(480)
Entwurf
eines
Allgemeinen
Deutschen Handelsgesetzbuchs.
Allgemeine
Bestimmungen
Artikel
1.
In
Handelssachen kommen, insoweit dieses Gesetzbuch keine Bestimmungen enthält,
die Handelsgebräuche und in deren Ermangelung das allgemeine bürgerliche Recht zur
Anwendung.
Artikel
2.
In
den Bestimmungen der Deutschen Wechsel-Ordnung wird durch dieses Gesetzbuch
nichts geändert.
Artikel
3.
Wo
dieses Gesetzbuch von dem Handelsgerichte spricht, tritt in Ermangelung eines
besonderen Handelsgerichts das gewöhnliche Gericht an dessen Stelle.
Erstes
Buch.
Vom
Handelsstande.
Erster
Titel.
Von
Kaufleuten.
Artikel
4.
Als
Kaufmann im Sinne dieses Gesetzbuchs ist anzusehen, wer gewerbemäßig
Handelsgeschäfte betreibt.
Artikel
5.
Die
in Betreff der Kaufleute gegebenen Bestimmungen gelten in gleicher Weise in
Betreff der Handelsgesellschaften, insbesondere auch der Aktiengesellschaften,
bei welchen der Gegenstand des Unternehmens in Handelsgeschäften besteht.
Dieselben
gelten auch in Betreff der öffentlichen Banken in den Grenzen ihres
Handelsbetriebs, unbeschadet der für sie bestehenden Verordnungen.
(481)
Artikel 6.
Eine
Frau, welche gewerbemäßig Handelsgeschäfte betreibt (Handelsfrau), hat in dem
Handelsbetriebe alle Rechte und Pflichten eines Kaufmanns.
Dieselbe
kann sich in Betreff ihrer Handelsgeschäfte auf die in den einzelnen Staaten
geltenden Rechtswohlthaten der Frauen nicht berufen
Es
macht hierbei keinen Unterschied, ob sie das Handelsgewerbe allein oder in
Gemeinschaft mit Anderen, ob sie dasselbe in eigener Person oder durch einen
Prokuristen betreibt.
Artikel
7.
Eine
Ehefrau kann ohne Einwilligung ihres Ehemannes nicht Handelsfrau sein.
Es
gilt als Einwilligung des Mannes, wenn die Frau mit Wissen und ohne Einspruch
desselben Handel treibt.
Die
Ehefrau eines Kaufmanns, welche ihrem Ehemanne nur Beihülfe in dem
Handelsgewerbe leistet, ist keine Handelsfrau.
Artikel
8.
Eine
Ehefrau, welche Handelsfrau ist, kann sich durch Handelsgeschäfte gültig
verpflichten, ohne daß es zu den einzelnen Geschäften einer besonderen Einwilligung
ihres Ehemannes bedarf.
Sie
haftet für die Handelsschulden mit ihrem ganzen Vermögen, ohne Rücksicht auf
die Verwaltungsrechte und den Nießbrauch oder die sonstigen, an diesem Vermögen
durch die Ehe begründeten Rechte des Ehemannes. Es haftet auch das
gemeinschaftliche Vermögen, soweit Gütergemeinschaft besteht; ob zugleich der
Ehemann mit seinem persönlichen Vermögen haftet, ist nach den Landesgesetzen zu
beurtheilen.
Artikel
9.
Eine
Handelsfrau kann in Handelssachen selbstständig vor Gericht auftreten; es macht
keinen Unterschied, ob sie unverheirathet oder verheirathet ist.
Artikel
10.
Die
Bestimmungen, welches dieses Gesetzbuch über die Firmen, die Handelsbücher und
die Prokura enthält, finden auf Höker, Trödler, Hausirer und dergleichen Handelsleute
von geringem Gewerbebetriebe, ferner auf Wirthe, gewöhnliche Fuhrleute,
gewöhnliche Schiffer, und Personen, deren Gewerbe nicht über den Umfang des
Handwerksbetriebes hinausgeht, keine Anwendung. Den Landesgesetzen bleibt
vorbehalten, im Falle es erforderlich erscheint, diese Klassen genauer
festzustellen.
Vereinigungen
zum Betriebe eines Handelsgewerbes, auf welches die bezeichneten Bestimmungen
keine Anwendung finden, gelten nicht als Handelsgesellschaften.
(482)
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, zu verordnun, daß die bezeichneten
Bestimmungen auch noch für andere Klassen von Kaufleuten ihres Staatsgebiets
keine Anwendung finden sollen. Ebenso können sie aber auch verordnen, daß diese
Bestimmungen auf einzelne der genannten Klassen, oder daß sie auf alle
Kaufleute ihres Staatsgebiets Anwendung finden sollen.
Artikel
11.
Durch
die Landesgesetze, welche in gewerbepolizeilicher oder gewerbesteuerlicher
Beziehung Erfordernisse zur Begründung der Eigenschaft eines Kaufmanns oder
besonderer Klassen von Kaufleuen aufstellen, wird die Anwendung der
Bestimmungen dieses Gesetzbuchs nicht ausgeschlossen; ebenso werden jene
Gesetze durch dieses Gesetzbuch nicht berührt.
Zweiter
Titel.
Von
dem Handelsregister.
Artikel
12.
Bei
jedem Handelsgerichte ist ein Handelsregister zu führen, in welches die in
diesem Gesetzbuche angeordneten Eintragungen aufzunehmen sind.
Das
Handelsregister ist öffentlich. Die Einsicht desselben ist während der
gewöhnlichen Dienststunden einem Jeden gestattet. Auch kann von den Eintragungen
gegen Erlegung der Kosten eine Abschrift gefordert werden, die auf Verlangen zu
beglaubigen ist.
Artikel
13.
Die
Eintragungen in das Handelsregister sind von dem Handelsgerichte, sofern nicht
in diesem Gesetzbuche in einzelnen Fällen ausdrücklich ein Anderes bestimmt
ist, nach ihrem ganzen Inhalte durch eine oder mehrere Anzeigen in öffentlichen
Blättern ohne Verzug bekannt zu machen.
Artikel
14.
Jedes Handelsgericht hat für seinen Bezirk alljährlich im Monat Dezember die öffentlichen Blätter zu bestimmen, in welchen im Laufe des nächstfolgenden Jahres die im Artikel 13. vorgeschriebenen Bekanntmachungen erfolgen sollen. Der Beschluß ist in einem oder mehreren öffentlichen Blättern bekannt zu machen.
Wenn
eines der bestimmten Blätter im Laufe des Jahres zu erscheinen aufhört, so hat
das Gericht ein anderes Blatt an dessen Stelle zu bestimmen und öffentlich
bekannt zu machen.
In
wie fern die Gerichte bei der Wahl der zu bestimmenden Blätter an Weisungen
höherer Behörden gebunden sind, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen.
(483)
Dritter Titel.
Von
Handelsfirmen.
Artikel
15.
Die
Firma eines Kaufmanns ist der Name, unter welchem er im Handel seine Geschäfte
betreibt und die Unterschrift abgiebt.
Artikel
16.
Ein
Kaufmann, welcher sein Geschäft ohne Gesellschafter oder nur mit einem stillen
Gesellschafter betreibt, darf nur seinen Familiennamen (bürgerlichen Namen) mit
oder ohne Vornamen als Firma führen.
Er
darf der Firma keinen Zusatz beifügen, welcher ein Gesellschaftsverhältniß
andeutet. Dagegen sind andere Zusätze gestattet, welche zur näheren Bezeichnung
der Person oder des Geschäfts dienen.
Artikel
17.
Die
Firma einer offenen Handelsgesellschaft muß, wenn in dieselbe nicht die Namen
sämmtlicher Gesellschafter aufgenommen sind, den Namen wenigstens eines der
Gesellschafter mit einem das Vorhandensein einer Gesellschaft andeutenden
Zusatze enthalten.
Die
Namen anderer Personen, als der persönlich haftenden Gesellschafter, dürfen in
die Firma einer Handelsgesellschaft nicht aufgenommen werden; auch darf sich
keine offene Handelsgesellschaft oder Kommanditgesellschaft als
Aktiengesellschaft bezeichnen, selbst wenn das Kapital der Kommanditisten in
Aktien zerlegt ist.
Artikel
18.
Die
Firma einer Aktiengesellschaft muß in der Regel von dem Gegenstande ihrer
Unternehmung entlehnt sein.
Der
Name von Gesellschaftern oder anderen Personen darf in die Firma nicht
aufgenommen werden.
Artikel
19.
Jeder
Kaufmann ist verpflichtet, seine Firma bei dem Handelsgerichte, in dessen
Bezirk seine Handelsniederlassung sich befindet, Behufs der Eintragung in das
Handelsregister anzumelden; er hat dieselbe nebst seiner persönlichen
Unterschrift vor dem Handelsgerichte zu zeichnen oder die Zeichnung derselben
in beglaubigter Form einzureichen.
(484)
Artikel 20.
Jede
neue Firma muß sich von allen an demselben Orte oder in derselben Gemeinde
bereits bestehenden und in das Handelsregister eingetragenen Firmen deutlich
unterscheiden.
Hat
ein Kaufmann mit einem in das Handelsregister bereits eingetragenen Kaufmann
gleiche Vor- und Familiennamen, und will auch er sich derselben als seiner
Firma bedienen, so muß er dieser einen Zusatz beifügen, durch welchen sich
dieselbe von der bereits eingetragenen Firma deutlich unterscheidet.
Artikel
21.
Die
Firma muß auch für die an einem anderen Orte oder in einer anderen Gemeinde
errichtete Zweigniederlassung bei dem für die letztere zuständigen
Handelsgerichte angemeldet werden.
Besteht
an dem Orte oder in der Gemeinde, wo die Zweigniederlassung errichtet wird,
bereits eine gleiche Firma, so muß der Firma ein Zusatz beigefügt werden, durch
welchen sie sich von jener bereits vorhandenen Firma deutlich unterscheidet.
Die
Eintragung bei dem Handelsgerichte der Zweigniederlassung findet nicht statt,
bevor nachgewiesen ist, daß die Eintragung bei dem Handelsgerichte der
Hauptniederlassung geschehen ist.
Artikel
22.
Wer
ein bestehendes Handelsgeschäft durch Vertrag oder Erbgang erwirbt, kann
dasselbe unter der bisherigen Firma mit oder ohne einen das Nachfolgeverhältniß
andeutenden Zusatz fortführen, wenn der bisherige Geschäftsinhaber oder dessen
Erben oder die etwaigen Miterben in die Fortführung der Firma ausdrücklich
willigen.
Artikel
23.
Die
Veräußerung einer Firma als solcher, abgesondert von dem Handelsgeschäft, für
welches sie bisher geführt wurde, ist nicht zulässig.
Artikel
24.
Wenn
in ein bestehendes Handelsgeschäft Jemand als Gesellschafter eintritt, oder
wenn ein Gesellschafter zu einer Handelsgesellschaft neu hinzutritt oder aus
einer solchen austritt, so kann, ungeachtet dieser Veränderung, die
ursprüngliche Firma fortgeführt werden.
Jedoch
ist beim Austreten eines Gesellschafters dessen ausdrückliche Einwilligung in
die Fortführung der Firma erforderlich, wenn sein Name in der Firma enthalten
ist.
Artikel
25.
Wenn die Firma geändert wird oder erlischt, oder wenn die Inhaber der
(485)
Firma sich ändern, so ist dies nach den Bestimmungen des Artikels 19. bei dem
Handelsgerichte anzumelden.
Ist
die Aenderung oder das Erlöschen nicht in das Handelsregister eingetragen und
öffentlich bekannt gemacht, so kann derjenige, bei welchem jene Thatsachen
eingetreten sind, dieselben einem Dritten nur insofern entgegensetzen, als er
beweist, daß sie dem letzteren bekannt waren.
Ist
die Eintragung und Bekanntmachung geschehen, so muß ein Dritter die Aenderung
oder das Erlöschen gegen sich gelten lassen, sofern nicht die Umstände die
Annahme begründen, daß er diese Thatsachen weder gekannt habe, noch habe kennen
müssen.
Artikel
26.
Das
Handelsgericht hat die Betheiligten zur Befolgung der Vorschriften der Artikel
19. 21. und 25. von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
In
gleicher Weise hat es gegen diejenigen einzuschreiten, welche sich einer nach
den Vorschriften dieses Titels ihnen nicht zustehenden Firma bedienen.
Artikel
27.
Wer
durch den unbefugten Gebrauch einer Firma in seinen Rechten verletzt ist, kann
den Unberechtigten auf Unterlassung der weiteren Führung der Firma und auf
Schadensersatz belangen.
Ueber
das Vorhandensein und die Höhe des Schadens entscheidet das Handelsgericht nach
seinem freien Ermessen.
Das
Handelsgericht kann die Veröffentlichung des Erkenntnisses auf Kosten des
Verurtheilten verordnen.
Vierter
Titel.
Von
den Handelsbüchern.
Artikel
28.
Jeder
Kaufmann ist verpflichtet, Bücher zu führen, aus welchen seine Handelsgeschäfte
und die Lage seines Vermögens vollständig zu ersehen sind.
Er
ist verpflichtet, die empfangenen Handelsbriefe aufzubewahren und eine
Abschrift (Kopie oder Abdruck) der abgesandten Handelsbriefe zurückzubehalten
und nach der Zeitfolge in ein Kopirbuch einzutragen.
Artikel
29.
Jeder Kaufmann hat bei dem Beginne seines Gewerbes seine Grundstücke, seine Forderungen und Schulden, den Betrag seines baaren Geldes und seine anderen Vermögensstücke genau zu verzeichnen, dabei den Werth der Vermögensstücke anzugeben und einen das Verhältniß des Vermögens und der
(486)
Schulden darstellenden Abschluß zu machen; er hat demnächst in jedem Jahre ein
solches Inventar und eine solche Bilanz seines Vermögens anzufertigen.
Hat
der Kaufmann ein Waarenlager, dessen Inventur nach der Beschaffenheit des
Geschäfts nicht füglich in jedem Jahre geschehen kann, so genügt es, wenn das
Inventar des Waarenlagers alle zwei Jahre aufgenommen wird.
Für
Handelsgesellschaften kommen dieselben Bestimmungen in Bezug auf das
Gesellschaftsvermögen zur Anwendung.
Artikel
30.
Das
Inventar und die Bilanz sind von dem Kaufmann zu unterzeichnen. Sind mehrere
persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so haben sie alle zu
unterzeichnen.
Das
Inventar und die Bilanz können in ein dazu bestimmtes Buch eingeschrieben oder
jedesmal besonders aufgestellt werden. Im letzteren Falle sind dieselben zu
sammeln und in zusammenhängender Reihenfolge geordnet aufzubewahren.
Artikel
31.
Bei
der Aufnahme des Inventars und der Bilanz sind sämmtliche Vermögensstücke und
Forderungen nach dem Werthe anzusetzen, welcher ihnen zur Zeit der Aufnahme
beizulegen ist.
Zweifelhafte
Forderungen sind nach ihrem wahrscheinlichen Werthe anzusetzen, uneinbringliche
Forderungen aber abzuschreiben.
Artikel
32.
Bei
der Führung der Handelsbücher und bei den übrigen erforderlichen Aufzeichnungen
muß sich der Kaufmann einer lebenden Sprache und der Schriftzeichen einer
solchen bedienen.
Die
Bücher müssen gebunden und jedes von ihnen muß Blatt für Blatt mit
fortlaufenden Zahlen versehen sein.
An
Stellen, welche der Regel nach zu beschreiben sind, dürfen keine leeren
Zwischenräume gelassen werden. Der ursprüngliche Inhalt einer Eintragung darf
nicht durch Durchstreichen oder auf andere Weise unleserlich gemacht, es darf
nichts radirt, noch dürfen solche Veränderungen vorgenommen werden, bei deren
Beschaffenheit es ungewiß ist, ob sie bei der ursprünglichen Eintragung oder
erst später gemacht worden sind.
Artikel
33.
Die
Kaufleute sind verpflichtet, ihre Handelsbücher während zehn Jahre, von dem Tage
der in dieselben geschehenen letzten Eintragung an gerechnet, aufzubewahren.
Dasselbe
gilt in Ansehung der empfangenen Handelsbriefe, sowie in Ansehung der Inventare
und Bilanzen.
(487)
Artikel 34.
Ordnungsmäßig
geführte Handelsbücher liefern bei Streitigkeiten über Handelssachen unter
Kaufleuten in der Regel einen unvollständigen Beweis, welcher durch den Eid
oder durch andere Beweismittel ergänzt werden kann.
Jedoch
hat der Richter nach seinem durch die Erwägung aller Umstände geleiteten
Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalte der Bücher ein größeres oder geringeres
Maaß der Beweiskraft beizulegen, ob in dem Falle, wo die Handelsbücher der
streitenden Theile nicht übereinstimmen, von diesem Beweismittel ganz
abzusehen, oder ob den Büchern des einen Theils eine überwiegende
Glaubwürdigkeit beizumessen sei.
Ob
und inwiefern die Handelsbücher gegen Nichtkaufleute Beweiskraft haben, ist
nach den Landesgesetzen zu beurtheilen.
Artikel
35.
Handelsbücher,
bei deren Führung Unregelmäßigkeiten vorgefallen sind, können als Beweismittel
nur insoweit berücksichtigt werden, als dieses nach der Art und Bedeutung der
Unregelmäßigkeiten, sowie nach der Lage der Sache geeignet erscheint.
Artikel
36.
Die
Eintragungen in die Handelsbücher können, unbeschadet ihrer Beweiskraft, durch
Handlungsgehülfen bewirkt werden.
Artikel
37.
Im
Laufe eines Rechtsstreits kann der Richter auf den Antrag einer Partei die
Vorlegung der Handelsbücher der Gegenpartei verordnen. Geschieht die Vorlegung
nicht, so wird zum Nachtheil des Weigernden der behauptete Inhalt der Bücher
für erwiesen angenommen.
Artikel
38.
Wenn
in einem Rechtsstreite Handelsbücher vorgelegt werden, so ist von dem Inhalte
derselben, soweit er den Streitpunkt betrifft, unter Zuziehung der Parteien
Einsicht zu nehmen und im geeigneten Falle ein Auszug zu fertigen. Der übrige
Inhalt der Bücher ist dem Richter insoweit offen zu legen, als dies zur Prüfung
ihrer ordnungsmäßigen Führung nothwendig ist.
Artikel
39.
Befinden
sich die Handelsbücher, welche vorzulegen sind, an einem Orte, welcher nicht
zum Bezirke des Prozeßrichters gehört, so muß der letztere das Gericht des
Ortes, wo sich die Handelsbücher befinden, ersuchen, die Vorlegung der Bücher
vor sich bewirken zu lassen, dabei nach den Bestimmungen des vorhergehenden
Artikels zu verfahren und einen beglaubigten Auszug mit dem über die
Verhandlungen aufgenommenen Protokolle zu übersenden.
(488)
Artikel 40.
Die
Mittheilung der Handelsbücher zur vollständigen Kenntnißnahme von ihrem ganzen
Inhalte kann in Erbschafts- oder Gütergemeinschafts-Angelegenheiten, sowie in
Gesellschaftstheilungssachen und im Konkurse, soweit es die Bücher des
Gemeinschuldners betrifft, gerichtlich verordnet werden.
Fünfter
Titel.
Von
den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten.
Artikel
41.
Wer
von dem Eigenthümer einer Handelsniederlassung (Prinzipal) beauftragt ist, in
dessen Namen und für dessen Rechnung das Handelsgeschäft zu betreiben und per
procura die Firma zu zeichnen, ist Prokurist.
Die
Bestellung des Prokuristen kann durch Ertheilung einer ausdrücklich als Prokura
bezeichneten Vollmacht, oder durch die Ermächtigung, per procura die Firma des
Prinzipals zu zeichnen, geschehen.
Die
Prokura kann mehreren Personen gemeinschaftlich ertheilt werden
(Kollektivprokura).
Artikel
42.
Die
Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergerichtlichen
Geschäften und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines Handelsgewerbes mit
sich bringt; sie ersetzt jede nach den Landesgesetzen erforderliche
Spezialvollmacht; sie berechtigt zur Anstellung und Entlassung von
Handlungsgehülfen und Bevollmächtigten.
Zur
Veräußerung und Belastung von Grundstücken ist der Prokurist nur ermächtigt,
wenn ihm diese Befugniß besonders ertheilt ist.
Artikel
43.
Eine
Beschränkung des Umfanges der Prokura (Art. 42.) hat dritten Personen gegenüber
keine rechtliche Wirkung.
Dies
gilt insbesondere von der Beschränkung, daß die Prokura nur für gewisse
Geschäfte oder gewisse Arten von Geschäften gelte, oder daß sie nur unter
gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten ausgeübt
werden solle.
Artikel
44.
Der
Prokurist hat in der Weise zu zeichnen, daß er der Firma einen die Prokura
andeutenden Zusatz und seinen Namen beifügt.
Bei
einer Kollektivprokura hat jeder Prokurist der mit diesem Zusatze versehenen
Firmazeichnung seinen Namen beizufügen.
(489)
Artikel 45.
Die
Ertheilung der Prokura ist vom Prinzipal persönlich oder in beglaubigter Form
beim Handelsgerichte zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Der
Prokurist hat die Firma nebst seiner Namensunterschrift persönlich vor dem
Handelsgerichte zu zeichnen (Artikel 44.) oder die Zeichnung in beglaubigter
Form einzureichen.
Das
Erlöschen der Prokura ist von dem Prinzipal in gleicher Weise zur Eintragung in
das Handelsregister anzumelden.
Die
Betheiligten sind zur Befolgung dieser Vorschriften von Amtswegen durch
Ordnungsstrafen anzuhalten.
Artikel
46.
Wenn
das Erlöschen der Prokura nicht in das Handelsregister eingetragen und
öffentlich bekannt gemacht ist, so kann der Prinzipal dasselbe einem Dritten
nur dann entgegensetzen, wenn er beweist, daß es letzterem beim Abschlusse des
Geschäfts bekannt war.
Ist
die Eintragung und Bekanntmachung geschehen, so muß ein Dritter das Erlöschen
der Prokura gegen sich gelten lassen, sofern nicht durch die Umstände die
Annahme begründet wird, daß er das Erlöschen beim Abschlusse des Geschäfts
weder gekannt habe, noch habe kennen müssen.
Artikel
47.
Wenn
ein Prizipal Jemanden ohne Ertheilung der Prokura, sei es zum Betriebe seines
ganzen Handelsgewerbes oder zu einer bestimmten Art von Geschäften oder zu
einzelnen Geschäften, in seinem Handelsgewerbe bestellt
(Handlungsbevollmächtigter), so erstreckt sich die Vollmacht auf alle Geschäfte
und Rechtshandlungen, welche der Betrieb eines derartigen Handelsgewerbes oder
die Ausführung derartiger Geschäfte gewöhnlich mit sich bringt.
Jedoch
ist der Handlungsbevollmächtigte zum Eingehen von Wechselverbindlichkeiten, zur
Aufnahme von Darlehen und zur Prozeßführung nur ermächtigt, wenn ihm eine
solche Befugniß besonders ertheilt ist.
Im
Uebrigen bedarf er zu den Geschäften, auf welche sich seine Vollmacht
erstreckt, der in den Landesgesetzen vorgeschriebenen Spezialvollmacht nicht.
Artikel
48.
Der
Handlungsbevollmächtigte hat sich bei der Zeichnung jedes eine Prokura
andeutenden Zusatzes zu enthalten; er hat mit einem das Vollmachtsverhältniß
ausdrückenden Zusatze zu zeichnen.
Artikel
49.
Die Bestimmungen der beiden vorhergehenden Artikel finden auch Anwendung
(490)
auf Handlungsbevollmächtigte, welche ihr Prinzipal als Handlungsreisende zu
Geschäften an auswärtigen Orten verwendet. Dieselben gelten insbesondere für
ermächtigt, den Kaufpreis aus den von ihnen abgeschlossenen Verkäufen
einzuziehen oder dafür Zahlungsfristen zu bewilligen.
Artikel
50.
Wer
in einem Laden oder in einem offenen Magazin oder Waarenlager angestellt ist,
gilt für ermächtigt, daselbst Verkäufe und Empfangnahmen vorzunehmen, welche in
einem derartigen Laden, Magazin oder Waarenlager gewöhnlich geschehen.
Artikel
51.
Wer
die Waare und eine unquittirte Rechnung überbringt, gilt deshalb noch nicht für
ermächtigt, die Zahlung zu empfangen.
Artikel
52.
Durch
das Rechtsgeschäft, welches ein Prokurist oder ein Handlungsbevollmächtigter
gemäß der Prokura oder der Vollmacht im Namen des Prinzipals schließt, wird der
letztere dem Dritten gegenüber berechtigt und verpflichtet.
Es
ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen des Prinzipals
geschlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, daß es nach dem Willen
der Kontrahenten für den Prinzipal geschlossen werden sollte.
Zwischen
dem Prokuristen oder Bevollmächtigten und dem Dritten erzeugt das Geschäft
weder Rechte noch Verbindlichkeiten.
Artikel
53.
Der
Prokurist oder der Handlungsbevollmächtigte kann ohne Einwilligung des
Prinzipals seine Prokura oder Handlungsvollmacht auf einen Anderen nicht
übertragen.
Artikel
54.
Die
Prokura oder Handlungsvollmacht ist zu jeder Zeit widerruflich, unbeschadet der
Rechte aus dem bestehenden Dienstverhältnisse.
Der
Tod des Prinzipals hat das Erlöschen der Prokura oder Handlungsvollmacht nicht
zur Folge.
Artikel
55.
Wer
ein Handelsgeschäft als Prokurist oder als Handlungsbevollmächtigter schließt,
ohne Prokura oder Handlungsvollmacht erhalten zu haben, ingleichen ein
Handlungsbevollmächtigter, welcher bei Abschluß eines Geschäfts seine Vollmacht
überschreitet, ist dem Dritten persönlich nach Handelsrecht verhaftet; der
Dritte kann nach seiner Wahl ihn auf Schadensersatz oder Erfüllung belangen.
Diese Haftungspflicht tritt nicht ein, wenn der Dritte, ungeachtet er den Mangel
(490)
der Prokura oder der Vollmacht oder die Ueberschreitung der letzteren kannte,
sich mit ihm eingelassen hat.
Artikel
56.
Ein
Prokurist oder ein zum Betriebe eines ganzen Handelsgewerbes bestellter
Handlungsbevollmächtigter darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder für
eigene Rechnung, noch für Rechnung eines Dritten Handelsgeschäfte machen.
Eine
Einwilligung des Prinzipals ist schon dann anzunehmen, wenn ihm bei Ertheilung
der Prokura oder der Vollmacht bekannt war, daß der Prokurist oder Handlungsbevollmächtigte
für eigene oder fremde Rechnung Handelsgeschäfte betreibe, und er die Aufgebung
dieses Betriebes nicht bedungen hat.
Uebertritt
der Prokurist oder Handlungsbevollmächtigte diese Vorschrift, so kann der
Prinzipal Ersatz des verursachten Schadens fordern. Auch muß sich der Prokurist
oder Handlungsbevollmächtigte auf Verlangen des Prinzipals gefallen lassen, daß
die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung des Prinzipals
geschlossen angesehen werden.
Sechster
Titel.
Von
den Handlungsgehülfen.
Artikel
57.
Die
Natur der Dienste und die Ansprüche der Handlungsgehülfen (Handlungsdiener,
Handlungslehrlinge) auf Gehalt und Unterhalt werden, in Ermangelung einer
Uebereinkunft, durch den Ortsgebrauch oder durch das Ermessen des Gerichts, nöthigenfalls
nach Einholung eines Gutachtens von Sachverständigen, bestimmt.
Artikel
58.
Ein
Handlungsgehülfe ist nicht ermächtigt, Rechtsgeschäfte im Namen und für
Rechnung des Prinzipals vorzunehmen.
Wird
er jedoch von dem Prinzipal zu Rechtsgeschäften in dessen Handelsgewerbe
beauftragt, so finden die Bestimmungen über Handlungsbevollmächtigte Anwendung.
Artikel
59.
Ein
Handlungsgehülfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder für eigene
Rechnung noch für Rechnung eines Dritten Handelsgeschäfte machen.
In
dieser Beziehung kommen die für den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten
geltenden Bestimmungen (Artikel 56.) zur Anwendung.
Artikel
60.
Ein Handlungsgehülfe, welcher durch unverschuldetes Unglück an Leistung seines Dienstes zeitweise verhindert wird, geht dadurch seiner Ansprüche auf
(491)
Gehalt und Unterhalt nicht verlustig. Jedoch hat er auf diese Vergünstigung nur
für die Dauer von sechs Wochen Anspruch.
