen, so finden auf die Abtretung der Forderung die
Vorschriften der §§ 873, 878 entsprechende Anwendung.
§ 1155. Ergiebt sich das
Gläubigerrecht des Besitzers des Hypothekenbriefs aus einer zusammenhängenden,
auf einen eingetragenen Gläubiger zurückführenden Reihe von öffentlich
beglaubigten Abtretungserklärungen, so finden die Vorschriften der §§ 891 bis
899 in gleicher Weise Anwendung, wie wenn der Besitzer des Briefes als
Gläubiger im Grundbuch eingetragen wäre. Einer öffentlich beglaubigten
Abtretungserklärung steht gleich ein gerichtlicher
Ueberweisungsbeschluß und das öffentlich beglaubigte Anerkenntniß einer kraft
Gesetzes erfolgten Uebertragung der Forderung.
§ 1156. Die für die
Uebertragung der Forderung geltenden Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden auf
das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem neuen Gläubiger in
Ansehung der Hypothek keine Anwendung. Der neue Gläubiger muß jedoch eine dem
bisherigen Gläubiger gegenüber erfolgte Kündigung des Eigenthümers gegen sich
gelten lassen, es sei denn, daß die Uebertragung zur Zeit der Kündigung dem
Eigenthümer bekannt oder im Grundbuch eingetragen ist.
§ 1157. Eine Einrede, die
dem Eigenthümer auf Grund eines zwischen ihm und dem bisherigen Gläubiger
bestehenden Rechtsverhältnisses gegen die Hypothek zusteht, kann auch dem neuen
Gläubiger entgegengesetzt werden. Die Vorschriften der §§ 892, 894 bis 899,
1140 gelten auch für diese Einrede.
§ 1158. Soweit die
Forderung auf Zinsen oder andere Nebenleistungen gerichtet ist, die nicht
später als in dem Kalendervierteljahr, in welchem der Eigenthümer von der
Uebertragung Kenntniß erlangt, oder dem folgenden Vierteljahre fällig werden,
finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem neuen
Gläubiger die Vorschriften der §§ 406 bis 408 Anwendung; der Gläubiger kann
sich gegenüber den Einwendungen, welche dem Eigenthümer nach den §§ 404, 406
bis 408, 1157 zustehen, nicht auf die Vorschriften des § 892 berufen.
§ 1159. Soweit die
Forderung auf Rückstände von Zinsen oder anderen Nebenleistungen gerichtet ist,
bestimmt sich die Uebertragung sowie das Rechtsverhältniß zwischen dem
Eigenthümer und dem neuen Gläubiger nach den für die Uebertragung von
Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften. Das Gleiche gilt für den
Anspruch auf Erstattung von Kosten, für die das Grundstück nach § 1118 haftet.
Die Vorschriften des § 892
finden auf die im Abs. 1 bezeichneten Ansprüche keine Anwendung.
§ 1160. Der Geltendmachung
der Hypothek kann, sofern die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen
ist, widersprochen werden, wenn der Gläubiger nicht den Brief vorlegt; ist der
Gläubiger nicht im Grundbuch eingetragen, so sind auch die im § 1155
bezeichneten Urkunden vorzulegen.
Eine dem Eigenthümer
gegenüber erfolgte Kündigung oder Mahnung ist unwirksam, wenn der Gläubiger die
nach Abs. 1 erforderlichen Urkunden nicht vorlegt und der Eigenthümer die
Kündigung oder die Mahnung aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist.
Diese Vorschriften gelten
nicht für die im § 1159 bezeichneten Ansprüche.
§ 1161. Ist der Eigenthümer
der persönliche Schuldner, so finden die Vorschriften des § 1160 auch auf die
Geltendmachung der Forderung Anwendung.
§ 1162. Ist der
Hypothekenbrief abhanden gekommen oder vernichtet, so kann er im Wege des
Aufgebotsverfahrens für kraftlos erklärt werden.
§ 1163. Ist die Forderung,
für welche die Hypothek bestellt ist, nicht zur Entstehung gelangt, so steht
die Hypothek dem Eigenthümer zu. Erlischt die Forderung, so erwirbt der
Eigenthümer die Hypothek.
Eine Hypothek, für welche
die Ertheilung des Hypothekenbriefs nicht ausgeschlossen ist, steht bis zur
Uebergabe des Briefes an den Gläubiger dem Eigenthümer zu.
§ 1164. Befriedigt der
persönliche Schuldner den Gläubiger, so geht die Hypothek insoweit auf ihn
über, als er von dem Eigenthümer oder einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers
Ersatz verlangen kann. Ist dem Schuldner nur theilweise Ersatz zu leisten, so
kann der Eigenthümer die Hypothek, soweit sie auf ihn übergegangen ist, nicht
zum Nachtheile der Hypothek des Schuldners geltend machen.
Der Befriedigung des
Gläubigers steht es gleich, wenn sich Forderung und Schuld in einer Person
vereinigen.
§ 1165. Verzichtet der
Gläubiger auf die Hypothek oder hebt er sie nach § 1183 auf oder räumt er einem
anderen Rechte den Vorrang ein, so wird der persönliche Schuldner insoweit
frei, als er ohne diese Verfügung nach § 1164 aus der Hypothek hätte Ersatz
erlangen können.
§ 1166. Ist der persönliche
Schuldner berechtigt, von dem Eigenthümer Ersatz zu verlangen, falls er den
Gläubiger befriedigt, so kann er, wenn der Gläubiger die Zwangsversteigerung
des Grundstücks betreibt, ohne ihn unverzüglich zu benachrichtigen, die
Befriedigung des Gläubigers wegen eines Ausfalls bei der Zwangsversteigerung
insoweit verweigern, als er in Folge der Unterlassung der Benachrichtigung
einen Schaden erleidet. Die Benachrichtigung darf unterbleiben, wenn sie
unthunlich ist.
§ 1167. Erwirbt der
persönliche Schuldner, falls er den Gläubiger befriedigt, die Hypothek oder hat
er im Falle der Befriedigung ein sonstiges rechtliches Interesse an der
Berichtigung des Grundbuchs, so stehen ihm die in den §§ 1144, 1145 bestimmten
Rechte zu.
§ 1168. Verzichtet der
Gläubiger auf die Hypothek, so erwirbt sie der Eigenthümer.
Der Verzicht ist dem
Grundbuchamt oder dem Eigenthümer gegenüber zu erklären und bedarf der
Eintragung in das Grundbuch. Die Vorschriften des § 875 Abs. 2 und der §§ 876,
878 finden entsprechende Anwendung.
Verzichtet der Gläubiger
für einen Theil der Forderung auf die Hypothek, so stehen dem Eigenthümer die
im § 1145 bestimmten Rechte zu.
§ 1169. Steht dem
Eigenthümer eine Einrede zu, durch welche die Geltendmachung der Hypothek
dauernd ausgeschlossen wird, so kann er verlangen, daß der Gläubiger auf die
Hypothek verzichtet.
§ 1170. Ist der Gläubiger
unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte
ausgeschlossen werden, wenn seit der letzten sich auf die Hypothek beziehenden
Eintragung in das Grundbuch zehn Jahre verstrichen sind und das Recht des
Gläubigers nicht innerhalb dieser Frist von dem Eigenthümer in einer nach § 208
zur Unterbrechung der Verjährung geeigneten Weise anerkannt worden ist. Besteht
für die Forderung eine nach dem Kalender bestimmte Zahlungszeit, so beginnt die
Frist nicht vor dem Ablaufe des Zahlungstags.
Mit der Erlassung des
Ausschlußurtheils erwirbt der Eigenthümer die Hypothek. Der dem Gläubiger
ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos.
§ 1171. Der unbekannte
Gläubiger kann im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Rechte auch dann
ausgeschlossen werden, wenn der Eigenthümer zur Befriedigung des Gläubigers
oder zur Kündigung berechtigt ist und den Betrag der Forderung für den
Gläubiger unter Verzicht auf das Recht zur Rücknahme hinterlegt. Die
Hinterlegung von Zinsen ist nur erforderlich, wenn der Zinssatz im Grundbuch
eingetragen ist; Zinsen für eine frühere Zeit als das vierte Kalenderjahr vor der
Erlassung des Ausschlußurtheils sind nicht zu hinterlegen.
Mit der Erlassung des
Ausschlußurtheils gilt der Gläubiger als befriedigt, sofern nicht nach den
Vorschriften über die Hinterlegung die Befriedigung schon vorher eingetreten
ist. Der dem Gläubiger ertheilte Hypothekenbrief wird kraftlos.
Das Recht des Gläubigers
auf den hinterlegten Betrag erlischt mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach
der Erlassung des Ausschlußurtheils, wenn nicht der Gläubiger sich vorher bei
der Hinterlegungsstelle meldet; der Hinterleger ist zur Rücknahme berechtigt,
auch wenn er auf das Recht zur Rücknahme verzichtet hat.
§ 1172. Eine
Gesammthypothek steht in den Fällen des § 1163 den Eigenthümern der belasteten
Grundstücke gemeinschaftlich zu.
Jeder Eigenthümer kann, sofern
nicht ein Anderes vereinbart ist, verlangen, daß die Hypothek an seinem
Grundstück auf den Theilbetrag, der dem Verhältnisse des Werthes seines
Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht, nach § 1132
Abs. 2 beschränkt und in dieser Beschränkung ihm zugetheilt wird. Der Werth
wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die der Gesammthypothek im Range
vorgehen.
§ 1173. Befriedigt der
Eigenthümer eines der mit einer Gesammthypothek belasteten Grundstücke den
Gläubiger, so erwirbt er die Hypothek an seinem Grundstücke; die Hypothek an
den übrigen Grundstücken erlischt. Der Befriedigung des Gläubigers durch den
Eigenthümer steht es gleich, wenn das Gläubigerrecht auf den Eigenthümer
übertragen wird oder wenn sich Forderung und Schuld in der Person des
Eigenthümers vereinigen.
Kann der Eigenthümer, der
den Gläubiger befriedigt, von dem Eigenthümer eines der anderen Grundstücke
oder einem Rechtsvorgänger dieses Eigenthümers Ersatz verlangen, so geht in
Höhe des Ersatzanspruchs auch die Hypothek an dem Grundstücke dieses
Eigenthümers auf ihn über; sie bleibt mit der Hypothek an seinem eigenen
Grundstücke Gesammthypothek.
§ 1174. Befriedigt der
persönliche Schuldner den Gläubiger, dem eine Gesammthypothek zusteht, oder
vereinigen sich bei einer Gesammthypothek Forderung und Schuld in einer Person,
so geht, wenn der Schuldner nur von dem Eigenthümer eines der Grundstücke oder
von einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers Ersatz verlangen kann, die Hypothek
an diesem Grundstück auf ihn über; die Hypothek an den übrigen Grundstücken
erlischt.
Ist dem Schuldner nur
theilweise Ersatz zu leisten und geht deshalb die Hypothek nur zu einem
Theilbetrag auf ihn über, so hat sich der Eigenthümer diesen Betrag auf den ihm
nach § 1172 gebührenden Theil des übrigbleibenden Betrags der Gesammthypothek
anrechnen zu lassen.
§ 1175. Verzichtet der
Gläubiger auf die Gesammthypothek, so fällt sie den Eigenthümern der belasteten
Grundstücke gemeinschaftlich zu; die Vorschriften des § 1172 Abs. 2 finden
Anwendung. Verzichtet der Gläubiger auf die Hypothek an einem der Grundstücke,
so erlischt die Hypothek an diesem.
Das Gleiche gilt, wenn der
Gläubiger nach § 1170 mit seinem Rechte ausgeschlossen wird.
§ 1176. Liegen die
Voraussetzungen der §§ 1163, 1164, 1168, 1172 bis 1175 nur in Ansehung eines
Theilbetrags der Hypothek vor, so kann die auf Grund dieser Vorschriften dem
Eigenthümer oder einem der Eigenthümer oder dem persönlichen Schuldner
zufallende Hypothek nicht zum Nachtheile der dem Gläubiger verbleibenden Hypothek
geltend gemacht werden.
§ 1177. Vereinigt sich die
Hypothek mit dem Eigenthum in einer Person, ohne daß dem Eigenthümer auch die
Forderung zusteht, so verwandelt sich die Hypothek in eine Grundschuld. In
Ansehung der Verzinslichkeit, des Zinssatzes, der Zahlungszeit, der Kündigung
und des Zahlungsorts bleiben die für die Forderung getroffenen Bestimmungen
maßgebend.
Steht dem Eigenthümer auch
die Forderung zu, so bestimmen sich seine Rechte aus der Hypothek, solange die
Vereinigung besteht, nach den für eine Grundschuld des Eigenthümers geltenden
Vorschriften.
§ 1178. Die Hypothek für
Rückstände von Zinsen und anderen Nebenleistungen sowie für Kosten, die dem
Gläubiger zu erstatten sind, erlischt, wenn sie sich mit dem Eigenthum in einer
Person vereinigt. Das Erlöschen tritt nicht ein, solange einem Dritten ein
Recht an dem Anspruch auf eine solche Leistung zusteht.
Zum Verzicht auf die
Hypothek für die im Abs. 1 bezeichneten Leistungen genügt die Erklärung des
Gläubigers gegenüber dem Eigenthümer. Solange einem Dritten ein Recht an dem
Anspruch auf eine solche Leistung zusteht, ist die Zustimmung des Dritten
erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen
Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§ 1179. Verpflichtet sich
der Eigenthümer einem Anderen gegenüber, die Hypothek löschen zu lassen, wenn
sie sich mit dem Eigenthum in einer Person vereinigt, so kann zur Sicherung des
Anspruchs auf Löschung eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden.
§ 1180. An die Stelle der Forderung,
für welche die Hypothek besteht, kann eine andere Forderung gesetzt werden. Zu
der Aenderung ist die Einigung des Gläubigers und des Eigenthümers sowie die
Eintragung in das Grundbuch erforderlich; die Vorschriften des § 873 Abs. 2 und
der §§ 876, 878 finden entsprechende Anwendung.
Steht die Forderung, die an
die Stelle der bisherigen Forderung treten soll, nicht dem bisherigen
Hypothekengläubiger zu, so ist dessen Zustimmung erforderlich; die Zustimmung
ist dem Grundbuchamt oder demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten
sie erfolgt. Die Vorschriften des § 875 Abs. 2 und des § 876 finden
entsprechende Anwendung.
§ 1181. Wird der Gläubiger
aus dem Grundstücke befriedigt, so erlischt die Hypothek.
Erfolgt die Befriedigung
des Gläubigers aus einem der mit einer Gesammthypothek belasteten Grundstücke,
so werden auch die übrigen Grundstücke frei.
Der Befriedigung aus dem
Grundstücke steht die Befriedigung aus den Gegenständen gleich, auf die sich
die Hypothek erstreckt.
§ 1182. Soweit im Falle
einer Gesammthypothek der Eigenthümer des Grundstücks, aus dem der Gläubiger
befriedigt wird, von dem Eigenthümer eines der anderen Grundstücke oder einem
Rechtsvorgänger dieses Eigenthümers Ersatz verlangen kann, geht die Hypothek an
dem Grundstücke dieses Eigenthümers auf ihn über. Die Hypothek kann jedoch,
wenn der Gläubiger nur theilweise befriedigt wird, nicht zum Nachtheile der dem
Gläubiger verbleibenden Hypothek und, wenn das Grundstück mit einem im Range
gleich- oder nachstehenden Rechte belastet ist, nicht zum Nachtheile dieses
Rechtes geltend gemacht werden.
§ 1183. Zur Aufhebung der
Hypothek durch Rechtsgeschäft ist die Zustimmung des Eigenthümers erforderlich.
Die Zustimmung ist dem Grundbuchamt oder dem Gläubiger gegenüber zu erklären;
sie ist unwiderruflich.
§ 1184. Eine Hypothek kann
in der Weise bestellt werden, daß das Recht des Gläubigers aus der Hypothek
sich nur nach der Forderung bestimmt und der Gläubiger sich zum Beweise der
Forderung nicht auf die Eintragung berufen kann (Sicherungshypothek).
Die Hypothek muß im
Grundbuch als Sicherungshypothek bezeichnet werden.
§ 1185. Bei der
Sicherungshypothek ist die Ertheilung des Hypothekenbriefs ausgeschlossen.
Die Vorschriften der §§
1138, 1139, 1141, 1156 finden keine Anwendung.
§ 1186. Eine
Sicherungshypothek kann in eine gewöhnliche Hypothek, eine gewöhnliche Hypothek
kann in eine Sicherungshypothek umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range
gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
§ 1187. Für die Forderung
aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem Wechsel oder aus einem
anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden kann, kann nur eine
Sicherungshypothek bestellt werden. Die Hypothek gilt als Sicherungshypothek,
auch wenn sie im Grundbuche nicht als solche bezeichnet ist. Die Vorschrift des
§ 1154 Abs. 3 findet keine Anwendung.
§ 1188. Zur Bestellung
einer Hypothek für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber
genügt die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem Grundbuchamte, daß er die
Hypothek bestelle, und die Eintragung in das Grundbuch; die Vorschrift des §
878 findet Anwendung.
Die Ausschließung des
Gläubigers mit seinem Rechte nach § 1170 ist nur zulässig, wenn die im § 801
bezeichnete Vorlegungsfrist verstrichen ist. Ist innerhalb der Frist die
Schuldverschreibung vorgelegt oder der Anspruch aus der Urkunde gerichtlich
geltend gemacht worden, so kann die Ausschließung erst erfolgen, wenn die
Verjährung eingetreten ist.
§ 1189. Bei einer Hypothek
der im § 1187 bezeichneten Art kann für den jeweiligen Gläubiger ein Vertreter
mit der Befugniß bestellt werden, mit Wirkung für und gegen jeden späteren
Gläubiger bestimmte Verfügungen über die Hypothek zu treffen und den Gläubiger
bei der Geltendmachung der Hypothek zu vertreten. Zur Bestellung des Vertreters
ist die Eintragung in das Grundbuch erforderlich.
Ist der Eigenthümer
berechtigt, von dem Gläubiger eine Verfügung zu verlangen, zu welcher der
Vertreter befugt ist, so kann er die Vornahme der Verfügung von dem Vertreter
verlangen.
§ 1190. Eine Hypothek kann
in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu dem das
Grundstück haften soll, bestimmt, im Uebrigen die Feststellung der Forderung
vorbehalten wird. Der Höchstbetrag muß in das Grundbuch eingetragen werden.
Ist die Forderung
verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet.
Die Hypothek gilt als
Sicherungshypothek, auch wenn sie im Grundbuche nicht als solche bezeichnet
ist.
Die Forderung kann nach den
für die Uebertragung von Forderungen geltenden allgemeinen Vorschriften
übertragen werden. Wird sie nach diesen Vorschriften übertragen, so ist der
Uebergang der Hypothek ausgeschlossen.
Zweiter Titel.
Grundschuld. Rentenschuld.
I. Grundschuld.
§ 1191. Ein Grundstück kann
in der Weise belastet werden, daß an denjenigen, zu dessen Gunsten die
Belastung erfolgt, eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen ist
(Grundschuld).
Die Belastung kann auch in
der Weise erfolgen, daß Zinsen von der Geldsumme sowie andere Nebenleistungen
aus dem Grundstücke zu entrichten sind.
§ 1192. Auf die Grundschuld
finden die Vorschriften über die Hypothek
entsprechende Anwendung, soweit sich nicht daraus ein Anderes ergiebt, daß die
Grundschuld nicht eine Forderung voraussetzt.
Für Zinsen der Grundschuld
gelten die Vorschriften über die Zinsen einer Hypothekenforderung.
§ 1193. Das Kapital der
Grundschuld wird erst nach vorgängiger Kündigung fällig. Die Kündigung steht
sowohl dem Eigenthümer als dem Gläubiger zu. Die Kündigungsfrist beträgt sechs
Monate.
Abweichende Bestimmungen
sind zulässig.
§ 1194. Die Zahlung des
Kapitals sowie der Zinsen und anderen Nebenleistungen hat,
soweit nicht ein Anderes bestimmt ist, an dem Orte zu erfolgen, an dem das
Grundbuchamt seinen Sitz hat.
§ 1195. Eine Grundschuld
kann in der Weise bestellt werden, daß der Grundschuldbrief auf den Inhaber
ausgestellt wird. Auf einen solchen Brief finden die Vorschriften über
Schuldverschreibungen auf den Inhaber entsprechende Anwendung.
§ 1196. Eine Grundschuld
kann auch für den Eigenthümer bestellt werden.
Zu der Bestellung ist die Erklärung des Eigenthümers gegenüber dem
Grundbuchamte, daß die Grundschuld für ihn in das Grundbuch eingetragen werden
soll, und die Eintragung erforderlich; die Vorschrift des § 878 findet
Anwendung.
§ 1197. Ist der Eigenthümer
der Gläubiger, so kann er nicht die Zwangsvollstreckung zum Zwecke seiner
Befriedigung betreiben.
Zinsen gebühren dem
Eigenthümer nur, wenn das Grundstück auf Antrag eines Anderen zum Zwecke der
Zwangsverwaltung in Beschlag genommen ist, und nur für die Dauer der
Zwangsverwaltung.
§ 1198. Eine Hypothek kann
in eine Grundschuld, eine Grundschuld kann in eine Hypothek umgewandelt werden.
Die Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten ist nicht
erforderlich.
II. Rentenschuld.
§ 1199. Eine Grundschuld
kann in der Weise bestellt werden, daß in regelmäßig wiederkehrenden Terminen
eine bestimmte Geldsumme aus dem Grundstücke zu zahlen ist (Rentenschuld).
Bei der Bestellung der
Rentenschuld muß der Betrag bestimmt werden, durch dessen Zahlung die
Rentenschuld abgelöst werden kann. Die Ablösungssumme muß im Grundbuch
angegeben werden.
§ 1200. Auf die einzelnen
Leistungen finden die für Hypothekenzinsen, auf die Ablösungssumme finden die
für ein Grundschuldkapital geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Zahlung der
Ablösungssumme an den Gläubiger hat die gleiche Wirkung wie die Zahlung des
Kapitals einer Grundschuld.
§ 1201. Das Recht zur
Ablösung steht dem Eigenthümer zu.
Dem Gläubiger kann das
Recht, die Ablösung zu verlangen, nicht eingeräumt werden. Im Falle des § 1133
Satz 2 ist der Gläubiger berechtigt, die Zahlung der Ablösungssumme aus dem
Grundstücke zu verlangen.
§ 1202. Der Eigenthümer
kann das Ablösungsrecht erst nach vorgängiger Kündigung ausüben. Die
Kündigungsfrist beträgt sechs Monate, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist.
Eine Beschränkung des
Kündigungsrechts ist nur soweit zulässig, daß der Eigenthümer nach dreißig
Jahren unter Einhaltung der sechsmonatigen Frist kündigen kann.
Hat der Eigenthümer
gekündigt, so kann der Gläubiger nach dem Ablaufe der Kündigungsfrist die
Zahlung der Ablösungssumme aus dem Grundstücke verlangen.
§ 1203. Eine Rentenschuld
kann in eine gewöhnliche Grundschuld, eine gewöhnliche Grundschuld kann in eine
Rentenschuld umgewandelt werden. Die Zustimmung der im Range gleich- oder
nachstehenden Berechtigten ist nicht erforderlich.
Neunter Abschnitt.
Pfandrecht an beweglichen
Sachen und an Rechten.
Erster Titel.
Pfandrecht an beweglichen
Sachen.
§ 1204. Eine bewegliche Sache
kann zur Sicherung einer Forderung in der Weise belastet werden, daß der
Gläubiger berechtigt ist, Befriedigung aus der Sache zu suchen (Pfandrecht).
Das Pfandrecht kann auch
für eine künftige oder eine bedingte Forderung bestellt werden.
§ 1205. Zur Bestellung des
Pfandrechts ist erforderlich, daß der Eigenthümer die Sache dem Gläubiger
übergiebt und beide darüber einig sind, daß dem Gläubiger das Pfandrecht
zustehen soll. Ist der Gläubiger im Besitze der Sache, so genügt die Einigung
über die Entstehung des Pfandrechts.
Die Uebergabe einer im
mittelbaren Besitze des Eigenthümers befindlichen Sache kann dadurch ersetzt
werden, daß der Eigenthümer den mittelbaren Besitz auf den Pfandgläubiger
überträgt und die Verpfändung dem Besitzer anzeigt.
§ 1206. An Stelle der
Uebergabe der Sache genügt die Einräumung des Mitbesitzes, wenn sich die Sache
unter dem Mitverschlusse des Gläubigers befindet oder, falls sie im Besitz
eines Dritten ist, die Herausgabe nur an den Eigenthümer und den Gläubiger
gemeinschaftlich erfolgen kann.
§ 1207. Gehört die Sache
nicht dem Verpfänder, so finden auf die Verpfändung die für den Erwerbe des
Eigenthums geltenden Vorschriften der §§ 932, 934, 935 entsprechende Anwendung.
§ 1208. Ist die Sache mit
dem Rechte eines Dritten belastet, so geht das Pfandrecht dem Rechte vor, es
sei denn, daß der Pfandgläubiger zur Zeit des Erwerbes des Pfandrechts in
Ansehung des Rechtes nicht in gutem Glauben ist. Die Vorschriften des § 932
Abs. 1 Satz 2, des § 935 und des § 936 Abs. 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 1209. Für den Rang des
Pfandrechts ist die Zeit der Bestellung auch dann maßgebend, wenn es für eine
künftige oder eine bedingte Forderung bestellt ist.
§ 1210. Das Pfand haftet
für die Forderung in deren jeweiligem Bestand, insbesondere auch für Zinsen und
Vertragsstrafen. Ist der persönliche Schuldner nicht der Eigenthümer des
Pfandes, so wird durch ein Rechtsgeschäft, das der Schuldner nach der
Verpfändung vornimmt, die Haftung nicht erweitert.
Das Pfand haftet für die
Ansprüche des Pfandgläubigers auf Ersatz von Verwendungen, für die dem
Pfandgläubiger zu ersetzenden Kosten der Kündigung und der Rechtsverfolgung
sowie für die Kosten des Pfandverkaufs.
§ 1211. Der Verpfänder kann
dem Pfandgläubiger gegenüber die dem persönlichen Schuldner gegen die Forderung
sowie die nach § 770 einem Bürgen zustehenden Einreden geltend machen. Stirbt
der persönliche Schuldner, so kann sich der Verpfänder nicht darauf berufen,
daß der Erbe für die Schuld nur beschränkt haftet.
Ist der Verpfänder nicht der
persönliche Schuldner, so verliert er eine Einrede nicht dadurch, daß dieser
auf sie verzichtet.
§ 1212. Das Pfandrecht
erstreckt sich auf die Erzeugnisse, die von dem Pfande getrennt werden.
§ 1213. Das Pfandrecht kann
in der Weise bestellt werden, daß der Pfandgläubiger berechtigt ist, die
Nutzungen des Pfandes zu ziehen.
Ist eine von Natur
fruchttragende Sache dem Pfandgläubiger zum Alleinbesitz übergeben, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß der Pfandgläubiger zum Fruchtbezuge berechtigt sein
soll.
§ 1214. Steht dem
Pfandgläubiger das Recht zu, die Nutzungen zu ziehen, so ist er verpflichtet,
für die Gewinnung der Nutzungen zu sorgen und Rechenschaft abzulegen.
Der Reinertrag der
Nutzungen wird auf die geschuldete Leistung und, wenn Kosten und Zinsen zu entrichten
sind, zunächst auf diese angerechnet.
Abweichende Bestimmungen
sind zulässig.
§ 1215. Der Pfandgläubiger
ist zur Verwahrung des Pfandes verpflichtet.
§ 1216. Macht der
Pfandgläubiger Verwendungen auf das Pfand, so bestimmt sich die Ersatzpflicht
des Verpfänders nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
Der Pfandgläubiger ist berechtigt, eine Einrichtung, mit der er das Pfand
versehen hat, wegzunehmen.
§ 1217. Verletzt der
Pfandgläubiger die Rechte des Verpfänders in erheblichem Maße und setzt er das
verletzende Verhalten ungeachtet einer Abmahnung des Verpfänders fort, so kann
der Verpfänder verlangen, daß das Pfand auf Kosten des Pfandgläubigers
hinterlegt oder, wenn es sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen
gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abgeliefert wird.
Statt der Hinterlegung oder
der Ablieferung der Sache an einen Verwahrer kann der Verpfänder die Rückgabe
des Pfandes gegen Befriedigung des Gläubigers verlangen. Ist die Forderung
unverzinslich und noch nicht fällig, so gebührt dem Pfandgläubiger nur die
Summe, welche mit Hinzurechnung der gesetzlichen Zinsen für die Zeit von der
Zahlung bis zur Fälligkeit dem Betrage der Forderung gleichkommt.
§ 1218. Ist der Verderb des
Pfandes oder eine wesentliche Minderung des Werthes zu besorgen, so kann der
Verpfänder die Rückgabe des Pfandes gegen anderweitige Sicherheitsleistung
verlangen; die Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Der Pfandgläubiger hat dem
Verpfänder von dem drohenden Verderb unverzüglich Anzeige zu machen, sofern
nicht die Anzeige unthunlich ist.
§ 1219. Wird durch den
drohenden Verderb des Pfandes oder durch eine zu besorgende wesentliche
Minderung des Werthes die Sicherheit des Pfandgläubigers gefährdet, so kann
dieser das Pfand öffentlich versteigern lassen.
Der Erlös tritt an die
Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des Verpfänders ist der Erlös zu hinterlegen.
§ 1220. Die Versteigerung
des Pfandes ist erst zulässig, nachdem sie dem Verpfänder angedroht worden ist;
die Androhung darf unterbleiben, wenn das Pfand dem Verderb ausgesetzt und mit
dem Aufschube der Versteigerung Gefahr verbunden ist. Im Falle der
Werthminderung ist außer der Androhung erforderlich, daß der Pfandgläubiger dem
Verpfänder zur Leistung anderweitiger Sicherheit eine angemessene Frist
bestimmt hat und diese verstrichen ist.
Der Pfandgläubiger hat den
Verpfänder von der Versteigerung unverzüglich zu benachrichtigen; im Falle der
Unterlassung ist er zum Schadensersatze verpflichtet.
Die Androhung, die
Fristbestimmung und die Benachrichtigung dürfen unterbleiben, wenn sie
unthunlich sind.
§ 1221. Hat das Pfand einen
Börsen- oder Marktpreis, so kann der Pfandgläubiger den Verkauf aus freier Hand
durch einen zu solchen Verkäufen öffentlich ermächtigten Handelsmäkler oder durch
eine zur öffentlichen Versteigerung befugte Person zum laufenden Preise
bewirken.
§ 1222. Besteht das
Pfandrecht an mehreren Sachen, so haftet jede für die ganze Forderung.
§ 1223. Der Pfandgläubiger
ist verpflichtet, das Pfand nach dem Erlöschen des Pfandrechts dem Verpfänder
zurückzugeben.
Der Verpfänder kann die
Rückgabe des Pfandes gegen Befriedigung des Pfandgläubigers verlangen, sobald
der Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
§ 1224. Die Befriedigung
des Pfandgläubigers durch den Verpfänder kann auch durch Hinterlegung oder
durch Aufrechnung erfolgen.
§ 1225. Ist der Verpfänder
nicht der persönliche Schuldner, so geht, soweit er den Pfandgläubiger
befriedigt, die Forderung auf ihn über. Die für einen Bürgen geltenden
Vorschriften des § 774 finden entsprechende Anwendung.
§ 1226. Die Ersatzansprüche
des Verpfänders wegen Veränderungen oder Verschlechterungen des Pfandes sowie
die Ansprüche des Pfandgläubigers auf Ersatz von Verwendungen oder auf
Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten. Die
Vorschriften des § 558 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 1227. Wird das Recht des
Pfandgläubigers beeinträchtigt, so finden auf die Ansprüche des Pfandgläubigers
die für die Ansprüche aus dem Eigenthume geltenden Vorschriften entsprechende
Anwendung.
§ 1228. Die Befriedigung
des Pfandgläubigers aus dem Pfande erfolgt durch Verkauf.
Der Pfandgläubiger ist zum
Verkaufe berechtigt, sobald die Forderung ganz oder zum Theil fällig ist.
Besteht der geschuldete Gegenstand nicht in Geld, so ist der Verkauf erst
zulässig, wenn die Forderung in eine Geldforderung übergegangen ist.
§ 1229. Eine vor dem
Eintritte der Verkaufsberechtigung getroffene Vereinbarung, nach welcher dem
Pfandgläubiger, falls er nicht oder nicht rechtzeitig befriedigt wird, das
Eigenthum an der Sache zufallen oder übertragen werden soll, ist nichtig.
§ 1230. Unter mehreren
Pfändern kann der Pfandgläubiger, soweit nicht ein Anderes bestimmt ist,
diejenigen auswählen, welche verkauft werden sollen. Er kann nur so viele
Pfänder zum Verkaufe bringen, als zu seiner Befriedigung erforderlich sind.
§ 1231. Ist der
Pfandgläubiger nicht im Alleinbesitze des Pfandes, so kann er nach dem
Eintritte der Verkaufsberechtigung die Herausgabe des Pfandes zum Zwecke des
Verkaufs fordern. Auf Verlangen des Verpfänders hat an Stelle der Herausgabe
die Ablieferung an einen gemeinschaftlichen Verwahrer zu erfolgen; der
Verwahrer hat sich bei der Ablieferung zu verpflichten, das Pfand zum Verkaufe
bereitzustellen.
§ 1232. Der Pfandgläubiger ist
nicht verpflichtet, einem ihm im Range nachstehenden Pfandgläubiger das Pfand
zum Zwecke des Verkaufs herauszugeben. Ist er nicht im Besitze des Pfandes, so
kann er, sofern er nicht selbst den Verkauf betreibt, dem Verkaufe durch einen
nachstehenden Pfandgläubiger nicht widersprechen.
§ 1233. Der Verkauf des
Pfandes ist nach den Vorschriften der §§ 1234 bis 1240 zu bewirken.
Hat der Pfandgläubiger für
sein Recht zum Verkauf einen vollstreckbaren Titel gegen den Eigenthümer
erlangt, so kann er den Verkauf auch nach den für den Verkauf einer gepfändeten
Sache geltenden Vorschriften bewirken lassen.
§ 1234. Der Pfandgläubiger
hat dem Eigenthümer den Verkauf vorher anzudrohen und dabei den Geldbetrag zu
bezeichnen, wegen dessen der Verkauf stattfinden soll. Die Androhung kann erst
nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung erfolgen; sie darf unterbleiben,
wenn sie unthunlich ist.
Der Verkauf darf nicht vor
dem Ablauf eines Monats nach der Androhung erfolgen. Ist die Androhung
unthunlich, so wird der Monat von dem Eintritte der Verkaufsberechtigung an
berechnet.
§ 1235. Der Verkauf des
Pfandes ist im Wege öffentlicher Versteigerung zu bewirken.
Hat das Pfand einen Börsen-
oder Marktpreis, so findet die Vorschrift des § 1221 Anwendung.
§ 1236. Die Versteigerung
hat an dem Orte zu erfolgen, an dem das Pfand aufbewahrt wird. Ist von einer
Versteigerung an dem Aufbewahrungsort ein angemessener Erfolg nicht zu
erwarten, so ist das Pfand an einem geeigneten anderen Orte zu versteigern.
§ 1237. Zeit und Ort der
Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt
zu machen. Der Eigenthümer und Dritte, denen Rechte an dem Pfande zustehen, sind besonders zu benachrichtigen; die Benachrichtigung darf
unterbleiben, wenn sie unthunlich ist.
§ 1238. Das Pfand darf nur
mit der Bestimmung verkauft werden, daß der Käufer den Kaufpreis sofort baar zu
entrichten hat und seiner Rechte verlustig sein soll, wenn dies nicht
geschieht.
Erfolgt der Verkauf ohne
diese Bestimmung, so ist der Kaufpreis als von dem Pfandgläubiger empfangen
anzusehen; die Rechte des Pfandgläubigers gegen den Ersteher bleiben unberührt.
Unterbleibt die sofortige Entrichtung des Kaufpreises, so gilt das Gleiche,
wenn nicht vor dem Schlusse des Versteigerungstermins von dem Vorbehalte der
Rechtsverwirkung Gebrauch gemacht wird.
§ 1239. Der Pfandgläubiger
und der Eigenthümer können bei der Versteigerung mitbieten. Erhält der
Pfandgläubiger den Zuschlag, so ist der Kaufpreis als von ihm empfangen
anzusehen.
Das Gebot des Eigenthümers
darf zurückgewiesen werden, wenn nicht der Betrag baar erlegt wird. Das Gleiche
gilt von dem Gebote des Schuldners, wenn das Pfand für eine fremde Schuld
haftet.
§ 1240. Gold- und
Silbersachen dürfen nicht unter dem Gold- oder Silberwerthe zugeschlagen
werden.
Wird ein genügendes Gebot
nicht abgegeben, so kann der Verkauf durch eine zur öffentlichen Versteigerung
befugte Person aus freier Hand zu einem den Gold- oder Silberwerth erreichenden
Preise erfolgen.
§ 1241. Der Pfandgläubiger
hat den Eigenthümer von dem Verkaufe des Pfandes und dem Ergebniß unverzüglich
zu benachrichtigen, sofern nicht die Benachrichtigung unthunlich ist.
§ 1242. Durch die
rechtmäßige Veräußerung des Pfandes erlangt der Erwerber die gleichen Rechte,
wie wenn er die Sache von dem Eigenthümer erworben hätte. Dies gilt auch dann,
wenn dem Pfandgläubiger der Zuschlag ertheilt wird.
Pfandrechte an der Sache
erlöschen, auch wenn sie dem Erwerber bekannt waren. Das Gleiche gilt von einem
Nießbrauch, es sei denn, daß er allen Pfandrechten im Range vorgeht.
§ 1243. Die Veräußerung des
Pfandes ist nicht rechtmäßig, wenn gegen die Vorschriften des § 1228 Abs. 2,
des § 1230 Satz 2, des § 1235, des § 1237 Satz 1 oder des § 1240 verstoßen
wird.
Verletzt der Pfandgläubiger
eine andere für den Verkauf geltende Vorschrift, so ist er zum Schadensersatze
verpflichtet, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt.
§ 1244. Wird eine Sache als
Pfand veräußert, ohne daß dem Veräußerer ein Pfandrecht zusteht oder den
Erfordernissen genügt wird, von denen die Rechtmäßigkeit der Veräußerung
abhängt, so finden die Vorschriften der §§ 932 bis 934, 936 entsprechende
Anwendung, wenn die Veräußerung nach § 1233 Abs. 2 erfolgt ist oder die
Vorschriften des § 1235 oder des § 1240 Abs. 2 beobachtet worden sind.
§ 1245. Der Eigenthümer und
der Pfandgläubiger können eine von den Vorschriften der §§ 1234 bis 1240
abweichende Art des Pfandverkaufs vereinbaren. Steht einem Dritten an dem
Pfande ein Recht zu, das durch die Veräußerung erlischt, so ist die Zustimmung
des Dritten erforderlich. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären,
zu dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich.
Auf die Beobachtung der
Vorschriften des § 1235, des § 1237 Satz 1 und des § 1240 kann nicht vor dem
Eintritte der Verkaufsberechtigung verzichtet werden.
§ 1246. Entspricht eine von
den Vorschriften der § 1235 bis 1240 abweichende Art des Pfandverkaufs nach
billigem Ermessen den Interessen der Betheiligten, so kann jeder von ihnen
verlangen, daß der Verkauf in dieser Art erfolgt.
Kommt eine Einigung nicht
zu Stande, so entscheidet das Gericht.
§ 1247. Soweit der Erlös
aus dem Pfande dem Pfandgläubiger zu seiner Befriedigung gebührt, gilt die
Forderung als von dem Eigenthümer berichtigt. Im Uebrigen tritt der Erlös an
die Stelle des Pfandes.
§ 1248. Bei dem Verkaufe
des Pfandes gilt zu Gunsten des Pfandgläubigers der Verpfänder als der
Eigenthümer, es sei denn, daß der Pfandgläubiger weiß, daß der Verpfänder nicht
der Eigenthümer ist.
§ 1249. Wer durch die
Veräußerung des Pfandes ein Recht an dem Pfande verlieren würde, kann den
Pfandgläubiger befriedigen, sobald der Schuldner zur Leistung berechtigt ist.
Die Vorschriften des § 268 Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 1250. Mit der
Uebertragung der Forderung geht das Pfandrecht auf den neuen Gläubiger über.
Das Pfandrecht kann nicht ohne die Forderung übertragen werden.
Wird bei der Uebertragung
der Forderung der Uebergang des Pfandrechts ausgeschlossen, so erlischt das
Pfandrecht.
§ 1251. Der neue
Pfandgläubiger kann von dem bisherigen Pfandgläubiger die Herausgabe des
Pfandes verlangen.
Mit der Erlangung des
Besitzes tritt der neue Pfandgläubiger an Stelle des bisherigen Pfandgläubigers
in die mit dem Pfandrecht verbundenen Verpflichtungen gegen den Verpfänder ein.
Erfüllt er die Verpflichtung nicht, so haftet für den von ihm zu ersetzenden
Schaden der bisherige Pfandgläubiger wie ein Bürge, der auf die Einrede der
Vorausklage verzichtet hat. Die Haftung des bisherigen Pfandgläubigers tritt
nicht ein, wenn die Forderung kraft Gesetzes auf den neuen Pfandgläubiger
übergeht oder ihm auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung abgetreten wird.
§ 1252. Das Pfandrecht
erlischt mit der Forderung, für die es besteht.
§ 1253. Das Pfandrecht
erlischt, wenn der Pfandgläubiger das Pfand dem Verpfänder oder dem Eigenthümer
zurückgiebt. Der Vorbehalt der Fortdauer des Pfandrechts ist unwirksam.
Ist das Pfand im Besitze
des Verpfänders oder des Eigenthümers, so wird vermuthet, daß das Pfand ihm von
dem Pfandgläubiger zurückgegeben worden sei. Diese Vermuthung gilt auch dann,
wenn sich das Pfand im Besitz eines Dritten befindet, der den Besitz nach der
Entstehung des Pfandrechts von dem Verpfänder oder dem Eigenthümer erlangt hat.
§ 1254. Steht dem
Pfandrecht eine Einrede entgegen, durch welche die Geltendmachung des
Pfandrechts dauernd ausgeschlossen wird, so kann der Verpfänder die Rückgabe
des Pfandes verlangen. Das gleiche Recht hat der Eigenthümer.
§ 1255. Zur Aufhebung des
Pfandrechts durch Rechtsgeschäft genügt die Erklärung des Pfandgläubigers
gegenüber dem Verpfänder oder dem Eigenthümer, daß er das Pfandrecht aufgebe.
Ist das Pfandrecht mit dem
Rechte eines Dritten belastet, so ist die Zustimmung des Dritten erforderlich.
Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu dessen Gunsten sie
erfolgt; sie ist unwiderruflich.
§ 1256. Das Pfandrecht
erlischt, wenn es mit dem Eigenthum in derselben Person zusammentrifft. Das
Erlöschen tritt nicht ein, solange die Forderung, für welche das Pfandrecht
besteht, mit dem Rechte eines Dritten belastet ist.
Das Pfandrecht gilt als
nicht erloschen, soweit der Eigenthümer ein rechtliches Interesse an dem
Fortbestehen des Pfandrechts hat.
§ 1257. Die Vorschriften
über das durch Rechtsgeschäft bestellte Pfandrecht finden auf ein kraft
Gesetzes entstandenes Pfandrecht entsprechende Anwendung.
§ 1258. Besteht ein
Pfandrecht an dem Antheil eines Miteigenthümers, so übt der Pfandgläubiger die
Rechte aus, die sich aus der Gemeinschaft der Miteigenthümer in Ansehung der
Verwaltung der Sache und der Art ihrer Benutzung ergeben.
Die Aufhebung der
Gemeinschaft kann vor dem Eintritte der Verkaufsberechtigung des
Pfandgläubigers nur von dem Miteigenthümer und dem Pfandgläubiger
gemeinschaftlich verlangt werden. Nach dem Eintritte der Verkaufsberechtigung
kann der Pfandgläubiger die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen, ohne daß es
der Zustimmung des Miteigenthümers bedarf; er ist nicht an eine Vereinbarung
gebunden, durch welche die Miteigenthümer das Recht, die Aufhebung der
Gemeinschaft zu verlangen, für immer oder auf Zeit ausgeschlossen oder eine
Kündigungsfrist bestimmt haben.
Wird die Gemeinschaft
aufgehoben, so gebührt dem Pfandgläubiger das Pfandrecht an den Gegenständen,
welche an die Stelle des Antheils treten.
Das Recht des
Pfandgläubigers zum Verkaufe des Antheils bleibt unberührt.
§ 1259. Für das Pfandrecht
an einem im Schiffsregister eingetragenen Schiffe gelten die besonderen
Vorschriften der §§ 1260 bis 1271.
§ 1260. Zur Bestellung des
Pfandrechts ist die Einigung des Eigenthümers des
Schiffes und des Gläubigers darüber, daß dem Gläubiger das Pfandrecht zustehen
soll, und die Eintragung des Pfandrechts in das Schiffsregister erforderlich.
Die Vorschriften des § 873 Abs. 2 und des § 878 finden entsprechende Anwendung.
In der Eintragung müssen
der Gläubiger, der Geldbetrag der Forderung und, wenn die Forderung verzinslich
ist, der Zinssatz angegeben werden. Zur näheren Bezeichnung der Forderung kann
auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden.
§ 1261. Das Rangverhältniß
der an dem Schiffe bestellten Pfandrechte bestimmt sich nach den Vorschriften
der §§ 879 bis 881 und des § 1151.
§ 1262. Solange das
Pfandrecht im Schiffsregister eingetragen ist, behält es im Falle der
Veräußerung oder Belastung des Schiffes seine Kraft, auch wenn der Erwerber in
gutem Glauben ist.
Ist das Pfandrecht mit
Unrecht gelöscht, so gelten im Falle der Veräußerung des Schiffes die
Vorschriften des § 936 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 auch dann, wenn der Erwerber das
Eigenthum ohne Uebergabe erlangt; die Vorschrift des § 936 Abs. 3 findet keine
Anwendung. Wird ein Pfandrecht, welches dem mit Unrecht gelöschten Pfandrecht
im Range nachsteht, auf einen Dritten übertragen, so findet die Vorschrift des
§ 1208 Satz 1 Anwendung.
§ 1263. Steht der Inhalt
des Schiffsregisters in Ansehung eines Pfandrechts mit der wirklichen
Rechtslage nicht im Einklange, so kann die Berichtigung des Registers nach den
für die Berichtigung des Grundbuchs geltenden Vorschriften der §§ 894, 895,
897, 898 verlangt werden.
Ist ein Pfandrecht mit
Unrecht gelöscht worden, so kann ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des
Schiffsregisters nach § 899 Abs. 2 eingetragen werden. Solange der Widerspruch
eingetragen ist, gilt im Falle der Veräußerung oder Belastung des Schiffes dem
Erwerber gegenüber das Gleiche, wie wenn das Pfandrecht eingetragen wäre.
§ 1264. Die Haftung des
Schiffes beschränkt sich auf den eingetragenen Betrag der Forderung und die
Zinsen nach dem eingetragenen Zinssatze. Die Haftung für gesetzliche Zinsen und
für Kosten bestimmt sich nach der für die Hypothek geltenden Vorschrift des §
1118.
Ist die Forderung
unverzinslich oder ist der Zinssatz niedriger als fünf vom Hundert, so kann das
Pfandrecht ohne Zustimmung der im Range gleich- oder nachstehenden Berechtigten
dahin erweitert werden, daß das Schiff für Zinsen bis zu fünf vom Hundert
haftet.
§ 1265. Das Pfandrecht
erstreckt sich auf das Zubehör des Schiffes mit Ausnahme der Zubehörstücke, die
nicht in das Eigenthum des Eigenthümers des Schiffes gelangt sind.
Auf die Haftung der
Zubehörstücke finden die für die Hypothek geltenden Vorschriften der §§ 1121,
1122 entsprechende Anwendung.
§ 1266. Die Vorschriften
der §§ 1205 bis 1257 finden insoweit keine Anwendung, als sich daraus, daß der
Pfandgläubiger nicht den Besitz des Schiffes erlangt, Abweichungen ergeben. In dem
Falle des § 1254 tritt an die Stelle des Anspruchs auf Rückgabe des Pfandes das
Recht, die Aufhebung des Pfandrechts zu verlangen.
§ 1267. Der Verpfänder kann
gegen Befriedigung des Pfandgläubigers die Aushändigung der zur Löschung des
Pfandrechts erforderlichen Urkunden verlangen. Das gleiche Recht steht dem
persönlichen Schuldner zu, wenn er ein rechtliches Interesse an der
Berichtigung des Schiffsregisters hat.
§ 1268. Der Pfandgläubiger
kann seine Befriedigung aus dem Schiffe und dem Zubehöre nur auf Grund eines
vollstreckbaren Titels nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden
Vorschriften suchen.
§ 1269. Ist der Gläubiger
unbekannt, so kann er im Wege des Aufgebotsverfahrens mit seinem Pfandrecht
ausgeschlossen werden, wenn die im § 1170 oder die im § 1171 für die
Ausschließung eines Hypothekengläubigers bestimmten Voraussetzungen vorliegen.
Mit der Erlassung des Ausschlußurtheils erlischt das Pfandrecht. Die Vorschrift
des § 1171 Abs. 3 findet Anwendung.
§ 1270. Auf das Pfandrecht
für die Forderung aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber, aus einem
Wechsel oder aus einem anderen Papiere, das durch Indossament übertragen werden
kann, finden die Vorschriften des § 1189, auf das Pfandrecht für die Forderung
aus einer Schuldverschreibung auf den Inhaber finden auch die Vorschriften des
§ 1188 entsprechende Anwendung.
§ 1271. Das Pfandrecht kann
in der Weise bestellt werden, daß nur der Höchstbetrag, bis zu dem das Schiff
haften soll, bestimmt, im Uebrigen die Feststellung der Forderung vorbehalten
wird. Der Höchstbetrag muß in das Schiffsregister eingetragen werden.
Ist die Forderung
verzinslich, so werden die Zinsen in den Höchstbetrag eingerechnet.
§ 1272. Die Vorschriften
der §§ 1260 bis 1271 gelten auch für das Pfandrecht an einer Schiffspart.
Zweiter Titel.
Pfandrecht an Rechten.
§ 1273. Gegenstand des
Pfandrechts kann auch ein Recht sein.
Auf das Pfandrecht an
Rechten finden die Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen
entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1274 bis 1296 ein Anderes
ergiebt. Die Anwendung der Vorschriften des § 1208 und des § 1213 Abs. 2 ist
ausgeschlossen.
§ 1274. Die Bestellung des
Pfandrechts an einem Rechte erfolgt nach den für die Uebertragung des Rechtes
geltenden Vorschriften. Ist zur Uebertragung des Rechtes die Uebergabe einer
Sache erforderlich, so finden die Vorschriften der §§ 1205, 1206 Anwendung.
Soweit ein Recht nicht
übertragbar ist, kann ein Pfandrecht an dem Rechte nicht bestellt werden.
§ 1275. Ist ein Recht,
kraft dessen eine Leistung gefordert werden kann, Gegenstand des Pfandrechts,
so finden auf das Rechtsverhältniß zwischen dem Pfandgläubiger und dem
Verpflichteten die Vorschriften, welche im Falle der Uebertragung des Rechtes
für das Rechtsverhältniß zwischen dem Erwerber und dem Verpflichteten gelten,
und im Falle einer nach § 1217 Abs. 1 getroffenen gerichtlichen Anordnung die
Vorschrift des § 1070 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§ 1276. Ein verpfändetes
Recht kann durch Rechtsgeschäft nur mit Zustimmung des Pfandgläubigers
aufgehoben werden. Die Zustimmung ist demjenigen gegenüber zu erklären, zu
dessen Gunsten sie erfolgt; sie ist unwiderruflich. Die Vorschrift des § 876
Satz 3 bleibt unberührt.
Das Gleiche gilt im Falle
einer Aenderung des Rechtes, sofern sie das Pfandrecht beeinträchtigt.
§ 1277. Der Pfandgläubiger
kann seine Befriedigung aus dem Rechte nur auf Grund eines vollstreckbaren
Titels nach den für die Zwangsvollstreckung geltenden Vorschriften suchen,
sofern nicht ein Anderes bestimmt ist. Die Vorschriften des § 1229 und des §
1245 Abs. 2 bleiben unberührt.
§ 1278. Ist ein Recht, zu
dessen Verpfändung die Uebergabe einer Sache erforderlich ist, Gegenstand des
Pfandrechts, so finden auf das Erlöschen des Pfandrechts durch die Rückgabe der
Sache die Vorschriften des § 1253 entsprechende Anwendung.
§ 1279. Für das Pfandrecht
an einer Forderung gelten die besonderen Vorschriften der §§ 1280 bis 1290.
§ 1280. Die Verpfändung
einer Forderung, zu deren Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt, ist nur
wirksam, wenn der Gläubiger sie dem Schuldner anzeigt.
§ 1281. Der Schuldner kann
nur an den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich leisten. Jeder von
beiden kann verlangen, daß an sie gemeinschaftlich geleistet wird; jeder kann
statt der Leistung verlangen, daß die geschuldete Sache für beide hinterlegt
oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen gerichtlich zu
bestellenden Verwahrer abgeliefert wird.
§ 1282. Sind die
Voraussetzungen des § 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist der Pfandgläubiger zur Einziehung
der Forderung berechtigt und kann der Schuldner nur an ihn leisten. Die
Einziehung einer Geldforderung steht dem Pfandgläubiger nur insoweit zu, als
sie zu seiner Befriedigung erforderlich ist. Soweit er zur Einziehung
berechtigt ist, kann er auch verlangen, daß ihm die Geldforderung an
Zahlungsstatt abgetreten wird.
Zu anderen Verfügungen über
die Forderung ist der Pfandgläubiger nicht berechtigt; das Recht, die
Befriedigung aus der Forderung nach § 1277 zu suchen, bleibt unberührt.
§ 1283. Hängt die
Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer Kündigung ab, so bedarf der
Gläubiger zur Kündigung der Zustimmung des Pfandgläubigers nur, wenn dieser
berechtigt ist, die Nutzungen zu ziehen.
Die Kündigung des
Schuldners ist nur wirksam, wenn sie dem Pfandgläubiger und dem Gläubiger
erklärt wird.
Sind die Voraussetzungen
des § 1228 Abs. 2 eingetreten, so ist auch der Pfandgläubiger zur Kündigung
berechtigt; für die Kündigung des Schuldners genügt die Erklärung gegenüber dem
Pfandgläubiger.
§ 1284. Die Vorschriften
der §§ 1281 bis 1283 finden keine Anwendung, soweit der Pfandgläubiger und der
Gläubiger ein Anderes vereinbaren.
§ 1285. Hat die Leistung an
den Pfandgläubiger und den Gläubiger gemeinschaftlich zu erfolgen, so sind
beide einander verpflichtet, zur Einziehung mitzuwirken, wenn die Forderung
fällig ist.
Soweit der Pfandgläubiger
berechtigt ist, die Forderung ohne Mitwirkung des Gläubigers einzuziehen, hat
er für die ordnungsmäßige Einziehung zu sorgen. Von der Einziehung hat er den
Gläubiger unverzüglich zu benachrichtigen, sofern nicht die Benachrichtigung
unthunlich ist.
§ 1286. Hängt die
Fälligkeit der verpfändeten Forderung von einer Kündigung ab, so kann der
Pfandgläubiger sofern nicht das Kündigungsrecht ihm zusteht, von dem Gläubiger
die Kündigung verlangen, wenn die Einziehung der Forderung wegen Gefährdung
ihrer Sicherheit nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Vermögensverwaltung
geboten ist. Unter der gleichen Voraussetzung kann der Gläubiger von dem
Pfandgläubiger die Zustimmung zur Kündigung verlangen, sofern die Zustimmung
erforderlich ist.
§ 1287. Leistet der
Schuldner in Gemäßheit der §§ 1281, 1282, so erwirbt mit der Leistung der
Gläubiger den geleisteten Gegenstand und der Pfandgläubiger ein Pfandrecht an
dem Gegenstande. Besteht die Leistung in der Uebertragung des Eigenthums an
einem Grundstücke, so erwirbt der Pfandgläubiger eine Sicherungshypothek.
§ 1288. Wird eine
Geldforderung in Gemäßheit des § 1281 eingezogen, so sind der Pfandgläubiger
und der Gläubiger einander verpflichtet, dazu mitzuwirken, daß der eingezogene
Betrag, soweit es ohne Beeinträchtigung des Interesses des Pfandgläubigers
thunlich ist, nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften
verzinslich angelegt und gleichzeitig dem Pfandgläubiger das Pfandrecht
bestellt wird. Die Art der Anlegung bestimmt der Gläubiger.
Erfolgt die Einziehung in
Gemäßheit des § 1282, so gilt die Forderung des Pfandgläubigers, soweit ihm der
eingezogene Betrag zu seiner Befriedung gebührt, als von dem Gläubiger berichtigt.
§ 1289. Das Pfandrecht an
einer Forderung erstreckt sich auf die Zinsen der Forderung. Die Vorschriften
des § 1123 Abs. 2 und der §§ 1124, 1125 finden entsprechende Anwendung; an die
Stelle der Beschlagnahme tritt die Anzeige des Pfandgläubigers an den
Schuldner, daß er von dem Einziehungsrechte Gebrauch mache.
§ 1290. Bestehen mehrere
Pfandrechte an einer Forderung, so ist zur Einziehung nur derjenige
Pfandgläubiger berechtigt, dessen Pfandrecht den übrigen Pfandrechten vorgeht.
§ 1291. Die Vorschriften
über das Pfandrecht an einer Forderung gelten auch für das Pfandrecht an einer
Grundschuld und an einer Rentenschuld.
§ 1292. Zur Verpfändung
eines Wechsels oder eines anderen Papiers, das durch Indossament übertragen
werden kann, genügt die Einigung des Gläubigers und des Pfandgläubigers und die
Uebergabe des indossirten Papiers.
§ 1293. Für das Pfandrecht
an einem Inhaberpapiere gelten die Vorschriften über
das Pfandrecht an beweglichen Sachen.
§ 1294. Ist ein Wechsel,
ein anderes Papier, das durch Indossament übertragen werden kann, oder ein
Inhaberpapier Gegenstand des Pfandrechts, so ist, auch wenn die Voraussetzungen
des § 1228 Abs. 2 noch nicht eingetreten sind, der Pfandgläubiger zur
Einziehung und, falls Kündigung erforderlich ist, zur Kündigung berechtigt und
kann der Schuldner nur an ihn leisten.
§ 1295. Hat ein
verpfändetes Papier, das durch Indossament übertragen werden kann, einen
Börsen- oder Marktpreis, so ist der Gläubiger nach dem Eintritte der
Voraussetzungen des § 1228 Abs. 2 berechtigt, das Papier nach § 1221 verkaufen
zu lassen.
§ 1296. Das Pfandrecht an
einem Werthpapier erstreckt sich auf die zu dem Papiere gehörenden Zins-,
Renten- oder Gewinnantheilscheine nur dann, wenn sie dem Pfandgläubiger
übergeben sind. Der Verpfänder kann, sofern nicht ein Anderes bestimmt ist, die
Herausgabe der Scheine verlangen, soweit sie vor dem Eintritte der
Voraussetzungen des § 1228 Abs. 2 fällig werden.
Viertes Buch.
Familienrecht.
Erster Abschnitt.
Bürgerliche Ehe.
Erster Titel.
Verlöbniß.
§ 1297. Aus einem Verlöbnisse kann nicht auf Eingehung der Ehe geklagt werden.
Das Versprechen einer
Strafe für den Fall, daß die Eingehung der Ehe unterbleibt, ist nichtig.
§ 1298. Tritt ein Verlobter
von dem Verlöbnisse zurück, so hat er dem anderen Verlobten und dessen Eltern
sowie dritten Personen, welche an Stelle der Eltern gehandelt haben, den
Schaden zu ersetzen, der daraus entstanden ist, daß sie in Erwartung der Ehe
Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind. Dem anderen
Verlobten hat er auch den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, daß
er in Erwartung der Ehe sonstige sein Vermögen oder seine Erwerbsstellung
berührende Maßnahmen getroffen hat.
Der Schaden ist nur
insoweit zu ersetzen, als die Aufwendungen, die Eingehung der Verbindlichkeiten
und die sonstigen Maßnahmen den Umständen nach angemessen waren.
Die Ersatzpflicht tritt
nicht ein, wenn ein wichtiger Grund für den Rücktritt vorliegt.
§ 1299. Veranlaßt ein
Verlobter den Rücktritt des anderen durch ein Verschulden, das einen wichtigen
Grund für den Rücktritt bildet, so ist er nach Maßgabe des § 1298 Abs. 1, 2 zum
Schadensersatze verpflichtet.
§ 1300. Hat eine
unbescholtene Verlobte ihrem Verlobten die Beiwohnung gestattet, so kann sie,
wenn die Voraussetzungen des § 1298 oder des § 1299 vorliegen, auch wegen des
Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld
verlangen.
Der Anspruch ist nicht
übertragbar und geht nicht auf die Erben über, es sei denn, daß er durch
Vertrag anerkannt oder daß er rechtshängig geworden ist.
§ 1301. Unterbleibt die
Eheschließung, so kann jeder Verlobte von dem anderen die Herausgabe
desjenigen, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen des Verlöbnisses gegeben hat,
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
fordern. Im Zweifel ist anzunehmen, daß die Rückforderung ausgeschlossen sein
soll, wenn das Verlöbniß durch den Tod eines der Verlobten aufgelöst wird.
§ 1302. Die in den §§ 1298
bis 1301 bestimmten Ansprüche verjähren in zwei Jahren von der Auflösung des
Verlöbnisses an.
Zweiter Titel.
Eingehung der Ehe.
§ 1303. Ein Mann darf nicht
vor dem Eintritte der Volljährigkeit, eine Frau darf nicht vor der Vollendung
des sechzehnten Lebensjahrs eine Ehe eingehen.
Einer Frau kann Befreiung
von dieser Vorschrift bewilligt werden.
§ 1304. Wer in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Eingehung einer Ehe der
Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters.
Ist der gesetzliche
Vertreter ein Vormund, so kann die Einwilligung, wenn sie von ihm verweigert
wird, auf Antrag des Mündels durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden.
Das Vormundschaftsgericht hat die Einwilligung zu ersetzen, wenn die Eingehung
der Ehe im Interesse des Mündels liegt.
§ 1305. Ein eheliches Kind
bedarf bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs zur Eingehung einer
Ehe der Einwilligung des Vaters, ein uneheliches Kind bedarf bis zum gleichen
Lebensalter der Einwilligung der Mutter. An die Stelle des Vaters tritt die
Mutter, wenn der Vater gestorben ist oder wenn ihm die sich aus der Vaterschaft
ergebenden Rechte nach § 1701 nicht zustehen. Ein für ehelich erklärtes Kind
bedarf der Einwilligung der Mutter auch dann nicht, wenn der Vater gestorben
ist.
Dem Tode des Vaters oder
der Mutter steht es gleich, wenn sie zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer
Stande sind oder wenn ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§ 1306. Einem an
Kindesstatt angenommenen Kinde gegenüber steht die Einwilligung zur Eingehung
einer Ehe an Stelle der leiblichen Eltern demjenigen zu, welcher das Kind
angenommen hat. Hat ein Ehepaar das Kind gemeinschaftlich oder hat ein Ehegatte
das Kind des anderen Ehegatten angenommen, so finden die Vorschriften des §
1305 Abs. 1, 2, Abs. 2 Anwendung.
Die leiblichen Eltern
erlangen das Recht zur Einwilligung auch dann nicht wieder, wenn das durch die Annahme an Kindesstatt begründete
Rechtsverhältniß aufgehoben wird.
§ 1307. Die elterliche
Einwilligung kann nicht durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Vater
oder die Mutter in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters nicht erforderlich.
§ 1308. Wird die elterliche
Einwilligung einem volljährigen Kinde verweigert, so kann sie auf dessen Antrag
durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden. Das Vormundschaftsgericht hat
die Einwilligung zu ersetzen, wenn sie ohne wichtigen Grund verweigert wird.
Vor der Entscheidung soll
das Vormundschaftsgericht Verwandte oder Verschwägerte des Kindes hören, wenn
es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen
kann. Für den Ersatz der Auslagen gilt die Vorschrift des § 1847 Abs. 2.
§ 1309. Niemand darf eine
Ehe eingehen, bevor seine frühere Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt worden
ist. Wollen Ehegatten die Eheschließung wiederholen, so ist die vorgängige
Nichtigkeitserklärung nicht erforderlich.
Wird gegen ein Urtheil,
durch das die frühere Ehe aufgelöst oder für nichtig erklärt worden ist, die
Nichtigkeitsklage oder die Restitutionsklage erhoben, so dürfen die Ehegatten
nicht vor der Erledigung des Rechtsstreits eine neue Ehe eingehen, es sei denn,
daß die Klage erst nach dem Ablaufe der vorgeschriebenen fünfjährigen Frist
erhoben worden ist.
§ 1310. Eine Ehe darf nicht
geschlossen werden zwischen Verwandten in gerader Linie, zwischen vollbürtigen
oder halbbürtigen Geschwistern sowie zwischen Verschwägerten in gerader Linie.
Eine Ehe darf nicht
geschlossen werden zwischen Personen, von denen die eine mit Eltern, Voreltern
oder Abkömmlingen der anderen Geschlechtsgemeinschaft gepflogen hat.
Verwandtschaft im Sinne dieser Vorschriften besteht auch zwischen einem
unehelichen Kinde und dessen Abkömmlingen einerseits und dem Vater und dessen
Verwandten andererseits.
§ 1311. Wer einen Anderen
an Kindesstatt angenommen hat, darf mit ihm oder dessen Abkömmlingen eine Ehe
nicht eingehen, solange das durch die Annahme
begründete Rechtsverhältniß besteht.
§ 1312. Eine Ehe darf nicht
geschlossen werden zwischen einem wegen Ehebruchs geschiedenen Ehegatten und
demjenigen, mit welchem der geschiedene Ehegatte den Ehebruch begangen hat,
wenn dieser Ehebruch in dem Scheidungsurtheil als Grund der Scheidung
festgestellt ist.
Von dieser Vorschrift kann
Befreiung bewilligt werden.
§ 1313. Eine Frau darf erst
zehn Monate nach der Auflösung oder Nichtigkeitserklärung ihrer früheren Ehe
eine neue Ehe eingehen, es sei denn, daß sie inzwischen geboren hat.
Von dieser Vorschrift kann
Befreiung bewilligt werden.
§ 1314. Wer ein eheliches
Kind hat, das minderjährig ist oder unter seiner Vormundschaft steht, darf eine
Ehe erst eingehen, nachdem ihm das Vormundschaftsgericht ein Zeugniß darüber
ertheilt hat, daß er die im § 1669 bezeichneten Verpflichtungen erfüllt hat
oder daß sie ihm nicht obliegen.
Ist im Falle der
fortgesetzten Gütergemeinschaft ein antheilsberechtigter Abkömmling
minderjährig oder bevormundet, so darf der überlebende Ehegatte eine Ehe erst
eingehen, nachdem ihm das Vormundschaftsgericht ein Zeugniß darüber ertheilt
hat, daß er die im § 1493 Abs. 2 bezeichneten Verpflichtungen erfüllt hat oder
daß sie ihm nicht obliegen.
§ 1315. Militärpersonen und
solche Landesbeamte, für die nach den Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe
eine besondere Erlaubniß erforderlich ist, dürfen nicht ohne die
vorgeschriebene Erlaubniß eine Ehe eingehen.
Ausländer, für die nach den
Landesgesetzen zur Eingehung einer Ehe eine Erlaubniß oder ein Zeugniß
erforderlich ist, dürfen nicht ohne diese Erlaubniß oder ohne dieses Zeugniß eine Ehe eingehen.
§ 1316. Der Eheschließung
soll ein Aufgebot vorhergehen. Das Aufgebot verliert seine Kraft, wenn die Ehe
nicht binnen sechs Monaten nach der Vollziehung des Aufgebots geschlossen wird.
Das Aufgebot darf
unterbleiben, wenn die lebensgefährliche Erkrankung eines der Verlobten den
Aufschub der Eheschließung nicht gestattet.
Von dem Aufgebote kann
Befreiung bewilligt werden.
§ 1317. Die Ehe wird
dadurch geschlossen, daß die Verlobten vor einem Standesbeamten persönlich und
bei gleichzeitiger Anwesenheit erklären, die Ehe mit einander eingehen zu
wollen. Der Standesbeamte muß zur Entgegennahme der Erklärungen bereit sein.
Die Erklärungen können
nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben werden.
§ 1318. Der Standesbeamte
soll bei der Eheschließung in Gegenwart von zwei Zeugen an die Verlobten
einzeln und nach einander die Frage richten, ob sie die Ehe mit einander
eingehen wollen, und, nachdem die Verlobten die Frage bejaht haben,
aussprechen, daß sie kraft dieses Gesetzes nunmehr rechtmäßig verbundene
Eheleute seien.
Als Zeugen sollen Personen,
die der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt sind, während der Zeit,
für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist, sowie Minderjährige
nicht zugezogen werden. Personen, die mit einem der Verlobten, mit dem
Standesbeamten oder mit einander verwandt oder verschwägert sind, dürfen als
Zeugen zugezogen werden.
Der Standesbeamte soll die
Eheschließung in das Heiratsregister eintragen.
§ 1319. Als Standesbeamter
im Sinne des § 1317 gilt auch derjenige, welcher, ohne Standesbeamter zu sein,
das Amt eines Standesbeamten öffentlich ausübt, es sei denn, daß die Verlobten
den Mangel der amtlichen Befugniß bei der Eheschließung kennen.
§ 1320. Die Ehe soll vor
dem zuständigen Standesbeamten geschlossen werden.
Zuständig ist der
Standesbeamte, in dessen Bezirk einer der Verlobten seinen Wohnsitz oder seinen
gewöhnlichen Aufenthalt hat.
Hat keiner der Verlobten
seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und ist auch nur
einer von ihnen ein Deutscher, so wird der zuständige Standesbeamte von der
obersten Aufsichtsbehörde des Bundesstaats, dem der Deutsche angehört, und,
wenn dieser keinem Bundesstaat angehört, von dem Reichskanzler bestimmt.
Unter mehreren zuständigen
Standesbeamten haben die Verlobten die Wahl.
§ 1321. Auf Grund einer
schriftlichen Ermächtigung des zuständigen Standesbeamten darf die Ehe auch vor
dem Standesbeamten eines anderen Bezirkes geschlossen werden.
§ 1322. Die Bewilligung
einer nach den §§ 1303, 1313 zulässigen Befreiung steht dem Bundesstaate zu,
dem die Frau, die Bewilligung einer nach § 1312 zulässigen Befreiung steht dem
Bundesstaate zu, dem der geschiedene Ehegatte angehört. Für Deutsche, die
keinem Bundesstaat angehören, steht die Bewilligung dem Reichskanzler zu.
Die Bewilligung einer nach
§ 1316 zulässigen Befreiung steht dem Bundesstaate zu, in dessen Gebiete die
Ehe geschlossen werden soll.
Ueber die Ertheilung der
einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu
bestimmen.
Dritter Titel.
Nichtigkeit und
Anfechtbarkeit der Ehe.
§ 1323. Eine Ehe ist nur in
den Fällen der §§ 1324 bis 1328 nichtig.
§ 1324. Eine Ehe ist
nichtig, wenn bei der Eheschließung die im § 1317 vorgeschriebene Form nicht
beobachtet worden ist.
Ist die Ehe in das
Heiratsregister eingetragen worden und haben die Ehegatten nach der Eheschließung
zehn Jahre oder, falls einer von ihnen vorher gestorben ist, bis zu dessen
Tode, jedoch mindestens drei Jahre, als Ehegatten mit einander gelebt, so ist
die Ehe als von Anfang an gültig anzusehen. Diese Vorschrift findet keine
Anwendung, wenn bei dem Ablaufe der zehn Jahre oder zur Zeit des Todes des
einen Ehegatten die Nichtigkeitsklage erhoben ist.
§ 1325. Eine Ehe ist
nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung geschäftsunfähig
war oder sich im Zustande der Bewußlosigkeit oder vorübergehender Störung der
Geistesthätigkeit befand.
Die Ehe ist als von Anfang
an gültig anzusehen, wenn der Ehegatte sie nach dem Wegfalle der
Geschäftsunfähigkeit, der Bewusstlosigkeit oder der Störung der
Geistesthätigkeit bestätigt, bevor sie für nichtig erklärt oder aufgelöst
worden ist. Die Bestätigung bedarf nicht der für die Eheschließung
vorgeschriebenen Form.
§ 1326. Eine Ehe ist
nichtig, wenn einer der Ehegatten zur Zeit der Eheschließung mit einem Dritten
in einer gültigen Ehe lebte.
§ 1327. Eine Ehe ist
nichtig, wenn sie zwischen Verwandten oder Verschwägerten dem Verbote des §
1310 Abs.1 zuwider geschlossen worden ist.
§ 1328. Eine Ehe ist
nichtig, wenn sie wegen Ehebruchs nach § 1312 verboten war.
Wird nachträglich Befreiung
von der Vorschrift des § 1312 bewilligt, so ist die Ehe als von Anfang an
gültig anzusehen.
§ 1329. Die Nichtigkeit
einer nach den §§ 1325 bis 1328 nichtigen Ehe kann, solange nicht die Ehe für
nichtig erklärt oder aufgelöst ist, nur im Wege der Nichtigkeitsklage geltend
gemacht werden. Das Gleiche gilt von einer nach § 1324 nichtigen Ehe, wenn sie
in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§ 1330. Eine Ehe kann nur
in den Fällen der §§ 1331 bis 1335 und des § 1350 angefochten werden.
§ 1331. Eine Ehe kann von
dem Ehegatten angefochten werden, der zur Zeit der Eheschließung oder im Falle
des § 1325 zur Zeit der Bestätigung in der Geschäftsfähigkeit beschränkt war,
wenn die Eheschließung oder die Bestätigung ohne Einwilligung seines
gesetzlichen Vertreters erfolgt ist.
§ 1332. Eine Ehe kann von
dem Ehegatten angefochten werden, der bei der Eheschließung nicht gewußt hat,
daß es sich um eine Eheschließung handle, oder dies zwar gewußt hat, aber eine
Erklärung, die Ehe eingehen zu wollen, nicht hat abgeben wollen.
§ 1333. Eine Ehe kann von
dem Ehegatten angefochten werden, der sich bei der Eheschließung in der Person
des anderen Ehegatten oder über solche persönliche Eigenschaften des anderen
Ehegatten geirrt hat, die ihn bei Kenntniß der Sachlage und bei verständiger Würdigung
des Wesens der Ehe von der Eingehung der Ehe abgehalten haben würden.
§ 1334. Eine Ehe kann von
dem Ehegatten angefochten werden, der zur Eingehung der Ehe durch arglistige
Täuschung über solche Umstände bestimmt worden ist, die ihn bei Kenntniß der
Sachlage und bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe von der Eingehung
der Ehe abgehalten haben würden. Ist die Täuschung nicht von dem anderen
Ehegatten verübt worden, so ist die Ehe nur dann anfechtbar, wenn dieser die
Täuschung bei der Eheschließung gekannt hat.
Auf Grund einer Täuschung
über Vermögensverhältnisse findet die Anfechtung nicht statt.
§ 1335. Eine Ehe kann von
dem Ehegatten angefochten werden, der zur Eingehung der Ehe widerrechtlich
durch Drohung bestimmt worden ist.
§ 1336. Die Anfechtung der
Ehe kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der anfechtungsberechtigte
Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen
geschäftsunfähigen Ehegatten kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts die Ehe anfechten. In den Fällen des § 1331 kann,
solange der anfechtungsberechtigte Ehegatte in der Geschäftsfähigkeit
beschränkt ist, nur sein gesetzlicher Vertreter die Ehe anfechten.
§ 1337. Die Anfechtung der
Ehe ist in den Fällen des § 1331 ausgeschlossen, wenn der gesetzliche Vertreter
die Ehe genehmigt oder der anfechtungsberechtigte Ehegatte, nachdem er
unbeschränkt geschäftsfähig geworden ist, die Ehe bestätigt. Ist der
gesetzliche Vertreter ein Vormund, so kann die Genehmigung, wenn sie von ihm
verweigert wird, auf Antrag des Ehegatten durch das Vormundschaftsgericht
ersetzt werden; das Vormundschaftsgericht hat die Genehmigung zu ersetzen, wenn
die Aufrechterhaltung der Ehe im Interesse des Ehegatten liegt.
In den Fällen der §§ 1332
bis 1335 ist die Anfechtung ausgeschlossen, wenn der anfechtungsberechtigte
Ehegatte nach der Entdeckung des Irrthums oder der Täuschung oder nach dem
Aufhören der Zwangslage die Ehe bestätigt.
Die Vorschriften des § 1336
Abs. 1 gelten auch für die Bestätigung.
§ 1338. Die Anfechtung ist
nach der Auflösung der Ehe ausgeschlossen, es sei denn, daß die Auflösung durch
den Tod des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten herbeigeführt worden
ist.
§ 1339. Die Anfechtung kann
nur binnen sechs Monaten erfolgen.
Die Frist beginnt in den
Fällen des § 1331 mit dem Zeitpunkt, in welchem die Eingehung oder die
Bestätigung der Ehe dem gesetzlichen Vertreter bekannt wird oder der Ehegatte
die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit erlangt, in den Fällen der §§ 1332 bis
1334 mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ehegatte den Irrthum oder die Täuschung
entdeckt, in dem Falle des § 1335 mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage
aufhört.
Auf die Frist finden die
für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechende
Anwendung.
§ 1340. Hat der gesetzliche
Vertreter eines geschäftsunfähigen Ehegatten die Ehe nicht rechtzeitig
angefochten, so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Ehegatte
selbst die Ehe in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen
Vertreter gewesen wäre.
§ 1341. Die Anfechtung
erfolgt, solange nicht die Ehe aufgelöst ist, durch Erhebung der
Anfechtungsklage.
Wird die Klage
zurückgenommen, so ist die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen. Das Gleiche
gilt, wenn die angefochtene Ehe, bevor sie für nichtig erklärt oder aufgelöst
worden ist, nach Maßgabe des § 1337 genehmigt oder bestätigt wird.
§ 1342. Ist die Ehe durch
den Tod des zur Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten aufgelöst worden, so
erfolgt die Anfechtung durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die
Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Das Nachlaßgericht soll die
Erklärung sowohl demjenigen mittheilen, welcher im Falle der Gültigkeit der Ehe,
als auch demjenigen, welcher im Falle der Nichtigkeit der Ehe Erbe der
verstorbenen Ehegatten ist. Es hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu
gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§ 1343. Wird eine
anfechtbare Ehe angefochten, so ist sie als von Anfang an nichtig anzusehen.
Die Vorschrift des § 142 Abs. 2 findet Anwendung.
Die Nichtigkeit einer
anfechtbaren Ehe, die im Wege der Klage angefochten worden ist, kann, solange
nicht die Ehe für nichtig erklärt oder aufgelöst ist, nicht anderweit geltend
gemacht werden.
§ 1344. Einem Dritten
gegenüber können aus der Nichtigkeit der Ehe Einwendungen gegen ein zwischen
ihm und einem der Ehegatten vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein
zwischen ihnen ergangenes rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn
zur Zeit der Vornahme des Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der
Rechtshängigkeit die Ehe für nichtig erklärt oder die Nichtigkeit dem Dritten
bekannt war.
Die Nichtigkeit kann ohne
diese Beschränkung geltend gemacht werden, wenn sie auf einem Formmangel beruht
und die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§ 1345. War dem einen
Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so kann der
andere Ehegatte, sofern nicht auch ihm die Nichtigkeit bekannt war, nach der
Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung der Ehe verlangen, daß ihr Verhältniß
in vermögensrechtlicher Beziehung, insbesondere auch in Ansehung der
Unterhaltspflicht, so behandelt wird, wie wenn die Ehe zur Zeit der
Nichtigkeitserklärung oder der Auflösung geschieden und der Ehegatte, dem die
Nichtigkeit bekannt war, für allein schuldig erklärt worden wäre.
Diese Vorschrift findet
keine Anwendung, wenn die Nichtigkeit auf einem Formmangel beruht und die Ehe
nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§ 1346. Wird eine wegen
Drohung anfechtbare Ehe für nichtig erklärt, so steht das im § 1345 Abs. 1
bestimmte Recht dem anfechtungsberechtigten Ehegatten zu. Wird eine wegen
Irrthums anfechtbare Ehe für nichtig erklärt, so steht dieses Recht dem zur
Anfechtung nicht berechtigten Ehegatten zu, es sei denn, daß dieser den Irrthum
bei der Eingehung der Ehe kannte oder kennen mußte.
§ 1347. Erklärt der
Ehegatte, dem das im § 1345 Abs. 1 bestimmte Recht zusteht, dem anderen
Ehegatten, daß er von dem Rechte Gebrauch mache, so kann er die Folgen der
Nichtigkeit der Ehe nicht mehr geltend machen; erklärt er dem anderen
Ehegatten, daß es bei diesen Folgen bewenden solle, so erlischt das im § 1345
Abs. 1 bestimmte Recht.
Der andere Ehegatte kann
den berechtigten Ehegatten unter Bestimmung einer angemessenen Frist zur
Erklärung darüber auffordern, ob er von dem Rechte Gebrauch mache. Das Recht
kann in diesem Falle nur bis zum Ablaufe der Frist ausgeübt werden.
Vierter Titel.
Wiederverheirathung im
Falle der Todeserklärung.
§ 1348. Geht ein Ehegatte,
nachdem der andere Ehegatte für todt erklärt worden ist, eine neue Ehe ein, so
ist die neue Ehe nicht deshalb nichtig, weil der für todt erklärte Ehegatte
noch lebt, es sei denn, daß beide Ehegatten bei der Eheschließung wissen, daß
er die Todeserklärung überlebt hat.
Mit der Schließung der
neuen Ehe wird die frühere Ehe aufgelöst. Sie bleibt auch dann aufgelöst, wenn
die Todeserklärung in Folge einer Anfechtungsklage aufgehoben wird.
§ 1349. Ist das Urtheil,
durch das einer der Ehegatten für todt erklärt worden ist, im Wege der Klage
angefochten, so darf der andere Ehegatte nicht vor der Erledigung des
Rechtsstreits eine neue Ehe eingehen, es sei denn, daß die Anfechtung erst zehn
Jahre nach der Verkündung des Urtheils erfolgt ist.
§ 1350. Jeder Ehegatte der
neuen Ehe kann, wenn der für todt erklärte Ehegatte noch lebt, die neue Ehe
anfechten, es sei denn, daß er bei der Eheschließung von dessen Leben Kenntniß
hatte. Die Anfechtung kann nur binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt an
erfolgen, in welchem der anfechtende Ehegatte erfährt, daß der für todt
erklärte Ehegatte noch lebt.
Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn der anfechtungsberechtigte Ehegatte die Ehe bestätigt,
nachdem er von dem Leben des für todt erklärten Ehegatten Kenntniß erlangt hat,
oder wenn die neue Ehe durch den Tod eines der Ehegatten aufgelöst worden ist.
§ 1351. Wird die Ehe nach §
1350 von dem Ehegatten der früheren Ehe angefochten, so hat dieser dem anderen
Ehegatten nach den für die Scheidung geltenden Vorschriften der §§ 1578 bis
1582 Unterhalt zu gewähren, wenn nicht der andere Ehegatte bei der
Eheschließung wußte, daß der für todt erklärte Ehegatte die Todeserklärung
überlebt hat.
§ 1352. Wird die frühere
Ehe nach § 1348 Abs. 2 aufgelöst, so bestimmt sich die Verpflichtung der Frau,
dem Manne zur Bestreitung des Unterhalts eines gemeinschaftlichen Kindes einen
Beitrag zu leisten, nach den für die Scheidung geltenden Vorschriften des §
1585.
Fünfter Titel.
Wirkungen der Ehe im
Allgemeinen.
§ 1353. Die Ehegatten sind
einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet.
Stellt sich das Verlangen
eines Ehegatten nach Herstellung der Gemeinschaft als Mißbrauch seines Rechtes
dar, so ist der andere Ehegatte nicht verpflichtet, dem Verlangen Folge zu
leisten. Das Gleiche gilt, wenn der andere Ehegatte berechtigt ist, auf
Scheidung zu klagen.
§ 1354. Dem Manne steht die
Entscheidung in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben betreffenden
Angelegenheiten zu; er bestimmt insbesondere Wohnort und Wohnung.
Die Frau ist nicht
verpflichtet, der Entscheidung des Mannes Folge zu leisten, wenn sich die
Entscheidung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt.
§ 1355. Die Frau erhält den
Familiennamen des Mannes.
§ 1356. Die Frau ist, unbeschadet
der Vorschriften des § 1354, berechtigt und verpflichtet, das gemeinschaftliche
Hauswesen zu leiten.
Zu Arbeiten im Hauswesen
und im Geschäfte des Mannes ist die Frau verpflichtet, soweit eine solche
Thätigkeit nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten leben, üblich ist.
§ 1357. Die Frau ist
berechtigt, innerhalb ihres häuslichen Wirkungskreises die Geschäfte des Mannes
für ihn zu besorgen und ihn zu vertreten. Rechtsgeschäfte, die sie innerhalb
dieses Wirkungskreises vornimmt, gelten als im Namen des Mannes vorgenommen,
wenn nicht aus den Umständen sich ein Anderes ergiebt.
Der Mann kann das Recht der
Frau beschränken oder ausschließen. Stellt sich die Beschränkung oder die
Ausschließung als Mißbrauch des Rechtes des Mannes dar, so kann sie auf Antrag
der Frau durch das Vormundschaftsgericht aufgehoben werden. Dritten gegenüber
ist die Beschränkung oder die Ausschließung nur nach Maßgabe des § 1435
wirksam.
§ 1358. Hat sich die Frau
einem Dritten gegenüber zu einer von ihr in Person zu bewirkenden Leistung
verpflichtet, so kann der Mann das Rechtsverhältniß ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist kündigen, wenn er auf seinen Antrag von dem
Vormundschaftsgerichte dazu ermächtigt worden ist. Das Vormundschaftsgericht
hat die Ermächtigung zu ertheilen, wenn sich ergiebt, daß die Thätigkeit der
Frau die ehelichen Interessen beeinträchtigt.
Das Kündigungsrecht ist
ausgeschlossen, wenn der Mann der Verpflichtung zugestimmt hat oder seine
Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt worden
ist. Das Vormundschaftsgericht kann die Zustimmung ersetzen, wenn der Mann
durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung verhindert
und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist oder wenn sich die Verweigerung der
Zustimmung als Mißbrauch seines Rechtes darstellt. Solange die häusliche
Gemeinschaft aufgehoben ist, steht das Kündigungsrecht dem Manne nicht zu.
Die Zustimmung sowie die
Kündigung kann nicht durch einen Vertreter des Mannes
erfolgen; ist der Mann in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht
der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
§ 1359. Die Ehegatten haben
bei der Erfüllung der sich aus dem ehelichen Verhältniß ergebenden
Verpflichtungen einander nur für
diejenige Sorgfalt einzustehen, welche sie in eigenen Angelegenheiten
anzuwenden pflegen.
§ 1360. Der Mann hat der
Frau nach Maßgabe seiner Lebensstellung, seines Vermögens und seiner
Erwerbsfähigkeit Unterhalt zu gewähren.
Die Frau hat dem Manne,
wenn er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, den seiner Lebensstellung
entsprechenden Unterhalt nach Maßgabe ihres Vermögens und ihrer
Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
Der Unterhalt ist in der
durch die eheliche Lebensgemeinschaft gebotenen Weise zu gewähren. Die für die
Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1605, 1613 bis
1615 finden entsprechende Anwendung.
§ 1361. Leben die Ehegatten
getrennt, so ist, solange einer von ihnen die Herstellung des ehelichen Lebens
verweigern darf und verweigert, der Unterhalt durch Entrichtung einer Geldrente
zu gewähren; auf die Rente finden die Vorschriften des § 760 Anwendung. Der
Mann hat der Frau auch die zur Führung eines abgesonderten Haushalts
erforderlichen Sachen aus dem gemeinschaftlichen Haushalte zum Gebrauche
herauszugeben, es sei denn, daß die Sachen für ihn unentbehrlich sind oder daß
sich solche Sachen in dem der Verfügung der Frau unterliegenden Vermögen
befinden.
Die Unterhaltspflicht des
Mannes fällt weg oder beschränkt sich auf die Zahlung eines Beitrags, wenn der
Wegfall oder die Beschränkung mit Rücksicht auf die Bedürfnisse sowie auf die
Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Ehegatten der Billigkeit entspricht.
§ 1362. Zu Gunsten der
Gläubiger des Mannes wird vermuthet, daß die im Besitz eines der Ehegatten oder
beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Manne gehören. Dies gilt
insbesondere auch für Inhaberpapiere und für Orderpapiere, die mit
Blankoindossament versehen sind.
Für die ausschließlich zum
persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen, insbesondere für Kleider,
Schmucksachen und Arbeitsgeräthe, gilt im Verhältnisse der Ehegatten zu
einander und zu den Gläubigern die Vermuthung, daß die Sachen der Frau gehören.
Sechster Titel.
Eheliches Güterrecht.
I. Gesetzliches Güterrecht.
1. Allgemeine Vorschriften.
§ 1363. Das Vermögen der
Frau wird durch die Eheschließung der Verwaltung und Nutznießung des Mannes
unterworfen (eingebrachtes Gut).
Zum eingebrachten Gute gehört auch das Vermögen, das die Frau während der Ehe
erwirbt.
§ 1364. Die Verwaltung und
Nutznießung des Mannes tritt nicht ein, wenn er die Ehe mit einer in der
Geschäftsfähigkeit beschränkten Frau ohne Einwilligung ihres gesetzlichen
Vertreters eingeht.
§ 1365. Die Verwaltung und
Nutznießung des Mannes erstreckt sich nicht auf das Vorbehaltsgut der Frau.
§ 1366. Vorbehaltsgut sind
die ausschließlich zum persönlichen Gebrauche der Frau bestimmten Sachen,
insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe.
§ 1367. Vorbehaltsgut ist,
was die Frau durch ihre Arbeit oder durch den selbständigen Betrieb eines
Erwerbsgeschäfts erwirbt.
§ 1368. Vorbehaltsgut ist,
was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist.
§ 1369. Vorbehaltsgut ist,
was die Frau durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder als Pflichttheil erwirbt
(Erwerb von Todeswegen) oder was ihr unter Lebenden von einem Dritten
unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung,
der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß der Erwerb Vorbehaltsgut sein
soll.
§ 1370. Vorbehaltsgut ist,
was die Frau auf Grund eines zu ihrem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder
als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem
Vorbehaltsgute gehörenden Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt,
das sich auf das Vorbehaltsgut bezieht.
§ 1371. Auf das
Vorbehaltsgut finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der Frau
geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch einen
Beitrag zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes nur insoweit zu leisten, als
der Mann nicht schon durch die Nutzungen des eingebrachten Gutes einen
angemessenen Beitrag erhält.
§ 1372. Jeder Ehegatte kann
verlangen, daß der Bestand des eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines
Verzeichnisses unter Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf
die Aufnahme des Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden
Vorschriften des § 1035 Anwendung.
Jeder Ehegatte kann den
Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch
Sachverständige feststellen lassen.
2. Verwaltung und Nutznießung.
§ 1373. Der Mann ist
berechtigt, die zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen.
§ 1374. Der Mann hat das
eingebrachte Gut ordnungsmäßig zu verwalten. Ueber den Stand der Verwaltung hat
er der Frau auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§ 1375. Das
Verwaltungsrecht des Mannes umfaßt nicht die Befugniß, die Frau durch
Rechtsgeschäfte zu verpflichten oder über eingebrachtes Gut ohne ihre
Zustimmung zu verfügen.
§ 1376. Ohne Zustimmung der
Frau kann der Mann:
1. über
Geld und andere verbrauchbare Sachen der Frau verfügen;
2.
Forderungen der Frau gegen solche Forderungen an die Frau, deren Berichtigung
aus dem eingebrachten Gute verlangt werden kann, aufrechnen;
3.
Verbindlichkeiten der Frau zur Leistung eines zum eingebrachten Gute gehörenden
Gegenstandes durch Leistung des Gegenstandes erfüllen.
§ 1377. Der Mann soll
Verfügungen, zu denen er nach § 1376 ohne Zustimmung der Frau berechtigt ist,
nur zum Zwecke ordnungsmäßiger Verwaltung des eingebrachten Gutes vornehmen.
Das zum eingebrachten Gute
gehörende Geld hat der Mann nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden
Vorschriften für die Frau verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur
Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist.
Andere verbrauchbare Sachen
darf der Mann auch für sich veräußern oder verbrauchen. Macht er von dieser
Befugniß Gebrauch, so hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der
Verwaltung und Nutznießung zu ersetzen; der Ersatz ist schon vorher zu leisten,
soweit die ordnungsmäßige Verwaltung des eingebrachten Gutes es erfordert.
§ 1378. Gehört zum
eingebrachten Gute ein Grundstück sammt Inventar, so bestimmen sich die Rechte
und die Pflichten des Mannes in Ansehung des Inventars nach den für den
Nießbrauch geltenden Vorschriften des § 1048 Abs. 1.
§ 1379. Ist zur
ordnungsmäßigen Verwaltung des eingebrachten Gutes ein Rechtsgeschäft
erforderlich, zu dem der Mann der Zustimmung der Frau bedarf, so kann die
Zustimmung auf Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt
werden, wenn die Frau sie ohne ausreichenden Grund verweigert.
Das Gleiche gilt, wenn die
Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung
verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 1380. Der Mann kann ein
zum eingebrachten Gute gehörendes Recht im eigenen Namen gerichtlich geltend
machen. Ist er befugt, über das Recht ohne Zustimmung der Frau zu verfügen, so
wirkt das Urtheil auch für und gegen die Frau.
§ 1381. Erwirbt der Mann
mit Mitteln des eingebrachten Gutes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe
das Eigenthum auf die Frau über, es sei denn, daß der Mann nicht für Rechnung
des eingebrachten Gutes erwerben will. Dies gilt insbesondere auch von
Inhaberpapieren und von Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind.
Die Vorschriften des Abs. 1
finden entsprechende Anwendung, wenn der Mann mit Mitteln des eingebrachten
Gutes ein Recht an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt,
zu dessen Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt.
§ 1382.
Haushaltsgegenstände, die der Mann an Stelle der von der Frau eingebrachten,
nicht mehr vorhandenen oder werthlos gewordenen Stücke anschafft, werden
eingebrachtes Gut.
§ 1383. Der Mann erwirbt
die Nutzungen des eingebrachten Gutes in derselben Weise und in demselben
Umfange wie ein Nießbraucher.
§ 1384. Der Mann hat außer
den Kosten, welche durch die Gewinnung der Nutzungen entstehen, die Kosten der
Erhaltung der zum eingebrachten Gute gehörenden
Gegenstände nach den für den Nießbrauch geltenden Vorschriften zu tragen.
§ 1385. Der Mann ist der
Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung zu
tragen:
1. die
der Frau obliegenden öffentlichen Lasten mit Ausschluß der auf dem
Vorbehaltsgute ruhenden Lasten und der außerordentlichen Lasten, die als auf
den Stammwerth des eingebrachten Gutes gelegt anzusehen sind;
2. die
privatrechtlichen Lasten, die auf den zum eingebrachten Gute gehörenden
Gegenständen ruhen;
3. die
Zahlungen, die für die Versicherung der zum eingebrachten Gute gehörenden
Gegenständen zu leisten sind.
§ 1386. Der Mann ist der
Frau gegenüber verpflichtet, für die Dauer der Verwaltung und Nutznießung die
Zinsen derjenigen Verbindlichkeiten der Frau zu tragen, deren Berichtigung aus
dem eingebrachten Gute verlangt werden kann. Das Gleiche gilt von wiederkehrenden
Leistungen anderer Art, einschließlich der von der Frau auf Grund ihrer
gesetzlichen Unterhaltspflicht geschuldeten Leistungen, sofern sie bei
ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden.
Die Verpflichtung des
Mannes tritt nicht ein, wenn die Verbindlichkeiten oder die Leistungen im
Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vorbehaltsgute der Frau zur Last
fallen.
§ 1387. Der Mann ist der
Frau gegenüber verpflichtet, zu tragen:
1. die
Kosten eines Rechtsstreits, in welchem er ein zum eingebrachten Gute gehörendes
Recht geltend macht, sowie die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau führt,
sofern nicht die Kosten dem Vorbehaltsgute zur Last fallen;
2. die
Kosten der Vertheidigung der Frau in einem gegen sie gerichteten
Strafverfahren, sofern die Aufwendung der Kosten den Umständen nach geboten ist
oder mit Zustimmung des Mannes erfolgt, vorbehaltlich der Ersatzpflicht der
Frau im Falle ihrer Verurtheilung.
§ 1388. Soweit der Mann
nach den §§ 1385 bis 1387 der Frau gegenüber deren Verbindlichkeiten zu tragen
hat, haftet er den Gläubigern neben der Frau als Gesammtschuldner.
§ 1389. Der Mann hat den
ehelichen Aufwand zu tragen.
Die Frau kann verlangen,
daß der Mann den Reinertrag des eingebrachten Gutes, soweit dieser zur
Bestreitung des eigenen und des der Frau und den gemeinschaftlichen
Abkömmlingen zu gewährenden Unterhalts erforderlich ist, ohne Rücksicht auf
seine sonstigen Verpflichtungen zu diesem Zwecke verwendet.
§ 1390. Macht der Mann zum
Zwecke der Verwaltung des eingebrachten Gutes Aufwendungen, die er den
Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von der Frau Ersatz
verlangen, sofern nicht die Aufwendungen ihm selbst zur Last fallen.
§ 1391. Wird durch das
Verhalten des Mannes die Besorgniß begründet, daß die Rechte der Frau in einer
das eingebrachte Gut erheblich gefährdenden Weise verletzt werden, so kann die
Frau von dem Manne Sicherheitsleistung verlangen.
Das Gleiche gilt, wenn die
der Frau aus der Verwaltung und Nutznießung des Mannes zustehenden Ansprüche
auf Ersatz des Werthes verbrauchbarer Sachen erheblich gefährdet sind.
§ 1392. Liegen die
Voraussetzungen vor, unter denen der Mann zur Sicherheitsleistung verpflichtet
ist, so kann die Frau auch verlangen, daß der Mann die zum eingebrachten Gute
gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen bei einer
Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung hinterlegt, daß
die Herausgabe von dem Manne nur mit Zustimmung der Frau verlangt werden kann.
Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die nach § 92 zu den verbrauchbaren
Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen kann nicht
verlangt werden. Den Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit
Blankoindossament versehen sind.
Ueber die hinterlegten
Papiere kann der Mann auch eine Verfügung, zu der er nach § 1376 berechtigt
ist, nur mit Zustimmung der Frau treffen.
§ 1393. Der Mann kann die
Inhaberpapiere, statt sie nach § 1392 zu hinterlegen, auf den Namen der Frau
umschreiben oder, wenn sie von dem Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt
sind, in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen.
§ 1394. Die Frau kann
Ansprüche, die ihr auf Grund der Verwaltung und Nutznießung gegen den Mann
zustehen, erst nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung gerichtlich
geltend machen, es sei denn, daß die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die
Frau nach § 1391 Sicherheitsleistung verlangen kann. Der im § 1389 Abs. 2
bestimmte Anspruch unterliegt dieser Beschränkung nicht.
§ 1395. Die Frau bedarf zur
Verfügung über eingebrachtes Gut der Einwilligung des Mannes.
§ 1396. Verfügt die Frau
durch Vertrag ohne Einwilligung des Mannes über eingebrachtes Gut, so hängt die
Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Mannes ab.
Fordert der andere Theil
den Mann zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm
gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung der Frau gegenüber erklärte
Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung
kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung
erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
Verweigert der Mann die
Genehmigung, so wird der Vertrag nicht dadurch wirksam, daß die Verwaltung und
Nutznießung aufhört.
§ 1397. Bis zur Genehmigung
des Vertrags ist der andere Theil zum Widerrufe berechtigt. Der Widerruf kann
auch der Frau gegenüber erklärt werden.
Hat der andere Theil
gewußt, daß die Frau Ehefrau ist, so kann er nur widerrufen, wenn die Frau der
Wahrheit zuwider die Einwilligung des Mannes behauptet hat; er kann auch in
diesem Falle nicht widerrufen, wenn ihm das Fehlen der Einwilligung bei dem
Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§ 1398. Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, durch das die Frau ohne Einwilligung des Mannes über
eingebrachtes Gut verfügt, ist unwirksam.
§ 1399. Zu
Rechtsgeschäften, durch die sich die Frau zu einer Leistung verpflichtet, ist
die Zustimmung des Mannes nicht erforderlich.
Stimmt der Mann einem
solchen Rechtsgeschäfte zu, so ist es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm
gegenüber wirksam. Stimmt er nicht zu, so muß er das Rechtsgeschäft, soweit das
eingebrachte Gut bereichert wird, nach den Vorschriften über die Herausgabe
einer ungerechtfertigten Bereicherung gegen sich gelten lassen.
§ 1400. Führt die Frau
einen Rechtsstreit ohne Zustimmung des Mannes, so ist das Urtheil dem Manne
gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes unwirksam.
Ein zum eingebrachten Gute
gehörendes Recht kann die Frau im Wege der Klage nur mit Zustimmung des Mannes
geltend machen.
§ 1401. Die Zustimmung des
Mannes ist in den Fällen der §§ 1395 bis 1398, des § 1399 Abs. 2 und des § 1400
nicht erforderlich, wenn der Mann durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der
Abgabe einer Erklärung verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 1402. Ist zur
ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheit der Frau ein
Rechtsgeschäft erforderlich, zu dem die Frau der Zustimmung des Mannes bedarf,
so kann die Zustimmung auf Antrag der Frau durch das Vormundschaftsgericht
ersetzt werden, wenn der Mann sie ohne ausreichenden Grund verweigert.
§ 1403. Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht, ist dem Manne
gegenüber vorzunehmen.
Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, das sich auf eine Verbindlichkeit der Frau bezieht, ist der
Frau gegenüber vorzunehmen; das Rechtsgeschäft muß jedoch auch dem Manne
gegenüber vorgenommen werden, wenn es in Ansehung des eingebrachten Gutes ihm
gegenüber wirksam sein soll.
§ 1404. Die Beschränkungen,
denen die Frau nach den §§ 1395 bis 1403 unterliegt, muß ein Dritter auch dann
gegen sich gelten lassen, wenn er nicht gewußt hat, daß die Frau eine Ehefrau
ist.
§ 1405. Ertheilt der Mann
der Frau die Einwilligung zum selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, so
ist seine Zustimmung zu solchen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten nicht
erforderlich, die der Geschäftsbetrieb mit sich bringt. Einseitige
Rechtsgeschäfte, die sich auf das Erwerbsgeschäft beziehen, sind der Frau
gegenüber vorzunehmen.
Der Einwilligung des Mannes
in den Geschäftsbetrieb steht es gleich, wenn die Frau mit Wissen und ohne
Einspruch des Mannes das Erwerbsgeschäft betreibt.
Dritten gegenüber ist ein Einspruch und der Widerruf der Einwilligung nur nach
Maßgabe des § 1435 wirksam.
§ 1406. Die Frau bedarf
nicht der Zustimmung des Mannes:
1. zur
Annahme oder Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum
Verzicht auf den Pflichttheil sowie zur Errichtung des Inventars über eine
angefallene Erbschaft;
2. zur
Ablehnung eines Vertragsantrags oder einer Schenkung;
3. zur
Vornahme eines Rechtsgeschäfts gegenüber dem Manne.
§ 1407. Die Frau bedarf
nicht der Zustimmung des Mannes:
1. zur
Fortsetzung eines zur Zeit der Eheschließung anhängigen Rechtsstreits;
2. zur gerichtlichen
Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes gegen den Mann;
3. zur
gerichtlichen Geltendmachung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Rechtes
gegen einen Dritten, wenn der Mann ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über
das Recht verfügt hat;
4. zur
gerichtlichen Geltendmachung eines Widerspruchrechts gegenüber einer
Zwangsvollstreckung.
§ 1408. Das Recht, das dem
Manne an dem eingebrachten Gute kraft seiner Verwaltung und Nutznießung
zusteht, ist nicht übertragbar.
§ 1409. Steht der Mann
unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu
vertreten, die sich aus der Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten Gutes
ergeben. Dies gilt auch dann, wenn die Frau Vormund des Mannes ist.
3. Schuldenhaftung.
§ 1410. Die Gläubiger des
Mannes können nicht Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen.
§ 1411. Die Gläubiger der
Frau können ohne Rücksicht auf die Verwaltung und Nutznießung des Mannes
Befriedigung aus dem eingebrachten Gute verlangen, soweit sich nicht aus den §§
1412 bis 1414 ein Anderes ergiebt. Sie unterliegen bei der Geltendmachung der
Ansprüche der Frau nicht der im § 1394 bestimmten Beschränkung.
Hat der Mann verbrauchbare
Sachen nach § 1377 Abs. 3 veräußert oder verbraucht, so ist er den Gläubigern
gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§ 1412. Das eingebrachte
Gut haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach der Eingehung
der Ehe vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der Mann seine
Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das Rechtsgeschäft ohne
seine Zustimmung ihm gegenüber wirksam ist.
Für die Kosten eines
Rechtsstreits der Frau haftet das eingebrachte Gut auch dann, wenn das Urtheil
dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes nicht wirksam ist.
§ 1413. Das eingebrachte
Gut haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die in Folge des Erwerbes
einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses entsteht, wenn die Frau die Erbschaft
oder das Vermächtniß nach der Eingehung der Ehe als Vorbehaltsgut erwirbt.
§ 1414. Das eingebrachte
Gut haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach der Eingehung der
Ehe in Folge eines zu dem Vorbehaltsgut gehörenden Rechtes oder des Besitzes
einer dazu gehörenden Sache entsteht, es sei denn, daß das Recht oder die Sache
zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes
selbständig betreibt.
§ 1415. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen dem Vorbehaltsgute zur Last:
1. die
Verbindlichkeiten der Frau aus einer unerlaubten Handlung, die sie während der
Ehe begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer solchen Handlung
gegen sie gerichtet wird;
2. die
Verbindlichkeiten der Frau aus einem sich auf das Vorbehaltsgut beziehenden
Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor der Eingehung der Ehe oder vor der Zeit
entstanden sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut geworden ist;
3. die
Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau über eine der in Nr. 1, 2 bezeichneten
Verbindlichkeiten führt.
§ 1416. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihnen dem
Vorbehaltsgute zur Last, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat.
Das Gleiche gilt von den
Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn,
daß das Urtheil dem Manne gegenüber in Ansehung des eingebrachten Gutes wirksam
ist. Betrifft jedoch der Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau
oder eine nicht unter die Vorschriften des § 1415 Nr. 1, 2 fallende
Verbindlichkeit, für die das eingebrachte Gut haftet, so findet diese
Vorschrift keine Anwendung, wenn die Anwendung der Kosten den Umständen nach
geboten ist.
§ 1417. Wird eine
Verbindlichkeit, die nach den §§ 1415, 1416 dem Vorbehaltsgute zur Last fällt,
aus dem eingebrachten Gute berichtigt, so hat die Frau aus dem Vorbehaltsgute,
soweit dieses reicht, zu dem eingebrachten Gute Ersatz zu leisten.
Wird eine Verbindlichkeit
der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht dem
Vorbehaltsgute zur Last fällt, aus dem Vorbehaltsgute berichtigt, so hat der
Mann aus dem eingebrachten Gute, soweit dieses reicht, zu dem Vorbehaltsgut
Ersatz zu leisten.
4. Beendigung der
Verwaltung und Nutznießung.
§ 1418. Die Frau kann auf
Aufhebung der Verwaltung und Nutznießung klagen:
1. wenn
die Voraussetzungen vorliegen, unter denen die Frau nach § 1391
Sicherheitsleistung verlangen kann;
2. wenn
der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen
Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche
Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist. Eine Verletzung der
Unterhaltspflicht liegt schon dann vor, wenn der Frau und den
gemeinschaftlichen Abkömmlingen nicht mindestens der Unterhalt gewährt wird,
welcher ihnen bei ordnungsmäßiger Verwaltung und Nutznießung des eingebrachten
Gutes zukommen würde;
3. wenn
der Mann entmündigt ist;
4. wenn
der Mann nach § 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen
Pfleger erhalten hat;
5. wenn
für den Mann ein Abwesenheitspfleger bestellt und die baldige Aufhebung der
Pflegschaft nicht zu erwarten ist.
Die Aufhebung der
Verwaltung und Nutznießung tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§ 1419. Die Verwaltung und
Nutznießung endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch den der Konkurs
über das Vermögen des Mannes eröffnet wird.
§ 1420. Die Verwaltung und
Nutznießung endigt, wenn der Mann für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte,
der als Zeitpunkt des Todes gilt.
§ 1421. Nach der Beendigung
der Verwaltung und Nutznießung hat der Mann das eingebrachte Gut der Frau
herauszugeben und ihr über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Auf die
Herausgabe eines landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des §
592, auf die Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§ 592, 593
entsprechende Anwendung.
§ 1422. Wird die Verwaltung
und Nutznießung auf Grund des § 1418 durch Urtheil aufgehoben, so ist der Mann
zur Herausgabe des eingebrachten Gutes so verpflichtet, wie wenn der Anspruch
auf Herausgabe mit der Erhebung der Klage auf Aufhebung der Verwaltung und
Nutznießung rechtshängig geworden wäre.
§ 1423. Hat der Mann ein
zum eingebrachten Gute gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so
finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei der Beendigung der Verwaltung
und Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des § 1056 entsprechende
Anwendung.
§ 1424. Der Mann ist auch
nach der Beendigung der Verwaltung und Nutznießung zur Fortführung der
Verwaltung berechtigt, bis er von der Beendigung Kenntniß erlangt oder sie
kennen muß. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er
bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der Verwaltung und
Nutznießung kennt oder kennen muß.
Endigt die Verwaltung und
Nutznießung in Folge des Todes der Frau, so hat der Mann diejenigen zur
Verwaltung gehörenden Geschäfte, mit deren Aufschube Gefahr verbunden ist, zu
besorgen, bis der Erbe anderweit Fürsorge treffen kann.
§ 1425. Wird die
Entmündigung oder Pflegschaft, wegen deren die Aufhebung der Verwaltung und
Nutznießung erfolgt ist, wiederaufgehoben oder wird der die Entmündigung
aussprechende Beschluß mit Erfolg angefochten, so kann der Mann auf
Wiederherstellung seiner Rechte klagen. Das Gleiche gilt, wenn der für todt
erklärte Mann noch lebt.
Die Wiederherstellung der
Rechte des Mannes tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift
des § 1422 findet entsprechende Anwendung.
Im Falle der
Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut, was ohne die Aufhebung der Rechte des
Mannes Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde.
5. Gütertrennung.
§ 1426. Tritt nach § 1364
die Verwaltung und Nutznießung des Mannes nicht ein oder endigt sie auf Grund
der §§ 1418 bis 1420, so tritt Gütertrennung ein.
Für die Gütertrennung
gelten die Vorschriften der §§ 1427 bis 1431.
§ 1427. Der Mann hat den
ehelichen Aufwand zu tragen.
Zur Bestreitung des
ehelichen Aufwandes hat die Frau dem Manne einen angemessenen Beitrag aus den
Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von ihr
selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts zu leisten. Für die Vergangenheit kann
der Mann die Leistung nur insoweit verlangen, als die Frau ungeachtet seiner
Aufforderung mit der Leistung im Rückstande geblieben ist.
Der Anspruch des Mannes ist
nicht übertragbar.
§ 1428. Ist eine erhebliche
Gefährdung des Unterhalts zu besorgen, den der Mann der Frau und den
gemeinschaftlichen Abkömmlingen zu gewähren hat, so kann die Frau den Beitrag
zu dem ehelichen Aufwand insoweit zur eigenen Verwendung zurückbehalten, als er
zur Bestreitung des Unterhalts erforderlich ist.
Das Gleiche gilt, wenn der
Mann entmündigt ist oder wenn er nach § 1910 zur Besorgung seiner
Vermögensangelegenheiten einen Pfleger erhalten hat oder wenn für ihn ein
Abwesenheitspfleger bestellt ist.
§ 1429. Macht die Frau zur
Bestreitung des ehelichen Aufwandes aus ihrem Vermögen eine Aufwendung oder
überläßt sie dem Manne zu diesem Zwecke etwas aus ihrem Vermögen, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß die Absicht fehlt, Ersatz zu verlangen.
§ 1430. Ueberläßt die Frau
ihr Vermögen ganz oder theilweise der Verwaltung des Mannes, so kann der Mann
die Einkünfte, die er während seiner Verwaltung bezieht, nach freiem Ermessen
verwenden, soweit nicht ihre Verwendung zur Bestreitung der Kosten der
ordnungsmäßigen Verwaltung und zur Erfüllung solcher Verpflichtungen der Frau
erforderlich ist, die bei ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des
Vermögens bestritten werden. Die Frau kann eine abweichende Bestimmung treffen.
§ 1431. Die Gütertrennung
ist Dritten gegenüber nur nach Maßgabe des § 1435 wirksam.
Das Gleiche gilt im Falle
des § 1425 von der Wiederherstellung der Verwaltung und Nutznießung, wenn die
Aufhebung in das Güterrechtsregister eingetragen worden ist.
II. Vertragsmäßiges
Güterrecht.
1. Allgemeine Vorschriften.
§ 1432. Die Ehegatten
können ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch Vertrag (Ehevertrag) regeln,
insbesondere auch nach der Eingehung der Ehe den Güterstand aufheben oder
ändern.
§ 1433. Der Güterstand kann
nicht durch Verweisung auf ein nicht mehr geltendes oder auf ein ausländisches
Gesetz bestimmt werden.
Hat der Mann zur Zeit der
Eingehung der Ehe oder, falls der Vertrag nach der Eingehung der Ehe
geschlossen wird, zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz im Auslande,
so ist die Verweisung auf ein an diesem Wohnsitze geltendes Güterrecht
zulässig.
§ 1434. Der Ehevertrag muß
bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar
geschlossen werden.
§ 1435. Wird durch
Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder
geändert, so können einem Dritten gegenüber aus der Ausschließung oder der
Aenderung Einwendungen gegen ein zwischen ihm und einem der Ehegatten
vorgenommenes Rechtsgeschäft oder gegen ein zwischen ihnen ergangenes
rechtskräftiges Urtheil nur hergeleitet werden, wenn zur Zeit der Vornahme des
Rechtsgeschäfts oder zur Zeit des Eintritts der Rechtshängigkeit die
Ausschließung oder die Aenderung in dem Güterrechtsregister des zuständigen
Amtsgerichts eingetragen oder dem Dritten bekannt war.
Das Gleiche gilt, wenn eine
in dem Güterrechtsregister eingetragene Regelung der güterrechtlichen
Verhältnisse durch Ehevertrag aufgehoben oder geändert wird.
§ 1436. Wird durch
Ehevertrag die Verwaltung und Nutznießung des Mannes ausgeschlossen oder die
allgemeine Gütergemeinschaft, die Errungenschaftsgemeinschaft oder die
Fahrnißgemeinschaft aufgehoben, so tritt Gütertrennung ein, sofern sich nicht
aus dem Vertrag ein Anderes ergiebt.
2. Allgemeine
Gütergemeinschaft.
§ 1437. Ein Ehevertrag,
durch den die allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart oder aufgehoben wird,
kann nicht durch einen gesetzlichen Vertreter geschlossen werden.
Ist einer der
Vertragschließenden in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist der gesetzliche Vertreter ein
Vormund, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
§ 1438. Das Vermögen des
Mannes und das Vermögen der Frau werden durch die allgemeine Gütergemeinschaft
gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut). Zu dem Gesammtgute
gehört auch das Vermögen, das der Mann oder die Frau während der
Gütergemeinschaft erwirbt.
Die einzelnen Gegenstände
werden gemeinschaftlich, ohne daß es einer Uebertragung durch Rechtsgeschäft
bedarf.
Wird ein Recht
gemeinschaftlich, das im Grundbuch eingetragen ist oder in das Grundbuch
eingetragen werden kann, so kann jeder Ehegatte von dem anderen die Mitwirkung
zur Berichtigung des Grundbuchs verlangen.
§ 1439. Von dem Gesammtgut
ausgeschlossen sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen
werden können. Auf solche Gegenstände finden die bei der
Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut geltenden Vorschriften,
mit Ausnahme des § 1524, entsprechende Anwendung.
§ 1440. Von dem Gesammtgut
ausgeschlossen ist das Vorbehaltsgut.
Vorbehaltsgut ist, was
durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut eines der Ehegatten erklärt ist oder von
einem der Ehegatten nach § 1369 oder § 1370 erworben wird.
§ 1441. Auf das
Vorbehaltsgut der Frau finden die bei der Gütertrennung für das Vermögen der
Frau geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; die Frau hat jedoch dem
Manne zur Bestreitung des ehelichen Aufwandes einen Beitrag nur insoweit zu
leisten, als die in das Gesammtgut fallenden Einkünfte zur Bestreitung des
Aufwandes nicht ausreichen.
§ 1442. Ein Ehegatte kann
nicht über seinen Antheil an dem Gesammtgut und an den einzelnen dazu
gehörenden Gegenständen verfügen; er ist nicht berechtigt, Theilung zu
verlangen.
Gegen eine Forderung, die
zu dem Gesammtgute gehört, kann der Schuldner nur eine Forderung ausrechnen,
deren Berichtigung aus dem Gesammtgute verlangt werden kann.
§ 1443. Das Gesammtgut
unterliegt der Verwaltung des Mannes. Der Mann ist insbesondere berechtigt, die
zu dem Gesammtgute gehörenden Sachen in Besitz zu nehmen, über das Gesammtgut
zu verfügen sowie Rechtsstreitigkeiten, die sich auf das Gesammtgut beziehen,
im eigenen Namen zu führen.
Die Frau wird durch die
Verwaltungshandlungen des Mannes weder Dritten noch dem Manne gegenüber
persönlich verpflichtet.
§ 1444. Der Mann bedarf der
Einwilligung der Frau zu einem Rechtsgeschäfte, durch das er sich zu einer
Verfügung über das Gesammtgut im Ganzen verpflichtet, sowie zu einer Verfügung
über Gesammtgut, durch die eine ohne Zustimmung der Frau eingegangene
Verpflichtung dieser Art erfüllt werden soll.
§ 1445. Der Mann bedarf der
Einwilligung der Frau zur Verfügung über ein zu dem Gesammtgute gehörendes
Grundstück sowie zur Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
§ 1446. Der Mann bedarf der
Einwilligung der Frau zu einer Schenkung aus dem Gesammtgute sowie zu einer
Verfügung über Gesammtgut, durch welche das ohne Zustimmung der Frau ertheilte
Versprechen einer solchen Schenkung erfüllt werden soll. Das Gleiche gilt von
einem Schenkungsversprechen, das sich nicht auf das Gesammtgut bezieht.
Ausgenommen sind
Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§ 1447. Ist zur
ordnungsmäßigen Verwaltung des Gesammtguts ein Rechtsgeschäft der in den §§
1444, 1445 bezeichneten Art erforderlich, so kann die Zustimmung der Frau auf
Antrag des Mannes durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn die Frau
sie ohne ausreichenden Grund verweigert.
Das Gleiche gilt, wenn die
Frau durch Krankheit oder durch Abwesenheit an der Abgabe einer Erklärung
verhindert und mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 1448. Nimmt der Mann ohne
Einwilligung der Frau ein Rechtsgeschäft der in den §§ 1444 bis 1446
bezeichneten Art vor, so finden die für eine Verfügung der Frau über eingebrachtes
Gut geltenden Vorschriften des § 1396 Abs. 1, 3 und der §§ 1397, 1398
entsprechende Anwendung.
Fordert bei einem Vertrage
der andere Theil den Mann auf, die Genehmigung der Frau zu beschaffen, so kann
die Erklärung über die Genehmigung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der
Aufforderung dem Manne gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der
Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei
Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht
erklärt, so gilt sie als verweigert.
Wird die Genehmigung der
Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt, so ist im Falle einer
Aufforderung nach Abs. 2 der Beschluß nur wirksam, wenn der Mann ihn dem
anderen Theile mittheilt; die Vorschriften des Abs. 2 Satz 2 finden
entsprechende Anwendung.
§ 1449. Verfügt der Mann
ohne die erforderliche Zustimmung der Frau über ein zu dem Gesammtgute
gehörendes Recht, so kann die Frau das Recht ohne Mitwirkung des Mannes gegen
Dritte gerichtlich geltend machen.
§ 1450. Ist der Mann durch
Krankheit oder durch Abwesenheit verhindert, ein sich auf das Gesammtgut
beziehendes Rechtsgeschäft vorzunehmen oder einen sich auf das Gesammtgut
beziehenden Rechtsstreit zu führen, so kann die Frau im eigenen Namen oder im
Namen des Mannes das Rechtsgeschäft vornehmen oder den Rechtsstreit führen,
wenn mit dem Aufschube Gefahr verbunden ist.
§ 1451. Ist zur
ordnungsmäßigen Besorgung der persönlichen Angelegenheiten der Frau ein
Rechtsgeschäft erforderlich, das die Frau mit Wirkung für das Gesammtgut nicht
ohne Zustimmung des Mannes vornehmen kann, so kann die Zustimmung auf Antrag
der Frau durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn der Mann sie ohne
ausreichenden Grund verweigert.
§ 1452. Auf den
selbständigen Betrieb eines Erwerbsgeschäfts durch die Frau finden die
Vorschriften des § 1405 entsprechende Anwendung.
§ 1453. Zur Annahme oder
Ausschlagung einer der Frau angefallenen Erbschaft oder eines ihr angefallenen Vermächtnisses ist nur die Frau berechtigt;
die Zustimmung des Mannes ist nicht erforderlich. Das Gleiche gilt von dem
Verzicht auf den Pflichttheil sowie von der Ablehnung eines der Frau gemachten
Vertragsantrags oder einer Schenkung.
Zur Errichtung des
Inventars über eine der Frau angefallene Erbschaft bedarf die Frau nicht der
Zustimmung des Mannes.
§ 1454. Zur Fortsetzung
eines bei dem Eintritte der Gütergemeinschaft anhängigen Rechtsstreits bedarf
die Frau nicht der Zustimmung des Mannes.
§ 1455. Wird durch ein
Rechtsgeschäft, das der Mann oder die Frau ohne die erforderliche Zustimmung
des anderen Ehegatten vornimmt, das Gesammtgut bereichert, so kann die
Herausgabe der Bereicherung aus dem Gesammtgute nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung gefordert werden.
§ 1456. Der Mann ist der
Frau für die Verwaltung des Gesammtguts nicht verantwortlich. Er hat jedoch für
eine Verminderung des Gesammtguts zu diesem Ersatz zu leisten, wenn er die
Verminderung in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, oder durch ein
Rechtsgeschäft herbeiführt, das er ohne die erforderliche Zustimmung der Frau
vornimmt.
§ 1457. Steht der Mann
unter Vormundschaft, so hat ihn der Vormund in den Rechten und Pflichten zu
vertreten, die sich aus der Verwaltung des Gesammtguts ergeben. Dies gilt auch
dann, wenn die Frau Vormund des Mannes ist.
§ 1458. Der eheliche
Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last.
§ 1459. Aus dem Gesammtgute
können die Gläubiger des Mannes und, soweit sich nicht aus den §§ 1460 bis 1462
ein Anderes ergiebt, auch die Gläubiger der Frau Befriedigung verlangen
(Gesammtgutsverbindlichkeiten).
Für Verbindlichkeiten der
Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich
als Gesammtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der
Gütergemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der Ehegatten zu
einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen.
§ 1460. Das Gesammtgut
haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der
Gütergemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, nur dann, wenn der
Mann seine Zustimmung zu dem Rechtsgeschäft ertheilt oder wenn das
Rechtsgeschäft ohne seine Zustimmung für das Gesammtgut wirksam ist.
Für die Kosten eines
Rechtsstreits der Frau haftet das Gesammtgut auch dann, wenn das Urtheil dem
Gesammtgute gegenüber nicht wirksam ist.
§ 1461. Das Gesammtgut
haftet nicht für Verbindlichkeiten der Frau, die in Folge des Erwerbes einer
Erbschaft oder eines Vermächtnisses entstehen, wenn die Frau die Erbschaft oder
das Vermächtniß nach dem Eintritte der Gütergemeinschaft als Vorbehaltsgut
erwirbt.
§ 1462. Das Gesammtgut
haftet nicht für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach dem Eintritte der
Gütergemeinschaft in Folge eines zu dem Vorbehaltsgute gehörenden Rechtes oder
des Besitzes einer dazu gehörenden Sache entsteht, es sei denn, daß das Recht
oder die Sache zu einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung
des Mannes selbständig betreibt.
§ 1463. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem Ehegatten
zur Last, in dessen Person sie entstehen:
1. die
Verbindlichkeiten aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem Eintritte der
Gütergemeinschaft begeht, oder aus einem Strafverfahren, das wegen einer
solchen Handlung gegen ihn gerichtet wird;
2. die
Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein Vorbehaltsgut beziehenden
Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der Gütergemeinschaft oder
vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut Vorbehaltsgut geworden ist;
3. die
Kosten eines Rechtsstreits über eine der in Nr. 1, 2 bezeichneten
Verbindlichkeiten.
§ 1464. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen die Kosten eines Rechtsstreits zwischen ihnen der
Frau zur Last, soweit nicht der Mann sie zu tragen hat.
Das Gleiche gilt von den
Kosten eines Rechtsstreits zwischen der Frau und einem Dritten, es sei denn,
daß das Urtheil dem Gesammtgute gegenüber wirksam ist. Betrifft jedoch der
Rechtsstreit eine persönliche Angelegenheit der Frau oder eine nicht unter die
Vorschriften des § 1463 Nr. 1, 2 fallende Gesammtgutsverbindlichkeit der Frau,
so findet diese Vorschrift keine Anwendung, wenn die Aufwendung der Kosten den
Umständen nach geboten ist.
§ 1465. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fällt eine Ausstattung, die der Mann einem gemeinschaftlichen
Kinde aus dem Gesammtgute verspricht oder gewährt, dem Manne insoweit zur Last,
als sie das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt.
Verspricht oder gewährt der
Mann einem nicht gemeinschaftlichen Kinde eine Ausstattung aus dem Gesammtgute,
so fällt sie im Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Vater oder der
Mutter des Kindes zur Last, der Mutter jedoch nur insoweit, als sie zustimmt
oder die Ausstattung nicht das dem Gesammtgut entsprechende Maß übersteigt.
§ 1466. Verwendet der Mann
Gesammtgut in sein Vorbehaltsgut, so hat er den Werth des Verwendeten zu dem
Gesammtgute zu ersetzen.
Verwendet der Mann
Vorbehaltsgut in das Gesammtgut, so kann er Ersatz aus dem Gesammtgute
verlangen.
§ 1467. Was ein Ehegatte zu
dem Gesammtgut oder die Frau zu dem Vorbehaltsgute des Mannes schuldet, ist
erst nach der Beendigung der Gütergemeinschaft zu leisten; soweit jedoch zur
Berichtigung einer Schuld der Frau deren Vorbehaltsgut ausreicht, hat sie die
Schuld schon vorher zu berichtigen.
Was der Mann aus dem
Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der
Gütergemeinschaft fordern.
§ 1468. Die Frau kann auf
Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen:
1. wenn
der Mann ein Rechtsgeschäft der in den §§ 1444 bis 1446 bezeichneten Art ohne
Zustimmung der Frau vorgenommen hat und für die Zukunft eine erhebliche
Gefährdung der Frau zu besorgen ist;
2. wenn
der Mann das Gesammtgut in der Absicht, die Frau zu benachtheiligen, vermindert
hat;
3. wenn
der Mann seine Verpflichtung, der Frau und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen
Unterhalt zu gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche
Gefährdung des Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn
der Mann wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das Gesammtgut durch
Verschwendung erheblich gefährdet;
5. wenn
das Gesammtgut in Folge von Verbindlichkeiten, die in der Person des Mannes
entstanden sind, in solchem Maße überschuldet ist, daß
ein späterer Erwerb der Frau erheblich gefährdet wird.
§ 1469. Der Mann kann auf
Aufhebung der Gütergemeinschaft klagen, wenn das Gesammtgut in Folge von
Verbindlichkeiten der Frau, die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander nicht
dem Gesammtgute zur Last fallen, in solchem Maße überschuldet ist, daß ein
späterer Erwerb des Mannes erheblich gefährdet wird.
§ 1470. Die Aufhebung der
Gütergemeinschaft tritt in den Fällen der §§ 1468, 1469 mit der Rechtskraft des
Urtheils ein. Für die Zukunft gilt Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die
Aufhebung der Gütergemeinschaft nur nach Maßgabe des § 1435 wirksam.
§ 1471. Nach der Beendigung
der Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die Auseinandersetzung
statt.
Bis zur Auseinandersetzung
gelten für das Gesammtgut die Vorschriften des § 1442.
§ 1472. Die Verwaltung des
Gesammtguts steht bis zur Auseinandersetzung beiden Ehegatten gemeinschaftlich
zu. Die Vorschriften des § 1424 finden entsprechende Anwendung.
Jeder Ehegatte ist dem
anderen gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur
ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung nothwendigen
Maßregeln kann jeder Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen treffen.
§ 1473. Was auf Grund eines
zu dem Gesammtgute gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Gesammtgute gehörenden Gegenstandes oder
durch ein Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf das Gesammtgut bezieht,
wird Gesammtgut.
Die Zugehörigkeit einer
durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zum Gesammtgute hat der Schuldner
erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß
erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
§ 1474. Die
Auseinandersetzung erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung getroffen
wird, nach den §§ 1475 bis 1481.