Artikel
61.
Das
Dienstverhältniß zwischen dem Prinzipal und Handlungsdiener kann von jedem
Theile mit Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres nach vorgängiger
sechswöchentlicher Kündigung aufgehoben werden. Ist durch Vertrag eine kürzere
oder längere Zeitdauer oder eine kürzere oder längere Kündigungsfrist bedungen,
so hat es hierbei sein Bewenden.
In
Betreff der Handlungslehrlinge ist die Dauer der Lehrzeit nach dem Lehrvertrage
und in Ermangelung vertragsmäßiger Bestimmungen nach den örtlichen Verordnungen
oder dem Ortsgebrauche zu beurtheilen.
Artikel
62.
Die
Aufhebung des Dienstverhältnisses vor der bestimmten Zeit (Artikel 61.) kann
aus wichtigen Gründen von jedem Theile verlangt werden.
Die
Beurtheilung der Wichtigkeit der Gründe bleibt dem Ermessen des Richters
überlassen.
Artikel
63.
Gegen
den Prinzipal kann insbesondere die Aufhebung des Dienstverhältnisses
ausgesprochen werden, wenn derselbe den Gehalt oder den gebührenden Unterhalt
nicht gewährt, oder wenn er sich thätlicher Mißhandlungen oder schwerer
Ehrverletzungen gegen den Handlungsgehülfen schuldig macht.
Artikel
64.
Gegen
den Handlungsgehülfen kann insbesondere die Aufhebung des Dienstverhältnisses
ausgesprochen werden:
1)
wenn derselbe im Dienste untreu ist oder das Vertrauen
mißbraucht;
2)
wenn derselbe ohne Einwilligung des Prinzipals für
eigene Rechnung oder für Rechnung eines Dritten Handelsgeschäfte macht;
3)
wenn derselbe seine Dienste zu leisten verweigert oder
ohne einen rechtmäßigen Hinderungsgrund während einer den Umständen nach
erheblichen Zeit unterläßt;
4)
wenn derselbe durch anhaltende Krankheit oder
Kränklichkeit oder durch eine längere Freiheitsstrafe oder Abwesenheit an
Verrichtung seiner Dienste verhindert wird;
5)
wenn derselbe sich thätlicher Mißhandlungen oder
erheblicher Ehrverletzungen gegen den Prinzipal schuldig macht;
6)
wenn derselbe sich einem unsittlichen Lebenswandel
ergiebt.
Artikel
65.
Hinsichtlich der Personen, welche bei dem Betriebe des Handelsgewerbes
(492)
Gesindedienste verrichten, hat es bei den für das Gesindedienstverhältniß
geltenden Bestimmungen sein Bewenden.
Siebenter Titel.
Von den Handelsmäklern oder Sensalen.
Artikel 66.
Die Handelsmäkler (Sensale) sind amtlich bestellte
Vermittler für Handelsgeschäfte.
Sie leisten vor Antritt ihres Amtes den Eid, daß sie die
ihnen obliegenden Pflichten getreu erfüllen wollen.
Artikel 67.
Die Handelsmäkler vermitteln für Auftraggeber Käufe und
Verkäufe über Waaren, Schiffe, Wechsel, inländische und ausländische
Staatspapiere, Aktien und andere Handelspapiere, ingleichen Verträge über
Versicherungen, Bodmerei, Befrachtung und Miethe von Schiffen, sowie über Land-
und Wassertransporte und andere den Handel betreffende Gegenstände.
Durch die übertragene Geschäftsvermittlung ist ein Handelsmäkler
noch nicht als bevollmächtigt anzusehen, eine Zahlung oder eine andere im
Vertrage bedungene Leistung in Empfang zu nehmen.
Artikel 68.
Die Anstellung der Handelsmäkler geschieht entweder im
Allgemeinen für alle Arten von Mäklergeschäften oder nur für einzelne Arten
derselben.
Artikel 69.
Die Handelsmäkler haben insbesondere folgende Pflichten:
1) Sie dürfen für eigene Rechnung keine Handelsgeschäfte
machen, weder unmittelbar noch mittelbar, auch nicht als Kommissionaire, sie
dürfen für die Erfüllung der Geschäfte, welche sie vermitteln, sich nicht
verbindlich machen oder Bürgschaft leisten, alles dies unbeschadet der
Gültigkeit der Geschäfte;
2) Sie dürfen zu keinem Kaufmann in dem Verhältnisse eines
Prokuristen, Handlungsbevollmächtigten oder Handlungsgehülfen stehen;
3) Sie dürfen sich nicht mit anderen Handelsmäklern zu einem
gemeinschaftlichen Betriebe der Mäklergeschäfte oder eines Theiles derselben
vereinigen; zur gemeinschaftlichen Vermittlung einzelner Geschäfte sind sie
unter Zustimmung der Auftraggeber befugt;
4) Sie müssen die Mäklerverrichtungen persönlich betreiben
und dürfen sich zur Abschließung der Geschäfte eines Gehülfen nicht bedienen;
5) Sie sind zur Verschwiegenheit über die Aufträge, Verhandlungen und Abschlüsse
(494) verpflichtet, soweit nicht das Gegentheil durch die
Parteien bewilligt oder durch die Natur der Geschäfts geboten ist.
6) Sie dürfen zu keinem Geschäfte die Einwilligung der
Parteien oder deren Bevollmächtigten anders annehmen, als durch ausdrückliche
und persönliche Erklärung; es ist den Mäklern weder erlaubt, von Abwesenden
Aufträge zu übernehmen, noch sich zur Vermittlung eines Unterhändlers zu bedienen.
Artikel 70.
Handelsmäklern, welche Schiffsmakelei betreiben, kann
gestattet werden, den Schiffern im Einziehen und Vorschießen der Frachten und
Unkosten als Abrechner oder in anderer ortsüblicher Weise Hülfsdienste zu
leisten.
Artikel 71.
Der Handelsmäkler muß außer seinem Handbuche ein Tagebuch führen, in welches letztere alle abgeschlossenen Geschäfte täglich einzutragen sind. Das Eingetragene hat er täglich zu unterzeichnen.
Das Tagebuch muß vor dem Gebrauche Blatt für Blatt mit
fortlaufenden Zahlen bezeichnet und der vorgesetzten Behörde zur Beglaubigung
der Zahl der Blätter vorgelegt werden.
Artikel 72.
Die Eintragungen in das Tagebuch müssen die Namen der
Kontrahenten, die Zeit des Abschlusses, die Bezeichnung des Gegenstandes und
die Bedingungen des Geschäfts, insbesondere bei Verkäufen von Waaren die
Gattung und Menge derselben, sowie den Preis und die Zeit der Lieferung
enthalten.
Die Eintragungen müssen in Deutscher Sprache, oder, sofern
die Geschäftssprache des Ortes eine andere ist, in dieser geschehen; sie müssen
nach Ordnung des Datums und ohne leere Zwischenräume erfolgen.
Die Bestimmungen über die Einrichtung der Handelsbücher
(Artikel 32.) finden auch auf das Tagebuch des Mäklers Anwendung.
Artikel 73.
Der Handelsmäkler muß ohne Verzug nach Abschluß des
Geschäfts jeder Partei eine von ihm unterzeichnete Schlußnote, welche die in
dem vorhergehenden Artikel als Gegenstand der Eintragung bezeichneten
Thatsachen enthält, zustellen.
Bei Geschäften, welche nicht sofort erfüllt werden sollen, ist
die Schlußnote den Parteien zu ihrer Unterschrift zuzustellen und jeder Partei
das von der anderen unterschriebene Exemplar zu übersenden.
Verweigert eine Partei die Annahme oder Unterschrift der
Schlußnote, so muß der Handelsmäkler davon der anderen Partei ohne Verzug
Anzeige machen.
(495) Artikel 74.
Der Handelsmäkler ist verpflichtet, den Parteien zu jeder
Zeit auf Verlangen beglaubigte Auszüge aus dem Tagebuche zu geben, die Alles
enthalten müssen, was von dem Mäkler in Ansehung des die Parteien angehenden
Geschäfts eingetragen ist.
Artikel 75.
Wenn ein Handelsmäkler stirbt oder aus dem Amte scheidet, so
ist sein Tagebuch bei der Behörde niederzulegen.
Artikel 76.
Der Abschluß eines durch Handelsmäkler vermittelten
Vertrages ist von der Eintragung desselben in das Tagebuch oder von der
Aushändigung der Schlußnoten unabhängig.
Diese Thatsachen dienen nur zum Beweise des abgeschlossenen
Vertrages.
Artikel 77.
Das ordnungsmäßig geführte Tagebuch, sowie die Schlußnoten
eines Handelsmäklers liefern in der Regel den Beweis für den Abschluß des
Geschäfts und dessen Inhalt.
Jedoch hat der Richter nach seinem durch die Erwägung aller
Umstände geleiteten Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalte des Tagebuchs und
der Schlußnoten ein geringeres Gewicht beizulegen, ob die eidliche Bestärkung
durch den Mäkler oder andere Beweise zu fordern, ob insbesondere die Weigerung
einer Partei, die Schlußnote anzunehmen oder zu unterzeichnen, für Beurtheilung
der Sache von Erheblichkeit sei.
Artikel 78.
Das Tagebuch eines Handelsmäklers, bei dessen Führung
Unregelmäßigkeiten vorgefallen sind, kann als Beweismittel nur insoweit
berücksichtigt werden, als dieses nach der Art und Bedeutung der
Unregelmäßigkeiten, sowie nach Lage der Sache als geeignet erscheint.
Artikel 79.
Im Laufe eines Rechtsstreits kann der Richter, selbst ohne
Antrag einer Partei, die Vorlegung des Tagebuchs verordnen, um dasselbe
einzusehen und mit der Schlußnote, den Auszügen und anderen Beweismitteln zu
vergleichen.
Die Vorschrift des Artikels 39. findet auch in Bezug auf die
Vorlegung des Tagebuchs Anwendung.
Artikel 80.
Der Handelsmäkler muß, sofern nicht die Parteien ihm dieses erlassen
(496) haben oder der Ortsgebrauch mit Rücksicht auf die
Gattung der Waare davon entbindet, von jeder durch seine Vermittelung nach
Probe verkauften Waare die Probe, nachdem er dieselbe Behufs der
Wiedererkennung gezeichnet hat, so lange aufbewahren, bis die Waare ohne
Einwendung gegen ihre Beschaffenheit angenommen, oder das Geschäft in anderer
Weise erledigt ist.
Artikel 81.
Jedes Verschulden des Handelsmäklers berechtigt die dadurch
beschädigte Partei, Schadloshaltung von ihm zu fordern.
Artikel 82.
Der Handelsmäkler hat die Mäklergebühr (Sensarie) zu
fordern, sobald das Geschäft geschlossen und, wenn es ein bedingtes war, unbedingt
geworden und von ihm seiner Verpflichtung wegen Zustellung der Schlußnoten
Genüge geschehen ist, unbeschadet anderweiter Bestimmung durch örtliche
Verordnungen oder durch Ortsgebrauch.
Ist das Geschäft nicht zum Abschlusse gekommen, oder nicht
zu einem unbedingten geworden, so kann für die Unterhandlungen keine Mäklergebühr
gefordert werden.
Der Betrag der Mäklergebühr wird durch örtliche Verordnungen
geregelt; in Ermangelung derselben entscheidet der Ortsgebrauch.
Artikel 83.
Ueber die Anstellung der Handelsmäkler und über die
Bestrafung der von ihnen im Berufe begangenen Pflichtverletzungen das
Erforderliche zu bestimmen, bleibt den Landesgesetzen überlassen.
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, die Vorschriften
dieses Titels nach Handelsmäklern das ausschließliche Recht zur Vermittlung von
Handelsgeschäften beigelegt werden.
Auch kann in den Landesgesetzen oder in örtlichen
Verordnungen der in diesem Titel den Handelsmäklern zugewiesene Kreis von
Amtsverrichtungen und Befugnissen (Artikel 67. 70.) oder der Umfang ihrer
Pflichten (Artikel 69.) erweitert oder eingeschränkt werden.
(497) Zweites Buch
Von den Handelsgesellschaften.
Erster Titel
Von der offenen Handelsgesellschaft.
Erster Abschnitt
Von der Errichtung der Gesellschaft.
Artikel 85.
Eine offene Handelsgesellschaft ist vorhanden, wenn zwei oder mehrere Personen ein Handelsgewerbe unter gemeinschaftlicher Firma betreiben und bei keinem der Gesellschafter die Betheiligung auf Vermögenseinlagen beschränkt ist.
Zur Gültigkeit des Gesellschaftsvertrages bedarf es der
schriftlichen Abfassung oder anderer Förmlichkeiten nicht.
Artikel 86.
Die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft ist von den
Gesellschaftern bei dem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Gesellschaft
ihren Sitz hat, und bei jedem Handelsgerichte, in dessen Bezirk sie eine
Zweigniederlassung hat, Behufs der Eintragung in das Handelsregister
anzumelden.
Die Anmeldung muß enthalten:
1) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort des
Gesellschafters;
2) die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz
hat;
3) den Zeitpunkt, mit welchem die Gesellschaft begonnen hat;
4) im Falle vereinbart ist, daß nur einer oder einige der
Gesellschafter die Gesellschaft vertreten sollen, die Angabe, welcher und
welche dazu bestimmt sind, ingleichen, ob das Recht nur in Gemeinschaft
ausgeübt werden soll.
Artikel 87
Wenn die Firma einer bestehenden Gesellschaft geändert oder
der Sitz der Gesellschaft an einen anderen Ort verlegt wird, oder wenn neue
Gesellschafter in dieselbe eintreten, oder wenn einem Gesellschafter die
Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten (Artikel 86. Ziff. 4.), nachträglich
ertheilt, oder wenn eine solche Befugniß aufgehoben wird, so sind diese
Thatsachen bei dem Handelsgerichte Behufs der Eintragung in das Handelsregister
anzumelden.
Bei der Aenderung der Firma, bei der Verlegung des Sitzes
der Gesellschaft und bei der Aufhebung der Vertretungsbefugnis richtet sich die
Wirkung gegen Dritte in den Fällen der geschehenen oder der nicht geschehenen
Eintragung und Bekanntmachung nach den Bestimmungen des Artikels 25.
(498) Artikel 88.
Die Anmeldungen (Artikel 86. 87.) müssen von allen
Gesellschaftern persönlich vor dem Handelsgerichte unterzeichnet oder in
beglaubigter Form eingereicht werden. Sie sind ihrem ganzen Inhalte nach in das
Handelsregister einzutragen.
Die Gesellschafter, welche die Gesellschaft vertreten
sollen, haben die Firma nebst ihrer Namensunterschrift persönlich vor dem
Handelsrichter zu zeichnen oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form
einzureichen.
Artikel 89.
Das Handelsgericht hat die Betheiligung zur Befolgung der
vorstehenden Anordnungen (Artikel 86 – 88.) von Amtswegen durch Ordnungsstrafen
anzuhalten.
Zweiter Abschnitt
Von dem Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander
Artikel 90.
Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter unter einander
richtet sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage.
Soweit über die in den nachfolgenden Artikeln dieses
Abschnitts berührten Punkte keine Vereinbarung getroffen ist, kommen die
Bestimmungen dieser Artikel zur Anwendung.
Artikel 91.
Wenn Geld oder andere verbrauchbare oder vertretbare Sachen,
oder wenn unverbrauchbare oder unvertretbare Sachen nach einer Schätzung, die
nicht blos zum Zweck der Gewinnvertheilung geschieht, in die Gesellschaft
eingebracht werden, so werden diese Gegenstände Eigenthum der Gesellschaft.
Im Zweifel wird angenommen, daß die in das Inventar der
Gesellschaft mit der Unterschrift sämmtlicher Gesellschafter eingetragenen, bis
dahin einem Gesellschafter gehörigen, beweglichen oder unbeweglichen Sachen
Eigenthum der Gesellschaft geworden sind.
Artikel 92.
Ein Gesellschafter ist nicht verpflichtet, die Einlage über
den vertragsmäßigen Betrag zu erhöhen, oder die durch Verlust verminderte
Einlage zu ergänzen.
Artikel 93.
Für die Auslagen, welche ein Gesellschafter in Gesellschaftsangelegenheiten macht, für die Verbindlichkeiten, welche er wegen derselben übernimmt,
(499) und für die Verluste, welche er unmittelbar durch
seine Geschäftsführung oder aus Gefahren, welche von derselben unzertrennlich
sind, erleidet, ist ihm die Gesellschaft verhaftet.
Von den vorgeschossenen Geldern kann er Zinsen fordern, vom
Tage des geleisteten Vorschusses an gerechnet.
Für die Bemühungen bei dem Betreibe der
Gesellschaftsgeschäfte steht dem Gesellschafter ein Anspruch auf Vergütung
nicht zu.
Artikel 94.
Jeder Gesellschafter ist verpflichtet, in den
Angelegenheiten der Gesellschaft den Fleiß und die Sorgfalt anzuwenden, welche
er in seinen eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt.
Er haftet der Gesellschaft für den Schaden, welcher ihr
durch sein Verschulden entstanden ist. Er kann gegen diesen Schaden nicht die
Vortheile aufrechnen, welche er der Gesellschaft in anderen Fällen durch seinen
Fleiß verschafft hat.
Artikel 95.
Ein Gesellschafter, welcher seine Geldeinlage nicht zur
rechten Zeit einzahlt, oder eingenommene Gesellschaftsgelder nicht zur rechten
Zeit an die Gesellschaftskasse abliefert, oder unbefugt Gelder aus der
Gesellschaftskasse für sich entnimmt, ist von Rechtswegen zur Entrichtung von
Zinsen seit dem Tage verpflichtet, an welchem die Zahlung oder die Ablieferung
hätte geschehen sollen oder die Herausnahme des Geldes erfolgt ist.
Die Verpflichtung zum Ersatze des etwa entstandenen größeren
Schadens und die übrigen rechtlichen Folgen der Handlung werden hierdurch nicht
ausgeschlossen.
Artikel 96.
Ein Gesellschafter darf ohne Genehmigung der anderen
Gesellschafter weder in dem Handelszweige der Gesellschaft für eigene Rechnung
oder für Rechnung eines Dritten Geschäfte machen, noch an einer anderen gleichartigen
Handelsgesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehmen.
Eine Genehmigung der Theilnahme an einer anderen
gleichartigen Handelsgesellschaft ist schon dann anzunehmen, wenn den übrigen
Gesellschaftern die Eingehung der Gesellschaft bekannt war, daß der
Gesellschafter an jener Handelsgesellschaft als offener Gesellschafter Theil
nehme, und gleichwohl das Aufgeben der Theilnahme nicht ausdrücklich bedungen
worden ist.
Artikel 97.
Ein Gesellschafter, welcher den vorstehenden Bestimmungen
zuwiderhandelt, muß sich auf Verlangen der Gesellschaft gefallen lassen, daß
die für seine Rechnung gemachten Geschäfte als für Rechnung der Gesellschaft
geschlossen angesehen werden; auch kann die Gesellschaft statt dessen den
Ersatz des entstandenen (500) Schadens fordern; alles dieses unbeschadet des
Rechts, die Auflösung des Gesellschaftsvertrages in den geeigneten Fällen
herbeizuführen.
Das Recht der Gesellschaft, in ein von dem Gesellschafter
für eigene Rechnung gemachtes Geschäft einzutreten oder Schadensersatz zu
fordern, erlischt nach drei Monaten, von dem Zeitpunkt an gerechnet, in welchem
die Gesellschaft von dem Abschlusse des Geschäfts Kenntniß erhalten hat.
Artikel 98.
Ein Gesellschafter kann ohne die Einwilligung der übrigen
Gesellschafter keinen Dritten in die Gesellschaft aufnehmen.
Wenn ein Gesellschafter einseitig einen Dritten an seinem
Antheile betheiligt oder seinen Antheil an denselben abtritt, so erlangt dieser
gegen die Gesellschaft unmittelbar keine Rechte; er ist insbesondere zur
Einsicht der Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft nicht berechtigt.
Artikel 99.
Wenn die Geschäftsführung in dem Gesellschaftsvertrage einem
oder mehreren der Gesellschafter übertragen ist, so schließen diese die übrigen
Gesellschafter von der Geschäftsführung aus; sie sind berechtigt, ungeachtet
des Widerspruchs der übrigen Gesellschafter, alle Handlungen vorzunehmen,
welche der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich
bringt.
Artikel 100.
Wenn die Geschäftsführung mehreren Gesellschaftern mit der
ausdrücklichen Beschränkung übertragen ist, daß einer nicht ohne den anderen
handeln könne, so darf keiner allein Geschäfte vornehmen, es sei denn, daß
Gefahr im Verzuge ist.
Ist hingegen mehreren Gesellschaftern die Geschäftsführung
ohne diese ausdrückliche Beschränkung übertragen, so darf jeder derselben
allein alle zur Geschäftsführung gehörenden Handlungen vornehmen. Jedoch muß,
wenn einer unter ihnen gegen die Vornahme einer Handlung Widerspruch erhebt,
dieselbe unterbleiben.
Artikel 101.
Die im Gesellschaftsvertrage einem oder mehreren
Gesellschaftern geschehene Uebertragung der Geschäftsführung kann, so lange die
Gesellschaft dauert, nicht ohne rechtmäßige Ursache widerrufen werden.
Die Beurtheilung, ob eine rechtmäßige Ursache vorliege,
bleibt dem Ermessen des Richters überlassen.
Der Widerruf kann insbesondere in den im Artikel 125. Ziffer
2. bis 5. bezeichneten Fällen für begründet erklärt werden.
Artikel 102.
Wenn im Gesellschaftsvertrage die Geschäftsführung nicht einem oder
(501) mehreren Gesellschaftern übertragen ist, so sind alle
Gesellschafter zum Betriebe der Geschäfte gleichmäßig berechtigt und
verpflichtet.
Erhebt ein Gesellschafter gegen die Vornahme einer Handlung
Widerspruch, so muß dieselbe unterbleiben.
Artikel 103.
Ein Beschluß der sämmtlichen Gesellschafter muß vor der
Vornahme von Geschäften eingeholt werden, welche über den gewöhnlichen Betrieb
des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, oder welche dem Zweck
derselben fremd sind.
Dies ist auch dann erforderlich, wenn die Geschäftsführung
einem oder mehreren Gesellschaftern übertragen ist.
Zur Fassung des Beschlusses ist Stimmeneinhelligkeit
erforderlich. Ist diese nicht zu erlangen, so muß die Handlung, in Ansehung
deren Beschluß gefaßt werden soll, unterbleiben.
Artikel 104.
Zur Bestellung eines Prokuristen ist, sofern nicht Gefahr im
Verzuge ist, die Einwilligung aller geschäftsführenden Gesellschafter, und wenn
keine solche ernannt sind, die Einwilligung aller Gesellschafter erforderlich.
Der Widerruf der Prokura kann von jedem der zur Ertheilung
derselben befugten Gesellschafter geschehen.
Artikel 105.
Jeder Gesellschafter, auch wenn er nicht in dem
Geschäftsbetriebe der Gesellschaft thätig ist, kann sich persönlich von dem
Gange der Gesellschaftsangelegenheiten unterrichten; er kann jederzeit in das
Geschäftslokal kommen, die Handelsbücher und Papiere der Gesellschaft einsehen
und auf ihrer Grundlage eine Bilanz zu seiner Uebersicht anfertigen.
Ist im Gesellschaftsvertrage ein Anderes bestimmt, so
verliert diese Bestimmung ihre Wirkung, wenn eine Unredlichkeit in der
Geschäftsführung nachgewiesen wird.
Artikel 106.
Jedem Gesellschafter werden am Schlusse eines jeden
Geschäftsjahres von seiner Einlage, oder wenn sich dieselbe beim Schlusse des
vorigen Jahres durch Hinzurechnung seines Antheils am Gewinne vermehrt oder
durch Abrechnung seines Antheils am Verluste vermindert hat, von seinem
Antheile am Gesellschaftsvermögen Zinsen zu vier vom Hundert gutgeschrieben und
von den während des Geschäftsjahres auf den Antheil entnommenen Geldern Zinsen
in demselben Maaßstabe zur Last geschrieben.
Die dem Gesellschafter hiernach zukommenden Zinsen vermehren
seinen Antheil am Gesellschaftsvermögen.
Vor Deckung dieser Zinsen ist kein Gewinn vorhanden, und der
Verlust der Gesellschaft wird durch dieselben vermehrt oder gebildet.
(502) Artikel 107.
Am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres wird, auf Grund des
Inventars und der Bilanz, der Gewinn oder der Verlust dieses Jahres ermittelt
und für jeden Gesellschafter sein Antheil daran berechnet.
Der Gewinn jedes Gesellschafters wird seinem Antheile am
Gesellschaftsvermögen zugeschrieben, der Verlust von demselben abgeschrieben.
Artikel 108.
Ein Gesellschafter darf ohne Einwilligung der übrigen
Gesellschafter seine Einlage oder seinen Antheil am Gesellschaftsvermögen nicht
vermindern.
Er darf jedoch, auch ohne diese Einwilligung, auf seinen
Antheil am Gesellschaftsvermögen die Zinsen desselben für das letztverflossene
Jahr, und soweit es nicht zum offenbaren Nachtheil der Gesellschaft gereicht,
Gelder bis zu einem Betrage entnehmen, welcher seinen Antheil am Gewinne des
letztverflossenen Jahres nicht übersteigt.
Artikel 109.
Der Gewinn oder Verlust wird, in Ermangelung einer anderen
Vereinbarung, unter die Gesellschafter nach Köpfen vertheilt.
Dritter Abschnitt
Von dem Rechtsverhältniß der Gesellschaft zu dritten
Personen
Artikel 110.
Die rechtliche Wirksamkeit einer offenen Handelsgesellschaft
tritt im Verhältniß zu dritten Personen mit dem Zeitpunkte ein, in welchem die
Errichtung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist, oder die
Gesellschaft auch nur ihre Geschäfte begonnen hat.
Die Beschränkung, daß die Gesellschaft erst mit einem
späteren Zeitpunkte als dem der Eintragung, ihren Anfang nehmen soll, hat gegen
dritte Personen keine rechtliche Wirkung.
Artikel 111.
Die Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.
Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gericht, in
dessen Bezirk sie ihren Sitz hat.
Artikel 112.
Die Gesellschafter haften für alle Verbindlichkeiten der Gesellschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen.
(503) Eine entgegenstehende Verabredung hat gegen Dritte
keine rechtliche Wirkung.
Artikel 113.
Wer in eine bestehende Handelsgesellschaft eintritt, haftet
gleich den anderen Gesellschaftern für alle von der Gesellschaft vor seinem
Eintritte eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden
oder nicht.
Ein entgegenstehender Vertrag ist gegen Dritte ohne
rechtliche Wirkung.
Artikel 114.
Jeder zur Vertretung der Gesellschaft befugte Gesellschafter
ist ermächtigt, alle Arten von Geschäften und Rechtshandlungen im Namen der
Gesellschaft vorzunehmen, insbesondere auch die der Gesellschaft gehörenden
Grundstücke zu veräußern und zu belasten.
Die Gesellschaft wird durch die Rechtsgeschäfte, welche ein
zur Vertretung der Gesellschaft befugter Gesellschafter in ihrem Namen
schließt, berechtigt und verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft
ausdrücklich im Namen der Gesellschaft geschlossen worden ist, oder ob die
Umstände ergeben, daß es nach dem Willen der Kontrahenten für die Gesellschaft
geschlossen werden sollte.
Artikel 115.
Die Gesellschaft wird durch Rechtsgeschäfte eines
Gesellschafters nicht verpflichtet, wenn derselbe von der Befugniß, die
Gesellschaft zu vertreten, ausgeschlossen (Artikel 86. Ziff. 4), oder seine
Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten, aufgehoben ist (Artikel 87.), sofern
hinsichtlich dieser Ausschließung oder Aufhebung die Voraussetzungen vorhanden
sind, unter welchen nach Artikel 46. hinsichtlich des Erlöschens der Prokura
die Wirkung gegen Dritte eintritt.
Artikel 116.
Eine Beschränkung des Umfanges der Befugniß eines
Gesellschafters, die Gesellschaft zu vertreten, hat dritten Personen gegenüber
keine rechtliche Wirkung; insbesondere ist die Beschränkung nicht zulässig, daß
die Vertretung sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften
erstrecken, oder daß sie nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse
Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden solle.
Artikel 117.
Die Gesellschaft wird vor Gericht von jedem Gesellschafter
gültig vertreten, welcher von der Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten,
nicht ausgeschlossen ist.
Zur Behändigung von Vorladungen und anderen Zustellungen an
die Gesellschaft genügt es, wenn dieselbe an einen der zur Vertretung befugten
Gesellschafter geschieht.