§ 1475. Aus dem Gesammtgute
sind zunächst die Gesammtgutsverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine
Gesammtgutsverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das
zur Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten.
Fällt eine
Gesammtgutsverbindlichkeit im Verhältnisse der Ehegatten zu einander einem der
Ehegatten allein zur Last, so kann dieser die Berichtigung aus dem Gesammtgute
nicht verlangen.
Zur Berichtigung der
Gesammtgutsverbindlichkeiten ist das Gesammtgut, soweit erforderlich, in Geld
umzusetzen.
§ 1476. Der nach der Berichtigung
der Gesammtgutsverbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den Ehegatten
zu gleichen Theilen.
Was einer der Ehegatten zu
dem Gesammtgute zu ersetzen verpflichtet ist, muß er sich auf seinen Theil
anrechnen lassen. Soweit die Ersatzleistung nicht durch Anrechnung erfolgt,
bleibt er dem anderen Ehegatten verpflichtet.
§ 1477. Die Theilung des
Ueberschusses erfolgt nach den Vorschriften über die Gemeinschaft.
Jeder Ehegatte kann gegen
Ersatz des Werthes die ausschließlich zu seinem persönlichen Gebrauche
bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und Arbeitsgeräthe,
sowie diejenigen Gegenstände übernehmen, welche er in die Gütergemeinschaft
eingebracht oder während der Gütergemeinschaft durch Erbfolge, durch
Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder
als Ausstattung erworben hat.
§ 1478. Sind die Ehegatten
geschieden und ist einer von ihnen allein für schuldig erklärt, so kann der
andere verlangen, daß jedem von ihnen der Werth desjenigen zurückerstattet
wird, was er in die Gütergemeinschaft eingebracht hat; reicht der Werth des
Gesammtguts zur Rückerstattung nicht aus, so hat jeder Ehegatte die Hälfte des
Fehlbetrags zu tragen.
Als eingebracht ist
anzusehen, was eingebrachtes Gut gewesen sein würde, wenn
Errungenschaftsgemeinschaft bestanden hätte. Der Werth des Eingebrachten
bestimmt sich nach der Zeit der Einbringung.
Das im Abs. 1 bestimmte
Recht steht auch dem Ehegatten zu, dessen Ehe wegen seiner Geisteskrankheit
geschieden worden ist.
§ 1479. Wird die
Gütergemeinschaft auf Grund des § 1468 oder des § 1469 durch Urtheil
aufgehoben, so kann der Ehegatte, welcher das Urtheil erwirkt hat, verlangen,
daß die Auseinandersetzung so erfolgt, wie wenn der Anspruch auf
Auseinandersetzung mit der Erhebung der Klage auf Aufhebung der
Gütergemeinschaft rechtshängig geworden wäre.
§ 1480. Wird eine
Gesammtgutsverbindlichkeit nicht vor der Theilung des Gesammtguts berichtigt,
so haftet dem Gläubiger auch der Ehegatte persönlich als Gesammtschuldner für
den zur Zeit der Theilung eine solche Haftung nicht besteht. Seine Haftung
beschränkt sich auf die ihm zugetheilten Gegenstände, die für die Haftung des
Erben geltenden Vorschriften der §§ 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§ 1481. Unterbleibt bei der
Auseinandersetzung die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit, die im
Verhältnisse der Ehegatten zu einander dem Gesammtgut oder dem Manne zur Last
fällt, so hat der Mann dafür einzustehen, daß die Frau von dem Gläubiger nicht
in Anspruch genommen wird. Die gleiche Verpflichtung hat die Frau dem Manne
gegenüber, wenn die Berichtigung einer Gesammtgutsverbindlichkeit unterbleibt,
die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander der Frau zur Last fällt.
§ 1482. Wird die Ehe durch
den Tod eines der Ehegatten aufgelöst und ist ein gemeinschaftlicher Abkömmling
nicht vorhanden, so gehört der Antheil des verstorbenen Ehegatten am
Gesammtgute zum Nachlasse. Die Beerbung des Ehegatten erfolgt nach den
allgemeinen Vorschriften.
§ 1483. Sind bei dem Tode
eines Ehegatten gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden, so wird zwischen dem
überlebenden Ehegatten und den gemeinschaftlichen Abkömmlingen, die im Falle
der gesetzlichen Erbfolge als Erben berufen sind, die Gütergemeinschaft
fortgesetzt. Der Antheil des verstorbenen Ehegatten am Gesammtgute gehört in
diesem Falle nicht zum Nachlasse; im Uebrigen erfolgt die Beerbung des
Ehegatten nach den allgemeinen Vorschriften.
Sind neben den
gemeinschaftlichen Abkömmlingen andere Abkömmlinge vorhanden, so bestimmen sich
ihr Erbrecht und ihre Erbtheile so, wie wenn fortgesetzte Gütergemeinschaft
nicht eingetreten wäre.
§ 1484. Der überlebende
Ehegatte kann die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ablehnen.
Auf die Ablehnung finden
die für die Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften der §§ 1943 bis
1947, 1950, 1952, 1954 bis 1957, 1959 entsprechende Anwendung. Steht der
überlebende Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist
zur Ablehnung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Lehnt der Ehegatte die
Fortsetzung der Gütergemeinschaft ab, so gilt das Gleiche wie im Falle des §
1482.
§ 1485. Das Gesammtgut der
fortgesetzten Gütergemeinschaft besteht aus dem ehelichen Gesammtgute, soweit
es nicht nach § 1483 Abs. 2 einem nicht antheilsberechtigten Abkömmlinge
zufällt, und aus dem Vermögen, das der überlebende Ehegatte aus dem Nachlasse
des verstorbenen Ehegatten oder nach dem Eintritte der fortgesetzten
Gütergemeinschaft erwirbt.
Das Vermögen, das ein
gemeinschaftlicher Abkömmling zur Zeit des Eintritts der fortgesetzten
Gütergemeinschaft hat oder später erwirbt, gehört nicht zu dem Gesammtgute.
Auf das Gesammtgut finden
die für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des § 1438 Abs.
2, 3 entsprechende Anwendung.
§ 1486. Vorbehaltsgut des
überlebenden Ehegatten ist, was er bisher als Vorbehaltsgut gehabt hat oder
nach § 1369 oder § 1370 erwirbt.
Gehören zu dem Vermögen des
überlebenden Ehegatten Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen
werden können, so finden auf sie die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für
das eingebrachte Gut des Mannes geltenden Vorschriften, mit Ausnahme des §
1524, entsprechende Anwendung.
§ 1487. Die Rechte und
Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie der antheilsberechtigten Abkömmlinge
in Ansehung des Gesammtguts der fortgesetzten Gütergemeinschaft bestimmen sich
nach den für die eheliche Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§ 1442
bis 1449, 1455 bis 1457, 1466; der überlebende Ehegatte hat die rechtliche
Stellung des Mannes, die antheilsberechtigten Abkömmlinge haben die rechtliche
Stellung der Frau.
Was der überlebende
Ehegatte zu dem Gesammtgute schuldet oder aus dem Gesammtgute zu fordern hat,
ist erst nach der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft zu leisten.
§ 1488.
Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind die
Verbindlichkeiten des überlebenden Ehegatten sowie solche Verbindlichkeiten des
verstorbenen Ehegatten, die Gesammtgutsverbindlichkeiten der ehelichen
Gütergemeinschaft waren.
§ 1489. Für die
Gesammtgutsverbindlichkeiten der fortgesetzten Gütergemeinschaft haftet der
überlebende Ehegatte persönlich.
Soweit die persönliche
Haftung den überlebenden Ehegatten nur in Folge des Eintritts der fortgesetzten
Gütergemeinschaft trifft, finden die für die Haftung des Erben für die
Nachlaßverbindlichkeiten geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung; an die
Stelle des Nachlasses tritt das Gesammtgut in dem Bestande, den es zur Zeit des
Eintritts der fortgesetzten Gütergemeinschaft hat.
Eine persönliche Haftung
der antheilsberechtigten Abkömmlinge für die Verbindlichkeiten des verstorbenen
oder des überlebenden Ehegatten wird durch die fortgesetzte Gütergemeinschaft
nicht begründet.
§ 1490. Stirbt ein
antheilsberechtigter Abkömmling, so gehört sein Antheil an dem Gesammtgute
nicht zu seinem Nachlasse. Hinterläßt er Abkömmlinge, die antheilsberechtigt
sein würden, wenn er den verstorbenen Ehegatten nicht überlebt hätte, so treten
die Abkömmlinge an seine Stelle. Hinterläßt er solche Abkömmlinge nicht, so
wächst sein Antheil den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn
solche nicht vorhanden sind, dem überlebenden Ehegatten an.
§ 1491. Ein
antheilsberechtigter Abkömmling kann auf seinen Antheil an dem Gesammtgute
verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem für den Nachlaß
des verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte; die Erklärung ist in
öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung
dem überlebenden Ehegatten und den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen
mittheilen.
Der Verzicht kann auch
durch Vertrag mit dem überlebenden Ehegatten und den übrigen
antheilsberechtigten Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der
gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
Steht der Abkömmling unter
elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zu dem Verzichte die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Der Verzicht hat die
gleichen Wirkungen, wie wenn der Verzichtende zur Zeit des Verzichts ohne
Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben wäre.
§ 1492. Der überlebende
Ehegatte kann die fortgesetzte Gütergemeinschaft jederzeit aufheben. Die
Aufhebung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem für den Nachlaß des
verstorbenen Ehegatten zuständigen Gerichte; die Erklärung ist in öffentlich
beglaubigter Form abzugeben. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung den
antheilsberechtigten Abkömmlingen und, wenn der überlebende Ehegatte
gesetzlicher Vertreter eines der Abkömmlinge ist, dem Vormundschaftsgerichte
mittheilen.
Die Aufhebung kann auch
durch Vertrag zwischen dem überlebenden Ehegatten und den antheilsberechtigten
Abkömmlingen erfolgen. Der Vertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen
Beurkundung.
Steht der überlebende
Ehegatte unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so ist zu der
Aufhebung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
§ 1493. Die fortgesetzte
Gütergemeinschaft endigt mit der Wiederverheirathung des überlebenden
Ehegatten.
Der überlebende Ehegatte
hat, wenn ein antheilsberechtigter Abkömmling minderjährig ist oder bevormundet
wird, die Absicht der Wiederverheirathung dem Vormundschaftsgericht anzuzeigen,
ein Verzeichniß des Gesammtguts einzureichen, die Gütergemeinschaft aufzuheben
und die Auseinandersetzung herbeizuführen. Das Vormundschaftsgericht kann
gestatten, daß die Aufhebung der Gütergemeinschaft bis zur Eheschließung
unterbleibt und daß die Auseinandersetzung erst später erfolgt.
§ 1494. Die fortgesetzte
Gütergemeinschaft endigt mit dem Tode des überlebenden Ehegatten.
Wird der überlebende
Ehegatte für todt erklärt, so endigt die fortgesetzte Gütergemeinschaft mit dem
Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt.
§ 1495. Ein
antheilsberechtigter Abkömmling kann gegen den überlebenden Ehegatten auf
Aufhebung der fortgesetzten Gütergemeinschaft klagen:
1. wenn
der überlebende Ehegatte ein Rechtsgeschäft der in den §§ 1444 bis 1446
bezeichneten Art ohne Zustimmung des Abkömmlings vorgenommen hat und für die
Zukunft eine erhebliche Gefährdung des Abkömmlinges zu besorgen ist;
2. wenn
der überlebende Ehegatte das Gesammtgut in der Absicht, den Abkömmling zu
benachtheiligen, vermindert hat;
3. wenn
der überlebende Ehegatte seine Verpflichtung, dem Abkömmling Unterhalt zu
gewähren, verletzt hat und für die Zukunft eine erhebliche Gefährdung des
Unterhalts zu besorgen ist;
4. wenn
der überlebende Ehegatte wegen Verschwendung entmündigt ist oder wenn er das
Gesammtgut durch Verschwendung erheblich gefährdet;
5. wenn
der überlebende Ehegatte die elterliche Gewalt über den Abkömmling verwirkt hat
oder, falls sie ihm zugestanden hätte, verwirkt haben würde.
§ 1496. Die Aufhebung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft tritt in den Fällen des § 1495 mit der
Rechtskraft des Urtheils ein. Sie tritt für alle Abkömmlinge ein, auch wenn das
Urtheil auf die Klage eines der Abkömmlinge ergangen ist.
§ 1497. Nach der Beendigung
der fortgesetzten Gütergemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die
Auseinandersetzung statt.
Bis zur Auseinandersetzung
bestimmt sich das Rechtsverhältniß der Theilhaber am Gesammtgute nach den §§
1442, 1472, 1473.
§ 1498. Auf die
Auseinandersetzung finden die Vorschriften der §§ 1475, 1476, des § 1477 Abs. 1
und der §§ 1479 bis 1481 Anwendung; an die Stelle des Mannes tritt der
überlebende Ehegatte, an die Stelle der Frau treten die antheilsberechtigten
Abkömmlinge. Die im § 1476 Abs. 2 Satz 2 bezeichnete Verpflichtung besteht nur
für den überlebenden Ehegatten.
§ 1499. Bei der
Auseinandersetzung fallen dem überlebenden Ehegatten zur Last:
1. die
ihm bei dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft obliegenden
Gesammtgutsverbindlichkeiten, für die das eheliche Gesammtgut nicht haftete
oder die im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last fielen;
2. die
nach dem Eintritte der fortgesetzten Gütergemeinschaft entstandenen Gesammtgutsverbindlichkeiten,
die, wenn sie während der ehelichen Gütergemeinschaft in seiner Person
entstanden wären, im Verhältnisse der Ehegatten zu einander ihm zur Last
gefallen sein würden;
3. eine
Ausstattung, die er einem antheilsberechtigten Abkömmling über das dem
Gesammtgut entsprechende Maß hinaus oder die er einem nicht
antheilsberechtigten Abkömmlinge versprochen oder gewährt hat.
§ 1500. Die
antheilsberechtigten Abkömmlinge müssen sich Verbindlichkeiten des verstorbenen
Ehegatten, die diesem im Verhältnisse der Ehegatten zu einander zur Last
fielen, bei der Auseinandersetzung auf ihren Antheil insoweit anrechnen lassen,
als der überlebende Ehegatte nicht von dem Erben des verstorbenen Ehegatten
Deckung hat erlangen können.
In gleicher Weise haben
sich die antheilsberechtigten Abkömmlinge anrechnen zu lassen, was der
verstorbene Ehegatte zu dem Gesammtgute zu ersetzen hatte.
§ 1501. Ist einem
antheilsberechtigten Abkömmlinge für den Verzicht auf seinen Antheil eine
Abfindung aus dem Gesammtgute gewährt worden, so wird sie bei der
Auseinandersetzung in das Gesammtgut eingerechnet und auf die den Abkömmlingen
gebührende Hälfte angerechnet.
Der überlebende Ehegatte
kann mit den übrigen antheilsberechtigten Abkömmlingen schon vor der Aufhebung
der fortgesetzten Gütergemeinschaft eine abweichende Vereinbarung treffen. Die
Vereinbarung bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung; sie ist
auch denjenigen Abkömmlingen gegenüber wirksam, welche erst später in die
fortgesetzte Gütergemeinschaft eintreten.
§ 1502. Der überlebende
Ehegatte ist berechtigt, das Gesammtgut oder einzelne dazu gehörende
Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen. Das Recht geht nicht auf
den Erben über.
Wird die fortgesetzte
Gütergemeinschaft auf Grund des § 1495 durch Urtheil aufgehoben, so steht dem
überlebenden Ehegatten das im Abs. 1 bestimmte Recht nicht zu. Die
antheilsberechtigten Abkömmlinge können in diesem Falle diejenigen Gegenstände
gegen Ersatz des Werthes übernehmen, welche der verstorbene Ehegatte nach §
1477 Abs. 2 zu übernehmen berechtigt sein würde. Das Recht kann von ihnen nur
gemeinschaftlich ausgeübt werden.
§ 1503. Mehrere
antheilsberechtigte Abkömmlinge theilen die ihnen zufallende Hälfte des
Gesammtguts nach dem Verhältnisse der Antheile, zu denen sie im Falle der
gesetzlichen Erbfolge als Erben des verstorbenen Ehegatten berufen sein würden,
wenn dieser erst zur Zeit der Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft
gestorben wäre.
Das Vorempfangene kommt
nach den für die Ausgleichung unter Abkömmlingen geltenden Vorschriften zur
Ausgleichung, soweit nicht eine solche bereits bei der Theilung des Nachlasses
des verstorbenen Ehegatten erfolgt ist.
Ist einem
Abkömmlinge, der auf seinen Antheil verzichtet hat, eine Abfindung aus
dem Gesammtgute gewährt worden, so fällt sie den Abkömmlingen zur Last, denen
der Verzicht zu Statten kommt.
§ 1504. Soweit die
antheilsberechtigten Abkömmlinge nach § 1480 den Gesammtgutsgläubigern haften,
sind sie im Verhältnisse zu einander nach der Größe ihres Antheils an dem
Gesammtgute verpflichtet. Die Verpflichtung beschränkt sich auf die ihnen
zugetheilten Gegenstände; die für die Haftung des Erben geltenden Vorschriften
der §§ 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§ 1505. Die Vorschriften
über das Recht auf Ergänzung des Pflichttheils finden zu Gunsten eines
antheilsberechtigten Abkömmlinges entsprechende Anwendung; an die Stelle des
Erbfalls tritt die Beendigung der fortgesetzten Gütergemeinschaft, als
gesetzlicher Erbtheil gilt der dem Abkömmlinge zur Zeit der Beendigung
gebührende Antheil an dem Gesammtgut, als Pflichttheil gilt die Hälfte des
Werthes dieses Antheils.
§ 1506. Ist ein
gemeinschaftlicher Abkömmling erbunwürdig, so ist er auch des Antheils an dem
Gesammtgut unwürdig. Die Vorschriften über die Erbunwürdigkeit finden
entsprechende Anwendung.
§ 1507. Das Nachlaßgericht
hat dem überlebenden Ehegatten auf Antrag ein Zeugniß
über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft zu ertheilen. Die Vorschriften über
den Erbschein finden entsprechende Anwendung.
§ 1508. Die Ehegatten
können die Fortsetzung der Gütergemeinschaft durch Ehevertrag ausschließen.
Auf einen Ehevertrag, durch
welchen die Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen oder die
Ausschließung aufgehoben wird, finden die Vorschriften des § 1437 Anwendung.
§ 1509. Jeder Ehegatte kann
für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, die Fortsetzung der
Gütergemeinschaft durch letztwillige Verfügung ausschließen, wenn er berechtigt
ist, dem anderen Ehegatten den Pflichttheil zu entziehen oder auf Aufhebung der
Gütergemeinschaft zu klagen. Auf die Ausschließung finden
die Vorschriften über die Entziehung des Pflichttheils entsprechende Anwendung.
§ 1510. Wird die
Fortsetzung der Gütergemeinschaft ausgeschlossen, so gilt das Gleiche wie im
Falle des § 1482.
§ 1511. Jeder Ehegatte kann
für den Fall, daß die Ehe durch seinen Tod aufgelöst wird, einen
gemeinschaftlichen Abkömmling von der fortgesetzten Gütergemeinschaft durch
letztwillige Verfügung ausschließen.
Der ausgeschlossene
Abkömmling kann, unbeschadet seines Erbrechts, aus dem Gesammtgute der
fortgesetzten Gütergemeinschaft die Zahlung des Betrags verlangen, der ihm von
dem Gesammtgute der ehelichen Gütergemeinschaft als Pflichttheil gebühren
würde, wenn die fortgesetzte Gütergemeinschaft nicht eingetreten wäre. Die für
den Pflichttheilsanspruch geltenden Vorschriften finden entsprechende
Anwendung.
Der dem ausgeschlossenen
Abkömmlinge gezahlte Betrag wird bei der Auseinandersetzung den
antheilsberechtigten Abkömmlingen nach Maßgabe des § 1500 angerechnet. Im
Verhältnisse der Abkömmlinge zu einander fällt er den Abkömmlingen zur Last,
denen die Ausschließung zu Statten kommt.
§ 1512. Jeder Ehegatte kann
für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt,
den einem antheilsberechtigten Abkömmlinge nach der Beendigung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch
die letztwillige Verfügung bis auf die Hälfte herabsetzen.
§ 1513. Jeder Ehegatte kann
für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt,
den einem antheilsberechtigten Abkömmlinge den diesem nach der Beendigung der
fortgesetzten Gütergemeinschaft gebührenden Antheil an dem Gesammtgute durch
letztwillige Verfügung entziehen, wenn er berechtigt ist, dem Abkömmlinge den
Pflichttheil zu entziehen. Die Vorschriften des § 2336 Abs. 2 bis 4 finden
entsprechende Anwendung.
Der Ehegatte kann, wenn er
nach § 2338 berechtigt ist, das Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges zu
beschränken, den Antheil des Abkömmlinges am Gesammtgut einer entsprechenden
Beschränkung unterwerfen.
§ 1514. Jeder Ehegatte kann
den Betrag, den er nach § 1512 oder nach § 1513 Abs. 1 einem Abkömmling
entzieht, auch einem Dritten durch letztwillige Verfügung zuwenden.
§ 1515. Jeder Ehegatte kann
für den Fall, daß mit seinem Tode die fortgesetzte Gütergemeinschaft eintritt,
durch letztwillige Verfügung anordnen, daß ein antheilsberechtigter Abkömmling
das Recht haben soll, bei der Theilung das Gesammtgut oder einzelne dazu
gehörende Gegenstände gegen Ersatz des Werthes zu übernehmen.
Gehört zu dem Gesammtgut
ein Landgut, so kann angeordnet werden, daß das Landgut mit dem Ertragswerth
oder mit einem Preise, der den Ertragswerth mindestens erreicht, angesetzt
werden soll. Die für die Erbfolge geltenden Vorschriften des § 2049 finden
Anwendung.
Das Recht, das Landgut zu
dem im Abs. 2 bezeichneten Werthe oder Preise zu übernehmen, kann auch dem
überlebenden Ehegatten eingeräumt werden.
§ 1516. Zur Wirksamkeit der
in den §§ 1511 bis 1515 bezeichneten Verfügungen eines Ehegatten ist die
Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich.
Die Zustimmung kann nicht
durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Ehegatte in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters
nicht erforderlich. Die Zustimmungserklärung bedarf der gerichtlichen oder
notariellen Beurkundung. Die Zustimmung ist unwiderruflich.
Die Ehegatten können die in
den §§ 1511 bis 1515 bezeichneten Verfügungen auch in einem gemeinschaftlichen
Testamente treffen.
§ 1517. Zur Wirksamkeit
eines Vertrags, durch den ein gemeinschaftlicher Abkömmling einem der Ehegatten
gegenüber für den Fall, daß die Ehe durch dessen Tod aufgelöst wird, auf seinen
Antheil am Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft verzichtet oder
durch den ein solcher Verzicht aufgehoben wird, ist die Zustimmung des anderen
Ehegatten erforderlich. Für die Zustimmung gelten die Vorschriften des § 1516
Abs. 2 Satz 3, 4.
Die für den Erbverzicht
geltenden Vorschriften finden entsprechende Anwendung.
§ 1518. Anordnungen, die
mit den Vorschriften der §§ 1483 bis 1517 in Widerspruch stehen, können von den
Ehegatten weder durch letztwillige Verfügung noch durch Vertrag getroffen
werden.
3.
Errungenschaftsgemeinschaft.
§ 1519. Was der Mann oder
die Frau während der Errungenschaftsgemeinschaft erwirbt, wird
gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten (Gesammtgut).
Auf das Gesammtgut finden
die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften des § 1438 Abs.
2, 3 und der §§ 1442 bis 1453, 1455 bis 1457 Anwendung.
§ 1520. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist, was ihm bei dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft
gehört.
§ 1521. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist, was er von Todeswegen oder mit Rücksicht auf ein künftiges
Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung erwirbt. Ausgenommen ist ein
Erwerb, der den Umständen nach zu den Einkünften zu rechnen ist.
§ 1522. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen
werden können, sowie Rechte, die mit seinem Tode erlöschen oder deren Erwerb
durch den Tod eines der Ehegatten bedingt ist.
§ 1523. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist, was durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist.
§ 1524. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist, was er auf Grund eines zu seinem eingebrachten Gute
gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder
Entziehung eines zum eingebrachten Gute gehörenden Gegenstandes oder durch ein
Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das eingebrachte Gut bezieht. Ausgenommen
ist der Erwerb aus dem Betrieb eines Erwerbsgeschäfts.
Die Zugehörigkeit einer
durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zum eingebrachten Gute hat der
Schuldner erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit
Kenntniß erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende
Anwendung.
§ 1525. Das eingebrachte
Gut wird für Rechnung des Gesammtguts in der Weise verwaltet, daß die
Nutzungen, welche nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung
geltenden Vorschriften dem Manne zufallen, zu dem Gesammtgute gehören.
Auf das eingebrachte Gut
der Frau finden im Uebrigen die Vorschriften der §§ 1373 bis 1383, 1390 bis
1417 entsprechende Anwendung.
§ 1526. Vorbehaltsgut der
Frau ist, was durch Ehevertrag für Vorbehaltsgut erklärt ist oder von der Frau
nach § 1369 oder § 1370 erworben wird.
Vorbehaltsgut des Mannes
ist ausgeschlossen.
Für das Vorbehaltsgut der
Frau gilt das Gleiche wie für das
Vorbehaltsgut bei der allgemeinen Gütergemeinschaft.
§ 1527. Es wird vermuthet,
daß das vorhandene Vermögen Gesammtgut sei.
§ 1528. Jeder Ehegatte kann
verlangen, daß der Bestand seines eigenen und des dem anderen Ehegatten
gehörenden eingebrachten Gutes durch Aufnahme eines Verzeichnisses unter
Mitwirkung des anderen Ehegatten festgestellt wird. Auf die Aufnahme des
Verzeichnisses finden die für den Nießbrauch geltenden Vorschriften des § 1035
Anwendung.
Jeder Ehegatte kann den
Zustand der zum eingebrachten Gute gehörenden Sachen auf seine Kosten durch
Sachverständige feststellen lassen.
§ 1529. Der eheliche
Aufwand fällt dem Gesammtgute zur Last.
Das Gesammtgut trägt auch
die Lasten des eingebrachten Gutes beider Ehegatten; der Umfang der Lasten
bestimmt sich nach den bei dem Güterstande der Verwaltung und Nutznießung für
das eingebrachte Gut der Frau geltenden Vorschriften der §§ 1384 bis 1387.
§ 1530. Das Gesammtgut
haftet für die Verbindlichkeiten des Mannes und für die in den §§ 1531 bis 1534
bezeichneten Verbindlichkeiten der Frau (Gesammtgutsverbindlichkeiten).
Für Verbindlichkeiten der
Frau, die Gesammtgutsverbindlichkeiten sind, haftet der Mann auch persönlich
als Gesammtschuldner. Die Haftung erlischt mit der Beendigung der
Errungenschaftsgemeinschaft, wenn die Verbindlichkeiten im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander nicht dem Gesammtgute zur Last fallen.
§ 1531. Das Gesammtgut
haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die zu den im § 1529 Abs. 2 bezeichneten
Lasten des eingebrachten Gutes gehören.
§ 1532. Das Gesammtgut
haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die aus einem nach dem Eintritte der
Errungenschaftsgemeinschaft vorgenommenen Rechtsgeschäft entsteht, sowie für
die Kosten eines Rechtsstreits, den die Frau nach dem Eintritte der
Errungenschaftsgemeinschaft führt, wenn die Vornahme des Rechtsgeschäfts oder
die Führung des Rechtsstreits mit Zustimmung des Mannes erfolgt oder ohne seine
Zustimmung für das Gesammtgut wirksam ist.
§ 1533. Das Gesammtgut
haftet für eine Verbindlichkeit der Frau, die nach dem Eintritte der
Errungenschaftsgemeinschaft in Folge eines ihr zustehenden Rechtes oder des
Besitzes einer ihr gehörenden Sache entsteht, wenn das Recht oder die Sache zu
einem Erwerbsgeschäfte gehört, das die Frau mit Einwilligung des Mannes
selbständig betreibt.
§ 1534. Das Gesammtgut
haftet für Verbindlichkeiten der Frau, die ihr auf Grund der gesetzlichen
Unterhaltspflicht obliegen.
§ 1535. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen folgende Gesammtgutsverbindlichkeiten dem
Ehegatten zur Last, in dessen Person sie entstehen:
1. die
Verbindlichkeiten aus einem sich auf sein eingebrachtes Gut oder sein
Vorbehaltsgut beziehenden Rechtsverhältniß, auch wenn sie vor dem Eintritte der
Errungenschaftsgemeinschaft oder vor der Zeit entstanden sind, zu der das Gut
eingebrachtes Gut oder Vorbehaltsgut geworden ist;
2. die
Kosten eines Rechtsstreits, den der Ehegatte über eine der in Nr. 1
bezeichneten Verbindlichkeiten führt.
§ 1536. Im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander fallen dem Manne zur Last:
1. die
vor dem Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft entstandenen
Verbindlichkeiten des Mannes;
2. die
Verbindlichkeiten des Mannes, die der Frau gegenüber aus der Verwaltung ihres
eingebrachten Gutes entstehen, soweit nicht das Gesammtgut zur Zeit der
Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist;
3. die
Verbindlichkeiten des Mannes aus einer unerlaubten Handlung, die er nach dem
Eintritte der Errungenschaftsgemeinschaft begeht, oder aus einem
Strafverfahren, das wegen einer unerlaubten Handlung gegen ihn gerichtet wird;
4. die
Kosten eines Rechtsstreits, den der Mann über eine der in Nr. 1 bis 3
bezeichneten Verbindlichkeiten führt.
§ 1537. Die Vorschriften
des § 1535 und des § 1536 Nr. 1, 4 finden insoweit keine Anwendung, als die
Verbindlichkeiten nach § 1529 Abs. 2 von dem Gesammtgute zu tragen sind.
Das Gleiche gilt von den
Vorschriften des § 1535 insoweit, als die Verbindlichkeiten durch den Betrieb
eines Erwerbsgeschäfts, der für Rechnung des Gesammtguts geführt wird, oder in
Folge eines zu einem solchen Erwerbsgeschäfte gehörenden Rechtes oder des
Besitzes einer dazu gehörenden Sache entstehen.
§ 1538. Verspricht oder
gewährt der Mann einem Kinde eine Ausstattung, so finden die Vorschriften des §
1465 Anwendung.
§ 1539. Soweit das
eingebrachte Gut eines Ehegatten auf Kosten des Gesammtguts oder das Gesammtgut
auf Kosten des eingebrachten Gutes eines Ehegatten zur Zeit der Beendigung der
Errungenschaftsgemeinschaft bereichert ist, muß aus dem bereicherten Gute zu
dem anderen Gute Ersatz geleistet werden. Weitergehende, auf besonderen Gründen
beruhende Ansprüche bleiben unberührt.
§ 1540. Sind verbrauchbare
Sachen, die zum eingebrachten Gute eines Ehegatten gehört haben, nicht mehr
vorhanden, so wird zu Gunsten des Ehegatten vermuthet, daß die Sachen in das
Gesammtgut verwendet worden seien und dieses um den Werth der Sachen bereichert
sei.
§ 1541. Was ein Ehegatte zu
dem Gesammtgut oder die Frau zu dem eingebrachten Gute des Mannes schuldet, ist
erst nach der Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft zu leisten; soweit
jedoch zur Berichtigung einer Schuld der Frau ihr eingebrachtes Gut und ihr
Vorbehaltsgut ausreichen, hat sie die Schuld schon vorher zu berichtigen.
Was der Mann aus dem
Gesammtgute zu fordern hat, kann er erst nach der Beendigung der
Errungenschaftsgemeinschaft fordern.
§ 1542. Die Frau kann unter
den Voraussetzungen des § 1418 Nr. 1, 3 bis 5 und des § 1468, der Mann kann
unter den Voraussetzungen des § 1469 auf Aufhebung der
Errungenschaftsgemeinschaft klagen.
Die Aufhebung tritt mit der
Rechtskraft des Urtheils ein.
§ 1543. Die
Errungenschaftsgemeinschaft endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses, durch
den der Konkurs über das Vermögen des Mannes eröffnet wird.
§ 1544. Die
Errungenschaftsgemeinschaft endigt, wenn ein Ehegatte für todt erklärt wird,
mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt des Todes gilt.
§ 1545. Endigt die
Errungenschaftsgemeinschaft nach den §§ 1542 bis 1544, so gilt für die Zukunft
Gütertrennung.
Dritten gegenüber ist die
Beendigung der Gemeinschaft nur nach Maßgabe des § 1435 wirksam.
§ 1546. Nach der Beendigung
der Errungenschaftsgemeinschaft findet in Ansehung des Gesammtguts die
Auseinandersetzung statt. Bis zur Auseinandersetzung bestimmt sich das
Rechtsverhältniß der Ehegatten nach den §§ 1442, 1472, 1473.
Die Auseinandersetzung
erfolgt, soweit nicht eine andere Vereinbarung getroffen wird, nach den für die
allgemeine Gütergemeinschaft geltenden Vorschriften der §§ 1475 bis 1477, 1479
bis 1481.
Auf das eingebrachte Gut
der Frau finden die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden
Vorschriften der §§ 1421 bis 1424 Anwendung.
§ 1547. Endigt die
Errungenschaftsgemeinschaft durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen
des Mannes, so kann die Frau auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen. Das
gleiche Recht steht, wenn die Gemeinschaft in Folge einer Todeserklärung
endigt, dem für todt erklärten Ehegatten zu, falls er noch lebt.
Wird die Gemeinschaft auf
Grund des § 1418 Nr. 3 bis 5 aufgehoben, so kann der Mann unter den
Voraussetzungen des § 1425 Abs.1 auf Wiederherstellung der Gemeinschaft klagen.
§ 1548. Die
Wiederherstellung der Errungenschaftsgemeinschaft tritt in den Fällen des §
1547 mit der Rechtskraft des Urtheils ein. Die Vorschrift des § 1422 findet
entsprechende Anwendung.
Dritten gegenüber ist die
Wiederherstellung, wenn die Beendigung in das Güterrechtsregister eingetragen
worden ist, nur nach Maßgabe des § 1435 wirksam.
Im Falle der
Wiederherstellung wird Vorbehaltsgut der Frau, was ohne die Beendigung der
Gemeinschaft Vorbehaltsgut geblieben oder geworden sein würde.
4. Fahrnißgemeinschaft.
§ 1549. Auf die
Gemeinschaft des beweglichen Vermögens und der Errungenschaft
(Fahrnißgemeinschaft) finden die für die allgemeine Gütergemeinschaft geltenden
Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1550 bis 1557 ein Anderes
ergiebt.
§ 1550. Von dem Gesammtgut
ausgeschlossen ist das eingebrachte Gut eines Ehegatten.
Auf das eingebrachte Gut
finden die bei der Errungenschaftsgemeinschaft für das eingebrachte Gut
geltenden Vorschriften Anwendung.
§ 1551. Eingebrachtes Gut eines
Ehegatten ist das unbewegliche Vermögen, das er bei dem Eintritte der
Fahrnißgemeinschaft hat oder während der Gemeinschaft durch Erbfolge, durch
Vermächtniß oder mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder
als Ausstattung erwirbt.
Zum unbeweglichen Vermögen
im Sinne dieser Vorschrift gehören Grundstücke nebst Zubehör, Rechte an
Grundstücken, mit Ausnahme der Hypotheken, Grundschulden und Rentenschulden,
sowie Forderungen, die auf die Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken oder
auf die Begründung oder Uebertragung des Eigenthums an Grundstücken oder auf
die Begründung oder Uebertragung eines der bezeichneten Rechte oder auf die
Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte gerichtet sind.
§ 1552. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten sind Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen
werden können.
§ 1553. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist:
1. was
durch Ehevertrag für eingebrachtes Gut erklärt ist;
2. was er
nach § 1369 erwirbt, sofern die Bestimmung dahin getroffen ist, daß der Erwerb
eingebrachtes Gut sein soll.
§ 1554. Eingebrachtes Gut
eines Ehegatten ist, was er in der im § 1524 bezeichneten Weise erwirbt.
Ausgenommen ist, was an Stelle von Gegenständen erworben wird, die nur deshalb
eingebrachtes Gut sind, weil sie nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden
können.
§ 1555. Vorbehaltsgut des
Mannes ist ausgeschlossen.
§ 1556. Erwirbt ein
Ehegatte während der Fahrnißgemeinschaft durch Erbfolge, durch Vermächtniß oder
mit Rücksicht auf ein künftiges Erbrecht, durch Schenkung oder als Ausstattung
Gegenstände, die theils Gesammtgut, theils eingebrachtes Gut werden, so fallen
die in Folge des Erwerbes entstehenden Verbindlichkeiten im Verhältnisse der
Ehegatten zu einander dem Gesammtgut und dem Ehegatten, der den Erwerb macht,
verhältnißmäßig zur Last.
§ 1557. Fortgesetzte
Gütergemeinschaft tritt nur ein, wenn sie durch Ehevertrag vereinbart ist.
III. Güterrechtsregister.
§ 1558. Die Eintragungen in
das Güterrechtsregister haben bei dem Amtsgerichte zu geschehen, in dessen
Bezirke der Mann seinen Wohnsitz hat.
Durch Anordnung der
Landesjustizverwaltung kann die Führung des Registers für mehrere
Amtsgerichtsbezirke einem Amtsgericht übertragen werden.
§ 1559. Verlegt der Mann
nach der Eintragung seinen Wohnsitz in einen anderen Bezirk, so muß die
Eintragung im Register dieses Bezirkes wiederholt werden. Die frühere
Eintragung gilt als von neuem erfolgt, wenn der Mann den Wohnsitz in den
früheren Bezirk zurückverlegt.
§ 1560. Eine Eintragung in
das Register soll nur auf Antrag und nur insoweit erfolgen, als sie beantragt
ist. Der Antrag ist in öffentlich beglaubigter Form zu stellen.
§ 1561. Die Eintragung
erfolgt in den Fällen des § 1357 Abs. 2 und des § 1405 Abs. 3 auf Antrag des
Mannes.
In den anderen Fällen ist
der Antrag beider Ehegatten erforderlich; jeder Ehegatte ist dem anderen
gegenüber zur Mitwirkung verpflichtet.
Der Antrag eines der
Ehegatten genügt:
1. zur
Eintragung eines Ehevertrags oder einer auf gerichtlicher Entscheidung
beruhenden Aenderung der güterrechtlichen Verhältnisse der Ehegatten, wenn mit
dem Antrage der Ehevertrag oder die mit dem Zeugnisse der Rechtskraft versehene
Entscheidung vorgelegt wird;
2. zur
Wiederholung einer Eintragung in dem Register eines anderen Bezirkes, wenn mit
dem Antrag eine nach der Aufhebung des bisherigen Wohnsitzes ertheilte,
öffentlich beglaubigte Abschrift der früheren Eintragung vorgelegt wird.
§ 1562. Das Amtsgericht hat
die Eintragung durch das für seine Bekanntmachungen bestimmte Blatt zu
veröffentlichen.
Wird eine Aenderung des
Güterstandes eingetragen, so hat sich die Bekanntmachung auf die Bezeichnung
des Güterstandes und, wenn dieser abweichend von dem Gesetze geregelt ist, auf
eine allgemeine Bezeichnung der Abweichung zu beschränken.
§ 1563. Die Einsicht des Registers
ist Jedem gestattet. Von den Eintragungen kann eine Abschrift gefordert werden;
die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
Siebenter Titel.
Scheidung der Ehe.
§ 1564. Die Ehe kann aus
den in den §§ 1565 bis 1569 bestimmten Gründen geschieden werden. Die Scheidung
erfolgt durch Urtheil. Die Auflösung der Ehe tritt mit der Rechtskraft des
Urtheils ein.
§ 1565. Ein Ehegatte kann
auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte sich des Ehebruchs oder einer
nach den §§ 171, 175 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung schuldig macht.
Das Recht des Ehegatten auf
Scheidung ist ausgeschlossen, wenn er dem Ehebruch oder der strafbaren Handlung
zustimmt oder sich der Theilnahme schuldig macht.
§ 1566. Ein Ehegatte kann
auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihm nach dem Leben trachtet.
§ 1567. Ein Ehegatte kann
auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte ihn böslich verlassen hat.
Bösliche Verlassung liegt
nur vor:
1. wenn
ein Ehegatte, nachdem er zur Herstellung der häuslichen Gemeinschaft rechtskräftig
verurtheilt worden ist, ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in
böslicher Absicht dem Urtheile nicht Folge geleistet hat;
2. wenn
ein Ehegatte sich ein Jahr lang gegen den Willen des anderen Ehegatten in
böslicher Absicht von der häuslichen Gemeinschaft fern gehalten hat und die
Voraussetzungen für die öffentliche Zustellung seit Jahresfrist gegen ihn
bestanden haben.
Die Scheidung ist im Falle
des Abs. 2 Nr. 2 unzulässig, wenn die Voraussetzungen für die öffentliche
Zustellung am Schlusse der mündlichen Verhandlung, auf die das Urtheil ergeht,
nicht mehr bestehen.
§ 1568. Ein Ehegatte kann
auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte durch schwere Verletzung der
durch die Ehe begründeten Pflichten oder durch ehrloses oder unsittliches
Verhalten eine so tiefe Zerrüttung des ehelichen Verhältnisses verschuldet hat,
daß dem Ehegatten die Fortsetzung der Ehe nicht zugemuthet werden kann. Als
schwere Verletzung der Pflichten gilt auch grobe Mißhandlung.
§ 1569. Ein Ehegatte kann
auf Scheidung klagen, wenn der andere Ehegatte in Geisteskrankheit verfallen
ist, die Krankheit während der Ehe mindestens drei Jahre gedauert und einen
solchen Grad erreicht hat, daß die geistige Gemeinschaft zwischen den Ehegatten
aufgehoben, auch jede Aussicht auf Wiederherstellung dieser Gemeinschaft
ausgeschlossen ist.
§ 1570. Das Recht auf
Scheidung erlischt in den Fällen der §§ 1565 bis 1568 durch Verzeihung.
§ 1571. Die Scheidungsklage
muß in den Fällen der §§ 1565 bis 1568 binnen sechs Monaten von dem Zeitpunkt
an erhoben werden, in dem der Ehegatte von dem Scheidungsgrunde Kenntniß
erlangt. Die Klage ist ausgeschlossen, wenn seit dem Eintritte des
Scheidungsgrundes zehn Jahre verstrichen sind.
Die Frist läuft nicht,
solange die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten aufgehoben ist. Wird der zur
Klage berechtigte Ehegatte von dem anderen Ehegatten aufgefordert, entweder die
häusliche Gemeinschaft herzustellen oder die Klage zu erheben, so läuft die
Frist von dem Empfange der Aufforderung an.
Der Erhebung der Klage
steht die Ladung zum Sühnetermine gleich. Die Ladung
verliert ihre Wirkung, wenn der zur Klage berechtigte Ehegatte im Sühnetermine nicht erscheint oder wenn drei Monate nach
der Beendigung des Sühneverfahrens verstrichen sind und nicht vorher die Klage
erhoben worden ist.
Auf den Lauf der
sechsmonatigen und der dreimonatigen Frist finden die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechende Anwendung.
§ 1572. Ein Scheidungsgrund
kann, auch wenn die für seine Geltendmachung im § 1571 bestimmte Frist
verstrichen ist, im Laufe des Rechtsstreits geltend gemacht werden, sofern die
Frist zur Zeit der Erhebung der Klage noch nicht verstrichen war.
§ 1573. Thatsachen, auf die
eine Scheidungklage nicht mehr gegründet werden kann, dürfen zur Unterstützung
einer auf andere Thatsachen gegründeten Scheidungsklage geltend gemacht werden.
§ 1574. Wird die Ehe aus
einem der in den §§ 1565 bis 1568 bestimmten Gründe geschieden, so ist in dem
Urtheil auszusprechen, daß der Beklagte die Schuld an der Scheidung trägt.
Hat der Beklagte Widerklage
erhoben und wird auch diese für begründet erkannt, so sind beide Ehegatten für
schuldig zu erklären.
Ohne Erhebung einer
Widerklage ist auf Antrag des Beklagten auch der Kläger für schuldig zu
erklären, wenn Thatsachen vorliegen, wegen deren der Beklagte auf Scheidung
klagen könnte oder, falls sein Recht auf Scheidung durch Verzeihung oder durch
Zeitablauf ausgeschlossen ist, zur Zeit des Eintritts des von dem Kläger
geltend gemachten Scheidungsgrundes berechtigt war, auf Scheidung zu klagen.
§ 1575. Der Ehegatte, der
auf Scheidung zu klagen berechtigt ist, kann statt auf Scheidung auf Aufhebung
der ehelichen Gemeinschaft klagen. Beantragt der andere Ehegatte, daß die Ehe,
falls die Klage begründet ist, geschieden wird, so ist auf Scheidung zu
erkennen.
Für die Klage auf Aufhebung
der ehelichen Gemeinschaft gelten die Vorschriften der §§ 1573, 1574.
§ 1576. Ist auf Aufhebung
der ehelichen Gemeinschaft erkannt, so kann jeder der Ehegatten auf Grund des
Urtheils die Scheidung beantragen, es sei denn, daß nach der Erlassung des
Urtheils die eheliche Gemeinschaft wiederhergestellt worden ist.
Die Vorschriften der §§
1570 bis 1574 finden keine Anwendung; wird die Ehe geschieden, so ist der für
schuldig erklärte Ehegatte auch im Scheidungsurtheile für schuldig zu erklären.
§ 1577. Die geschiedene
Frau behält den Familiennamen des Mannes.
Die Frau kann ihren
Familiennamen wiederannehmen. War sie vor der Eingehung der geschiedenen Ehe
verheiratet, so kann sie auch den Namen wiederannehmen, den sie zur Zeit der
Eingehung dieser Ehe hatte, es sei denn, daß sie allein für schuldig erklärt
ist. Die Wiederannahme des Namens erfolgt durch Erklärung gegenüber der
zuständigen Behörde; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form
abzugeben.
Ist die Frau allein für
schuldig erklärt, so kann der Mann ihr die Führung seines Namens untersagen.
Die Untersagung erfolgt durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde; die
Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben. Die Behörde soll der
Frau die Erklärung mittheilen. Mit dem Verluste des Namens des Mannes erhält
die Frau ihren Familiennamen wieder.
§ 1578. Der allein für
schuldig erklärte Mann hat der geschiedenen Frau den standesmäßigen Unterhalt
insoweit zu gewähren, als sie ihn nicht aus den Einkünften ihres Vermögens und,
sofern nach den Verhältnissen, in denen die Ehegatten gelebt haben, Erwerb
durch Arbeit der Frau üblich ist, aus dem Ertrag ihrer Arbeit bestreiten kann.
Die allein für schuldig
erklärte Frau hat dem geschiedenen Manne den standesmäßigen Unterhalt insoweit
zu gewähren, als er außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.
§ 1579. Soweit der allein
für schuldig erklärte Ehegatte bei Berücksichtigung seiner sonstigen
Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen
Unterhalts dem anderen Ehegatten Unterhalt zu gewähren, ist er berechtigt, von
den zu seinem Unterhalte verfügbaren Einkünften zwei Drittheile oder, wenn
diese zu seinem nothdürftigen Unterhalte nicht ausreichen, so viel zurückzubehalten,
als zu dessen Bestreitung erforderlich ist. Hat er einem minderjährigen
unverheiratheten Kinde oder in Folge seiner Wiederverheirathung dem neuen
Ehegatten Unterhalt zu gewähren, so beschränkt sich seine Verpflichtung dem
geschiedenen Ehegatten gegenüber auf dasjenige, was mit Rücksicht auf die
Bedürfnisse sowie auf die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse der Betheiligten
der Billigkeit entspricht.
Der Mann ist der Frau
gegenüber unter den Voraussetzungen des Abs. 1 von der Unterhaltspflicht ganz
befreit, wenn die Frau den Unterhalt aus dem Stamme ihres Vermögens bestreiten
kann.
§ 1580. Der Unterhalt ist
durch Entrichtung einer Geldrente nach Maßgabe des § 760 zu gewähren. Ob, in
welcher Art und für welchen Betrag der Unterhaltspflichtige Sicherheit zu
leisten hat, bestimmt sich nach den Umständen.
Statt der Rente kann der
Berechtigte eine Abfindung in Kapital verlangen, wenn ein wichtiger Grund
vorliegt.
Im Uebrigen finden die für
die Unterhaltspflicht der Verwandten geltenden Vorschriften der §§ 1607, 1610,
des § 1611 Abs. 1, des § 1613 und für den Fall des Todes des Berechtigten die
Vorschriften des § 1615 entsprechende Anwendung.
§ 1581. Die
Unterhaltspflicht erlischt mit der Wiederverheirathung des Berechtigten.
Im Falle der Wiederverheirathung
des Verpflichteten finden die Vorschriften des § 1604 entsprechende Anwendung.
§ 1582. Die
Unterhaltspflicht erlischt nicht mit dem Tode des Verpflichteten.
Die Verpflichtung des Erben
unterliegt nicht den Beschränkungen des § 1579. Der Berechtigte muß sich jedoch
die Herabsetzung der Rente bis auf die Hälfte der Einkünfte gefallen lassen,
die der Verpflichtete zur Zeit des Todes aus seinem Vermögen bezogen hat.
Einkünfte aus einem Rechte, das mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts
oder Ereignisses erlischt, bleiben von dem Eintritte des Zeitpunkts oder des
Ereignisses an außer Betracht.
Sind mehrere Berechtigte
vorhanden, so kann der Erbe die Renten nach dem Verhältniß ihrer Höhe soweit
herabsetzen, daß sie zusammen der Hälfte der Einkünfte gleichkommen.
§ 1583. Ist die Ehe wegen
Geisteskrankheit eines Ehegatten geschieden, so hat ihm der andere Ehegatte
Unterhalt in gleicher Weise zu gewähren wie ein allein für schuldig erklärter
Ehegatte.
§ 1584. Ist ein Ehegatte
allein für schuldig erklärt, so kann der andere Ehegatte Schenkungen, die er
ihm während des Brautstandes oder während der Ehe gemacht hat, widerrufen. Die
Vorschriften des § 531 finden Anwendung.
Der Widerruf ist
ausgeschlossen, wenn seit der Rechtskraft des Scheidungsurtheils ein Jahr
verstrichen oder wenn der Schenker oder der Beschenkte gestorben ist.
§ 1585. Hat der Mann einem
gemeinschaftlichen Kinde Unterhalt zu gewähren, so ist die Frau verpflichtet,
ihm aus den Einkünften ihres Vermögens und dem Ertrag ihrer Arbeit oder eines von
ihr selbständig betriebenen Erwerbsgeschäfts einen anderen Beitrag zu den
Kosten des Unterhalts zu leisten, soweit nicht diese durch die dem Manne an dem
Vermögen des Kindes zustehende Nutznießung gedeckt werden. Der Anspruch des
Mannes ist nicht übertragbar.
Steht der Frau die Sorge
für die Person des Kindes zu und ist eine erhebliche Gefährdung des Unterhalts
des Kindes zu besorgen, so kann die Frau den Beitrag zur eigenen Verwendung für
den Unterhalt des Kindes zurückbehalten.
§ 1586. Wird nach § 1575
die eheliche Gemeinschaft aufgehoben, so treten die mit der Scheidung
verbundenen Wirkungen ein; die Eingehung einer neuen Ehe ist jedoch
ausgeschlossen. Die Vorschriften über die Nichtigkeit und Anfechtbarkeit der
Ehe finden Anwendung, wie wenn das Urtheil nicht ergangen wäre.
§ 1587. Wird die eheliche
Gemeinschaft nach der Aufhebung wiederhergestellt, so fallen die mit der
Aufhebung verbundenen Wirkungen weg und tritt Gütertrennung ein.
Achter Titel.
Kirchliche Verpflichtungen.
§ 1588. Die kirchlichen Verpflichtungen
in Ansehung der Ehe werden durch die Vorschriften dieses Abschnitts nicht
berührt.
Zweiter Abschnitt.
Verwandtschaft.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§ 1589. Personen, deren
eine von der anderen abstammt, sind in gerader Linie verwandt. Personen, die
nicht in gerader Linie verwandt sind, aber von derselben dritten Person
abstammen, sind in der Seitenlinie verwandt. Der Grad der Verwandtschaft
bestimmt sich nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten.
Ein uneheliches Kind und
dessen Vater gelten nicht als verwandt.
§ 1590. Die Verwandten
eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert. Die Linie und der
Grad der Schwägerschaft bestimmen sich nach der Linie und dem Grade der sie
vermittelnden Verwandtschaft.
Die Schwägerschaft dauert
fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist.
Zweiter Titel.
Eheliche Abstammung.
§ 1591. Ein Kind, das nach
der Eingehung der Ehe geboren wird, ist ehelich, wenn die Frau es vor oder
während der Ehe empfangen und der Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau
beigewohnt hat. Das Kind ist nicht ehelich, wenn es den Umständen nach offenbar
unmöglich ist, daß die Frau das Kind von dem Manne empfangen hat.
Es wird vermuthet, daß der
Mann innerhalb der Empfängnißzeit der Frau beigewohnt habe. Soweit die
Empfängnißzeit in die Zeit vor der Ehe fällt, gilt die Vermuthung nur, wenn der
Mann gestorben ist, ohne die Ehelichkeit des Kindes angefochten zu haben.
§ 1592. Als Empfängnißzeit
gilt die Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem
dreihundertundzweiten Tage vor der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des
einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages.
Steht fest, daß das Kind
innerhalb eines Zeitraums empfangen worden ist, der weiter als dreihundertundzwei
Tage vor dem Tage der Geburt zurückliegt, so gilt zu Gunsten der Ehelichkeit
des Kindes dieser Zeitraum als Empfängnißzeit.
§ 1593. Die Unehelichkeit
eines Kindes, das während der Ehe oder innerhalb dreihundertundzwei Tagen nach
der Auflösung der Ehe geboren ist, kann nur geltend gemacht werden, wenn der
Mann die Ehelichkeit angefochten hat oder, ohne das Anfechtungsrecht verloren
zu haben, gestorben ist.
§ 1594. Die Anfechtung der
Ehelichkeit kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Mann die Geburt des Kindes erfährt.
Auf den Lauf der Frist
finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206
entsprechende Anwendung.
§ 1595. Die Anfechtung der
Ehelichkeit kann nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der Mann in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Für einen
geschäftsunfähigen Mann kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts die Ehelichkeit anfechten. Hat der gesetzliche Vertreter
die Ehelichkeit nicht rechtzeitig angefochten, so kann nach dem Wegfalle der
Geschäftsunfähigkeit der Mann selbst die Ehelichkeit in gleicher Weise
anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter gewesen wäre.
§ 1596. Die Anfechtung der
Ehelichkeit erfolgt bei Lebzeiten des Kindes durch Erhebung der
Anfechtungsklage. Die Klage ist gegen das Kind zu richten.
Wird die Klage
zurückgenommen, so ist die Anfechtung als nicht erfolgt anzusehen. Das Gleiche
gilt, wenn der Mann vor der Erledigung des Rechtsstreits das Kind als das
seinige anerkennt.
Vor der Erledigung des
Rechtsstreits kann die Unehelichkeit nicht anderweit geltend gemacht werden.
§ 1597. Nach dem Tode des
Kindes erfolgt die Anfechtung der Ehelichkeit durch Erklärung gegenüber dem
Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Das Nachlaßgericht soll die
Erklärung sowohl demjenigen mittheilen, welcher im Falle der Ehelichkeit, als
auch demjenigen, welcher im Falle der Unehelichkeit Erbe des Kindes ist. Es hat
die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse
glaubhaft macht.
§ 1598. Die Anfechtung der
Ehelichkeit ist ausgeschlossen, wenn der Mann das Kind nach der Geburt als das
seinige anerkennt.
Die Anerkennung kann nicht
unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
Für die Anerkennung gelten
die Vorschriften des § 1595 Abs. 1. Die Anerkennung kann auch in einer
Verfügung von Todeswegen erfolgen.
§ 1599. Ist die Anerkennung
der Ehelichkeit anfechtbar, so finden die Vorschriften der §§ 1595 bis 1597
und, wenn die Anfechtbarkeit ihren Grund in arglistiger Täuschung oder in
Drohung hat, neben den Vorschriften des § 203 Abs. 2 und des § 206 auch die
Vorschrift des § 203 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§ 1600. Wird von einer
Frau, die sich nach der Auflösung ihrer Ehe wiederverheirathet hat, ein Kind
geboren, das nach den §§ 1591 bis 1599 ein eheliches Kind sowohl des ersten als
des zweiten Mannes sein würde, so gilt das Kind, wenn es innerhalb
zweihundertundsiebzig Tagen nach der Auflösung der früheren Ehe geboren wird,
als Kind des ersten Mannes, wenn es später geboren wird, als Kind des zweiten
Mannes.
Dritter Titel.
Unterhaltspflicht.
§ 1601. Verwandte in
gerader Linie sind verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren.
§ 1602.
Unterhaltsberechtigt ist nur, wer außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten.
Ein minderjähriges
unverheirathetes Kind kann von seinen Eltern, auch wenn es Vermögen hat, die
Gewährung des Unterhalts insoweit verlangen, als die Einkünfte seines Vermögens
und der Ertrag seiner Arbeit zum Unterhalte nicht ausreichen.
§ 1603. Unterhaltspflichtig
ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer
Stande ist, ohne Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts den Unterhalt zu
gewähren.
Befinden sich Eltern in
dieser Lage, so sind sie ihren minderjährigen unverheiratheten Kindern
gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder
Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Diese Verpflichtung tritt nicht ein, wenn
ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist; sie tritt auch
nicht ein gegenüber einem Kinde, dessen Unterhalt aus dem Stamme seines
Vermögens bestritten werden kann.
§ 1604. Soweit die
Unterhaltspflicht einer Frau ihren Verwandten gegenüber davon abhängt, daß sie
zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die dem Manne an dem
eingebrachten Gute zustehende Verwaltung und Nutznießung nicht in Betracht.
Besteht allgemeine
Gütergemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder Fahrnißgemeinschaft, so
bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwandten
gegenüber so, wie wenn das Gesammtgut dem unterhaltspflichtigen Ehegatten
gehörte. Sind bedürftige Verwandte beider Ehegatten vorhanden, so ist der Unterhalt
aus dem Gesammtgute so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden
Ehegatten in dem Verwandtschaftsverhältnisse ständen, auf dem die
Unterhaltspflicht des verpflichteten Ehegatten beruht.
§ 1605. Soweit die
Unterhaltspflicht eines minderjährigen Kindes seinen Verwandten gegenüber davon
abhängt, daß es zur Gewährung des Unterhalts im Stande ist, kommt die
elterliche Nutznießung an dem Vermögen des Kindes nicht in Betracht.
§ 1606. Die Abkömmlinge
sind vor den Verwandten der aufsteigenden Linie unterhaltspflichtig. Die
Unterhaltspflicht der Abkömmlinge bestimmt sich nach der gesetzlichen
Erbfolgeordnung und dem Verhältnisse der Erbtheile.
Unter den Verwandten der
aufsteigenden Linie haften die näheren vor den entfernteren, mehrere gleich
nahe zu gleichen Theilen. Der Vater haftet jedoch vor der Mutter; steht die
Nutznießung an dem Vermögen des Kindes der Mutter zu, so haftet die Mutter vor
dem Vater.
§ 1607. Soweit ein
Verwandter auf Grund des § 1603 nicht unterhaltspflichtig ist, hat der nach ihm
haftende Verwandte den Unterhalt zu gewähren.
Das Gleiche gilt, wenn die
Rechtsverfolgung gegen einen Verwandten im Inland ausgeschlossen oder erheblich
erschwert wird. Der Anspruch gegen einen solchen Verwandten geht, soweit ein
anderer Verwandter den Unterhalt gewährt, auf diesen über. Der Uebergang kann
nicht zum Nachtheile des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden.
§ 1608. Der Ehegatte des
Bedürftigen haftet vor dessen Verwandten. Soweit jedoch der Ehegatte bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne
Gefährdung seines standesmäßigen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, haften
die Verwandten vor dem Ehegatten. Die Vorschriften des §1607 Abs. 2 finden
entsprechende Anwendung.
Das Gleiche gilt von einem
geschiedenen unterhaltspflichtigen Ehegatten sowie von einem Ehegatten, der
nach § 1351 unterhaltspflichtig ist.
§ 1609. Sind mehrere
Bedürftige vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außer Stande, allen
Unterhalt zu gewähren, so gehen unter ihnen die Abkömmlinge den Verwandten der
aufsteigenden Linie, unter den Abkömmlingen diejenigen, welche im Falle der
gesetzlichen Erbfolge als Erben berufen sein würden, den übrigen Abkömmlingen,
unter den Verwandten der aufsteigenden Linie die näheren den entfernteren vor.
Der Ehegatte steht den
minderjährigen unverheiratheten Kindern gleich; er geht anderen Kindern und den
übrigen Verwandten vor. Ein geschiedener Ehegatte sowie ein Ehegatte, der nach
§ 1351 unterhaltsberechtigt ist, geht den volljährigen
oder verheiratheten Kindern und den übrigen Verwandten vor.
§ 1610. Das Maß des zu
gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen
(standesmäßiger Unterhalt).
Der Unterhalt umfaßt den
gesammten Lebensbedarf, bei einer der Erziehung bedürftigen Person auch die
Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe.
§ 1611. Wer durch sein
sittliches Verschulden bedürftig geworden ist, kann nur den nothdürftigen
Unterhalt verlangen.
Der gleichen Beschränkung
unterliegt der Unterhaltsanspruch der Abkömmlinge, der Eltern und des
Ehegatten, wenn sie sich einer Verfehlung schuldig machen, die den
Unterhaltspflichtigen berechtigt, ihnen den Pflichttheil zu entziehen, sowie
der Unterhaltsanspruch der Großeltern und der weiteren Voreltern, wenn ihnen
gegenüber die Voraussetzungen vorliegen, unter denen Kinder berechtigt sind,
ihren Eltern den Pflichttheil zu entziehen.
Der Bedürftige kann wegen
einer nach diesen Vorschriften eintretenden Beschränkung seines Anspruchs nicht
andere Unterhaltspflichtige in Anspruch nehmen.
§ 1612. Der Unterhalt ist
durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren. Der Verpflichtete kann
verlangen, daß ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird,
wenn besondere Gründe es rechtfertigen.
Haben Eltern einem
unverheiratheten Kinde Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in
welcher Art und für welche Zeit im voraus der
Unterhalt gewährt werden soll. Aus besonderen Gründen kann das
Vormundschaftsgericht auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern ändern.
Im Uebrigen finden die
Vorschriften des § 760 Anwendung.
§ 1613. Für die
Vergangenheit kann der Berechtigte Erfüllung oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung nur von der Zeit an fordern, zu welcher der Verpflichtete in
Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
§ 1614. Für die Zukunft
kann auf den Unterhalt nicht verzichtet werden.
Durch eine Vorausleistung
wird der Verpflichtete bei erneuter Bedürftigkeit des Berechtigten nur für den
im § 760 Abs. 2 bestimmten Zeitabschnitt oder, wenn er selbst den Zeitabschnitt
zu bestimmen hatte, für einen den Umständen nach angemessenen Zeitabschnitt
befreit.
§ 1615. Der
Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Berechtigten oder des
Verpflichteten, soweit er nicht auf Erfüllung oder Schadensersatz wegen
Nichterfüllung für die Vergangenheit oder auf solche im voraus zu bewirkende
Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des Todes des Berechtigten oder des
Verpflichteten fällig sind.
Im Falle des Todes des
Berechtigten hat der Verpflichtete die Kosten der Beerdigung zu tragen, soweit
ihre Bezahlung nicht von dem Erben zu erlangen ist.
Vierter Titel.
Rechtliche Stellung der
ehelichen Kinder.
I. Rechtsverhältniß
zwischen den Eltern und dem Kinde im Allgemeinen.
§ 1616. Das Kind erhält den
Familiennamen des Vaters.
§ 1617. Das Kind ist,
solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder
unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner
Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäfte
Dienste zu leisten.
§ 1618. Macht ein dem
elterlichen Hausstand angehörendes volljähriges Kind zur Bestreitung der Kosten
des Haushalts aus seinem Vermögen eine Aufwendung oder überläßt es den Eltern
zu diesem Zwecke etwas aus seinem Vermögen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß
die Absicht fehlt, Ersatz zu verlangen.
§ 1619. Ueberläßt ein dem
elterlichen Hausstand angehörendes volljähriges Kind sein Vermögen ganz oder
theilweise der Verwaltung des Vaters, so kann der Vater die Einkünfte, die er
während seiner Verwaltung bezieht, nach freiem Ermessen verwenden, soweit nicht
ihre Verwendung zur Bestreitung der Kosten der ordnungsmäßigen Verwaltung und
zur Erfüllung solcher Verpflichtungen des Kindes erforderlich ist, die bei
ordnungsmäßiger Verwaltung aus den Einkünften des Vermögens bestritten werden.
Das Kind kann eine abweichende Bestimmung treffen.
Das gleiche Recht steht der
Mutter zu, wenn das Kind ihr die Verwaltung seines Vermögens überläßt.
§ 1620. Der Vater ist
verpflichtet, einer Tochter im Falle ihrer Verheirathung zur Einrichtung des
Haushalts eine angemessene Aussteuer zu gewähren, soweit er bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen ohne Gefährdung seines
standesmäßigen Unterhalts dazu im Stande ist und nicht die Tochter ein zur Beschaffung
der Aussteuer ausreichendes Vermögen hat. Die gleiche Verpflichtung trifft die
Mutter, wenn der Vater zur Gewährung der Aussteuer außer Stande oder wenn er
gestorben ist.
Die Vorschriften des § 1604
und des § 1607 Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§ 1621. Der Vater und die
Mutter können die Aussteuer verweigern, wenn sich die Tochter ohne die
erforderliche elterliche Einwilligung verheirathet.
Das Gleiche gilt, wenn sich
die Tochter einer Verfehlung schuldig gemacht hat, die den Verpflichteten
berechtigt, ihr den Pflichttheil zu entziehen.
§ 1622. Die Tochter kann
eine Aussteuer nicht verlangen, wenn sie für eine frühere Ehe von dem Vater
oder der Mutter eine Aussteuer erhalten hat.
§ 1623. Der Anspruch auf
die Aussteuer ist nicht übertragbar. Er verjährt in einem Jahre von der
Eingehung der Ehe an.
§ 1624. Was einem Kinde mit
Rücksicht auf seine Verheirathung oder auf die Verlangung einer selbständigen
Lebensstellung zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirthschaft oder der
Lebensstellung von dem Vater oder der Mutter zugewendet wird (Ausstattung),
gilt, auch wenn eine Verpflichtung nicht besteht, nur insoweit als Schenkung,
als die Ausstattung das den Umständen, insbesondere den Vermögensverhältnissen
des Vaters oder der Mutter, entsprechende Maß übersteigt.
Die Verpflichtung des
Ausstattenden zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte oder wegen eines
Fehlers der Sache bestimmt sich, auch soweit die Ausstattung nicht als
Schenkung gilt, nach den für die Gewährleistungspflicht des Schenkers geltenden
Vorschriften.
§ 1625. Gewährt der Vater
einem Kinde, dessen Vermögen seiner elterlichen oder vormundschaftlichen
Verwaltung unterliegt, eine Ausstattung, so ist im Zweifel anzunehmen, daß er
sie aus diesem Vermögen gewährt. Diese Vorschrift findet auf die Mutter
entsprechende Anwendung.
II. Elterliche Gewalt.
§ 1626. Das Kind steht,
solange es minderjährig ist, unter elterlicher Gewalt.
1. Elterliche Gewalt des
Vaters.
§ 1627. Der Vater hat kraft
der elterlichen Gewalt das Recht und die Pflicht, für die Person und das
Vermögen des Kindes zu sorgen.
§ 1628. Das Recht und die
Pflicht, für die Person und das Vermögen des Kindes zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Kindes, für die
ein Pfleger bestellt ist.
§ 1629. Steht die Sorge für
die Person oder die Sorge für das Vermögen des Kindes einem Pfleger zu, so
entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater und dem
Pfleger über die Vornahme einer sowohl die Person als das Vermögen des Kindes
betreffenden Handlung das Vormundschaftsgericht.
§ 1630. Die Sorge für die
Person und das Vermögen umfaßt die Vertretung des Kindes.
Die Vertretung steht dem
Vater insoweit nicht zu, als nach § 1795 ein Vormund von der Vertretung des
Mündels ausgeschlossen ist. Das Vormundschaftsgericht kann dem Vater nach §
1796 die Vertretung entziehen.
§ 1631. Die Sorge für die
Person des Kindes umfaßt das Recht und die Pflicht, das Kind zu erziehen, zu
beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen.
Der Vater kann kraft des
Erziehungsrechts angemessene Zuchtmittel gegen das Kind anwenden. Auf seinen
Antrag hat das Vormundschaftsgericht ihn durch Anwendung geeigneter Zuchtmittel
zu unterstützen.
§ 1632. Die Sorge für die
Person des Kindes umfaßt das Recht, die Herausgabe des Kindes von Jedem zu
verlangen, der es dem Vater widerrechtlich vorenthält.
§ 1633. Ist eine Tochter
verheirathet, so beschränkt sich die Sorge für ihre Person auf die Vertretung
in den die Person betreffenden Angelegenheiten.
§ 1634. Neben dem Vater hat
während der Dauer der Ehe die Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person
des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes ist sie nicht berechtigt,
unbeschadet der Vorschrift des § 1685 Abs. 1. Bei einer Meinungsverschiedenheit
zwischen den Eltern geht die Meinung des Vaters vor.
§ 1635. Ist die Ehe aus
einem der in den §§ 1565 bis 1568 bestimmten Gründe geschieden, so steht,
solange die geschiedenen Ehegatten leben, die Sorge für die Person des Kindes,
wenn ein Ehegatte allein für schuldig erklärt ist, dem anderen Ehegatten zu;
sind beide Ehegatten für schuldig erklärt, so steht die Sorge für einen Sohn
unter sechs Jahren oder für eine Tochter der Mutter, für einen Sohn, der über
sechs Jahre alt ist, dem Vater zu. Das Vormundschaftsgericht kann eine
abweichende Anordnung treffen, wenn eine solche aus besonderen Gründen im
Interesse des Kindes geboten ist; es kann die Anordnung aufheben, wenn sie
nicht mehr erforderlich ist.
Das Recht des Vaters zur
Vertretung des Kindes bleibt unberührt.
§ 1636. Der Ehegatte, dem
nach § 1635 die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, behält die
Befugniß, mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Vormundschaftsgericht kann
den Verkehr näher regeln.
§ 1637. Ist die Ehe nach §
1348 Abs. 2 aufgelöst, so gilt in Ansehung der Sorge für die Person des Kindes
das Gleiche, wie wenn die Ehe geschieden ist und beide Ehegatten für schuldig
erklärt sind.
§ 1638. Das Recht und die
Pflicht, für das Vermögen des Kindes zu sorgen (Vermögensverwaltung), erstreckt
sich nicht auf das Vermögen, welches das Kind von Todeswegen erwirbt oder
welches ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich zugewendet wird,
wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung
bestimmt hat, daß der Erwerb der Verwaltung des Vaters entzogen sein soll.
Was das Kind auf Grund
eines zu einem solchen Vermögen gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die
Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines zu dem Vermögen gehörenden
Gegenstandes oder durch ein Rechtsgeschäft erwirbt, das sich auf das Vermögen
bezieht, ist gleichfalls der Verwaltung des Vaters entzogen.
§ 1639. Was das Kind von
Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich
zugewendet wird, hat der Vater nach den Anordnungen des Erblassers oder des
Dritten zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige
Verfügung, von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind. Kommt der
Vater den Anordnungen nicht nach, so hat das Vormundschaftsgericht die zu ihrer
Durchführung erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Der Vater darf von den
Anordnungen insoweit abweichen, als er nach § 1803 Abs. 2, 3 einem Vormunde
gestattet ist.
§ 1640. Der Vater hat das
seiner Verwaltung unterliegende Vermögen des Kindes, welches bei dem Tode der
Mutter vorhanden ist oder dem Kinde später zufällt, zu verzeichnen und das
Verzeichniß, nachdem er es mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit versehen hat, dem Vormundschaftsgericht einzureichen. Bei
Haushaltsgegenständen genügt die Angabe des Gesammtwerths.
Ist das eingereichte
Verzeichniß ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das
Verzeichniß durch eine zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten
oder Notar aufgenommen wird. Die Anordnung ist für das in Folge des Todes der
Mutter dem Kinde zufallende Vermögen unzulässig, wenn die Mutter sie durch
letztwillige Verfügung ausgeschlossen hat.
§ 1641. Der Vater kann
nicht in Vertretung des Kindes Schenkungen machen. Ausgenommen sind
Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§ 1642. Der Vater hat das
seiner Verwaltung unterliegende Geld des Kindes, unbeschadet der Vorschrift des
§ 1653, nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften der §§ 1807,
1808 verzinslich anzulegen, soweit es nicht zur Bestreitung von Ausgaben bereit
zu halten ist.
Das Vormundschaftsgericht
kann dem Vater aus besonderen Gründen eine andere Anlegung gestatten.
§ 1643. Zu Rechtsgeschäften
für das Kind bedarf der Vater der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts in den
Fällen, in denen nach § 1821 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 und nach § 1822 Nr. 1,
3, 5, 8 bis 11 ein Vormund der Genehmigung bedarf.
Das Gleiche gilt für die
Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses sowie für den Verzicht
auf einen Pflichttheil. Tritt der Anfall an das Kind erst in Folge der
Ausschlagung des Vaters ein, so ist die Genehmigung nur erforderlich, wenn der
Vater neben dem Kinde berufen war.
Die Vorschriften der §§
1825, 1828 bis 1831 finden entsprechende Anwendung.
§ 1644. Der Vater kann
Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich ist, dem Kinde nicht ohne diese Genehmigung zur Erfüllung eines
von dem Kinde geschlossenen Vertrags oder zu freier Verfügung überlassen.
§ 1645. Der Vater soll
nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im
Namen des Kindes beginnen.
§ 1646. Erwirbt der Vater
mit Mitteln des Kindes bewegliche Sachen, so geht mit dem Erwerbe das Eigenthum
auf das Kind über, es sei denn, daß der Vater nicht für Rechnung des Kindes
erwerben will. Dies gilt insbesondere auch von Inhaberpapieren und von
Orderpapieren, die mit Blankoindossament versehen sind.
Die Vorschriften des Abs. 1
finden entsprechende Anwendung, wenn der Vater mit Mitteln des Kindes ein Recht
an Sachen der bezeichneten Art oder ein anderes Recht erwirbt, zu dessen
Uebertragung der Abtretungsvertrag genügt.
§ 1647. Die
Vermögensverwaltung des Vaters endigt mit der Rechtskraft des Beschlusses,
durch den der Konkurs über das Vermögen des Vaters eröffnet wird.
Nach der Aufhebung des
Konkurses kann das Vormundschaftsgericht die Verwaltung dem Vater
wiederübertragen.
§ 1648. Macht der Vater bei
der Sorge für die Person oder das Vermögen des Kindes Aufwendungen, die er den
Umständen nach für erforderlich halten darf, so kann er von dem Kinde Ersatz
verlangen, sofern nicht die Aufwendungen ihm selbst zur Last fallen.
§ 1649. Dem Vater steht
kraft der elterlichen Gewalt die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zu.
§ 1650. Von der Nutznießung
ausgeschlossen (freies Vermögen) sind die ausschließlich zum persönlichen
Gebrauche des Kindes bestimmten Sachen, insbesondere Kleider, Schmucksachen und
Arbeitsgeräthe.
§ 1651. Freies Vermögen
ist:
1. was das
Kind durch seine Arbeit oder durch den ihm nach § 112 gestatteten selbständigen
Betrieb eines Erwerbsgeschäfts erwirbt;
2. was
das Kind von Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten
unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung,
der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß das Vermögen der Nutznießung
entzogen sein soll.
Die Vorschriften des § 1638
Abs. 2 finden entsprechende Anwendung.
§ 1652. Der Vater erwirbt
die Nutzungen des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens in derselben
Weise und in demselben Umfange wie ein Nießbraucher.
§ 1653. Der Vater darf
verbrauchbare Sachen, die zu dem seiner Nutznießung unterliegenden Vermögen
gehören, für sich veräußern oder verbrauchen, Geld jedoch nur mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts. Macht der Vater von dieser Befugniß Gebrauch, so
hat er den Werth der Sachen nach der Beendigung der Nutznießung zu ersetzen;
der Ersatz ist schon vorher zu leisten, wenn die ordnungsmäßige Verwaltung des
Vermögens es erfordert.
§ 1654. Der Vater hat die
Lasten des seiner Nutznießung unterliegenden Vermögens zu tragen. Seine Haftung
bestimmt sich nach den für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung
geltenden Vorschriften der §§ 1384 bis 1386, 1388. Zu den Lasten gehören auch
die Kosten eines Rechtsstreits, der für das Kind geführt wird, sofern sie nicht
dem freien Vermögen zur Last fallen, sowie die Kosten der Vertheidigung des
Kindes in einem gegen das Kind gerichteten Strafverfahren, vorbehaltlich der
Ersatzpflicht des Kindes im Falle seiner Verurtheilung.
§ 1655. Gehört zu dem der
Nutznießung unterliegenden Vermögen ein Erwerbsgeschäft, das von dem Vater im
Namen des Kindes betrieben wird, so gebührt dem Vater nur der sich aus dem
Betrieb ergebende jährliche Reingewinn. Ergiebt sich in einem Jahre ein
Verlust, so verbleibt der Gewinn späterer Jahre bis zur Ausgleichung des
Verlustes dem Kinde.
§ 1656. Steht dem Vater die
Verwaltung des einer Nutznießung unterliegenden Vermögens nicht zu, so kann er
auch die Nutznießung nicht ausüben; er kann jedoch die Herausgabe der Nutzungen
verlangen, soweit nicht ihre Verwendung zur ordnungsmäßigen Verwaltung des
Vermögens und zur Bestreitung der Lasten der Nutznießung erforderlich ist.
Ruht die elterliche Gewalt
des Vaters oder ist dem Vater die Sorge für die Person und das Vermögen des
Kindes durch das Vormundschaftsgericht entzogen, so können die Kosten des
Unterhalts des Kindes aus den Nutzungen insoweit vorweg entnommen werden, als
sie dem Vater zur Last fallen.
§ 1657. Ist der Vater von
der Ausübung der Nutznießung ausgeschlossen, so hat er eine ihm dem Kinde
gegenüber obliegende Verbindlichkeit, die in Folge der Nutznießung erst nach
deren Beendigung zu erfüllen sein würde, sofort zu erfüllen. Diese Vorschrift
findet keine Anwendung, wenn die elterliche Gewalt ruht.
§ 1658. Das Recht, das dem
Vater kraft seiner Nutznießung an dem Vermögen des Kindes zusteht, ist nicht
übertragbar.
Das Gleiche gilt von den
nach den §§ 1655, 1656 dem Vater zustehenden Ansprüchen, solange sie nicht
fällig sind.
§ 1659. Die Gläubiger des
Kindes können ohne Rücksicht auf die elterliche Nutznießung Befriedigung aus
dem Vermögen des Kindes verlangen.
Hat der Vater verbrauchbare
Sachen nach § 1653 veräußert oder verbraucht, so ist er den Gläubigern
gegenüber zum sofortigen Ersatze verpflichtet.
§ 1660. Im Verhältnisse des
Vaters und des Kindes zu einander finden in Ansehung der Verbindlichkeiten des
Kindes die für den Güterstand der Verwaltung und Nutznießung geltenden
Vorschriften des § 1415, des § 1416 Abs. 1 und des § 1417 entsprechende
Anwendung.
§ 1661. Die Nutznießung
endigt, wenn sich das Kind verheirathet. Die Nutznießung verbleibt jedoch dem Vater, wenn die Ehe ohne die erforderliche elterliche
Einwilligung geschlossen wird.
§ 1662. Der Vater kann auf
die Nutznießung verzichten. Der Verzicht erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Vormundschaftsgerichte; die Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form
abzugeben.
§ 1663. Hat der Vater kraft
seiner Nutznießung ein zu dem Vermögen des Kindes gehörendes Grundstück
vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn das Mieth- oder Pachtverhältniß bei
der Beendigung der Nutznießung noch besteht, die Vorschriften des § 1056
entsprechende Anwendung.
Gehört zu dem der
Nutznießung unterliegenden Vermögen ein landwirthschaftliches Grundstück, so
findet die Vorschrift des § 592, gehört zu dem Vermögen ein Landgut, so finden
die Vorschriften der §§ 592, 593 entsprechende Anwendung.
§ 1664. Der Vater hat bei
der Ausübung der elterlichen Gewalt dem Kinde gegenüber nur für diejenige
Sorgfalt einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§ 1665. Ist der Vater
verhindert, die elterliche Gewalt auszuüben, so hat das Vormundschaftsgericht,
sofern nicht die elterliche Gewalt nach § 1685 von der Mutter ausgeübt wird,
die im Interesse des Kindes erforderlichen Maßregeln zu treffen.
§ 1666. Wird das geistige
oder leibliche Wohl des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater das Recht der
Sorge für die Person des Kindes mißbraucht, das Kind vernachlässigt oder sich
eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig macht, so hat das
Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßregeln zu
treffen. Das Vormundschaftsgericht kann insbesondere anordnen, daß das Kind zum
Zwecke der Erziehung in einer geeigneten Familie oder in einer
Erziehungsanstalt oder einer Besserungsanstalt untergebracht wird.
Hat der Vater das Recht des
Kindes auf Gewährung des Unterhalts verletzt und ist für die Zukunft eine
erhebliche Gefährdung des Unterhalts zu besorgen, so kann dem Vater auch die
Vermögensverwaltung sowie die Nutznießung entzogen werden.
§ 1667. Wird das Vermögen
des Kindes dadurch gefährdet, daß der Vater die mit der Vermögensverwaltung
oder die mit der Nutznießung verbundenen Pflichten verletzt oder daß er in
Vermögensverfall geräth, so hat das Vormundschaftsgericht die zur Abwendung der
Gefahr erforderlichen Maßregeln zu treffen.
Das Vormundschaftsgericht
kann insbesondere anordnen, daß der Vater ein Verzeichniß des Vermögens
einreicht und über seine Verwaltung Rechnung legt. Der Vater hat das
Verzeichniß mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu
versehen. Ist das eingereichte Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift
des § 1640 Abs. 2 Satz 1 Anwendung. Das Vormundschaftsgericht kann auch, wenn
Werthpapiere, Kostbarkeiten oder Buchforderungen gegen das Reich oder einen
Bundesstaat zu dem Vermögen des Kindes gehören, dem Vater die gleichen
Verpflichtungen auferlegen, welche nach den §§ 1814 bis 1816, 1818 einem
Vormund obliegen; die Vorschriften der §§ 1819, 1820 finden entsprechende
Anwendung.
Die Kosten der angeordneten
Maßregeln fallen dem Vater zur Last.
§ 1668. Sind die nach §
1667 Abs. 2 zulässigen Maßregeln nicht ausreichend, so kann das
Vormundschaftsgericht dem Vater Sicherheitsleistung für das seiner Verwaltung
unterliegende Vermögen auferlegen. Die Art und den Umfang der
Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem Ermessen.
§ 1669. Will der Vater eine
neue Ehe eingehen, so hat er seine Absicht dem Vormundschaftsgericht
anzuzeigen, auf seine Kosten ein Verzeichniß des seiner Verwaltung
unterliegenden Vermögens einzureichen und, soweit in Ansehung dieses Vermögens
eine Gemeinschaft zwischen ihm und dem Kinde besteht, die Auseinandersetzung herbeizuführen.
Das Vormundschaftsgericht kann gestatten, daß die Auseinandersetzung erst nach
der Eheschließung erfolgt.
§ 1670. Kommt der Vater den
nach den §§ 1667, 1668 getroffenen Anordnungen nicht nach oder erfüllt er die
ihm nach den §§ 1640, 1669 obliegenden Verpflichtungen nicht, so kann ihm das
Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Zur Erzwingung der
Sicherheitsleistung sind andere Maßregeln nicht zulässig.
§ 1671. Das
Vormundschaftsgericht kann während der Dauer der
elterlichen Gewalt die von ihm getroffenen Anordnungen jederzeit ändern,
insbesondere die Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der geleisteten Sicherheit
anordnen.
§ 1672. Bei der Bestellung
und Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Kindes durch die Anordnung
des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Die Kosten der Bestellung
und Aufhebung der Sicherheit fallen dem Vater zur Last.
§ 1673. Das
Vormundschaftsgericht soll vor einer Entscheidung, durch welche die Sorge für
die Person oder das Vermögen des Kindes oder die Nutznießung dem Vater entzogen
oder beschränkt wird, den Vater hören, es sei denn, daß die Anhörung unthunlich
ist.
Vor der Entscheidung sollen
auch Verwandte, insbesondere die Mutter, oder Verschwägerte des Kindes gehört
werden, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige Kosten
geschehen kann. Für den Ersatz der Auslagen gilt die Vorschrift des § 1847 Abs.
2.
§ 1674. Verletzt der
Vormundschaftsrichter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegenden
Pflichten, so ist er dem Kinde nach § 839 Abs. 1, 3 verantwortlich.
§ 1675. Der
Gemeindewaisenrath hat dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen, wenn ein
Fall zu seiner Kenntiß gelangt, in welchem das Vormundschaftsgericht zum
Einschreiten berufen ist.
§ 1676. Die elterliche
Gewalt des Vaters ruht, wenn er geschäftsunfähig ist.
Das Gleiche gilt, wenn der
Vater in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist oder wenn er nach § 1910 Abs. 1
einen Pfleger für seine Person und sein Vermögen erhalten hat. Die Sorge für
die Person des Kindes steht ihm neben dem gesetzlichen Vertreter des Kindes zu;
zur Vertretung des Kindes ist er nicht berechtigt. Bei einer
Meinungsverschiedenheit zwischen dem Vater und dem gesetzlichen Vertreter geht
die Meinung des gesetzlichen Vertreters vor.
§ 1677. Die elterliche Gewalt
des Vaters ruht, wenn von dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der
Vater auf längere Zeit an der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich
verhindert ist.
Das Ruhen endigt, wenn von
dem Vormundschaftsgerichte festgestellt wird, daß der Grund nicht mehr besteht.
§ 1678. Solange die
elterliche Gewalt des Vaters ruht, ist der Vater nicht berechtigt, sie
auszuüben; es verbleibt ihm jedoch die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes,
unbeschadet der Vorschrift des § 1685 Abs. 2.
§ 1679. Die elterliche
Gewalt des Vaters endigt, wenn er für todt erklärt wird, mit dem Zeitpunkte,
der als Zeitpunkt des Todes gilt.
Lebt der Vater noch, so
erlangt er die elterliche Gewalt dadurch wieder, daß er dem
Vormundschaftsgerichte gegenüber seinen hierauf gerichteten Willen erklärt.
§ 1680. Der Vater verwirkt
die elterliche Gewalt, wenn er wegen eines an dem Kinde verübten Verbrechens
oder vorsätzlich verübten Vergehens zu Zuchthausstrafe oder zu einer
Gefängnißstrafe von mindestens sechs Monaten verurtheilt wird. Wird wegen des
Zusammentreffens mit einer anderen strafbaren Handlung auf eine Gesammtstrafe
erkannt, so entscheidet die Einzelstrafe, welche für das an dem Kinde verübte
Verbrechen oder Vergehen verwirkt ist.
Die Verwirkung der
elterlichen Gewalt tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§ 1681. Endigt oder ruht
die elterliche Gewalt des Vaters oder hört aus einem anderen Grunde seine
Vermögensverwaltung auf, so hat er dem Kinde das Vermögen herauszugeben und
über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen.
§ 1682. Der Vater ist auch
nach der Beendigung seiner elterlichen Gewalt zur Fortführung der mit der Sorge
für die Person und das Vermögen des Kindes verbundenen
Geschäfte berechtigt, bis er von der Beendigung Kenntniß erlangt oder sie
kennen muß. Ein Dritter kann sich auf diese Berechtigung nicht berufen, wenn er
bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts die Beendigung der elterlichen Gewalt
kennt oder kennen muß.
Diese Vorschriften finden
entsprechende Anwendung, wenn die elterliche Gewalt des Vaters ruht oder aus
einem anderen Grunde seine Vermögensverwaltung aufhört.
§ 1683. Endigt die
elterliche Gewalt in Folge des Todes des Kindes, so hat der Vater diejenigen
Geschäfte, mit deren Aufschube Gefahr verbunden ist, zu besorgen, bis der Erbe
anderweit Fürsorge treffen kann.
2. Elterliche Gewalt der
Mutter.
§ 1684. Der Mutter steht
die elterliche Gewalt zu:
1. wenn
der Vater gestorben oder für todt erklärt ist;
2. wenn
der Vater die elterliche Gewalt verwirkt hat und die Ehe aufgelöst ist.
Im Falle der Todeserklärung
beginnt die elterliche Gewalt der Mutter mit dem Zeitpunkte, der als Zeitpunkt
des Todes des Vaters gilt.
§ 1685. Ist der Vater an
der Ausübung der elterlichen Gewalt thatsächlich verhindert oder ruht seine
elterliche Gewalt, so übt während der Dauer der Ehe die Mutter die elterliche
Gewalt mit Ausnahme der Nutznießung aus.
Ist die Ehe aufgelöst, so
hat das Vormundschaftsgericht der Mutter auf ihren Antrag die Ausübung zu
übertragen, wenn die elterliche Gewalt des Vaters ruht und keine Aussicht besteht,
daß der Grund des Ruhens wegfallen werde. Die Mutter erlangt in diesem Falle
auch die Nutznießung an dem Vermögen des Kindes.
§ 1686. Auf die elterliche
Gewalt der Mutter finden die für die elterliche Gewalt des Vaters geltenden
Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus den §§ 1687 bis 1697 ein Anderes
ergiebt.
§ 1687. Das
Vormundschaftsgericht hat der Mutter einen Beistand zu bestellen:
1. wenn
der Vater die Bestellung nach Maßgabe des § 1777 angeordnet hat;
2. wenn
die Mutter die Bestellung beantragt;
3. wenn
das Vormundschaftsgericht aus besonderen Gründen, insbesondere wegen des
Umfanges oder der Schwierigkeit der Vermögensverwaltung, oder in den Fällen der
§§ 1666, 1667 die Bestellung im Interesse des Kindes für nöthig erachtet.
§ 1688. Der Beistand kann
für alle Angelegenheiten, für gewisse Arten von Angelegenheiten oder für
einzelne Angelegenheiten bestellt werden.
Ueber den Umfang seines
Wirkungskreises entscheidet die Bestellung. Ist der Umfang nicht bestimmt, so
fallen alle Angelegenheiten in seinen Wirkungskreis.
Hat der Vater die
Bestellung angeordnet, so hat das Vormundschaftsgericht Bestimmungen, die er
nach Maßgabe des § 1777 über den Umfang des Wirkungskreises getroffen hat, bei
der Bestellung zu befolgen.
§ 1689. Der Beistand hat innerhalb
seines Wirkungskreises die Mutter bei der Ausübung der elterlichen Gewalt zu
unterstützen und zu überwachen; er hat dem Vormundschaftsgerichte jeden Fall,
in welchem es zum Einschreiten berufen ist, unverzüglich anzuzeigen.
§ 1690. Die Genehmigung des
Beistandes ist innerhalb seines Wirkungskreises zu jedem Rechtsgeschäft
erforderlich, zu dem ein Vormund der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
oder des Gegenvormundes bedarf. Ausgenommen sind Rechtsgeschäfte, welche die
Mutter nicht ohne die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts vornehmen kann.
Die Vorschriften der §§ 1828 bis 1831 finden entsprechende Anwendung.
Die Genehmigung des
Beistandes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Das Vormundschaftsgericht
soll vor der Entscheidung über die Genehmigung in allen Fällen, in denen das
Rechtsgeschäft zu dem Wirkungskreise des Beistandes gehört, den Beistand hören,
sofern ein solcher vorhanden und die Anhörung thunlich ist.
§ 1691. Soweit die Anlegung
des zu dem Vermögen des Kindes gehörenden Geldes in den Wirkungskreis des
Beistandes fällt, finden die für die Anlegung von Mündelgeld geltenden
Vorschriften der §§ 1809, 1810 entsprechende Anwendung.
§ 1692. Hat die Mutter ein
Vermögensverzeichniß einzureichen, so ist bei der Aufnahme des Verzeichnisses
der Beistand zuzuziehen; das Verzeichniß ist auch von dem Beistande mit der
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das
Verzeichniß ungenügend, so finden, sofern nicht die Voraussetzungen des § 1667
vorliegen, die Vorschriften des § 1640 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§ 1693. Das
Vormundschaftsgericht kann auf Antrag der Mutter dem Beistande die
Vermögensverwaltung ganz oder theilweise übertragen; soweit dies geschieht, hat
der Beistand die Rechte und Pflichten eines Pflegers.
§ 1694. Für die Berufung,
Bestellung und Beaufsichtigung des Beistandes, für seine Haftung und seine
Ansprüche, für die ihm zu bewilligende Vergütung und für die Beendigung seines
Amtes gelten die gleichen Vorschriften wie bei dem Gegenvormunde.
Das Amt des Beistandes
endigt auch dann, wenn die elterliche Gewalt der Mutter ruht.
§ 1695. Das
Vormundschaftsgericht kann in den Fällen des § 1687 Nr. 2, 3 die Bestellung des
Beistandes und im Falle des § 1693 die Uebertragung der Vermögensverwaltung auf
den Beistand jederzeit aufheben.
Ist die Bestellung des
Beistandes nach § 1687 Nr. 2 erfolgt, so soll sie nur mit Zustimmung der Mutter
aufgehoben werden. Das Gleiche gilt für die Uebertragung der
Vermögensverwaltung auf den Beistand.
§ 1696. Ruht die elterliche
Gewalt der Mutter wegen Minderjährigkeit, so hat die Mutter das Recht und die
Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes ist sie
nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter die Sorge zusteht,
die rechtliche Stellung eines Beistandes.
§ 1697. Die Mutter verliert
die elterliche Gewalt, wenn sie eine neue Ehe eingeht. Sie behält jedoch unter
den im § 1696 bestimmten Beschränkungen das Recht und die Pflicht, für die
Person des Kindes zu sorgen.
§ 1698. Wird für das Kind
ein Vormund bestellt, weil die elterliche Gewalt des Vaters ruht oder verwirkt
ist oder weil die Vertretung des Kindes dem Vater entzogen ist, oder wird für
die Erziehung des Kindes an Stelle des Vaters ein Pfleger bestellt, so steht
der Mutter die Sorge für die Person des Kindes neben dem Vormund oder dem
Pfleger in gleicher Weise zu wie nach § 1634 neben dem Vater.
Fünfter Titel.
Rechtliche Stellung der
Kinder aus nichtigen Ehen.
§ 1699. Ein Kind aus einer
nichtigen Ehe, das im Falle der Gültigkeit der Ehe ehelich sein würde, gilt als
ehelich, sofern nicht beide Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der
Eheschließung gekannt haben.
Diese Vorschrift findet
keine Anwendung, wenn die Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und
die Ehe nicht in das Heirathsregister eingetragen worden ist.
§ 1700. Das
Rechtsverhältniß zwischen den Eltern und einem Kinde, das nach § 1699 als
ehelich gilt, bestimmt sich, soweit sich nicht aus den §§ 1701, 1702 ein
Anderes ergiebt, nach den Vorschriften, die für ein Kind aus einer geschiedenen
Ehe gelten, wenn beide Ehegatten für schuldig erklärt sind.
§ 1701. War dem Vater die
Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so hat er nicht die sich aus
der Vaterschaft ergebenden Rechte. Die elterliche Gewalt steht der Mutter zu.
§ 1702. War der Mutter die
Nichtigkeit der Ehe bei der Eheschließung bekannt, so hat sie in Ansehung des
Kindes nur diejenigen Rechte, welche im Falle der Scheidung der allein für
schuldig erklärten Frau zustehen.
Stirbt der Vater oder
endigt seine elterliche Gewalt aus einem anderen Grunde, so hat die Mutter nur
das Recht und die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung
des Kindes ist sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter
die Sorge zusteht, die rechtliche Stellung eines Beistandes.
Die Vorschriften des Abs. 2
finden auch dann Anwendung, wenn die elterliche Gewalt des Vaters wegen seiner
Geschäftsunfähigkeit oder nach § 1677 ruht.
§ 1703. Gilt das Kind nicht
als ehelich, weil beiden Ehegatten die Nichtigkeit der Ehe bei der
Eheschließung bekannt war, so kann es gleichwohl von dem Vater, solange er
lebt, Unterhalt wie ein eheliches Kind verlangen. Das im § 1612 Abs. 2
bestimmte Recht steht dem Vater nicht zu.
§ 1704. Ist die Ehe wegen
Drohung anfechtbar und angefochten, so steht der anfechtungsberechtigte
Ehegatte einem Ehegatten gleich, dem die Nichtigkeit der Ehe bei der
Eheschließung unbekannt war.
Sechster Titel.
Rechtliche Stellung der
unehelichen Kinder.
§ 1705. Das uneheliche Kind
hat im Verhältnisse zu der Mutter und zu den Verwandten der Mutter die
rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§ 1706. Das uneheliche Kind
erhält den Familiennamen der Mutter.
Führt die Mutter in Folge
ihrer Verheirathung einen anderen Namen, so erhält das Kind den Familiennamen,
den die Mutter vor der Verheirathung geführt hat. Der Ehemann der Mutter kann
durch Erklärung gegenüber der zuständigen Behörde dem Kinde mit Einwilligung
des Kindes und der Mutter seinen Namen ertheilen; die Erklärung des Ehemanns
sowie die Einwilligungserklärungen des Kindes und der Mutter sind in öffentlich
beglaubigter Form abzugeben.
§ 1707. Der Mutter steht
nicht die elterliche Gewalt über das uneheliche Kind zu. Sie hat das Recht und
die Pflicht, für die Person des Kindes zu sorgen; zur Vertretung des Kindes ist
sie nicht berechtigt. Der Vormund des Kindes hat, soweit der Mutter die Sorge
zusteht, die rechtliche Stellung eines Beistandes.
§ 1708. Der Vater des
unehelichen Kindes ist verpflichtet, dem Kinde bis zur Vollendung des
sechzehnten Lebensjahrs den der Lebensstellung der Mutter entsprechenden
Unterhalt zu gewähren. Der Unterhalt umfaßt den gesammten Lebensbedarf sowie
die Kosten der Erziehung und der Vorbildung zu einem Berufe.
Ist das Kind zur Zeit der
Vollendung des sechzehnten Lebensjahrs in Folge körperlicher oder geistiger
Gebrechen außer Stande, sich selbst zu unterhalten, so hat ihm der Vater auch
über diese Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren; die Vorschrift des § 1603 Abs. 1
findet Anwendung.
§ 1709. Der Vater ist vor
der Mutter und den mütterlichen Verwandten des Kindes unterhaltspflichtig.
Soweit die Mutter oder ein
unterhaltspflichtiger mütterlicher Verwandter dem Kinde den Unterhalt gewährt,
geht der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den Vater auf die Mutter oder den
Verwandten über. Der Uebergang kann nicht zum Nachtheile des Kindes geltend
gemacht werden.
§ 1710. Der Unterhalt ist
durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.
Die Rente ist für drei
Monate vorauszuzahlen. Durch eine Vorausleistung für eine spätere Zeit wird der
Vater nicht befreit.
Hat das Kind den Beginn des
Vierteljahrs erlebt, so gebührt ihm der volle auf das Vierteljahr entfallende
Betrag.
§ 1711. Der Unterhalt kann
auch für die Vergangenheit verlangt werden.
§ 1712. Der
Unterhaltsanspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters; er steht dem Kinde
auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben ist.
Der Erbe des Vaters ist
berechtigt, das Kind mit dem Betrag abzufinden, der dem Kinde als Pflichttheil
gebühren würde, wenn es ehelich wäre. Sind mehrere uneheliche Kinder vorhanden,
so wird die Abfindung so berechnet wie wenn sie alle ehelich wären.
§ 1713. Der
Unterhaltsanspruch erlischt mit dem Tode des Kindes, soweit er nicht auf
Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung für die Vergangenheit oder
auf solche im voraus zu bewirkende Leistungen gerichtet ist, die zur Zeit des
Todes des Kindes fällig sind.
Die Kosten der Beerdigung
hat der Vater zu tragen, soweit ihre Bezahlung nicht von dem Erben des Kindes
zu erlangen ist.
§ 1714. Eine Vereinbarung
zwischen dem Vater und dem Kinde über den Unterhalt für die Zukunft oder über
eine an Stelle des Unterhalts zu gewährende Abfindung bedarf der Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts.
Ein unentgeltlicher Verzicht
auf den Unterhalt für die Zukunft ist nichtig.
§ 1715. Der Vater ist
verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten des
Unterhalts für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls in Folge
der Schwangerschaft oder der Entbindung weitere Aufwendungen nothwendig werden,
auch die dadurch entstehenden Kosten zu ersetzen. Den gewöhnlichen Betrag der
zu ersetzenden Kosten kann die Mutter ohne Rücksicht auf den wirklichen Aufwand
verlangen.
Der Anspruch steht der
Mutter auch dann zu, wenn der Vater vor der Geburt des Kindes gestorben oder
wenn das Kind todt geboren ist.
Der Anspruch verjährt in
vier Jahren. Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe von sechs Wochen nach der
Geburt des Kindes.
§ 1716. Schon vor der
Geburt des Kindes kann auf Antrag der Mutter durch einstweilige Verfügung
angeordnet werden, daß der Vater den für die ersten drei Monate dem Kinde zu
gewährenden Unterhalt alsbald nach der Geburt an die Mutter oder an den Vormund
zu zahlen und den erforderlichen Betrag angemessene Zeit vor der Geburt zu
hinterlegen hat. In gleicher Weise kann auf Antrag der Mutter die Zahlung des
gewöhnlichen Betrags der nach § 1715 Abs. 1 zu ersetzenden Kosten an die Mutter
und die Hinterlegung des erforderlichen Betrags angeordnet werden.
Zur Erlassung der
einstweiligen Verfügung ist nicht erforderlich, daß eine Gefährdung des
Anspruchs glaubhaft gemacht wird.
§ 1717. Als Vater des
unehelichen Kindes im Sinne der §§ 1708 bis 1716 gilt, wer der Mutter innerhalb
der Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß auch ein Anderer ihr
innerhalb dieser Zeit beigewohnt hat. Eine Beiwohnung bleibt jedoch außer
Betracht, wenn es den Umständen nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das
Kind aus dieser Beiwohnung empfangen hat.
Als Empfängnißzeit gilt die
Zeit von dem einhunderteinundachtzigsten bis zu dem dreihundertundzweiten Tage
vor dem Tage der Geburt des Kindes, mit Einschluß sowohl des
einhunderteinundachtzigsten als des dreihundertundzweiten Tages.
§ 1718. Wer seine
Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde anerkennt,
kann sich nicht darauf berufen, daß ein Anderer der Mutter innerhalb der
Empfängnißzeit beigewohnt habe.
Siebenter Titel.
Legitimation unehelicher
Kinder.
I. Legitimation durch
nachfolgende Ehe.
§ 1719. Ein uneheliches
Kind erlangt dadurch, daß sich der Vater mit der Mutter verheirathet, mit der
Eheschließung die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes.
§ 1720. Der Ehemann der
Mutter gilt als Vater des Kindes, wenn er ihr innerhalb der im § 1717 Abs. 2
bestimmten Empfängnißzeit beigewohnt hat, es sei denn, daß es den Umständen
nach offenbar unmöglich ist, daß die Mutter das Kind aus dieser Beiwohnung
empfangen hat.
Erkennt der Ehemann seine
Vaterschaft nach der Geburt des Kindes in einer öffentlichen Urkunde an, so
wird vermuthet, daß er der Mutter innerhalb der Empfängnißzeit beigewohnt habe.
§ 1721. Ist die Ehe der
Eltern nichtig, so finden die Vorschriften der §§ 1699 bis 1704 entsprechende
Anwendung.
§ 1722. Die Eheschließung
zwischen den Eltern hat für die Abkömmlinge des unehelichen Kindes die
Wirkungen der Legitimation auch dann, wenn das Kind vor der Eheschließung
gestorben ist.
II. Ehelichkeitserklärung.
§ 1723. Ein uneheliches
Kind kann auf Antrag seines Vaters durch eine Verfügung der Staatsgewalt für
ehelich erklärt werden.
Die Ehelichkeitserklärung
steht dem Bundesstaate zu, dem der Vater angehört; ist der Vater ein Deutscher,
der keinem Bundesstaat angehört, so steht sie dem Reichskanzler zu.
Ueber die Ertheilung der
einem Bundesstaate zustehenden Ehelichkeitserklärung hat die Landesregierung zu
bestimmen.
§ 1724. Die
Ehelichkeitserklärung kann nicht unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung erfolgen.
§ 1725. Der Antrag muß die
Erklärung des Vaters enthalten, daß er das Kind als das seinige anerkenne.
§ 1726. Zur
Ehelichkeitserklärung ist die Einwilligung des Kindes und, wenn das Kind nicht
das einundzwanzigste Lebensjahr vollendet hat, die Einwilligung der Mutter
erforderlich. Ist der Vater verheirathet, so bedarf er auch der Einwilligung
seiner Frau.
Die Einwilligung hat dem
Vater oder der Behörde gegenüber zu erfolgen, bei welcher der Antrag
einzureichen ist; sie ist unwiderruflich.
Die Einwilligung der Mutter
ist nicht erforderlich, wenn die Mutter zur Abgabe einer Erklärung dauernd
außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt ist. Das Gleiche gilt von
der Einwilligung der Frau des Vaters.
§ 1727. Wird die
Einwilligung von der Mutter verweigert, so kann sie auf Antrag des Kindes durch
das Vormundschaftsgericht ersetzt werden, wenn das Unterbleiben der
Ehelichkeitserklärung dem Kinde zu unverhältnißmäßigem Nachtheile gereichen
würde.
§ 1728. Der Antrag auf
Ehelichkeitserklärung sowie die Einwilligung der im § 1726 bezeichneten
Personen kann nicht durch einen Vertreter erfolgen.
Ist das Kind
geschäftsunfähig oder hat es nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet, so kann
sein gesetzlicher Vertreter die Einwilligung mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ertheilen.
§ 1729. Ist der Vater in
der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zu dem Antrag, außer der
Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts.
Ist das Kind in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so gilt das Gleiche für die Ertheilung seiner
Einwilligung.
Ist die Mutter des Kindes
oder die Frau des Vaters in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist zur
Ertheilung ihrer Einwilligung die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters nicht
erforderlich.
§ 1730. Der Antrag sowie
die Einwilligungserklärung der im § 1726 bezeichneten Personen bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 1731. Ist der Antrag oder
die Einwilligung einer der im § 1726 bezeichneten Personen anfechtbar, so
gelten für die Anfechtung und für die Bestätigung der anfechtbaren Erklärung
die Vorschriften der §§ 1728, 1729.
§ 1732. Die
Ehelichkeitserklärung ist nicht zulässig, wenn zur Zeit der Erzeugung des
Kindes die Ehe zwischen den Eltern nach § 1310 Abs. 1 wegen Verwandtschaft oder
Schwägerschaft verboten war.
§ 1733. Die
Ehelichkeitserklärung kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen.
Nach dem Tode des Vaters
ist die Ehelichkeitserklärung nur zulässig, wenn der Vater den Antrag bei der
zuständigen Behörde eingereicht oder bei oder nach der gerichtlichen oder
notariellen Beurkundung des Antrags das Gericht oder den Notar mit der
Einreichung betraut hat.
Die nach dem Tode des
Vaters erfolgte Ehelichkeitserklärung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor
dem Tode des Vaters erfolgt wäre.
§ 1734. Die
Ehelichkeitserklärung kann versagt werden, auch wenn ihr ein
gesetzliches Hinderniß nicht entgegensteht.
§ 1735. Auf die Wirksamkeit
der Ehelichkeitserklärung ist es ohne Einfluß, wenn der Antragsteller nicht der
Vater des Kindes ist oder wenn mit Unrecht angenommen worden ist, daß die
Mutter des Kindes oder die Frau des Vaters zur Abgabe einer Erklärung dauernd
außer Stande oder ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei.
§ 1736. Durch die
Ehelichkeitserklärung erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen
Kindes.
§ 1737. Die Wirkungen der
Ehelichkeitserklärung erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes; sie
erstrecken sich nicht auf die Verwandten des Vaters. Die Frau des Vaters wird
nicht mit dem Kinde, der Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Vater
verschwägert.
Die Rechte und Pflichten,
die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Kinde und seinen
Verwandten ergeben, bleiben unberührt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes
vorschreibt.
§ 1738. Mit der
Ehelichkeitserklärung verliert die Mutter das Recht und die Pflicht, für die
Person des Kindes zu sorgen. Hat sie dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten
Recht und Pflicht wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des Vaters endigt oder
wenn sie wegen Geschäftsunfähigkeit des Vaters oder nach § 1677 ruht.
§ 1739. Der Vater ist dem
Kinde und dessen Abkömmlingen vor der Mutter und den mütterlichen Verwandten
zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet.
§ 1740. Will der Vater eine
Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so finden die
Vorschriften der §§ 1669 bis 1671 Anwendung.
Achter Titel.
Annahme an Kindesstatt.
§ 1741. Wer keine ehelichen
Abkömmlinge hat, kann durch Vertrag mit einem Anderen diesen an Kindesstatt
annehmen. Der Vertrag bedarf der Bestätigung durch das zuständige Gericht.
§ 1742. Die Annahme an Kindesstatt
kann nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung erfolgen.
§ 1743. Das Vorhandensein
eines angenommenen Kindes steht einer weiteren Annahme an Kindesstatt nicht
entgegen.
§ 1744. Der Annehmende muß
das fünfzigste Lebensjahr vollendet haben und mindestens achtzehn Jahre älter
sein als das Kind.
§ 1745. Von den
Erfordernissen des § 1744 kann Befreiung bewilligt werden, von der Vollendung
des fünfzigsten Lebensjahrs jedoch nur, wenn der Annehmende volljährig ist.
Die Bewilligung steht dem
Bundesstaate zu, dem der Annehmende angehört; ist der Annehmende ein Deutscher,
der keinem Bundesstaat angehört, so steht die Bewilligung dem Reichskanzler zu.
Ueber die Ertheilung der
einem Bundesstaate zustehenden Bewilligung hat die Landesregierung zu bestimmen.
§ 1746. Wer verheirathet
ist, kann nur mit Einwilligung seines Ehegatten an Kindesstatt annehmen oder
angenommen werden.
Die Einwilligung ist nicht
erforderlich, wenn der Ehegatte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande
oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§ 1747. Ein eheliches Kind
kann bis zur Vollendung des einundzwanzigsten Lebensjahrs nur mit Einwilligung
der Eltern, ein uneheliches Kind kann bis zum gleichen Lebensalter nur mit
Einwilligung der Mutter an Kindesstatt angenommen werden. Die Vorschrift des §
1746 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
§ 1748. Die Einwilligung
der in den §§ 1746, 1747 bezeichneten Personen hat dem Annehmenden oder dem
Kinde oder dem für die Bestätigung des Annahmevertrags zuständigen Gerichte
gegenüber zu erfolgen; sie ist unwiderruflich.
Die Einwilligung kann nicht
durch einen Vertreter ertheilt werden. Ist der Einwilligende in der
Geschäftfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Die Einwilligungserklärung
bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 1749. Als
gemeinschaftliches Kind kann ein Kind nur von einem Ehepaar angenommen werden.
Ein angenommenes Kind kann,
solange das durch die Annahme begründete Rechtsverhältniß besteht, nur von dem
Ehegatten des Annehmenden an Kindesstatt angenommen werden.
§ 1750. Der Annahmevertrag
kann nicht durch einen Vertreter geschlossen werden. Hat das Kind nicht das
vierzehnte Lebensjahr vollendet, so kann sein gesetzlicher Vertreter den
Vertrag mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts schließen.
Der Annahmevertrag muß bei
gleichzeitiger Anwesenheit beider Theile vor Gericht oder vor einem Notar
geschlossen werden.
§ 1751. Ist der Annehmende
in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Eingehung des Vertrags,
außer der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters, der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts.
Das Gleiche gilt für das
Kind, wenn es in der Geschäftsfähigkeit beschränkt ist.
§ 1752. Will ein Vormund
seinen Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das Vormundschaftsgericht die
Genehmigung nicht ertheilen, solange der Vormund im Amte ist. Will Jemand
seinen früheren Mündel an Kindesstatt annehmen, so soll das
Vormundschaftsgericht die Genehmigung nicht ertheilen, bevor über seine
Verwaltung Rechnung gelegt und das Vorhandensein des Mündelvermögens
nachgewiesen hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein
zur Vermögensverwaltung bestellter Pfleger seinen Pflegling oder seinen
früheren Pflegling an Kindesstatt annehmen will.
§ 1753. Die Bestätigung des
Annahmevertrags kann nicht nach dem Tode des Kindes erfolgen.
Nach dem Tode des
Annehmenden ist die Bestätigung nur zulässig, wenn der Annehmende oder das Kind
den Antrag auf Bestätigung bei dem zuständigen Gericht eingereicht oder bei
oder nach der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung des Vertrags das
Gericht oder den Notar mit der Einreichung betraut hat.
Die nach dem Tode des
Annehmenden erfolgte Bestätigung hat die gleiche Wirkung, wie wenn sie vor dem
Tode erfolgt wäre.
§ 1754. Die Annahme an
Kindesstatt tritt mit der Bestätigung in Kraft. Die Vertragschließenden sind
schon vor der Bestätigung gebunden.
Die Bestätigung ist nur zu
versagen, wenn ein gesetzliches Erforderniß der Annahme an Kindesstatt fehlt.
Wird die Bestätigung endgültig versagt, so verliert der Vertrag seine Kraft.
§ 1755. Ist der
Annahmevertrag oder die Einwilligung einer der in den §§ 1746, 1747
bezeichneten Personen anfechtbar, so gelten für die Anfechtung und für die
Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts die Vorschriften des § 1748 Abs.
2, des § 1750 Abs. 1 und des § 1751.
§ 1756. Auf die Wirksamkeit
der Annahme an Kindesstatt ist es ohne Einfluß, wenn bei der Bestätigung des
Annahmevertrags mit Unrecht angenommen worden ist, daß eine der in den §§ 1746,
1747 bezeichneten Personen zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder
ihr Aufenthalt dauernd unbekannt sei.
§ 1757. Durch die Annahme
an Kindesstatt erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes
des Annehmenden.
Wird von einem Ehepaare
gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder nimmt ein Ehegatte ein Kind des
anderen Ehegatten an, so erlangt das Kind die rechtliche Stellung eines
gemeinschaftlichen ehelichen Kindes der Ehegatten.
§ 1758. Das Kind erhält den
Familiennamen des Annehmenden. Wird das Kind von einer Frau angenommen, die in
Folge ihrer Verheirathung einen anderen Namen führt, so erhält es den
Familiennamen, den die Frau vor der Verheirathung geführt hat. In den Fällen
des § 1757 Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Mannes.
Das Kind darf dem neuen
Namen seinen früheren Familiennamen hinzufügen, sofern nicht in den
Annahmevertrag ein Anderes bestimmt ist.
§ 1759. Durch die Annahme
an Kindesstatt wird ein Erbrecht für den Annehmenden nicht begründet.
§ 1760. Der Annehmende hat
über das Vermögen des Kindes, soweit es auf Grund der elterlichen Gewalt seiner
Verwaltung unterliegt, auf seine Kosten ein Verzeichniß aufzunehmen und dem
Vormundschaftsgericht einzureichen; er hat das Verzeichniß mit der Versicherung
der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen. Ist das eingereichte
Verzeichniß ungenügend, so findet die Vorschrift des § 1640 Abs. 2 Satz 1
Anwendung.
Erfüllt der Annehmende die
ihm nach Abs.1 obliegende Verpflichtung nicht, so kann ihm das
Vormundschaftsgericht die Vermögensverwaltung entziehen. Die Entziehung kann
jederzeit wiederaufgehoben werden.
§ 1761. Will der Annehmende
eine Ehe eingehen, während er die elterliche Gewalt über das Kind hat, so
finden die Vorschriften der §§ 1669 bis 1671 Anwendung.
§ 1762. Die Wirkungen der
Annahme an Kindesstatt erstrecken sich auf die Abkömmlinge des Kindes. Auf
einen zur Zeit des Vertragsabschlusses schon vorhandenen Abkömmling und dessen
später geborene Abkömmlinge erstrecken sich die Wirkungen nur, wenn der Vertrag
auch mit dem schon vorhandenen Abkömmlinge geschlossen
wird.
§ 1763. Die Wirkungen der
Annahme an Kindesstatt erstrecken sich nicht auf die Verwandten des
Annehmenden. Der Ehegatte des Annehmenden wird nicht mit dem Kinde, der
Ehegatte des Kindes wird nicht mit dem Annehmenden verschwägert.
§ 1764. Die Rechte und
Pflichten, die sich aus dem Verwandtschaftsverhältnisse zwischen dem Kinde und
seinen Verwandten ergeben, werden durch die Annahme an Kindesstatt nicht
berührt, soweit nicht das Gesetz ein Anderes vorschreibt.
§ 1765. Mit der Annahme an
Kindesstatt verlieren die leiblichen Eltern die elterliche Gewalt über das
Kind, die uneheliche Mutter das Recht und die Pflicht, für die Person des
Kindes zu sorgen.
Hat der Vater oder die
Mutter dem Kinde Unterhalt zu gewähren, so treten das Recht und die Pflicht,
für die Person des Kindes zu sorgen, wieder ein, wenn die elterliche Gewalt des
Annehmenden endigt oder wenn sie wegen Geschäftsunfähigkeit des Annehmenden
oder nach § 1677 ruht. Das Recht zur Vertretung des Kindes tritt nicht wieder
ein.
§ 1766. Der Annehmende ist
dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des Kindes, auf welche sich die Wirkungen
der Annahme erstrecken, vor den leiblichen Verwandten des Kindes zur Gewährung
des Unterhalts verpflichtet.
Der Annehmende steht im
Falle des § 1611 Abs. 2 den leiblichen Verwandten der aufsteigenden Linie
gleich.
§ 1767. In dem Annahmevertrage kann die Nutznießung des Annehmenden an
dem Vermögen des Kindes sowie das Erbrecht des Kindes dem Annehmenden gegenüber
ausgeschlossen werden.
Im Uebrigen können die
Wirkungen der Annahme an Kindesstatt in dem
Annahmevertrage nicht geändert werden.
§ 1768. Das
durch die Annahme an Kindesstatt begründete Rechtsverhältniß kann
wiederaufgehoben werden. Die Aufhebung kann nicht unter einer Bedingung oder
einer Zeitbestimmung erfolgen.
Die Aufhebung erfolgt durch
Vertrag zwischen dem Annehmenden, dem Kinde und denjenigen Abkömmlingen des
Kindes, auf welche sich die Wirkungen der Annahme erstrecken.
Hat ein Ehepaar
gemeinschaftlich ein Kind angenommen oder hat ein Ehegatte ein Kind des anderen
Ehegatten angenommen, so ist zu der Aufhebung die Mitwirkung beider Ehegatten
erforderlich.
§ 1769. Nach dem Tode des
Kindes können die übrigen Betheiligten das zwischen ihnen
bestehende Rechtsverhältniß durch Vertrag aufheben. Das Gleiche gilt in
den Fällen des § 1757 Abs. 2 nach dem Tode eines der Ehegatten.
§ 1770. Die für die Annahme
an Kindesstatt geltenden Vorschriften des § 1741 Satz 2 und der §§ 1750, 1751,
1753 bis 1755 gelten auch für die Aufhebung.
§ 1771. Schließen Personen,
die durch Annahme an Kindesstatt verbunden sind, der Vorschrift des § 1311
zuwider eine Ehe, so tritt mit der Eheschließung die Aufhebung des durch die
Annahme zwischen ihnen begründeten Rechtsverhältnisses ein.
Ist die Ehe nichtig, so
wird, wenn dem einen Ehegatten die elterliche Gewalt über den anderen zusteht,
diese mit der Eheschließung verwirkt. Die Verwirkung tritt nicht ein, wenn die
Nichtigkeit der Ehe auf einem Formmangel beruht und die Ehe nicht in das
Heirathsregister eingetragen worden ist.
§ 1772. Mit der Aufhebung
der Annahme an Kindesstatt verlieren das Kind und diejenigen Abkömmlinge des
Kindes, auf welche sich die Aufhebung erstreckt, das Recht, den Familiennamen
des Annehmenden zu führen. Diese Vorschrift findet in den Fällen des § 1757
Abs. 2 keine Anwendung, wenn die Aufhebung nach dem Tode eines der Ehegatten
erfolgt.
Dritter Abschnitt.
Vormundschaft.
Erster Titel.
Vormundschaft über
Minderjährige.
I. Anordnung der
Vormundschaft.
§ 1773. Ein Minderjähriger
erhält einen Vormund, wenn er nicht unter elterlicher Gewalt steht oder wenn
die Eltern weder in den die Person noch in den das Vermögen betreffenden
Angelegenheiten zur Vertretung des Minderjährigen berechtigt sind.
Ein Minderjähriger erhält
einen Vormund auch dann, wenn sein Familienstand nicht zu ermitteln ist.
§ 1774. Das
Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft von Amtswegen anzuordnen.
§ 1775. Das
Vormundschaftsgericht soll, sofern nicht besondere Gründe für die Bestellung
mehrerer Vormünder vorliegen, für den Mündel und, wenn mehrere Geschwister zu
bevormunden sind, für alle Mündel nur einen Vormund bestellen.
§ 1776. Als Vormünder sind
in nachstehender Reihenfolge berufen:
1. wer von dem Vater des
Mündels als Vormund benannt ist;
2. wer von der ehelichen
Mutter des Mündels als Vormund benannt ist;
3. der Großvater des
Mündels von väterlicher Seite;
4. der Großvater des
Mündels von mütterlicher Seite.
Die Großväter sind nicht
berufen, wenn der Mündel von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder
seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist. Das Gleiche gilt, wenn derjenige,
von welchem der Mündel abstammt, von einem Anderen als dem Ehegatten seines
Vaters oder seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist und die Wirkungen der
Annahme sich auf den Mündel erstrecken.
§ 1777. Der Vater kann
einen Vormund nur benennen, wenn ihm zur Zeit seines Todes die elterliche
Gewalt über das Kind zusteht; er hat dieses Recht nicht, wenn er in den die
Person oder in den das Vermögen betreffenden Angelegenheiten nicht zur Vertretung
des Kindes berechtigt ist. Das Gleiche gilt für die Mutter.
Der Vater kann für ein
Kind, das erst nach seinem Tode geboren wird, einen Vormund benennen, wenn er
dazu berechtigt sein würde, falls das Kind vor seinem Tode geboren wäre.
Die Benennung des Vormundes
erfolgt durch letztwillige Verfügung.
§ 1778. Wer nach § 1776 als
Vormund berufen ist, darf ohne seine Zustimmung nur übergangen werden, wenn er
nach den §§ 1780 bis 1784 nicht zum Vormunde bestellt werden kann oder soll
oder wenn er an der Uebernahme der Vormundschaft verhindert ist oder die
Uebernahme verzögert oder wenn seine Bestellung das Interesse des Mündels
gefährden würde.
Ist der Berufene nur
vorübergehend verhindert, so hat ihn das Vormundschaftsgericht nach dem
Wegfalle des Hindernisses auf seinen Antrag an Stelle des bisherigen Vormundes
zum Vormunde zu bestellen.
Für eine Ehefrau darf der
Mann vor den nach § 1776 Berufenen, für ein uneheliches Kind darf die Mutter
vor dem Großvater zum Vormunde bestellt werden.
Neben dem Berufenen darf
nur mit dessen Zustimmung ein Mitvormund bestellt werden.
§ 1779. Ist die
Vormundschaft nicht einem nach § 1776 Berufenen zu übertragen, so hat das
Vormundschaftsgericht nach Anhörung des Gemeindewaisenraths den Vormund
auszuwählen.
Das Vormundschaftsgericht
soll eine Person auswählen, die nach ihren persönlichen Verhältnissen und ihrer
Vermögenslage sowie nach den sonstigen Umständen zur Führung der Vormundschaft
geeignet ist. Bei der Auswahl ist auf das religiöse Bekenntniß des Mündels
Rücksicht zu nehmen. Verwandte und Verschwägerte des Mündels sind zunächst zu
berücksichtigen.
§ 1780. Zum Vormunde kann
nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen Geistesschwäche,
Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist.
§ 1781. Zum Vormunde soll
nicht bestellt werden:
1. wer minderjährig oder
nach § 1906 unter vorläufige Vormundschaft gestellt ist;
2. wer
nach § 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen Pfleger
erhalten hat;
3. wer in Konkurs gerathen
ist, während der Dauer des Konkurses;
4. wer
der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, soweit sich nicht aus
den Vorschriften des Strafgesetzbuchs ein Anderes ergiebt.
§ 1782. Zum Vormunde soll
nicht bestellt werden, wer durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter
des Mündels von der Vormundschaft ausgeschlossen ist. Die Mutter kann den von
dem Vater als Vormund Benannten nicht ausschließen.
Auf die Ausschließung
finden die Vorschriften des § 1777 Anwendung.
§ 1783. Anm.: Aufgehoben durch § 48, RGBl I 1922/S. 633 – Jugendwohlfahrtsgesetz.
§ 1784. Ein Beamter oder
Religionsdiener, der nach den Landesgesetzen einer besonderen Erlaubniß zur
Uebernahme einer Vormundschaft bedarf, soll nicht ohne die vorgeschriebene
Erlaubniß zum Vormunde bestellt werden.
Diese Erlaubnis
darf nur versagt werden, wenn ein wichtiger dienstlicher Grund vorliegt.
§ 1785. Jeder Deutsche hat
die Vormundschaft, für die er von dem Vormundschaftsgericht ausgewählt wird, zu
übernehmen, sofern nicht seiner Bestellung zum Vormund einer der in den §§ 1780
bis 1784 bestimmten Gründe entgegensteht.
§ 1786. Die Uebernahme der
Vormundschaft kann ablehnen:
1. eine Frau, welche zwei und mehr noch nicht schulpflichtige Kinder
besitzt oder glaubhaft macht, daß die ihr obliegende Fürsorge für ihre Familie
die Ausübung des Amtes dauernd besonders erschwert;
2. wer das sechzigste
Lebensjahr vollendet hat;
3. wer
mehr als vier minderjährige eheliche Kinder hat; ein von einem Anderen an
Kindesstatt angenommenes Kind wird nicht gerechnet;
4. wer
durch Krankheit oder durch Gebrechen verhindert ist, die Vormundschaft
ordnungsmäßig zu führen;
5. wer
wegen Entfernung seines Wohnsitzes von dem Sitze des Vormundschaftsgerichts die
Vormundschaft nicht ohne besondere Belästigung führen kann;
6. wer nach § 1844 zur
Sicherheitsleistung angehalten wird;
7. wer
mit einem Anderen zur gemeinschaftlichen Führung der Vormundschaft bestellt
werden soll;
8. wer
mehr als eine Vormundschaft oder Pflegschaft führt; die Vormundschaft oder
Pflegschaft über mehrere Geschwister gilt nur als eine; die Führung von zwei
Gegenvormundschaften steht der Führung einer Vormundschaft gleich.
Das Ablehnungsrecht
erlischt, wenn es nicht vor der Bestellung bei dem Vormundschaftsgerichte
geltend gemacht wird.
§ 1787. Wer die Uebernahme
der Vormundschaft ohne Grund ablehnt, ist, wenn ihm ein Verschulden zur Last
fällt, für den Schaden verantwortlich, der dem Mündel dadurch entsteht, daß
sich die Bestellung des Vormundes verzögert.
Erklärt das
Vormundschaftsgericht die Ablehnung für unbegründet, so hat der Ablehnende,
unbeschadet der ihm zustehenden Rechtsmittel, die Vormundschaft auf Erfordern
des Vormundschaftsgerichts vorläufig zu übernehmen.
§ 1788. Das
Vormundschaftsgericht kann den zum Vormund Ausgewählten durch Ordnungsstrafen
zur Uebernahme der Vormundschaft anhalten.
Die einzelne Strafe darf
den Betrag von dreihundert Mark nicht übersteigen. Die Strafen dürfen nur in
Zwischenräumen von mindestens einer Woche verhängt werden. Mehr als drei
Strafen dürfen nicht verhängt werden. 4
§ 1789. Der Vormund wird
von dem Vormundschaftsgerichte durch Verpflichtung zu treuer und gewissenhafter
Führung der Vormundschaft bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst Handschlags
an Eidesstatt erfolgen.
§ 1790. Bei der Bestellung
des Vormundes kann die Entlassung für den Fall vorbehalten werden, daß ein
bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht eintritt.
§ 1791. Der Vormund erhält
eine Bestallung.
Die Bestallung soll
enthalten den Namen und die Zeit der Geburt des Mündels, die Namen des
Vormundes, des Gegenvormundes und der Mitvormünder sowie im Falle der Theilung
der Vormundschaft die Art der Theilung. Ist ein Familienrath eingesetzt, so ist
auch dies anzugeben.
§ 1792. Neben dem Vormunde
kann ein Gegenvormund bestellt werden.
Ein Gegenvormund soll
bestellt werden, wenn mit der Vormundschaft eine Vermögensverwaltung verbunden
ist, es sei denn, daß die Verwaltung nicht erheblich oder daß die Vormundschaft
von mehreren Vormündern gemeinschaftlich zu führen ist.
Ist die Vormundschaft von
mehreren Vormündern nicht gemeinschaftlich zu führen, so kann der eine Vormund
zum Gegenvormunde des anderen bestellt werden.