(504) Artikel 118.
Die Ertheilung, sowie die Aufhebung einer Prokura geschieht
mit rechtlicher Wirkung gegen Dritte durch einen der zur Vertretung der
Gesellschaft befugten Gesellschaftern
Artikel 119.
Die Privatgläubiger eines Gesellschafters sind nicht befugt,
die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen, Forderungen oder Rechte oder
einen Antheil an denselben zum Behuf ihrer Befriedigung oder Sicherstellung in
Anspruch zu nehmen. Gegenstand der Exekution, des Arrestes oder der
Beschlagnahme kann für sie nur dasjenige sein, was der Gesellschafter selbst an
Zinsen und Gewinnantheilen zu fordern berechtigt ist, und was ihm bei der
Auseinandersetzung zukommt.
Artikel 120.
Die Bestimmung des vorigen Artikels gilt auch in Betreff der
Privatgläubiger, zu deren Gunsten eine Hypothek oder ein Pfandrecht an dem
Vermögen eines Gesellschafters kraft des Gesetzes oder aus einem anderen
Rechtsgrunde besteht. Ihre Hypothek oder ihr Pfandrecht erstreckt sich nicht
auf die zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Sachen, Forderungen und Rechte,
oder auf einen Antheil an denselben, sondern nur auf dasjenige, was in dem
letzten Satze des vorigen Artikels bezeichnet ist.
Jedoch werden die Rechte, welche an den von einem
Gesellschafter in das Vermögen der Gesellschaft eingebrachten Gegenständen
bereits zur Zeit des Einbringens bestanden, durch die vorstehenden Bestimmungen
nicht berührt.
Artikel 121.
Eine Kompensation zwischen Forderungen der Gesellschaft und
Privatforderungen des Gesellschaftsschuldners gegen einen einzelnen
Gesellschafter findet während der Dauer der Gesellschaft weder ganz noch
theilweise statt; nach Auflösung der Gesellschaft ist sie zulässig, wenn und
insoweit die Gesellschaftsforderung dem Gesellschafter bei der
Auseinandersetzung überwiesen ist.
Artikel 122.
Im Falle des Konkurses der Gesellschaft werden die Gläubiger
derselben aus dem Gesellschaftsvermögen abgesondert befriedigt, und können aus
dem Privatvermögen der Gesellschafter nur wegen des Ausfalls ihre Befriedigung
suchen; den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, zu bestimmen, ob und wie weit
den Privatgläubigern der Gesellschafter ein Absonderungsrecht in Bezug auf das
Privatvermögen derselben zusteht.
(505) Vierter Abschnitt
Von der Auflösung der Gesellschaft und dem Austreten
einzelner Gesellschafter aus derselben
Artikel 123.
Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1) durch die Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft;
2) durch den Tod eines der Gesellschafter, wenn nicht der
Vertrag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den Erben des Verstorbenen
fortbestehen soll;
3) durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines
der Gesellschafter oder durch die eingetretene rechtliche Unfähigkeit eines der
Gesellschafter zur selbständigen Vermögensverwaltung
4) durch gegenseitige Uebereinkunft;
5) durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft
eingegangen ist, sofern nicht die Gesellschafter dieselbe stillschweigend
fortsetzen; in diesem Falle gilt sie von da an als auf unbestimmte Dauer
eingegangen;
6) durch die von Seiten eines Gesellschafters geschehene
Aufkündigung wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer eingegangen ist.
Eine auf Lebenszeit eingegangene Gesellschaft ist als eine Gesellschaft
von unbestimmter Dauer zu betrachten.
Artikel 124.
Die Aufkündigung einer Gesellschaft von unbestimmter Dauer
Seitens eines Gesellschafters muß, wenn nicht ein Anderes vereinbart ist,
mindestens sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres der Gesellschaft
erfolgen.
Artikel 125.
Ein Gesellschafter kann die Auflösung der Gesellschaft vor
Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit oder bei Gesellschaften von
unbestimmter Dauer ohne vorgängige Aufkündigung verlangen, sofern hierzu
wichtige Gründe vorhanden sind.
Die Beurtheilung, ob solche Gründe anzunehmen sind, bleibt
im Falle des Widerspruchs dem Ermessen des Richters überlassen.
Die Auflösung kann insbesondere ausgesprochen werden:
1) wenn durch äußere Umstände die Erreichung des
gesellschaftlichen Zwecks unmöglich wird;
2) wenn ein Gesellschafter bei der Geschäftsführung oder bei
der Rechnungslegung unredlich verfährt;
3) wenn ein Gesellschafter die Erfüllung der ihm obliegenden
wesenlichten Verpflichtungen unterläßt;
4) wenn ein Gesellschafter die Firma oder das Vermögen der
Gesellschaft für seine Privatzwecke missbraucht;
(506) 5) wenn ein Gesellschafter durch anhaltende Krankheit
oder aus anderen Ursachen zu den ihm obliegenden Geschäften der Gesellschaft
unfähig wird.
Artikel 126.
Hat ein Privatgläubiger eines Gesellschafters nach fruchtlos
vollstreckter Exekution in dessen Privatvermögen die Exekution in das dem
Gesellschafter bei dereinstiger Auflösung der Gesellschaft zukommende Guthaben
erwirkt, so ist er berechtigt, es mag die Gesellschaft auf bestimmte oder
unbestimmte Dauer eingegangen sein, Behufs seiner Befriedigung nach vorher von
ihm geschehener Aufkündigung die Auflösung der Gesellschaft zu verlangen.
Die Aufkündigung muß mindestens sechs Monate vor Ablauf des
Geschäftsjahres der Gesellschaft geschehen.
Artikel 127.
Wenn die Gesellschafter vor der Auflösung der Gesellschaft
übereingekommen sind, daß, ungeachtet des Ausscheidens eines oder mehrerer
Gesellschafter, die Gesellschaft unter den übrigen fortgesetzt werden soll, so
endigt die Gesellschaft nur in Beziehung auf den Ausscheidenden; im Uebrigen
besteht sie mit allen ihren bisherigen Rechten und Verbindlichkeiten fort.
Artikel 128.
Wenn die Auflösung der Gesellschaft aus Gründen gefordert
werden darf, welche in der Person eines Gesellschafters liegen (Artikel 125.),
so kann anstatt derselben auf Ausschließung dieses Gesellschafters erkannt
werden, sofern die sämmtlichen übrigen Gesellschafter hierauf antragen.
Artikel 129.
Die Auflösung der Gesellschaft muß, wenn sie nicht in Folge
der Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft geschieht, in das
Handelsregister eingetragen werden.
Diese Eintragung muß selbst dann geschehen, wenn die
Gesellschaft durch Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen war, beendigt
wird.
Gleich der Auflösung der Gesellschaft muß auch das
Ausscheiden oder die Ausschließung eines Gesellschafters aus der Gesellschaft
in das Handelsregister eingetragen werden.
Das Handelsgericht hat die Betheiligten zur Anmeldung dieser
Thatsachen von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Dritten Personen kann die Auflösung der Gesellschaft oder
das Ausscheiden oder die Ausschließung eines Gesellschafters aus derselben nur
insofern entgegengesetzt werden, als hinsichtlich einer solchen Thatsache die
Voraussetzungen vorhanden sind, unter welchen nach Artikel 25. hinsichtlich des
Erlöschens der Firma oder der Aenderung ihrer Inhaber die Wirkung gegen Dritte
eintritt.
(507) Artikel 130.
Wenn ein Gesellschafter ausscheidet oder ausgeschlossen
wird, so erfolgt die Auseinandersetzung der Gesellschaft mit demselben auf
Grund der Vermögenslage, in welcher sich die Gesellschaft zur Zeit des
Ausscheidens oder zur Zeit der Behändigung der Klage auf Ausschließung
befindet.
An den späteren Geschäften, Rechten und Verbindlichkeiten
nimmt der Ausgeschiedene oder Ausgeschlossene nur insofern Antheil, als
dieselben eine unmittelbare Folge dessen sind, was vor jenem Zeitpunkte bereits
geschehen war.
Der Ausgeschiedene oder Ausgeschlossene muß sich die
Beendigung der laufenden Geschäfte in der Weise gefallen lassen, wie sie nach
dem Ermessen der verbleibenden Gesellschaft am vortheilhaftesten ist.
Jedoch ist er, wenn eine frühere vollständige
Auseinandersetzung nicht möglich ist, berechtigt, am Schlusse eines jeden
Geschäftsjahres Rechnungsablage über die inzwischen erledigten Geschäfte, sowie
die Auszahlung der ihm hiernach gebührenden Beiträge zu fordern; auch kann er
am Schlusse eines jeden Geschäftsjahres den Nachweis über den Stand der noch
laufenden Geschäfte fordern.
Artikel 131.
Ein ausgeschiedener oder ausgeschlossener Gesellschafter muß
sich die Auslieferung seines Antheils am Gesellschaftsvermögen in einer den
Werth desselben darstellenden Geldsumme gefallen lassen; er hat kein Recht auf
einen verhältnißmäßigen Antheil an den einzelnen Forderungen, Waaren oder
anderen Vermögensstücken der Gesellschaft.
Artikel 132.
Macht ein Privatgläubiger eines Gesellschafters von dem nach
Artikel 126. ihm zustehenden Rechte Gebrauch, so können die übrigen
Gesellschafter auf Grund eines einstimmigen Beschlusses statt der Auflösung der
Gesellschaft die Auseinandersetzung und die Auslieferung des Antheils des
Schuldners nach den Bestimmungen der vorhergehenden Artikel vornehmen; der
letztere ist dann als aus der Gesellschaft ausgeschieden zu betrachten.
Fünfter Abschnitt
Von der Liquidation der Gesellschaft
Artikel 133.
Nach Auflösung der Gesellschaft außer dem Fall des Konkurses derselben erfolgt die Liquidation, sofern diese nicht durch einstimmigen Beschluß der Gesellschafter oder durch den Gesellschaftsvertrag einzelnen Gesellschaftern oder anderer Personen übertragen ist, durch die sämmtlichen bisherigen Gesellschafter oder deren Vertreter als Liquidatoren. Ist einer der Gesellschafter gestorben,
(508) so haben dessen Rechtsnachfolger einen gemeinschaftlichen Vertreter zu bestellen.
Auf den Antrag eines Gesellschafters kann aus wichtigen
Gründen die Ernennung von Liquidatoren durch den Richter erfolgen. Der Richter
kann in einem solchen Falle Personen zu Liquidatoren ernennen oder als solche
beiordnen, welche nicht zu den Gesellschaftern gehören.
Artikel 134.
Die
Abberufung von Liquidatoren geschieht durch einstimmigen Beschluß aller
Gesellschafter; sie kann auch auf den Antrag eines Gesellschafters aus
wichtigen Gründen durch den Richter erfolgen.
Artikel 135.
Die Liquidatoren sind von den Gesellschaftern beim Handelsgerichte zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden; sie haben ihre Unterschrift persönlich vor dem Handelsgerichte zu zeichnen oder die Zeichnung in beglaubigter Form einzureichen.
Das Austreten eines Liquidators oder das Erlöschen der Vollmacht eines solchen ist gleichfalls zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Die Gesellschafter sind zur Befolgung dieser Vorschriften von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Dritten Personen kann die Ernennung von Liquidatoren, sowie
das Austreten eines Liquidators oder das Erlöschen der Vollmacht eines solchen
nur insofern entgegengesetzt werden, als hinsichtlich dieser Thatsachen die
Vorraussetzungen vorhanden sind, unter welchen nach Artikel 25. und 46.
hinsichtlich einer Aenderung der Inhaber einer Firma oder des Erlöschens einer
Prokura die Wirkung gegen Dritte eintritt.
Artikel 136.
Sind mehrere Liquidatoren vorhanden, so können sie die zur
Liquidation gehörenden Handlungen mit rechtlicher Wirkung nur in Gemeinschaft
vornehmen, sofern nicht ausdrücklich bestimmt ist, daß sie einzeln handeln
können.
Artikel 137.
Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Verpflichtungen der aufgelösten Gesellschaft zu erfüllen, die Forderungen derselben einzuziehen und das Vermögen der Gesellschaft zu versilbern; sie haben die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten; sie können für dieselbe Vergleiche schließen und Kompromisse eingehen. Zur Beendigung schwebender Geschäfte können die Liquidatoren auch neue Geschäfte eingehen.
Die Veräußerung von unbeweglichen Sachen kann durch die
Liquidatoren ohne Zustimmung der sämmtlichen Gesellschafter nicht anders, als
durch öffentliche Versteigerung bewirkt werden.
(509) Artikel 138.
Eine Beschränkung des Umfanges der Geschäftsbefugnisse der
Liquidatoren (Artikel 137.) hat gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung.
Artikel 139.
Die Liquidatoren haben ihre Unterschrift in der Weise
abzugeben, daß sie der bisherigen, nun als Liquidationsfirma zu bezeichnenden
Firma ihren Namen beifügen.
Artikel 140.
Die Liquidatoren haben, selbst wenn sie vom Richter bestellt
sind, den Gesellschaftern gegenüber bei der Geschäftsführung den von diesen
einstimmig getroffenen Anordnungen Folge zu geben.
Artikel 141.
Die während der Liquidation entbehrlichen Gelder werden
vorläufig unter die
Gesellschafter vertheilt.
Zur Deckung von Schulden der Gesellschaft, welche erst später
fällig werden, sowie zur Deckung der Ansprüche, welche den einzelnen
Gesellschaftern bei der Auseinandersetzung zustehen, sind die erforderlichen
Gelder zurückzubehalten.
Artikel 142.
Die Liquidatoren haben die schließliche Auseinandersetzung unter den Gesellschaftern herbeizuführen.
Streitigkeiten, welche über die Auseinandersetzung entstehen,
fallen der richterlichen Entscheidungspflicht anheim.
Artikel 143.
Wenn ein Gesellschafter Sachen in die Gesellschaft eingebracht hat, welche Eigenthum derselben geworden sind, so fallen dieselben bei der Auseinandersetzung nicht an ihn zurück, sondern er erhält den Werth aus dem Gesellschaftsvermögen erstattet, für welchen sie gemäß Uebereinkunft übernommen wurden.
Fehlt es an dieser Werthbestimmung, so geschieht die
Erstattung nach dem Werthe, welchen die Sachen zur Zeit der Einbringung hatten.
Artikel 144.
Ungeachtet der Auflösung der Gesellschaft kommen bis zur Beendigung der Liquidation in Bezug auf das Rechtsverhältniß der bisherigen Gesellschafter unter einander, sowie der Gesellschaft zu dritten Personen die Vorschriften des zweiten und dritten Abschnitts zur Anwendung, soweit sich aus den Bestimmungen des gegenwärtigen Abschnitts und aus dem Wesen der Liquidation nicht ein Anderes ergiebt.
(510) Der Gerichtsstand, welchen die Gesellschaft zur Zeit ihrer Auflösung hatte, bleibt bis zur Beendigung der Liquidation für die aufgelöste Gesellschaft bestehen.
Zustellungen an die Gesellschaft geschehen mit rechtlicher
Wirkung an einen der Liquidatoren.
Artikel 145.
Nach Beendigung der Liquidation werden die Bücher und Schriften der aufgelösten Gesellschaft einem der gewesenen Gesellschafter oder einem Dritten in Verwahrung gegeben.Der Gesellschafter oder der Dritte wird in Ermangelung einer gütlichen Uebereinkunft durch das Handelsgericht bestimmt.
Die Gesellschafter und deren Rechtsnachfolger behalten das
Recht auf Einsicht und Benutzung der Bücher und Papiere.
Von der Verjährung
der Klagen gegen die Gesellschafter.
Artikel 146.
Die Klagen gegen einen Gesellschafter aus Ansprüchen gegen die Gesellschaft verjähren in fünf Jahren nach Auflösung der Gesellschaft oder nach seinem Ausscheiden oder seiner Ausschließung aus derselben, sofern nicht nach Beschaffenheit der Forderung eine kürzere Verjährungsfrist gesetzlich eintritt.
Die Verjährung beginnt mit dem Tage, an welchem die Auflösung der Gesellschaft oder das Ausscheiden oder die Ausschließung des Gesellschafters aus derselben in das Handelsregister eingetragen ist.
Wird die Forderung erst nach der Eintragung fällig, so
beginnt die Verjährung mit dem Zeitpunkte der Fälligkeit.
Artikel 147.
Ist noch ungetheiltes Gesellschaftsvermögen vorhanden, so
kann dem Gläubiger die fünfjährige Verjährung nicht entgegengesetzt werden,
sofern er seine Befriedigung nur aus dem Geschäftsvermögen sucht.
Artikel 148.
Die Verjährung zu Gunsten eines ausgeschiedenen oder ausgeschlossenen Gesellschafters wird durch Rechtshandlungen nicht unterbrochen, welche gegen die fortbestehende Gesellschaft oder einen anderen Gesellschafter vorgenommen werden.
Die Verjährung zu Gunsten eines bei der Auflösung einer
Gesellschaft zu derselben gehörigen Gesellschafters wird nicht durch
Rechtshandlungen gegen einen anderen Gesellschafter, wohl aber durch
Rechtshandlungen gegen die Liquidatoren unterbrochen.
(511) Artikel 149.
Die Verjährung läuft auch gegen Minderjährige und
bevormundete Personen, sowie gegen juristische Personen, denen gesetzlich die
Rechte der Minderjährigen zustehen, ohne Zulassung der Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand, jedoch mit Vorbehalt des Regresses gegen die Vormünder und
Verwalter.
Von der
Kommanditgesellschaft.
Erster Abschnitt.
Von der
Kommanditgesellschaft im Allgemeinen.
Artikel 150.
Einen Kommanditgesellschaft ist vorhanden, wenn bei einem unter einer gemeinschaftlichen Firma betriebenen Handelsgewerbe ein oder mehrere Gesellschafter sich nur mit Vermögenseinlagen betheiligen (Kommanditisten), während bei einem oder mehreren Gesellschaftern die Betheiligung nicht in dieser Weise beschränkt ist (persönlich haftende Gesellschafter)
Sind mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden, so ist in Ansehung ihrer die Gesellschaft eine offene Gesellschaft.
Zur Gültigkeit des Gesellschaftsvertrages bedarf es der
schriftlichen Abfassung nicht.
Artikel 151.
Die Errichtung einer Kommanditgesellschaft ist von sämmtlichen Gesellschaftern bei dem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, Behufs der Eintragung in das Handelsregister anzumelden.
Die Anmeldung muß enthalten:
1) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes persönlich
haftenden Gesellschafters;
2) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes
Kommanditisten mit der Bezeichnung desselben als solchen;
3) die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie
ihren Sitz hat;
4) den Betrag der Vermögenseinlage jedes
Kommanditisten.
Die Anmeldung muß von allen Gesellschaftern persönlich
vor dem Handelsgerichte unterzeichnet, oder in beglaubigter Form eingereicht
werden; sie ist nach ihrem ganzen Inhalt in das Handelsregister einzutragen.
Bei der Bekanntmachung der Kommanditgesellschaft in den öffentlichen Blättern
(Artikel 13.) unterbleibt die Angabe der Namen, des Standes und des Wohnorts
der Kommanditisten, sowie die Angabe des Betrages ihrer Vermögenseinlagen.
Artikel 152.
Bei jedem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Kommanditgesellschaft
(512) eine Zweigniederlassung hat, muß dies Behufs der Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.
Die Anmeldung muß die in Artikel 151. Ziffer 1. bis 4.
bezeichneten Angaben enthalten, und von sämmtlichen persönlich haftenden
Gesellschaftern vor dem Handelsgericht unterzeichnet oder in beglaubigter Form
eingereicht werden.
Artikel 153.
Die persönlich haftenden Gesellschafter, welche die
Gesellschaft vertreten sollen, haben die Firma neben ihrer Namensunterschrift
persönlich vor dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz
hat, und vor jedem Handelsgericht, in dessen Bezirk sie eine Zweigniederlassung
hat, zu zeichnen oder die Bezeichnung in beglaubigter Form einzureichen.
Artikel 154.
Das Handelsgericht hat die persönlich haftenden
Gesellschafter zur Befolgung der in den Artikeln 151. 152. und 153. enthaltenen
Vorschriften von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Artikel 155.
Wenn die Firma einer bestehenden Kommanditgesellschaft geändert, oder der Sitz der Gesellschaft an einem anderen Ort verlegt wird, so sind diese Thatsachen von sämmtlichen Gesellschaftern in der durch Artikel 151. bestimmten Weise Behufs der Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Das Handelsgericht hat die persönlich haftenden Gesellschafter zur Befolgung dieser Anordnung von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Bei der Bekanntmachung kommt in Betreff der Kommanditisten die Vorschrift des Artikels 151. zur Anwendung.
Die Wirkung gegen Dritte richtet sich nach den Bestimmungen
des Artikels 25.
Artikel 156.
Wenn in eine bestehende Kommanditgesellschaft ein
neuer Kommanditist eintritt, so muß dies von sämmtlichen Gesellschaftern zur
Eintragung in das Handelsregister und zur Bekanntmachung nach den Bestimmungen
des Artikels 151. angemeldet werden.
Artikel 157.
Das Rechtsverhältniß der Gesellschafter untereinander richtet
sich zunächst nach dem Gesellschaftsvertrage. Soweit keine Vereinbarung
getroffen ist, kommen die gesetzlichen Bestimmungen über das Rechtsverhältniß
der offenen Gesellschafter untereinander auch hier zur Anwendung, jedoch mit
den Abweichungen, welche die nachfolgenden Artikel (158. bis 162.) ergeben.
(513) Artikel 158.
Die Geschäftsführung der Gesellschaft wird durch den oder die persönlich haftenden Gesellschafter besorgt.
Ein Kommanditist ist zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft weder berechtigt noch verpflichtet.
Er kann gegen die Vornahme einer Handlung der
Geschäftsführung durch die persönlich haftenden Gesellschafter (Artikel 99. bis
102.) Widerspruch nicht erheben.
Artikel 159.
Ein Kommanditist darf ohne Genehmigung der anderen
Gesellschafter in dem Handelszweig der Gesellschaft für eigene oder fremde
Rechnung Geschäfte machen und an einer anderen gleichartigen
Handelsgesellschaft als offener Gesellschafter Theil nehmen.
Artikel 160.
Jeder Kommanditist ist berechtigt, die abschriftliche Mittheilung der jährlichen Bilanz zu verlangen und die Richtigkeit derselben unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.
Die im Artikel 105. bezeichneten weiteren Rechte eines offenen Gesellschafters stehen einem Kommanditisten nicht zu.
Jedoch kann das Handelsgericht auf den Antrag eines
Kommanditisten, wenn wichtige Gründe dazu vorliegen, die Mittheilung einer
Bilanz oder sonstiger Aufklärungen neben Vorlegung der Bücher und Papiere zu
jeder Zeit anordnen.
Artikel 161.
Die Bestimmungen der Artikel 106. bis 108. über die Verzinsung der Einlage, über die jährliche Berechnung des Gewinnes oder Verlustes und über die Befugniß, Zinsen und Gewinn zu erheben, gelten auch in Betreff des Kommanditisten.
Jedoch nimmt ein Kommanditist an dem Verluste nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage Antheil.
Er ist nicht verpflichtet, die Zinsen und den Gewinn, welche
er bezogen hat, wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, so lange
seine ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn
zur Deckung des Verlustes verwendet.
Artikel 162.
Ist über die Höhe der Betheiligung an Gewinn und Verlust
nichts vereinbart, so wird dieselbe nach richterlichem Ermessen, nötigenfalls
unter Zuziehung von Sachverständigen, festgestellt.
Artikel 163.
Im Verhältniß zu dritten Personen tritt die rechtliche Wirksamkeit einer
(514) Kommanditgesellschaft mit dem Zeitpunkt ein, in welchem die Errichtung der Gesellschaft bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft seinen Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen ist, oder die Gesellschaft auch nur ihre Geschäfte begonnen hat.
Die Beschränkung, daß die Gesellschaft erst mit einem späteren Zeitpunkt als dem der Eintragung ihren Anfang nehmen soll, hat gegen dritte Personen keine rechtliche Wirkung.
Hat
die Gesellschaft vor der Eintragung ihre Geschäfte begonnen, so haftet jeder
Kommanditist dritten Personen für die bis zur Eintragung entstandenen Verbindlichkeiten
der Gesellschaft gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter, wenn er
nicht beweist, daß denselben seine beschränkte Betheiligung bei der Gesellschaft
bekannt war.
Artikel 164.
Die Kommanditgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte
erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte
an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. Ihr
ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz
hat.
Artikel 165.
Für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet der Kommanditist nur mit der Einlage und, soweit diese nicht eingezahlt ist, mit dem versprochenen Betrage.
Die Einlage des Kommanditisten kann während des Bestehens der Gesellschaft weder ganz noch theilweise zurückbezahlt oder erlassen werden.
Zinsen können ihm von der Gesellschaft nur insoweit bezahlt werden, als dadurch die ursprüngliche Einlage nicht vermindert wird.
Er kann bis zur Wiederergänzung der durch Verlust verminderten Einlage weder Zinsen noch Gewinn beziehen.
Er haftet für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn und insoweit er diesen Bestimmungen entgegen Zahlungen von der Gesellschaft empfangen hat.
Er ist jedoch nicht verpflichtet, die Zinsen und den Gewinn
zurückzuzahlen, welche er auf Grund einer in gutem Glauben errichteten Bilanz
in gutem Glauben bezogen hat.
Artikel 166.
Wer in eine bestehende Handelsgesellschaft als Kommanditist eintritt, haftet nach Maaßgabe des vorhergehenden Artikels für alle von der Gesellschaft vor seinem Eintritt eingegangenen Verbindlichkeiten, es mag die Firma eine Aenderung erleiden oder nicht.
Ein entgegenstehender Betrag ist gegen Dritte ohne rechtliche
Wirkung.
Artikel 167.
Die Kommanditgesellschaft wird durch die persönlich haftenden Gesellschafter
(515) berechtigt und verpflichtet; sie wird durch dieselben vor Gericht vertreten.
Zur Behändigung von Vorlagen und anderen Zustellungen an die Gesellschafter genügt es, wenn dieselbe an einen der zur Vertretung befugten Gesellschafter geschieht.
Ein Kommanditist, welcher für die Gesellschaft Geschäfte
schließt, ohne ausdrücklich zu erklären, daß er nur als Prokurist oder als
Bevollmächtigter handle, ist aus diesen Geschäften gleich einem persönlich haftenden
Gesellschafter verpflichtet.
Artikel 168.
Der Name eines Kommanditisten darf in der Firma der
Gesellschaft nicht enthalten sein, im entgegengesetzten Falle haftet er den
Gläubigern der Gesellschaft gleich einem offenen Gesellschafter.
Artikel 169.
Die Bestimmungen der Artikel 119. 120. 121. und 122. finden
auch bei der Kommanditgesellschaft Anwendung.
Artikel 170.
Wenn ein Kommanditist stirbt oder zur Verwaltung seines Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die Auflösung der Gesellschaft nicht zur Folge.
Im Uebrigen gelten die in den Artikeln 123. bis 128. für die
offene Gesellschaft gegebenen Bestimmungen auch für die Kommanditgesellschaft.
Artikel 171.
Wenn eine Kommanditgesellschaft aufgelöst wird, oder wenn ein Kommanditist mit seiner ganzen Einlage oder mit einem Theile derselben ausscheidet, so müssen diese Thatsachen in das Handelsregister eingetragen werden.
Bei der Bekanntmachung unterbleibt die Bezeichnung des Kommanditisten und die Angabe des Betrages der Einlage.
Die Bestimmungen des Artikels 129. kommen auch hier zur
Anwendung.
Artikel 172.
Was bei der offenen Gesellschaft über die Art der
Auseinandersetzung (Artikel 130. 131. und 132.), über die Liquidation und über
die Verjährung der Klagen gegen die Gesellschafter bestimmt ist, gilt auch bei
der Kommanditgesellschaft in Betreff aller Gesellschafter.
Zweiter Abschnitt.
Von der
Kommanditgesellschaft auf Aktien insbesondere.
Artikel 173.
Das Kapital der Kommanditisten kann in Aktien oder
Aktienantheile zerlegt werden.
(516) Die Aktien oder Aktienantheile müssen auf Namen lauten. Sie müssen auf einen Betrag von mindestens zweihundert Vereinsthalern gestellt werden, wenn nicht die Landesgesetze nach Maaßgabe der besonderen örtlichen Bedürfnisse einen geringeren Betrag gestatten.
Aktien oder Aktienantheile, welche auf Inhaber lauten, oder
welche auf einen geringeren als den gesetzlich bestimmten Betrag gestellt werden,
sind nichtig. Die Ausgeber solcher Aktien oder Aktienantheile sind den
Besitzern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden solidarisch
verhaftet.
Die vorstehenden Bestimmungen gelten auch von Promessen und
Interimsscheinen.
Artikeln 174.
Kommanditgesellschaften auf Aktien können nur mit staatlicher Genehmigung errichtet werden.
Ueber die Errichtung und den Inhalt des Gesellschaftsvertrages
muß eine gerichtliche oder notarielle Urkunde aufgenommen werden. Zur
Aktienzeichnung genügt eine schriftliche Erklärung.
Artikel 175.
Der Gesellschaftsvertrag, dessen Genehmigung erfolgen soll,
muß enthalten:
1)
den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes persönlich haftenden
Gesellschafters;
2)
die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren Sitz hat;
3) den Gegenstand des Unternehmens;
4)
die Zeitdauer des Unternehmens, im Fall dasselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt
sein soll;
5)
die Zahl und den Betrag der Aktien oder Aktienantheile;
6)
die Bestimmung, daß ein Aufsichtsrath von mindestens fünf Mitgliedern aus der
Zahl der Kommanditisten durch Wahl derselben bestellt werden müsse;
7)
die Form, in welcher die Zusammenberufung der Generalversammlung der Kommanditisten
geschieht;
8)
die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgegebenen Bekanntmachungen
erfolgen, sowie die öffentlichen Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind.
Artikel 176.
Der Gesellschaftsvertrag und die Genehmigungsurkunde müssen
bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz hat, in
das Handelsregister eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden.
Der Auszug muß enthalten:
1) das Datum des Gesellschaftsvertrages und der Genehmigungsurkunde;
2) den Namen, Vornamen, Stand und Wohnort jedes persönlich
haftenden Gesellschafters;
(517) 3) die Firma der Gesellschaft und den Ort, wo sie ihren
Sitz hat;
4) die Zahl und den Betrag der Aktien und Aktienantheile;
5) die Form, in welcher die von der Gesellschaft
ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie die öffentlichen Blätter, in
welche dieselben aufzunehmen sind.
Artikel 177.
Der Anmeldung Behufs der
Eintragung in das Handelsregister muß beigefügt sein:
1) die Bescheinigung, daß der
gesamte Betrag des Kapitals der Kommanditisten durch Unterschriften gedeckt
ist;
2) die Bescheinigung, daß mindestens
ein Viertheil des von jedem Kommanditisten gezeichneten Betrages von ihm
eingezahlt ist;
3) der Nachweis, daß der Aufsichtsrath nach Inhalt des Vertrages (Artikel 175. Ziff. 6) in einer Generalversammlung der Kommanditisten gewählt ist.
Die Anmeldung muß von
sämmtlichen persönlich haftenden Gesellschaftern vor dem Handelsgerichte
unterzeichnet oder in beglaubigter Form eingereicht werden. Die der Anmeldung
beigefügten Schriftstücke werden bei dem Handelsgericht in Urschrift oder in
beglaubigter Abschrift aufbewahrt
Artikel 178.
Vor erfolgter Genehmigung und Eintragung in das Handelsregister besteht die Kommanditgesellschaft als solche nicht. Die ausgegebenen Aktien oder Aktienantheile sind nichtig. Die Ausgeber sind den Besitzern für allen durch die Ausgabe verursachten Schaden solidarisch verhaftet.
Wenn vor erfolgter Genehmigung
und Eintragung im Namen der Gesellschaft gehandelt worden ist, so haften die
Handelnden persönlich und solidarisch.
Artikel 179.
Die Vorschriften der Artikel 152. und 153. sind auch bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien zu befolgen; die Anmeldung muß die im Artikel 176. Ziffer 1-5. bezeichneten Angaben enthalten.
Das Handelsgericht hat die
persönlich haftenden Gesellschafter zur Befolgung dieser Vorschriften von
Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Artikel 180.
Wenn ein Gesellschafter eine Einlage macht, welche nicht in baarem Gelde besteht, oder wenn er sich zu seinen Gunsten besondere Vortheile ausbedingt, so muß in einer Generalversammlung der Kommanditisten die Abschätzung und Prüfung der Zulässigkeit angeordnet und in einer späteren Generalversammlung die Genehmigung durch Beschluß erfolgt sein.
Der Beschluß wird nach der Mehrheit der in der Versammlung anwesenden oder durch Vollmacht vertretenen Kommanditisten gefaßt; jedoch muß
(518) diese Mehrheit mindestens ein Viertheil der sämmtlichen Kommanditisten begreifen und der Betrag ihrer Antheile zusammen mindestens ein Viertheil des Gesammtkapitals der Kommanditisten darstellen. Der Gesellschafter, welcher die Einlage macht oder sich besondere Vortheile ausbedingt, hat bei der Beschlußfassung kein Stimmrecht.
Ein gegen den Inhalt dieser
Bestimmung geschaffener Vertrag hat keine rechtliche Wirkung.
Artikel 181.
Für die gesellschaftlichen
Kapitalantheile, welche auf die Einlagen persönlich haftenden Gesellschafter
fallen, oder welche denselben als besondere Vortheile vorbehalten sind, dürfen
keine Aktien ausgegeben werden; diese Kapitalantheile dürfen von den persönlich
haftenden Gesellschaftern, so lange die letzteren in diesem ihrem Rechtsverhältnisse
zur Gesellschaft stehen, nicht veräußert werden.
Artikel 182.
Die Aktien oder Aktienantheile sind untheilbar.
Sie müssen mit genauer Bezeichnung des Inhabers nach Namen, Wohnort und Stand in das Aktienbuch der Gesellschaft eingetragen werden.
Sie können, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag ein Anderes bestimmt, ohne Einwilligung der übrigen Gesellschafter auf andere Personen übertragen werden.
Die Uebertragung kann durch
Indossament geschehen. In Betreff der Form des Indossaments kommen die
Bestimmungen der Artikel 11.-13. der allgemeinen Deutschen Wechselordnung zur
Anwendung.
Artikel 183.
Wenn das Eigenthum der Aktie auf einen Anderen übergeht, so ist dies, unter Vorlegung der Aktie und des Nachweises des Ueberganges, bei der Gesellschaft anzumelden und im Aktienbuche zu bemerken.
Im Verhältnisse zu der Gesellschaft werden nur diejenigen als die Eigenthümer der Aktien angesehen, welche als solche im Aktienbuch verzeichnet sind.
Zur Prüfung der Legitimation ist
die Gesellschaft berechtigt, aber nicht verpflichtet.
Artikel 184.
So lange der Betrag einer Aktie
nicht vollständig eingezahlt ist, bleibt der ursprüngliche Zeichner zur
Einzahlung des Rückstandes an die Gesellschaft verpflichtet; die Gesellschaft
kann ihn dieser Verbindlichkeit nicht entlassen.
Artikel 185.
Die persönlich haftenden
Gesellschafter sind verpflichtet, dem Aufsichtsrath und den Kommanditisten
spätestens in den ersten sechs Monaten jedes Geschäftsjahres eine Bilanz des
verflossenen Geschäftsjahres vorzulegen.
(519) Artikel 186.
Die Rechte, welche den Kommanditisten gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrage oder nach den Bestimmungen des vorigen Abschnitts in Beziehung auf die Führung der Geschäfte, die Einsicht und Prüfung der Bilanz, die Bestimmung der Gewinnvertheilung, die Auflösung oder Kündigung der Gesellschaft und die Befugniß, das Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters zu verlangen, zustehen, werden von der Gesamtheit der Kommanditisten in der Generalversammlung ausgeübt.
Die Beschlüsse der Generalversammlung
werden durch den Aufsichtsrath ausgeführt, wenn nicht im Gesellschaftsvertrage
ein Anderes bestimmt ist.
Artikel 187.
Die Generalversammlung der
Kommanditisten wird durch die persönlich haftenden Gesellschafter oder durch
den Aufsichtsrath berufen, sofern nicht nach dem Gesellschaftsvertrage auch
andere Personen dazu befugt sind.
Artikel 188.
Eine Generalversammlung der Kommanditisten ist außer den im Gesellschaftsvertrage ausdrücklich bestimmten Fällen zu berufen, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint.
Die Generalversammlung muß auch
dann berufen werden, wenn dies von einem Kommanditisten oder einer Anzahl von
Kommanditisten, deren Aktien zusammen den zehnten Theil des Gesammtkapitals der
Kommanditisten darstellen, in einer von ihnen unterzeichneten Eingabe unter
Angabe des Zwecks und der Gründe verlangt wird. Ist im Gesellschaftsvertrage
das Recht, die Berufung einer Generalversammlung zu verlangen, an den Besitz
eines größeren oder eines geringeren Antheils am Gesamtkapital geknüpft, so hat
es hierbei sein Bewenden.
Artikel 189.
Die Berufung der Generalversammlung hat in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu erfolgen.
Der Zweck der Generalversammlung muß jederzeit bei der Berufung bekannt gemacht werden. Ueber Gegenstände, deren Verhandlung nicht in dieser Weise angekündigt ist, können Beschlüsse nicht gefaßt werden; hiervon ist jedoch der Beschluß über den in einer Generalversammlung gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung ausgenommen.
Zur Stellung von Anträgen und zu
Verhandlungen ohne Beschlußfassung bedarf es der Ankündigung nicht.
Artikel 190.
Soweit nicht der
Gesellschaftsvertrag ein Anderes bestimmt, werden die Beschlüsse der
Generalversammlung der Kommanditisten mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt, und
jede Aktie gewährt dem Inhaber eine Stimme.
(520) Artikel 191.
Der Aufsichtsrath kann das erste Mal nicht auf länger als ein Jahr, später nicht auf länger als fünf Jahre gewählt werden.
Insoweit die Wahl auf einen
längeren Zeitraum geschieht, ist dieselbe ohne rechtliche Wirkung.
Artikel 192.
Den Mitgliedern des ersten Aufsichtsraths darf eine Vergütung für die Ausübung ihres Berufs nur durch einen nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres einzuholenden Beschluß der Generalversammlung der Kommanditisten bewilligt werden.
Ist die Vergütung früher, oder
in einem anderen als der vorliegenden Weise bewilligt, so ist diese Festsetzung
ohne rechtliche Wirkung.
Artikel 193.
Der Aufsichtsrath überwacht die Geschäftsführung der Gesellschaft in allen Zweigen ihrer Verwaltung; er kann sich von dem Gange der Angelegenheiten der Gesellschaft unterrichten, die Bücher und Schriften derselben jederzeit einsehen und den Bestand der Gesellschaftskasse untersuchen.
Er hat die Jahresrechnungen, die
Bilanzen und die Vorschläge zur Gewinnvertheilung zu prüfen und darüber
alljährlich der Generalversammlung Bericht zu erstatten.
Artikel 194.
Der Aufsichtsrath ist ermächtigt, gegen die persönlich haftenden Gesellschafter die Prozesse zu führen, welche die Generalversammlung beschließt.
Jeder Kommanditist ist befugt, als Intervenient in den Prozeß auf seine Kosten einzutreten.
Handelt es sich um die eigene
Verantwortlichkeit des Aufsichtsraths, so kann letzterer ohne und selbst gegen
den Beschluß der Generalversammlung gegen die persönlich haftenden
Gesellschafter klagen.
Artikel 195.
Wenn die Kommanditisten selbst in Gesamtheit und im gemeinsamen Interesse gegen die persönlich haftenden Gesellschafter auftreten wollen, oder gegen die Mitglieder des Aufsichtsraths einen Prozeß zu führen haben, so werden sie durch Bevollmächtigte vertreten, welche in der Generalversammlung gewählt werden.
Falls aus irgend einem Grunde die Bestellung von Bevollmächtigten durch Wahl in der Generalversammlung gehindert wird, kann das Handelsgericht auf Antrag die Bevollmächtigung ernennen.
Jeder Kommanditist ist befugt,
als Intervenient in den Prozeß auf seine Kosten einzutreten.
(521) Artikel 196.
Die Gesellschaft wird durch die persönlich haftenden Gesellschafter berechtigt und verpflichtet; sie wird durch dieselben vor Gericht vertreten.
Zur Behändigung von Vorladungen und anderen Zustellungen an die Gesellschaft genügt es, wenn dieselbe an einen der zur Vertretung befugten Gesellschafter geschieht.
Die Bestimmung des Artikels 167.
in Betreff des Kommanditisten, welcher für die Gesellschaft Geschäfte schließt,
findet bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien keine Anwendung.
Artikel 197.
Die Einlagen können den Kommanditisten, so lange die Gesellschaft besteht, nicht zurückgezahlt werden.
Zinsen von bestimmter Höhe können für die Kommanditisten nicht bedungen noch ausbezahlt werden; es darf nur dasjenige unter sie vertheilt werden, was sich nach der jährlichen Bilanz, und, wenn im Gesellschaftsvertrage die Innehaltung eines Reservekapitals bestimmt ist, nach Abzug desselben als reiner Ueberschuss ergiebt.
Die Kommanditisten haften für
die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, wenn und insoweit sie diesen
Bestimmungen entgegen Zahlungen von der Gesellschaft empfangen haben; sie sind
jedoch nicht verpflichtet, die in gutem Glauben bezogenen Dividenden
zurückzuzahlen.
Artikel 198.
Jede Abänderung des Gesellschaftsvertrages bedarf zu ihrer Gültigkeit der notariellen oder gerichtlichen Abfassung, sowie der staatlichen Genehmigung.
Der abändernde Vertrag und die Genehmigungsurkunde müssen in gleicher Weise wie der ursprüngliche Vertrag in das Handelsregister eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden (Artikel 176. 179.).
Der abändernde Vertrag hat keine rechtliche Wirkung, bevor
derselbe bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die Gesellschaft ihren Sitz
hat, in das Handelsregister eingetragen ist.
Artikel 199.
Das Austreten eines persönlich haftenden Gesellschafters in Folge gegenseitiger Uebereinkunft (Artikel 123.Ziff.4.) ist während des Bestehens der Gesellschaft unstatthaft.
Eine solche Uebereinkunft steht der Auflösung der Gesellschaft gleich; zu derselben bedarf es der Zustimmung einer Generalversammlung der Kommanditisten.
Artikel 200.
Wenn ein Kommanditist stirbt, oder in Konkurs verfällt, oder zur Verwaltung seines Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die Auflösung
(522) der Gesellschaft nicht zur Folge. Der Artikel 126.
findet in Bezug auf die Privatgläubiger eines Kommanditisten keine Anwendung.
Im Uebrigen gelten die Artikel 123. bis 128 auch für die Kommanditgesellschaft
auf Aktien.
Artikel 201.
Die Auflösung der Gesellschaft muß, wenn sie nicht in Folge der Eröffnung des Konkurses über die Gesellschaft geschieht, in das Handelsregister eingetragen werden.
Diese Eintragung muß selbst dann geschehen, wenn die
Gesellschaft durch Ablauf der Zeit, für welche sie eingegangen war, beendigt
wird.
Artikel 202.
Bei der Auflösung einer Kommanditgesellschaft auf Aktien, welche außer dem Falle der Eröffnung des Konkurses erfolgt, darf die Vertheilung des Vermögens unter die Gesellschafter nicht eher vollzogen werden, als nach Verlauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die Auflösung der Gesellschaft in das Handelsregister eingetragen ist.
Die aus den Handelsbüchern der Gesellschaft ersichtlichen oder in anderer Weise bekannten Gläubiger sind durch besondere Erlasse aufzufordern, sich zu melden; unterlassen sie dies, so ist der Betrag ihrer Forderungen gerichtlich niederzulegen.
Das letztere muß auch in Ansehung der noch schwebenden
Verbindlichkeiten und streitigen Forderungen geschehen, sofern nicht die
Vertheilung des Gesellschaftsvermögens bis zu deren Erledigung ausgesetzt
bleibt, oder den Gläubigern eine angemessene Sicherheit bestellt wird.
Artikel 203.
Eine theilweise Zurückzahlung des Kapitals der Kommanditisten kann nur vermöge einer staatlich genehmigten Abänderung des Gesellschaftsvertrages erfolgen.
Die Zurückzahlung kann nur unter Beobachtung derselben
Bestimmungen geschehen, welche für die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens
im Falle der Auflösung maaßgebend sind (Artikel 201. 202.).
Artikel 204.
Die Mitglieder des Aufsichtsraths sind gleich den persönlich
haftenden Gesellschaftern solidarisch zur Erstattung geleisteter Zahlungen
verpflichtet, wenn mit ihrem Wissen und ohne ihr Einschreiten
1)
Einlagen an die Kommanditisten zurückgezahlt, oder
2)
Zinsen oder Dividenden gezahlt sind, welche nicht aus dem auf die Aktien fallenden
Gewinne entnommen wurden, oder
3)
Die Vertheilung des Gesellschaftsvermögens oder eine theilweise Zurückzahlung
des Kapitals der Kommanditisten ohne Beobachtung der gesetzlichen Bestimmungen
(Artikel 202. 203.) erfolgt ist.
(523) Artikel 205.
Die Liquidation erfolgt, sofern der Gesellschaftsvertrag
nicht ein Anderes bestimmt, durch sämmtliche persönlich haftende Gesellschafter
und eine oder mehrere von der Generalversammlung der Kommanditisten gewählten
Personen.
Artikel 206.
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, zu
bestimmen, daß es der staatlichen Genehmigung zur Errichtung von
Kommanditgesellschaften auf Aktien im Allgemeinen oder von einzelnen Arten
derselben nicht bedarf. In jedem Falle kommen die Bestimmungen dieses
Abschnitts zur Anwendung, soweit sie die staatliche Genehmigung bei der
Errichtung oder Abänderung des Gesellschaftsvertrages nicht zum Gegenstande
haben; der Gesellschaftsvertrag muß jedoch die in dem Artikel 175.
verzeichneten Bestimmungen erhalten, bevor die in dem Artikel 176.
vorgeschriebenen Eintragung in das Handelsregister erfolgen darf.
Dritter
Titel.
Von der
Aktiengesellschaft.
Erster
Abschnitt.
Allgemeine
Grundsätze.
Artikel
207.
Eine Handelsgesellschaft ist eine
Aktiengesellschaft, wenn sich die sämmtlichen Gesellschafter nur mit Einlagen
betheiligen, ohne persönlich für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft zu
haften.
Das Gesellschaftskapital wird in Aktien
oder auch in Aktienantheile zerlegt.
Die Aktien oder Aktienantheile untheilbar
.
Dieselben können auf Inhaber oder auf
Namen lauten.
Artikel
208.
Aktiengesellschaften können nur mit staatlicher Genehmigung errichtet werden.
Ueber die
Errichtung und den Inhalt des Gesellschaftsvertrages (Statutes) muß eine
gerichtliche oder notarielle Urkunde aufgenommen werden.
Zur
Aktienzeichnung genügt eine schriftliche Erklärung.
Artikel
209.
Der Gesellschaftsvertrag, dessen
Genehmigung erfolgen soll, muß insbesondere bestimmen:
1) die Firma und den Sitz der
Gesellschaft;
(524) 2) den Gegenstand des Unternehmens;
3) die Zeitdauer des Unternehmens, im
Falle dasselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein soll;
4) die Höhe des Grundkapitals und der
einzelnen Aktien oder Aktientheile;
5) die Eigenschaft der Aktien, ob sie auf
Inhaber oder auf Namen gestellt werden sollen, ingleichen die in etwa bestimmte
Zahl der einen und der anderen Art, sowie die etwa zugelassene Umwandlung
derselben;
6) die Grundsätze, nach welchem die
Bilanz aufzunehmen und der Gewinn zu berechnen und auszuzahlen ist, sowie die
Art und Weise, wie die Prüfung der Bilanz erfolgt;
7) die Art der Bestellung und
Zusammensetzung des Vorstandes und die Formen für die Legitimation der
Mitglieder desselben und der Beamten der Gesellschaft;
8) die Form, in welcher die
Zusammenberufung der Aktionaire geschieht;
9) die Bedingung des Stimmrechts der Aktionaire
und die Form, in welcher dasselbe ausgeübt wird;
10) die Gegenstände, über welche nicht
schon durch einfache Stimmenmehrheit der auf Zusammenberufung erschienenen Aktionaire,
sondern nur durch eine größere Stimmenmehrheit oder nach anderen Erfordernissen
Beschluß gefaßt werden kann;
11) die Form, in welcher die von der Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie die öffentlichen Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind.
Artikel
210.
Der Gesellschaftsvertrag und die
Genehmigungsurkunde müssen bei dem Handelsgericht, in dessen Bezirk die
Gesellschaft ihren Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen werden und im
Auszuge veröffentlicht werden.
Der Auszug muß enthalten:
1) das Datum des Gesellschaftsvertrages
und der Genehmigungsurkunde;
2) die Firma und den Sitz der
Gesellschaft;
3) den Gegenstand und die Zeitdauer des
Unternehmens;
4) die Höhe des Grundkapitals und der einzelnen
Aktien oder Aktienantheile;
5) die Eigenschaft derselben, ob sie oder
auf Namen gestellt sind;
6) die Form, in welcher die von der
Gesellschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie die öffentlichen
Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind.
Ist im Gesellschaftsvertrage eine Form
bestimmt, in welcher der Vorstand seine Willenserklärung kundgiebt und für die
Gesellschaft zeichnet, so ist auch diese Bestimmung zu veröffentlichen.
Artikel
211.
Vor erfolgter Genehmigung und Eintragung
in das Handelsregister besteht die Aktiengesellschaft als solche nicht.
Wenn vor erfolgter Genehmigung und Eintragung in das Handelsregister
(525) im Namen der Gesellschaft gehandelt
worden ist, so haften die Handelnden persönlich und solidarisch.
Artikel
212.
Bei jedem Handelsgericht, in dessen
Bezirk die Aktiengesellschaft eine Zweigniederlegung hat, muß dies behufs der
Eintragung in das Handelsregister angemeldet werden.
Die Anmeldung muß die in Artikel 210.
Abs. 2. und 3. bezeichneten Angaben enthalten. Das Handelsgericht hat die
Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung dieser Vorschriften von Amtswegen durch
Ordnungsstrafen anzuhalten.
Artikel
213.
Die Aktiengesellschaft als solche hat selbstständig ihre Rechten und Pflichten; sie kann Eigenthum oder andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben; sie kann vor Gericht klagen und verklagt werden.
Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei
dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat.
Artikel
214.
Jeder Beschluß der Generalversammlung,
welcher die Fortsetzung der Gesellschaft oder eine Abänderung der Bestimmungen
des Gesellschaftsvertrages zum Gegenstande hat bedarf zu seiner Gültigkeit der
notariellen oder gerichtlichen Beurkundung, sowie der staatlichen Genehmigung.
Ein solcher Beschluß und die
Genehmigungsurkunde müssen in gleicher Weise wie der ursprüngliche Vertrag in
das Handelsregister eingetragen und im Auszug veröffentlicht werden (Artikel
210. 212.).
Der Beschluß hat keine rechtliche
Wirkung, bevor derselbe beim Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Gesellschaft
ihren Sitz hat, in das Handelsregister eingetragen ist.
Artikel
215.
Die Abänderung des Gegenstandes der
Unternehmung der Gesellschaft kann nicht durch Stimmenmehrheit beschlossen
werden, sofern dies nicht im Gesellschaftsvertrage ausdrücklich gestattet ist.
Dasselbe gilt von dem Falle, wenn die
Gesellschaft durch Uebertragung ihres Vermögens und ihrer Schulden an eine
andere Aktiengesellschaft gegen Gewährung von Aktien der letzteren aufgelöst
werden soll.
Zweiter
Abschnitt.
Rechtsverhältniß
der Aktionaire.
Artikel
216.
Jeder Aktionair hat einen verhältnißmäßigen
Antheil an dem Vermögen der Gesellschaft.
(526) Er kann den eingezahlten Betrag
nicht zurückfordern und hat, solange die Gesellschaft besteht, nur einen
Anspruch auf den reinen Gewinn, soweit dieser nach dem Gesellschaftsvertrage
zur Vertheilung unter die Aktionaire bestimmt ist.
Artikel
217.
Zinsen von bestimmter Höhe dürfen für die
Aktionaire nicht bedungen, noch ausbezahlt werden; es darf nur dasjenige unter
sie vertheilt werden, was sich nach der jährlichen Bilanz, und, wenn im
Gesellschaftsvertrage die Innehaltung eines Reservekapitals bestimmt ist, nach
Abzug desselben als reiner Ueberschuss ergiebt.
Jedoch können für den in dem Gesellschaftsvertrage angegebenen Zeitraum, welchen die Vorbereitung des Unternehmens bis zum Umfange des vollen Betriebes erfordert, den Aktionairen Zinsen von bestimmter Höhe bedungen werden.
Artikel
218.
Der Aktionair ist in keinem Falle
verpflichtet, die im guten Glauben empfangenen Zinsen und Dividenden zurückzugeben.
Artikel
219.
Der Aktionair ist nicht schuldig, zu den
Zwecken der Gesellschaft und zur Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten mehr
beizutragen, als den für die Aktie statutenmäßig zu leitenden Betrag.
Artikel
220.
Ein Aktionair, welcher den Betrag seiner
Aktie nicht zur rechten Zeit einzahlt, ist zur Zahlung der Verzugszinsen von
Rechtswegen verpflichtet.
Im Gesellschaftsvertrage können für den
Fall der verzögerten Einzahlung des gezeichneten Aktienbetrages oder eines Theils
desselben Konventionalstrafen ohne Rücksicht auf die sonst stattfindenden
gesetzlichen Einschränkungen festgesetzt werden; auch kann bestimmt werden, daß
die säumigen Aktionaire ihrer Anrechte aus der Zeichnung der Aktie und der
geleiteten Theilzahlungen zu Gunsten der Gesellschaft verlustig gehen.
Artikel
221.
Ist im Gesellschaftsvertrage keine
besondere Form wie die Aufforderung zur Einzahlung geschehen soll, bestimmt, so
geschieht dieselbe in der Form, in welcher die Bekanntmachung der Gesellschaft
nach dem Gesellschaftsvertrage überhaupt erfolgen müssen (Artikel 209. Ziff.
11.).
Jedoch kann in keinem Falle ein Aktionair seines Unrechts verlustig erklärt werden, wenn nicht die Aufforderung zur Zahlung mindestens dreimal in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern (Artikel 209 Ziff. 11.), das letzte mal wenigstens vier Wochen vor dem für die Einzahlungen gesetzten Schlußtermine, bekannt gemacht worden ist. Wenn die Aktien auf Namen lauten und ohne
(527) Einwilligung der übrigen Aktionaire
nicht übertragbar sind, so kann die Bekanntmachung dieser Aufforderung durch
besondere Erlasse an die einzelnen Aktionaire statt der Einrückungen in die
öffentlichen Blätter erfolgen.
Artikel
222.
Wenn die Aktien oder Aktienantheile auf Inhaber gestellt werden, so kommen folgende Grundsätze zur Anwendung:
1) Die Ausgabe der Aktien darf vor
Einzahlung des ganzen Nominalbetrages derselben nicht erfolgen ; ebenso wenig
dürfen über die geleisteten Partialzahlungen Promessen oder Interimsscheine,
welche auf Inhaber lauten, ausgestellt werden.
2) Der Zeichner der Aktie ist für die
Einzahlung von vierzig Prozent des Nominalbetrages der Aktie unbedingt
verhaftet; von dieser Verpflichtung kann derselbe weder durch Uebertragung
seines Anrechts auf einen Dritten sich befreien, noch Seitens der Gesellschaft
entbunden werden; wird der Zeichner der Aktie, wegen verzögerter Einzahlung,
seines Anrechts aus der Zeichnung für verlustig erklärt (Artikel 220.), so
bleibt er dessen ungeachtet zur Einzahlung von vierzig Prozent des
Nominalbetrages der Aktie verpflichtet.
3) Im Gesellschaftsvertrage kann bestimmt
werden, daß und unter welchen Maaßgaben nach erfolgter Einzahlung von vierzig
Prozent die Befreiung des Zeichners von der Haftung für weitere Einzahlungen zulässig
sei, und daß im Falle der eingetretenen Befreiung über die geleisteten
Einzahlungen Promessen oder Interimsscheine, welche auf Inhaber lauten,
ausgestellt werden dürfen.
Artikel
223.
Wenn die Aktien auf Namen lauten, so
kommen die bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien gegebenen Bestimmungen über
die Eintragung der Aktien in das Aktienbuch der Gesellschaft und über die Uebertragung
derselben auf Andere (Artikel 182. 183.) auch hier zur Anwendung.
So lange der Betrag der Aktie nicht
vollständig eingezahlt ist, wird der Aktionair durch Uebertragung seines Anrechts
auf einen Anderen von der Verbindlichkeit zur Zahlung des Rückstandes nur dann
befreit, wenn die Gesellschaft den neuen Erwerber an seiner Stelle annimmt und
ihn der Verbindlichkeit entläßt.