Auf die Berufung und
Bestellung des Gegenvormundes finden die für die Berufung und Bestellung des
Vormundes geltenden Vorschriften Anwendung.
II. Führung der
Vormundschaft.
§ 1793. Der Vormund hat das
Recht und die Pflicht, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen,
insbesondere den Mündel zu vertreten.
§ 1794. Das Recht und die
Pflicht des Vormundes, für die Person und das Vermögen des Mündels zu sorgen, erstreckt sich nicht auf Angelegenheiten des Mündels, für
die ein Pfleger bestellt ist.
§ 1795. Der Vormund kann
den Mündel nicht vertreten:
1. bei
einem Rechtsgeschäfte zwischen seinem Ehegatten oder einem seiner Verwandten in
gerader Linie einerseits und dem Mündel andererseits, es sei denn, daß das
Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht;
2. bei
einem Rechtsgeschäfte, das die Uebertragung oder Belastung einer durch
Pfandrecht, Hypothek oder Bürgschaft gesicherten Forderung des Mündels gegen
den Vormund oder die Aufhebung oder Minderung dieser Sicherheit zum Gegenstande
hat oder die Verpflichtung des Mündels zu einer solchen Uebertragung,
Belastung, Aufhebung oder Minderung begründet;
3. bei
einem Rechtsstreite zwischen den in Nr. 1 bezeichneten Personen sowie bei einem
Rechtsstreit über eine Angelegenheit der in Nr. 2 bezeichneten Art.
Die Vorschrift des § 181
bleibt unberührt.
§ 1796. Das
Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde die Vertretung für einzelne
Angelegenheiten oder für einen bestimmten Kreis von Angelegenheiten entziehen.
Die Entziehung soll nur
erfolgen, wenn das Interesse des Mündels zu dem Interesse des Vormundes oder
eines von diesem vertretenen Dritten oder einer der im § 1795 Nr. 1
bezeichneten Personen in erheblichem Gegensatze steht.
§ 1797. Mehrere Vormünder
führen die Vormundschaft gemeinschaftlich. Bei einer Meinungsverschiedenheit
entscheidet das Vormundschaftsgericht, sofern nicht bei der Bestellung ein
Anderes bestimmt wird.
Das Vormundschaftsgericht
kann die Führung der Vormundschaft unter mehrere Vormünder nach bestimmten
Wirkungskreisen vertheilen. Innerhalb des ihm überwiesenen Wirkungskreises
führt jeder Vormund die Vormundschaft selbständig.
Bestimmungen, die der Vater
oder die Mutter für die Entscheidung von den Meinungsverschiedenheiten zwischen
den von ihnen benannten Vormündern und für die Vertheilung der Geschäfte unter
diese nach Maßgabe des § 1777 getroffen hat, sind von dem
Vormundschaftsgerichte zu befolgen, sofern nicht ihre Befolgung das Interesse
des Mündels gefährden würde.
§ 1798. Steht die Sorge für
die Person und die Sorge für das Vermögen des Mündels verschiedenen Vormündern
zu, so entscheidet bei einer Meinungsverschiedenheit über die Vornahme einer
sowohl die Person als das Vermögen des Mündels betreffenden Handlung das
Vormundschaftsgericht.
§ 1799. Der Gegenvormund
hat darauf zu achten, daß der Vormund die Vormundschaft pflichtmäßig führt. Er
hat dem Vormundschaftsgerichte Pflichtwidrigkeiten des Vormundes sowie jeden
Fall unverzüglich anzuzeigen, in welchem das Vormundschaftsgericht zum
Einschreiten berufen ist, insbesondere den Tod des Vormundes oder den Eintritt
eines anderen Umstandes, in Folge dessen das Amt des Vormundes endigt oder die
Entlassung des Vormundes erforderlich wird.
Der Vormund hat dem
Gegenvormund auf Verlangen über die Führung der Vormundschaft Auskunft zu
ertheilen und die Einsicht der sich auf die Vormundschaft beziehenden Papiere
zu gestatten.
§ 1800. Das Recht und die
Pflicht des Vormundes, für die Person des Mündels zu sorgen, bestimmt sich nach
den für die elterliche Gewalt geltenden Vorschriften der §§ 1631 bis 1633.
§ 1801. Die Sorge für die
religiöse Erziehung des Mündels kann dem Vormunde von dem Vormundschaftsgericht
entzogen werden, wenn der Vormund nicht dem Bekenntniß angehört, in dem der
Mündel zu erziehen ist. 4
§ 1802. Der Vormund hat das
Vermögen, das bei der Anordnung der Vormundschaft vorhanden ist oder später dem
Mündel zufällt, zu verzeichnen und das Verzeichniß, nachdem er es mit der
Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit versehen hat, dem
Vormundschaftsgericht einzureichen. Ist ein Gegenvormund vorhanden, so hat ihn
der Vormund bei der Aufnahme des Verzeichnisses zuzuziehen; das Verzeichniß ist
auch von dem Gegenvormunde mit der Versicherung der Richtigkeit und
Vollständigkeit zu versehen.
Der Vormund kann sich bei
der Aufnahme des Verzeichnisses der Hülfe eines Beamten, eines Notars oder
eines anderen Sachverständigen bedienen.
Ist das eingereichte
Verzeichniß ungenügend, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß das
Verzeichniß durch eine zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten
oder Notar aufgenommen wird.
§ 1803. Was der Mündel von
Todeswegen erwirbt oder was ihm unter Lebenden von einem Dritten unentgeltlich
zugewendet wird, hat der Vormund nach den Anordnungen des Erblassers oder des
Dritten zu verwalten, wenn die Anordnungen von dem Erblasser durch letztwillige
Verfügung, von dem Dritten bei der Zuwendung getroffen worden sind.
Der Vormund darf mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts von den Anordnungen abweichen, wenn ihre
Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
Zu einer Abweichung von den
Anordnungen, die ein Dritter bei einer Zuwendung unter Lebenden getroffen hat,
ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und genügend. Die
Zustimmung des Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht ersetzt werden,
wenn der Dritte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande oder sein
Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§ 1804. Der Vormund kann
nicht in Vertretung des Mündels Schenkungen machen. Ausgenommen sind
Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu
nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
§ 1805. Der Vormund darf
Vermögen des Mündels nicht für sich verwenden.
§ 1806. Der Vormund hat das
zum Vermögen des Mündels gehörende Geld verzinslich anzulegen, soweit es nicht
zur Bestreitung von Ausgaben bereit zu halten ist.
§ 1807. Die im § 1806
vorgeschriebene Anlegung von Mündelgeld soll nur erfolgen:
1. in
Forderungen, für die eine sichere Hypothek an einem inländischen Grundstücke
besteht, oder in sicheren Grundschulden oder Rentenschulden an inländischen
Grundstücken;
2. in
verbrieften Forderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat sowie in
Forderungen, die in das Reichsschuldbuch oder in das Staatsschuldbuch eines
Bundesstaats eingetragen sind;
3. in
verbrieften Forderungen, deren Verzinsung von dem Reiche oder einem
Bundesstaate gewährleistet ist;
4. in
Werthpapieren, insbesondere Pfandbriefen, sowie in verbrieften Forderungen
jeder Art gegen eine inländische kommunale Körperschaft oder die Kreditanstalt
einer solchen Körperschaft, sofern die Werthpapiere oder die Forderungen von
dem Bundesrathe zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt sind;
5. bei
einer inländischen öffentlichen Sparkasse, wenn sie
von der zuständigen Behörde des Bundesstaats, in welchem sie ihren Sitz hat,
zur Anlegung von Mündelgeld für geeignet erklärt ist.
Die Landesgesetze können
für die innerhalb ihres Geltungsbereichs belegenen Grundstücke die Grundsätze
bestimmen, nach denen die Sicherheit einer Hypothek, einer Grundschuld oder
einer Rentenschuld festzustellen ist.
§ 1808. Kann die Anlegung
den Umständen nach nicht in der im § 1807 bezeichneten Weise erfolgen, so ist
das Geld bei der Reichsbank, bei einer Staatsbank oder bei einer anderen durch
Landesgesetz dazu für geeignet erklärten inländischen Bank oder bei einer
Hinterlegungsstelle anzulegen.
§ 1809. Der Vormund soll
Mündelgeld nach § 1807 Abs. 1 Nr. 5 oder nach § 1808 nur mit der Bestimmung
anlegen, daß zur Erhebung des Geldes die Genehmigung des Gegenvormundes oder
des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist.
§ 1810. Der Vormund soll
die in den §§ 1806 bis 1808 vorgeschriebene Anlegung nur mit Genehmigung des
Gegenvormundes bewirken; die Genehmigung des Gegenvormundes wird durch die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt. Ist ein Gegenvormund nicht
vorhanden, so soll die Anlegung nur mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erfolgen, sofern nicht die Vormundschaft von mehreren Vormündern
gemeinschaftlich geführt wird.
§ 1811. Das
Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen dem Vormund eine andere
Anlegung als die in den §§ 1807, 1808 vorgeschriebene gestatten.
§ 1812. Der Vormund kann
über eine Forderung oder über eine anderes Recht, kraft dessen der Mündel eine
Leistung verlangen kann, sowie über ein Werthpapier des Mündels nur mit
Genehmigung des Gegenvormundes verfügen, sofern nicht nach den §§ 1819 bis 1822
die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich ist. Das Gleiche gilt
von der Eingehung der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
Die Genehmigung des
Gegenvormundes wird durch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Ist ein Gegenvormund nicht
vorhanden, so tritt an die Stelle der Genehmigung des Gegenvormundes die
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, sofern nicht die Vormundschaft von
mehreren Vormündern gemeinschaftlich geführt wird.
§ 1813. Der Vormund bedarf
nicht der Genehmigung des Gegenvormundes zur Annahme einer geschuldeten Leistung:
1. wenn der Gegenstand der
Leistung nicht in Geld oder Werthpapieren besteht;
2. wenn der Anspruch nicht
mehr als dreihundert Mark beträgt;
3. wenn Geld zurückgezahlt
wird, das der Vormund angelegt hat;
4. wenn der Anspruch zu den
Nutzungen des Mündelvermögens gehört;
5. wenn
der Anspruch auf Erstattung von Kosten der Kündigung oder der Rechtsverfolgung
oder auf sonstige Nebenleistungen gerichtet ist.
Die Befreiung nach Abs. 1
Nr. 2, 3 erstreckt sich nicht auf die Erhebung von Geld, bei dessen Anlegung ein
Anderes bestimmt worden ist. Die Befreiung nach Abs. 1 Nr. 3 gilt auch nicht
für die Erhebung von Geld, das nach § 1807 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 angelegt ist.
§ 1814. Der Vormund hat die
zu dem Vermögen des Mündels gehörenden Inhaberpapiere nebst den Erneuerungsscheinen
bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der Bestimmung zu
hinterlegen, daß die Herausgabe der Papiere nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts verlangt werden kann. Die Hinterlegung von
Inhaberpapieren, die nach § 92 zu den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von
Zins-, Renten- oder Gewinnantheilscheinen ist nicht erforderlich. Den
Inhaberpapieren stehen Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen
sind.
§ 1815. Der Vormund kann
die Inhaberpapiere, statt sie nach § 1814 zu hinterlegen, auf den Namen des
Mündels mit der Bestimmung umschreiben lassen, daß er über sie nur mit
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts verfügen kann. Sind die Papiere von dem
Reiche oder einem Bundesstaat ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen
Bestimmung in Buchforderungen gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln
lassen.
Sind Inhaberpapiere zu
hinterlegen, die in Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat
umgewandelt werden können, so kann das Vormundschaftsgericht anordnen, daß sie
nach Abs. 1 in Buchforderungen umgewandelt werden.
§ 1816. Gehören
Buchforderungen gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaat bei der Anordnung
der Vormundschaft zu dem Vermögen des Mündels oder erwirbt der Mündel später
solche Forderungen, so hat der Vormund in das Schuldbuch den Vermerk eintragen
zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts verfügen kann.
§ 1817. Das
Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund von den ihm nach
den §§ 1814, 1816 obliegenden Verpflichtungen entbinden.
§ 1818. Das
Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen anordnen, daß der Vormund
auch solche zu dem Vermögen des Mündels gehörenden Werthpapiere, zu deren
Hinterlegung er nach § 1814 nicht verpflichtet ist, sowie Kostbarkeiten des
Mündels in der im § 1814 bezeichneten Weise zu hinterlegen hat; auf Antrag des
Vormundes kann die Hinterlegung von Zins-, Renten- und Gewinnantheilscheinen
angeordnet werden, auch wenn ein besonderer Grund nicht vorliegt.
§ 1819. Solange die nach §
1814 oder nach § 1818 hinterlegten Werthpapiere oder Kostbarkeiten nicht
zurückgenommen sind, bedarf der Vormund zu einer Verfügung über sie und, wenn
Hypotheken-, Grundschuld- oder Rentenschuldbriefe hinterlegt sind, zu einer
Verfügung über die Hypothekenforderung, die Grundschuld oder die Rentenschuld
der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts. Das Gleiche gilt von der Eingehung
der Verpflichtung zu einer solchen Verfügung.
§ 1820. Sind Inhaberpapiere
nach § 1815 auf den Namen des Mündels umgeschrieben oder in Buchforderungen
umgewandelt, so bedarf der Vormund auch zur Eingehung der Verpflichtung zu
einer Verfügung über die sich aus der Umschreibung oder Umwandlung ergebenden
Stammforderungen der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts.
Das Gleiche gilt, wenn bei
einer Buchforderung des Mündels der im § 1816 bezeichnete Vermerk eingetragen
ist.
§ 1821. Der Vormund bedarf
der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts:
1. zur Verfügung über ein
Grundstück oder über ein Recht an einem Grundstücke;
2. zur
Verfügung über eine Forderung, die auf Uebertragung des Eigenthums an einem
Grundstück oder auf Begründung oder Uebertragung eines Rechtes an einem
Grundstück oder auf Befreiung eines Grundstücks von einem solchen Rechte
gerichtet ist;
3. zur Eingehung der
Verpflichtung zu einer der in Nr. 1, 2 bezeichneten Verfügungen;
4. zu
einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb eines Grundstücks oder eines
Rechtes an einem Grundstücke gerichtet ist.
Zu den Rechten an einem
Grundstück im Sinne dieser Vorschriften gehören nicht Hypotheken, Grundschulden
und Rentenschulden.
§ 1822. Der Vormund bedarf
der Genehmigung des Vormundschaftsgerichts:
1. zu
einem Rechtsgeschäfte, durch das der Mündel zu einer Verfügung über sein
Vermögen im Ganzen oder über eine ihm angefallene Erbschaft oder über seinen
künftigen gesetzlichen Erbtheil oder seinen künftigen Pflichttheil verpflichtet
wird, sowie zu einer Verfügung über den Antheil des Mündels an einer Erbschaft;
2. zur
Ausschlagung einer Erbschaft oder eines Vermächtnisses, zum Verzicht auf einen
Pflichttheil sowie zu einem Erbtheilungsvertrage;
3. zu
einem Vertrage, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines
Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrage, der zum
Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird;
4. zu einem Pachtvertrag
über ein Landgut oder einen gewerblichen Betrieb;
5. zu
einem Mieth- oder Pachtvertrag oder einem anderen Vertrage, durch den der
Mündel zu wiederkehrenden Leistungen verpflichtet wird, wenn das
Vertragsverhältniß länger als ein Jahr nach der Vollendung des
einundzwanzigsten Lebensjahrs des Mündels fortdauern soll;
6. zu einem Lehrvertrage,
der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird;
7. zu
einem auf die Eingehung eines Dienst- oder Arbeitsverhältnisses gerichteten
Vertrage, wenn der Mündel zu persönlichen Leistungen für längere Zeit als ein
Jahr verpflichtet werden soll;
8. zur Aufnahme von Geld
auf den Kredit des Mündels;
9. zur
Ausstellung einer Schuldverschreibung auf den Inhaber oder zur Eingehung einer
Verbindlichkeit aus einem Wechsel oder einem anderen Papiere, das durch
Indossament übertragen werden kann;
10. zur
Uebernahme einer fremden Verbindlichkeit, insbesondere zur Eingehung einer
Bürgschaft;
11. zur Ertheilung einer
Prokura;
12. zu
einem Vergleich oder einem Schiedsvertrag, es sei denn, daß der Gegenstand des
Streites oder der Ungewißheit in Geld schätzbar ist und den Werth von
dreihundert Markt nicht übersteigt;
13. zu
einem Rechtsgeschäfte, durch das die für eine Forderung des Mündels bestehende
Sicherheit aufgehoben oder gemindert oder die Verpflichtung dazu begründet
wird.
§ 1823. Der Vormund soll
nicht ohne Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ein neues Erwerbsgeschäft im
Namen des Mündels beginnen oder ein bestehendes Erwerbsgeschäft des Mündels
auflösen.
§ 1824. Der Vormund kann
Gegenstände, zu deren Veräußerung die Genehmigung des Gegenvormundes oder des
Vormundschaftsgerichts erforderlich ist, dem Mündel nicht ohne diese
Genehmigung zur Erfüllung eines von diesem geschlossenen Vertrags oder zu
freier Verfügung überlassen.
§ 1825. Das
Vormundschaftsgericht kann dem Vormunde zu Rechtsgeschäften, zu denen nach §
1812 die Genehmigung des Gegenvormundes erforderlich ist, sowie zu den im §
1822 Nr. 8 bis 10 bezeichneten Rechtsgeschäften eine allgemeine Ermächtigung
ertheilen.
Die Ermächtigung soll nur
ertheilt werden, wenn sie zum Zwecke der Vermögensverwaltung, insbesondere zum
Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, erforderlich ist.
§ 1826. Das
Vormundschaftsgericht soll vor der Entscheidung über die zu einer Handlung des
Vormundes erforderliche Genehmigung den Gegenvormund hören, sofern ein solcher
vorhanden und die Anhörung thunlich ist.
§ 1827. Das
Vormundschaftsgericht soll den Mündel hören vor der Entscheidung über die
Genehmigung eines Lehrvertrags oder eines auf die Eingehung eines Dienst- oder
Arbeitsverhältnisses gerichteten Vertrags und, wenn der Mündel das vierzehnte
Lebensjahr vollendet hat, über die Entlassung aus dem Staatsverbande.
Hat der Mündel das achtzehnte
Lebensjahr vollendet, so soll ihn das Vormundschaftsgericht, soweit thunlich,
auch hören vor der Entscheidung über die Genehmigung eines der im § 1821 und im
§ 1822 Nr. 3 bezeichneten Rechtsgeschäfte sowie vor der Entscheidung über die
Genehmigung des Beginns oder der Auflösung eines Erwerbsgeschäfts.
§ 1828. Das
Vormundschaftsgericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäfte nur dem
Vormunde gegenüber erklären.
§ 1829. Schließt der
Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Vormundschaftsgerichts,
so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts ab. Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Theile gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm
durch den Vormund mitgetheilt wird.
Fordert der andere Theil
den Vormund zur Mittheilung darüber auf, ob die Genehmigung ertheilt sei, so
kann die Mittheilung der Genehmigung nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach
dem Empfange der Aufforderung erfolgen; erfolgt sie nicht, so gilt die
Genehmigung als verweigert.
Ist der Mündel volljährig
geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts.
§ 1830. Hat der Vormund dem
anderen Theile gegenüber der Wahrheit zuwider die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
behauptet, so ist der andere Theil bis zur Mittheilung der nachträglichen
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts zum Widerrufe berechtigt, es sei denn,
daß ihm das Fehlen der Genehmigung bei dem Abschlusse des Vertrags bekannt war.
§ 1831. Ein einseitiges
Rechtsgeschäft, das der Vormund ohne die erforderliche Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts vornimmt, ist unwirksam. Nimmt der Vormund mit dieser
Genehmigung ein solches Rechtsgeschäft einem Anderen gegenüber vor, so ist das
Rechtsgeschäft unwirksam, wenn der Vormund die Genehmigung nicht in
schriftlicher Form vorlegt und der Andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde
unverzüglich zurückweist.
§ 1832. Soweit der Vormund
zu einem Rechtsgeschäfte der Genehmigung des Gegenvormundes bedarf, finden die
Vorschriften der §§ 1828 bis 1831 entsprechende Anwendung.
§ 1833. Der Vormund ist dem
Mündel für den aus einer Pflichtverletzung entstehenden Schaden verantwortlich,
wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt. Das Gleiche gilt von dem
Gegenvormunde.
Sind für den Schaden
Mehrere neben einander verantwortlich, so haften sie als Gesammtschuldner. Ist
neben dem Vormunde für den von diesem verursachten Schaden der Gegenvormund
oder ein Mitvormund nur wegen Verletzung seiner Aufsichtspflicht verantwortlich,
so ist in ihrem Verhältnisse zu einander der Vormund allein verpflichtet.
§ 1834. Verwendet der
Vormund Geld des Mündels für sich, so hat er es von der Zeit der Verwendung an
zu verzinsen.
§ 1835. Macht der Vormund
zum Zwecke der Führung der Vormundschaft Aufwendungen, so kann er nach den für
den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 669, 670 von dem Mündel Vorschuß oder
Ersatz verlangen. Das gleiche Recht steht dem Gegenvormunde zu. Als Aufwendung
gelten auch solche Dienste des Vormundes oder des Gegenvormundes, die zu seinem
Gewerbe oder seinem Berufe gehören. 4
§ 1836. Die Vormundschaft
wird unentgeltlich geführt. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch dem Vormund
und aus besonderen Gründen auch dem Gegenvormund eine angemessene Vergütung
bewilligen. Die Bewilligung soll nur erfolgen, wenn das Vermögen des Mündels
sowie der Umfang und die Bedeutung der vormundschaftlichen Geschäfte es
rechtfertigen. Die Vergütung kann jederzeit für die Zukunft geändert oder
entzogen werden.
Vor der Bewilligung,
Aenderung oder Entziehung soll der Vormund und, wenn ein Gegenvormund vorhanden
oder zu bestellen ist, auch dieser gehört werden. 4
III. Fürsorge und Aufsicht
des Vormundschaftsgerichts.
§ 1837. Das
Vormundschaftsgericht hat über die gesammte Thätigkeit des Vormundes und des
Gegenvormundes die Aufsicht zu führen und gegen Pflichtwidrigkeiten durch
geeignete Gebote und Verbote einzuschreiten.
Das Vormundschaftsgericht
kann den Vormund und den Gegenvormund zur Befolgung seiner Anordnungen durch
Ordnungsstrafen anhalten. Die einzelne Strafe darf den Betrag von dreihundert
Mark nicht übersteigen. 4
§ 1838. Das
Vormundschaftsgericht kann anordnen, daß der Mündel zum Zwecke der Erziehung in
einer geeigneten Familie oder in einer Erziehungsanstalt oder einer
Besserungsanstalt untergebracht wird. Steht dem Vater oder der Mutter die Sorge
für die Person des Mündels zu, so ist eine solche Anordnung nur unter den
Voraussetzungen des § 1666 zulässig. 4
§ 1839. Der Vormund sowie
der Gegenvormund hat dem Vormundschaftsgericht auf Verlangen jederzeit über die
Führung der Vormundschaft und über die persönlichen Verhältnisse des Mündels
Auskunft zu ertheilen.
§ 1840. Der Vormund hat
über seine Vermögensverwaltung dem Vormundschaftsgerichte Rechnung zu legen.
Die Rechnung ist jährlich
zu legen. Das Rechnungsjahr wird von dem Vormundschaftsgerichte bestimmt.
Ist die Verwaltung von
geringem Umfange, so kann das Vormundschaftsgericht, nachdem die Rechnung für
das erste Jahr gelegt worden ist, anordnen, daß die Rechnung für längere,
höchstens dreijährige Zeitabschnitte zu legen ist.
§ 1841. Die Rechnung soll
eine geordnete Zusammenstellung der Einnahme und Ausgaben enthalten, über den
Ab- und Zugang des Vermögens Auskunft geben und soweit Belege ertheilt zu
werden pflegen, mit Belegen versehen sein.
Wird ein Erwerbsgeschäft
mit kaufmännischer Buchführung betrieben, so genügt als Rechnung eine aus den
Büchern gezogene Bilanz. Das Vormundschaftsgericht kann jedoch die Vorlegung
der Bücher und sonstigen Belege verlangen.
§ 1842. Ist ein
Gegenvormund vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Rechnung
unter Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die
Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß giebt.
§ 1843. Das
Vormundschaftsgericht hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen
und, soweit erforderlich, ihre Berichtigung und Ergänzung herbeiführen.
Ansprüche, die zwischen dem
Vormund und dem Mündel streitig bleiben, können schon vor der Beendigung des
Vormundschaftsverhältnisses im Rechtswege geltend gemacht werden.
§ 1844. Das
Vormundschaftsgericht kann aus besonderen Gründen den Vormund anhalten, für das
seiner Verwaltung unterliegende Vermögen Sicherheit zu leisten. Die Art und den
Umfang der Sicherheitsleistung bestimmt das Vormundschaftsgericht nach seinem
Ermessen. Das Vormundschaftsgericht kann, solange das Amt des Vormundes dauert,
jederzeit die Erhöhung, Minderung oder Aufhebung der Sicherheit anordnen.
Bei der Bestellung,
Aenderung oder Aufhebung der Sicherheit wird die Mitwirkung des Mündels durch
die Anordnung des Vormundschaftsgerichts ersetzt.
Die Kosten der
Sicherheitsleistung sowie der Aenderung oder der Aufhebung fallen dem Mündel
zur Last. 4
§ 1845. Will der zum
Vormunde bestellte Vater oder die zum Vormunde bestellte eheliche Mutter des
Mündels eine Ehe eingehen, so liegen ihnen die im § 1669 bestimmten
Verpflichtungen ob.
§ 1846. Ist ein Vormund
noch nicht bestellt oder ist der Vormund an der Erfüllung seiner Pflichten
verhindert, so hat das Vormundschaftsgericht die im Interesse des Mündels
erforderlichen Maßregeln zu treffen.
§ 1847. Das
Vormundschaftsgericht soll vor einer von ihm zu treffenden Entscheidung auf
Antrag des Vormundes oder des Gegenvormundes Verwandte oder Verschwägerte des
Mündels hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und ohne unverhältnißmäßige
Kosten geschehen kann. In wichtigen Angelegenheiten soll die Anhörung auch ohne
Antrag erfolgen; wichtige Angelegenheiten sind insbesondere die
Volljährigkeitserklärung, die Ersetzung der Einwilligung zur Eheschließung im
Falle des § 1304, die Ersetzung der Genehmigung im Falle des § 1337, die
Entlassung aus dem Staatsverband und die Todeserklärung.
Die Verwandten und
Verschwägerten können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der
Betrag der Auslagen wird von dem Vormundschaftsgerichte festgesetzt.
§ 1848. Verletzt der
Vormundschaftsrichter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm obliegenden
Pflichten, so ist er dem Mündel nach § 839 Abs. 1, 3 verantwortlich. 3
IV. Mitwirkung des
Gemeindewaisenraths.
§ 1849. Der
Gemeindewaisenrath hat dem Vormundschaftsgerichte die Personen vorzuschlagen,
die sich im einzelnen Falle zum Vormunde, Gegenvormund oder Mitglied eines
Familienraths eignen.
§ 1850. Der
Gemeindewaisenrath hat in Unterstützung des Vormundschaftsgerichts darüber zu
wachen, daß die Vormünder der sich in seinem Bezirk aufhaltenden Mündel für die
Person der Mündel, insbesondere für ihre Erziehung und ihre körperliche Pflege,
pflichtmäßig Sorge tragen. Er hat dem Vormundschaftsgerichte Mängel und
Pflichtwidrigkeiten, die er in dieser Hinsicht wahrnimmt, anzuzeigen und auf
Erfordern über das persönliche Ergehen und das Verhalten eines Mündels Auskunft
zu ertheilen.
Erlangt der
Gemeindewaisenrath Kenntniß von einer Gefährdung des Vermögens eines Mündels,
so hat er dem Vormundschaftsgericht Anzeige zu machen.
§ 1851. Das
Vormundschaftsgericht hat dem Gemeindewaisenrathe die Anordnung der
Vormundschaft über einen sich in dessen Bezirk aufhaltenden Mündel unter
Bezeichnung des Vormundes oder des Gegenvormundes sowie einen in der Person des
Vormundes oder des Gegenvormundes eintretenden Wechsel mitzutheilen.
Wird der Aufenthalt eines
Mündels in den Bezirk eines anderen Gemeindewaisenraths verlegt, so hat der
Vormund dem Gemeindewaisenrathe des bisherigen Aufenthaltsorts und dieser dem
Gemeindewaisenrathe des neuen Aufenthaltsorts die Verlegung mitzutheilen.
V. Befreite Vormundschaft.
§ 1852. Der Vater kann,
wenn er einen Vormund benennt, die Bestellung eines Gegenvormundes
ausschließen.
Der Vater kann anordnen,
daß der von ihm benannte Vormund bei der Anlegung von Geld den in den §§ 1809,
1810 bestimmten Beschränkungen nicht unterliegen und zu den im § 1812
bezeichneten Rechtsgeschäften der Genehmigung des Gegenvormundes oder des
Vormundschaftsgerichts nicht bedürfen soll. Diese Anordnungen sind als
getroffen anzusehen, wenn der Vater die Bestellung eines Gegenvormundes
ausgeschlossen hat.
§ 1853. Der Vater kann den
von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, Inhaber- und
Orderpapiere zu hinterlegen und den im § 1816 bezeichneten Vermerk in das
Reichsschuldbuch oder das Staatsschuldbuch eintragen zu lassen.
§ 1854. Der Vater kann den
von ihm benannten Vormund von der Verpflichtung entbinden, während der Dauer
seines Amtes Rechnung zu legen.
Der Vormund hat in einem
solchen Falle nach dem Ablaufe von je zwei Jahren eine Uebersicht über den
Bestand des seiner Verwaltung unterliegenden Vermögens dem
Vormundschaftsgericht einzureichen. Das Vormundschaftsgericht kann anordnen,
daß die Uebersicht in längeren, höchstens fünfjährigen Zwischenräumen
einzureichen ist.
Ist ein Gegenvormund
vorhanden oder zu bestellen, so hat ihm der Vormund die Uebersicht unter
Nachweisung des Vermögensbestandes vorzulegen. Der Gegenvormund hat die
Uebersicht mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die Prüfung ihm Anlaß
giebt.
§ 1855. Benennt die
eheliche Mutter einen Vormund, so kann sie die gleichen Anordnungen treffen wie
nach den §§ 1852 bis 1854 der Vater.
§ 1856. Auf die nach den §§
1852 bis 1855 zulässigen Anordnungen finden die Vorschriften des § 1777
Anwendung.
§ 1857. Die Anordnungen des
Vaters oder der Mutter können von dem Vormundschaftsgericht außer Kraft gesetzt
werden, wenn ihre Befolgung das Interesse des Mündels gefährden würde.
VI. Familienrath.
§ 1858. Ein Familienrath
soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn der Vater oder die
eheliche Mutter des Mündels die Einsetzung angeordnet hat.
Der Vater oder die Mutter
kann die Einsetzung des Familienraths von dem Eintritt oder Nichteintritt eines
bestimmten Ereignisses abhängig machen.
Die Einsetzung unterbleibt,
wenn die erforderliche Zahl geeigneter Personen nicht vorhanden ist.
§ 1859. Ein Familienrath
soll von dem Vormundschaftsgericht eingesetzt werden, wenn ein Verwandter oder
Verschwägerter des Mündels oder der Vormund oder der Gegenvormund die
Einsetzung beantragt und das Vormundschaftsgericht sie im Interesse des Mündels
für angemessen erachtet.
Die Einsetzung unterbleibt,
wenn der Vater oder die eheliche Mutter des Mündels sie untersagt hat.
§ 1860. Der Familienrath
besteht aus dem Vormundschaftsrichter als Vorsitzenden und aus mindestens zwei,
höchstens sechs Mitgliedern.
§ 1861. Als Mitglied des
Familienraths ist berufen, wer von dem Vater oder der ehelichen Mutter des
Mündels als Mitglied benannt ist. Die Vorschriften des § 1778 Abs. 1, 2 finden
entsprechende Anwendung.
§ 1862. Soweit eine
Berufung nach § 1861 nicht vorliegt oder die Berufenen die Uebernahme des Amtes
ablehnen, hat das Vormundschaftsgericht die zur Beschlußfähigkeit des
Familienraths erforderlichen Mitglieder auszuwählen. Vor der Auswahl sollen der
Gemeindewaisenrath und nach Maßgabe des § 1847 Verwandte oder Verschwägerte des
Mündels gehört werden.
Die Bestimmung der Zahl
weiterer Mitglieder und ihre Auswahl steht dem
Familienrathe zu.
§ 1863. Sind neben den
Vorsitzenden nur die zur Beschlußfähigkeit des Familienraths erforderlichen
Mitglieder vorhanden, so sind ein oder zwei Ersatzmitglieder zu bestellen.
Der Familienrath wählt die
Ersatzmitglieder aus und bestimmt die Reihenfolge, in der sie bei der
Verhinderung oder dem Wegfall eines Mitglieds in den Familienrath einzutreten
haben.
Hat der Vater oder die
eheliche Mutter Ersatzmitglieder benannt und die Reihenfolge ihres Eintritts
bestimmt, so ist diese Anordnung zu befolgen.
§ 1864. Wird der
Familienrath durch vorübergehende Verhinderung eines Mitglieds beschlußunfähig
und ist ein Ersatzmitglied nicht vorhanden, so ist für die Dauer der
Verhinderung ein Ersatzmitglied zu bestellen. Die Auswahl steht dem Vorsitzenden
zu.
§ 1865. Zum Mitgliede des
Familienraths kann nicht bestellt werden, wer geschäftsunfähig oder wegen
Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist.
§ 1866. Zum Mitgliede des
Familienraths soll nicht bestellt werden:
1. der Vormund des Mündels;
2. wer nach § 1781 oder
nach § 1782 nicht zum Vormunde bestellt werden soll;
3. wer
durch Anordnung des Vaters oder der ehelichen Mutter des Mündels von der
Mitgliedschaft ausgeschlossen ist.
§ 1867. Zum Mitgliede des
Familienraths soll nicht bestellt werden, wer mit dem Mündel weder verwandt
noch verschwägert ist, es sei denn, daß er von dem Vater oder der ehelichen
Mutter des Mündels benannt oder von dem Familienrath oder nach § 1864 von dem
Vorsitzenden ausgewählt worden ist.
§ 1868. Für die nach den §§
1858, 1859, 1861, 1863, 1866 zulässigen Anordnungen des Vaters oder der Mutter
gelten die Vorschriften des § 1777.
Die Anordnungen des Vaters
gehen den Anordnungen der Mutter vor.
§ 1869. Niemand ist
verpflichtet, das Amt des Familienraths zu übernehmen.
§ 1870. Die Mitglieder des
Familienraths werden von dem Vorsitzenden durch Verpflichtung zu treuer und
gewissenhafter Führung des Amtes bestellt. Die Verpflichtung soll mittelst
Handschlags an Eidesstatt erfolgen.
§ 1871. Bei der Bestellung
eines Mitglieds des Familienraths kann die Entlassung für den Fall vorbehalten
werden, daß ein bestimmtes Ereigniß eintritt oder nicht eintritt.
§ 1872. Der Familienrath
hat die Rechte und Pflichten des Vormundschaftsgerichts. Die Leitung der
Geschäfte liegt dem Vorsitzenden ob.
Die Mitglieder des
Familienraths können ihr Amt nur persönlich ausüben. Sie sind in gleicher Weise
verantwortlich wie der Vormundschaftsrichter.
§ 1873. Der Familienrath
wird von dem Vorsitzenden einberufen. Die Einberufung hat zu erfolgen, wenn
zwei Mitglieder, der Vormund oder der Gegenvormund sie beauftragen oder wenn
das Interesse des Mündels sie erfordert. Die Mitglieder können mündlich oder
schriftlich eingeladen werden.
§ 1874. Zur
Beschlußfähigkeit des Familienraths ist die Anwesenheit des Vorsitzenden und
mindestens zweier Mitglieder erforderlich.
Der Familienrath faßt seine
Beschlüsse nach der Mehrheit der Stimmen der Anwesenden. Bei Stimmengleichheit
entscheidet die Stimme des Vorsitzenden.
Steht in einer
Angelegenheit das Interesse des Mündels zu dem Interesse eines Mitglieds in
erheblichem Gegensatze, so ist das Mitglied von der Theilnahme an der
Beschlußfassung ausgeschlossen. Ueber die Ausschließung entscheidet der
Vorsitzende.
§ 1875. Ein Mitglied des
Familienraths, das ohne genügende Entschuldigung der Einberufung nicht Folge
leistet oder die rechtzeitige Anzeige seiner Verhinderung unterläßt oder sich
der Theilnahme an der Beschlußfassung enthält, ist von dem Vorsitzenden in die
dadurch verursachten Kosten zu verurtheilen.
Der Vorsitzende kann gegen
das Mitglied eine Ordnungsstrafe bis zu einhundert Mark verhängen.
Erfolgt nachträglich
genügende Entschuldigung, so sind die getroffenen Verfügungen aufzuheben.
§ 1876. Wird ein sofortiges
Einschreiten nöthig, so hat der Vorsitzende die erforderlichen Anordnungen zu
treffen, den Familienrath einzuberufen, ihn von den Anordnungen in Kenntniß zu
setzen und einen Beschluß über die etwa weiter erforderlichen Maßregeln
herbeizuführen.
§ 1877. Die Mitglieder des
Familienraths können von dem Mündel Ersatz ihrer Auslagen verlangen; der Betrag
der Auslagen wird von dem Vorsitzenden festgesetzt.
§ 1878. Das Amt eines
Mitglieds des Familienraths endigt aus denselben Gründen, aus denen nach den §§
1885, 1886, 1889 das Amt eines Vormundes endigt.
Ein Mitglied kann gegen
seinen Willen nur durch das dem Vormundschaftsgericht im Instanzenzuge vorgeordnete Gericht entlassen werden.
§ 1879. Das
Vormundschaftsgericht hat den Familienrath aufzuheben, wenn es an der zur
Beschlußfähigkeit erforderlichen Zahl von Mitgliedern fehlt und geeignete
Personen zur Ergänzung nicht vorhanden sind.
§ 1880. Der Vater des
Mündels kann die Aufhebung des von ihm angeordneten Familienraths für den Fall
des Eintritts oder Nichteintritts eines künftigen Ereignisses nach Maßgabe des
§ 1777 anordnen. Das gleiche Recht steht der ehelichen Mutter des Mündels für
den von ihr angeordneten Familienrath zu.
Tritt der Fall ein, so hat
das Vormundschaftsgericht den Familienrath aufzuheben.
§ 1881. Von der Aufhebung
des Familienraths hat das Vormundschaftsgericht die bisherigen Mitglieder, den
Vormund und den Gegenvormund in Kenntniß zu setzen.
Der Vormund und der
Gegenvormund erhalten neue Bestallungen. Die früheren Bestallungen sind dem
Vormundschaftsgerichte zurückzugeben.
VII. Beendigung der
Vormundschaft.
§ 1882. Die Vormundschaft
endigt mit dem Wegfalle der im § 1773 für die Anordnung der Vormundschaft
bestimmten Voraussetzungen.
§ 1883. Wird der Mündel
durch nachfolgende Ehe legitimiert, so endigt die Vormundschaft erst dann, wenn
die Vaterschaft des Ehemanns durch ein zwischen ihm und dem Mündel ergangenes
Urtheil rechtskräftig festgestellt ist oder die Aufhebung der Vormundschaft von
dem Vormundschaftsgericht angeordnet wird.
Das Vormundschaftsgericht
hat die Aufhebung anzuordnen, wenn es die Voraussetzungen der Legitimation für
vorhanden erachtet. Solange der Ehemann lebt, soll die Aufhebung nur angeordnet
werden, wenn er die Vaterschaft anerkannt hat oder wenn er an der Abgabe einer
Erklärung dauernd verhindert oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§ 1884. Ist der Mündel
verschollen, so endigt die Vormundschaft erst mit der Aufhebung durch das
Vormundschaftsgericht. Das Vormundschaftsgericht hat die Vormundschaft
aufzuheben, wenn ihm der Tod des Mündels bekannt wird.
Wird der Mündel für todt
erklärt, so endigt die Vormundschaft mit der Erlassung des die Todeserklärung
aussprechenden Urtheils.
§ 1885. Das Amt des
Vormundes endigt mit seiner Entmündigung.
Wird der Vormund für todt
erklärt, so endigt sein Amt mit der Erlassung des die Todeserklärung
aussprechenden Urtheils.
§ 1886. Das
Vormundschaftsgericht hat den Vormund zu entlassen, wenn die Fortführung des
Amtes, insbesondere wegen pflichtwidrigen Verhaltens des Vormundes, das
Interesse des Mündels gefährden würde oder wenn in der Person des Vormundes
einer der im § 1781 bestimmten Gründe vorliegt. 4
§ 1887. Anm.: Aufgehoben durch § 48, RGBl I 1922/S. 633 – Jugendwohlfahrtsgesetz.
§ 1888. Ist ein Beamter
oder ein Religionsdiener zum Vormunde bestellt, so hat ihn das Vormundschaftsgericht
zu entlassen, wenn die Erlaubniß, die nach den Landesgesetzen zur Uebernahme
der Vormundschaft oder zur Fortführung der vor dem Eintritt in das Amts- oder
Dienstverhältniß übernommenen Vormundschaft erforderlich ist, versagt oder
zurückgenommen wird oder wenn die nach den Landesgesetzen zulässige Untersagung
der Fortführung der Vormundschaft erfolgt.
§ 1889. Das
Vormundschaftsgericht hat den Vormund auf seinen Antrag zu entlassen, wenn ein
wichtiger Grund vorliegt; ein wichtiger Grund ist insbesondere der Eintritt
eines Umstandes, der den Vormund nach § 1786 Abs. 1 Nr. 2 bis 7 berechtigen
würde, die Uebernahme der Vormundschaft abzulehnen.
§ 1890. Der Vormund hat
nach der Beendigung seines Amtes dem Mündel das verwaltete Vermögen
herauszugeben und über die Verwaltung Rechenschaft abzulegen. Soweit er dem
Vormundschaftsgerichte Rechnung gelegt hat, genügt die Bezugnahme auf diese
Rechnung.
§ 1891. Ist ein
Gegenvormund vorhanden, so hat ihm der Vormund die Rechnung vorzulegen. Der
Gegenvormund hat die Rechnung mit den Bemerkungen zu versehen, zu denen die
Prüfung ihm Anlaß giebt.
Der Gegenvormund hat über
die Führung der Gegenvormundschaft und, soweit er dazu im Stande ist, über das
von dem Vormund verwaltete Vermögen auf Verlangen Auskunft zu ertheilen.
§ 1892. Der Vormund hat die
Rechnung, nachdem er sie dem Gegenvormunde vorgelegt hat, dem
Vormundschaftsgericht einzureichen.
Das Vormundschaftsgericht
hat die Rechnung rechnungsmäßig und sachlich zu prüfen und deren Abnahme durch
Verhandlung mit den Betheiligten unter Zuziehung des Gegenvormundes zu
vermitteln. Soweit die Rechnung als richtig anerkannt wird, hat das
Vormundschaftsgericht das Anerkenntniß zu beurkunden.
§ 1893. Im Falle der
Beendigung der Vormundschaft oder des vormundschaftlichen Amtes finden die
Vorschriften der §§ 1682, 1683 entsprechende Anwendung.
Der Vormund hat nach der
Beendigung seines Amtes die Bestallung dem Vormundschaftsgerichte
zurückzugeben.
§ 1894. Den Tod des
Vormundes hat dessen Erbe dem Vormundschaftsgericht unverzüglich anzuzeigen.
Den Tod des Gegenvormundes
oder eines Mitvormundes hat der Vormund unverzüglich anzuzeigen.
§ 1895. Die Vorschriften
der §§ 1885 bis 1889, 1893, 1894 finden auf den Gegenvormund entsprechende
Anwendung.
Zweiter Titel.
Vormundschaft über Volljährige.
§ 1896. Ein Volljähriger
erhält einen Vormund, wenn er entmündigt ist.
§ 1897. Auf die
Vormundschaft über einen Volljährigen finden die für die Vormundschaft über
einen Minderjährigen geltenden Vorschriften Anwendung, soweit sich nicht aus
den §§ 1898 bis 1908 ein Anderes ergiebt.
§ 1898. Der Vater und die
Mutter des Mündels sind nicht berechtigt, einen Vormund zu benennen oder Jemand
von der Vormundschaft auszuschließen.
§ 1899. Vor den Großvätern
ist der Vater und nach ihm die eheliche Mutter des Mündels als Vormund berufen.
Die Eltern sind nicht
berufen, wenn der Mündel von einem Anderen als dem Ehegatten seines Vaters oder
seiner Mutter an Kindesstatt angenommen ist.
Stammt der Mündel aus einer
nichtigen Ehe, so ist der Vater im Falle des § 1701, die Mutter im Falle des §
1702 nicht berufen.
§ 1900. Eine Ehefrau darf
zum Vormund ihres Mannes auch ohne dessen Zustimmung bestellt werden.
Der Ehegatte des Mündels
darf vor den Eltern und den Großvätern, die eheliche Mutter darf im Falle des §
1702 vor den Großvätern zum Vormunde bestellt werden.
Die uneheliche Mutter darf
vor dem Großvater zum Vormunde bestellt werden.
§ 1901. Der Vormund hat für
die Person des Mündels nur insoweit zu sorgen, als der Zweck der Vormundschaft
es erfordert.
Steht eine Ehefrau unter
Vormundschaft, so tritt die im § 1633 bestimmte Beschränkung nicht ein.
§ 1902. Der Vormund kann
eine Ausstattung aus dem Vermögen des Mündels nur mit Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts versprechen oder gewähren.
Zu einem Mieth- oder Pachtvertrage
sowie zu einem anderen Vertrage, durch den der Mündel zu wiederkehrenden
Leistungen verpflichtet wird, bedarf der Vormund der Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts, wenn das Vertragsverhältniß länger als vier Jahre
dauern soll. Die Vorschrift des § 1822 Nr. 4 bleibt unberührt.
§ 1903. Wird der Vater des
Mündels zum Vormunde bestellt, so unterbleibt die Bestellung eines
Gegenvormundes. Dem Vater stehen die Befreiungen zu, die nach den §§ 1852 bis
1854 angeordnet werden können. Das Vormundschaftsgericht kann die Befreiungen
außer Kraft setzen, wenn sie das Interesse des Mündels gefährden.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, wenn der Vater im Falle der Minderjährigkeit des Mündels zur
Vermögensverwaltung nicht berechtigt sein würde.
§ 1904. Ist die eheliche
Mutter des Mündels zum Vormunde bestellt, so gilt für sie das Gleiche wie nach
§ 1903 für den Vater. Der Mutter ist jedoch ein Gegenvormund zu bestellen, wenn
sie die Bestellung beantragt oder wenn die Voraussetzungen vorliegen, unter denen
ihr nach § 1687 Nr. 3 ein Beistand zu bestellen sein würde. Wird ein
Gegenvormund bestellt, so stehen der Mutter die im § 1852 bezeichneten
Befreiungen nicht zu.
§ 1905. Ein Familienrath
kann nur nach § 1859 Abs. 1 eingesetzt werden.
Der Vater und die Mutter
des Mündels sind nicht berechtigt, Anordnungen über die Einsetzung und
Aufhebung eines Familienraths oder über die Mitgliedschaft zu treffen.
§ 1906. Ein Volljähriger,
dessen Entmündigung beantragt ist, kann unter vorläufige Vormundschaft gestellt
werden, wenn das Vormundschaftsgericht es zur Abwendung einer erheblichen
Gefährdung der Person oder des Vermögens des Volljährigen für erforderlich
erachtet.
§ 1907. Die Vorschriften
über die Berufung zur Vormundschaft gelten nicht für die vorläufige Vormundschaft.
§ 1908. Die vorläufige
Vormundschaft endigt mit der Rücknahme oder der rechtskräftigen Abweisung des
Antrags auf Entmündigung.
Erfolgt die Entmündigung,
so endigt die vorläufige Vormundschaft, wenn auf Grund der Entmündigung ein
Vormund bestellt wird.
Die vorläufige
Vormundschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Mündel des
vorläufigen vormundschaftlichen Schutzes nicht mehr bedürftig ist.
Dritter Titel.
Pflegschaft.
§ 1909. Wer unter
elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft steht, erhält für Angelegenheiten,
an deren Besorgung der Gewalthaber oder der Vormund verhindert ist, einen
Pfleger. Er erhält insbesondere einen Pfleger zur Verwaltung des Vermögens, das
er von Todeswegen erwirbt oder das ihm unter Lebenden von einem Dritten
unentgeltlich zugewendet wird, wenn der Erblasser durch letztwillige Verfügung,
der Dritte bei der Zuwendung bestimmt hat, daß dem Gewalthaber oder dem
Vormunde die Verwaltung nicht zustehen soll.
Tritt das Bedürfniß einer
Pflegschaft ein, so hat der Gewalthaber oder der Vormund dem
Vormundschaftsgericht unverzüglich Anzeige zu machen.
Die Pflegschaft ist auch
dann anzuordnen, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Vormundschaft
vorliegen, ein Vormund aber noch nicht bestellt ist.
§ 1910. Ein Volljähriger,
der nicht unter Vormundschaft steht, kann einen Pfleger für seine Person und
sein Vermögen erhalten, wenn er in Folge körperlicher Gebrechen, insbesondere
weil er taub, blind oder stumm ist, seine Angelegenheiten nicht zu besorgen
vermag.
Vermag ein Volljähriger,
der nicht unter Vormundschaft steht, in Folge geistiger oder körperlicher
Gebrechen einzelne seiner Angelegenheiten oder einen bestimmten Kreis seiner
Angelegenheiten, insbesondere seine Vermögensangelegenheiten, nicht zu besorgen,
so kann er für diese Angelegenheiten einen Pfleger erhalten.
Die Pflegschaft darf nur
mit Einwilligung des Gebrechlichen angeordnet werden, es sei denn, daß eine
Verständigung mit ihm nicht möglich ist.
§ 1911. Ein abwesender
Volljähriger, dessen Aufenthalt unbekannt ist, erhält für seine
Vermögensangelegenheiten, soweit sie der Fürsorge bedürfen, einen
Abwesenheitspfleger. Ein solcher Pfleger ist ihm insbesondere auch dann zu
bestellen, wenn er durch Ertheilung eines Auftrags oder einer Vollmacht Fürsorge
getroffen hat, aber Umstände eingetreten sind, die zum Widerrufe des Auftrags
oder der Vollmacht Anlaß geben.
Das Gleiche gilt von einem
Abwesenden, dessen Aufenthalt bekannt, der aber an der Rückkehr und der
Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten verhindert ist.
§ 1912. Eine Leibesfrucht
erhält zur Wahrung ihrer künftigen Rechte, soweit diese einer Fürsorge
bedürfen, einen Pfleger. Die Fürsorge steht jedoch dem Vater oder der Mutter
zu, wenn das Kind, falls es bereits geboren wäre, unter elterlicher Gewalt
stehen würde.
§ 1913. Ist unbekannt oder
ungewiß, wer bei einer Angelegenheit der Betheiligte ist, so kann dem
Betheiligten für diese Angelegenheit, soweit eine Fürsorge erforderlich ist,
ein Pfleger bestellt werden. Insbesondere kann einem Nacherben, der noch nicht
erzeugt ist oder dessen Persönlichkeit erst durch ein künftiges Ereigniß
bestimmt wird, für die Zeit bis zum Eintritte der Nacherbfolge ein Pfleger
bestellt werden.
§ 1914. Ist durch
öffentliche Sammlung Vermögen für einen vorübergehenden Zweck zusammengebracht
worden, so kann zum Zwecke der Verwaltung und Verwendung des Vermögens ein
Pfleger bestellt werden, wenn die zu der Verwaltung und Verwendung berufenen
Personen weggefallen sind.
§ 1915. Auf die Pflegschaft
finden die für die Vormundschaft geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung, soweit sich nicht aus dem Gesetz ein
Anderes ergiebt.
Die Bestellung eines
Gegenvormundes ist nicht erforderlich.
§ 1916. Für die nach § 1909
anzuordnende Pflegschaft gelten die Vorschriften über die Berufung zur
Vormundschaft nicht.
§ 1917. Wird die Anordnung
einer Pflegschaft nach § 1909 Abs. 1 Satz 2 erforderlich, so ist als Pfleger
berufen, wer als solcher von dem Erblasser durch letztwillige Verfügung, von
dem Dritten bei der Zuwendung benannt worden ist; die Vorschriften des § 1778
finden entsprechende Anwendung.
Für den benannten Pfleger
kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung, der Dritte bei der Zuwendung
die in den §§ 1852 bis 1854 bezeichneten Befreiungen anordnen. Das
Vormundschaftsgericht kann die Anordnungen außer Kraft setzen, wenn sie das
Interesse des Pflegebefohlenen gefährden.
Zu einer Abweichung von den
Anordnungen des Dritten ist, solange er lebt, seine Zustimmung erforderlich und
genügend. Die Zustimmung des Dritten kann durch das Vormundschaftsgericht
ersetzt werden, wenn der Dritte zur Abgabe einer Erklärung dauernd außer Stande
oder sein Aufenthalt dauernd unbekannt ist.
§ 1918. Die Pflegschaft für
eine unter elterliche Gewalt oder unter Vormundschaft stehende Person endigt mit
der Beendigung der elterlichen Gewalt oder der Vormundschaft.
Die Pflegschaft für eine
Leibesfrucht endigt mit der Geburt des Kindes.
Die Pflegschaft zur
Besorgung einer einzelnen Angelegenheit endigt mit deren Erledigung.
§ 1919. Die Pflegschaft ist
von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der Grund für die Anordnung der
Pflegschaft weggefallen ist.
§ 1920. Eine nach § 1910
angeordnete Pflegschaft ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der
Pflegebefohlene die Aufhebung beantragt.
§ 1921. Die Pflegschaft für
einen Abwesenden ist von dem Vormundschaftsgericht aufzuheben, wenn der
Abwesende an der Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten nicht mehr
verhindert ist.
Stirbt der Abwesende, so
endigt die Pflegschaft erst mit der Aufhebung durch das Vormundschaftsgericht.
Das Vormundschaftsgericht hat die Pflegschaft aufzuheben, wenn ihm der Tod des
Abwesenden bekannt wird.
Wird der Abwesende für todt
erklärt, so endigt die Pflegschaft mit der Erlassung des die Todeserklärung
aussprechenden Urtheils.
Fünftes Buch.
Erbrecht.
Erster Abschnitt.
Erbfolge.
§ 1922. Mit dem Tode einer
Person (Erbfall) geht deren Vermögen (Erbschaft) als Ganzes auf eine oder
mehrere andere Personen (Erben) über.
Auf den Antheil eines
Miterben (Erbtheil) finden die sich auf die Erbschaft beziehenden Vorschriften
Anwendung.
§ 1923. Erbe kann nur
werden, wer zur Zeit des Erbfalls lebt.
Wer zur Zeit des Erbfalls
noch nicht lebte, aber bereits erzeugt war, gilt als vor dem Erbfalle geboren.
§ 1924. Gesetzliche Erben
der ersten Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers.
Ein zur Zeit des Erbfalls
lebender Abkömmling schließt die durch ihn mit dem Erblasser verwandten
Abkömmlinge von der Erbfolge aus.
An die Stelle eines zur
Zeit des Erbfalls nicht mehr lebenden Abkömmlinges treten die durch ihn mit dem
Erblasser verwandten Abkömmlinge (Erbfolge nach Stämmen).
Kinder erben zu gleichen
Theilen.
§ 1925. Gesetzliche Erben
der zweiten Ordnung sind die Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls
die Eltern, so erben sie allein und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls
der Vater oder die Mutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen
dessen Abkömmlinge nach den für die Beerbung in der ersten Ordnung geltenden
Vorschriften. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so erbt der überlebende Theil
allein.
§ 1926. Gesetzliche Erben
der dritten Ordnung sind die Großeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls
die Großeltern, so erben sie allein und zu gleichen Theilen.
Lebt zur Zeit des Erbfalls
von den väterlichen oder von den mütterlichen Großeltern der Großvater oder die
Großmutter nicht mehr, so treten an die Stelle des Verstorbenen dessen
Abkömmlinge. Sind Abkömmlinge nicht vorhanden, so fällt der Antheil des Verstorbenen
dem anderen Theile des Großelternpaars und, wenn dieser nicht mehr lebt, dessen
Abkömmlingen zu.
Leben zur Zeit des Erbfalls
die väterlichen oder die mütterlichen Großeltern nicht mehr und sind
Abkömmlinge der Verstorbenen nicht vorhanden, so erben die anderen Großeltern
oder ihre Abkömmlinge allein.
Soweit Abkömmlinge an die
Stelle ihrer Eltern oder ihrer Voreltern treten, finden die für die Beerbung in
der ersten Ordnung geltenden Vorschriften Anwendung.
§ 1927. Wer in der ersten,
der zweiten oder der dritten Ordnung verschiedenen Stämmen angehört, erhält den
in jedem dieser Stämme ihm zufallenden Antheil. Jeder Antheil gilt als
besonderer Erbtheil.
§ 1928. Gesetzliche Erben
der vierten Ordnung sind die Urgroßeltern des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Leben zur Zeit des Erbfalls
Urgroßeltern, so erben sie allein; mehrere erben zu gleichen Theilen, ohne
Unterschied, ob sie derselben Linie oder verschiedenen Linien angehören.
Leben zur Zeit des Erbfalls
Urgroßeltern nicht mehr, so erbt von ihren Abkömmlingen derjenige, welcher mit
dem Erblasser dem Grade nach am nächsten verwandt ist; mehrere gleich nahe
Verwandte erben zu gleichen Theilen.
§ 1929. Gesetzliche Erben
der fünften Ordnung und der ferneren Ordnungen sind die entfernteren Voreltern
des Erblassers und deren Abkömmlinge.
Die Vorschriften des § 1928
Abs. 2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 1930. Ein Verwandter ist
nicht zur Erbfolge berufen, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung
vorhanden ist.
§ 1931. Der überlebende
Ehegatte des Erblassers ist neben Verwandten der ersten Ordnung zu einem
Viertheile, neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zur
Hälfte der Erbschaft als gesetzlicher Erbe berufen. Treffen mit Großeltern
Abkömmlinge von Großeltern zusammen, so erhält der Ehegatte auch von der
anderen Hälfte den Antheil, der nach § 1926 den Abkömmlingen zufallen würde.
Sind weder Verwandte der
ersten oder der zweiten Ordnung noch Großeltern vorhanden, so erhält der
überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
§ 1932. Ist der überlebende
Ehegatte neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern
gesetzlicher Erbe, so gebühren ihm außer dem Erbtheile die zum ehelichen
Haushalte gehörenden Gegenstände, soweit sie nicht Zubehör eines Grundstücks
sind, und die Hochzeitsgeschenke als Voraus. Auf den
Voraus finden die für Vermächtnisse geltenden Vorschriften Anwendung.
§ 1933. Das Erbrecht des
überlebenden Ehegatten sowie das Recht auf den Voraus
ist ausgeschlossen, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes auf Scheidung
wegen Verschuldens des Ehegatten zu klagen berechtigt war und die Klage auf
Scheidung oder auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft erhoben hatte.
§ 1934. Gehört der
überlebende Ehegatte zu den erbberechtigten Verwandten, so erbt er zugleich als
Verwandter. Der Erbtheil, der ihm auf Grund der Verwandtschaft zufällt, gilt
als besonderer Erbtheil.
§ 1935. Fällt ein
gesetzlicher Erbe vor oder nach dem Erbfalle weg und erhöht sich in Folge
dessen der Erbtheil eines anderen gesetzlichen Erben, so gilt der Theil, um
welchen sich der Erbtheil erhöht, in Ansehung der Vermächtnisse und Auflagen,
mit denen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe beschwert ist, sowie in
Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer Erbtheil.
§ 1936. Ist zur Zeit des
Erbfalls weder ein Verwandter noch ein Ehegatte des Erblassers vorhanden, so
ist der Fiskus des Bundesstaats, dem der Erblasser zur Zeit des Todes angehört
hat, gesetzlicher Erbe. Hat der Erblasser mehreren Bundesstaaten angehört, so
ist der Fiskus eines jeden dieser Staaten zu gleichem Antheile zur Erbfolge
berufen.
War der Erblasser ein
Deutscher, der keinem Bundesstaat angehörte, so ist der Reichsfiskus
gesetzlicher Erbe.
§ 1937. Der Erblasser kann
durch einseitige Verfügung von Todeswegen (Testament, letztwillige Verfügung)
den Erben bestimmen.
§ 1938. Der Erblasser kann
durch Testament einen Verwandten oder den Ehegatten von der gesetzlichen
Erbfolge ausschließen, ohne einen Erben einzusetzen.
§ 1939. Der Erblasser kann
durch Testament einem Anderen, ohne ihn als Erben einzusetzen, einen
Vermögensvortheil zuwenden (Vermächtniß).
§ 1940. Der Erblasser kann
durch Testament den Erben oder einen Vermächtnißnehmer zu einer Leistung
verpflichten, ohne einem Anderen ein Recht auf die Leistung zuzuwenden
(Auflage).
§ 1941. Der Erblasser kann
durch Vertrag einen Erben einsetzen sowie Vermächtnisse und Auflagen anordnen
(Erbvertrag).
Als Erbe (Vertragserbe)
oder als Vermächtnißnehmer kann sowohl der andere Vertragschließende als ein
Dritter bedacht werden.
Zweiter Abschnitt.
Rechtliche Stellung des
Erben.
Erster Titel.
Annahme und Ausschlagung
der Erbschaft. Fürsorge des Nachlaßgerichts.
§ 1942. Die Erbschaft geht
auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechtes über, sie auszuschlagen (Anfall
der Erbschaft).
Der Fiskus kann die ihm als
gesetzlichen Erben angefallene Erbschaft nicht ausschlagen.
§ 1943. Der Erbe kann die
Erbschaft nicht mehr ausschlagen, wenn er sie angenommen hat oder wenn die für
die Ausschlagung vorgeschriebene Frist verstrichen ist; mit dem Ablaufe der
Frist gilt die Erbschaft als angenommen.
§ 1944. Die Ausschlagung
kann nur binnen sechs Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grunde der Berufung
Kenntniß erlangt. Ist der Erbe durch Verfügung von Todeswegen berufen, so
beginnt die Frist nicht vor der Verkündung der Verfügung. Auf den Lauf der
Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206
entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs
Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat
oder wenn sich der Erbe bei dem Beginne der Frist im Ausland aufhält.
§ 1945. Die Ausschlagung
erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die Erklärung ist in
öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Ein Bevollmächtigter bedarf
einer öffentlich beglaubigten Vollmacht. Die Vollmacht muß der Erklärung
beigefügt oder innerhalb der Ausschlagungsfrist nachgebracht werden.
§ 1946. Der Erbe kann die
Erbschaft annehmen oder ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.
§ 1947. Die Annahme und die
Ausschlagung können nicht unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung
erfolgen.
§ 1948. Wer durch Verfügung
von Todeswegen als Erbe berufen ist, kann, wenn er ohne die Verfügung als
gesetzlicher Erbe berufen sein würde, die Erbschaft als eingesetzter Erbe
ausschlagen und als gesetzlicher Erbe annehmen.
Wer durch Testament und
durch Erbvertrag als Erbe berufen ist, kann die Erbschaft aus dem einen
Berufungsgrund annehmen und aus dem anderen ausschlagen.
§ 1949. Die Annahme gilt
als nicht erfolgt, wenn der Erbe über den Berufungsgrund im Irrthume war.
Die Ausschlagung erstreckt
sich im Zweifel auf alle Berufungsgründe, die dem Erben zur Zeit der Erklärung
bekannt sind.
§ 1950. Die Annahme und die
Ausschlagung können nicht auf einen Theil der Erbschaft beschränkt werden. Die
Annahme oder Ausschlagung eines Theiles ist unwirksam.
§ 1951. Wer zu mehreren
Erbtheilen berufen ist, kann, wenn die Berufung auf verschiedenen Gründen
beruht, den einen Erbtheil annehmen und den anderen ausschlagen.
Beruht die Berufung auf
demselben Grunde, so gilt die Annahme oder Ausschlagung des einen Erbtheils
auch für den anderen, selbst wenn der andere erst später anfällt. Die Berufung
beruht auf demselben Grunde auch dann, wenn sie in verschiedenen Testamenten
oder vertragsmäßig in verschiedenen zwischen denselben Personen geschlossenen
Erbverträgen angeordnet ist.
Setzt der Erblasser einen
Erben auf mehrere Erbtheile ein, so kann er ihm durch Verfügung von Todeswegen
gestatten, den einen Erbtheil anzunehmen und den anderen auszuschlagen.
§ 1952. Das Recht des
Erben, die Erbschaft auszuschlagen, ist vererblich.
Stirbt der Erbe vor dem
Ablaufe der Ausschlagungsfrist, so endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der
für die Erbschaft des Erben vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.
Von mehreren Erben des
Erben kann jeder den seinem Erbtheil entsprechenden Theil der Erbschaft
ausschlagen.