Auch in diesem Falle bleibt der
austretende Aktionair auf Höhe des Rückstandes für alle bis dahin von der
Gesellschaft eingegangenen Verbindlichkeiten noch auf ein Jahr, vom Tage des
Austritte an gerechnet, subsidiarisch verhaftet.
Artikel
224.
Die Rechte, welche den Aktionairen in den Angelegenheiten der Gesellschaft, insbesondere in Beziehung auf die Führung der Geschäfte, die Einsicht und Prüfung der Bilanz und Bestimmung der Gewinnvertheilung zustehen,
(528) werden von der Gesamtheit der Aktionaire
in der Generalversammlung ausgeübt.
Jede Aktie gewährt dem Inhaber eine
Stimme, wenn nicht der Gesellschaftsvertrag ein anderes festsetzt.
Artikel
225.
Ist ein Aufsichtsrath bestellt, so
überwacht derselbe die Geschäftsführung der Gesellschaft in allen Zweigen der
Verwaltung; er kann sich von dem Gange der Angelegenheiten der Gesellschaft
unterrichten, die Bücher und Schriften derselben jederzeit einsehen und den
Bestand der Gesellschaftskasse untersuchen.
Er hat die Jahresrechnungen, die Bilanzen
und die Vorschläge zur Gewinnvertheilung zu prüfen und darüber alljährlich der
Generalversammlung der Aktionaire Bericht zu erstatten.
Er hat eine Generalversammlung zu
berufen, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich ist.
Artikel
226.
Handelt es sich um die Führung von
Prozessen gegen die Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrates, so
kommen die für die Kommanditgesellschaft auf Aktien gegebenen Bestimmungen
(Artikel 194. 195.) auch hier zur Verwendung.
Dritter
Abschnitt.
Rechte und
Pflichten des Vorstandes.
Artikel
227.
Jede Aktiengesellschaft muß einen
Vorstand haben (Artikel 209. Ziff. 7.). Sie wird durch denselben gerichtlich
und außergerichtlich vertreten.
Der Vorstand kann aus einem oder mehreren Mitgliedern bestehen; diese können besoldet oder unbesoldet, Aktionaire oder Andere sein.
Ihre Bestellung ist zu jeder Zeit
widerruflich, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden
Verträgen.
Artikel
228.
Die jeweiligen Mitglieder des Vorstandes
müssen alsbald nach ihrer Bestellung zur Eintragung in das Handelsregister
angemeldet werden. Der Anmeldung ist ihre Legitimation beizufügen.
Sie haben ihre Unterschrift vor dem
Handelsgerichte zu zeichnen, oder die Zeichnung derselben in beglaubigter Form
einzureichen.
Das
Handelsgericht hat die Mitglieder des Vorstandes zur Befolgung dieser Vorschriften
von Amtswegen durch Ordnungsstrafen anzuhalten.
Artikel
229.
Der Vorstand hat in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Form
(529) seine Willenserklärung kundzugeben
und für die Gesellschaft zu zeichnen Ist nichts darüber bestimmt, so ist die Zeichnung
durch sämmtliche Mitglieder des Vorstandes erforderlich.
Die Zeichnung geschieht in der Weise, daß
die Zeichnenden zu der Firma der Gesellschaft oder zu der Benennung des
Vorstandes ihre Unterschrift hinzufügen.
Artikel
230.
Die Gesellschaft wird durch die von dem
Vorstande in ihrem Namen geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und
verpflichtet; es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der
Gesellschaft geschlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, daß es nach
dem Willen der Kontrahenten für die Gesellschaft geschlossen werden sollte.
Artikel
231.
Der Vorstand ist der Gesellschaft
gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche in dem
Gesellschaftsvertrage oder durch Beschlüsse der Generalversammlung für den
Umfang seiner Befugniß, die Gesellschaft zu vertreten festgesetzt sind.
Gegen dritte Personen hat jedoch eine
Beschränkung der Befugniß des Vorstandes, die Gesellschaft zu vertreten, keine
rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, daß die Vertretung
sich nur auf gewisse Geschäfte oder Arten von Geschäften erstrecken, oder nur
unter gewissen Umständen oder für gewisse Zeit oder an einzelnen Orten
stattfinden soll, oder daß die Zustimmung der Generalversammlung, eines
Verwaltungsrates, eines Aufsichtsrates oder eines anderen Organs der Aktionaire
für einzelne Geschäfte erfordert ist.
Artikel
232.
Eide namens der Gesellschaft werden durch
den Vorstand geleistet.
Artikel
233.
Jede Aenderung der Mitglieder des
Vorstandes muß bei Ordnungsstrafen zur Eintragung in das Handelsregister
angemeldet werden.
Dritten Personen kann die Aenderung nur
insofern entgegengesetzt werden, als in Betreff dieser Aenderung die im Artikel
46. in Betreff des Erlöschens der Prokura bezeichneten Voraussetzungen
vorhanden sind.
Artikel
234.
Der Betrieb von Geschäften der
Gesellschaft, sowie die Vertretung der Gesellschaft in Bezug auf diese
Geschäftsführung kann auch sonstigen Bevollmächtigten oder Beamten der
Gesellschaft zugewiesen werden. In diesem Falle bestimmt sich die Befugniß
derselben nach der ihnen ertheilten Vollmacht; sie erstreckt sich im Zweifel
auf alle Rechtshandlungen, welche die Ausführungen derartiger Geschäfte
gewöhnlich mit sich bringt.
(530) Artikel
235.
Zur Behändigung von Vorladungen und
anderen Zustellungen an die Gesellschaft genügt es, wenn dieselbe an ein
Mitglied des Vorstandes, welches zu zeichnen oder mitzuzeichnen befugt ist,
oder an einen Beamten der Gesellschaft, welcher dieselbe vor Gericht zu
vertreten berechtigt ist, geschieht.
Artikel 236.
Die Generalversammlung der Aktionaire
wird durch den Vorstand berufen, soweit nicht nach dem Gesellschaftsvertrage
auch andere Personen dazu befugt sind.
Artikel
237.
Eine Generalversammlung der Aktionaire
ist, außer den im Gesellschaftsvertrage ausdrücklich bestimmten Fällen, zu
berufen, wenn dies im Interesse der Gesellschaft erforderlich erscheint.
Die Generalversammlung muß auch dann berufen werden, wenn dies ein Aktionair oder eine Anzahl von Aktionairen, deren Aktien zusammen den zehnten Theil des Grundkapitals darstellen, in einer von ihnen unterzeichneten Eingabe des Zwecks und der Gründe verlangen. Ist in dem Gesellschaftsvertrage das Recht, die Berufung einer Generalversammlung zu verlangen, an den Besitz eines größeren oder eines geringeren Antheils am Grundkapital geknüpft, zu hat es hierbei sein Bewenden.
Artikel
238.
Die Berufung der Generalversammlung hat
in der durch den Gesellschaftsvertrag bestimmten Weise zu erfolgen.
Der Zweck der Generalversammlung muß
jederzeit bei der Berufung bekannt gemacht werden. Ueber Gegenstände, deren
Verhandlung nicht in dieser Weise angekündigt ist, können Beschlüsse nicht gefaßt
werden; hiervon ist jedoch der Beschluß über den in einer Generalversammlung
gestellten Antrag auf Berufung einer außerordentlichen Generalversammlung
ausgenommen.
Zur Stellung von Anträgen und zu
Verhandlungen ohne Beschlußfassung bedarf es der Ankündigung nicht.
Artikel
239.
Der Vorstand ist verpflichtet, Sorge zu
tragen, daß die erforderlichen Bücher der Gesellschaft geführt werden. Er muß
den Aktionairen spätestens in den ersten sechs Monaten jedes Geschäftsjahres
eine Bilanz des verflossenen Geschäftsjahres vorlegen.
Zur Entlastung des Vorstandes bei Legung
der Rechnungen können Personen nicht bestellt werden, welche auf irgend eine
Weise an der Geschäftsführung theilnehmen.
Dieses Verbot bezieht sich nicht auf die
Personen, welchen die Aufsicht über die Geschäftsführung zusteht.
(531) Artikel
240.
Ergiebt sich aus der letzten Bilanz, daß sich
das Grundkapital um die Hälfte vermindert hat, so muß der Vorstand unverzüglich
eine Generalversammlung berufen und dieser, sowie der zuständigen
Verwaltungsbehörde davon Anzeige zu machen.
Die Verwaltungsbehörde kann in diesem
Falle von den Büchern der Gesellschaft Einsicht nehmen und nach Befinden der
Umstände die Auflösung der Gesellschaft verfügen.
Ergiebt sich, daß das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr die Schulden deckt, so muß der Vorstand hiervon dem Gericht behufs der Eröffnung des Konkurses Anzeige machen.
Artikel
241.
Die Mitglieder des Vorstandes sind aus
den von ihnen im Namen der Gesellschaft vorgenommenen Rechtshandlungen Dritten
gegenüber für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft persönlich nicht
verpflichtet.
Mitglieder des Vorstandes, welche außer
den Grenzen ihres Auftrages, oder den Vorschriften dieses Titels oder des
Gesellschaftsvertrages entgegen handeln, haften persönlich und solidarisch für
den dadurch entstandenen Schaden. Dies gilt insbesondere, wenn sie der
Bestimmung des Artikels 217. entgegen an die Aktionaire Dividenden oder Zinsen
zahlen, oder wenn sie zu einer Zeit noch Zahlungen leisten, in welcher ihnen
die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft hätte bekannt sein müssen.
Dritter
Abschnitt.
Auflösung
der Gesellschaft.
Artikel
242.
Die Aktiengesellschaft wird aufgelöst:
1) durch Ablauf der im
Gesellschaftsvertrage bestimmten Zeit;
2) durch einen notariell oder gerichtlich
beurkundeten Beschluß der Aktionaire;
3) durch Verfügung der
Verwaltungsbehörde, wenn sich das Grundkapital und die Hälfte vermindert hat
(Artikel 240.);
4) durch Eröffnung des Konkurses.
Wenn die Auflösung einer
Aktiengesellschaft aus anderen Gründen oder die Zurücknahme der staatlichen
Genehmigung nach dem in den einzelnen Staaten geltenden Recht erfolgt, so
finden die Bestimmungen dieses Abschnitts ebenfalls Anwendung.
Artikel
243.
Die Auflösung der Gesellschaft muß, wenn sie nicht eine Folge des eröffneten Konkurses ist, durch den Vorstand, bei Ordnungsstrafe, zur Eintragung in das Handelsregister anmeldet werden; sie muß zu drei verschiedenen Malen
(532) durch die hierzu bestimmten
öffentlichen Blätter (Artikel 209. Ziff. 11.) bekannt gemacht werden.
Durch diese Bekanntmachung müssen
zugleich die Gläubiger aufgefordert werden, sich bei der Gesellschaft zu
melden.
Artikel
244.
Die Liquidation geschieht durch den
Vorstand, wenn nicht dieselbe durch den Gesellschaftsvertrag oder einen Beschluß
der Aktionaire an andere Personen übertragen wird.
Es kommen die bei der offenen
Handelsgesellschaft über die Anmeldung und das Rechtsverhältniß der Liquidation
gegebenen Bestimmungen aber auch hier zur Anwendung, mit der Maaßangabe, daß die
Anmeldung behufs der Eintragung in das Handelsregister durch den Vorstand zu
machen sind.
Die Bestellung der Liquidatoren ist jeder
Zeit widerruflich.
Artikel
245.
Das Vermögen einer aufgelösten
Aktiengesellschaft wird nach Tilgung ihrer Schulden unter die Aktionaire nach Verhältniß
ihrer Aktien vertheilt.
Die Vertheilung darf nicht vollzogen
werden, als nach Ablauf eines Jahres, von dem Tage an gerechnet, an welchem die
Bekanntmachung in den hierzu bestimmten öffentlichen Blättern (Artikel 243.)
zum dritten Male erfolgt ist.
In Ansehung der aus den Handelsbüchern
ersichtlichen oder in anderer Weiße bekannten Gläubiger und in Ansehung der
noch schwebenden Verbindlichkeiten und streitigen Forderungen kommen die bei
der Kommanditgesellschaft auf Aktien gegebenen Bestimmungen (Artikel 202.
Absatz 2. und 3.) zur Anwendung.
Mitglieder des Vorstandes und
Liquidatoren, welche diesen Vorschriften entgegen handeln, sind persönlich und
solidarisch zur Erstattung der geleisteten Zahlungen verpflichtet.
Artikel
246.
Die Handelsbücher der aufgelösten
Gesellschaft sind an einem von dem Handelsgerichte zu bestimmendem sicheren
Orte zu Aufbewahrung auf die Dauer von zehn Jahren niederzulegen.
Artikel
247.
Die Auflösung einer Aktiengesellschaft
durch Vereinigung derselben mit einer anderen Aktiengesellschaft (Artikel 215.)
kann nur unter staatlicher Genehmigung erfolgen.
Es kommen bei dieser Auflösung folgende Bestimmungen zur Anwendung:
1) Das Vermögen der aufzulösenden
Gesellschaft ist so lange getrennt zu verwalten, bis die Befriedigung oder
Sicherstellung ihrer Gläubiger erfolgt ist.
(533) 2) Der bisherige Gerichtsstand der Gesellschaft bleibt für die Dauer der getrennten Vermögensverwaltung bestehen; dagegen wird die Verwaltung von der anderen Gesellschaft geführt.
3) Der Vorstand der letzteren
Gesellschaft ist den Gläubigern für die Ausführung der getrennten Verwaltung
persönlich und solidarisch verantwortlich.
4) Die Auflösung der Gesellschaft ist zur
Eintragung in das Handelsregister bei der Ordnungsstrafe anzumelden.
5) Die öffentliche Aufforderung der
Gläubiger der aufgelösten Gesellschaft (Artikel 243.) kann unterlassen oder auf
einen Zeitpunkt verschoben werden. Jedoch ist die Vereinigung der Vermögen der
beiden Gesellschaften erst in dem Zeitpunkt zulässig, in welchem eine Vertheilung
des Vermögens einer aufgelösten Aktiengesellschaft unter die Aktionaire
erfolgen darf (Artikel 245.).
Artikel
248.
Eine theilweise Zurückzahlung des Grundkapitals
an die Aktionaire kann nur auf Beschluß der Generalversammlung erfolgen; dieser
Beschluß der Generalversammlung erfolgen; dieser Beschluß bedarf zu seiner
Gültigkeit der staatlichen Genehmigung.
Die Zurückzahlung kann nur unter
Beobachtung derselben Bestimmungen erfolgen, welche für die Vertheilung des
Gesellschaftsvermögens im Falle der Auflösung maaßgebend sind (Artikel 243.
245.).
Die Mitglieder des Vorstandes, welcher
dieser Vorschrift entgegen handeln, sind den Gläubigern der Gesellschaft persönlich
und solidarisch verhaftet.
Fünfter Abschnitt.
Schlußbestimmungen.
Artikel
249.
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, zu
bestimmen, daß es der staatlichen Genehmigung zur Errichtung von
Aktiengesellschaften im Allgemeinen oder von einzelnen Arten derselben nicht
bedarf. Auch in diesem Falle kommen jedoch die Bestimmungen dieses Titels zur
Anwendung, ausgenommen, insoweit dieselben
1) zur Errichtung einer
Aktiengesellschaft (Artikel 208. 210. 211.),
2) zu Beschlüssen der Generalversammlung
(Artikel 214.),
3) zur Auflösung einer Aktiengesellschaft
durch Vereinigung mit einer anderen Aktiengesellschaft (Artikel 247.),
4) zur theilweisen Zurückzahlung des
Grundkapitals an die Aktionaire (Artikel 248.)
die staatliche Genehmigung und deren
Eintragung in das Handelsregister erfordern, und
5) die Anzeige, daß sich das Grundkapital um die Hälfte vermindert hat,
(534) sowie die hierauf zu erlassende
Verfügung der Verwaltungsbehörde (Artikel 240. 242. Ziff. 3.)
zum Gegenstande haben; der
Gesellschaftsvertrag muß jedoch die in dem Artikel 209. verzeichneten
Bestimmungen enthalten, bevor die in dem Artikel 210. vorgeschriebene
Eintragung in das Handelsregister erfolgen kann.
Außerdem bleibt den Landesgesetzen
überhaupt vorbehalten, zu bestimmen, daß für besondere Arten von
Aktiengesellschaften, oder in besonderen durch den Gesellschaftsvertrag mit
staatlicher Genehmigung
1) die in dem Artikel 222. bestimmte Höhe
der Einzahlung von vierzig Prozent des Nominalbetrages der Aktien bis auf
fünfundzwanzig Prozent dieses Betrages herabgesetzt, und
2) die in dem Artikel 239. bestimmte Frist
zur Vorlegung der Bilanz bis auf zwölf Monate seit Ablauf des Geschäftsjahres
ausgedehnt werden darf.
Drittes Buch.
Von der
stillen Gesellschaft und von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für
gemeinschaftliche Rechnung.
Erster
Titel.
Von der
stillen Gesellschaft.
Artikel
250.
Eine stille Gesellschaft ist vorhanden,
wenn sich jemand an dem Betriebe des Handelsgewerbes eines Anderen mit einer
Vermögenseinlage gegen Antheil an Gewinn und Verlust betheiligt.
Zur Gültigkeit des Vertrages bedarf es
der schriftlichen Abfassung oder sonstiger Förmlichkeiten nicht.
Artikel
251.
Der Inhaber des Handelsgewerbes betreibt
die Geschäfte unter seiner Firma.
Eine das Verhältniß einer Handelsgesellschaft
andeutende Firma darf derselbe wegen der Betheiligung eines stillen
Gesellschafters bei Ordnungsstrafe nicht annehmen.
Artikel
252.
Der Inhaber des Handelsgewerbes wird Eigenthümer
der Einlage des stillen Gesellschafters.
Der stille Gesellschafter ist nicht
verpflichtet, die Einlage über den vertragsmäßigen Betrag zu erhöhen, oder die
durch Verlust verminderte Einlage zu ergänzen.
(535) Artikel
253.
Der stille Gesellschafter ist berechtigt,
die abschriftliche Mittheilungen der jährlichen Bilanz zu verlangen und die
Richtigkeit derselben unter Einsicht der Bücher und Papiere zu prüfen.
Das Handelsgericht kann auf den Antrag
des stillen Gesellschafters, wenn wichtige Gründe dazu vorliegen, die Mittheilung
einer Bilanz oder sonstiger Aufklärungen nebst Vorlegung der Bücher und Papiere
zu jeder Zeit anordnen.
Artikel
254.
Ist über die Höhe der Betheiligung des
stillen Gesellschafters an Gewinn und Verlust nichts vereinbart, so wird die
selbe nach richterlichem Ermessen, nötigenfalls unter Zuziehung von Sachverständigen,
festgestellt.
Artikel
255.
Am Schlusse eines jeden
Gesellschaftsjahres wird der Gewinn und Verlust berechnet und dem stillen
Gesellschafter der ihm zufallende Gewinn ausbezahlt.
Der stille Gesellschafter nimmt an dem Verluste nur bis zum Betrage seiner eingezahlten oder rückständigen Einlage Antheil. Er ist nicht verpflichtet, den bezogenen Gewinn wegen späterer Verluste zurückzuzahlen; jedoch wird, so lange seine ursprüngliche Einlage durch Verlust vermindert ist, der jährliche Gewinn zur Deckung des Verlustes verwendet.
Der Gewinn, welcher von dem stille
Gesellschafter nicht erhoben wird, vermehrt dessen Einlage nicht, sofern nicht
ein Anderes vereinbart ist.
Artikel
256.
Aus den Geschäften des Handelsgewerbes
wird der Inhaber desselben dem Dritten gegenüber allein berechtigt und
verpflichtet.
Artikel
257.
Der Name eines stillen Gesellschafters
darf in der Firma des Inhabers des Handelsgewerbes nicht enthalten sein, im
entgegen gesetzten Falle haftet der stille Gesellschafter den Gläubigern der
Gesellschaft persönlich und solidarisch.
Artikel
258.
Wenn der Inhaber des Handelsgewerbes in Konkurs verfällt, so ist der stille Gesellschafter befugt, wegen seiner Einlage, soweit dieselbe den Betrag des auf ihn fallenden Antheils am Verluste übersteigt, seine Forderungen als Konkursgläubiger geltend zu machen.
Ist die
Einlage rückständig, so hat der stille Gesellschafter dieselbe bis zu dem
Betrage, welcher zur Deckung seines Antheils am Verluste erforderlich ist, in
die Konkursmasse zu zahlen.
(536) Artikel
259.
Wenn innerhalb eines Jahres vor Eröffnung
des Konkurses über das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes durch
Vereinbarung zwischen ihm und dem stillen Gesellschafter das Gesellschaftsverhältniß
aufgelöst worden ist, so können die Konkursgläubiger verlangen, daß der stille
Gesellschafter die ihm zurückbezahlte Einlage in die Konkursmasse einzahle,
unbeschadet seines Rechts, die in dem Zeitpunkt der Auflösung ihm aus dem
Gesellschaftsverhältnisse zustehende Forderung als Konkursgläubiger geltend zu
machen.
Dasselbe gilt, wenn dem stillen
Gesellschafter in dem Zeitpunkt ohne Auflösung des Gesellschaftsverhältnisses
die Einlage zurückbezahlt wurde.
In gleicher Weise ist, wenn der Inhaber
des Handelsgewerbes in dem bezeichneten Zeitraum dem stillen Gewerkschafter
dessen Antheil an dem entstandenen Verluste ganz oder theilweise erlassen hat,
der Erlass zu Gunsten der Konkursgläubiger unwirksam
Die Bestimmungen dieses Artikels treten
nicht ein, wenn der stille Gesellschafter beweist, daß der Konkurs in Umständen
seinen Grund hat, welche erst nach dem Zeitpunkt der Auflösung, der
Zurückzahlung oder des Erlasses eingetreten sind.
Artikel
260.
Ob und inwieweit eine rechtliche Wirkung
zu Gunsten dritter Personen eintritt, wenn durch einen stillen Gesellschafter
oder mit dessen Willen das Vorhandensein der stillen Gesellschafter kundgemacht
wird, ist nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu beurtheilen.
Artikel
261.
Die stille Gesellschaft wird aufgelöst:
1) durch den Tod des Inhabers des
Handelsgewerbes, wenn nicht der Vertrag bestimmt, daß die Gesellschaft mit den
Erben des Verstorbenen fortbestehen soll;
2) durch die eingetretene rechtliche
Unfähigkeit des Inhaber des Handelsgewerbes zur selbstständigen
Vermögensverwaltung;
3) durch die Eröffnung des Konkurses über
das Vermögen des Inhabers des Handelsgewerbes oder des stillen Gesellschafters;
4) durch gegenseitige Uebereinkunft;
5) durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer
die stille Gesellschaft eingegangen ist, wenn dieselbe nicht stillschweigend
fortgesetzt wird; in diesem Falle gilt der Vertrag von da an als auf
unbestimmte Dauer geschlossen;
6) durch die Aufkündigung eines der
beiden Theile, wenn der Vertrag auf unbestimmte Dauer geschlossen ist.
Ein auf Lebenszeit geschlossener Vertrag
ist als auf unbestimmte Dauer geschlossen zu betrachten.
Die Aufkündigung eines auf unbestimmte
Dauer geschlossenen Vertrages muß, wenn nicht ein Anderes vereinbart ist,
mindestens sechs Monate vor Ablauf des Geschäftsjahres erfolgen.
(537) Artikel
262.
Die Auflösung der stillen Gesellschaft
kann vor Ablauf der für ihre Dauer bestimmten Zeit oder bei einem Vertrage von
unbestimmter Dauer ohne vorherige Ankündigung verlangt werden, wenn dazu
wichtige Gründe vorhanden sind. Die Beurtheilung, ob solche Gründe anzunehmen
sind, bleibt im Falle des Widerspruchs dem Ermessen des Richters überlassen.
Artikel
263.
Die Bestimmung des Artikels 126. gilt
auch zu Gunsten der Privatgläubiger eines stillen Gesellschafters.
Artikel
264.
Wenn der stille Gesellschafter stirbt,
oder zur Verwaltung seines Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die
Auflösung der stillen Gesellschaft nicht zur Folge.
Artikel
265.
Nach Auflösung der stillen Gesellschaft muß
der Inhaber des Handelsgewerbes sich mit dem stillen Gesellschafters
auseinandersetzen und die Forderung desselben in Gelde berichtigen.
Der Inhaber des Handelsgewerbes besorgt
die Liquidation der bei der Auflösung noch schwebenden Geschäfte.
Zweiter
Titel
Von der
Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung.
Artikel
266.
Die Vereinigung zu einem oder mehreren
einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung bedarf einer
schriftlichen Abfassung nicht und ist sonstigen Förmlichkeiten nicht
unterworfen.
Artikel
267.
Wenn nicht ein Anderes verabredet ist, so
sind alle Theilnehmer in gleichem Verhältnisse zu dem gemeinsamen Unternehmen
beizutragen verpflichtet.
Artikel
268.
Ist über den Antheil der Theilnehmer am
Gewinn und Verlust nicht vereinbart, so werden die Einlagen verzinst, der
Gewinn oder Verlust aber nach Köpfen vertheilt.
(538) Artikel
269.
Aus Geschäften, welche ein Theilnehmer
mit einem Dritten geschlossen hat, wird Ersterer dem Dritten gegenüber allein
berechtigt und verpflichtet.
Ist ein Theilnehmer zugleich im Auftrage
und Namen der übrigen aufgetreten, oder haben alle Theilnehmer gemeinschaftlich
oder durch einen gemeinsamen Bevollmächtigten gehandelt, so ist jeder Theilnehmer
Dritten gegenüber solidarisch berechtigt und verpflichtet.
Artikel
270.
Nach Beendigung des gemeinschaftlichen
Geschäfts muß der Theilnehmer, welcher dasselbe führte, den übrigen Theilnehmern
unter Mittheilung der Belage Rechnung ablegen.
Er besorgt die Liquidation.
Viertes Buch.
Von den
Handelsgeschäften.
Erster
Titel.
Von
Handelsgeschäften im Allgemeinen.
Erster
Abschnitt.
Begriff der
Handelsgeschäfte.
Artikel
271.
Handelsgeschäfte sind:
1) der Kauf oder die anderwärtige
Anschaffung von Waaren oder anderen beweglichen Sachen, von Staatspapieren,
Aktien oder anderen für den Handelsverkehr bestimmten Wertpapieren, um dieselben
weiter zu veräußern; es macht keinen Unterschied, ob die Waaren oder anderen
beweglichen Sachen in Natur oder nach einer Bearbeitung oder Bearbeitung weiter
veräußert werden sollen;
2) die Uebernahme einer Lieferung von
Gegenständen der unter Ziffer 1 bezeichneten Art, welche der Uebernehmer zu
diesem Zweck anschafft;
3) die Uebernahme einer Versicherung
gegen Prämie;
4) die Uebernahme der Beförderung von
Gütern oder Reisenden zur See und das Darlehen gegen Verbodmung
Artikel
272.
Handelsgeschäfte sind ferner die
folgenden Geschäfte, wenn sie gewerbemäßig betrieben werden:.
(539) 1. die Uebernahme der Bearbeitung oder Bearbeitung
beweglicher Sachen für andere, wenn der Gewerbebetrieb des Unternehmens über
den Umfang des Handwerks hinausgeht;
2. die Bankier- oder Geldwechslergeschäfte;
3. die Geschäfte des Kommissionairs (Art. 360), des
Spediteurs und des Frachtführers, sowie die Geschäfte der für den Transport von
Personen bestimmten Anstalten;
4. die Vermittelung oder Abschließung von Handelsgeschäften
für andere Personen; die amtlichen Geschäfte der Handelsmäkler sind jedoch
hierin nicht einbegriffen;
5. die Verlagsgeschäfte, sowie die sonstigen Geschäfte des
Buch- oder Kunsthandels; ferner die Geschäfte der Druckereien, sofern nicht ihr
Betrieb nur ein handwerksmäßiger ist.
Die bezeichneten Geschäfte sind auch
alsdann Handelsgeschäfte, wenn sie zwar einzeln, jedoch von einem Kaufmann im
Betriebe seines gewöhnlich auf andere Geschäfte gerichteten Handelsgewerbes
gemacht werden.
Alle einzelnen Geschäfte eines Kaufmanns, welche zum Betrieb
seines Handgewerbes gehören, sind als Handelsgeschäfte anzusehen.
Dies gilt insbesondere für die gewerbliche Weiterveräußerung
der zu diesem Zweck angeschafften Waaren, beweglichen Sachen und Werthpapiere,
sowie für die Anschaffung von Geräten, Material und anderen beweglichen Sachen,
welche bei dem Betrieb des Gewerbes unmittelbar benutzt oder verbraucht werden
sollen.