§ 1953. Wird die Erbschaft
ausgeschlagen, so gilt der Anfall an den Ausschlagenden als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt demjenigen
an, welcher berufen sein würde, wenn der Ausschlagende zur Zeit des Erbfalls
nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Erbfall erfolgt.
Das Nachlaßgericht soll die
Ausschlagung demjenigen mittheilen, welchem die Erbschaft in Folge der Ausschlagung
angefallen ist. Es hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu gestatten, der ein
rechtliches Interesse glaubhaft macht.
§ 1954. Ist die Annahme
oder die Ausschlagung anfechtbar, so kann die Anfechtung nur binnen sechs
Wochen erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle
der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage
aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der
Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt. Auf den Lauf
der Frist finden die für die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206,
207 entsprechende Anwendung.
Die Frist beträgt sechs
Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz nur im Auslande gehabt hat
oder wenn sich der Erbe bei dem Beginne der Frist im Ausland aufhält.
Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn seit der Annahme oder der Ausschlagung dreißig Jahre
verstrichen sind.
§ 1955. Die Anfechtung der
Annahme oder der Ausschlagung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Nachlaßgerichte. Für die Erklärung gelten die Vorschriften des § 1945.
§ 1956. Die Versäumung der
Ausschlagungsfrist kann in gleicher Weise wie die Annahme angefochten werden.
§ 1957. Die Anfechtung der
Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung gilt als
Annahme.
Das Nachlaßgericht soll die
Anfechtung der Ausschlagung demjenigen mittheilen, welchem die Erbschaft in
Folge der Ausschlagung angefallen war. Die Vorschrift des § 1953 Abs. 3 Satz 2
findet Anwendung.
§ 1958. Vor der Annahme der
Erbschaft kann ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß richtet, nicht gegen
den Erben gerichtlich geltend gemacht werden.
§ 1959. Besorgt der Erbe
vor der Ausschlagung erbschaftliche Geschäfte, so ist er demjenigen gegenüber,
welcher Erbe wird, wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag berechtigt und verpflichtet.
Verfügt der Erbe vor der
Ausschlagung über einen Nachlaßgegenstand, so wird die Wirksamkeit der
Verfügung durch die Ausschlagung nicht berührt, wenn die Verfügung nicht ohne
Nachtheil für den Nachlaß verschoben werden konnte.
Ein Rechtsgeschäft, das
gegenüber dem Erben als solchem vorgenommen werden muß, bleibt, wenn es vor der
Ausschlagung dem Ausschlagenden gegenüber vorgenommen wird, auch nach der
Ausschlagung wirksam.
§ 1960. Bis zur Annahme der
Erbschaft hat das Nachlaßgericht für die Sicherung des Nachlasses zu sorgen,
soweit ein Bedürfniß besteht. Das Gleiche gilt, wenn
der Erbe unbekannt oder wenn ungewiß ist, ob er die Erbschaft angenommen hat.
Das Nachlaßgericht kann
insbesondere die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld, Werthpapieren
und Kostbarkeiten sowie die Aufnahme eines Nachlaßverzeichnisses anordnen und
für denjenigen, welcher Erbe wird, einen Pfleger (Nachlaßpfleger) bestellen.
Die Vorschrift des § 1958
findet auf den Nachlaßpfleger keine Anwendung.
§ 1961. Das Nachlaßgericht
hat in den Fällen des § 1960 Abs. 1 einen Nachlaßpfleger zu bestellen, wenn die
Bestellung zum Zwecke der gerichtlichen Geltendmachung eines Anspruchs, der
sich gegen den Nachlaß richtet, von dem Berechtigten beantragt wird.
§ 1962. Für die Nachlaßpflegschaft
tritt an die Stelle des Vormundschaftsgerichts das Nachlaßgericht.
§ 1963. Ist zur Zeit des
Erbfalls die Geburt eines Erben zu erwarten, so kann die Mutter, falls sie
außer Stande ist, sich selbst zu unterhalten, bis zur Entbindung standesmäßigen
Unterhalt aus dem Nachlaß oder, wenn noch andere Personen als Erben berufen
sind, aus dem Erbtheile des Kindes verlangen. Bei der Bemessung des Erbtheils
ist anzunehmen, daß nur ein Kind geboren wird.
§ 1964. Wird der Erbe nicht
innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt, so hat das
Nachlaßgericht festzustellen, daß ein anderer Erbe als der Fiskus nicht
vorhanden ist.
Die Feststellung begründet
die Vermuthung, daß der Fiskus gesetzlicher Erbe sei.
§ 1965. Der Feststellung
hat eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der Erbrechte unter Bestimmung
einer Anmeldungsfrist vorauszugehen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer
der Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren
geltenden Vorschriften. Die Aufforderung darf unterbleiben, wenn die Kosten dem
Bestande des Nachlasses gegenüber unverhältnißmäßig groß sind.
Ein Erbrecht bleibt
unberücksichtigt, wenn nicht dem Nachlaßgerichte binnen drei Monaten nach dem
Ablaufe der Anmeldungsfrist nachgewiesen wird, daß das Erbrecht besteht oder
daß es gegen den Fiskus im Wege der Klage geltend gemacht ist. Ist eine
öffentliche Aufforderung nicht ergangen, so beginnt die dreimonatige Frist mit
der gerichtlichen Aufforderung, das Erbrecht oder die Erhebung der Klage
nachzuweisen.
§ 1966. Von dem Fiskus als
gesetzlichen Erben und gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben kann ein Recht
erst geltend gemacht werden, nachdem von dem Nachlaßgerichte festgestellt
worden ist, daß ein anderer Erbe nicht vorhanden ist.
Zweiter Titel.
Haftung des Erben für die
Nachlaßverbindlichkeiten.
I.
Nachlaßverbindlichkeiten.
§ 1967. Der Erbe haftet für
die Nachlaßverbindlichkeiten.
Zu den
Nachlaßverbindlichkeiten gehören außer den vom Erblasser herrührenden Schulden
die den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten, insbesondere die
Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen.
§ 1968. Der Erbe trägt die
Kosten der standesmäßigen Beerdigung des Erblassers.
§ 1969. Der Erbe ist
verpflichtet, Familienangehörigen des Erblassers, die zur Zeit des Todes des
Erblassers zu dessen Hausstande gehört und von ihm Unterhalt bezogen haben, in
den ersten dreißig Tagen nach dem Eintritte des Erbfalls in demselben Umfange,
wie der Erblasser es gethan hat, Unterhalt zu gewähren und die Benutzung der
Wohnung und der Haushaltsgegenstände zu gestatten. Der Erblasser kann durch
letztwillige Verfügung eine abweichende Anordnung treffen.
Die Vorschriften über
Vermächtnisse finden entsprechende Anwendung.
II. Aufgebot der
Nachlaßgläubiger.
§ 1970. Die
Nachlaßgläubiger können im Wege des Aufgebotsverfahrens zur Anmeldung ihrer
Forderungen aufgefordert werden.
§ 1971. Pfandgläubiger und
Gläubiger, die im Konkurse den Pfandgläubigern gleichstehen, sowie Gläubiger,
die bei der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen ein Recht auf
Befriedigung aus diesem Vermögen haben, werden, soweit es sich um die
Befriedigung aus den ihnen haftenden Gegenständen handelt, durch das Aufgebot
nicht betroffen. Das Gleiche gilt von Gläubigern, deren Ansprüche durch eine
Vormerkung gesichert sind oder denen im Konkurs ein Aussonderungsrecht zusteht,
in Ansehung des Gegenstandes ihres Rechtes.
§ 1972.
Pflichttheilsrechte, Vermächtnisse und Auflagen werden durch das Aufgebot nicht
betroffen, unbeschadet der Vorschrift des § 2060 Nr. 1.
§ 1973. Der Erbe kann die
Befriedigung eines im Aufgebotsverfahren ausgeschlossenen Nachlaßgläubigers
insoweit verweigern, als der Nachlaß durch die Befriedigung der nicht
ausgeschlossenen Gläubiger erschöpft wird. Der Erbe hat jedoch den
ausgeschlossenen Gläubiger vor den Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten,
Vermächtnissen und Auflagen zu befriedigen, es sei denn, daß der Gläubiger
seine Forderung erst nach der Berichtigung dieser Verbindlichkeiten geltend
macht.
Einen Ueberschuß hat der
Erbe zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der Zwangsvollstreckung
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
herauszugeben. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände
durch Zahlung des Werthes abwenden. Die rechtskräftige Verurtheilung des Erben
zur Befriedigung eines ausgeschlossenen Gläubigers wirkt einem anderen
Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
§ 1974. Ein
Nachlaßgläubiger, der seine Forderung später als fünf Jahre nach dem Erbfalle
dem Erben gegenüber geltend macht, steht einem ausgeschlossenen Gläubiger
gleich, es sei denn, daß die Forderung dem Erben vor dem Ablaufe der fünf Jahre
bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren angemeldet worden ist. Wird der
Erblasser für todt erklärt, so beginnt die Frist nicht vor der Erlassung des
die Todeserklärung aussprechenden Urtheils.
Die dem Erben nach § 1973
Abs. 1 Satz 2 obliegende Verpflichtung tritt im Verhältnisse von
Verbindlichkeiten aus Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen zu
einander nur insoweit ein, als der Gläubige im Falle des Nachlaßkonkurses im
Range vorgehen würde.
Soweit ein Gläubiger nach §
1971 von dem Aufgebote nicht betroffen wird, finden die Vorschriften des Abs. 1
auf ihn keine Anwendung.
III. Beschränkung der
Haftung des Erben.
§ 1975. Die Haftung des
Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten beschränkt sich auf den Nachlaß, wenn
eine Nachlaßpflegschaft zum Zwecke der Befriedigung der Nachlaßgläubiger
(Nachlaßverwaltung) angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet ist.
§ 1976. Ist die
Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so gelten die in
Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von
Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§ 1977. Hat ein
Nachlaßgläubiger vor der Anordnung der Nachlaßverwaltung oder vor der Eröffnung
des Nachlaßkonkurses seine Forderung gegen eine nicht zum Nachlasse gehörende
Forderung des Erben ohne dessen Zustimmung aufgerechnet, so ist nach der
Anordnung der Nachlaßverwaltung oder der Eröffnung des Nachlaßkonkurses die
Aufrechnung als nicht erfolgt anzusehen.
Das Gleiche gilt, wenn ein
Gläubiger, der nicht Nachlaßgläubiger ist, die ihm gegen den Erben zustehende
Forderung gegen eine zum Nachlasse gehörende Forderung aufgerechnet hat.
§ 1978. Ist die
Nachlaßverwaltung angeordnet oder der Nachlaßkonkurs eröffnet, so ist der Erbe
den Nachlaßgläubigern für die bisherige Verwaltung des Nachlasses so
verantwortlich, wie wenn er von der Annahme der Erbschaft an die Verwaltung für
sie als Beauftragter zu führen gehabt hätte. Auf die vor der Annahme der
Erbschaft von dem Erben besorgten erbschaftlichen Geschäfte finden die
Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag entsprechende Anwendung.
Die den Nachlaßgläubigern
nach Abs. 1 zustehenden Ansprüche gelten als zum Nachlasse gehörend.
Aufwendungen sind dem Erben
aus dem Nachlasse zu ersetzen, soweit er nach den Vorschriften über den Auftrag
oder über die Geschäftsführung ohne Auftrag Ersatz verlangen könnte.
§ 1979. Die Berichtigung
einer Nachlaßverbindlichkeit durch den Erben müssen die Nachlaßgläubiger als
für Rechnung des Nachlasses erfolgt gelten lassen, wenn der Erbe den Umständen
nach annehmen durfte, daß der Nachlaß zur Berichtigung aller Nachlaßverbindlichkeiten
ausreiche.
§ 1980. Beantragt der Erbe
nicht unverzüglich, nachdem er von der Ueberschuldung des Nachlasses Kenntniß
erlangt hat, die Eröffnung des Nachlaßkonkurses, so ist er den Gläubigern für
den daraus entstehenden Schaden verantwortlich. Bei der Bemessung der
Zulänglichkeit des Nachlasses bleiben die Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen
und Auflagen außer Betracht.
Der Kenntniß der
Ueberschuldung steht die auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntniß gleich. Als
Fahrlässigkeit gilt es insbesondere, wenn der Erbe das Aufgebot der
Nachlaßgläubiger nicht beantragt, obwohl er Grund hat, das Vorhandensein
unbekannter Nachlaßverbindlichkeiten anzunehmen; das Aufgebot ist nicht
erforderlich, wenn die Kosten des Verfahrens dem Bestande des Nachlasses
gegenüber unverhältnißmäßig groß sind.
§ 1981. Die
Nachlaßverwaltung ist von dem Nachlaßgericht anzuordnen, wenn der Erbe die
Anordnung beantragt.
Auf Antrag eines
Nachlaßgläubigers ist die Nachlaßverwaltung anzuordnen, wenn Grund zu der
Annahme besteht, daß die Befriedigung der Nachlaßgläubiger aus dem Nachlasse
durch das Verhalten oder die Vermögenslage des Erben gefährdet wird. Der Antrag
kann nicht mehr gestellt werden, wenn seit der Annahme der Erbschaft zwei Jahre
verstrichen sind.
Die Vorschriften des § 1785
finden keine Anwendung.
§ 1982. Die Anordnung der
Nachlaßverwaltung kann abgelehnt werden, wenn eine den Kosten entsprechende
Masse nicht vorhanden ist.
§ 1983. Das Nachlaßgericht
hat die Anordnung der Nachlaßverwaltung durch das für seine Bekanntmachungen
bestimmte Blatt zu veröffentlichen.
§ 1984. Mit der Anordnung
der Nachlaßverwaltung verliert der Erbe die Befugniß, den Nachlaß zu verwalten
und über ihn zu verfügen. Die Vorschriften der §§ 6, 7 der Konkursordnung
finden entsprechende Anwendung. Ein Anspruch, der sich gegen den Nachlaß
richtet, kann nur gegen den Nachlaßverwalter geltend gemacht werden.
Zwangsvollstreckungen und
Arreste in den Nachlaß zu Gunsten eines Gläubigers, der nicht Nachlaßgläubiger
ist, sind ausgeschlossen.
§ 1985. Der
Nachlaßverwalter hat den Nachlaß zu verwalten und die Nachlaßverbindlichkeiten
aus dem Nachlasse zu berichtigen.
Der Nachlaßverwalter ist
für die Verwaltung des Nachlasses auch den Nachlaßgläubigern verantwortlich.
Die Vorschriften des § 1978 Abs. 2 und der §§ 1979, 1980 finden entsprechende
Anwendung.
§ 1986. Der
Nachlaßverwalter darf den Nachlaß dem Erben erst ausantworten, wenn die
bekannten Nachlaßverbindlichkeiten berichtigt sind.
Ist die Berichtigung einer
Verbindlichkeit zur Zeit nicht ausführbar oder ist
eine Verbindlichkeit streitig, so darf die Ausantwortung des Nachlasses nur
erfolgen, wenn dem Gläubiger Sicherheit geleistet wird. Für eine bedingte
Forderung ist Sicherheitsleistung nicht erforderlich, wenn die Möglichkeit des
Eintritts der Bedingung eine so entfernte ist, daß die Forderung einen
gegenwärtigen Vermögenswerth nicht hat.
§ 1987. Der
Nachlaßverwalter kann für die Führung seines Amtes eine angemessene Vergütung
verlangen.
§ 1988. Die
Nachlaßverwaltung endigt mit der Eröffnung des Nachlaßkonkurses.
Die Nachlaßverwaltung kann
aufgehoben werden, wenn sich ergiebt, daß eine den Kosten entsprechende Masse
nicht vorhanden ist.
§ 1989. Ist der
Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt,
so finden auf die Haftung des Erben die Vorschriften des § 1973 entsprechende
Anwendung.
§ 1990. Ist die Anordnung
der Nachlaßverwaltung oder die Eröffnung des Nachlaßkonkurses wegen Mangels
einer den Kosten entsprechenden Masse nicht thunlich oder wird aus diesem
Grunde die Nachlaßverwaltung aufgehoben oder das Konkursverfahren eingestellt,
so kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlaßgläubigers insoweit verweigern,
als der Nachlaß nicht ausreicht. Der Erbe ist in diesem Falle verpflichtet, den
Nachlaß zum Zwecke der Befriedigung des Gläubigers im Wege der
Zwangsvollstreckung herauszugeben.
Das Recht des Erben wird
nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Gläubiger nach dem Eintritte des Erbfalls
im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung ein Pfandrecht oder eine
Hypothek oder im Wege der einstweiligen Verfügung eine Vormerkung erlangt hat.
§ 1991. Macht der Erbe von
dem ihm nach § 1990 zustehenden Rechte Gebrauch, so finden auf seine
Verantwortlichkeit und den Ersatz seiner Aufwendungen die Vorschriften der §§
1978, 1979 Anwendung.
Die in Folge des Erbfalls
durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung
erloschenen Rechtsverhältnisse gelten im Verhältnisse zwischen dem Gläubiger
und dem Erben als nicht erloschen.
Die rechtskräftige
Verurtheilung des Erben zur Befriedigung eines Gläubigers wirkt einem anderen
Gläubiger gegenüber wie die Befriedigung.
Die Verbindlichkeiten aus
Pflichttheilsrechten, Vermächtnissen und Auflagen hat der Erbe so zu
berichtigen, wie sie im Falle des Konkurses zur Berichtigung kommen würden.
§ 1992. Beruht die
Ueberschuldung des Nachlasses auf Vermächtnissen und Auflagen, so ist der Erbe,
auch wenn die Voraussetzungen des § 1990 nicht vorliegen, berechtigt, die
Berichtigung dieser Verbindlichkeiten nach den Vorschriften der §§ 1990, 1991
zu bewirken. Er kann die Herausgabe der noch vorhandenen Nachlaßgegenstände
durch Zahlung des Werthes abwenden.
IV. Inventarerrichtung.
Unbeschränkte Haftung des Erben.
§ 1993. Der Erbe ist
berechtigt, ein Verzeichniß des Nachlasses (Inventar) bei dem Nachlaßgericht
einzureichen (Inventarerrichtung).
§ 1994. Das Nachlaßgericht
hat dem Erben auf Antrag eines Nachlaßgläubigers zur Errichtung des Inventars
eine Frist (Inventarfrist) zu bestimmen. Nach dem Ablaufe der Frist haftet der
Erbe für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, wenn nicht vorher das
Inventar errichtet wird.
Der Antragsteller hat seine
Forderung glaubhaft zu machen. Auf die Wirksamkeit der Fristbestimmung ist es
ohne Einfluß, wenn die Forderung nicht besteht.
§ 1995. Die Inventarfrist
soll mindestens einen Monat, höchstens drei Monate betragen. Sie beginnt mit
der Zustellung des Beschlusses, durch den die Frist bestimmt wird.
Wird die Frist vor der
Annahme der Erbschaft bestimmt, so beginnt sie erst mit der Annahme der
Erbschaft.
Auf Antrag des Erben kann
das Nachlaßgericht die Frist nach seinem Ermessen verlängern.
§ 1996. Ist der Erbe durch
höhere Gewalt verhindert worden, das Inventar rechtzeitig zu errichten oder die
nach den Umständen gerechtfertigte Verlängerung der Inventarfrist zu
beantragen, so hat ihm auf seinen Antrag das Nachlaßgericht eine neue
Inventarfrist zu bestimmen. Das Gleiche gilt, wenn der Erbe von der Zustellung
des Beschlusses, durch den die Inventarfrist bestimmt worden ist, ohne sein Verschulden
Kenntniß nicht erlangt hat.
Der Antrag muß binnen zwei
Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses und spätestens vor dem Ablauf
eines Jahres nach dem Ende der zuerst bestimmten Frist gestellt werden.
Vor der Entscheidung soll
der Nachlaßgläubiger, auf dessen Antrag die erste Frist bestimmt worden ist,
wenn thunlich gehört werden.
§ 1997. Auf den Lauf der
Inventarfrist und der im § 1996 Abs. 2 bestimmten Frist von zwei Wochen finden
die für die Verjährung geltenden Vorschriften des § 203 Abs. 1 und des § 206
entsprechende Anwendung.
§ 1998. Stirbt der Erbe vor
dem Ablaufe der Inventarfrist oder der im § 1996 Abs. 2 bestimmten Frist von
zwei Wochen, so endigt die Frist nicht vor dem Ablaufe der für die Erbschaft
des Erben vorgeschriebenen Ausschlagungsfrist.
§ 1999. Steht der Erbe
unter elterlicher Gewalt oder unter Vormundschaft, so soll das Nachlaßgericht
dem Vormundschaftsgerichte von der Bestimmung der Inventarfrist Mittheilung
machen.
§ 2000. Die Bestimmung
einer Inventarfrist wird unwirksam, wenn eine Nachlaßverwaltung angeordnet oder
der Nachlaßkonkurs eröffnet wird. Während der Dauer der Nachlaßverwaltung oder
des Nachlaßkonkurses kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Ist der
Nachlaßkonkurs durch Vertheilung der Masse oder durch Zwangsvergleich beendigt,
so bedarf es zur Abwendung der unbeschränkten Haftung der Inventarerrichtung
nicht.
§ 2001. In dem Inventar
sollen die bei dem Eintritte des Erbfalls vorhandenen Nachlaßgegenstände und
die Nachlaßverbindlichkeiten vollständig angegeben werden.
Das Inventar soll außerdem
eine Beschreibung der Nachlaßgegenstände, soweit eine solche zur Bestimmung des
Werthes erforderlich ist, und die Angabe des Werthes enthalten.
§ 2002. Der Erbe muß zu der
Aufnahme des Inventars eine zuständige Behörde oder einen zuständigen Beamten
oder Notar zuziehen.
§ 2003. Auf Antrag des
Erben hat das Nachlaßgericht entweder das Inventar selbst aufzunehmen oder die
Aufnahme einer zuständigen Behörde oder einem zuständigen Beamten oder Notar zu
übertragen. Durch die Stellung des Antrags wird die Inventarfrist gewahrt.
Der Erbe ist verpflichtet,
die zur Aufnahme des Inventars erforderliche Auskunft zu ertheilen.
Das Inventar ist von der
Behörde, dem Beamten oder dem Notar bei dem Nachlaßgericht einzureichen.
§ 2004. Befindet sich bei
dem Nachlaßgerichte schon ein den Vorschriften der §§ 2002, 2003 entsprechendes
Inventar, so genügt es, wenn der Erbe vor dem Ablaufe der Inventarfrist dem
Nachlaßgerichte gegenüber erklärt, daß das Inventar als von ihm eingereicht
gelten soll.
§ 2005. Führt der Erbe
absichtlich eine erhebliche Unvollständigkeit der im Inventar enthaltenen
Angabe der Nachlaßgegenstände herbei oder bewirkt er in der Absicht, die
Nachlaßgläubiger zu benachtheiligen, die Aufnahme einer nicht bestehenden Nachlaßverbindlichkeit,
so haftet er für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt. Das Gleiche gilt,
wenn er im Falle des § 2003 die Ertheilung der Auskunft verweigert oder
absichtlich in erheblichem Maße verzögert.
Ist die Angabe der
Nachlaßgegenstände unvollständig, ohne daß ein Fall des Abs. 1 vorliegt, so
kann dem Erben zur Ergänzung eine neue Inventarfrist bestimmt werden.
§ 2006. Der Erbe hat auf
Verlangen eines Nachlaßgläubigers vor dem Nachlaßgerichte den Offenbarungseid
dahin zu leisten:
daß er nach bestem Wissen
die Nachlaßgegenstände so vollständig angegeben habe, als er dazu im Stande
sei.
Der Erbe kann vor der
Leistung des Eides das Inventar vervollständigen.
Verweigert der Erbe die
Leistung des Eides, so haftet er dem Gläubiger, der den Antrag gestellt hat,
unbeschränkt. Das Gleiche gilt, wenn er weder in dem Termine noch in einem auf
Antrag des Gläubigers bestimmten neuen Termin erscheint, es sei denn, daß ein
Grund vorliegt, durch den das Nichterscheinen in diesem Termine genügend
entschuldigt wird.
Eine wiederholte Leistung
des Eides kann derselbe Gläubiger oder ein anderer Gläubiger nur verlangen,
wenn Grund zu der Annahme besteht, daß dem Erben nach der Eidesleistung weitere
Nachlaßgegenstände bekannt geworden sind.
§ 2007. Ist ein Erbe zu
mehreren Erbtheilen berufen, so bestimmt sich seine Haftung für die
Nachlaßverbindlichkeiten in Ansehung eines jeden der Erbtheile so, wie wenn die
Erbtheile verschiedenen Erben gehörten. In den Fällen der Anwachsung und des §
1935 gilt dies nur dann, wenn die Erbtheile verschieden beschwert sind.
§ 2008. Ist eine Ehefrau
die Erbin und gehört die Erbschaft zum eingebrachten Gute oder zum Gesammtgute,
so ist die Bestimmung der Inventarfrist nur wirksam, wenn sie auch dem Manne
gegenüber erfolgt. Solange nicht die Frist dem Manne gegenüber verstrichen ist,
endigt sie auch nicht der Frau gegenüber. Die Errichtung des Inventars durch
den Mann kommt der Frau zu Statten.
Gehört die Erbschaft zum
Gesammtgute, so gelten diese Vorschriften auch nach der Beendigung der Gütergemeinschaft.
§ 2009. Ist das Inventar
rechtzeitig errichtet worden, so wird im Verhältnisse zwischen dem Erben und
den Nachlaßgläubigern vermuthet, daß zur Zeit des Erbfalls weitere
Nachlaßgegenstände als die angegebenen nicht vorhandenen gewesen seien.
§ 2010. Das Nachlaßgericht
hat die Einsicht des Inventars Jedem zu gestatten, der ein rechtliches
Interesse glaubhaft macht.
§ 2011. Dem Fiskus als
gesetzlichen Erben kann eine Inventarfrist nicht bestimmt werden. Der Fiskus
ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über den Bestand des
Nachlasses Auskunft zu ertheilen.
§ 2012. Einem nach den §§
1960, 1961 bestellten Nachlaßpfleger kann eine Inventarfrist nicht bestimmt
werden. Der Nachlaßpfleger ist den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, über
den Bestand des Nachlasses Auskunft zu vertheilen. Der Nachlaßpfleger kann
nicht auf die Beschränkung der Haftung des Erben verzichten.
Diese Vorschriften gelten
auch für den Nachlaßverwalter.
§ 2013. Haftet der Erbe für
die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt, so finden die Vorschriften der §§
1973 bis 1975, 1977 bis 1980, 1989 bis 1992 keine Anwendung; der Erbe ist nicht
berechtigt, die Anordnung einer Nachlaßverwaltung zu beantragen. Auf eine nach
§ 1973 oder nach § 1974 eingetretene Beschränkung der Haftung kann sich der
Erbe jedoch berufen, wenn später der Fall des § 1994 Abs. 1 Satz 2 oder des §
2005 Abs. 1 eintritt.
Die Vorschriften der §§
1977 bis 1980 und das Recht des Erben, die Anordnung einer Nachlaßverwaltung zu
beantragen, werden nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Erbe einzelnen
Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
V. Aufschiebende Einreden.
§ 2014. Der Erbe ist
berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zum Ablaufe der
ersten drei Monate nach der Annahme der Erbschaft, jedoch nicht über die
Errichtung des Inventars hinaus, zu verweigern.
§ 2015. Hat der Erbe den
Antrag auf Erlassung des Aufgebots der Nachlaßgläubiger innerhalb eines Jahres
nach der Annahme der Erbschaft gestellt und ist der Antrag zugelassen, so ist
der Erbe berechtigt, die Berichtigung einer Nachlaßverbindlichkeit bis zur
Beendigung des Aufgebotsverfahrens zu verweigern.
Der Beendigung des
Aufgebotsverfahrens steht es gleich, wenn der Erbe in dem Aufgebotstermine
nicht erschienen ist und nicht binnen zwei Wochen die Bestimmung eines neuen
Termins beantragt oder wenn er auch in dem neuen Termine
nicht erscheint.
Wird das Ausschlußurtheil
erlassen oder der Antrag auf Erlassung des Urtheils zurückgewiesen, so ist das
Verfahren nicht vor dem Ablauf einer mit der Verkündung der Entscheidung beginnenden Frist von zwei Wochen und nicht vor der
Erledigung einer rechtzeitig eingelegten Beschwerde als beendigt anzusehen.
§ 2016. Die Vorschriften
der §§ 2014, 2015 finden keine Anwendung, wenn der Erbe unbeschränkt haftet.
Das Gleiche gilt, soweit
ein Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebote der Nachlaßgläubiger nicht
betroffen wird, mit der Maßgabe, daß ein erst nach dem Eintritte des Erbfalls
im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung erlangtes Recht
sowie eine erst nach diesem Zeitpunkt im Wege der einstweiligen Verfügung
erlangte Vormerkung außer Betracht bleibt.
§ 2017. Wird vor der
Annahme der Erbschaft zur Verwaltung des Nachlasses ein Nachlaßpfleger
bestellt, so beginnen die im § 2014 und im § 2015 Abs. 1 bestimmten Fristen mit
der Bestellung.
Dritter Titel.
Erbschaftsanspruch.
§ 2018. Der Erbe kann von
Jedem, der auf Grund eines ihm in Wirklichkeit nicht zustehenden Erbrechts
etwas aus der Erbschaft erlangt hat (Erbschaftsbesitzer), die Herausgabe des
Erlangten verlangen.
§ 2019. Als aus der
Erbschaft erlangt gilt auch, was der Erbschaftsbesitzer durch Rechtsgeschäft
mit Mitteln der Erbschaft erwirbt.
Die Zugehörigkeit einer in
solcher Weise erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner erst dann
gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß erlangt;
die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
§ 2020. Der
Erbschaftsbesitzer hat dem Erben die gezogenen Nutzungen herauszugeben; die Verpflichtung
zur Herausgabe erstreckt sich auch auf Früchte, an denen er das Eigenthum
erworben hat.
§ 2021. Soweit der
Erbschaftsbesitzer zur Herausgabe außer Stande ist, bestimmt sich seine
Verpflichtung nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten
Bereicherung.
§ 2022. Der
Erbschaftsbesitzer ist zur Herausgabe der zur Erbschaft gehörenden Sache nur
gegen Ersatz aller Verwendungen verpflichtet, soweit nicht die Verwendungen
durch Anrechnung auf die nach § 2021 herauszugebende Bereicherung gedeckt
werden. Die für den Eigenthumsanspruch geltenden Vorschriften der §§ 1000 bis
1003 finden Anwendung.
Zu den Verwendungen gehören
auch die Aufwendungen, die der Erbschaftsbesitzer zur Bestreitung von Lasten
der Erbschaft oder zur Berichtigung von Nachlaßverbindlichkeiten macht.
Soweit der Erbe für
Aufwendungen, die nicht auf einzelne Sachen gemacht worden sind, insbesondere
für die im Abs. 2 bezeichneten Aufwendungen, nach den allgemeinen Vorschriften
in weiterem Umfang Ersatz zu leisten hat, bleibt der Anspruch des
Erbschaftsbesitzers unberührt.
§ 2023. Hat der
Erbschaftsbesitzer zur Erbschaft gehörende Sachen herauszugeben, so bestimmt
sich von dem Eintritte der Rechtshängigkeit an der Anspruch des Erben auf
Schadensersatz wegen Verschlechterung, Unterganges der einer aus einem anderen
Grunde eintretenden Unmöglichkeit der Herausgabe nach den Vorschriften, die für
das Verhältniß zwischen dem Eigenthümer und dem Besitzer von dem Eintritte der
Rechtshängigkeit des Eigenthumsanspruchs an gelten.
Das Gleiche gilt von dem
Anspruche des Erben auf Herausgabe oder Vergütung von Nutzungen und von dem
Anspruche des Erbschaftsbesitzers auf Ersatz von Verwendungen.
§ 2024. Ist der
Erbschaftsbesitzer bei dem Beginne des Erbschaftsbesitzes nicht in gutem Glauben,
so haftet er so, wie wenn der Anspruch des Erben zu dieser Zeit rechtshängig
geworden wäre. Erfährt der Erbschaftsbesitzer später, daß er nicht Erbe ist, so
haftet er in gleicher Weise von der Erlangung der Kenntniß an. Eine
weitergehende Haftung wegen Verzugs bleibt unberührt.
§ 2025. Hat der
Erbschaftsbesitzer einen Erbschaftsgegenstand durch eine strafbare Handlung
oder eine zur Erbschaft gehörende Sache durch verbotene Eigenmacht erlangt, so
haftet er nach den Vorschriften über den Schadensersatz wegen unerlaubter
Handlungen. Ein gutgläubiger Erbschaftsbesitzer haftet jedoch wegen verbotener
Eigenmacht nach diesen Vorschriften nur, wenn der Erbe den Besitz der Sache
bereits thatsächlich ergriffen hatte.
§ 2026. Der
Erbschaftsbesitzer kann sich dem Erben gegenüber, solange nicht der
Erbschaftsanspruch verjährt ist, nicht auf die Ersitzung einer Sache berufen,
die er als zur Erbschaft gehörend im Besitze hat.
§ 2027. Der
Erbschaftsbesitzer ist verpflichtet, dem Erben über den Bestand der Erbschaft
und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft zu ertheilen.
Die gleiche Verpflichtung
hat, wer, ohne Erbschaftsbesitzer zu sein, eine Sache aus dem Nachlaß in Besitz
nimmt, bevor der Erbe den Besitz thatsächlich ergriffen hat.
§ 2028. Wer sich zur Zeit
des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist
verpflichtet, dem Erben auf Verlangen Auskunft darüber zu ertheilen, welche
erbschaftliche Geschäfte er geführt hat und was ihm über den Verbleib der
Erbschaftsgegenstände bekannt ist.
Besteht Grund zu der
Annahme, daß die Auskunft nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ertheilt worden
ist, so hat der Verpflichtete auf Verlangen des Erben den Offenbarungseid dahin
zu leisten:
daß er seine Angaben nach
bestem Wissen so vollständig gemacht habe, als er dazu im Stande sei.
Die Vorschriften des § 259
Abs. 3 und des § 261 finden Anwendung.
§ 2029. Die Haftung des
Erbschaftsbesitzers bestimmt sich auch gegenüber den Ansprüchen, die dem Erben
in Ansehung der einzelnen Erbschaftsgegenstände zustehen, nach den Vorschriften
über den Erbschaftsanspruch.
§ 2030. Wer die Erbschaft
durch Vertrag von einem Erbschaftsbesitzer erwirbt, steht im Verhältnisse zu
dem Erben einem Erbschaftsbesitzer gleich.
§ 2031. Ueberlebt eine für
todt erklärte Person den Zeitpunkt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt, so kann
sie die Herausgabe ihres Vermögens nach den für den Erbschaftsanspruch
geltenden Vorschriften verlangen. Solange der für todt Erklärte noch lebt, wird
die Verjährung seines Anspruchs nicht vor dem Ablauf eines Jahres nach dem
Zeitpunkte vollendet, in welchem er von der Todeserklärung Kenntniß erlangt.
Das Gleiche gilt, wenn der
Tod einer Person ohne Todeserklärung mit Unrecht angenommen worden ist.
Vierter Titel.
Mehrheit von Erben.
I. Rechtsverhältniß der
Erben unter einander.
§ 2032. Hinterläßt der
Erblasser mehrere Erben, so wird der Nachlaß gemeinschaftliches Vermögen der
Erben.
Bis zur Auseinandersetzung
gelten die Vorschriften der §§ 2033 bis 2041.
§ 2033. Jeder Miterbe kann
über seinen Antheil an dem Nachlasse verfügen. Der Vertrag, durch den ein
Miterbe über seinen Antheil verfügt, bedarf der gerichtlichen oder notariellen
Beurkundung.
Ueber seinen Antheil an den
einzelnen Nachlaßgegenständen kann ein Miterbe nicht verfügen.
§ 2034. Verkauft ein
Miterbe seinen Antheil an einen Dritten, so sind die übrigen Miterben zum
Vorkaufe berechtigt.
Die Frist für die Ausübung
des Vorkaufsrechts beträgt zwei Monate. Das Vorkaufsrecht ist vererblich.
§ 2035. Ist der verkaufte
Antheil auf den Käufer übertragen, so können die Miterben das ihnen nach § 2034
dem Verkäufer gegenüber zustehende Vorkaufsrecht dem Käufer gegenüber ausüben.
Dem Verkäufer gegenüber erlischt das Vorkaufsrecht mit der Uebertragung des
Antheils.
Der Verkäufer hat die
Miterben von der Uebertragung unverzüglich zu benachrichtigen.
§ 2036. Mit der
Uebertragung des Antheils auf die Miterben wird der Käufer von der Haftung für
die Nachlaßverbindlichkeiten frei. Seine Haftung bleibt jedoch bestehen, soweit
er den Nachlaßgläubigern nach den §§ 1978 bis 1980 verantwortlich ist; die
Vorschriften der §§ 1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§ 2037. Ueberträgt der
Käufer den Antheil auf einen Anderen, so finden die Vorschriften der §§ 2033,
2035, 2036 entsprechende Anwendung.
§ 2038. Die Verwaltung des
Nachlasses steht den Erben gemeinschaftlich zu. Jeder Miterbe ist den anderen
gegenüber verpflichtet, zu Maßregeln mitzuwirken, die zur ordnungsmäßigen
Verwaltung erforderlich sind; die zur Erhaltung nothwendigen Maßregeln kann
jeder Miterbe ohne Mitwirkung der anderen treffen.
Die Vorschriften der §§
743, 745, 746, 748 finden Anwendung. Die Theilung der Früchte erfolgt erst bei
der Auseinandersetzung. Ist die Auseinandersetzung auf längere Zeit als ein
Jahr ausgeschlossen, so kann jeder Miterbe am Schlusse jedes Jahres die
Theilung des Reinertrags verlangen.
§ 2039. Gehört ein Anspruch
zum Nachlasse, so kann der Verpflichtete nur an alle Erben gemeinschaftlich
leisten und jeder Miterbe nur die Leistung an alle Erben fordern. Jeder Miterbe
kann verlangen, daß der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben
hinterlegt oder, wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an einen
gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abliefert.
§ 2040. Die Erben können
über einen Nachlaßgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen.
Gegen eine zum Nachlasse
gehörende Forderung kann der Schuldner nicht eine ihm gegen einen einzelnen
Miterben zustehende Forderung aufrechnen.
§ 2041. Was auf Grund eines
zum Nachlasse gehörenden Rechtes oder als Ersatz für die Zerstörung,
Beschädigung oder Entziehung eines Nachlaßgegenstandes oder durch ein
Rechtsgeschäft erworben wird, das sich auf den Nachlaß bezieht, gehört zum
Nachlasse. Auf eine durch ein solches Rechtsgeschäft erworbene Forderung findet
die Vorschrift des § 2019 Abs. 2 Anwendung.
§ 2042. Jeder Miterbe kann
jederzeit die Auseinandersetzung verlangen, soweit sich nicht aus den §§ 2043
bis 2045 ein Anderes ergiebt.
Die Vorschriften des § 749
Abs. 2, 3 und der §§ 750 bis 758 finden Anwendung.
§ 2043. Soweit die
Erbtheile wegen der zu erwartenden Geburt eines Miterben noch unbestimmt sind,
ist die Auseinandersetzung bis zur Hebung der Unbestimmtheit ausgeschlossen.
Das Gleiche gilt, soweit
die Erbtheile deshalb noch unbestimmt sind, weil die Entscheidung über eine
Ehelichkeitserklärung, über die Bestätigung einer Annahme an Kindesstatt oder
über die Genehmigung einer vom Erblasser errichteten Stiftung noch aussteht.
§ 2044. Der Erblasser kann
durch letztwillige Verfügung die Auseinandersetzung in Ansehung des Nachlasses
oder einzelner Nachlaßgegenstände ausschließen oder von der Einhaltung einer
Kündigungsfrist abhängig machen. Die Vorschriften des § 749 Abs. 2, 3, der §§
750, 751 und des § 1010 Abs. 1 finden entsprechende Anwendung.
Die Verfügung wird
unwirksam, wenn dreißig Jahre seit dem Eintritte des Erbfalls verstrichen sind.
Der Erblasser kann jedoch anordnen, daß die Verfügung bis zum Eintritt eines
bestimmten Ereignisses in der Person eines Miterben oder, falls er eine
Nacherbfolge oder ein Vermächtniß anordnet, bis zum Eintritte der Nacherbfolge
oder bis zum Anfalle des Vermächtnisses gelten soll. Ist der Miterbe, in dessen
Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei
der dreißigjährigen Frist.
§ 2045. Jeder Miterbe kann
verlangen, daß die Auseinandersetzung bis zur Beendigung des nach § 1970
zulässigen Aufgebotsverfahrens oder bis zum Ablaufe der im § 2061 bestimmten
Anmeldungsfrist aufgeschoben wird. Ist das Aufgebot noch nicht beantragt oder
die öffentliche Aufforderung nach § 2061 noch nicht erlassen, so kann der
Aufschub nur verlangt werden, wenn unverzüglich der Antrag gestellt oder die
Aufforderung erlassen wird.
§ 2046. Aus dem Nachlasse
sind zunächst die Nachlaßverbindlichkeiten zu berichtigen. Ist eine
Nachlaßverbindlichkeit noch nicht fällig oder ist sie streitig, so ist das zur
Berichtigung Erforderliche zurückzubehalten.
Fällt eine
Nachlaßverbindlichkeit nur einigen Miterben zur Last, so können diese die
Berichtigung nur aus dem verlangen, was ihnen bei der Auseinandersetzung
zukommt.
Zur Berichtigung ist der
Nachlaß, soweit erforderlich, in Geld umzusetzen.
§ 2047. Der nach der
Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten verbleibende Ueberschuß gebührt den
Erben nach dem Verhältnisse der Erbtheile.
Schriftstücke, die sich auf
die persönlichen Verhältnisse des Erblassers, auf dessen Familie oder auf den
ganzen Nachlaß beziehen, bleiben gemeinschaftlich.
§ 2048. Der Erblasser kann
durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Auseinandersetzung treffen. Er
kann insbesondere anordnen, daß die Auseinandersetzung nach dem billigen
Ermessen eines Dritten erfolgen soll. Die von dem Dritten auf Grund der
Anordnung getroffene Bestimmung ist für die Erben nicht verbindlich, wenn sie
offenbar unbillig ist; die Bestimmung erfolgt in diesem Falle durch Urtheil.
§ 2049. Hat der Erblasser
angeordnet, daß einer der Miterben das Recht haben soll, ein zum Nachlasse
gehörendes Landgut zu übernehmen, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das Landgut
zu dem Ertragswerth angesetzt werden soll.
Der Ertragswerth bestimmt
sich nach dem Reinertrage, den das Landgut nach seiner bisherigen
wirthschaftlichen Bestimmung bei ordnungsmäßiger Bewirthschaftung nachhaltig
gewähren kann.
§ 2050. Abkömmlinge, die
als gesetzliche Erben zur Erbfolge gelangen, sind verpflichtet, dasjenige, was
sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei
der Auseinandersetzung unter einander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht
der Erblasser bei der Zuwendung ein Anderes angeordnet hat.
Zuschüsse, die zu dem
Zwecke gegeben worden sind, als Einkünfte verwendet zu werden, sowie
Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Berufe sind insoweit zur Ausgleichung
zu bringen, als sie das den Vermögensverhältnissen des Erblassers entsprechende
Maß überstiegen haben.
Andere Zuwendungen unter
Lebenden sind zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung
die Ausgleichung angeordnet hat.
§ 2051. Fällt ein
Abkömmling, der als Erbe zur Ausgleichung verpflichtet sein würde, vor oder
nach dem Erbfalle weg, so ist wegen der ihm gemachten Zuwendungen der an seine
Stelle tretende Abkömmling zur Ausgleichung verpflichtet.
Hat der Erblasser für den
wegfallenden Abkömmling einen Ersatzerben eingesetzt, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß dieser nicht mehr erhalten soll, als der Abkömmling unter
Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht erhalten würde.
§ 2052. Hat der Erblasser
die Abkömmlinge auf dasjenige als Erben eingesetzt, was sie als gesetzliche
Erben erhalten würden, oder hat er ihre Erbtheile so bestimmt, daß sie zu
einander in demselben Verhältnisse stehen wie die gesetzlichen Erbtheile, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß die Abkömmlinge nach den §§ 2050, 2051 zur
Ausgleichung verpflichtet sein sollen.
§ 2053. Eine Zuwendung, die
ein entfernterer Abkömmling vor dem Wegfalle des ihn von der Erbfolge
ausschließenden näheren Abkömmlinges oder ein an die Stelle eines Abkömmlinges
als Ersatzerbe tretender Abkömmling von dem Erblasser erhalten hat, ist nicht
zur Ausgleichung zu bringen, es sei denn, daß der Erblasser bei der Zuwendung
die Ausgleichung angeordnet hat.
Das Gleiche gilt, wenn ein
Abkömmling, bevor er die rechtliche Stellung eines solchen erlangt hatte, eine
Zuwendung von dem Erblasser erhalten hat.
§ 2054. Eine Zuwendung, die
aus dem Gesammtgute der allgemeinen Gütergemeinschaft, der
Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erfolgt, gilt als von
jedem der Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung gilt jedoch, wenn sie an
einen Abkömmling erfolgt, der nur von einem der Ehegatten abstammt, oder wenn
einer der Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem Gesammtgut Ersatz zu leisten
hat, als von diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften finden
auf eine Zuwendung aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft
entsprechende Anwendung.
§ 2055. Bei der
Auseinandersetzung wird jedem Miterben der Werth der Zuwendung, die er zur
Ausgleichung zu bringen hat, auf seinen Erbtheil angerechnet. Der Werth der
sämmtlichen Zuwendungen, die zur Ausgleichung zu bringen sind, wird dem
Nachlasse hinzugerechnet, soweit dieser den Miterben zukommt, unter denen die
Ausgleichung stattfindet.
Der Werth bestimmt sich
nach der Zeit, zu der die Zuwendung erfolgt ist.
§ 2056. Hat ein Miterbe
durch die Zuwendung mehr erhalten, als ihm bei der Auseinandersetzung zukommen
würde, so ist er zur Herauszahlung des Mehrbetrags nicht verpflichtet. Der
Nachlaß wird in einem solchen Falle unter die übrigen Erben in der Weise
getheilt, daß der Werth der Zuwendung und der Erbtheil
des Miterben außer Ansatz bleiben.
§ 2057. Jeder Miterbe ist
verpflichtet, den übrigen Erben auf Verlangen Auskunft über die Zuwendungen zu
ertheilen, die er nach den §§ 2050 bis 2053 zur Ausgleichung zu bringen hat.
Die Vorschriften der §§ 260, 261 über die Verpflichtung zur Leistung des
Offenbarungseids finden entsprechende Anwendung.
II. Rechtsverhältniß
zwischen den Erben und den Nachlaßgläubigern.
§ 2058. Die Erben haften
für die gemeinschaftlichen Nachlaßverbindlichkeiten als Gesammtschuldner.
§ 2059. Bis zur Theilung
des Nachlasses kann jeder Miterbe die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten
aus dem Vermögen, das er außer seinem Antheil an dem Nachlasse hat, verweigern.
Haftet er für eine Nachlaßverbindlichkeit unbeschränkt, so steht ihm dieses
Recht in Ansehung des seinem Erbtheil entsprechenden Theiles der
Verbindlichkeit nicht zu.
Das Recht der
Nachlaßgläubiger, die Befriedigung aus dem ungetheilten Nachlasse von
sämmtlichen Miterben zu verlangen, bleibt unberührt.
§ 2060. Nach der Theilung
des Nachlasses haftet jeder Miterbe nur für den seinem Erbtheil entsprechenden
Theil einer Nachlaßverbindlichkeit:
1. wenn
der Gläubiger im Aufgebotsverfahren ausgeschlossen ist; das Aufgebot erstreckt
sich insoweit auch auf die im § 1972 bezeichneten Gläubiger sowie auf die
Gläubiger, denen der Miterbe unbeschränkt haftet;
2. wenn
der Gläubiger seine Forderung später als fünf Jahre nach dem im § 1974 Abs. 1
bestimmten Zeitpunkte geltend macht, es sei denn, daß die Forderung vor dem
Ablaufe der fünf Jahre dem Miterben bekannt geworden oder im Aufgebotsverfahren
angemeldet worden ist; die Vorschrift findet keine Anwendung, soweit der
Gläubiger nach § 1971 von dem Aufgebote nicht betroffen wird;
3. wenn
der Nachlaßkonkurs eröffnet und durch Vertheilung der Masse oder durch
Zwangsvergleich beendigt worden ist.
§ 2061. Jeder Miterbe kann
die Nachlaßgläubiger öffentlich auffordern, ihre Forderungen binnen sechs
Monaten bei ihm oder bei dem Nachlaßgericht anzumelden. Ist die Aufforderung
erfolgt, so haftet nach der Theilung jeder Miterbe nur für den seinem Erbtheil
entsprechenden Theil einer Forderung, soweit nicht vor dem Ablaufe der Frist
die Anmeldung erfolgt oder die Forderung ihm zur Zeit der Theilung bekannt ist.
Die Aufforderung ist durch
den Deutschen Reichsanzeiger durch das für die Bekanntmachungen des Nachlaßgerichts
bestimmte Blatt zu veröffentlichen. Die Frist beginnt mit der letzten
Einrückung. Die Kosten fallen dem Erben zur Last, der die Aufforderung erläßt.
§ 2062. Die Anordnung einer
Nachlaßverwaltung kann von den Erben nur gemeinschaftlich beantragt werden; sie
ist ausgeschlossen, wenn der Nachlaß getheilt ist.
§ 2063. Die Errichtung des
Inventars durch einen Miterben kommt auch den übrigen Erben zu Statten, soweit
nicht ihre Haftung für die Nachlaßverbindlichkeiten unbeschränkt ist.
Ein Miterbe kann sich den
übrigen Erben gegenüber auf die Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen,
wenn er den anderen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
Dritter Abschnitt.
Testament.
Erster Titel.
Allgemeine Vorschriften.
§ 2064. Der Erblasser kann
ein Testament nur persönlich errichten.
§ 2065. Der Erblasser kann
eine letztwillige Verfügung nicht in der Weise treffen, daß ein Anderer zu
bestimmen hat, ob sie gelten oder nicht gelten soll.
Der Erblasser kann die
Bestimmung der Person, die eine Zuwendung erhalten soll, sowie die Bestimmung
des Gegenstandes der Zuwendung nicht einem Anderen überlassen.
§ 2066. Hat der Erblasser
seine gesetzlichen Erben ohne nähere Bestimmung bedacht, so sind diejenigen,
welche zur Zeit des Erbfalls seine gesetzlichen Erben sein würden, nach dem
Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile bedacht. Ist die Zuwendung unter einer
aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht und
tritt die Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall ein, so sind im
Zweifel diejenigen als bedacht anzusehen, welche die gesetzlichen Erben sein
würden, wenn der Erblasser zur Zeit des Eintritts der Bedingung oder des
Termins gestorben wäre.
§ 2067. Hat der Erblasser
seine Verwandten oder seine nächsten Verwandten ohne nähere Bestimmung bedacht,
so sind im Zweifel diejenigen Verwandten, welche zur Zeit des Erbfalls seine
gesetzlichen Erben sein würden, als nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen
Erbtheile bedacht anzusehen. Die Vorschrift des § 2066 Satz 2 findet Anwendung.
§ 2068. Hat der Erblasser
seine Kinder ohne nähere Bestimmung bedacht und ist ein Kind vor der Errichtung
des Testaments mit Hinterlassung von Abkömmlingen gestorben, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß die Abkömmlinge insoweit bedacht sind, als sie bei der
gesetzlichen Erbfolge an die Stelle des Kindes treten würden.
§ 2069. Hat der Erblasser
einen seiner Abkömmlinge bedacht und fällt dieser nach der Errichtung des
Testaments weg, so ist im Zweifel anzunehmen, daß dessen Abkömmlinge insoweit
bedacht sind, als sie bei der gesetzlichen Erbfolge an dessen Stelle treten
würden.
§ 2070. Hat der Erblasser
die Abkömmlinge eines Dritten ohne nähere Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß diejenigen Abkömmlinge nicht bedacht sind, welche zur Zeit des
Erbfalls oder, wenn die Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung oder
unter Bestimmung eines Anfangstermins gemacht ist und die Bedingung oder der
Termin erst nach dem Erbfall eintritt, zur Zeit des Eintritts der Bedingung
oder des Termins noch nicht erzeugt sind.
§ 2071. Hat der Erblasser
ohne nähere Bestimmung eine Klasse von Personen oder Personen bedacht, die zu
ihm in einem Dienst- oder Geschäftsverhältnisse stehen, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß diejenigen bedacht sind, welche zur Zeit des Erbfalls der
bezeichneten Klasse angehören oder in dem bezeichneten Verhältnisse stehen.
§ 2072. Hat der Erblasser
die Armen ohne nähere Bestimmung bedacht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die
öffentliche Armenkasse der Gemeinde, in deren Bezirk er seinen letzten Wohnsitz
gehabt hat, unter der Auflage bedacht ist, das Zugewendete unter Arme zu
vertheilen.
§ 2073. Hat der Erblasser
den Bedachten in einer Weise bezeichnet, die auf mehrere Personen paßt, und
läßt sich nicht ermitteln, wer von ihnen bedacht werden sollte, so gelten sie
als zu gleichen Theilen bedacht.
§ 2074. Hat der Erblasser
eine letztwillige Zuwendung unter einer aufschiebenden Bedingung gemacht, so
ist im Zweifel anzunehmen, daß die Zuwendung nur gelten soll, wenn der Bedachte
den Eintritt der Bedingung erlebt.
§ 2075. Hat der Erblasser
eine letztwillige Zuwendung unter der Bedingung gemacht, daß der Bedachte
während eines Zeitraums von unbestimmter Dauer etwas unterläßt oder fortgesetzt
thut, so ist, wenn das Unterlassen oder das Thun lediglich in der Willkür des
Bedachten liegt, im Zweifel anzunehmen, daß die Zuwendung von der auflösenden
Bedingung abhängig sein soll, daß der Bedachte die Handlung vornimmt oder das
Thun unterläßt.
§ 2076. Bezweckt die
Bedingung, unter der eine letztwillige Zuwendung gemacht ist, den Vortheil
eines Dritten, so gilt sie im Zweifel als eingetreten, wenn der Dritte die zum
Eintritte der Bedingung erforderliche Mitwirkung verweigert.
§ 2077. Eine letztwillige
Verfügung, durch die der Erblasser seinen Ehegatten bedacht hat, ist unwirksam,
wenn die Ehe nichtig oder wenn sie vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden
ist. Der Auflösung der Ehe steht es gleich, wenn der Erblasser zur Zeit seines
Todes auf Scheidung wegen Verschuldens des Ehegatten zu klagen berechtigt war
und die Klage auf Scheidung oder auf Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft
erhoben hatte.
Eine letztwillige
Verfügung, durch die der Erblasser seinen Verlobten bedacht hat, ist unwirksam,
wenn das Verlöbniß vor dem Tode des Erblassers aufgelöst worden ist.
Die Verfügung ist nicht
unwirksam, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser sie auch für einen solchen
Fall getroffen haben würde.
§ 2078. Eine letztwillige
Verfügung kann angefochten werden, soweit der Erblasser über den Inhalt seiner
Erklärung im Irrthume war oder eine Erklärung dieses Inhalts überhaupt nicht
abgeben wollte und anzunehmen ist, daß er die Erklärung bei Kenntniß der
Sachlage nicht abgegeben haben würde.
Das Gleiche gilt, soweit
der Erblasser zu der Verfügung durch die irrige Annahme oder Erwartung des
Eintritts oder Nichteintritts eines Umstandes oder widerrechtlich durch Drohung
bestimmt worden ist.
Die Vorschriften des § 122
finden keine Anwendung.
§ 2079. Eine letztwillige
Verfügung kann angefochten werden, wenn der Erblasser einen zur Zeit des
Erbfalls vorhandenen Pflichttheilsberechtigten übergangen hat, dessen
Vorhandensein ihm bei der Errichtung der Verfügung nicht bekannt war oder der
erst nach der Errichtung geboren oder pflichttheilsberechtigt geworden ist. Die
Anfechtung ist ausgeschlossen, soweit anzunehmen ist, daß der Erblasser auch
bei Kenntniß der Sachlage die Verfügung getroffen haben würde.
§ 2080. Zur Anfechtung ist
derjenige berechtigt, welchem die Aufhebung der letztwilligen Verfügung
unmittelbar zu Statten kommen würde.
Bezieht sich in den Fällen
des § 2078 der Irrthum nur auf eine bestimmte Person und ist diese
anfechtungsberechtigt oder würde sie anfechtungsberechtigt sein, wenn sie zur
Zeit des Erbfalls gelebt hätte, so ist ein Anderer zur Anfechtung nicht
berechtigt.
Im Falle des § 2079 steht
das Anfechtungsrecht nur dem Pflichttheilsberechtigten zu.
§ 2081. Die Anfechtung
einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Erbe eingesetzt, ein gesetzlicher
Erbe von der Erbfolge ausgeschlossen, ein Testamentsvollstrecker ernannt oder
eine Verfügung solcher Art aufgehoben wird, erfolgt durch Erklärung gegenüber
dem Nachlaßgerichte.
Das Nachlaßgericht soll die
Anfechtungserklärung demjenigen mittheilen, welchem die angefochtene Verfügung
unmittelbar zu Statten kommt. Es hat die Einsicht der Erklärung Jedem zu
gestatten, der ein rechtliches Interesse glaubhaft macht.
Die Vorschrift des Abs. 1
gilt auch für die Anfechtung einer letztwilligen Verfügung, durch die ein Recht
für einen Anderen nicht begründet wird, insbesondere für die Anfechtung einer
Auflage.
§ 2082. Die Anfechtung kann
nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt mit dem
Zeitpunkt, in welchem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrunde
Kenntniß erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für die Verjährung
geltenden Vorschriften der §§ 203, 206, 207 entsprechende Anwendung.
Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre verstrichen sind.
§ 2083. Ist eine
letztwillige Verfügung, durch die eine Verpflichtung zu einer Leistung begründet
wird, anfechtbar, so kann der Beschwerte die Leistung verweigern, auch wenn die
Anfechtung nach § 2082 ausgeschlossen ist.
§ 2084. Läßt der Inhalt
einer letztwilligen Verfügung verschiedene Auslegungen zu, so ist im Zweifel
diejenige Auslegung vorzuziehen, bei welcher die Verfügung Erfolg haben kann.
§ 2085. Die Unwirksamkeit
einer von mehreren in einem Testament enthaltenen Verfügungen hat die
Unwirksamkeit der übrigen Verfügungen nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß
der Erblasser diese ohne die unwirksame Verfügung nicht getroffen haben würde.
§ 2086. Ist einer
letztwilligen Verfügung der Vorbehalt einer Ergänzung beigefügt, die Ergänzung
aber unterblieben, so ist die Verfügung wirksam, sofern nicht anzunehmen ist,
daß die Wirksamkeit von der Ergänzung abhängig sein sollte.
Zweiter Titel.
Erbeinsetzung.
§ 2087. Hat der Erblasser
sein Vermögen oder einen Bruchtheil seines Vermögens dem Bedachten zugewendet,
so ist die Verfügung als Erbeinsetzung anzusehen, auch wenn der Bedachte nicht
als Erbe bezeichnet ist.
Sind dem Bedachten nur
einzelne Gegenstände zugewendet, so ist im Zweifel nicht anzunehmen, daß er
Erbe sein soll, auch wenn er als Erbe bezeichnet ist.
§ 2088. Hat der Erblasser
nur einen Erben eingesetzt und die Einsetzung auf einen Bruchtheil der
Erbschaft beschränkt, so tritt in Ansehung des übrigen Theiles die gesetzliche
Erbfolge ein.
Das Gleiche gilt, wenn der
Erblasser mehrere Erben unter Beschränkung eines jeden auf einen Bruchtheil
eingesetzt hat und die Bruchtheile das Ganze nicht erschöpfen.
§ 2089. Sollen die
eingesetzten Erben nach dem Willen des Erblassers die alleinigen Erben sein, so
tritt, wenn jeder von ihnen auf einen Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt ist
und die Bruchtheile das Ganze nicht erschöpfen, eine verhältnißmäßige Erhöhung
der Bruchtheile ein.
§ 2090. Ist jeder der
eingesetzten Erben auf einen Bruchtheil eingesetzt und übersteigen die
Bruchtheile das Ganze, so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der Bruchtheile
ein.
§ 2091. Sind mehrere Erben
eingesetzt, ohne daß die Erbtheile bestimmt sind, so sind sie zu gleichen
Theilen eingesetzt, soweit sich nicht aus den §§ 2066 bis 2069 ein Anderes
ergiebt.
§ 2092. Sind von mehreren
Erben die einen auf Bruchtheile, die anderen ohne Bruchtheile eingesetzt, so
erhalten die letzteren den freigebliebenen Theil der Erbschaft.
Erschöpfen die bestimmten
Bruchtheile die Erbschaft, so tritt eine verhältnißmäßige Minderung der
Bruchtheile in der Weise ein, daß jeder der ohne Bruchtheile eingesetzten Erben
so viel erhält wie der mit dem geringsten Bruchtheile bedachte Erbe.
§ 2093. Sind einige von
mehreren Erben auf einen und denselben Bruchtheil der Erbschaft eingesetzt
(gemeinschaftlicher Erbtheil), so finden in Ansehung des gemeinschaftlichen
Erbtheils die Vorschriften der §§ 2089 bis 2092 entsprechende Anwendung.
§ 2094. Sind mehrere Erben
in der Weise eingesetzt, daß sie die gesetzliche Erbfolge ausschließen, und
fällt einer der Erben vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls weg, so wächst
dessen Erbtheil den übrigen Erben nach dem Verhältniß ihrer Erbtheile an. Sind
einige der Erben auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil eingesetzt, so tritt die
Anwachsung zunächst unter ihnen ein.
Ist durch die Erbeinsetzung
nur über einen Theil der Erbschaft verfügt und findet in Ansehung des übrigen
Theiles die gesetzliche Erbfolge statt, so tritt die Anwachsung unter den
eingesetzten Erben nur ein, soweit sie auf einen gemeinschaftlichen Erbtheil
eingesetzt sind.
Der Erblasser kann die
Anwachsung ausschließen.
§ 2095. Der durch
Anwachsung einem Erben anfallende Erbtheil gilt in Ansehung der Vermächtnisse
und Auflagen, mit denen dieser Erbe oder der wegfallende Erbe beschwert ist,
sowie in Ansehung der Ausgleichungspflicht als besonderer Erbtheil.
§ 2096. Der Erblasser kann
für den Fall, daß ein Erbe vor oder nach dem Eintritte des Erbfalls wegfällt,
einen Anderen als Erben einsetzen (Ersatzerbe).
§ 2097. Ist Jemand für den
Fall, daß der zunächst berufene Erbe nicht Erbe sein kann, oder für den Fall,
daß er nicht Erbe sein will, als Ersatzerbe eingesetzt, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß er für beide Fälle eingesetzt ist.
§ 2098. Sind die Erben
gegenseitig oder sind für einen von ihnen die übrigen als Ersatzerben
eingesetzt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß sie nach dem Verhältniß ihrer
Erbtheile als Ersatzerben eingesetzt sind.
Sind die Erben gegenseitig
als Ersatzerben eingesetzt, so gehen Erben, die auf einen gemeinschaftlichen
Erbtheil eingesetzt sind, im Zweifel als Ersatzerben für diesen Erbtheil den
anderen vor.
§ 2099. Das Recht des
Ersatzerben geht dem Anwachsungsrechte vor.
Dritter Titel.
Einsetzung eines Nacherben.
§ 2100. Der Erblasser kann
einen Erben in der Weise einsetzen, daß dieser erst Erbe wird, nachdem zunächst
ein Anderer Erbe geworden ist (Nacherbe).
§ 2101. Ist eine zur Zeit des
Erbfalls noch nicht erzeugte Person als Erbe eingesetzt, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß sie als Nacherbe eingesetzt ist. Entspricht es nicht dem Willen
des Erblassers, daß der Eingesetzte Nacherbe werden soll, so ist die Einsetzung
unwirksam.
Das Gleiche gilt von der
Einsetzung einer juristischen Person, die erst nach dem Erbfalle zur Entstehung
gelangt; die Vorschrift des § 84 bleibt unberührt.
§ 2102. Die Einsetzung als
Nacherbe enthält im Zweifel auch die Einsetzung als Ersatzerbe.
Ist zweifelhaft, ob Jemand
als Ersatzerbe oder als Nacherbe eingesetzt ist, so gilt er als Ersatzerbe.
§ 2103. Hat der Erblasser
angeordnet, daß der Erbe mit dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts oder
Ereignisses die Erbschaft einem Anderen herausgeben soll, so ist anzunehmen,
daß der Andere als Nacherbe eingesetzt ist.