Die Weiterveräußerungen, welche von Handwerkern vorgenommen
werden, sind insoweit dieselben nur in Ausübung ihres Handwerksbetriebes
geschehen, als Handelsgeschäfte nicht zu betrachten.
Die von einem Kaufmann geschlossenen Verträge gelten im
Zweifel als zum Betriebe des Handelsgewerbes gehörig.
Die von einem Kaufmann gezeichneten Schuldscheine gelten als
im Betriebe des Handelsgewerbes gezeichnet, sofern sich nicht aus denselben das
Gegentheil ergiebt.
Verträge über unbewegliche Sachen sind keine
Handelsgeschäfte.
Die Eigenschaft oder die Gültigkeit eines Handelsgeschäfts
wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß einer Person wegen ihres Amtes oder
Standes, oder aus gewerbepolizeilichen oder anderen ähnlichen Gründen untersagt
ist, Handel zu treiben oder Handelsgeschäfte zu schließen.
Bei jedem Rechtsgeschäft, welches auf der Seite eines der
Kontrahenten ein Handelsgeschäft ist, sind die Bestimmungen dieses vierten
Buchs in Beziehung auf beide Kontrahenten gleichmäßig anzuwenden, sofern nicht
aus diesen Bestimmungen selbst sich ergiebt, daß ihre besondere Festsetzungen
sich nur auf denjenigen von beiden Kontrahenten beziehen, auf dessen Seite das
Geschäft ein Handelsgeschäft ist.
Allgemeine Bestimmungen über Handelsgeschäfte.
Bei Beurtheilung und Auslegung der Handelsgeschäfte hat der
Richter den Willen der Kontrahenten zu erforschen und nicht an dem
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
In Beziehung auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen
und Unterlassungen ist auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und
Gebräuche Rücksicht zu nehmen.
Wenn zwei oder mehrere Personen einem anderen gegenüber in
einem Geschäft, welches auf ihrer Seite ein Handelsgeschäft ist,
gemeinschaftlich eine Verpflichtung eingegangen sind, so sind die als
Solidarschuldner zu betrachten, sofern sich nicht aus der Uebereinkunft mit dem
Gläubiger das Gegentheil ergiebt.
Bei Handelsgeschäften, ingleichen in allen Fällen, in
welchen in diesem Gesetzbuche eine solidarische Verpflichtung auferlegt wird,
steht einem Solidarschuldner die Einrede der Theilung oder der Vorausklage
nicht zu.
Dasselbe gilt von Bürgen, wenn die Schuld aus einem
Handelgeschäft auf Seiten des Hauptschuldners hervorgeht, oder wenn die
Bürgschaft selbst ein Handelsgeschäft ist.
Wer aus einem Geschäft, welches auf seiner Seite ein
Handelsgeschäft ist, einem anderen zur Sorgfalt verpflichtet ist, muß die
Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns anwenden.
Wer Schadenersatz zu fordern hat, kann die Erstattung des wirklichen
Schadens und des entgangenen Gewinnes verlangen.
Die Konventionalstrafe unterliegt keiner Beschränkung in
Ansehung des Betrages; sie kann das Doppelte des Interesses übersteigen.
Der Schuldner ist im Zweifel nicht berechtigt, sich durch
Erlegung der Konventionalstrafe von der Erfüllung zu befreien.
Die Verabredung einer Konventionalstrafe schließt im Zweifel
den Anspruch auf einen den Betrag derselben übersteigenden Schadensersatz nicht
aus.
Die Daraufgabe (Arrha) gilt nur dann als Reugeld, wenn dies
vereinbart oder ortsgebräuchlich ist.
Sie ist, wenn nichts anderes vereinbart oder
ortsgebräuchlich ist, zurückzugeben oder in Anrechnung zu bringen.
Wegen übermäßiger Verletzung, insbesondere wegen Verletzung
über die Hälfte, können Handelsgeschäfte nicht angefochten werden.
Die Höhe der gesetzlichen Zinsen, insbesondere auch der
Verzugszinsen, ist bei Handelsgeschäften sechs vom Hundert jährlich.
In allen Fällen, in welchen in diesem Gesetzbuche die
Verpflichtung zur Zahlung von Zinsen ohne Bestimmung der Höhe ausgesprochen
wird, sind darunter Zinsen zu sechs vom Hundert jährlich zu verstehen.
Wer aus einem Geschäft, welches auf seiner Seite ein
Handelsgeschäft ist, eine fällige Forderung hat, kann wegen derselben vom Tage
der Mahnung an Zinsen fordern, sofern er nicht nach dem bürgerlichen Recht
schon von einem früheren Zeitpunkte an Zinsen zu fordern berechtigt ist.
Die Uebersendung der Rechnung gilt für sich allein nicht als
Mahnung.
Kaufleute unter einander sind berechtigt, in beiderseitigen
Handelsgeschäften auch ohne Verabredung oder Mahnung von jeder Forderung seit
dem Tage, an welchem sie fällig war, Zinsen zu fordern.
Ein Kaufmann, welcher in Ausübung des Handelsgewerbes einem Kaufmann oder Nichtkaufmann Geschäfte besorgt oder Dienste leistet, kann dafür auch ohne vorherige Verabredung Provision, und wenn es sich um Aufbewahrung
(542) handelt,
zugleich auch Lagergeld nach den an dem Orte gewöhnlichen Satze fordern.
Von seinen Darlehen, Vorschüssen, Auslagen und anderen
Verwendungen kann er, vom Tage ihrer Leistung oder Beschaffung an, Zinsen in
Ansatz bringen.
Dies gilt insbesondere auch von dem Kommissionair und
Spediteur.
Wenn ein Kaufmann mit einem anderen Kaufmann in laufender
Rechnung (Kontokurrent) steht, so ist derjenige, welchem beim
Rechnungsabschlusse ein Ueberschuss gebührt, von dem ganzen Betrage desselben,
wenngleich darunter Zinsen begriffen sind, seit dem Tage des Abschlusses Zinsen
zu fordern berechtigt.
Der Rechnungsabschluß geschieht jährlich einmal, sofern
nicht von den Parteien ein anderes bestimmt ist.
Bei Handelsgeschäften können Zinsen zu sechs vom Hundert
jährlich bedungen werden; höhere Zinsen zu bedingen ist nur insofern zulässig,
als die Landesgesetze solches gestatten.
Bei Darlehen, welche ein Kaufmann empfängt, und bei Schulden
eines Kaufmanns aus seinen Handelsgeschäften können auch höhere Zinsen als
sechs vom Hundert jährlich bedungen werden.
Die Zinsen können bei Handelsgeschäften in ihrem
Gesamtbetrage das Kapital übersteigen.
Die Anerkennung einer Rechnung schließt den Beweis eines
Irrtums oder eines Betrugs in der Rechnung nicht aus.
Die Beweiskraft eines Schuldscheins oder einer Quittung ist
an den Ablauf einer Zeitfrist nicht gebunden.
Der Ueberbringer einer Quittung gilt für ermächtigt, die
Zahlung zu empfangen, sofern nicht die dem Zahlenden bekannten Umstände der
Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
Ein Antrag, ein Auftrag oder eine Vollmacht, welche von einem Kaufmann
(543) in dem Handelsgewerbe ausgegangen sind, werden durch
seinen Tod nicht aufgehoben, sofern nicht eine entgegengesetzte Willensmeinung
aus seiner Erklärung oder aus den Umständen hervorgeht.
Bei einer Vollmacht zu Handelsgeschäften kommen in Betreff
des Verhältnisses zwischen dem Vollmachtgeber, dem Bevollmächtigten und dem
Dritten, mit welchem der Bevollmächtigte Namens des Vollmachtsgebers das Geschäft
schließt, dieselben Bestimmungen zur Anwendung, welche im Artikel 52 in
Beziehung auf die Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten gegeben sind.
Ingleichen gilt die Bestimmung des Artikels 55 in Beziehung
auf denjenigen, welcher ein Handelsgeschäft als Bevollmächtigter schließt, ohne
Vollmacht dazu erhalten zu haben, oder welcher bei dem Abschlusse des
Handelsgeschäfts seine Vollmacht überschreitet.
Im Falle der Abtretung einer aus einem Handelsgeschäft hervorgegangenen Forderung kann die Bezahlung ihres vollen Betrages auch dann verlangt werden, wenn dieser Betrag die Summe des für die Abtretung vereinbarten Preises übersteigt.
Ein Kaufmann, welcher eine auf ihn ausgestellte Anweisung
(Assignation) gegenüber demjenigen, zu dessen Gunsten sie ausgestellt ist,
angenommen hat, ist demselben zur Erfüllung verpflichtet. Die auf eine
schriftliche Anweisung geschriebenen und unterschriebenen Annahme-Erklärung
gilt als ein dem Assignatar geleistetes Zahlungsversprechen.
Anweisungen und Verpflichtungsscheine, welche von Kaufleuten
über Leistungen von Geld oder einer Quantität vertretbarer Sachen oder Werthpapiere
ausgestellt sind, ohne daß darin die Verpflichtung zur Leistung von einer
Gegenleistung abhängig gemacht ist, können durch Indossament übertragen werden,
wenn sie an Order lauten.
Zur Gültigkeit der Urkunde oder des Indossaments ist nicht
erforderlich, daß sie die Angabe des Verpflichtungsgrundes oder das
Empfangsbekenntnis der Valuta enthalten.
Wer eine solche Anweisung akzeptiert hat, ist demjenigen, zu
dessen Gunsten sie ausgestellt oder an welchen sie indossiert ist, zur
Erfüllung verpflichtet.
Ingleichen können Konnossemente der Seeschiffer und Ladescheine der Frachtführer, Auslieferungsscheine (Lagerschein, Warrants) über Waaren oder andere bewegliche Sachen, welche von einer zur Aufbewahrung solcher Sachen
(544) staatlich ermächtigten Anstalt ausgestellt sind,
ferner Bodmereibriefe und Seeassekuranzpolizen durch Indossament übertragen
werden, wenn sie an Order lauten.
Durch das Indossament der in den beiden vorhergehenden
Artikeln bezeichneten Urkunden gehen alle Recht aus dem indossierten Papiere
auf den Indossatar über.
Der Verpflichtete kann sich nur solcher Einreden bedienen,
welche ihm nach Maaßgabe der Urkunde selbst oder unmittelbar gegen den
jedesmaligen Kläger zustehen.
Der Schuldner ist nur gegen Aushändigung des quittierten
Papiers zu erfüllen verpflichtet.
Ob außer den in diesem Gesetzbuch bezeichneten noch andere
an Order lautende Anweisungen, Verpflichtungsscheine oder sonstige Urkunden mit
der in Artikel 303 erwähnten Wirkung durch Indossament übertragen werden
können, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen.
Für Papiere, welche an Order lauten und welche durch
Indossament übertragen werden können (Artikel 301 bis 304), gelten in Betreff
der Form des Indossaments, in Betreff der Legitimation des Inhabers und der
Prüfung dieser Legitimation, sowie in Betreff der Verpflichtung des Besitzers
zur Herausgabe dieselben Bestimmungen, welche die Artikel 11 bis 13, 36 und 74
der Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung in Betreff des Wechsels enthalten.
Sind die im Artikel 301 bezeichneten Papiere abhanden
gekommen, so finden in Bezug auf die Amortisation die im Artikel 73 der
Allgemeinen Deutschen Wechsel-Ordnung gegebenen Bestimmungen Anwendung. Die
Amortisation der im Artikel 302 bezeichneten Papiere richtet sich nach den
Landesgesetzen.
Wenn Waaren oder andere bewegliche Sachen von einem Kaufmann
in dessen Handelsbetriebe veräußert und übergeben worden sind, so erlangt der
redliche Erwerber das Eigenthum, auch wenn der Veräußerer nicht Eigenthümer
war. Das früher begründete Eigenthum erlischt. Jedes früher begründete
Pfandrecht oder sonstige dingliche Recht erlischt, wenn dasselbe dem Erwerbe
bei der Veräußerung unbekannt war.
Sind Waaren oder andere bewegliche Sachen von einem Kaufmann
in dessen Handelsbetriebe verpfändet und übergeben worden, so kann ein früher
begründetes Eigenthum, Pfandrecht oder sonstiges dingliches Recht an den
Gegenständen zum Nachtheil des redlichen Pfandnehmers oder dessen
Rechtsnachfolger nicht geltend gemacht werden.
Das gesetzliche Pfandrecht des Kommissionairs, Spediteurs
und Frachtführers steht einem durch Vertrag erworbenen Pfandrechte gleich.
(545) Dieser Artikel findet keine Anwendung, wenn die
Gegenstände gestohlen oder verloren waren.
Die Bestimmungen des vorigen Artikels finden bei Papieren
auf Inhaber auch dann Anwendung, wenn die Veräußerung oder Verpfändung nicht
von einem Kaufmann in dessen Handelsbetriebe geschehen ist, und wenn die
Papiere gestohlen oder verloren waren.
Durch die beiden vorhergehenden Artikel werden die
Landesgesetze nicht berührt, welche für den Besitzer noch günstigere Bestimmungen
enthalten.
Die zur Bestellung eines Faustpfandes in dem bürgerlichen
Rechte vorgeschriebenen Förmlichkeiten sind nicht erforderlich, wenn unter
Kaufleuten für eine Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften ein
Faustpfand an beweglichen Sachen, an Papieren auf Inhaber oder an Papieren,
welche durch Indossament übertragen werden können, bestellt wird.
In diesem Falle genügt neben der einfachen Vereinbarung über
die Verpfändung:
1) bei beweglichen Sachen und bei Papieren auf Inhaber die Uebertragung
des Besitzes auf den Gläubiger, wie solche nach den Bestimmungen des
bürgerlichen Rechts für das Faustpfand erfordert wird;
2) bei Papieren, welche durch Indossament übertragen werden
können, die Uebergabe des indossierten Papiers.
Ist die Bestellung eines Faustpfandes unter Kaufleuten für
eine Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften schriftlich erfolgt, so
kann der Gläubiger, wenn der Schuldner im Verzuge ist, sich aus dem Pfande
sofort bezahlt machen, ohne daß es einer Klage gegen den Schuldner bedarf.
Der Gläubiger hat die Bewilligung hierzu unter Vorlegung der
erforderlichen Bescheinigungsmittel bei dem für ihn zuständigen Handelsgerichte
nachzusuchen, von welchem hierauf ohne Gehör des Schuldners und auf Gefahr des
Gläubigers der Verkauf der verpfändeten Gegenstände oder eines Theils derselben
verordnet wird.
Von der Bewilligung, sowie von der Vollziehung des Verkaufs
hat der Gläubiger den Schuldner, soweit es tunlich, sofort zu benachrichtigen;
unterläßt er die Anzeige, so ist er zum Schadenersatz verpflichtet. Um den
Verkauf zu bewirken, ist der Nachweis der Anzeige nicht erforderlich.
Wenn die Bestellung eines Faustpfandes unter Kaufleuten für eine Forderung aus beiderseitigen Handelsgeschäften erfolgt, und schriftlich vereinbart ist,
(546) daß der Gläubiger ohne gerichtliches Verfahren sich
aus dem Pfande befriedigen könne, so darf, wenn der Schuldner im Verzuge ist,
der Gläubiger das Pfand öffentlich verkaufen lassen; er darf in diesem Falle,
wenn die verpfändeten Gegenstände einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, den
Verkauf auch nicht öffentlich durch einen Handelsmäkler oder in Ermangelung
eines solchen durch einen zu Versteigerungen befugten Beamten zum laufenden
Preise bewirken. Von der Vollziehung des Verkaufs hat der Gläubiger den
Schuldner, soweit es tunlich, sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung der
Anzeige ist er zum Schadenersatze verpflichtet.
Durch die vorhergehenden Artikel werden die den öffentlichen
Pfandanstalten, Kreditinstituten oder Banken durch Gesetze, Verordnungen oder
Statuten verliehenen besonderen Rechte in Betreff der Bestellung oder
Veräußerung von Pfändern nicht berührt.
Ingleichen ist durch die vorhergehenden Artikel nicht
ausgeschlossen, daß die Bestellung oder die Veräußerung von Faustpfändern unter
Kaufleuten für Forderungen aus Handelsgeschäften rechtsgültig geschehen kann,
wenn dabei die in den einzelnen Staaten für die Bestellung oder Veräußerung von
Faustpfändern geltenden Bestimmungen beobachtet werden.
Ein Kaufmann hat wegen der fälligen Forderungen, welche ihm
gegen einen anderen Kaufmann aus den zwischen ihnen geschlossenen
beiderseitigen Handelsgeschäften zustehen, ein Zurückbehaltungsrecht
(Retentionsrecht) an allen beweglichen Sachen und Werthpapieren des Schuldner,
welche mit dessen Willen auf Grund von Handelsgeschäften in seinen Besitz
gekommen sind, sofern er dieselben noch in seinem Gewahrsam hat oder sonst,
insbesondere vermittelst Konnossemente, Ladescheine oder Lagerscheine, noch in
der Lage ist darüber zu verfügen.
Dieses Recht tritt jedoch nicht ein, wenn die
Zurückbehaltung der Gegenstände der von dem Schuldner vor oder bei der Uebergabe
ertheilten Vorschrift oder der von dem Gläubiger übernommenen Verpflichtung, in
einer bestimmten Weise mit den Gegenständen zu verfahren, widerstreiten würde.
Das in dem vorhergehenden Artikel bezeichnete
Zurückbehaltungsrecht besteht unter den dort angegebenen Voraussetzungen selbst
wegen der nicht fälligen Forderungen:
1) wenn über das Vermögen des Schuldners der Konkurs
eröffnet worden ist, oder der Schuldner auch nur seine Zahlungen eingestellt
hat;
2) wenn eine Exekution in das Vermögen des Schuldner
fruchtlos vollstreckt oder wider denselben wegen Nichterfüllung einer Zahlungsverbindlichkeit
die Vollstreckung des Personalarrestes erwirkt worden ist.
(547) In diesen Fällen steht auch die Vorschrift des
Schuldners oder die Uebernahme der Verpflichtung, in einer bestimmten Weise mit
den Gegenständen zu verfahren, dem Zurückbehaltungsrecht nicht entgegen, sofern
die vorstehend unter 1. und 2. bezeichneten Umstände erst nach Uebergabe der
Gegenstände oder nach Uebernahme der Verpflichtung eingetreten oder dem
Gläubiger bekannt geworden sind.
Der Gläubiger, welchem das Zurückbehaltungsrecht nach den
Artikeln 313 oder 314 zusteht, ist verpflichtet, von der Ausübung desselben den
Schuldner ohne Verzug zu benachrichtigen. Er ist befugt, wenn ihn dieser nicht
rechtzeitig in anderer Weise sichert, im Wege der Klage bei dem für ihn selbst
zuständigen Gerichte gegen den Schuldner den Verkauf der Gegenstände zu
beantragen; er kann sich aus dem Erlöse vor den anderen Gläubigern des
Schuldners befriedigen. Der Gläubiger hat diese Rechte auch gegenüber der
Konkursmasse des Schuldners.
Die in den Artikeln 313 bis 315 dem Gläubiger gegebenen
Rechte treten nicht ein, soweit die Parteien dies besonders vereinbart haben.
Dritter Abschnitt
Abschließung der Handelsgeschäfte
Bei Handelsgeschäften ist die Gültigkeit der Verträge durch
schriftliche Abfassung oder andere Förmlichkeiten nicht bedingt.
Ausnahmen von dieser Regel finden nur insoweit statt, als
sie in diesem Gesetzbuche enthalten sind.
Ueber einen Antrag unter Gegenwärtigen zur Abschließung
eines Handelsgeschäfts muß die Erklärung sogleich abgegeben werden,
widrigenfalls der Antragende an seinen Antrag nicht länger gebunden ist.
Bei einem unter Abwesenden gestellten Antrage bleibt der
Antragende bis zu dem Zeitpunkte gebunden, in welchem er bei ordnungsmäßiger
rechtzeitiger Absendung der Antwort den Eingang der letzteren erwarten darf.
Bei der Berechnung dieses Zeitpunktes darf der Antragende von der Voraussetzung
ausgehen, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei.
Trifft die rechtzeitig abgesandte Annahme erst nach diesem
Zeitpunkte ein, so besteht der Vertrag nicht, wenn der Antragende in der
Zwischenzeit oder ohne Verzug nach dem Eintreffen der Annahme von seinem
Rücktritt Nachricht gegeben hat.
Geht der Widerruf eines Antrages dem anderen Theile früher
als der Antrag, oder zu gleicher Zeit mit demselben zu, so ist der Antrag für
nicht geschehen zu erachten.
Ebenso ist die Annahme für nicht geschehen zu erachten, wenn
der Widerruf noch vor der Erklärung der Annahme oder zu gleicher Zeit mit
derselben bei dem Antragsteller eingegangen ist.
Ist ein unter Abwesenden verhandelter Vertrag zu Stande
gekommen, so gilt der Zeitpunkt, in welchem die Erklärung der Annahme Behufs
der Absendung abgegeben ist, als der Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages.
Eine Annahme unter Bedingungen oder Einschränkungen gilt als
Ablehnung des Antrages verbunden mit einem neuen Antrage.
Wenn zwischen dem Kaufmann, welchem ein Auftrag gegeben
wird, und dem Auftraggeber eine Geschäftsverbindung besteht, oder sich derselbe
gegen letzteren zur Ausrichtung solcher Aufträge erboten hat, so ist er zu
einer Antwort ohne Zögern verpflichtet, widrigenfalls sein Schweigen als Uebernahme
des Auftrages gilt.
Auch wenn derselbe den Auftrag ablehnt, ist der schuldig,
die mit dem Auftrage etwa übersandten Waaren oder anderen Gegenstände auf
Kosten des Auftraggebers, soweit er für diese Kosten bedeckt ist, und soweit es
ohne seinen Nachtheil geschehen kann, einstweilen vor Schaden zu bewahren.
Das Handelsgericht kann auf seinen Antrag verordnen, daß das
Gut in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten so lange
niedergelegt wird, bis der Eigenthümer anderweitige Vorkehrung trifft.
Vierter Abschnitt
Erfüllung der Handelsgeschäfte
Die Erfüllung des Handelsgeschäfts muß an dem Orte
geschehen, welcher im Vertrage bestimmt oder nach der Natur des Geschäfts oder
der Absicht der Kontrahenten als Ort der Erfüllung anzusehen ist.
Fehlt es an diesen Voraussetzungen, so hat der Verpflichtete an dem Orte zu erfüllen, an welchem er zur Zeit des Vertragsabschlusses seine Handelsniederlassung oder in deren Ermangelung seinen Wohnort hatte. Wenn jedoch eine bestimmte Sache übergeben werden soll, welche sich zur Zeit des Vertragsabschlusses
(549) mit Wissen der Kontrahenten an einem anderen Orte
befand, so geschieht die Uebergabe an diesem Orte.
Bei Geldzahlungen, mit Ausnahme der Auszahlung von
indossabelen oder auf Inhaber lautenden Papieren, ist der Schuldner verpflichtet,
wenn nicht ein anderes aus dem Vertrage oder aus der Natur des Geschäfts oder
der Absicht der Kontrahenten hervorgeht, auf seine Gefahr und Kosten die
Zahlung dem Gläubiger an den Ort zu übermachen, an welchem der letztere zur
Zeit der Entstehung der Forderung seine Handelsniederlassung oder in deren
Ermangelung seinen Wohnort hatte.
Durch diese Bestimmung wird jedoch der gesetzliche
Erfüllungsort des Schuldner (Artikel 324) im Betreff des Gerichtsstandes oder
in sonstiger Beziehung nicht geändert.
Wenn die Zeit der Erfüllung einer Verbindlichkeit in dem
Vertrage nicht bestimmt ist, so kann die Erfüllung zu jeder Zeit gefordert und
geleistet werden, sofern nicht nach den Umständen oder nach dem
Handelsgebrauche etwas anderes anzunehmen ist.
Lautet die Erfüllungszeit auf das Frühjahr oder den Herbst
oder auf ähnliche Zeitbestimmungen, so entscheidet der Handelsgebrauch des
Ortes der Erfüllung.
Ist die Erfüllung auf die Mitte eines Monats gestellt
worden, so gilt der fünfzehnte dieses Monats als der Tag der Erfüllung.
Wenn die Erfüllung einer Verbindlichkeit mit dem Ablaufe
einer bestimmten Frist nach Abschluß des Vertrages erfolgen soll, so fällt der
Zeitpunkt der Erfüllung:
1) wenn die Frist nach Tagen bestimmt ist, auf den letzten
Tag der Frist; bei Berechnung der Frist wird der Tag, an welchem der Vertrag
geschlossen ist, nicht mit gerechnet; ist die Frist auf acht oder vierzehn Tage
bestimmt, so werden darunter volle acht oder vierzehn Tage verstanden;
2) wenn die Frist nach Wochen, Monaten, oder einem mehrere
Monate umfassenden Zeitraum (Jahr, halbes Jahr, viertel Jahr) bestimmt ist, auf
denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher durch seine
Benennung oder Zahl dem Tage des Vertragsabschlusses entspricht; fehlt dieser
Tag in dem letzten Monate, so fällt die Erfüllung auf den letzten Tag dieses
Monats.
Der Ausdruck „halber Monat“ wird einem Zeitraum von fünfzehn
Tagen gleich geachtet. Ist die Frist zur Erfüllung auf einen oder (550) mehrere
ganze Monate und einem halben Monat gestellt, so sind die fünfzehn Tage zuletzt
zu zählen.
Nach den vorstehenden Grundsätzen ist die
Frist auch dann zu berechnen, wenn der Anfang derselben nicht nach dem Tage des
Vertragsabschlusses, sondern nach einem anderen Zeitpunkte oder Ereignisse
bestimmt worden ist.
Fällt der Zeitpunkt der Erfüllung auf einen Sonntag oder
allgemeinen Feiertag, so gilt der nächste Werktag als der Tag der Erfüllung.
Soll die Erfüllung innerhalb eines gewissen Zeitraums
geschehen, so muß sie vor Ablauf desselben erfolgen.
Fällt der letzte Tag des Zeitraums auf einen Sonntag oder
allgemeinen Feiertag, so muß spätestens am nächstvorhergehenden Werktage
erfüllt werden.
Abänderungen in diesen Zeitberechungen (Artikel 328 und
330), soweit sie die Liquidationstermine der Börsengeschäfte betreffen, bleiben
den Börsenordnungen vorbehalten.
Die Erfüllung muß an dem Erfüllungstage während der
gewöhnlichen Geschäftszeiten geleistet und angenommen werden.
Ist die vertragsmäßige Frist zur Erfüllung einer
Verbindlichkeit verlängert worden, so beginnt die neue Frist im Zweifel am
ersten Tage nach Ablauf der alten Frist.
In allen Fällen, in welchen ein Verfalltag bestimmt worden ist, ist nach der Natur des Geschäfts und der Absicht der Kontrahenten zu beurtheilen, ob derselbe nur zu Gunsten eines der beiden Kontrahenten hinzugefügt worden ist.
Auch wenn der Schuldner hiernach vor dem Verfalltage zu
zahlen befugt ist, ist er doch nicht berechtigt, ohne Einwilligung des
Gläubigers den Diskonto abzuziehen, insofern nicht Uebereinkunft oder
Handelsgebrauch ihn dazu ermächtigt.
Ist im Vertrage über die Beschaffenheit und Güte der Waare
nichts Näheres bestimmt, so hat der Verpflichtete Handelsgut mittlerer Art und
Güte zu gewähren.
Maaß, Gewicht, Münzfuß, Münzsorten, Zeitrechnung und
Entfernungen, welche an dem Orte gelten, wo der Vertrag erfüllt werden soll,
sind im Zweifel als die vertragsmäßigen zu betrachten.
Ist die im Vertrage bestimmte Münzsorte am Zahlungsorte
nicht im Umlauf oder nur eine Rechnungswährung, so kann der Betrag nach dem Werthe
zur Verfallzeit in der Landesmünze gezahlt werden, sofern nicht durch den
Gebrauch des Wortes „effektiv“ oder eines ähnlichen Zusatzes die Zahlung in der
im Vertrage benannten Münzsorte ausdrücklich bedungen ist.
Zweiter Titel.
Vom Kauf.
Das Anerbieten zum Verkauf, welches erkennbar für mehrere
Personen, insbesondere durch Mittheilung von Preislisten, Lagerverzeichnissen,
Proben oder Mustern geschieht, oder bei welchem die Waare, der Preis oder die
Menge nicht bestimmt bezeichnet ist, ist kein verbindlicher Antrag zum Kauf.
Nach den Bestimmungen über den Kauf ist auch ein
Handelsgeschäft zu beurtheilen, dessen Gegenstand in der Lieferung einer
Quantität vertretbarer Sachen gegen einen bestimmten Preis besteht.
Ein Kauf auf Besicht oder auf Probe ist unter der in dem
Willen des Käufers stehenden Bedingung geschlossen, daß der Käufer die Waare
besehen oder prüfen und genehmigen werde. Diese Bedingung ist im Zweifel eine
aufschiebende.
Der Käufer ist vor seiner Genehmigung an den Kauf nicht
gebunden.
Der Verkäufer hört auf gebunden zu sein, wenn der Käufer bis
zum Ablauf der verabredeten oder ortsgebräuchlichen Frist nicht genehmigt.
In Ermangelung einer verabredeten oder ortsgebräuchlichen
Frist kann der Verkäufer nach Ablauf einer den Umständen angemessenen Zeit den
Käufer zur Erklärung auffordern; er hört auf gebunden zu sein, wenn sich der
Käufer auf die Aufforderung nicht sofort erklärt.
Ist die auf Besicht oder Probe verkaufte Waare zum Zweck der
Besichtigung oder Probe bereits übergeben, so gilt das Stillschweigen des
Käufers bis nach Ablauf der Frist oder auf die Aufforderung als Genehmigung.
Ein Kauf nach Probe oder Muster ist unbedingt, jedoch unter der Verpflichtung
(552) des Verkäufers geschlossen, daß die Waare der Probe
oder dem Muster gemäß sei.
Ein Kauf zur Probe ist unbedingter Kauf unter Hinzufügung
des Beweggrundes.
Hinsichtlich des Ortes der Erfüllung der Verbindlichkeiten
des Verkäufers und des Käufers kommen die Bestimmungen des Artikels 324 Absatz
1 zur Anwendung.
Die Uebergabe der Waare geschieht, wenn aus diesen
Bestimmungen sich nicht ein anderes ergiebt, an dem Orte, wo der Verkäufer zur
Zeit des Vertragsabschlusses seine Handelsniederlassung oder in deren
Ermangelung seinen Wohnort hatte. Wenn jedoch eine bestimmte Sache verkauft
ist, welche sich zur Zeit des Vertragsabschlusses mit Wissen der Kontrahenten
an einem anderen Orte befand, so geschieht die Uebergabe an diesem Orte.
Der Kaufpreis ist bei der Uebergabe zu entrichten, sofern
nicht ein anderes durch die Natur des Geschäfts bedingt oder durch Vertrag oder
Handelsgebrauch bestimmt ist. Im übrigen kommt die Bestimmung des Artikels 325
auch in bezug auf diese Zahlung zur Anwendung.
Der Verkäufer ist verpflichtet, die Waare solange der Käufer
mit der Empfangnahme nicht im Verzuge ist, mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Geschäftsmannes aufzubewahren.
Ist der Käufer mit der Empfangnahme der Waare im Verzuge, so
kann der Verkäufer die Waare auf Gefahr und Kosten des Käufers in einem
öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten niederlegen. Er ist auch befugt,
nach vorgängiger Androhung die Waare öffentlich verkaufen zu lassen; er darf,
wenn die Waare einen Börsenpreis oder einen Marktpreis hat, nach vorgängiger
Androhung den Verkauf auch nicht öffentlich durch einen Handelsmäkler oder in
Ermangelung eines solchen durch einen zu Versteigerungen befugten Beamten zum
laufenden Preise bewirken. Ist die Waare dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im
Verzuge, so bedarf es der vorgängigen Androhung nicht.
Von der Vollziehung des Verkaufs hat der Verkäufer den
Käufer, soweit es tunlich, sofort zu benachrichtigen; bei Unterlassung ist er
zum Schadenersatze verpflichtet.
Soll die Waare dem Käufer von einem anderen Orte übersendet
werden, und hat der Käufer über die Art der Uebersendung nichts bestimmt, so
gilt der Verkäufer für beauftragt, mit der Sorgfalt eines ordentlichen
Kaufmanns die Bestimmung statt des Käufers zu treffen, insbesondere auch die
Person zu bestimmen, durch welche der Transport der Waare besorgt oder
ausgeführt werden soll.
Nach Uebergabe der Waare an den Spediteur oder Frachtführer
oder die sonst zum Transport der Waare bestimmte Person trägt der Käufer die
Gefahr, von welcher die Waare betroffen wird. Hat jedoch der Käufer eine
besondere Anweisung über die Art der Uebersendung ertheilt, und ist der
Verkäufer ohne dringende Veranlassung davon abgewichen, so ist dieser für den
daraus entstandenen Schaden verantwortlich.
Der Verkäufer hat die Gefahr, von welcher die Waare auf dem
Transport betroffen wird, in dem Falle zu tragen, wenn er gemäß dem Vertrage
die Waare an dem Orte, wohin der Transport geschieht, zu liefern hat, sodaß dieser
Ort für ihn als der Ort der Erfüllung gilt. Daraus, daß der Verkäufer die
Zahlung von Kosten oder Auslagen der Versendung übernommen hat, folgt für sich
allein noch nicht, daß der Ort wohin der Transport geschieht, für den Verkäufer
als der Ort der Erfüllung gilt.
Durch die Bestimmungen dieses Artikels ist nicht
ausgeschlossen, daß die Gefahr schon seit einem früheren Zeitpunkte von dem
Käufer getragen wird, sofern dies nach dem bürgerlichen Recht der Fall sein
würde.
Der Käufer ist verpflichtet, die Waare zu empfangen, sofern
sie vertragsmäßig beschaffen ist oder in Ermangelung besonderer Verabredung den
gesetzlichen Erfordernissen entspricht (Artikel 335).
Die Empfangnahme muß sofort geschehen, wenn nicht ein
anderes bedungen oder ortsgebräuchlich oder durch die Umstände geboten ist.
Ist die Waare von einem anderen Orte übersendet, so hat der
Käufer ohne Verzug nach der Ablieferung, soweit dies nach dem ordnungsmäßigen
Geschäftsgange tunlich ist, die Waare zu untersuchen, und wenn sich dieselbe
nicht als vertragsmäßig oder gesetzmäßig (Artikel 335) ergiebt, dem Verkäufer
sofort davon Anzeige zu machen.
Versäumt er dies, so gilt die Waare als genehmigt, soweit es
sich nicht um Mängel handelt, welche bei der sofortigen Untersuchung nach
ordnungsmäßigem Geschäftsgange nicht erkennbar waren.
Ergeben sich später solche Mängel, so muß die Anzeige ohne
Verzug nach der Entdeckung gemacht werden, widrigenfalls die Waare auch
rücksichtlich dieser Mängel als genehmigt gilt.
Die vorstehende Bestimmung findet auch auf den Verkauf auf
Besicht oder Probe oder nach Probe Anwendung, insoweit es sich um Mängel der
übersendeten Waare handelt, welche bei ordnungsmäßigem Besicht oder
ordnungsmäßiger Prüfung nicht erkennbar waren.
Wenn der Käufer die von einem anderen Orte übersendete Waare
(348) beanstandet, so ist er verpflichtet, für die einstweilige Aufbewahrung derselben zu sorgen.
Er kann, wenn sich bei der Ablieferung oder später Mängel ergeben, den Zustand der Waare durch Sachverständige feststellen lassen. Der Verkäufer ist in gleicher Weise berechtigt, diese Feststellung zu verlangen, wenn ihm der Käufer die Anzeige gemacht hat, daß er die Waare wegen Mängel beanstande.
Die Sachverständigen ernennt auf Antrag des Betheiligten das Handelsgericht oder in dessen Ermangelung der Richter des Orts.
Die Sachverständigen haben das Gutachten schriftlich oder zu Protokoll zu erstatten.
Ist
die Waare dem Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge, so kann der Käufer
die Waare unter Beobachtung der Bestimmungen des Artikels 343. verkaufen
lassen.
Artikel
349.
Der Mangel der vertragsmäßigen aber gesetzmäßigen Beschaffenheit der Waare kann von dem Käufer nicht geltend gemacht werden, wenn derselbe erst nach Ablauf von sechs Monaten seit der Ablieferung an den Käufer entdeckt worden ist.
Die Klagen gegen den Verkäufer wegen Mängel verjähren in sechs Monaten nach der Ablieferung an den Käufer.
Die Einreden sind erloschen, wenn die im Artikel 347. vorgeschriebene sofortige Absendung der Anzeige des Mangels nicht innerhalb sechs Monate nach der Ablieferung an den Käufer geschehen ist. Ist die Anzeige in dieser Weile erfolgt, so bleiben die Einreden bestehen.
An den besonderen Gesetzen oder Handelsbräuchen, durch welche für einzelne Arten von Gegenständen eine kürzere Frist bestimmt ist, wird hierdurch nichts geändert.
Ist
die Haftbarkeit des Verkäufers auf eine kürzere oder längere Frist
vertragsmäßig festgesetzt, so hat es hierbei sein Bewenden.
Artikel
350.
Die
Bestimmungen der Artikel 347. und 349. können von dem Verkäufer im Falle eines
Betruges nicht geltend gemacht werden.
Artikel
351.
Sofern
nicht durch Ortsgebrauch oder besondere Abrede ein Anderes bestimmt ist, trägt
der Verkäufer die Kosten der Uebergabe, insbesondere des Messens und Wägens;
der Käufer die Kosten der Abnahme.
Artikel
352.
Ist
der Kaufpreis nach dem Gewicht der Waare zu berechnen, so kommt das Gewicht der
Verpackung (Taragewicht) in Abzug, wenn nicht durch besondere Abrede oder durch
den Handelsgebrauch am Orte der Uebergabe ein
(555)
Anderes bestimmt ist. Ob und in welcher Höhe das Taragewicht nach einem
bestimmten Anlaße oder Verhältnisse statt nach genauer Ausmittelung abzuziehen
ist, ingleichen ob und wieviel als Gutgewicht zu Gunsten des Käufers zu
berechnen ist, oder als Vergütung für schadhafte oder unbrauchbare Theile (Refaktie)
gefordert werden kann, ist nach dem Vertrage oder dem Handelsgebrauche am Orte
der Uebergabe zu beurtheilen.
Artikel
353.
Ist
im Vertrage der Marktpreis oder der Börsenpreis als Kaufpreis bestimmt, so ist
im Zweifel hierunter der laufende Preis, welcher zur Zeit und an dem Orte der
Erfüllung oder an dem für letzteren maaßgebenden Handelsplatze nach den dafür
bestehenden örtlichen Einrichtungen festgestellt ist, in Ermangelung einer
solchen Feststellung oder bei nachgewiesener Unrichtigkeit derselben der
mittlere Preis zu verstehen, welcher sich aus der Vergleichung der zur Zeit und
am Orte der Erfüllung geschlossenen Kaufverträge ergiebt.
Artikel
355.
Wenn
der Verkäufer mit der Uebergabe der Waare im Verzuge ist, so hat der Käufer die
Wahl, ob er die Erfüllung nebst Schadensersatz wegen verspäteter Erfüllung
verlangen, oder ob er statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung
fordern oder von dem Vertrage abgehen will, gleich als ob derselbe nicht
geschlossen wäre.
Artikel
356.
Will
ein Kontrahent auf Grund der Bestimmungen der vorigen Artikel statt der
Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordern oder von dem Vertrage
abgehen, so muß er dies dem anderen Kontrahenten anzeigen und ihm dabei, wenn
die Natur des Geschäfts dies zuläßt, noch eine den Umständen angemessene Frist
zur Nachholung des Versäumten gewähren.
Artikel
357.
Ist
bedungen, daß die Waare genau zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer
festbestimmten Frist geliefert werden soll, so kommt der Artikel 356. nicht zur
Anwendung. Der Käufer sowie der Verkäufer kann die Rechte, welche ihm gemäß
Artikel 354. oder 355. zustehen, nach seiner Wahl ausüben.
(556) Es muß jedoch derjenige, welcher auf der Erfüllung bestehen will, dies unverzüglich nach Ablauf der Zeit oder der Frist dem anderen Kontrahenten anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht auf der Erfüllung bestehen.
Will der Verkäufer statt der Erfüllung für Rechnung des säumigen Käufers verkaufen, so muß er, im Fall die Waare einen Markt- oder Börsenpreis hat, den Verkauf unverzüglich nach Ablauf der Zeit oder der Frist vornehmen. Ein späterer Verkauf gilt nicht als für Rechnung des Käufers geschehen. Eine vorgängige Androhung ist nicht erforderlich, dagegen hat der Verkäufer auch in diesem Falle den bewirkten Verkauf dem Käufer ungesäumt anzuzeigen.
Wenn
der Käufer statt der Erfüllung Schadensersatz wegen Nichterfüllung fordert, so
besteht, im Falle die Waare einen Markt- oder Börsenpreis hat, der Betrag des
von dem Verkäufer zu leistenden Schadensersatzes in der Differenz zwischen dem
Kaufpreise und dem Markt- und Börsenpreise zur Zeit und am Orte der
geschuldeten Lieferung, unbeschadet des Rechts des Käufers, einen erweislich
höheren Schaden geltend zu machen.
Artikel
358.
In
den Fällen des Artikels 357. ist jeder Kontrahent berechtigt, den Verzug des
anderen Kontrahenten auf dessen Kosten durch eine öffentliche Urkunde (Protest)
feststellen zu lassen.
Artikel
359.
Wenn
in den Fällen der Artikel 354. 355. und 357. sich aus den Umständen,
insbesondere aus der Natur des Vertrages, aus der Absicht der Kontrahenten oder
aus der Beschaffenheit des zu leistenden Gegenstandes ergiebt, daß die
Erfüllung des Vertrages auf beiden Seiten theilbar ist, so kann das Abgehen des
einen Kontrahenten von dem Vertrage nur in Betreff des von dem anderen
Kontrahenten nicht erfüllten Theiles des Vertrages erfolgen.
Dritter
Titel.
Von
dem Kommissionsgeschäft.
Artikel
360.
Kommissionair ist derjenige, welcher gewerbemäßig in eigenem Namen für Rechnung des Auftraggebers (Kommittenten) Handelsgeschäfte schließt.
Durch die Geschäfte, welche der Kommissionair mit Dritten schließt, wird er allein berechtigt und verpflichtet. Zwischen dem Kommittenten und den Dritten entstehen daraus keine Rechte und Pflichten.
Ist
von dem Auftraggeber ausdrücklich bestimmt, daß das Geschäft auf seinen Namen
abgeschlossen werden soll, so ist dies keine kaufmännische Kommission, sondern
ein gewöhnlicher Auftrag zu einem Handelsgeschäft.
(557)
Artikel 361.
Der
Kommissionair hat das Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentliches Kaufmanns im
Interesse des Kommittenten, gemäß dem Auftrage auszuführen; er hat dem
Kommittenten die erforderlichen Nachrichten zu geben, insbesondere sofort nach
der Ausführung des Auftrages davon Anzeige zu machen; er ist verpflichtet, dem
Kommittenten über das Geschäft Rechenschaft zu geben und ihm dasjenige zu
leisten, was er aus dem Geschäft zu fordern hat.
Artikel
362.
Handelt
der Kommissionair nicht gemäß dem übernommenen Auftrage, so ist er dem
Kommittenten zum Ersatze des Schadens verpflichtet; der Kommittent ist nicht
gehalten, das Geschäft für seine Rechnung gelten zu lassen.
Artikel
363.
Hat
der Kommissionair unter dem ihm gesetzten Preise verkauft, so muß er dem
Kommittenten den Unterschied im Preise vergüten, sofern er nicht beweist, daß
ein Verkauf zu dem gesetzten Preise nicht ausgeführt werden konnte und die
Vornahme des Verkaufs von dem Kommittenten Schaden abgewendet hat.
Artikel
364.
Hat
der Kommissionair den für den Einkauf gesetzten Preis überschritten; so kann
der Kommittent den Einkauf als nicht für seine Rechnung geschehen zurückweisen,
sofern sich der Kommissionair nicht zugleich mit der Einkaufsanzeige zur
Deckung des Unterschiedes erbietet. Der Kommittent, welcher den Einkauf als
nicht für seine Rechnung geschehen zurückweisen will, muß dies ohne Verzug auf
die Einkaufsanzeige erklären, widrigenfalls die Ueberschreitung des Auftrages
als genehmigt gilt.
Artikel
365.
Wenn das Gut, welches dem Kommissionair zugesandt wird, bei der Ablieferung sich in einem äußerlich erkennbar beschädigtem oder mangelhaften Zustande befindet, so muß der Kommissionair die Rechte gegen den Frachtführer oder Schiffer wahren, für den Beweis jenes Zustandes sorgen und dem Kommittenten ohne Verzug Nachricht geben.
Im Unterlassungsfalle ist er für den daraus entstandenen Schaden verantwortlich.
Er
kann den Zustand durch Sachverständige feststellen lassen, und wenn das Gut dem
Verderben ausgesetzt und Gefahr im Verzuge ist, unter Beobachtung der
Bestimmungen des Artikels 343. den Verkauf des Gutes bewirken.
Artikel
366.
Treten
Veränderungen an dem Gute ein, welche dessen Entwerthung befürchten lassen, und
ist keine Zeit vorhanden, die Verfügung des
(558) Kommittenten einzuholen, oder der Kommittent in der Ertheilung der Verfügung säumig, so kann der Kommissionair unter Beobachtung der Bestimmungen des Artikels 343. den Verkauf des Gutes veranlassen.
Ein
gleiches Recht hat der Kommissionair in allen anderen Fällen, in welchen der
Kommittent, obwohl hierzu nach Lage der Sache verpflichtet, über das Gut zu
verfügen unterläßt.
Artikel
367.
Für Verlust oder Beschädigung des Gutes ist der Kommissionair, während er Aufbewahrer desselben ist, verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch Umstände herbeigeführt ist, welche durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht abgewendet werden konnten.
Der
Kommissionair ist wegen Unterlassung der Versicherung des Gutes nur dann
verantwortlich, wenn er von dem Kommittenten den Auftrag zur Versicherung
erhalten hat.
Artikel
368.
Forderungen
aus einem Geschäft, welches der Kommissionair abgeschlossen hat, kann der
Kommittent dem Schuldner gegenüber erst nach der Abtretung geltend machen.
Jedoch
gelten solche Forderungen, auch wenn sie nicht abgetreten sind, im Verhältniß
zwischen dem Kommittenten und dem Kommissionair oder dessen Gläubigern als
Forderungen des Kommittenten.
Artikel
369.
Der Kommissionair, welcher ohne Einwilligung des Kommittenten einem Dritten Vorschüsse macht, oder Kredit giebt, thut dies auf eigene Gefahr.
Insoweit
jedoch der Handelsgebrauch am Orte des Geschäfts das Kreditiren des Kaufpreises
mit sich bringt, ist in Ermangelung einer anderen Bestimmung des Kommittenten
auch der Kommissionair dazu berechtigt. Hat der Kommissionair unbefugt auf
Kredit verkauft, so hat er dem Kommittenten, welcher dies nicht genehmigt,
sofort als Schuldner des Kaufpreises die Zahlung zu leisten. Beweist der
Kommissionair, daß beim Verkauf gegen baar der Preis ein geringerer gewesen
sein würde, so hat er nur diesen Preis und, wenn derselbe geringer ist, als der
auftraggemäße Preis, auch den Unterschied gemäß Artikel 363. zu vergüten.
Artikel
370.
Der Kommissionair steht für die Zahlung oder für die anderweitige Erfüllung der Verbindlichkeit seines Kontrahenten ein, wenn dies von ihm übernommen oder am Orte seiner Niederlassung Handelsgebrauch ist. Der Kommissionair, welcher für seinen Kontrahenten einsteht, ist dem Kommittenten für die gehörige Erfüllung im Zeitpunkte des Verfalls unmittelbar
(559)
und persönlich insoweit verhaftet, als solche aus dem Vertragsverhältnisse
überhaupt rechtlich gefordert werden kann. Der Kommissionair, welcher für
seinen Kontrahenten einsteht, ist dafür zu einer Vergütung (del
credere-Provision) berechtigt.
Artikel
371.
Der Kommittent ist schuldig, dem Kommissionair zu ersetzen, was dieser an baaren Auslagen oder überhaupt zu Vollzuge des Geschäfts nothwendig oder nützlich aufgewendet hat. Hierzu gehört auch die Vergütung für die Benutzung der Lagerräume und der Transportmittel des Kommissionairs und der Arbeit seiner Leute.
Der
Kommissionair hat die Provision zu fordern, wenn das Geschäft zur Ausführung
gekommen ist. Für Geschäfte, welche nicht zur Ausführung gekommen sind, kann
eine Provision nicht gefordert werden; jedoch hat der Kommissionair das Recht
auf die Auslieferungsprovision, sofern eine solche ortsgebräuchlich ist.
Artikel
372.
Wenn der Kommissionair zu vortheilhafteren Bedingungen abschließt, als sie ihm vom Kommittenten gestellt worden, so kommt der Vortheil dem letzteren allein zu Statten.
Dies
gilt insbesondere, wenn der Preis, für welchen der Kommissionair verkauft, den
vom Kommittenten bestimmten niedrigsten Preis übersteigt, oder wenn der Preis,
für welchen er einkauft, den vom Kommittenten bestimmten höchsten Preis nicht
erreicht.
Artikel
373.
Ein
Kommissionair, welcher den Ankauf eines Wechsels übernommen hat, ist, wenn er
den Wechsel indossirt, verpflichtet, denselben regelmäßig und ohne Vorbehalt zu
indossiren.
Artikel
374.
Der Kommissionair hat an dem Kommissionsgut, sofern er dasselbe noch in seinem Gewahrsam hat oder sonst, insbesondere mittelst der Konnossemente, Ladescheine oder Lagerscheine, noch in der Lage ist, darüber zu verfügen, ein Pfandrecht wegen der auf das Gut verwendeten Kosten, wegen der Provision, wegen der rücksichtlich des Gutes gegebenen Vorschüsse und Darlehen, wegen der rücksichtlich desselben gezeichneten Wechsel oder in anderer Weise eingegangenen Verbindlichkeiten, sowie wegen aller Forderungen aus laufender Rechnung in Kommissionsgeschäften.
Der
Kommissionair kann sich für die vorstehend erwähnten Ansprüche aus den durch
das Kommissonsgeschäft begründeten und noch ausstehenden Forderungen
vorzugsweise vor dem Kommittenten und dessen Gläubigern befriedigen.
(560)
Artikel 375.
Ist
der Kommittent in Erfüllung der in dem vorigen Artikel bezeichneten
Verpflichtungen gegen den Kommissionair im Verzuge, so ist der letztere berechtigt,
sich unter Beobachtung der Vorschriften des Artikels 310. aus dem
Kommissionsgute bezahlt zu machen; er hat dieses Recht auch gegenüber den
übrigen Gläubigern und der Konkursmasse des Kommittenten.
Artikel
376.
Bei der Kommission zum Einkauf oder zum Verkauf von Waaren, Wechseln und Werthpapieren, welche einen Börsenpreis oder Marktpreis haben, ist der Kommissionair, wenn der Kommittent nicht ein Anderes bestimmt hat, befugt, das Gut, welches er einkaufen soll, selbst als Verkäufer zu liefern, oder das Gut, welches er zu verkaufen beauftragt ist, als Käufer für sich zu behalten.
In
diesem Falle ist die Pflicht des Kommissionairs, Rechenschaft über die
Abschließung des Kaufs oder Verkaufs zu geben, auf den Nachweis beschränkt, daß
bei dem berechneten Preise der Börsenpreis oder Marktpreis zur Zeit der
Ausführung des Auftrags eingehalten ist. Er ist zu der gewöhnlichen Provision
berechtigt und kann die bei Kommissionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden
Unkosten berechnen.
Macht
der Kommissionair nicht zugleich mit der Anzeige über die Ausführung des
Auftrages eine andere Person als Käufer oder Verkäufer namhaft, so ist der
Kommittent befugt, den Kommissionair selbst als Käufer oder Verkäufer in
Anspruch zu nehmen.
Artikel
377.
Wenn
der Kommittent den Auftrag widerruft und den Widerruf bei dem Kommissionair
eintrifft, bevor die Anzeige von der Ausführung des Auftrages Behufs ihrer
Absendung abgegeben ist, so kann sich der Kommissionair der Befugniß, selbst
als Käufer oder Verkäufer einzutreten, nicht mehr bedienen.
Artikel
378.
Die
Bestimmungen dieses Titels kommen auch zur Anwendung, wenn ein Kaufmann, dessen
gewöhnlicher Handelsbetrieb nicht in Kommissionsgeschäfte besteht, ein
einzelnes Handelsgeschäft in eigenem Namen für Rechnung eines Auftraggebers
schließt.
Vierter
Titel.
Von
dem Speditionsgeschäfte.
Artikel
379.
Spediteur
ist derjenige, welcher gewerbemäßig in eigenem Namen für fremde Rechnung
Güterversendungen durch Frachtführer oder Schiffer zu besorgen übernimmt.
(561)
Artikel 380.
Ein Spediteur haftet für jeden Schaden, welcher aus der Vernachlässigung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns bei der Empfangnahme und Aufbewahrung des Gutes, bei der Wahl der Frachtführer, Schiffer oder Zwischenspediteure und überhaupt bei der Ausführung der von ihm übernommenen Versendung der Güter entsteht.
Der
Spediteur hat die Anwendung dieser Sorgfalt zu beweisen.
Artikel
381.
Der Spediteur hat die Provision und die Erstattung dessen zu fordern, was er an Auslagen und Kosten oder überhaupt zum Zweck der Versendung nothwendig oder nützlich aufgewendet hat (Artikel 371).
Er
ist nicht befugt, eine höhere als die mit dem Frachtführer oder Schiffer
bedungene Fracht zu berechnen.
Artikel
382.
Der Spediteur hat wegen der Fracht, der Provision, der Auslagen, Kosten und Verwendungen und wegen der dem Versender auf das Gut geleisteten Vorschüsse ein Pfandrecht an dem Gute, sofern er dasselbe noch in seinem Gewahrsam hat oder in der Lage ist, darüber zu verfügen.
Er kann dieses Recht auch gegenüber den übrigen Gläubigern und der Konkursmasse des Eigenthümers geltend machen.
Bedient sich der Spediteur eines Zwischenspediteurs so hat der letztere zugleich die seinen Vormann zustehenden Rechte, insbesondere dessen Pfandrecht, auszuüben.
Soweit
der Vormann wegen seiner Forderung durch Nachnahme von dem Nachmann befriedigt
ist, geht die Forderung und das Pfandrecht des Vormanns von Rechtswegen auf den
Nachmann über. Dasselbe gilt in Bezug auf die Forderung und das Pfandrecht des
Frachtführers, wenn und insoweit der letztere von dem Zwischenspediteur
befriedigt ist.
Artikel
383.
Ein
Spediteur, welcher die Versendung durch Frachtführer oder Schiffer, jedoch
mittelst von ihm für eigene Rechnung gemietheter Transportmittel besorgt, kann
die gewöhnliche Fracht nebst der Provision und den sonstigen Kosten berechnen.
Artikel
384.
Wenn
ein Spediteur mit dem Absender oder Empfänger über bestimmte Sätze der
Transportkosten sich geeinigt hat, so haftet er, in Ermangelung einer
entgegenstehenden Vereinbarung, für die von ihm angenommenen Zwischenspediteure
und Frachtführer. Er ist in diesem Falle zur Provision nur dann berechtigt,
wenn vereinbart ist, daß eine solche neben den bestimmten Sätzen der
Transportkosten gefordert werden könne.
(562)
Artikel 385.
Der Spediteur ist, wenn nicht ein Anderes bestimmt ist, befugt, den Transport der Güter selbst auszuführen.
Wenn
er sich dieser Befugniß bedient, so hat er zugleich die Rechte und Pflichten
eines Frachtführers und kann die gewöhnliche Fracht, die Provision und die bei
Speditionsgeschäften sonst regelmäßig vorkommenden Unkosten berechnen.
Artikel
386.
Die Klagen gegen den Spediteur wegen gänzlichen Verlustes oder wegen Verminderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Guts verjähren nach einem Jahre.
Die Frist beginnt in Ansehung der Klagen wegen gänzlichen Verlustes mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Ablieferung hätte bewirkt sein müssen; in Ansehung der Klagen wegen Verminderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung mit dem Ablauf des Tages, an welchem die Ablieferung geschehen ist.
In gleicher Art sind die Einreden wegen Verlustes, Verminderung, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Gutes erloschen, wenn nicht die Anzeige von diesen Thatsachen an den Spediteur binnen der einjährigen Frist abgesandt worden ist.