§ 2104. Hat der Erblasser
angeordnet, daß der Erbe nur bis zu dem Eintritt eines bestimmten Zeitpunkts
oder Ereignisses Erbe sein soll, ohne zu bestimmen, wer alsdann die Erbschaft
erhalten soll, so ist anzunehmen, daß als Nacherben diejenigen eingesetzt sind,
welche die gesetzlichen Erben des Erblassers sein würden, wenn er zur Zeit des
Eintritts des Zeitpunkts oder des Ereignisses gestorben wäre. Der Fiskus gehört
nicht zu den gesetzlichen Erben im Sinne dieser Vorschrift.
§ 2105. Hat der Erblasser
angeordnet, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft erst mit dem Eintritt eines
bestimmten Zeitpunkts oder Ereignisses erhalten soll, ohne zu bestimmen, wer
bis dahin Erbe sein soll, so sind die gesetzlichen Erben des Erblassers die
Vorerben.
Das Gleiche gilt, wenn die
Persönlichkeit des Erben durch ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß
bestimmt werden soll oder wenn die Einsetzung einer zur Zeit des Erbfalls noch
nicht erzeugten Person oder einer zu dieser Zeit noch nicht entstandenen
juristischen Person als Erbe nach § 2101 als Nacherbeinsetzung anzusehen ist.
§ 2106. Hat der Erblasser
einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereigniß zu bestimmen,
mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben
mit dem Tode des Vorerben an.
Ist die Einsetzung einer
noch nicht erzeugten Person als Erbe nach § 2101 Abs. 1 als Nacherbeinsetzung
anzusehen, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dessen Geburt an. Im Falle
des § 2101 Abs. 2 tritt der Anfall mit der Entstehung der juristischen Person
ein.
§ 2107. Hat der Erblasser
einem Abkömmlinge, der zur Zeit der Errichtung der letztwilligen Verfügung
keinen Abkömmling hat oder von dem der Erblasser zu dieser Zeit nicht weiß, daß
er einen Abkömmling hat, für die Zeit nach dessen Tode einen Nacherben
bestimmt, so ist anzunehmen, daß der Nacherbe nur für den Fall eingesetzt ist,
daß der Abkömmling ohne Nachkommenschaft stirbt.
§ 2108. Die Vorschriften
des § 1923 finden auf die Nacherbfolge entsprechende Anwendung.
Stirbt der eingesetzte
Nacherbe vor dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge, aber nach dem Eintritte
des Erbfalls, so geht sein Recht auf seine Erben über, sofern nicht ein anderer
Wille des Erblassers anzunehmen ist. Ist der Nacherbe unter einer
aufschiebenden Bedingung eingesetzt, so bewendet es bei der Vorschrift des §
2074.
§ 2109. Die Einsetzung
eines Nacherben wird mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Erbfall
unwirksam, wenn nicht vorher der Fall der Nacherbfolge eingetreten ist. Sie
bleibt auch nach dieser Zeit wirksam:
1. wenn
die Nacherbfolge für den Fall angeordnet ist, daß in der Person des Vorerben
oder des Nacherben ein bestimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen
Person das Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn
dem Vorerben oder einem Nacherben für den Fall, daß ihm ein Bruder oder eine
Schwester geboren wird, der Bruder oder die Schwester als Nacherbe bestimmt
ist.
Ist der Vorerbe oder der Nacherbe, in dessen
Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei
der dreißigjährigen Frist.
§ 2110. Das Recht des
Nacherben erstreckt sich im Zweifel auf einen Erbtheil, der dem Vorerben in
Folge des Wegfalls eines Miterben anfällt.
Das Recht des Nacherben
erstreckt sich im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben zugewendetes
Vorausvermächtniß.
§ 2111. Zur Erbschaft
gehört, was der Vorerbe auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder
als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines
Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft
erwirbt, sofern nicht der Erwerb ihm als Nutzung gebührt. Die Zugehörigkeit
einer durch Rechtsgeschäft erworbenen Forderung zur Erbschaft hat der Schuldner
erst dann gegen sich gelten zu lassen, wenn er von der Zugehörigkeit Kenntniß
erlangt; die Vorschriften der §§ 406 bis 408 finden entsprechende Anwendung.
Zur Erbschaft gehört auch,
was der Vorerbe dem Inventar eines erbschaftlichen Grundstücks einverleibt.
§ 2112. Der Vorerbe kann
über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen, soweit sich nicht aus
den Vorschriften der §§ 2113 bis 2115 ein Anderes ergiebt.
§ 2113. Die Verfügung des
Vorerben über ein zur Erbschaft gehörendes Grundstück oder über ein zur
Erbschaft gehörendes Recht an einem Grundstück ist im Falle des Eintritts der
Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben vereiteln oder
beeinträchtigen würde.
Das Gleiche gilt von der
Verfügung über einen Erbschaftsgegenstand, die unentgeltlich oder zum Zwecke
der Erfüllung eines von dem Vorerben ertheilten Schenkungsversprechens erfolgt.
Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf
den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird.
Die Vorschriften zu Gunsten
derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden
entsprechende Anwendung.
§ 2114. Gehört zur
Erbschaft eine Hypothekenforderung, eine Grundschuld oder eine Rentenschuld, so
steht die Kündigung und die Einziehung dem Vorerben
zu. Der Vorerbe kann jedoch nur verlangen, daß das Kapital an ihn nach
Beibringung der Einwilligung des Nacherben gezahlt oder daß es für ihn und den
Nacherben hinterlegt wird. Auf andere Verfügungen über die Hypothekenforderung,
die Grundschuld oder die Rentenschuld finden die Vorschriften des § 2113
Anwendung.
§ 2115. Eine Verfügung über
einen Erbschaftsgegenstand, die im Wege der Zwangsvollstreckung oder der
Arrestvollziehung oder durch den Konkursverwalter erfolgt, ist im Falle des
Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als sie das Recht des Nacherben
vereiteln oder beeinträchtigen würde. Die Verfügung ist unbeschränkt wirksam,
wenn der Anspruch eines Nachlaßgläubigers oder ein an einem
Erbschaftsgegenstande bestehendes Recht geltend gemacht wird, das im Falle des
Eintritts der Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber wirksam ist.
§ 2116. Der Vorerbe hat auf
Verlangen des Nacherben die zur Erbschaft gehörenden Inhaberpapiere nebst den
Erneuerungsscheinen bei einer Hinterlegungsstelle oder bei der Reichsbank mit der
Bestimmung zu hinterlegen, daß die Herausgabe nur mit Zustimmung des Nacherben
verlangt werden kann. Die Hinterlegung von Inhaberpapieren, die nach § 92 zu
den verbrauchbaren Sachen gehören, sowie von Zins-, Renten- oder
Gewinnantheilscheinen kann nicht verlangt werden. Den Inhaberpapieren stehen
Orderpapiere gleich, die mit Blankoindossament versehen sind.
Ueber die hinterlegten
Papiere kann der Vorerbe nur mit Zustimmung des Nacherben verfügen.
§ 2117. Der Vorerbe kann
die Inhaberpapiere, statt sie nach § 2116 zu hinterlegen, auf seinen Namen mit
der Bestimmung umschreiben lassen, daß er über sie nur mit Zustimmung des
Nacherben verfügen kann. Sind die Papiere von dem Reiche oder einem Bundesstaat
ausgestellt, so kann er sie mit der gleichen Bestimmung in Buchforderungen
gegen das Reich oder den Bundesstaat umwandeln lassen.
§ 2118. Gehören zur
Erbschaft Buchforderungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat, so ist der
Vorerbe auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, in das Schuldbuch den Vermerk
eintragen zu lassen, daß er über die Forderungen nur mit Zustimmung des
Nacherben verfügen kann.
§ 2119. Geld, das nach den
Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft dauernd anzulegen ist, darf der
Vorerbe nur nach den für die Anlegung von Mündelgeld geltenden Vorschriften
anlegen.
§ 2120. Ist zur
ordnungsmäßigen Verwaltung, insbesondere zur Berichtigung von
Nachlaßverbindlichkeiten, eine Verfügung erforderlich, die der Vorerbe nicht
mit Wirkung gegen den Nacherben vornehmen kann, so ist der Nacherbe dem Vorerben
gegenüber verpflichtet, seine Einwilligung zu der Verfügung zu ertheilen. Die
Einwilligung ist auf Verlangen in öffentlich beglaubigter Form zu erklären. Die
Kosten der Beglaubigung fallen dem Vorerben zur Last.
§ 2121. Der Vorerbe hat dem
Nacherben auf Verlangen ein Verzeichniß der zur Erbschaft gehörenden
Gegenstände mitzutheilen. Das Verzeichniß ist mit der Angabe des Tages der
Aufnahme zu versehen und von dem Vorerben zu unterzeichnen; der Vorerbe hat auf
Verlangen die Unterzeichnung öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Nacherbe kann
verlangen, daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Vorerbe ist berechtigt
und auf Verlangen des Nacherben verpflichtet, das Verzeichniß durch die
zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar aufnehmen zu
lassen.
Die Kosten der Aufnahme und
der Beglaubigung fallen der Erbschaft zur Last.
§ 2122. Der Vorerbe kann
den Zustand der zur Erbschaft gehörenden Sachen auf seine Kosten durch
Sachverständige feststellen lassen. Das gleiche Recht steht dem Nacherben zu.
§ 2123. Gehört ein Wald zur
Erbschaft, so kann sowohl der Vorerbe als der Nacherbe verlangen, daß das Maß
der Nutzung und die Art der wirthschaftlichen Behandlung durch einen
Wirthschaftsplan festgestellt werden. Tritt eine erhebliche Aenderung der
Umstände ein, so kann jeder Theil eine entsprechende Aenderung des
Wirthschaftsplans verlangen. Die Kosten fallen der Erbschaft zur Last.
Das Gleiche gilt, wenn ein
Bergwerk oder eine andere auf Gewinnung von Bodenbestandtheilen gerichtete
Anlage zur Erbschaft gehört.
§ 2124. Der Vorerbe trägt
dem Nacherben gegenüber die gewöhnlichen Erhaltungskosten.
Andere Aufwendungen, die
der Vorerbe zum Zwecke der Erhaltung von Erbschaftsgegenständen den Umständen
nach für erforderlich halten darf, kann er aus der Erbschaft bestreiten.
Bestreitet er sie aus seinem Vermögen, so ist der Nacherbe im Falle des
Eintritts der Nacherbfolge zum Ersatze verpflichtet.
§ 2125. Macht der Vorerbe
Verwendungen auf die Erbschaft, die nicht unter die Vorschrift des § 2124
fallen, so ist der Nacherbe im Falle des Eintritts der Nacherbfolge nach den
Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag zum Ersatze verpflichtet.
Der Vorerbe ist berechtigt,
eine Einrichtung, mit der er eine zur Erbschaft gehörende Sache versehen hat,
wegzunehmen.
§ 2126. Der Vorerbe hat im
Verhältnisse zu dem Nacherben nicht die außerordentlichen Lasten zu tragen, die
als auf den Stammwerth der Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind. Auf
diese Lasten finden die Vorschriften des § 2124 Abs. 2 Anwendung.
§ 2127. Der Nacherbe ist
berechtigt, von dem Vorerben Auskunft über den Bestand der Erbschaft zu
verlangen, wenn Grund zu der Annahme besteht, daß der Vorerbe durch seine
Verwaltung die Rechte des Nacherben erheblich verletzt.
§ 2128. Wird durch das
Verhalten des Vorerben oder durch seine ungünstige Vermögenslage die Besorgniß
einer erheblichen Verletzung der Rechte des Nacherben begründet, so kann der
Nacherbe Sicherheitsleistung verlangen.
Die für die Verpflichtung
des Nießbrauchers zur Sicherheitsleistung geltenden Vorschriften des § 1052
finden entsprechende Anwendung.
§ 2129. Wird dem Vorerben
die Verwaltung nach den Vorschriften des § 1052 entzogen, so verliert er das
Recht, über Erbschaftsgegenstände zu verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten
derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden
entsprechende Anwendung. Für die zur Erbschaft gehörenden Forderungen ist die
Entziehung der Verwaltung dem Schuldner gegenüber erst wirksam, wenn er von der
getroffenen Anordnung Kenntniß erlangt oder wenn ihm eine Mittheilung von der
Anordnung zugestellt wird. Das Gleiche gilt von der Aufhebung der Entziehung.
§ 2130. Der Vorerbe ist
nach dem Eintritte der Nacherbfolge verpflichtet, dem Nacherben die Erbschaft
in dem Zustande herauszugeben, der sich bei einer bis zur Herausgabe
fortgesetzten ordnungsmäßigen Verwaltung ergiebt. Auf die Herausgabe eines
landwirthschaftlichen Grundstücks findet die Vorschrift des § 592, auf die
Herausgabe eines Landguts finden die Vorschriften der §§ 592, 593 entsprechende
Anwendung.
Der Vorerbe hat auf
Verlangen Rechenschaft abzulegen.
§ 2131. Der Vorerbe hat dem
Nacherben gegenüber in Ansehung der Verwaltung nur für diejenige Sorgfalt
einzustehen, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
§ 2132. Veränderungen oder
Verschlechterungen von Erbschaftssachen, die durch ordnungsmäßige Benutzung
herbeigeführt werden, hat der Vorerbe nicht zu vertreten.
§ 2133. Zieht der Vorerbe
Früchte den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zuwider oder zieht er
Früchte deshalb im Uebermaße, weil dies in Folge eines besonderen Ereignisses
nothwendig geworden ist, so gebührt ihm der Werth der Früchte nur insoweit, als
durch den ordnungswidrigen oder den übermäßigen Fruchtbezug die ihm gebührenden
Nutzungen beeinträchtigt werden und nicht der Werth der Früchte nach den Regeln
einer ordnungsmäßigen Wirthschaft zur Wiederherstellung der Sache zu verwenden
ist.
§ 2134. Hat der Vorerbe
einen Erbschaftsgegenstand für sich verwendet, so ist er nach dem Eintritte der
Nacherbfolge dem Nacherben gegenüber zum Ersatze des Werthes verpflichtet. Eine
weitergehende Haftung wegen Verschuldens bleibt unberührt.
§ 2135. Hat der Vorerbe ein
zur Erbschaft gehörendes Grundstück vermiethet oder verpachtet, so finden, wenn
das Mieth- oder Pachtverhältniß bei dem Eintritte der Nacherbfolge noch
besteht, die Vorschriften des § 1056 entsprechende Anwendung.
§ 2136. Der Erblasser kann
den Vorerben von den Beschränkungen und Verpflichtungen des § 2113 Abs. 1 und
der §§ 2114, 2116 bis 2119, 2123, 2127 bis 2131, 2133, 2134 befreien.
§ 2137. Hat der Erblasser
den Nacherben auf dasjenige eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte
der Nacherbfolge übrig sein wird, so gilt die Befreiung von allen im § 2136
bezeichneten Beschränkungen und Verpflichtungen als angeordnet.
Das Gleiche ist im Zweifel
anzunehmen, wenn der Erblasser bestimmt hat, daß der Vorerbe zur freien
Verfügung über die Erbschaft berechtigt sein soll.
§ 2138. Die
Herausgabepflicht des Vorerben beschränkt sich in den Fällen des § 2137 auf die
bei ihm noch vorhandenen Erbschaftsgegenstände. Für Verwendungen auf
Gegenstände, die er in Folge dieser Beschränkung nicht herauszugeben hat, kann
er nicht Ersatz verlangen.
Hat der Vorerbe der
Vorschrift des § 2113 Abs. 2 zuwider über einen Erbschaftsgegenstand verfügt
oder hat er die Erbschaft in der Absicht, den Nacherben zu benachtheiligen,
vermindert, so ist er dem Nacherben zum Schadensersatze verpflichtet.
§ 2139. Mit dem Eintritte
des Falles der Nacherbfolge hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein, und fällt die
Erbschaft dem Nacherben an.
§ 2140. Der Vorerbe ist
auch nach dem Eintritte des Falles der Nacherbfolge zur Verfügung über
Nachlaßgegenstände in dem gleichen Umfange wie vorher berechtigt, bis er von
dem Eintritte Kenntniß erlangt oder ihn kennen muß. Ein Dritter kann sich auf
diese Berechtigung nicht berufen, wenn er bei der Vornahme eines
Rechtsgeschäfts den Eintritt kennt oder kennen muß.
§ 2141. Ist bei dem
Eintritte des Falles der Nacherbfolge die Geburt eines Nacherben zu erwarten,
so finden auf den Unterhaltsanspruch der Mutter die Vorschriften des § 1963
entsprechende Anwendung.
§ 2142. Der Nacherbe kann
die Erbschaft ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist.
Schlägt der Nacherbe die
Erbschaft aus, so verbleibt sie dem Vorerben, soweit
nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat.
§ 2143. Tritt die
Nacherbfolge ein, so gelten die in Folge des Erbfalls durch Vereinigung von
Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und Belastung erloschenen
Rechtsverhältnisse als nicht erloschen.
§ 2144. Die Vorschriften
über die Beschränkung der Haftung des Erben für die Nachlaßverbindlichkeiten
gelten auch für den Nacherben; an die Stelle des Nachlasses tritt dasjenige,
was der Nacherbe aus der Erbschaft erlangt, mit Einschluß der ihm gegen den
Vorerben als solchen zustehenden Ansprüche.
Das von dem Vorerben
errichtete Inventar kommt auch dem Nacherben zu Statten.
Der Nacherbe kann sich dem
Vorerben gegenüber auf die Beschränkung seiner Haftung auch dann berufen, wenn
er den übrigen Nachlaßgläubigern gegenüber unbeschränkt haftet.
§ 2145. Der Vorerbe haftet
nach dem Eintritte der Nacherbfolge für die Nachlaßverbindlichkeiten noch
insoweit, als der Nacherbe nicht haftet. Die Haftung bleibt auch für diejenigen
Nachlaßverbindlichkeiten bestehen, welche im Verhältnisse zwischen dem Vorerben
und dem Nacherben dem Nacherben zur Last fallen.
Der Vorerbe kann nach dem
Eintritte der Nacherbfolge die Berichtigung der Nachlaßverbindlichkeiten,
sofern nicht seine Haftung unbeschränkt ist, insoweit verweigern, als dasjenige
nicht ausreicht, was ihm von der Erbschaft gebührt. Die Vorschriften der §§
1990, 1991 finden entsprechende Anwendung.
§ 2146. Der Vorerbe ist den
Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, den Eintritt der Nacherbfolge unverzüglich
dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die Anzeige des Vorerben wird durch die Anzeige
des Nacherben ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die
Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse
glaubhaft macht.
Vierter Titel.
Vermächtniß.
§ 2147. Mit einem
Vermächtnisse kann der Erbe oder ein Vermächtnißnehmer beschwert werden. Soweit
nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat, ist der Erbe beschwert.
§ 2148. Sind mehrere Erben
oder mehrere Vermächtnißnehmer mit demselben Vermächtnisse beschwert, so sind
im Zweifel die Erben nach dem Verhältnisse der Erbtheile, die Vermächtnißnehmer
nach dem Verhältnisse des Werthes der Vermächtnisse beschwert.
§ 2149. Hat der Erblasser
bestimmt, daß dem eingesetzten Erben ein Erbschaftsgegenstand nicht zufallen
soll, so gilt der Gegenstand als den gesetzlichen Erben vermacht.
Der Fiskus gehört nicht zu
den gesetzlichen Erben im Sinne dieser Vorschrift.
§ 2150. Das
einem Erben zugewendete Vermächtniß (Vorausvermächtniß) gilt als
Vermächtniß auch insoweit, als der Erbe selbst beschwert ist.
§ 2151. Der Erblasser kann
Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weise bedenken,
daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, wer von den Mehreren das
Vermächtniß erhalten soll.
Die Bestimmung des
Beschwerten erfolgt durch Erklärung gegenüber demjenigen, welcher das
Vermächtniß erhalten soll; die Bestimmung des Dritten erfolgt durch Erklärung
gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Beschwerte oder
der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so sind die Bedachten Gesammtgläubiger.
Das Gleiche gilt, wenn das Nachlaßgericht dem Beschwerten oder dem Dritten auf
Antrag eines der Betheiligten eine Frist zur Abgabe der Erklärung bestimmt hat
und die Frist verstrichen ist, sofern nicht vorher die Erklärung erfolgt. Der
Bedachte, der das Vermächtniß erhält, ist im Zweifel nicht zur Theilung
verpflichtet.
§ 2152. Hat der Erblasser
Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weise bedacht,
daß nur der Eine oder der Andere das Vermächtniß erhalten soll, so ist
anzunehmen, daß der Beschwerte bestimmen soll, wer von ihnen das Vermächtniß
erhält.
§ 2153. Der Erblasser kann
Mehrere mit einem Vermächtniß in der Weise bedenken,
daß der Beschwerte oder ein Dritter zu bestimmen hat, was jeder von dem
vermachten Gegenstand erhalten soll. Die Bestimmung erfolgt nach § 2151 Abs. 2.
Kann der Beschwerte oder
der Dritte die Bestimmung nicht treffen, so sind die Bedachten zu gleichen
Theilen berechtigt. Die Vorschrift des § 2151 Abs. 3 Satz 2 findet
entsprechende Anwendung.
§ 2154. Der Erblasser kann ein Vermächtniß in der Art anordnen, daß der Bedachte von
mehreren Gegenständen nur den einen oder den anderen erhalten soll. Ist in
einem solchen Falle die Wahl einem Dritten übertragen, so erfolgt sie durch
Erklärung gegenüber dem Beschwerten.
Kann der Dritte die Wahl
nicht treffen, so geht das Wahlrecht auf den Beschwerten über. Die Vorschrift
des § 2151 Abs. 3 Satz 2 findet entsprechende Anwendung.
§ 2155. Hat der Erblasser
die vermachte Sache nur der Gattung nach bestimmt, so ist eine den
Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache zu leisten.
Ist die Bestimmung der
Sache dem Bedachten oder einem Dritten übertragen, so finden die nach § 2154
für die Wahl des Dritten geltenden Vorschriften Anwendung.
Entspricht die von dem
Bedachten oder dem Dritten getroffene Bestimmung den Verhältnissen des
Bedachten offenbar nicht, so hat der Beschwerte so zu leisten, wie wenn der
Erblasser über die Bestimmung der Sache keine Anordnung getroffen hätte.
§ 2156. Der Erblasser kann
bei der Anordnung eines Vermächtnisses, dessen Zweck er bestimmt hat, die
Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines
Dritten überlassen. Auf ein solches Vermächtniß finden die Vorschriften der §§
315 bis 319 entsprechende Anwendung.
§ 2157. Ist Mehreren
derselbe Gegenstand vermacht, so finden die Vorschriften der §§ 2089 bis 2093
entsprechende Anwendung.
§ 2158. Ist Mehreren
derselbe Gegenstand vermacht, so wächst, wenn einer von ihnen vor oder nach dem
Erbfalle wegfällt, dessen Antheil den übrigen Bedachten nach dem Verhältniß
ihrer Antheile an. Dies gilt auch dann, wenn der Erblasser die Antheile der
Bedachten bestimmt hat. Sind einige der Bedachten zu demselben Antheile
berufen, so tritt die Anwachsung zunächst unter ihnen ein.
Der Erblasser kann die
Anwachsung ausschließen.
§ 2159. Der durch
Anwachsung einem Vermächtnißnehmer anfallende Antheil gilt in Ansehung der
Vermächtnisse und Auflagen, mit denen dieser oder der wegfallende
Vermächtnißnehmer beschwert ist, als besonderes Vermächtniß.
§ 2160. Ein
Vermächtniß ist unwirksam, wenn der Bedachte zur Zeit des Erbfalls nicht mehr
lebt.
§ 2161. Ein Vermächtniß
bleibt, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, wirksam,
wenn der Beschwerte nicht Erbe oder Vermächtnißnehmer wird. Beschwert ist in
diesem Falle derjenige, welchem der Wegfall des zunächst Beschwerten
unmittelbar zu Statten kommt.
§ 2162. Ein Vermächtniß,
das unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines
Anfangstermins angeordnet ist, wird mit dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem
Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher die Bedingung oder der Termin eingetreten
ist.
Ist der Bedachte zur Zeit
des Erbfalls noch nicht erzeugt oder wird seine Persönlichkeit durch ein erst
nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt, so wird das Vermächtniß mit
dem Ablaufe von dreißig Jahren nach dem Erbfall unwirksam, wenn nicht vorher
der Bedachte erzeugt oder das Ereigniß eingetreten ist, durch das seine
Persönlichkeit bestimmt wird.
§ 2163. Das
Vermächtniß bleibt in den Fällen des § 2162 auch nach dem Ablaufe von dreißig
Jahren wirksam:
1. wenn
es für den Fall angeordnet ist, daß in der Person des Beschwerten oder des
Bedachten ein bestimmtes Ereigniß eintritt, und derjenige, in dessen Person das
Ereigniß eintreten soll, zur Zeit des Erbfalls lebt;
2. wenn
ein Erbe, ein Nacherbe oder ein Vermächtnißnehmer für den Fall, daß ihm ein
Bruder oder eine Schwester geboren wird, mit einem Vermächtnisse zu Gunsten des
Bruders oder der Schwester beschwert ist.
Ist der Beschwerte oder der Bedachte, in dessen
Person das Ereigniß eintreten soll, eine juristische Person, so bewendet es bei
der dreißigjährigen Frist.
§ 2164. Das
Vermächtniß einer Sache erstreckt sich im Zweifel auf das zur Zeit des Erbfalls
vorhandene Zubehör.
Hat der Erblasser wegen
einer nach der Anordnung des Vermächtnisses erfolgten Beschädigung der Sache
einen Anspruch auf Ersatz der Minderung des Werthes, so erstreckt sich im
Zweifel das Vermächtniß auf diesen Anspruch.
§ 2165. Ist ein zur
Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht, so kann der Vermächtnißnehmer im
Zweifel nicht die Beseitigung der Rechte verlangen, mit denen der Gegenstand
belastet ist. Steht dem Erblasser ein Anspruch auf die Beseitigung zu, so
erstreckt sich im Zweifel das Vermächtniß auf diesen Anspruch.
Ruht auf einem vermachten
Grundstück eine Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, die dem Erblasser
selbst zusteht, so ist aus den Umständen zu entnehmen, ob die Hypothek,
Grundschuld oder Rentenschuld als mitvermacht zu gelten hat.
§ 2166. Ist ein vermachtes
Grundstück, das zur Erbschaft gehört, mit einer Hypothek für eine Schuld des
Erblassers oder für eine Schuld belastet, zu deren Berichtigung der Erblasser
dem Schuldner gegenüber verpflichtet ist, so ist der Vermächtnißnehmer im
Zweifel dem Erben gegenüber zur rechtzeitigen Befriedigung des Gläubigers
insoweit verpflichtet, als die Schuld durch den Werth des Grundstücks gedeckt
wird. Der Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher das Eigenthum auf den
Vermächtnißnehmer übergeht; er wird unter Abzug der Belastungen berechnet, die
der Hypothek im Range vorgehen.
Ist dem Erblasser gegenüber
ein Dritter zur Berichtigung der Schuld verpflichtet, so besteht die
Verpflichtung des Vermächtnißnehmers im Zweifel nur insoweit, als der Erbe die
Berichtigung nicht von dem Dritten erlangen kann.
Auf eine Hypothek der im §
1190 bezeichneten Art finden diese Vorschriften keine Anwendung.
§ 2167. Sind neben dem
vermachten Grundstück andere zur Erbschaft gehörende Grundstücke mit der
Hypothek belastet, so beschränkt sich die im § 2166 bestimmte Verpflichtung des
Vermächtnißnehmers im Zweifel auf den Theil der Schuld, der dem Verhältnisse
des Werthes des vermachten Grundstücks zu dem Werthe der sämmtlichen
Grundstücke entspricht. Der Werth wird nach § 2166 Abs. 1 Satz 2 berechnet.
§ 2168. Besteht an mehreren
zur Erbschaft gehörenden Grundstücken eine Gesammtgrundschuld oder eine
Gesammtrentenschuld und ist eines dieser Grundstücke vermacht, so ist der
Vermächtnißnehmer im Zweifel dem Erben gegenüber zur Befriedigung des
Gläubigers in Höhe des Theiles der Grundschuld oder der Rentenschuld
verpflichtet, der dem Verhältnisse des Werthes des vermachten Grundstücks zu
dem Werthe der sämmtlichen Grundstücke entspricht. Der Werth wird nach § 2166
Abs. 1 Satz 2 berechnet.
Ist neben dem vermachten
Grundstück ein nicht zur Erbschaft gehörendes Grundstück mit einer
Gesammtgrundschuld oder einer Gesammtrentenschuld belastet, so finden, wenn der
Erblasser zur Zeit des Erbfalls gegenüber dem Eigenthümer des anderen
Grundstücks oder einem Rechtsvorgänger des Eigenthümers zur Befriedigung des
Gläubigers verpflichtet ist, die Vorschriften des § 2166 Abs. 1 und des § 2167
entsprechende Anwendung.
§ 2169. Das
Vermächtniß eines bestimmten Gegenstandes ist unwirksam, soweit der Gegenstand
zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, es sei denn, daß der
Gegenstand dem Bedachten auch für den Fall zugewendet sein soll, daß er nicht
zur Erbschaft gehört.
Hat der Erblasser nur den
Besitz der vermachten Sache, so gilt im Zweifel der Besitz als vermacht, es sei
denn, daß er dem Bedachten keinen rechtlichen Vortheil gewährt.
Steht dem Erblasser ein
Anspruch auf Leistung des vermachten Gegenstandes oder, falls der Gegenstand
nach der Anordnung des Vermächtnisses untergegangen oder dem Erblasser entzogen
worden ist, ein Anspruch auf Ersatz des Werthes zu, so gilt im Zweifel der
Anspruch als vermacht.
Zur Erbschaft gehört im
Sinne des Abs. 1 ein Gegenstand nicht, wenn der Erblasser zu dessen Veräußerung
verpflichtet ist.
§ 2170. Ist das Vermächtniß
eines Gegenstandes, der zur Zeit des Erbfalls nicht zur Erbschaft gehört, nach
§ 2169 Abs. 1 wirksam, so hat der Beschwerte den Gegenstand dem Bedachten zu
verschaffen.
Ist der Beschwerte zur
Verschaffung außer Stande, so hat er den Werth zu entrichten. Ist die
Verschaffung nur mit unverhältnißmäßigen Aufwendungen möglich, so kann sich der
Beschwerte durch Entrichtung des Werthes befreien.
§ 2171. Ein Vermächtniß,
das auf eine zur Zeit des Erbfalls unmögliche Leistung gerichtet ist oder gegen
ein zu dieser Zeit bestehendes gesetzliches Verbot verstößt, ist unwirksam. Die
Vorschriften des § 308 finden entsprechende Anwendung.
§ 2172. Die Leistung einer
vermachten Sache gilt auch dann als unmöglich, wenn die Sache mit einer anderen
Sache in solcher Weise verbunden, vermischt oder vermengt worden ist, daß nach
den §§ 946 bis 948 das Eigenthum an der anderen Sache sich auf sie erstreckt
oder das Miteigenthum eingetreten ist, oder wenn sie in solcher Weise
verarbeitet oder umgebildet worden ist, daß nach § 950 derjenige, welcher die
neue Sache hergestellt hat, Eigenthümer geworden ist.
Ist die Verbindung,
Vermischung oder Vermengung durch einen Anderen als den Erblasser erfolgt und
hat der Erblasser dadurch Miteigenthum erworben, so gilt im Zweifel das
Miteigenthum als vermacht; steht dem Erblasser ein Recht zur Wegnahme der
verbundenen Sache zu, so gilt im Zweifel dieses Recht als vermacht. Im Falle
der Verarbeitung oder Umbildung durch einen Anderen als den Erblasser bewendet
es bei der Vorschrift des § 2169 Abs. 3.
§ 2173. Hat der Erblasser
eine ihm zustehende Forderung vermacht, so ist, wenn vor dem Erbfalle die
Leistung erfolgt und der geleistete Gegenstand noch in der Erbschaft vorhanden
ist, im Zweifel anzunehmen, daß dem Bedachten dieser Gegenstand zugewendet sein
soll. War die Forderung auf die Zahlung einer Geldsumme gerichtet, so gilt im
Zweifel die entsprechende Geldsumme als vermacht, auch wenn sich eine solche in
der Erbschaft nicht vorfindet.
§ 2174. Durch das Vermächtniß wird für den Bedachten das Recht begründet,
von dem Beschwerten die Leistung des vermachten Gegenstandes zu fordern.
§ 2175. Hat der Erblasser
eine ihm gegen den Erben zustehende Forderung oder hat er ein Recht vermacht,
mit dem eine Sache oder ein Recht des Erben belastet ist, so gelten die in
Folge des Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von
Recht und Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse in Ansehung des
Vermächtnisses als nicht erloschen.
§ 2176. Die Forderung des
Vermächtnißnehmers kommt, unbeschadet des Rechtes, das
Vermächtniß auszuschlagen, zur Entstehung (Anfall des Vermächtnisses) mit dem
Erbfalle.
§ 2177. Ist das Vermächtniß
unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter Bestimmung eines Anfangstermins
angeordnet und tritt die Bedingung oder der Termin erst nach dem Erbfall ein,
so erfolgt der Anfall des Vermächtnisses mit dem Eintritte der Bedingung oder
des Termins.
§ 2178. Ist der Bedachte
zur Zeit des Erbfalls noch nicht erzeugt oder wird seine Persönlichkeit durch
ein erst nach dem Erbfall eintretendes Ereigniß bestimmt, so erfolgt der Anfall
des Vermächtnisses im ersteren Falle mit der Geburt, im letzteren Falle mit dem
Eintritte des Ereignisses.
§ 2179. Für die Zeit
zwischen dem Erbfall und dem Anfalle des Vermächtnisses finden in den Fällen
der §§ 2177, 2178 die Vorschriften Anwendung, die für den Fall gelten, daß eine
Leistung unter einer aufschiebenden Bedingung geschuldet wird.
§ 2180. Der
Vermächtnißnehmer kann das Vermächtniß nicht mehr
ausschlagen, wenn er es angenommen hat.
Die Annahme sowie die
Ausschlagung des Vermächtnisses erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Beschwerten. Die Erklärung kann erst nach dem Eintritte des Erbfalls abgegeben
werden; sie ist unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer
Zeitbestimmung abgegeben wird.
Die für die Annahme und die
Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften des § 1950, des § 1952 Abs.
1, 3 und des § 1953 Abs. 1, 2 finden entsprechende Anwendung.
§ 2181. Ist die Zeit der
Erfüllung eines Vermächtnisses dem freien Belieben des Beschwerten überlassen,
so wird die Leistung im Zweifel mit dem Tode des Beschwerten fällig.
§ 2182. Ist eine nur der
Gattung nach bestimmte Sache vermacht, so hat der Beschwerte die gleichen
Verpflichtungen wie ein Verkäufer nach den Vorschriften des § 433 Abs. 1, der
§§ 434 bis 437, des § 440 Abs. 2 bis 4 und der §§ 441 bis 444.
Dasselbe gilt im Zweifel,
wenn ein bestimmter nicht zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht ist,
unbeschadet der sich aus dem § 2170 ergebenden Beschränkung der Haftung.
Ist ein Grundstück Gegenstand
des Vermächtnisses, so haftet der Beschwerte im Zweifel nicht für die Freiheit
des Grundstücks von Grunddienstbarkeiten, beschränkten persönlichen
Dienstbarkeiten und Reallasten.
§ 2183. Ist eine nur der
Gattung nach bestimmte Sache vermacht, so kann der Vermächtnißnehmer, wenn die
geleistete Sache mangelhaft ist, verlangen, daß ihm an Stelle der mangelhaften
Sache eine mangelfreie geliefert wird.
Hat der Beschwerte einen
Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Vermächtnißnehmer statt der
Lieferung einer mangelfreien Sache Schadensersatz wegen Nichterfüllung
verlangen. Auf diese Ansprüche finden die für die
Gewährleistung wegen Mängel einer verkauften Sache geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung.
§ 2184. Ist ein bestimmter
zur Erbschaft gehörender Gegenstand vermacht, so hat der Beschwerte dem
Vermächtnißnehmer auch die seit dem Anfalle des Vermächtnisses gezogenen
Früchte sowie das sonst auf Grund des vermachten Rechtes Erlangte
herauszugeben. Für Nutzungen, die nicht zu den Früchten gehören, hat der
Beschwerte nicht Ersatz zu leisten.
§ 2185. Ist eine bestimmte
zur Erbschaft gehörende Sache vermacht, so kann der Beschwerte für die nach dem
Erbfall auf die Sache gemachten Verwendungen sowie für Aufwendungen, die er
nach dem Erbfalle zur Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat, Ersatz nach
den Vorschriften verlangen, die für das Verhältniß zwischen dem Besitzer und
dem Eigenthümer gelten.
§ 2186. Ist ein
Vermächtnißnehmer mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so ist er
zur Erfüllung erst dann verpflichtet, wenn er die Erfüllung des ihm
zugewendeten Vermächtnisses zu verlangen berechtigt ist.
§ 2187. Ein
Vermächtnißnehmer, der mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert ist,
kann die Erfüllung auch nach der Annahme des ihm zugewendeten Vermächtnisses
insoweit verweigern, als dasjenige, was er aus dem Vermächtniß erhält, zur
Erfüllung nicht ausreicht.
Tritt nach § 2161 ein
Anderer an die Stelle des beschwerten Vermächtnißnehmers, so haftet er nicht
weiter, als der Vermächtnißnehmer haften würde.
Die für die Haftung des
Erben geltenden Vorschriften des § 1992 finden entsprechende Anwendung.
§ 2188. Wird die einem
Vermächtnißnehmer gebührende Leistung auf Grund der Beschränkung der Haftung
des Erben, wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder in Gemäßheit des § 2187
gekürzt, so kann der Vermächtnißnehmer, sofern nicht ein anderer Wille des
Erblassers anzunehmen ist, die ihm auferlegten Beschwerungen verhältnißmäßig
kürzen.
§ 2189. Der Erblasser kann
für den Fall, daß die dem Erben oder einem Vermächtnißnehmer auferlegten
Vermächtnisse und Auflagen auf Grund der Beschränkung der Haftung des Erben,
wegen eines Pflichttheilsanspruchs oder in Gemäßheit der §§ 2187, 2188 gekürzt
werden, durch Verfügung von Todeswegen anordnen, daß ein Vermächtniß oder eine
Auflage den Vorrang vor den übrigen Beschwerungen haben soll.
§ 2190. Hat der Erblasser
für den Fall, daß der zunächst Bedachte das Vermächtniß nicht erwirbt, den
Gegenstand des Vermächtnisses einem Anderen zugewendet, so finden die für die
Einsetzung eines Ersatzerben geltenden Vorschriften der §§ 2097 bis 2099
entsprechende Anwendung.
§ 2191. Hat der Erblasser
den vermachten Gegenstand von einem nach dem Anfalle des Vermächtnisses
eintretenden bestimmten Zeitpunkt oder Ereigniß an einem Dritten zugewendet, so
gilt der erste Vermächtnißnehmer als beschwert.
Auf das
Vermächtniß finden die für die Einsetzung eines Nacherben geltenden
Vorschriften des § 2102, des § 2106 Abs. 1, des § 2107 und des § 2110 Abs. 1
entsprechende Anwendung.
Fünfter Titel.
Auflage.
§ 2192. Auf eine Auflage
finden die für letztwillige Zuwendungen geltenden Vorschriften der §§ 2065,
2147, 2148, 2154 bis 2156, 2161, 2171, 2181 entsprechende Anwendung.
§ 2193. Der Erblasser kann
bei der Anordnung einer Auflage, deren Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung
der Person, an welche die Leistung erfolgen soll, dem Beschwerten oder einem
Dritten überlassen.
Steht die Bestimmung dem
Beschwerten zu, so kann ihm, wenn er zur Vollziehung der Auflage rechtskräftig
verurtheilt ist, von dem Kläger eine angemessene Frist zur Vollziehung bestimmt
werden; nach dem Ablaufe der Frist ist der Kläger berechtigt, die Bestimmung zu
treffen, wenn nicht die Vollziehung rechtzeitig erfolgt.
Steht die Bestimmung einem
Dritten zu, so erfolgt sie durch Erklärung gegenüber dem Beschwerten. Kann der
Dritte die Bestimmung nicht treffen, so geht das Bestimmungsrecht auf den
Beschwerten über. Die Vorschriften des § 2151 Abs. 3 Satz 2 findet
entsprechende Anwendung; zu den Betheiligten im Sinne dieser Vorschrift gehören
der Beschwerte und diejenigen, welche die Vollziehung der Auflage zu verlangen
berechtigt sind.
§ 2194. Die Vollziehung
einer Auflage können der Erbe, der Miterbe und derjenige verlangen, welchem der
Wegfall des mit der Auflage zunächst Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen
würde. Liegt die Vollziehung im öffentlichen Interesse, so kann auch die
zuständige Behörde die Vollziehung verlangen.
§ 2195. Die Unwirksamkeit
einer Auflage hat die Unwirksamkeit der unter der Auflage gemachten Zuwendung
nur zur Folge, wenn anzunehmen ist, daß der Erblasser die Zuwendung nicht ohne
die Auflage gemacht haben würde.
§ 2196. Wird die
Vollziehung einer Auflage in Folge eines von dem Beschwerten zu vertretenden
Umstandes unmöglich, so kann derjenige, welchem der Wegfall des zunächst
Beschwerten unmittelbar zu Statten kommen würde, die Herausgabe der Zuwendung
nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung
insoweit fordern, als die Zuwendung zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet
werden müssen.
Das Gleiche gilt, wenn der
Beschwerte zur Vollziehung einer Auflage, die nicht durch einen Dritten
vollzogen werden kann, rechtskräftig verurtheilt ist und die zulässigen
Zwangsmittel erfolglos gegen ihn angewendet worden sind.
Sechster Titel.
Testamentsvollstrecker.
§ 2197. Der Erblasser kann
durch Testament einen oder mehrere Testamentsvollstrecker ernennen.
Der Erblasser kann für den
Fall, daß der ernannte Testamentsvollstrecker vor oder nach der Annahme des
Amtes wegfällt, einen anderen Testamentsvollstrecker ernennen.
§ 2198. Der Erblasser kann
die Bestimmung der Person des Testamentsvollstreckers einem Dritten überlassen.
Die Bestimmung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte; die
Erklärung ist in öffentlich beglaubigter Form abzugeben.
Das Bestimmungsrecht des
Dritten erlischt mit dem Ablauf einer ihm auf Antrag eines Betheiligten von dem
Nachlaßgerichte bestimmten Frist.
§ 2199. Der Erblasser kann
den Testamentsvollstrecker ermächtigen, einen oder mehrere Mitvollstrecker zu
ernennen.
Der Erblasser kann den
Testamentsvollstrecker ermächtigen, einen Nachfolger zu ernennen.
Die Ernennung erfolgt nach
§ 2198 Abs. 1 Satz 2.
§ 2200. Hat der Erblasser
in dem Testamente das Nachlaßgericht ersucht, einen Testamentsvollstrecker zu
ernennen, so kann das Nachlaßgericht die Ernennung vornehmen.
Das Nachlaßgericht soll vor
der Ernennung die Betheiligten hören, wenn es ohne erhebliche Verzögerung und
ohne unverhältnißmäßige Kosten geschehen kann.
§ 2201. Die Ernennung des
Testamentsvollstreckers ist unwirksam, wenn er zu der Zeit, zu welcher er das
Amt anzutreten hat, geschäftsunfähig oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkt
ist oder nach § 1910 zur Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten einen
Pfleger erhalten hat.
§ 2202. Das Amt des
Testamentsvollstreckers beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Ernannte das
Amt annimmt.
Die Annahme sowie die
Ablehnung des Amtes erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die
Erklärung kann erst nach dem Eintritte des Erbfalls abgegeben werden; sie ist
unwirksam, wenn sie unter einer Bedingung oder einer Zeitbestimmung abgegeben
wird.
Das Nachlaßgericht kann dem
Ernannten auf Antrag eines der Betheiligten eine Frist zur Erklärung über die
Annahme bestimmen. Mit dem Ablaufe der Frist gilt das Amt als abgelehnt, wenn
nicht die Annahme vorher erklärt wird.
§ 2203. Der
Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur
Ausführung zu bringen.
§ 2204. Der
Testamentsvollstrecker hat, wenn mehrere Erben vorhanden sind, die
Auseinandersetzung unter ihnen nach Maßgabe der §§ 2042 bis 2056 zu bewirken.
Der Testamentsvollstrecker
hat die Erben über den Auseinandersetzungsplan vor der Ausführung zu hören.
§ 2205. Der
Testamentsvollstrecker hat den Nachlaß zu verwalten. Er ist insbesondere
berechtigt, den Nachlaß in Besitz zu nehmen und über die Nachlaßgegenstände zu
verfügen. Zu unentgeltlichen Verfügungen ist er nur berechtigt, soweit sie
einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprechen.
§ 2206. Der
Testamentsvollstrecker ist berechtigt, Verbindlichkeiten für den Nachlaß
einzugehen soweit die Eingehung zur ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich
ist. Die Verbindlichkeit zu einer Verfügung über einen Nachlaßgegenstand kann
der Testamentsvollstrecker für den Nachlaß auch dann eingehen, wenn er zu der
Verfügung berechtigt ist.
Der Erbe ist verpflichtet,
zur Eingehung solcher Verbindlichkeiten seine Einwilligung zu ertheilen,
unbeschadet des Rechtes, die Beschränkung seiner Haftung für die
Nachlaßverbindlichkeiten geltend zu machen.
§ 2207. Der Erblasser kann
anordnen, daß der Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten
für den Nachlaß nicht beschränkt sein soll. Der Testamentsvollstrecker ist auch
in einem solchen Falle zu einem Schenkungsversprechen nur nach Maßgabe des §
2205 Satz 3 berechtigt.
§ 2208. Der
Testamentsvollstrecker hat die in den §§ 2203 bis 2206 bestimmten Rechte nicht,
soweit anzunehmen ist, daß sie ihm nach dem Willen des Erblassers nicht
zustehen sollen. Unterliegen der Verwaltung des Testamentsvollstreckers nur
einzelne Nachlaßgegenstände, so stehen ihm die im § 2205 Satz 2 bestimmten
Befugnisse nur in Ansehung dieser Gegenstände zu.
Hat der
Testamentsvollstrecker Verfügungen des Erblassers nicht selbst zur Ausführung
zu bringen, so kann er die Ausführung von dem Erben verlangen, sofern nicht ein
anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.
§ 2209. Der Erblasser kann
einem Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses übertragen, ohne ihm
andere Aufgaben als die Verwaltung zuzuweisen; er kann auch anordnen, daß der
Testamentsvollstrecker die Verwaltung nach der Erledigung der ihm sonst
zugewiesenen Aufgaben fortzuführen hat. Im Zweifel ist anzunehmen, daß einem solchen Testamentsvollstrecker die im § 2207
bezeichnete Ermächtigung ertheilt ist.
§ 2210. Eine nach § 2209
getroffene Anordnung wird unwirksam, wenn seit dem Erbfalle dreißig Jahre
verstrichen sind. Der Erblasser kann jedoch anordnen, daß die Verwaltung bis
zum Tode des Erben oder des Testamentsvollstreckers oder bis zum Eintritt eines
anderen Ereignisses in der Person des einen oder des anderen fortdauern soll.
Die Vorschrift des § 2163 Abs. 2 findet entsprechende Anwendung.
§ 2211. Ueber einen der
Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstand kann
der Erbe nicht verfügen.
Die Vorschriften zu Gunsten
derjenigen, welche Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, finden
entsprechende Anwendung.
§ 2212. Ein der Verwaltung
des Testamentsvollstreckers unterliegendes Recht kann nur von dem
Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden.
§ 2213. Ein Anspruch, der
sich gegen den Nachlaß richtet, kann sowohl gegen den Erben als gegen den
Testamentsvollstrecker gerichtlich geltend gemacht werden. Steht dem Testamentsvollstrecker
nicht die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist die Geltendmachung nur gegen den
Erben zulässig. Ein Pflichttheilsanspruch kann, auch wenn dem
Testamentsvollstrecker die Verwaltung des Nachlasses zusteht, nur gegen den
Erben geltend gemacht werden.
Die Vorschrift des § 1958
findet auf den Testamentsvollstrecker keine Anwendung.
Ein Nachlaßgläubiger, der
seinen Anspruch gegen den Erben geltend macht, kann den Anspruch auch gegen den
Testamentsvollstrecker dahin geltend machen, daß dieser die Zwangsvollstreckung
in die seiner Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstände dulde.
§ 2214. Gläubiger des
Erben, die nicht zu den Nachlaßgläubigern gehören, können sich nicht an die der
Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegenden Nachlaßgegenstände
halten.
§ 2215. Der
Testamentsvollstrecker hat dem Erben unverzüglich nach der Annahme des Amtes
ein Verzeichniß der seiner Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstände und der
bekannten Nachlaßverbindlichkeiten mitzutheilen und ihm die zur Aufnahme des
Inventars sonst erforderliche Beihülfe zu leisten.
Das Verzeichniß ist mit der
Angabe des Tages der Aufnahme zu versehen und von dem Testamentsvollstrecker zu
unterzeichnen; der Testamentsvollstrecker hat auf Verlangen die Unterzeichnung
öffentlich beglaubigen zu lassen.
Der Erbe kann verlangen,
daß er bei der Aufnahme des Verzeichnisses zugezogen wird.
Der Testamentsvollstrecker
ist berechtigt und auf Verlangen des Erben verpflichtet, das Verzeichniß durch
die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar
aufnehmen zu lassen.
Die Kosten der Aufnahme und
der Beglaubigung fallen dem Nachlasse zur Last.
§ 2216. Der
Testamentsvollstrecker ist zur ordnungsmäßigen Verwaltung des Nachlasses
verpflichtet.
Anordnungen, die der
Erblasser für die Verwaltung durch letztwillige Verfügung getroffen hat, sind
von dem Testamentsvollstrecker zu befolgen. Sie können jedoch auf Antrag des
Testamentsvollstreckers oder eines anderen Betheiligten von dem Nachlaßgericht
außer Kraft gesetzt werden, wenn ihre Befolgung den Nachlaß erheblich gefährden
würde. Das Gericht soll vor der Entscheidung soweit thunlich die Betheiligten
hören.
§ 2217. Der
Testamentsvollstrecker hat Nachlaßgegenstände, deren er zur Erfüllung seiner
Obliegenheiten offenbar nicht bedarf, dem Erben auf Verlangen zur freien
Verfügung zu überlassen. Mit der Ueberlassung erlischt sein Recht zur
Verwaltung der Gegenstände.
Wegen
Nachlaßverbindlichkeiten, die nicht auf einem Vermächtniß oder einer Auflage
beruhen, sowie wegen bedingter und betagter Vermächtnisse oder Auflagen kann
der Testamentsvollstrecker die Ueberlassung der Gegenstände nicht verweigern,
wenn der Erbe für die Berichtigung der Verbindlichkeiten oder für die
Vollziehung der Vermächtnisse oder Auflagen Sicherheit leistet.
§ 2218. Auf das
Rechtsverhältniß zwischen dem Testamentsvollstrecker und dem Erben finden die
für den Auftrag geltenden Vorschriften der §§ 664, 666 bis 668, 670, des § 673
Satz 2 und des § 674 entsprechende Anwendung.
Bei einer länger dauernden
Verwaltung kann der Erbe jährlich Rechnungslegung verlangen.
§ 2219. Verletzt der
Testamentsvollstrecker die ihm obliegenden Verpflichtungen, so ist er, wenn ihm
ein Verschulden zur Last fällt, für den daraus entstehenden Schaden dem Erben
und, soweit ein Vermächtniß zu vollziehen ist, auch dem Vermächtnißnehmer
verantwortlich.
Mehrere
Testamentsvollstrecker, denen ein Verschulden zur Last fällt, haften als
Gesammtschuldner.
§ 2220. Der Erblasser kann
den Testamentsvollstrecker nicht von den ihm nach den §§ 2215, 2216, 2218, 2219
obliegenden Verpflichtungen befreien.
§ 2221. Der
Testamentsvollstrecker kann für die Führung seines Amtes eine angemessene
Vergütung verlangen, sofern nicht der Erblasser ein Anderes bestimmt hat.
§ 2222. Der Erblasser kann
einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser bis zu dem
Eintritt einer angeordneten Nacherbfolge die Rechte des Nacherben ausübt und
dessen Pflichten erfüllt.
§ 2223. Der Erblasser kann
einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zwecke ernennen, daß dieser für die
Ausführung der einem Vermächtnißnehmer auferlegten Beschwerungen sorgt.
§ 2224. Mehrere
Testamentsvollstrecker führen das Amt gemeinschaftlich; bei einer
Meinungsverschiedenheit entscheidet das Nachlaßgericht. Fällt einer von ihnen
weg, so führen die übrigen das Amt allein. Der Erblasser kann abweichende
Anordnungen treffen.
Jeder
Testamentsvollstrecker ist berechtigt, ohne Zustimmung der anderen
Testamentsvollstrecker diejenigen Maßregeln zu treffen, welche zur Erhaltung
eines der gemeinschaftlichen Verwaltung unterliegenden Nachlaßgegenstandes
nothwendig sind.
§ 2225. Das Amt des
Testamentsvollstreckers erlischt, wenn er stirbt oder wenn ein Fall eintritt,
in welchem die Ernennung nach § 2201 unwirksam sein würde.
§ 2226. Der
Testamentsvollstrecker kann das Amt jederzeit kündigen. Die Kündigung erfolgt
durch Erklärung gegenüber dem Nachlaßgerichte. Die Vorschriften des § 671 Abs.
2, 3 finden entsprechende Anwendung.
§ 2227. Das Nachlaßgericht
kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Betheiligten entlassen,
wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe
Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Der Testamentsvollstrecker
soll vor der Entlassung wenn thunlich gehört werden.
§ 2228. Das Nachlaßgericht
hat die Einsicht der nach § 2198 Abs. 1 Satz 2, § 2199 Abs. 3, § 2202 Abs. 2, §
2226 Satz 2 abgegebenen Erklärungen Jedem zu gestatten, der ein rechtliches
Interesse glaubhaft macht.
Siebenter Titel.
Errichtung und Aufhebung
eines Testaments.
§ 2229. Wer in der
Geschäftfähigkeit beschränkt ist, bedarf zur Errichtung eines Testaments nicht
der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Ein Minderjähriger kann ein
Testament erst errichten, wenn er das sechzehnte Lebensjahr vollendet hat.
Wer wegen Geistesschwäche,
Verschwendung oder Trunksucht entmündigt ist, kann ein Testament nicht
errichten. Die Unfähigkeit tritt schon mit der Stellung des Antrags ein, auf
Grund dessen die Entmündigung erfolgt.
§ 2230. Hat ein
Entmündigter ein Testament errichtet, bevor der die Entmündigung aussprechende
Beschluß unanfechtbar geworden ist, so steht die Entmündigung der Gültigkeit
des Testaments nicht entgegen, wenn der Entmündigte noch vor dem Eintritte der
Unanfechtbarkeit stirbt.
Das Gleiche gilt, wenn der
Entmündigte nach der Stellung des Antrags auf Wiederaufhebung der Entmündigung
ein Testament errichtet und die Entmündigung dem Antrage gemäß wiederaufgehoben
wird.
§ 2231. Ein Testament kann
in ordentlicher Form errichtet werden:
1. vor einem Richter oder
vor einem Notar;
2. durch
eine von dem Erblasser unter Angabe des Ortes und Tages eigenhändig
geschriebene und unterschriebene Erklärung.
§ 2232. Für die Errichtung
eines Testaments vor einem Richter oder vor einem Notar gelten die Vorschriften
der §§ 2233 bis 2246.
§ 2233. Zur Errichtung des
Testaments muß der Richter einen Gerichtsschreiber oder zwei Zeugen, der Notar
einen zweiten Notar oder zwei Zeugen zuziehen.
§ 2234. Als Richter, Notar,
Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Errichtung des Testaments nicht
mitwirken:
1. der Ehegatte des
Erblassers, auch wenn die Ehe nicht mehr besteht;
2. wer
mit dem Erblasser in gerader Linie oder im zweiten Grade der Seitenlinie
verwandt oder verschwägert ist.
§ 2235. Als Richter, Notar,
Gerichtsschreiber oder Zeuge kann bei der Errichtung des Testaments nicht
mitwirken, wer in dem Testamente bedacht wird oder wer zu einem Bedachten in
einem Verhältnisse der im § 2234 bezeichneten Art steht.
Die Mitwirkung einer
hiernach ausgeschlossenen Person hat nur zur Folge, daß die Zuwendung an den
Bedachten nichtig ist.
§ 2236. Als
Gerichtsschreiber oder zweiter Notar oder Zeuge kann bei der Errichtung des
Testaments nicht mitwirken, wer zu dem Richter oder dem beurkundenden Notar in
einem Verhältnisse der im § 2234 bezeichneten Art steht.
§ 2237. Als Zeuge soll bei
der Errichtung des Testaments nicht mitwirken:
1. ein Minderjähriger;
2. wer
der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für
welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist;
3. wer
nach den Vorschriften der Strafgesetze unfähig ist, als Zeuge eidlich vernommen
zu werden;
4. wer
als Gesinde oder Gehülfe im Dienste des Richters oder des beurkundenden Notars
steht.
§ 2238. Die Errichtung des
Testaments erfolgt in der Weise, daß der Erblasser dem Richter oder dem Notar
seinen letzten Willen mündlich erklärt oder eine Schrift mit der mündlichen
Erklärung übergiebt, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte. Die
Schrift kann offen oder verschlossen übergeben werden. Sie kann von dem
Erblasser oder von einer anderen Person geschrieben sein.
Wer minderjährig ist oder
Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann das Testament nur durch mündliche
Erklärung errichten.
§ 2239. Die bei der
Errichtung des Testaments mitwirkenden Personen müssen während der ganzen
Verhandlung zugegen sein.
§ 2240. Ueber die
Errichtung des Testaments muß ein Protokoll in deutscher Sprache aufgenommen
werden.
§ 2241. Das Protokoll muß
enthalten:
1. Ort und Tag der
Verhandlung;
2. die Bezeichnung des
Erblassers und der bei der Verhandlung mitwirkenden Personen;
3. die
nach § 2238 erforderlichen Erklärungen des Erblassers und im Falle der
Uebergabe einer Schrift die Feststellung der Uebergabe.
§ 2242. Das Protokoll muß
vorgelesen, von dem Erblasser genehmigt und von ihm eigenhändig unterschrieben
werden. Im Protokolle muß festgestellt werden, daß
dies geschehen ist. Das Protokoll soll dem Erblasser auf Verlangen auch zur
Durchsicht vorgelegt werden.
Erklärt der Erblasser, daß
er nicht schreiben könne, so wird seine Unterschrift durch die Feststellung
dieser Erklärung im Protokoll ersetzt.
Das Protokoll muß von den
mitwirkenden Personen unterschrieben werden.
§ 2243. Wer nach der
Ueberzeugung des Richters oder des Notars stumm oder sonst am Sprechen
verhindert ist, kann das Testament nur durch Uebergabe einer Schrift errichten.
Er muß die Erklärung, daß die Schrift seinen letzten Willen enthalte, bei der
Verhandlung eigenhändig in das Protokoll oder auf ein besonderes Blatt
schreiben, das dem Protokoll als Anlage beigefügt werden muß.
Das eigenhändige
Niederschreiben der Erklärung sowie die Ueberzeugung des Richters oder des
Notars, daß der Erblasser am Sprechen verhindert ist, muß im
Protokolle festgestellt werden. Das Protokoll braucht von dem Erblasser
nicht besonders genehmigt zu werden.
§ 2244. Erklärt der
Erblasser, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, so muß bei der
Errichtung des Testaments ein vereideter Dolmetscher zugezogen werden. Auf den
Dolmetscher finden die nach den §§ 2234 bis 2237 für einen Zeugen geltenden
Vorschriften entsprechende Anwendung.
Das Protokoll muß in die
Sprache, in der sich der Erblasser erklärt, übersetzt werden. Die Uebersetzung
muß von dem Dolmetscher angefertigt oder beglaubigt und vorgelesen werden; die
Uebersetzung muß dem Protokoll als Anlage beigefügt werden.
Das Protokoll muß die
Erklärung des Erblassers, daß er der deutschen Sprache nicht mächtig sei, sowie
den Namen des Dolmetschers und die Feststellung enthalten, daß der Dolmetscher
die Uebersetzung angefertigt oder beglaubigt und sie vorgelesen hat. Der
Dolmetscher muß das Protokoll unterschreiben.
§ 2245. Sind sämmtliche
mitwirkende Personen ihrer Versicherung nach der Sprache, in der sich der
Erblasser erklärt, mächtig, so ist die Zuziehung eines Dolmetschers nicht
erforderlich.
Unterbleibt die Zuziehung
eines Dolmetschers, so muß das Protokoll in der fremden Sprache aufgenommen
werden und die Erklärung des Erblassers, daß er der deutschen Sprache nicht
mächtig sei, sowie die Versicherung der mitwirkenden Personen, daß sie der
fremden Sprache mächtig seien, enthalten. Eine deutsche Uebersetzung soll als
Anlage beigefügt werden.
§ 2246. Das über die
Errichtung des Testaments aufgenommene Protokoll soll nebst Anlagen,
insbesondere im Falle der Errichtung durch Uebergabe einer Schrift nebst dieser
Schrift, von dem Richter oder dem Notar in Gegenwart der übrigen mitwirkenden
Personen und des Erblassers mit dem Amtssiegel verschlossen, mit einer das
Testament näher bezeichnenden Aufschrift, die von dem Richter oder dem Notar zu
unterschreiben ist, versehen und in besondere amtliche Verwahrung gebracht
werden.
Dem Erblasser soll über das in amtliche
Verwahrung genommene Testament ein Hinterlegungsschein ertheilt werden.
§ 2247. Wer minderjährig
ist oder Geschriebenes nicht zu lesen vermag, kann ein Testament nicht nach §
2231 Nr. 2 errichten.
§ 2248. Ein nach § 2231 Nr.
2 errichtetes Testament ist auf Verlangen des Erblassers in amtliche Verwahrung
zu nehmen. Die Vorschrift des § 2246 Abs. 2 findet Anwendung.
§ 2249. Ist zu besorgen,
daß der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments vor
einem Richter oder vor einem Notar möglich ist, so kann er das Testament vor
dem Vorsteher der Gemeinde, in der er sich aufhält, oder, falls er sich in dem
Bereich eines durch Landesgesetz einer Gemeinde gleichgestellten Verbandes oder
Gutsbezirkes aufhält, vor dem Vorsteher dieses Verbandes oder Bezirkes
errichten. Der Vorsteher muß zwei Zeugen zuziehen. Die Vorschriften der §§ 2234
bis 2246 finden Anwendung; der Vorsteher tritt an die Stelle des Richters oder
des Notars.
Die Besorgniß, daß die
Errichtung eines Testaments vor einem Richter oder vor einem Notar nicht mehr
möglich sein werde, muß im Protokolle festgestellt
werden. Der Gültigkeit des Testaments steht nicht entgegen, daß die Besorgniß
nicht begründet war.
§ 2250. Wer sich an einem
Orte aufhält, der in Folge des Ausbruchs einer Krankheit oder in Folge
sonstiger außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, daß die
Errichtung eines Testaments vor einem Richter oder vor einem Notar nicht
möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament in der durch den §
2249 Abs. 1 bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen
errichten.
Wird die mündliche
Erklärung vor drei Zeugen gewählt, so muß über die Errichtung des Testaments
ein Protokoll aufgenommen werden. Auf die Zeugen finden die Vorschriften der §§
2234, 2235 und des § 2237 Nr. 1 bis 3, auf das Protokoll finden die
Vorschriften der §§ 2240 bis 2242, 2245 Anwendung. Unter Zuziehung eines
Dolmetschers kann ein Testament in dieser Form nicht errichtet werden.
§ 2251. Wer sich während
einer Seereise an Bord eines deutschen, nicht zur Kaiserlichen Marine
gehörenden Fahrzeugs außerhalb eines inländischen Hafens befindet, kann ein
Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen nach § 2250 errichten.
§ 2252. Ein nach § 2249, §
2250 oder § 2251 errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn seit der
Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt.
Beginn und Lauf der Frist
sind gehemmt, solange der Erblasser außer Stande ist, ein Testament vor einem
Richter oder vor einem Notar zu errichten.
Tritt im Falle des § 2251
der Erblasser vor dem Ablaufe der Frist eine neue Seereise an, so wird die
Frist dergestalt unterbrochen, daß nach der Beendigung der neuen Reise die
volle Frist von neuem zu laufen beginnt.
Wird der Erblasser nach dem
Ablaufe der Frist für todt erklärt, so behält das Testament seine Kraft, wenn
die Frist zu der Zeit, zu welcher der Erblasser den vorhandenen Nachrichten
zufolge noch gelebt hat, noch nicht verstrichen war.
§ 2253. Ein Testament sowie
eine einzelne in einem Testament enthaltene Verfügung kann von dem Erblasser
jederzeit widerrufen werden.
Die Entmündigung des
Erblassers wegen Geistesschwäche, Verschwendung oder Trunksucht steht dem
Widerruf eines vor der Entmündigung errichteten Testaments nicht entgegen.
§ 2254. Der Widerruf
erfolgt durch Testament.
§ 2255. Ein Testament kann
auch dadurch widerrufen werden, daß der Erblasser in der Absicht, es
aufzuheben, die Testamentsurkunde vernichtet oder an ihr Veränderungen
vornimmt, durch die der Wille, eine schriftliche Willenserklärung aufzuheben,
ausgedrückt zu werden pflegt.
Hat der Erblasser die
Testamentsurkunde vernichtet oder in der bezeichneten Weise verändert, so wird
vermuthet, daß er die Aufhebung des Testaments beabsichtigt habe.
§ 2256. Ein vor einem
Richter oder vor einem Notar oder nach § 2249 errichtetes Testament gilt als
widerrufen, wenn die in amtliche Verwahrung genommene Urkunde dem Erblasser
zurückgegeben wird.
Der Erblasser kann die
Rückgabe jederzeit verlangen. Die Rückgabe darf nur an den Erblasser persönlich
erfolgen.
Die Vorschriften des Abs. 2
gelten auch für ein nach § 2248 hinterlegtes Testament; die Rückgabe ist auf
die Wirksamkeit des Testaments ohne Einfluß.
§ 2257. Wird der durch
Testament erfolgte Widerruf einer letztwilligen Verfügung widerrufen, so ist
die Verfügung wirksam, wie wenn sie nicht widerrufen worden wäre.
§ 2258. Durch die
Errichtung eines Testaments wird ein früheres Testament insoweit aufgehoben,
als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht.
Wir das spätere Testament
widerrufen, so ist das frühere Testament in gleicher Weise wirksam, wie wenn es
nicht aufgehoben worden wäre.
§ 2259. Wer ein Testament,
das nicht in amtliche Verwahrung gebracht ist, im Besitze hat, ist
verpflichtet, es unverzüglich, nachdem er von dem Tode des Erblassers Kenntniß
erlangt hat, an das Nachlaßgericht abzuliefern.
Befindet sich ein Testament
bei einer anderen Behörde als einem Gericht oder befindet es sich bei einem
Notar in amtlicher Verwahrung, so ist es nach dem Tode des Erblassers an das
Nachlaßgericht abzuliefern. Das Nachlaßgericht hat, wenn es von dem Testamente
Kenntniß erlangt, die Ablieferung zu veranlassen.
§ 2260. Das Nachlaßgericht
hat, sobald es von dem Tode des Erblassers Kenntniß erlangt, zur Eröffnung
eines in seiner Verwahrung befindlichen Testaments einen Termin zu bestimmen.
Zu dem Termine sollen die gesetzlichen Erben des
Erblassers und die sonstigen Betheiligten soweit thunlich geladen werden.
In dem Termin ist das
Testament zu öffnen, den Betheiligten zu verkünden und ihnen auf Verlangen
vorzulegen. Die Verkündung darf im Falle der Vorlegung unterbleiben.
Ueber die Eröffnung ist ein
Protokoll aufzunehmen. War das Testament verschlossen, so ist
in dem Protokolle festzustellen, ob der Verschluß unversehrt war.
§ 2261. Hat ein anderes
Gericht als das Nachlaßgericht das Testament in amtlicher Verwahrung, so liegt
dem anderen Gerichte die Eröffnung des Testaments ob. Das Testament ist nebst
einer beglaubigten Abschrift des über die Eröffnung aufgenommenen Protokolls
dem Nachlaßgerichte zu übersenden; eine beglaubigte Abschrift des Testaments
ist zurückzubehalten.
§ 2262. Das Nachlaßgericht
hat die Betheiligten, welche bei der Eröffnung des Testaments nicht zugegen
gewesen sind, von dem sie betreffenden Inhalte des Testaments in Kenntniß zu
setzen.
§ 2263. Eine Anordnung des
Erblassers, durch die er verbietet, das Testament alsbald nach seinem Tode zu
eröffnen, ist nichtig.
§ 2264. Wer ein rechtliches
Interesse glaubhaft macht, ist berechtigt, von einem eröffneten Testament
Einsicht zu nehmen sowie eine Abschrift des Testaments oder einzelner Theile zu
fordern; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
Achter Titel.
Gemeinschaftliches
Testament.
§ 2265. Ein
gemeinschaftliches Testament kann nur von Ehegatten errichtet werden.
§ 2266. Ein
gemeinschaftliches Testament kann nach § 2249 auch dann errichtet werden, wenn
die Voraussetzung des § 2249 nur auf Seiten eines der Ehegatten vorliegt.
§ 2267. Zur Errichtung
eines gemeinschaftlichen Testaments nach § 2231 Nr. 2 genügt es, wenn einer der
Ehegatten das Testament in der dort vorgeschriebenen Form errichtet und der
andere Ehegatte die Erklärung beifügt, daß das Testament auch als sein
Testament gelten solle. Die Erklärung muß unter Angabe des Ortes und Tages
eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden.
§ 2268. Ein
gemeinschaftliches Testament ist in den Fällen des § 2077 seinem ganzen Inhalte
nach unwirksam.
Wird die Ehe vor dem Tode
eines der Ehegatten aufgelöst oder liegen die Voraussetzungen des § 2077 Abs. 1
Satz 2 vor, so bleiben die Verfügungen insoweit wirksam, als anzunehmen ist,
daß sie auch für diesen Fall getroffen sein würden.
§ 2269. Haben die Ehegatten
in einem gemeinschaftlichen Testamente, durch das sie sich gegenseitig als
Erben einsetzen, bestimmt, daß nach dem Tode des Ueberlebenden der
beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen soll, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß der Dritte für den gesammten Nachlaß als Erbe des zuletzt
versterbenden Ehegatten eingesetzt ist.
Haben die Ehegatten in
einem solchen Testament ein Vermächtniß angeordnet, das nach dem Tode des
Ueberlebenden erfüllt werden soll, so ist im Zweifel anzunehmen, daß das
Vermächtniß dem Bedachten erst mit dem Tode des Ueberlebenden anfallen soll.
§ 2270. Haben die Ehegatten
in einem gemeinschaftlichen Testamente Verfügungen getroffen, von denen
anzunehmen ist, daß die Verfügung des einen nicht ohne die Verfügung des
anderen getroffen sein würde, so hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der
einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge.
Ein solches Verhältniß der
Verfügungen zu einander ist im Zweifel anzunehmen, wenn sich die Ehegatten
gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen Ehegatten
eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Ueberlebens des Bedachten eine
Verfügung zu Gunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten
verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.
Auf andere Verfügungen als
Erbeinsetzungen, Vermächtnisse oder Auflagen findet die Vorschrift des Abs. 1
keine Anwendung.
§ 2271. Der Widerruf einer
Verfügung, die mit einer Verfügung des anderen Ehegatten in dem im § 2270
bezeichneten Verhältnisse steht, erfolgt bei Lebzeiten der Ehegatten nach den
für den Rücktritt von einem Erbvertrage geltenden Vorschriften des § 2296.
Durch eine neue Verfügung von Todeswegen kann ein Ehegatte bei Lebzeiten des
anderen seine Verfügung nicht einseitig aufheben.
Das Recht zum Widerruf
erlischt mit dem Tode des anderen Ehegatten; der Ueberlebende kann jedoch seine
Verfügung aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt. Auch nach der
Annahme der Zuwendung ist der Ueberlebende zur Aufhebung nach Maßgabe des §
2294 und des § 2336 berechtigt.
Ist ein
pflichttheilsberechtigter Abkömmling der Ehegatten oder eines der Ehegatten
bedacht, so findet die Vorschrift des § 2289 Abs. 2 entsprechende Anwendung.
§ 2272. Ein
gemeinschaftliches Testament kann nach § 2256 nur von beiden Ehegatten
zurückgenommen werden.
§ 2273. Bei der Eröffnung
eines gemeinschaftlichen Testaments sind die Verfügungen des überlebenden
Ehegatten, soweit sie sich sondern lassen, weder zu verkünden noch sonst zur
Kenntniß der Betheiligten zu bringen. Von den Verfügungen des verstorbenen
Ehegatten ist eine beglaubigte Abschrift anzufertigen. Das Testament ist wieder
zu verschließen und in die besondere amtliche Verwahrung zurückzubringen.
Vierter Abschnitt.
Erbvertrag.
§ 2274. Der Erblasser kann
einen Erbvertrag nur persönlich schließen.
§ 2275. Einen Erbvertrag
kann als Erblasser nur schließen, wer unbeschränkt geschäftsfähig ist.
Ein Ehegatte kann als
Erblasser mit seinem Ehegatten einen Erbvertrag schließen, auch wenn er in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt ist. Er bedarf in diesem Falle der Zustimmung
seines gesetzlichen Vertreters; ist der gesetzliche Vertreter ein Vormund, so
ist auch die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts erforderlich.
Die Vorschriften des Abs. 2
gelten auch für Verlobte.
§ 2276. Ein Erbvertrag kann
nur vor einem Richter oder vor einem Notar bei gleichzeitiger Anwesenheit
beider Theile geschlossen werden. Die Vorschriften der §§ 2233 bis 2245 finden
Anwendung; was nach diesen Vorschriften für den Erblasser gilt, gilt für jeden
der Vertragschließenden.
Für einen Erbvertrag
zwischen Ehegatten oder zwischen Verlobten, der mit einem Ehevertrag in
derselben Urkunde verbunden wird, genügt die für den Ehevertrag vorgeschriebene
Form.
§ 2277. Die über einen
Erbvertrag aufgenommene Urkunde soll nach Maßgabe des § 2246 verschlossen, mit
einer Aufschrift versehen und in besondere amtliche Verwahrung gebracht werden,
sofern nicht die Parteien das Gegentheil verlangen. Das Gegentheil gilt im
Zweifel als verlangt, wenn der Erbvertrag mit einem anderen Vertrag in
derselben Urkunde verbunden wird.
Ueber einen in besondere
amtliche Verwahrung genommenen Erbvertrag soll jedem
der Vertragschließenden ein Hinterlegungsschein ertheilt werden.
§ 2278. In einem
Erbvertrage kann jeder der Vertragschließenden vertragsmäßige Verfügungen von
Todeswegen treffen.
Andere Verfügungen als
Erbeinsetzungen, Vermächtnisse und Auflagen können vertragsmäßig nicht
getroffen werden.
§ 2279. Auf vertragsmäßige
Zuwendungen und Auflagen finden die für letztwillige
Zuwendungen und Auflagen geltenden Vorschriften entsprechende Anwendung.
Die Vorschriften des § 2077
gelten für einen Erbvertrag zwischen Ehegatten oder Verlobten auch insoweit,
als ein Dritter bedacht ist.
§ 2280. Haben Ehegatten in
einem Erbvertrage, durch den sie sich gegenseitig als Erben einsetzen,
bestimmt, daß nach dem Tode des Ueberlebenden der beiderseitige Nachlaß an
einen Dritten fallen soll, oder ein Vermächtniß angeordnet, das nach dem Tode
des Ueberlebenden zu erfüllen ist, so finden die Vorschriften des § 2269 entsprechende
Anwendung.
§ 2281. Der Erbvertrag kann
auf Grund der §§ 2078, 2079 auch von dem Erblasser angefochten werden; zur
Anfechtung auf Grund des § 2079 ist erforderlich, daß der
Pflichttheilsberechtigte zur Zeit der Anfechtung vorhanden ist.
Soll nach dem Tode des
anderen Vertragschließenden eine zu Gunsten eines Dritten getroffene Verfügung
von dem Erblasser angefochten werden, so ist die Anfechtung dem Nachlaßgerichte
gegenüber zu erklären. Das Nachlaßgericht soll die Erklärung dem Dritten mittheilen.
§ 2282. Die Anfechtung kann
nicht durch einen Vertreter des Erblassers erfolgen. Ist der Erblasser in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er zur Anfechtung nicht der Zustimmung
seines gesetzlichen Vertreters.
Für einen
geschäftsunfähigen Erblasser kann sein gesetzlicher Vertreter mit Genehmigung
des Vormundschaftsgerichts den Erbvertrag anfechten.
Die Anfechtungserklärung
bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 2283. Die Anfechtung
durch den Erblasser kann nur binnen Jahresfrist erfolgen.
Die Frist beginnt im Falle
der Anfechtbarkeit wegen Drohung mit dem Zeitpunkt, in welchem die Zwangslage
aufhört, in den übrigen Fällen mit dem Zeitpunkt, in welchem der Erblasser von
dem Anfechtungsgrunde Kenntniß erlangt. Auf den Lauf der Frist finden die für
die Verjährung geltenden Vorschriften der §§ 203, 206 entsprechende Anwendung.
Hat im Falle des § 2282
Abs. 2 der gesetzliche Vertreter den Erbvertrag nicht rechtzeitig angefochten,
so kann nach dem Wegfalle der Geschäftsunfähigkeit der Erblasser selbst den
Erbvertrag in gleicher Weise anfechten, wie wenn er ohne gesetzlichen Vertreter
gewesen wäre.
§ 2284. Die Bestätigung
eines anfechtbaren Erbvertrags kann nur durch den Erblasser persönlich
erfolgen. Ist der Erblasser in der Geschäftsfähigkeit beschränkt, so ist die
Bestätigung ausgeschlossen.
§ 2285. Die im § 2080
bezeichneten Personen können den Erbvertrag auf Grund der §§ 2078, 2079 nicht
mehr anfechten, wenn das Anfechtungsrecht des Erblassers zur Zeit des Erbfalls
erloschen ist.
§ 2286. Durch den
Erbvertrag wird das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch
Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt.
§ 2287. Hat der Erblasser
in der Absicht, den Vertragserben zu beeinträchtigen, eine Schenkung gemacht,
so kann der Vertragserbe, nachdem ihm die Erbschaft angefallen ist, von dem
Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die
Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern.
Der Anspruch verjährt in
drei Jahren von dem Anfalle der Erbschaft an.
§ 2288. Hat der Erblasser
den Gegenstand eines vertragsmäßig angeordneten Vermächtnisses in der Absicht,
den Bedachten zu beeinträchtigen, zerstört, bei Seite geschafft oder
beschädigt, so tritt, soweit der Erbe dadurch außer Stand gesetzt ist, die
Leistung zu bewirken, an die Stelle des Gegenstandes der Werth.
Hat der Erblasser den
Gegenstand in der Absicht, den Bedachten zu beeinträchtigen, veräußert oder
belastet, so ist der Erbe verpflichtet, dem Bedachten den Gegenstand zu
verschaffen oder die Belastung zu beseitigen; auf diese Verpflichtung finden
die Vorschriften des § 2170 Abs. 2 entsprechende Anwendung. Ist die Veräußerung
oder die Belastung schenkweise erfolgt, so steht dem Bedachten, soweit er
Ersatz nicht von dem Erben erlangen kann, der im § 2287 bestimmte Anspruch
gegen den Beschenkten zu.
§ 2289. Durch den
Erbvertrag wird eine frühere letztwillige Verfügung des Erblassers aufgehoben,
soweit sie das Recht des vertragsmäßig Bedachten beeinträchtigen würde. In dem
gleichen Umfang ist eine spätere Verfügung von Todeswegen unwirksam,
unbeschadet der Vorschrift des § 2297.
Ist der Bedachte ein
pflichttheilsberechtigter Abkömmling des Erblassers, so kann der Erblasser
durch eine spätere letztwillige Verfügung die nach § 2338 zulässigen Anordnungen
treffen.
§ 2290. Ein Erbvertrag
sowie eine einzelne vertragsmäßige Verfügung kann durch Vertrag von den
Personen aufgehoben werden, die den Erbvertrag geschlossen haben. Nach dem Tode
einer dieser Personen kann die Aufhebung nicht mehr erfolgen.
Der Erblasser kann den
Vertrag nur persönlich schließen. Ist er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt,
so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters.
Steht der andere Theil
unter Vormundschaft, so ist die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts
erforderlich. Das Gleiche gilt, wenn er unter elterlicher Gewalt steht, es sei
denn, daß der Vertrag unter Ehegatten oder unter Verlobten geschlossen wird.
Der Vertrag bedarf der im §
2276 für den Erbvertrag vorgeschriebenen Form.
§ 2291. Eine vertragsmäßige
Verfügung, durch die ein Vermächtniß oder eine Auflage angeordnet ist, kann von
dem Erblasser durch Testament aufgehoben werden. Zur Wirksamkeit der Aufhebung
ist die Zustimmung des anderen Vertragschließenden erforderlich; die
Vorschriften des § 2290 Abs. 3 finden Anwendung.
Die Zustimmungserklärung
bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung; die Zustimmung ist
unwiderruflich.
§ 2292. Ein zwischen
Ehegatten geschlossener Erbvertrag kann auch durch ein gemeinschaftliches
Testament der Ehegatten aufgehoben werden; die Vorschriften des § 2290 Abs. 3
finden Anwendung.
§ 2293. Der Erblasser kann
von dem Erbvertrage zurücktreten, wenn er sich den Rücktritt im Vertrage
vorbehalten hat.
§ 2294. Der Erblasser kann
von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn sich der Bedachte einer
Verfehlung schuldig macht, die den Erblasser zur Entziehung des Pflichttheils
berechtigt oder, falls der Bedachte nicht zu den Pflichttheilsberechtigten
gehört, zu der Entziehung berechtigen würde, wenn der Bedachte ein Abkömmling
des Erblassers wäre.
§ 2295. Der Erblasser kann
von einer vertragsmäßigen Verfügung zurücktreten, wenn die Verfügung mit
Rücksicht auf eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Bedachten, dem
Erblasser für dessen Lebenszeit wiederkehrende Leistungen zu entrichten,
insbesondere Unterhalt zu gewähren, getroffen ist und die Verpflichtung vor dem
Tode des Erblassers aufgehoben wird.
§ 2296. Der Rücktritt kann
nicht durch einen Vertreter erfolgen. Ist der Erblasser in der
Geschäftsfähigkeit beschränkt, so bedarf er nicht der Zustimmung seines
gesetzlichen Vertreters.
Der Rücktritt erfolgt durch
Erklärung gegenüber dem anderen Vertragschließenden. Die Erklärung bedarf der
gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 2297. Soweit der Erblasser
zum Rücktritte berechtigt ist, kann er nach dem Tode des anderen
Vertragsschließenden die vertragsmäßige Verfügung durch Testament aufheben. In
den Fällen des § 2294 finden die Vorschriften des § 2336 Abs. 2 bis 4
entsprechende Anwendung.
§ 2298. Sind in einem
Erbvertrage von beiden Theilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen, so hat die
Nichtigkeit einer dieser Verfügungen die Unwirksamkeit des ganzen Vertrags zur
Folge.
Ist in einem solchen
Vertrage der Rücktritt vorbehalten, so wird durch den Rücktritt eines der
Vertragschließenden der ganze Vertrag aufgehoben. Das Rücktrittsrecht erlischt
mit dem Tode des anderen Vertragschließenden. Der Ueberlebende kann jedoch,
wenn er das ihm durch den Vertrag Zugewendete ausschlägt, seine Verfügung durch
Testament aufheben.
Die Vorschriften des Abs. 1
und des Abs. 2 Satz 1, 2 finden keine Anwendung, wenn ein anderer Wille der
Vertragschließenden anzunehmen ist.
§ 2299. Jeder der
Vertragschließenden kann in dem Erbvertrag einseitig jede Verfügung treffen,
die durch Testament getroffen werden kann.
Für eine Verfügung dieser
Art gilt das Gleiche, wie wenn sie durch Testament getroffen worden wäre. Die
Verfügung kann auch in einem Vertrag aufgehoben werden, durch den eine
vertragsmäßige Verfügung aufgehoben wird.
Wird der Erbvertrag durch
Ausübung des Rücktrittsrechts oder durch Vertrag aufgehoben, so tritt die
Verfügung außer Kraft, sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen
ist.
§ 2300. Die für die
Eröffnung eines Testaments geltenden Vorschriften der §§ 2259 bis 2263, 2273
finden auf den Erbvertrag entsprechende Anwendung, die Vorschriften des § 2273
Satz 2, 3 jedoch nur dann, wenn sich der Erbvertrag in besonderer amtlicher
Verwahrung befindet.
§ 2301. Auf ein
Schenkungsversprechen, welches unter der Bedingung ertheilt wird, daß der
Beschenkte den Schenker überlebt, finden die Vorschriften über Verfügungen von
Todeswegen Anwendung. Das Gleiche gilt für ein schenkweise unter dieser
Bedingung ertheiltes Schuldversprechen oder Schuldanerkenntniß der in den §§
780, 781 bezeichneten Art.
Vollzieht der Schenker die
Schenkung durch Leistung des zugewendeten Gegenstandes, so finden die
Vorschriften über Schenkungen unter Lebenden Anwendung.
§ 2302. Ein Vertrag, durch
den sich Jemand verpflichtet, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder
nicht zu errichten, aufzuheben oder nicht aufzuheben, ist nichtig.
Fünfter Abschnitt.
Pflichttheil.
§ 2303. Ist ein Abkömmling
des Erblassers durch Verfügung von Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen,
so kann er von dem Erben den Pflichttheil verlangen. Der Pflichttheil besteht
in der Hälfte des Werthes des gesetzlichen Erbtheils.
Das gleiche Recht steht den
Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von
Todeswegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind.
§ 2304. Die Zuwendung des
Pflichttheils ist im Zweifel nicht als Erbeinsetzung anzusehen.
§ 2305. Ist einem
Pflichttheilsberechtigten ein Erbtheil hinterlassen, der geringer ist als die
Hälfte des gesetzlichen Erbtheils, so kann der Pflichttheilsberechtigte von den
Miterben als Pflichttheil den Werth des an der Hälfte fehlenden Theiles
verlangen.
§ 2306. Ist ein als Erbe
berufener Pflichttheilsberechtigter durch die Einsetzung eines Nacherben, die
Ernennung eines Testamentsvollstreckers oder eine Theilungsanordnung beschränkt
oder ist er mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert, so gilt die
Beschränkung oder die Beschwerung als nicht angeordnet, wenn der ihm
hinterlassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils nicht übersteigt.
Ist der hinterlassene Erbtheil größer, so kann der Pflichttheilsberechtigte den
Pflichttheil verlangen, wenn er den Erbtheil ausschlägt; die Ausschlagungsfrist
beginnt erst, wenn der Pflichttheilsberechtigte von der Beschränkung oder der
Beschwerung Kenntniß erlangt.
Einer Beschränkung der
Erbeinsetzung steht es gleich, wenn der Pflichttheilsberechtigte als Nacherbe
eingesetzt ist.
§ 2307. Ist ein
Pflichttheilsberechtigter mit einem Vermächtnisse bedacht, so kann er den
Pflichttheil verlangen, wenn er das Vermächtniß
ausschlägt. Schlägt er nicht aus, so steht ihm ein Recht auf den Pflichttheil
nicht zu, soweit der Werth des Vermächtnisses reicht; bei der Berechnung des
Werthes bleiben Beschränkungen und Beschwerungen der im § 2306 bezeichneten Art
außer Betracht.
Der mit dem Vermächtnisse
beschwerte Erbe kann den Pflichttheilsberechtigten unter Bestimmung einer
angemessenen Frist zur Erklärung über die Annahme des Vermächtnisses
auffordern. Mit dem Ablaufe der Frist gilt das Vermächtniß als ausgeschlagen,
wenn nicht vorher die Annahme erklärt wird.
§ 2308. Hat ein
Pflichttheilsberechtigter, der als Erbe oder als Vermächtnißnehmer in der im §
2306 bezeichneten Art beschränkt oder beschwert ist, die Erbschaft oder das
Vermächtniß ausgeschlagen, so kann er die Ausschlagung anfechten, wenn die
Beschränkung oder die Beschwerung zur Zeit der Ausschlagung weggefallen und der
Wegfall ihm nicht bekannt war.
Auf die Anfechtung der
Ausschlagung eines Vermächtnisses finden die für die
Anfechtung der Ausschlagung einer Erbschaft geltenden Vorschriften
entsprechende Anwendung. Die Anfechtung erfolgt durch Erklärung gegenüber dem
Beschwerten.
§ 2309. Entferntere
Abkömmlinge und die Eltern des Erblassers sind insoweit nicht
pflichttheilsberechtigt, als ein Abkömmling, der sie im Falle der gesetzlichen
Erbfolge ausschließen würde, den Pflichttheil verlangen kann oder das ihm
Hinterlassene annimmt.
§ 2310. Bei der
Feststellung des für die Berechnung des Pflichttheils maßgebenden Erbtheils
werden diejenigen mitgezählt, welche durch letztwillige Verfügung von der
Erbfolge ausgeschlossen sind oder die Erbschaft ausgeschlagen haben oder für
erbunwürdig erklärt sind. Wer durch Erbverzicht von der gesetzlichen Erbfolge
ausgeschlossen ist, wird nicht mitgezählt.
§ 2311. Der Berechnung des
Pflichttheils wird der Bestand und der Werth des
Nachlasses zur Zeit des Erbfalls zu Grunde gelegt. Bei der Berechnung des
Pflichttheils der Eltern des Erblassers bleibt der dem
überlebenden Ehegatten gebührende Voraus außer Ansatz.
Der Werth ist, soweit erforderlich,
durch Schätzung zu ermitteln. Eine vom Erblasser getroffene Werthbestimmung ist
nicht maßgebend.
§ 2312. Hat der Erblasser
angeordnet oder ist nach § 2049 anzunehmen, daß einer von mehreren Erben das
Recht haben soll, ein zum Nachlasse gehörendes Landgut zu dem Ertragswerthe zu
übernehmen, so ist, wenn von dem Rechte Gebrauch gemacht wird, der Ertragswerth
auch für die Berechnung des Pflichttheils maßgebend. Hat der Erblasser einen
anderen Uebernahmepreis bestimmt, so ist dieser maßgebend, wenn er den
Ertragswerth erreicht und den Schätzungswerth nicht übersteigt.
Hinterläßt der Erblasser
nur einen Erben, so kann er anordnen, daß der Berechnung des Pflichttheils der
Ertragswerth oder ein nach Abs. 1 Satz 2 bestimmter Werth zu Grunde gelegt
werden soll.
Diese Vorschriften finden
nur Anwendung, wenn der Erbe, der das Landgut erwirbt, zu den im § 2303
bezeichneten pflichttheilsberechtigten Personen gehört.
§ 2313. Bei der
Feststellung des Werthes des Nachlasses bleiben Rechte und Verbindlichkeiten,
die von einer aufschiebenden Bedingung abhängig sind, außer Ansatz. Rechte und
Verbindlichkeiten, die von einer auflösenden Bedingung abhängig sind, kommen
als unbedingte in Ansatz. Tritt die Bedingung ein, so hat die der veränderten
Rechtslage entsprechende Ausgleichung zu erfolgen.
Für ungewisse oder
unsichere Rechte sowie für zweifelhafte Verbindlichkeiten gilt das Gleiche wie
für Rechte und Verbindlichkeiten, die von einer aufschiebenden Bedingung
abhängig sind. Der Erbe ist dem Pflichttheilsberechtigten gegenüber
verpflichtet, für die Feststellung eines ungewissen und für die Verfolgung
eines unsicheren Rechtes zu sorgen, soweit es einer ordnungsmäßigen Verwaltung
entspricht.
§ 2314. Ist der
Pflichttheilsberechtigte nicht Erbe, so hat ihm der Erbe auf Verlangen über den
Bestand des Nachlasses Auskunft zu ertheilen. Der Pflichttheilsberechtigte kann
verlangen, daß er bei der Aufnahme des ihm nach § 260 vorzulegenden
Verzeichnisses der Nachlaßgegenstände zugezogen und daß der Werth der
Nachlaßgegenstände ermittelt wird. Er kann auch verlangen, daß das Verzeichniß
durch die zuständige Behörde oder durch einen zuständigen Beamten oder Notar
aufgenommen wird.
Die Kosten fallen dem
Nachlasse zur Last.
§ 2315. Der
Pflichttheilsberechtigte hat sich auf den Pflichttheil anrechnen zu lassen, was
ihm von dem Erblasser durch Rechtsgeschäft unter Lebenden mit der Bestimmung
zugewendet worden ist, daß es auf den Pflichttheil angerechnet werden soll.
Der Werth der Zuwendung
wird bei der Bestimmung des Pflichttheils dem Nachlasse hinzugerechnet. Der
Werth bestimmt sich nach der Zeit, zu welcher die Zuwendung erfolgt ist.
Ist der
Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so findet die
Vorschrift des § 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§ 2316. Der Pflichttheil eines
Abkömmlinges bestimmt sich, wenn mehrere Abkömmlinge vorhanden sind und unter
ihnen im Falle der gesetzlichen Erbfolge eine Zuwendung des Erblassers zur
Ausgleichung zu bringen sein würde, nach demjenigen, was auf den gesetzlichen
Erbtheil unter Berücksichtigung der Ausgleichungspflicht bei der Theilung
entfallen würde. Ein Abkömmling, der durch Erbverzicht von der gesetzlichen
Erbfolge ausgeschlossen ist, bleibt bei der Berechnung außer Betracht.
Ist der
Pflichttheilsberechtigte Erbe und beträgt der Pflichttheil nach Abs. 1 mehr als
der Werth des hinterlassenen Erbtheils, so kann der Pflichttheilsberechtigte
von den Miterben den Mehrbetrag als Pflichttheil verlangen, auch wenn der
hinterlassene Erbtheil die Hälfte des gesetzlichen Erbtheils erreicht oder
übersteigt.
Eine Zuwendung der im §
2050 Abs. 1 bezeichneten Art kann der Erblasser nicht zum Nachtheil eines
Pflichttheilsberechtigten von der Berücksichtigung ausschließen.
Ist eine nach Abs. 1 zu
berücksichtigende Zuwendung zugleich nach § 2315 auf den Pflichttheil
anzurechnen, so kommt sie auf diesen nur mit der Hälfte des Werthes zur
Anrechnung.
§ 2317. Der Anspruch auf
den Pflichttheil entsteht mit dem Erbfalle.
Der Anspruch ist vererblich
und übertragbar.
§ 2318. Der Erbe kann die
Erfüllung eines ihm auferlegten Vermächtnisses soweit verweigern, daß die
Pflichttheilslast von ihm und dem Vermächtnißnehmer verhältnißmäßig getragen
wird. Das Gleiche gilt von einer Auflage.
Einem
Pflichttheilsberechtigten Vermächtnißnehmer gegenüber ist die Kürzung nur
soweit zulässig, daß ihm der Pfichttheil verbleibt.
Ist der Erbe selbst
pflichttheilsberechtigt, so kann er wegen der Pflichttheilslast das Vermächtniß
und die Auflage soweit kürzen, daß ihm sein eigener Pflichttheil verbleibt.
§ 2319. Ist einer von mehreren
Erben selbst pflichttheilsberechtigt, so kann er nach der Theilung die
Befriedigung eines anderen Pflichttheilsberechtigten soweit verweigern, daß ihm
sein eigener Pflichttheil verbleibt. Für den Ausfall haften die übrigen Erben.
§ 2320. Wer an Stelle des
Pflichttheilsberechtigten gesetzlicher Erbe wird, hat im Verhältnisse zu
Miterben die Pflichttheilslast und, wenn der Pflichttheilsberechtigte ein ihm
zugewendetes Vermächtniß annimmt, das Vermächtniß in Höhe des erlangten
Vortheils zu tragen.
Das Gleiche gilt im Zweifel
von demjenigen, welchem der Erblasser den Erbtheil des
Pflichttheilsberechtigten durch Verfügung von Todeswegen zugewendet hat.
§ 2321. Schlägt der
Pflichttheilsberechtigte ein ihm zugewendetes Vermächtniß aus, so hat im
Verhältnisse der Erben und der Vermächtnißnehmer zu einander derjenige, welchem
die Ausschlagung zu Statten kommt, die Pflichttheilslast in Höhe des erlangten
Vortheils zu tragen.
§ 2322. Ist eine von dem
Pflichttheilsberechtigten ausgeschlagene Erbschaft oder ein von ihm
ausgeschlagenes Vermächtniß mit einem Vermächtniß oder einer Auflage beschwert,
so kann derjenige, welchem die Ausschlagung zu Statten kommt, das Vermächtniß
oder die Auflage soweit kürzen, daß ihm der zur Deckung der Pflichttheilslast
erforderliche Betrag verbleibt.
§ 2323. Der Erbe kann die
Erfüllung eines Vermächtnisses oder einer Auflage auf Grund des § 2318 Abs. 1
insoweit nicht verweigern, als er die Pflichttheilslast nach den §§ 2320 bis
2322 nicht zu tragen hat.
§ 2324. Der Erblasser kann
durch Verfügung von Todeswegen die Pflichttheilslast im Verhältnisse der Erben
zu einander einzelnen Erben auferlegen und von den Vorschriften des § 2318 Abs.
1 und der §§ 2320 bis 2323 abweichende Anordnungen treffen.
§ 2325. Hat der Erblasser
einem Dritten eine Schenkung gemacht, so kann der Pflichttheilsberechtigte als
Ergänzung des Pflichttheils den Betrag verlangen, um den sich der Pflichttheil
erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlasse hinzugerechnet wird.
Eine verbrauchbare Sache
kommt mit dem Werthe in Ansatz, den sie zur Zeit der Schenkung hatte. Ein
anderer Gegenstand kommt mit dem Werthe in Ansatz, den er zur Zeit des Erbfalls
hat; hatte er zur Zeit der Schenkung einen geringeren Werth, so wird nur dieser
in Ansatz gebracht.
Die Schenkung bleibt
unberücksichtigt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des
verschenkten Gegenstandes verstrichen sind; ist die Schenkung an den Ehegatten
des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe.
§ 2326. Der Pflichttheilsberechtigte
kann die Ergänzung des Pflichttheils auch dann verlangen, wenn ihm die Hälfte
des gesetzlichen Erbtheils hinterlassen ist. Ist dem Pflichttheilsberechtigten
mehr als die Hälfte hinterlassen, so ist der Anspruch ausgeschlossen, soweit der
Werth des mehr Hinterlassenen reicht.
§ 2327. Hat der
Pflichttheilsberechtigte selbst ein Geschenk von dem Erblasser erhalten, so ist
das Geschenk in gleicher Weise wie das dem Dritten gemachte Geschenk dem
Nachlasse hinzuzurechnen und zugleich dem Pflichttheilsberechtigten auf die
Ergänzung anzurechnen. Ein nach § 2315 anzurechnendes Geschenk ist auf den
Gesammtbetrag des Pflichttheils und der Ergänzung anzurechnen.
Ist der
Pflichttheilsberechtigte ein Abkömmling des Erblassers, so findet die
Vorschrift des § 2051 Abs. 1 entsprechende Anwendung.
§ 2328. Ist der Erbe selbst
pflichttheilsberechtigt, so kann er die Ergänzung des Pflichttheils soweit
verweigern, daß ihm sein eigener Pflichttheil mit Einschluß dessen verbleibt,
was ihm zur Ergänzung des Pflichttheils gebühren würde.
§ 2329. Soweit der Erbe zur
Ergänzung des Pflichttheils nicht verpflichtet ist, kann der
Pflichttheilsberechtigte von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zum
Zwecke der Befriedigung wegen des fehlenden Betrags nach den Vorschriften über
die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern. Ist der
Pflichttheilsberechtigte der alleinige Erbe, so steht ihm das gleiche Recht zu.
Der Beschenkte kann die
Herausgabe durch Zahlung des fehlenden Betrags abwenden.
Unter mehreren Beschenkten
haftet der früher Beschenkte nur insoweit, als der später Beschenkte nicht
verpflichtet ist.
§ 2330. Die Vorschriften
der §§ 2325 bis 2329 finden keine Anwendung auf Schenkungen, durch die einer
sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht
entsprochen wird.
§ 2331. Eine Zuwendung, die
aus dem Gesammtgute der allgemeinen Gütergemeinschaft, der
Errungenschaftsgemeinschaft oder der Fahrnißgemeinschaft erfolgt, gilt als von
jedem Ehegatten zur Hälfte gemacht. Die Zuwendung gilt jedoch, wenn sie an
einen Abkömmling, der nur von einem der Ehegatten abstammt, oder an eine
Person, von der nur einer der Ehegatten abstammt, erfolgt oder wenn einer der
Ehegatten wegen der Zuwendung zu dem Gesammtgut Ersatz zu leisten hat, als von
diesem Ehegatten gemacht.
Diese Vorschriften finden
auf eine Zuwendung aus dem Gesammtgute der fortgesetzten Gütergemeinschaft
entsprechende Anwendung.
§ 2332. Der
Pflichttheilsanspruch verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem
der Pflichttheilsberechtigte von dem Eintritte des Erbfalls und von der ihn
beeinträchtigenden Verfügung Kenntniß erlangt, ohne Rücksicht auf diese
Kenntniß in dreißig Jahren von dem Eintritte des Erbfalls an.
Der nach § 2329 dem
Pflichttheilsberechtigten gegen den Beschenkten zustehende Anspruch verjährt in
drei Jahren von dem Eintritte des Erbfalls an.
Die Verjährung wird nicht
dadurch gehemmt, daß die Ansprüche erst nach der Ausschlagung der Erbschaft
oder eines Vermächtnisses geltend gemacht werden können.
§ 2333. Der Erblasser kann einem Abkömmlinge den Pflichttheil entziehen:
1. wenn
der Abkömmling dem Erblasser, dem Ehegatten oder einem anderen Abkömmlinge des
Erblassers nach dem Leben trachtet;
2. wenn
der Abkömmling sich einer vorsätzlichen körperlichen Mißhandlung des Erblassers
oder des Ehegatten des Erblassers schuldig macht, im Falle der Mißhandlung des
Ehegatten jedoch nur, wenn der Abkömmling von diesem abstammt;
3. wenn
der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen
Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig macht;
4. wenn
der Abkömmling die ihm dem Erblasser gegenüber gesetzlich obliegende
Unterhaltspflicht böswillig verletzt;
5. wenn
der Abkömmling einen ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel wider den Willen des
Erblassers führt.
§ 2334. Der Erblasser kann
dem Vater den Pflichttheil entziehen, wenn dieser sich einer der im § 2333 Nr.
1, 3, 4 bezeichneten Verfehlungen schuldig macht. Das gleiche Recht steht dem
Erblasser der Mutter gegenüber zu, wenn diese sich einer solchen Verfehlung
schuldig macht.
§ 2335. Der Erblasser kann
dem Ehegatten den Pflichttheil entziehen, wenn der Ehegatte sich einer
Verfehlung schuldig macht, auf Grund deren der Erblasser nach den §§ 1565 bis
1568 auf Scheidung zu klagen berechtigt ist.
Das Recht zur Entziehung
erlischt nicht durch den Ablauf der für die Geltendmachung des
Scheidungsgrundes im § 1571 bestimmten Frist.
§ 2336. Die Entziehung des
Pflichttheils erfolgt durch letztwillige Verfügung.
Der Grund der Entziehung
muß zur Zeit der Errichtung bestehen und in der Verfügung angegeben werden.
Der Beweis des Grundes
liegt demjenigen ob, welcher die Entziehung geltend macht.
Im Falle des § 2333 Nr. 5
ist die Entziehung unwirksam, wenn sich der Abkömmling zur Zeit des Erbfalls
von dem ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandel dauernd abgewendet hat.
§ 2337. Das Recht zur
Entziehung des Pflichttheils erlischt durch Verzeihung. Eine Verfügung, durch
die der Erblasser die Entziehung angeordnet hat, wird durch die Verzeihung
unwirksam.
§ 2338. Hat sich ein
Abkömmling in solchem Maße der Verschwendung ergeben oder ist er in solchem
Maße überschuldet, daß sein späterer Erwerb erheblich gefährdet wird, so kann
der Erblasser das Pflichttheilsrecht des Abkömmlinges durch die Anordnung
beschränken, daß nach dem Tode des Abkömmlinges dessen gesetzliche Erben das
ihm Hinterlassene oder den ihm gebührenden Pflichttheil als Nacherben oder als
Nachvermächtnißnehmer nach dem Verhältniß ihrer gesetzlichen Erbtheile erhalten
sollen. Der Erblasser kann auch für die Lebenszeit des Abkömmlinges die
Verwaltung einem Testamentsvollstrecker übertragen; der Abkömmling hat in einem
solchen Falle Anspruch auf den jährlichen Reinertrag.
Auf Anordnungen dieser Art
finden die Vorschriften des § 2336 Abs. 1 bis 3 entsprechende Anwendung. Die
Anordnungen sind unwirksam, wenn zur Zeit des Erbfalls der Abkömmling sich
dauernd von dem verschwenderischen Leben abgewendet hat oder die den Grund der
Anordnung bildende Ueberschuldung nicht mehr besteht.
Sechster Abschnitt.
Erbunwürdigkeit.
§ 2339. Erbunwürdig ist:
1. wer
den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getödtet oder zu tödten versucht
oder in einen Zustand versetzt hat, in Folge dessen der Erblasser bis zu seinem
Tode unfähig war, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
2. wer
den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von
Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
3. wer
den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung
bestimmt hat, eine Verfügung von Todeswegen zu errichten oder aufzuheben;
4. wer
sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todeswegen einer nach den
Vorschriften der §§ 267 bis 274 des Strafgesetzbuchs strafbaren Handlung
schuldig gemacht hat.
Die Erbunwürdigkeit tritt
in den Fällen des Abs. 1 Nr. 3, 4 nicht ein, wenn vor dem Eintritte des
Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt oder in
Ansehung deren die strafbare Handlung begangen worden ist, unwirksam geworden
ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt worden ist, unwirksam
geworden sein würde.
§ 2340. Die Erbunwürdigkeit
wird durch Anfechtung des Erbschaftserwerbes geltend gemacht.
Die Anfechtung ist erst
nach dem Anfalle der Erbschaft zulässig. Einem Nacherben gegenüber kann die
Anfechtung erfolgen, sobald die Erbschaft dem Vorerben angefallen ist.
Die Anfechtung kann nur
innerhalb der im § 2082 bestimmten Fristen erfolgen.
§ 2341.
Anfechtungsberechtigt ist Jeder, dem der Wegfall des Erbunwürdigen, sei es auch
nur bei dem Wegfall eines Anderen, zu Statten kommt.
§ 2342. Die Anfechtung
erfolgt durch Erhebung der Anfechtungsklage. Die Klage ist darauf zu richten,
daß der Erbe für erbunwürdig erklärt wird.
Die Wirkung der Anfechtung
tritt erst mit der Rechtskraft des Urtheils ein.
§ 2343. Die Anfechtung ist
ausgeschlossen, wenn der Erblasser dem Erbunwürdigen verziehen hat.
§ 2344. Ist ein Erbe für
erbunwürdig erklärt, so gilt der Anfall an ihn als nicht erfolgt.
Die Erbschaft fällt
demjenigen an, welcher berufen sein würde, wenn der Erbunwürdige zur Zeit des
Erbfalls nicht gelebt hätte; der Anfall gilt als mit dem Eintritte des Erbfalls
erfolgt.
§ 2345. Hat sich ein
Vermächtnißnehmer einer der im § 2339 Abs. 1 bezeichneten Verfehlungen schuldig
gemacht, so ist der Anspruch aus dem Vermächtniß anfechtbar. Die Vorschriften
der §§ 2082, 2083, des § 2339 Abs. 2 und der §§ 2341, 2343 finden Anwendung.
Das Gleiche gilt für einen
Pflichttheilsanspruch, wenn der Pflichttheilsberechtigte sich einer solchen
Verfehlung schuldig gemacht hat.
Siebenter Abschnitt.
Erbverzicht.
§ 2346. Verwandte sowie der
Ehegatte des Erblassers können durch Vertrag mit dem Erblasser auf ihr
gesetzliches Erbrecht verzichten. Der Verzichtende ist von der gesetzlichen
Erbfolge ausgeschlossen, wie wenn er zur Zeit des Erbfalls nicht mehr lebte; er
hat kein Pflichttheilsrecht.
Der Verzicht kann auf das
Pflichttheilsrecht beschränkt werden.
§ 2347. Zu dem Erbverzicht
ist, wenn der Verzichtende unter Vormundschaft steht, die Genehmigung des
Vormundschaftsgerichts erforderlich; steht er unter elterlicher Gewalt, so gilt
das Gleiche, sofern nicht der Vertrag unter Ehegatten oder unter Verlobten
geschlossen wird.
Der Erblasser kann den
Vertrag nur persönlich schließen; ist er in der Geschäftsfähigkeit beschränkt,
so bedarf er nicht der Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters. Ist der
Erblasser geschäftsunfähig, so kann der Vertrag durch den gesetzlichen
Vertreter geschlossen werden; die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts ist in
gleichem Umfange wie nach Abs. 1 erforderlich.
§ 2348. Der
Erbverzichtsvertrag bedarf der gerichtlichen oder notariellen Beurkundung.
§ 2349. Verzichtet ein
Abkömmling oder ein Seitenverwandter des Erblassers auf das gesetzliche
Erbrecht, so erstreckt sich die Wirkung des Verzichts auf seine Abkömmlinge,
sofern nicht ein Anderes bestimmt wird.
§ 2350. Verzichtet Jemand
zu Gunsten eines Anderen auf das gesetzliche Erbrecht, so ist im Zweifel
anzunehmen, daß der Verzicht nur für den Fall gelten soll, daß der Andere Erbe
wird.
Verzichtet ein Abkömmling
des Erblassers auf das gesetzliche Erbrecht, so ist im Zweifel anzunehmen, daß
der Verzicht nur zu Gunsten der anderen Abkömmlinge und des Ehegatten des
Erblassers gelten soll.
§ 2351. Auf einen Vertrag,
durch den ein Erbverzicht aufgehoben wird, findet die Vorschrift des § 2348 und
in Ansehung des Erblassers auch die Vorschrift des § 2347 Abs. 2 Anwendung.
§ 2352. Wer durch Testament
als Erbe eingesetzt oder mit einem Vermächtnisse bedacht ist, kann durch
Vertrag mit dem Erblasser auf die Zuwendung verzichten. Das Gleiche gilt für
eine Zuwendung, die in einem Erbvertrag einem Dritten gemacht ist. Die
Vorschriften der §§ 2347, 2348 finden Anwendung.
Achter Abschnitt.
Erbschein.
§ 2353. Das Nachlaßgericht
hat dem Erben auf Antrag ein Zeugniß über sein Erbrecht und, wenn er nur zu
einem Theile der Erbschaft berufen ist, über die Größe des Erbtheils zu
ertheilen (Erbschein).
§ 2354. Wer die Ertheilung
des Erbscheins als gesetzlicher Erbe beantragt, hat anzugeben:
1. die Zeit des Todes des
Erblassers;
2. das Verhältniß, auf dem
sein Erbrecht beruht;
3. ob und
welche Personen vorhanden sind oder vorhanden waren, durch die er von der
Erbfolge ausgeschlossen oder sein Erbtheil gemindert werden würde;
4. ob und welche
Verfügungen des Erblassers von Todeswegen vorhanden sind;
5. ob ein Rechtsstreit über
sein Erbrecht anhängig ist.
Ist eine Person
weggefallen, durch die der Antragsteller von der Erbfolge ausgeschlossen oder
sein Erbtheil gemindert werden würde, so hat der Antragsteller anzugeben, in
welcher Weise die Person weggefallen ist.
§ 2355. Wer die Ertheilung
des Erbscheins auf Grund einer Verfügung von Todeswegen beantragt, hat die
Verfügung zu bezeichnen, auf der sein Erbrecht beruht, anzugeben, ob und welche
sonstigen Verfügungen des Erblassers von Todeswegen vorhanden sind, und die im
§ 2354 Abs. 1 Nr. 1, 5, Abs. 2 vorgeschriebenen Angaben zu machen.
§ 2356. Der Antragsteller
hat die Richtigkeit der in Gemäßheit des § 2354 Abs. 1 Nr. 1, 2, Abs. 2
gemachten Angaben durch öffentliche Urkunden nachzuweisen und im Falle des §
2355 die Urkunde vorzulegen, auf der sein Erbrecht beruht. Sind die Urkunden
nicht oder nur mit unverhältnißmäßigen Schwierigkeiten zu beschaffen, so genügt
die Angabe anderer Beweismittel.
In Ansehung der übrigen
nach den §§ 2354, 2355 erforderlichen Angaben hat der Antragsteller vor Gericht
oder vor einem Notar an Eidesstatt zu versichern, daß ihm nichts bekannt sei,
was der Richtigkeit seiner Angaben entgegensteht. Das Nachlaßgericht kann die
Versicherung erlassen, wenn es sie für nicht erforderlich erachtet.
Diese Vorschriften finden
keine Anwendung, soweit die Thatsachen bei dem Nachlaßgericht offenkundig sind.
§ 2357. Sind mehrere Erben
vorhanden, so ist auf Antrag ein gemeinschaftlicher Erbschein zu ertheilen. Der
Antrag kann von jedem der Erben gestellt werden.
In dem Antrage sind die
Erben und ihre Erbtheile anzugeben.
Wird der Antrag nicht von
allen Erben gestellt, so hat er die Angabe zu enthalten, daß die übrigen Erben
die Erbschaft angenommen haben. Die Vorschriften des § 2356 gelten auch für die
sich auf die übrigen Erben beziehenden Angaben des Antragstellers.
Die Versicherung an
Eidesstatt ist von allen Erben abzugeben, sofern nicht das Nachlaßgericht die
Versicherung eines oder einiger von ihnen für ausreichend erachtet.
§ 2358. Das Nachlaßgericht
hat unter Benutzung der von dem Antragsteller angegebenen Beweismittel von
Amtswegen die zur Feststellung der Thatsachen erforderlichen Ermittelungen zu
veranstalten und die geeignet erscheinenden Beweise aufzunehmen.
Das Nachlaßgericht kann
eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung der anderen Personen zustehenden
Erbrechte erlassen; die Art der Bekanntmachung und die Dauer der
Anmeldungsfrist bestimmen sich nach den für das Aufgebotsverfahren geltenden
Vorschriften.
§ 2359. Der Erbschein ist
nur zu ertheilen, wenn das Nachlaßgericht die zur Begründung des Antrags
erforderlichen Thatsachen für festgestellt erachtet.
§ 2360. Ist ein
Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig, so soll vor der Ertheilung des
Erbscheins der Gegner des Antragstellers gehört werden.
Ist die Verfügung, auf der
das Erbrecht beruht, nicht in einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden
öffentlichen Urkunde enthalten, so soll vor der Ertheilung des Erbscheins
derjenige über die Gültigkeit der Verfügung gehört werden, welcher im Falle der
Unwirksamkeit der Verfügung Erbe sein würde.
Die Anhörung ist nicht
erforderlich, wenn sie unthunlich ist.
§ 2361. Ergiebt sich, daß
der ertheilte Erbschein unrichtig ist, so hat ihn das Nachlaßgericht
einzuziehen. Mit der Einziehung wird der Erbschein kraftlos.
Kann der Erbschein nicht
sofort erlangt werden, so hat ihn das Nachlaßgericht durch Beschluß für
kraftlos zu erklären. Der Beschluß ist nach den für die öffentliche Zustellung
einer Ladung geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung bekannt zu machen.
Mit dem Ablauf eines Monats nach der letzten Einrückung des Beschlusses in die
öffentlichen Blätter wird die Kraftloserklärung wirksam.
Das Nachlaßgericht kann von
Amtswegen über die Richtigkeit eines ertheilten Erbscheins Ermittelungen
veranstalten.
§ 2362. Der wirkliche Erbe
kann von dem Besitzer eines unrichtigen Erbscheins die Herausgabe an das
Nachlaßgericht verlangen.
Derjenige, welchem ein
unrichtiger Erbschein ertheilt worden ist, hat dem wirklichen Erben über den
Bestand der Erbschaft und über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände Auskunft
zu ertheilen.
§ 2363. In dem Erbscheine,
der einem Vorerben ertheilt wird, ist anzugeben, daß
eine Nacherbfolge angeordnet ist, unter welchen Voraussetzungen sie eintritt
und wer der Nacherbe ist. Hat der Erblasser den Nacherben auf dasjenige
eingesetzt, was von der Erbschaft bei dem Eintritte der Nacherbfolge übrig sein
wird, oder hat er bestimmt, daß der Vorerbe zur freien Verfügung über die
Erbschaft berechtigt sein soll, so ist auch dies anzugeben.
Dem Nacherben steht das im
§ 2362 Abs. 1 bestimmte Recht zu.
§ 2364. Hat der Erblasser
einen Testamentsvollstrecker ernannt, so ist die Ernennung in dem Erbschein
anzugeben.
Dem Testamentsvollstrecker
steht das im § 2362 Abs. 1 bestimmte Recht zu.
§ 2365. Es wird vermuthet,
daß demjenigen, welcher in dem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, das in dem
Erbschein angegebene Erbrecht zustehe und daß er nicht durch andere als die
angegebenen Anordnungen beschränkt sei.
§ 2366. Erwirbt Jemand von
demjenigen, welcher in einem Erbschein als Erbe bezeichnet ist, durch
Rechtsgeschäft einen Erbschaftsgegenstand, ein Recht an einem solchen
Gegenstand oder die Befreiung von einem zur Erbschaft gehörenden Rechte, so
gilt zu seinen Gunsten der Inhalt des Erbscheins, soweit die Vermuthung des §
2365 reicht, als richtig, es sei denn, daß er die Unrichtigkeit kennt oder
weiß, daß das Nachlaßgericht die Rückgabe des Erbscheins wegen Unrichtigkeit
verlangt hat.
§ 2367. Die Vorschriften
des § 2366 finden entsprechende Anwendung, wenn an denjenigen, welcher in einem
Erbschein als Erbe bezeichnet ist, auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden
Rechtes eine Leistung bewirkt oder wenn zwischen ihm und einem Anderen in
Ansehung eines solchen Rechtes ein nicht unter die Vorschrift des § 2366
fallendes Rechtsgeschäft vorgenommen wird, das eine Verfügung über das Recht
enthält.
§ 2368. Einem
Testamentsvollstrecker hat das Nachlaßgericht auf Antrag ein
Zeugniß über die Ernennung zu ertheilen. Ist der Testamentsvollstrecker in der
Verwaltung des Nachlasses beschränkt oder hat der Erblasser angeordnet, daß der
Testamentsvollstrecker in der Eingehung von Verbindlichkeiten für den Nachlaß
nicht beschränkt sein soll, so ist dies in dem Zeugniß anzugeben.
Ist die Ernennung nicht in
einer dem Nachlaßgerichte vorliegenden öffentlichen Urkunde enthalten, so soll
vor der Ertheilung des Zeugnisses der Erbe wenn thunlich über die Gültigkeit
der Ernennung gehört werden.
Die Vorschriften über den
Erbschein finden auf das Zeugniß entsprechende Anwendung;
mit der Beendigung des Amtes des Testamentsvollstreckers wird das Zeugniß
kraftlos.
§ 2369. Gehören zu einer
Erbschaft, für die es an einem zur Ertheilung des Erbscheins zuständigen
deutschen Nachlaßgerichte fehlt, Gegenstände, die sich im Inlande befinden, so
kann die Ertheilung eines Erbscheins für diese Gegenstände verlangt werden.
Ein Gegenstand, für den von
einer deutschen Behörde ein zur Eintragung des Berechtigten bestimmtes Buch
oder Register geführt wird, gilt als im Inlande befindlich. Ein Anspruch gilt
als im Inlande befindlich, wenn für die Klage ein deutsches Gericht zuständig
ist.
§ 2370. Hat eine für todt
erklärte Person den Zeitpunkt überlebt, der als Zeitpunkt ihres Todes gilt,
oder ist sie vor diesem Zeitpunkte gestorben, so gilt derjenige, welcher auf
Grund der Todeserklärung Erbe sein würde, in Ansehung der in den §§ 2366, 2367
bezeichneten Rechtsgeschäfte zu Gunsten des Dritten auch ohne Ertheilung eines
Erbscheins als Erbe, es sei denn, daß der Dritte die Unrichtigkeit der Todeserklärung
kennt oder weiß, daß die Todeserklärung in Folge einer Anfechtungsklage
aufgehoben worden ist.
Ist ein Erbschein ertheilt
worden, so stehen dem für todt Erklärten, wenn er noch lebt, die im § 2362
bestimmten Rechte zu. Die gleichen Rechte hat eine Person, deren Tod ohne
Todeserklärung mit Unrecht angenommen worden ist.
Neunter Abschnitt.
Erbschaftskauf.
§ 2371. Ein Vertrag, durch
den der Erbe die ihm angefallene Erbschaft verkauft, bedarf der gerichtlichen
oder notariellen Beurkundung.
§ 2372. Die Vortheile,
welche sich aus dem Wegfall eines Vermächtnisses oder einer Auflage aus der
Ausgleichungspflicht eines Miterben ergeben, gebühren dem Käufer.
§ 2373. Ein Erbtheil, der
dem Verkäufer nach dem Abschlusse des Kaufes durch Nacherbfolge oder in Folge des
Wegfalls eines Miterben anfällt, sowie ein dem Verkäufer zugewendetes
Vorausvermächtniß ist im Zweifel nicht als mitverkauft anzusehen. Das Gleiche
gilt von Familienpapieren und Familienbildern.
§ 2374. Der Verkäufer ist
verpflichtet, dem Käufer die zur Zeit des Verkaufs vorhandenen
Erbschaftsgegenstände mit Einschluß dessen herauszugeben, was er vor dem
Verkauf auf Grund eines zur Erbschaft gehörenden Rechtes oder als Ersatz für
die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder
durch ein Rechtsgeschäft erlangt hat, das sich auf die Erbschaft bezog.
§ 2375. Hat der Verkäufer
vor dem Verkauf einen Erbschaftsgegenstand verbraucht, unentgeltlich veräußert
oder unentgeltlich belastet, so ist er verpflichtet, dem Käufer den Werth des
verbrachten oder veräußerten Gegenstandes, im Falle der Belastung die
Werthminderung zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Käufer
den Verbrauch oder die unentgeltliche Verfügung bei dem Abschlusse des Kaufes
kennt.
Im Uebrigen kann der Käufer
wegen Verschlechterung, Unterganges oder einer aus einem anderen Grunde
eingetretenen Unmöglichkeit der Herausgabe eines Erbschaftsgegenstandes nicht
Ersatz verlangen.
§ 2376. Die Verpflichtung
des Verkäufers zur Gewährleistung wegen eines Mangels im Rechte beschränkt sich
auf die Haftung dafür, daß ihm das Erbrecht zusteht, daß es nicht durch das
Recht eines Nacherben oder durch die Ernennung eines Testamentsvollstreckers
beschränkt ist, daß nicht Vermächtnisse, Auflagen, Pflichttheilslasten, Ausgleichungspflichten
oder Theilungsanordnungen bestehen und daß nicht unbeschränkte Haftung
gegenüber den Nachlaßgläubigern oder einzelnen von ihnen eingetreten ist.
Fehler einer zur Erbschaft
gehörenden Sache hat der Verkäufer nicht zu vertreten.
§ 2377. Die in Folge des
Erbfalls durch Vereinigung von Recht und Verbindlichkeit oder von Recht und
Belastung erloschenen Rechtsverhältnisse gelten im Verhältnisse zwischen dem
Käufer und dem Verkäufer als nicht erloschen. Erforderlichen Falles ist ein
solches Rechtsverhältniß wiederherzustellen.
§ 2378. Der Käufer ist dem
Verkäufer gegenüber verpflichtet, die Nachlaßverbindlichkeiten zu erfüllen,
soweit nicht der Verkäufer nach § 2376 dafür haftet, daß sie nicht bestehen.
Hat der Verkäufer vor dem
Verkauf eine Nachlaßverbindlichkeit erfüllt, so kann er von dem Käufer Ersatz
verlangen.
§ 2379. Dem Verkäufer
verbleiben die auf die Zeit vor dem Verkaufe fallenden Nutzungen. Er trägt für
diese Zeit die Lasten, mit Einschluß der Zinsen der Nachlaßverbindlichkeiten.
Den Käufer treffen jedoch die von der Erbschaft zu entrichtenden Abgaben sowie
die außerordentlichen Lasten, welche als auf den Stammwerth der
Erbschaftsgegenstände gelegt anzusehen sind.
§ 2380. Der Käufer trägt
von dem Abschlusse des Kaufes an die Gefahr des zufälligen Unterganges und
einer zufälligen Verschlechterung der Erbschaftsgegenstände. Von diesem
Zeitpunkt an gebühren ihm die Nutzungen und trägt er die Lasten.
§ 2381. Der Käufer hat dem
Verkäufer die nothwendigen Verwendungen zu ersetzen, die der Verkäufer vor dem
Verkauf auf die Erbschaft gemacht hat.
Für andere vor dem Verkaufe
gemachte Aufwendungen hat der Käufer insoweit Ersatz zu leisten, als durch sie
der Werth der Erbschaft zur Zeit des Verkaufs erhöht ist.
§ 2382. Der Käufer haftet
von dem Abschlusse des Kaufes an den Nachlaßgläubigern, unbeschadet der
Fortdauer der Haftung des Verkäufers. Dies gilt auch von den Verbindlichkeiten,
zu deren Erfüllung der Käufer dem Verkäufer gegenüber nach den §§ 2378, 2379
nicht verpflichtet ist.
Die Haftung des Käufers den
Gläubigern gegenüber kann nicht durch Vereinbarung zwischen dem Käufer und dem
Verkäufer ausgeschlossen oder beschränkt werden.
§ 2383. Für die Haftung des
Käufers gelten die Vorschriften über die Beschränkung der Haftung des Erben. Er
haftet unbeschränkt, soweit der Verkäufer zur Zeit des Verkaufs unbeschränkt
haftet. Beschränkt sich die Haftung des Käufers auf die Erbschaft, so gelten
seine Ansprüche aus dem Kaufe als zur Erbschaft gehörend.
Die Errichtung des
Inventars durch den Verkäufer oder den Käufer kommt auch dem anderen Theile zu
Statten, es sei denn, daß dieser unbeschränkt haftet.
§ 2384. Der Verkäufer ist
den Nachlaßgläubigern gegenüber verpflichtet, den Verkauf der Erbschaft und den
Namen des Käufers unverzüglich dem Nachlaßgericht anzuzeigen. Die Anzeige des
Verkäufers wird durch die Anzeige des Käufers ersetzt.
Das Nachlaßgericht hat die
Einsicht der Anzeige Jedem zu gestatten, der ein rechtliches Interesse
glaubhaft macht.
§ 2385. Die Vorschriften
über den Erbschaftskauf finden entsprechende Anwendung auf den Kauf einer von
dem Verkäufer durch Vertrag erworbenen Erbschaft sowie auf andere Verträge, die
auf Veräußerung einer dem Veräußerer angefallenen oder
anderweit von ihm erworbenen Erbschaft gerichtet sind.
Im Falle einer Schenkung
ist der Schenker nicht verpflichtet, für die vor der Schenkung verbrauchten
oder unentgeltlich veräußerten Erbschaftsgegenstände oder für eine vor der
Schenkung unentgeltlich vorgenommene Belastung dieser Gegenstände Ersatz zu
leisten. Die im § 2376 bestimmte Verpflichtung zur Gewährleistung wegen eines
Mangels im Rechte trifft den Schenker nicht; hat der Schenker den Mangel
arglistig verschwiegen, so ist er verpflichtet, dem Beschenkten den daraus
entstehenden Schaden zu ersetzen.
Urkundlich unter Unserer
Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Neues Palais, den
18. August 1896.
Wilhelm.
Fürst zu Hohenlohe.
1 Beachte § 3, RGBl 1919/S.
285:
„Soweit
in Gesetzen oder Verordnungen des Reichs auf den Bundesrat verwiesen wird,
tritt an seine Stelle der Staatenausschuß.“
2 Beachte Art. 179, RGBl
1919/S. 1383:
„Soweit
in Gesetzen oder Verordnungen auf Vorschriften und Einrichtungen verwiesen ist,
die durch diese Verfassung aufgehoben sind, treten an ihre Stelle die
entsprechenden Vorschriften und Einrichtungen dieser Verfassung. Insbesondere
treten an die Stelle der Nationalversammlung der Reichstag, an die Stelle des
Staatenausschusses der Reichsrat, an die Stelle des auf Grund des Gesetzes über
die vorläufige Reichsgewalt gewählten Reichspräsidenten der auf Grund dieser
Verfassung gewählte Reichspräsident.“
3 Beachte Art. 131, RGBl
1919/S. 1383:
„Verletzt
ein Beamter in Ausübung der ihm anvertrauten öffentlichen Gewalt die ihm einem
Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so trifft die Verantwortlichkeit
grundsätzlich den Staat oder die Körperschaft, in deren Dienste der Beamte
steht. Der Rückgriff gegen den Beamten bleibt vorbehalten. Der ordentliche
Rechtsweg darf nicht ausgeschlossen werden.
Die
nähere Regelung liegt der zuständigen Gesetzgebung ob.“
4 Beachte § 33, RGBl
I 1922/S. 633:
„Auf die Amtsvormundschaft finden die Bestimmungen des Bürgerlichen
Gesetzbuchs mit folgender Maßgabe Anwendung. Ein Gegenvormund wird nicht
bestellt; dem Amtsvormund stehen die nach §§ 1852 bis 1854 des Bürgerlichen
Gesetzbuchs zulässigen Befreiungen zu. Von der Anwendung ausgeschlossen sind
die §§ 1788, 1801, 1835, 1836 Abs. 1 Satz 2 bis 4 und Abs. 2, 1837 Abs. 2,
1838, 1844 und 1886.“