Die
Bestimmungen dieses Artikels finden in Fällen des Betruges oder der
Veruntreuung des Spediteurs keine Anwendung.
Artikel
387.
Im
Uebrigen sind die Rechte und Pflichten des Spediteurs, soweit dieser Titel
keine Bestimmungen darüber enthält, nach den Grundsätzen des vorigen Titels zu
beurtheilen; insbesondere kommen die Bestimmungen, welche in den Artikeln 365.
bis 367. für den Kommissionair gegeben sind, auch für den Spediteur zur
Anwendung.
Artikel
388.
Wenn
ein Kaufmann, dessen gewöhnlicher Handelsbetrieb nicht in Speditionsgeschäften
besteht, eine Güterversendung durch Frachtführer oder Schiffer für fremde
Rechnung in eigenem Namen zu besorgen übernimmt, so gelten in Ansehung eines
solchen Geschäfts die Vorschriften dieses Titels.
Artikel
389.
Die
Bestimmungen dieses Titels finden keine Anwendung auf Personen, welche nur die
Vermittelung von Frachtverträgen zwischen dem Absender und dem Frachtführer
oder Schiffer bewirken (Frachtmäkler, Güterbestätter, Schiffsprokureure).
(563)
Fünfter Titel.
Von
dem Frachtgeschäft.
Erster
Abschnitt.
Vom
Frachtgeschäft überhaupt.
Artikel
390.
Frachtführer
ist derjenige, welcher gewerbemäßig den Transport von Gütern zu Lande oder auf
Flüssen und Binnengewässern ausführt.
Artikel
391.
Der Frachtbrief dient als Beweis über den Vertrag zwischen dem Frachtführer und dem Absender.
Der
Frachtführer kann die Ausstellung eines Frachtbriefes verlangen.
Artikel
392.
Der
Frachtbrief enthält:
1) die
Bezeichnung des Guts nach Beschaffenheit, Menge und Werthzeichen;
2) den
Namen und Wohnort des Frachtführers;
3) den
Namen des Absenders;
4) den
Namen dessen, an welchen das Gut abgeliefert werden soll;
5) den
Ort der Ablieferung;
6) die
Bestimmung in Ansehung der Fracht;
7) den
Ort und Tag der Ausstellung;
8) die
besonderen Vereinbarungen, welche die Parteien etwa noch über andere Punkte,
namentlich über die Zeit, innerhalb welcher der Transport bewirkt werden soll,
und über die Entschädigung wegen verspäteter Ablieferung, getroffen haben.
Artikel
393.
Der
Absender ist verpflichtet, bei Gütern, welche vor der Ablieferung an den
Empfänger einer zoll- oder steueramtlichen Behandlung unterliegen, den
Frachtführer in den Besitz der deshalb erforderlichen Begleitpapiere zu setzen.
Er haftet dem Frachtführer, sofern nicht diesem selbst ein Verschulden zur Last
fällt, für alle Strafen und Schäden, welche denselben wegen Unrichtigkeit oder
Unzulänglichkeit der Begleitpapiere treffen.
Artikel
394.
Ist
über die Zeit, binnen welcher der Frachtführer den Transport bewirken
(564) soll, im Frachtvertrage nichts bedungen, so wird die Frist, innerhalb deren er die Reise antreten muß, durch den Ortsgebrauch bestimmt; besteht ein Ortsgebrauch nicht, so ist die Reise binnen einer den Umständen des Falles angemessenen Frist anzutreten.
Wird
der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch Naturereignisse oder sonstige
Zufälle zeitweilig verhindert, so braucht der Absender die Aufhebung des
Hindernisses nicht abzuwarten, er kann vielmehr von dem Vertrage zurücktreten,
muß aber den Frachtführer, sofern demselben kein Verschulden zur Last fällt,
wegen der Kosten zur Vorbereitung der Reise, der Kosten der Wiederausladung und
der Ansprüche in Beziehung auf die bereits zurückgelegte Reise entschädigen.
Ueber die Höhe der Entschädigung entscheidet der Ortsgebrauch und in dessen
Ermangelung das richterliche Ermessen.
Artikel
395.
Der Frachtführer haftet für den Schaden, welcher durch Verlust oder Beschädigung des Frachtguts seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstanden ist, sofern er nicht beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch höhere Gewalt (vis major) oder durch die natürliche Beschaffenheit des Guts, namentlich durch inneren Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage u. dgl., oder durch äußerlich nicht erkennbare Mängel der Verpackung entstanden ist.
Für
Kostbarkeiten, Gelder und Werthpapiere haftete der Frachtführer nur dann, wenn
ihm diese Beschaffenheit oder der Werth des Guts angegeben ist.
Artikel
396.
Wenn auf Grund des vorhergehenden Artikels von dem Frachtführer für Verlust oder Beschädigung des Guts Ersatz geleistet werden muß, so ist der Berechnung des Schadens nur der gemeine Handelswerth des Guts zu Grunde zu legen.
Im Falle des Verlustes ist der gemeine Handelswerth zu ersetzen, welchen Gut derselben Art und Beschaffenheit am Ort der Ablieferung zu der Zeit hatte, in welcher das Gut abzuliefern war; davon kommt in Abzug, was in Folge des Verlustes an Zöllen und Unkosten erspart ist.
Im Falle der Beschädigung ist der Unterschied zwischen dem Verkaufswerth und des Guts im beschädigten Zustande und dem gemeinen Handelswerth zu ersetzen, welchen das Gut ohne diese Beschädigung am Ort und zur Zeit der Ablieferung gehabt haben würde, nach Abzug der Zölle und Unkosten, soweit sie in Folge der Beschädigung erspart sind.
Hat das Gut keinen Handelswerth, so ist der Berechnung des Schadens der gemeine Werth des Guts zu Grunde zu legen.
Wenn
dem Frachtführer eine bösliche Handlungsweise nachgewiesen wird, so hat er den
vollen Schaden zu ersetzen.
Artikel
397.
Der
Frachtführer haftet für den Schaden, welcher durch Versäumung
(565)
der bedungenen oder üblichen Lieferungszeit entstanden ist, sofern er nicht
beweist, daß er die Verspätung durch Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen
Frachtführers nicht habe abwenden können.
Artikel
398.
Ist
für den Fall verspäteter Ablieferung ein Abzug an der Fracht oder der Verlust
der Fracht oder sonst eine Konventionalstrafe bedungen, so kann im Zweifel
außerdem auch der Ersatz des diesen Betrag übersteigenden Schadens gefordert
werden, welcher durch die verspätete Ablieferung entstanden ist.
Artikel
399.
Beweist
der Frachtführer, daß er die Verspätung durch die Sorgfalt eines ordentlichen
Frachtführers nicht habe abwenden können, so kann die bedungene gänzliche oder
theilweise Einbehaltung der Fracht, oder die Konventionalstrafe wegen
verspäteter Ablieferung nicht in Anspruch genommen werden, es sei denn, daß
sich aus dem Vertrage eine entgegenstehende Absicht ergiebt.
Artikel
400.
Der
Frachtführer haftet für seine Leute und für andere Personen, deren er sich bei
Ausführung des von ihm übernommenen Transports bedient.
Artikel
401.
Wenn der Frachtführer zur gänzlichen oder theilweisen Ausführung des von ihm übernommenen Transports das Gut einem anderen Frachtführer übergiebt, so haftet er für diesen und die etwa folgenden Frachtführer bis zur Ablieferung.
Jeder
Frachtführer, welcher auf einen anderen Frachtführer folgt, tritt dadurch, daß
er das Gut mit dem ursprünglichen Frachtbrief annimmt, in den Frachtvertrag
gemäß dem Frachtbrief ein, übernimmt eine selbstständige Verpflichtung, den
Transport nach Inhalt des Frachtbriefes auszuführen, und hat auch in Bezug auf
den von den früheren Frachtführern bereits ausgeführten Transport für die
Verbindlichkeiten derselben einzustehen.
Artikel
402.
Der Fracht hat den späteren Anweisungen des Absenders wegen Zurückgabe des Guts oder wegen Auslieferung desselben an einen anderen als den im Frachtbrief bezeichneten Empfänger so lange Folge zu leisten, als er nicht letzterem nach Ankunft des Guts am Ort der Ablieferung den Frachtbrief übergeben hat.
Ist
dies bereits geschehen, so hat er nur die Anweisungen des bezeichneten
Empfängers zu beachten, widrigenfalls er demselben für das Gut verhaftet ist.
(566)
Artikel 403.
Der
Frachtführer ist verpflichtet, am Ort der Ablieferung dem durch den Frachtbrief
bezeichneten Empfänger das Frachtgut auszuhändigen.
Artikel
404.
Der
im Frachtbriefe bezeichnete Empfänger ist vor Ankunft des Guts am Ort der
Ablieferung dem Frachtführer gegenüber berechtigt, alle zur Sicherstellung des
Guts erforderlichen Maaßregeln zu ergreifen und dem Frachtführer die zu diesem
Zweck nothwendigen Anweisungen zu ertheilen; die Auslieferung des Guts kann er
vor dessen Ankunft am Orte der Ablieferung nur dann fordern, wenn der Absender
den Frachtführer zu derselben ermächtigt hat.
Artikel
405.
Nach
Ankunft des Frachtführers am Ort der Ablieferung ist der im Frachtbriefe
bezeichnete Empfänger berechtigt, die durch den Frachtvertrag begründeten
Rechte gegen Erfüllung der Verpflichtungen, wie sie der Frachtbrief ergiebt, in
eigenem Namen gegen den Frachtführer geltend zu machen, sei es, daß er hierbei
in eigenen oder fremden Interesse handle; er ist insbesondere berechtigt, den
Frachtführer auf Uebergabe des Frachtbriefes und Auslieferung des Guts zu
belangen, sofern nicht der Absender demselben vor Anstellung der Klage eine
nach Maaßgabe des Artikels 402. noch zulässige entgegenstehende Anweisung
gegeben hat.
Artikel
406.
Durch
Annahme des Guts und des Frachtbriefes wird der Empfänger verpflichtet, dem
Frachtführer nach Maaßgabe des Frachtbriefes Zahlung zu leisten.
Artikel
407.
Wenn der bezeichnete Empfänger des Guts nicht auszumitteln ist oder die Annahme verweigert, oder wenn Streit über die Annahme oder den Zustand des Guts entsteht, so kann der Betheiligte den letzteren durch Sachverständige feststellen lassen.
Die Sachverständigen ernennt auf das Ansuchen des Betheiligten das Handelsgericht oder in dessen Ermangelung der Richter des Orts.
Die Sachverständigen haben ihr Gutachten schriftlich oder zu Protokoll zu erstatten.
Das Gericht kann auf Ansuchen des Betheiligten verordnen, daß das Gut in einem öffentlichen Lagerhause oder bei einem Dritten niedergelegt, und daß es ganz oder zu einem entsprechenden Theile Behufs Bezahlung der Fracht und der übrigen Forderungen des Frachtführers öffentlich verkauft wird.
Ueber
das Ansuchen um Ernennung von Sachverständigen oder um Verfügung des Gerichts
wegen Niederlegung und wegen Verkaufs des Guts wird die Gegenpartei, wenn sie
am Orte anwesend ist, gehört.
(567)
Artikel 408.
Durch Annahme des Guts und Bezahlung der Fracht erlischt jeder Anspruch gegen den Frachtführer.
Nur wegen Verlustes oder Beschädigung, welche bei der Ablieferung äußerlich nicht erkennbar waren, kann der Frachtführer selbst nach der Annahme und nach Bezahlung der Fracht in Anspruch genommen werden, wenn die Feststellung des Verlustes oder der Beschädigung ohne Verzug nach der Entdeckung nachgesucht worden ist, und bewiesen wird, daß der Verlust oder die Beschädigung während der Zeit seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstanden ist.
Die
Bestimmungen über die Verjährung der Klagen und Einreden gegen den Spediteur
wegen Verlustes, Beschädigung oder verspäteter Ablieferung des Guts (Artikel
386.) finden auch auf den Frachtführer Anwendung.
Artikel
409.
Der Frachtführer hat wegen aller durch den Frachtvertrag begründeten Forderungen, insbesondere der Fracht- und Liegegelder, sowie wegen der Zollgelder und anderer Auslagen ein Pfandrecht an dem Frachtgut. Dieses Pfandrecht besteht, so lange das Gut zurückbehalten oder niedergelegt ist; es dauert auch nach der Ablieferung noch fort, insofern der Frachtführer es binnen drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht, und das Gut noch bei dem Empfänger oder bei einem Dritten sich befindet, welcher es für den Empfänger besitzt.
Er kann zu seiner Befriedigung den Verkauf des Guts oder eines Theils desselben veranlassen (Artikel 407.).
Er
hat dieses Recht auch gegenüber den übrigen Gläubigern und der Konkursmasse des
Eigenthümers.
Artikel
410.
Geht das Gut durch die Hände mehrerer Frachtführer, so hat der letzte bei der Ablieferung, sofern nicht der Frachtbrief das Gegentheil bestimmt, auch die aus dem Frachtbriefe sich ergebenden Forderungen der vorhergehenden einzuziehen und deren Rechte, insbesondere auch das Pfandrecht, auszuüben.
Der vorhergehende Frachtführer, welcher von dem nachfolgenden befriedigt ist, überträgt auf diesen von Rechtswegen seine Forderung und sein Pfandrecht.
In gleicher Art wird die Forderung und das Pfandrecht des Spediteurs auf den nachfolgenden Spediteur und den Frachtführer übertragen.
Das
Pfandrecht der Vormänner besteht so lange, als das Pfandrecht des letzten
Frachtführers.
Artikel
411.
Wenn
auf demselben Gute zwei oder mehrere gemäß den Artikeln 374. 382. und 409.
begründete Pfandrechte bestehen, so geht unter denjenigen Pfandrechten,
(568)
welche durch die Versendung oder durch den Transport des Guts entstanden sind,
das später entstandene dem früher entstandenen vor; diese Pfandrechte haben
sämmtlich den Vorrang vor dem Pfandrecht des Kommissionairs und vor dem
Pfandrecht des Spediteurs für Vorschüsse; unter den letzteren Pfandrechten geht
das früher entstandene dem später entstandenen vor.
Artikel
412.
Wenn
der Frachtführer das Gut ohne Bezahlung abliefert und das Pfandrecht nicht
binnen drei Tagen nach der Ablieferung gerichtlich geltend macht, so wird er,
sowie die vorhergehenden Frachtführer und die Spediteure, des Rückgriffs gegen
die Vormänner verlustig. Der Anspruch gegen den Empfänger bleibt in Kraft.
Artikel
413.
Der Absender und der Frachtführer können übereinkommen, daß der letztere dem ersteren einen Ladeschein ausstellt.
Der
Ladeschein ist eine Urkunde, durch welche der Frachtführer sich zur
Aushändigung des Guts verpflichtet.
Artikel
414.
Der
Ladeschein enthält:
1) die
Bezeichnung der geladenen Güter nach Beschaffenheit, Menge und Werthzeichen;
2) den
Namen und Wohnort des Frachtführers;
3) den
Namen des Absenders;
4) den
Namen desjenigen, an den oder an dessen Order das Gut abgeliefert werden soll.
Als solcher ist der Absender zu verstehen, wenn der Ladeschein lediglich an
Order gestellt ist;
5) den
Ort der Ablieferung;
6) die
Bestimmung in Ansehung der Fracht;
7) den
Ort und Tag der Ausstellung.
Der
Ladeschein muß von dem Frachtführer unterzeichnet sein.
Der
Absender hat dem Frachtführer auf dessen Verlangen eine von ihm unterzeichnete
gleichlautende Kopie des Ladescheins auszuhändigen.
Artikel
415.
Der Ladeschein entscheidet für die Rechtsverhältnisse zwischen dem Frachtführer und dem Empfänger des Guts; die nicht in denselben aufgenommenen Bestimmungen des Frachtvertrages haben gegenüber dem Empfänger keine rechtliche Wirkung, sofern nicht auf dieselben ausdrücklich Bezug genommen ist.
Für
die Rechtsverhältnisse zwischen Frachtführer und Absender bleiben die
Bestimmungen des Frachtvertrages maaßgebend.
(569) Artikel 416.
Wenn
der Frachtführer einen Ladeschein ausgestellt hat, darf er späteren Anweisungen
des Absenders wegen Zurückgabe oder Auslieferung des Guts an einen anderen als
den durch den Ladeschein legitimirten Empfänger nur dann Folge leisten, wenn
ihm der Ladeschein zurückgegeben wird. Handelt er dieser Bestimmung entgegen,
so ist er dem rechtmäßigen Inhaber des Ladescheins für das Gut verpflichtet.
Artikel 417.
Zum
Empfange des Guts legitimirt ist derjenige, an welchen das Gut nach dem
Ladeschein abgeliefert werden soll, oder auf welchen der Ladeschein, wenn er an
Order lautet, durch Indossament übertragen ist.
Artikel 418.
Der
Frachtführer ist zur Ablieferung des Guts nur gegen Rückgabe des Ladescheins,
auf welchem die Ablieferung des Guts zu bescheinigen ist, verpflichtet.
Artikel 419.
Im
Uebrigen kommen die Bestimmungen über die Rechte und Pflichten des
Frachtführers auch in dem Falle zur Anwendung, wenn ein Ladeschein ausgestellt
ist.
Artikel 420.
Wenn
ein Kaufmann, dessen gewöhnlicher Handelsbetrieb sich nicht auf die Ausführung
von Frachtgeschäften erstreckt, in einem einzelnen Falle einen Transport von
Gütern zu Land oder auf Flüssen und Binnengewässern auszuführen übernimmt, so
kommen die Bestimmungen dieses Titels auch in Bezug auf ein solches Geschäft
zur Anwendung.
Artikel 421.
Die
Bestimmungen dieses Abschnitts finden auch Anwendung auf Frachtgeschäfte von
Eisenbahnen und anderen öffentlichen Transportanstalten.
Sie gelten jedoch für die Postanstalten nur insoweit, als nicht durch besondere Gesetze oder Verordnungen für dieselben ein Anderes bestimmt ist.
Für
die Eisenbahnen kommen ferner die Bestimmungen des folgenden Abschnitts zur
Anwendung.
Zweiter Abschnitt.
Von dem Frachtgeschäft der Eisenbahnen insbesondere.
Artikel 422.
Eine Eisenbahn, welche dem Publikum zur Benutzung für den Gütertransport
(570)
eröffnet ist, kann die bei ihr nachgesuchte Eingehung eines Frachtgeschäfts für
ihre Bahnstrecke nicht verweigern, insofern
1)
die Güter, an sich oder vermöge ihrer Verpackung nach den Reglements, und im
Falle die letzteren fehlen oder keinen Anhalt gewähren, nach den Einrichtungen
und der Benutzungsweise der Bahn zum Transport sich eignen;
2)
der Absender in Bezug auf die Fracht, die Auflieferung der Güter und die
sonstigen den Eisenbahnen freigestellten Transportbedingungen sich den
allgemein geltenden Anordnungen der Bahnverwaltung unterwirft;
3)
die regelmäßigen Transportmittel der Bahn zur Ausführung des Transports
genügen.
Die
Eisenbahnen sind nicht verpflichtet, die Güter zum Transport eher anzunehmen,
als bis die Beförderung derselben geschehen kann.
In
Ansehung der Zeit der Beförderung darf kein Absender vor dem Anderen ohne einen
in den Einrichtungen der Bahn, in den Transportverhältnissen, oder im öffentlichen
Interesse liegenden Grund begünstigt werden.
Zuwiderhandlungen
gegen die Bestimmungen dieses Artikels begründen den Anspruch auf Ersatz des
dadurch entstandenen Schadens.
Artikel 423.
Die im Artikel 422. bezeichneten Eisenbahnen sind nicht befugt, die Anwendung der in den Artikeln 395. 396. 397. 400. 401. 408. enthaltenen Bestimmungen über die Verpflichtung des Frachtführers zum Schadensersatze, sei es in Bezug auf den Eintritt, den Umfang oder die Dauer der Verpflichtung oder in Bezug auf die Beweislast, zu ihrem Vortheil durch Verträge (mittelst Reglements oder durch besondere Uebereinkunft) im Voraus auszuschließen oder zu beschränken, außer, soweit solches durch die nachfolgenden Artikel zugelassen ist.
Vertragsbestimmungen,
welche dieser Vorschrift entgegenstehen, haben keine rechtliche Wirkung.
Artikel 424.
Es
kann bedungen werden:
1)
in Ansehung der Güter, welche nach Vereinbarung mit dem Absender in unbedeckten
Wagen transportiert werden:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, welcher aus der mit dieser Transportart
verbundenen Gefahr entstanden ist;
2)
in Ansehung der Güter, welche, ungeachtet ihre Natur eine Verpackung zum Schutz
gegen Verlust oder Beschädigung auf dem Transport erfordert, nach Erklärung des
Absenders auf dem Frachtbrief unverpackt oder mit mangelhafter Verpackung
aufgegeben sind:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, welcher aus der mit
(571) dem Mangel der Verpackung oder mit der mangelhaften
Beschaffenheit der Verpackung verbundenen Gefahr entstanden ist.
3)
in Ansehung der Güter, deren Auf- und Abladen nach Vereinbarung mit dem
Absender von diesem besorgt wird:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, der aus der mit dem Auf- und Abladen oder
mit mangelhafter Verladung verbundenen Gefahr entstanden ist;
4)
in Ansehung der Güter, welche vermöge ihrer eigenthümlichen natürlichen
Beschaffenheit der besonderen Gefahr ausgesetzt sind, gänzlichen oder
theilweisen Verlust oder Beschädigung, namentlich Bruch, Rost, inneren Verderb,
außergewöhnliche Leckage u. s. w. zu erleiden:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, welcher aus dieser Gefahr entstanden ist;
5)
in Ansehung lebender Thiere:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, welcher aus der mit dem Transport dieser
Thiere für dieselben verbundenen besonderen Gefahr entstanden ist;
6)
in Ansehung begleiteter Güter:
daß
für den Schaden nicht gehaftet werde, welcher aus der Gefahr entstanden ist,
deren Abwendung durch die Begleitung bezweckt wird.
Ist
eine der in diesem Artikel zugelassenen Bestimmungen bedungen, so gilt zugleich
als bedungen, daß bis zum Nachweise des Gegentheils vermuthet werden soll, daß
ein eingetretener Schaden, wenn er aus der nicht übernommenen Gefahr entstehen
konnte, aus derselben wirklich entstanden ist.
Eine
nach diesem Artikel bedungene Befreiung von der Haftpflicht kann nicht geltend
gemacht werden, wenn nachgewiesen wird, daß der Schaden durch Verschulden der
Bahnverwaltung oder ihrer Leute entstanden ist.
Artikel 425.
In
Ansehung des Reisegepäcks kann bedungen werden:
1)
daß für Verlust oder Beschädigung von Reisegepäck, welches nicht zum Transport
aufgegeben ist, nur gehaftet werde, wenn ein Verschulden der Bahnverwaltung
oder ihrer Leute nachgewiesen wird. Dasselbe kann in Ansehung von Gegenständen
bedungen werden, welche sich in Reise-Equipagen befinden;
2)
daß für Verlust von Reisegepäck, welches zum Transport aufgegeben ist, nur
gehaftet werde, wenn das Gepäck binnen einer bestimmten Frist nach der
Ablieferungszeit abgefordert wird.
Die
Frist darf nicht kürzer als drei Tage sein.
(572)
Artikel 426.
In
Ansehung der Güter, welche nach ihrer natürlichen Beschaffenheit bei dem
Transport regelmäßig einen Verlust an Gewicht oder an Maaß erleiden, kann
bedungen werden, daß bis zu einem im Voraus bestimmten Normalsatze für Verlust
an Gewicht oder Maaß nicht gehaftet werde. Der Normalsatz muß, im Falle mehrere
Stücke zusammen transportirt worden sind, für jedes einzelne Stück besonders
berechnet werden, wenn das Gewicht oder Maaß der einzelnen Stücke in
Frachtbrief verzeichnet oder sonst erweislich ist.
Die
hier bezeichnete Bestimmung kann nicht geltend gemacht werden, wenn
nachgewiesen wird, daß der Verlust nach den Umständen des Falles nicht in Folge
der natürlichen Beschaffenheit des Guts entstanden ist, oder daß der bestimmte
Normalsatz dieser Beschaffenheit oder den sonstigen Umständen des Falles nicht
entspricht.
Artikel 427.
Es
kann bedungen werden:
1)
daß der nach Artikel 396. der Schadensberechnung zu Grunde zu legende Werth den
im Frachtbrief, im Ladeschein oder im Gepäckschein als Werth des Guts
angegebenen Betrag und in Ermangelung einer solchen Angabe einen im Voraus
bestimmten Normalsatz nicht übersteigen soll;
2)
daß die Höhe des nach Artikel 397. wegen verspäteter Lieferung zu leistenden
Schadenersatzes den im Frachtbrief, im Ladeschein oder im Gepäckschein als die
Höhe des Interesses an der rechtzeitigen Lieferung angegebenen Betrag und in
Ermangelung einer solchen Angabe einen im Voraus bestimmten Normalsatz, welcher
auch in dem Verluste der Fracht oder eines Theiles derselben bestehen kann,
nicht übersteigen soll.
Im
Falle einer böslichen Handlungsweise der Eisenbahnverwaltung oder ihrer Leute
kann die Beschränkung der Haftpflicht auf den Normalsatz oder den angegebenen
Werth des Guts nicht geltend gemacht werden.
Artikel 428.
Es
kann bedungen werden, daß nach erfolgter Empfangnahme des Guts und Bezahlung
der Fracht jeder Anspruch wegen Verlustes an dem Gut oder wegen Beschädigung
desselben auch dann, wenn dieselben bei der Ablieferung nicht erkennbar waren
und erst später entdeckt worden sind (Artikel 408. Abs. 2.), erlischt, wenn der
Anspruch nicht binnen einer bestimmten Frist nach der Ablieferung bei der
Eisenbahnverwaltung angemeldet worden ist.
Die
Frist darf nicht kürzer als vier Wochen sein.
Artikel 429.
Wenn eine Eisenbahn das Gut mit einem Frachtbrief übernimmt, nach welchem der Transport durch mehrere sich an einander anschließende Eisenbahnen zu bewirken ist, so kann bedungen werden, daß nicht sämmtliche Eisenbahnen, welche das Gut mit dem Frachtbrief übernommen haben, nach Maaßgabe
(573)
des Artikels 401. als Frachtführer für den ganzen Transport haften, sondern daß
nur die erste Bahn und diejenige Bahn, welche das Gut mit dem Frachtbriefe
zuletzt übernommen hat, dieser Haftpflicht für den ganzen Transport unterliegt,
vorbehaltlich des Rückgriffs der Eisenbahnen gegeneinander, daß dagegen eine
der übrigen, in der Mitte liegenden, Eisenbahnen nur dann als Frachtführer in
Anspruch genommen werden kann, wenn ihr nachgewiesen wird, daß der Schaden auf
ihrer Bahn sich ereignet hat.
Artikel 430.
Wenn
eine Eisenbahn das Gut mit einem Frachtbriefe zum Transport übernimmt, in
welchem als Ort der Ablieferung ein weder an ihrer Bahn, noch an einer der sich
an sie anschließenden Bahnen liegender Ort bezeichnet ist, so kann bedungen
werden, daß die Haftpflicht der Eisenbahn oder der Eisenbahnen als Frachtführer
nicht für den ganzen Transport bis zum Ort der Ablieferung, sondern nur für den
Transport bis zu dem Orte bestehe, wo der Transport mittelst Eisenbahn enden
soll; ist dies bedungen, so treten in Bezug auf die Weiterbeförderung nur die
Verpflichtungen des Spediteurs ein.
Artikel 431.
Ist
von dem Absender auf dem Frachtbriefe bestimmt, daß das Gut an einem an der
Eisenbahn liegenden Ort abgegeben werden oder liegen bleiben soll, so gilt, ungeachtet
im Frachtbrief ein anderweitiger Bestimmungsort angegeben ist, der Transport
als nur bis zu jenem an der Bahn liegenden Ort übernommen, und die Bahn ist nur
bis zur Ablieferung an diesem Ort verantwortlich.
Fünftes Buch.
Vom Seehandel.
Erster Titel.
Allgemeine Bestimmungen.
Artikel 432.
Für
die zum Erwerb durch die Seefahrt bestimmten Schiffe, welchen das Recht, die
Landesflagge zu führen, zusteht, ist ein Schiffsregister zu führen.
Das
Schiffsregister ist öffentlich; die Einsicht desselben ist während der
gewöhnlichen Dienststunden einem Jeden gestattet.
Artikel 433.
Die
Eintragung in das Schiffsregister darf erst geschehen, nachdem das Recht, die
Landesflagge zu führen nachgewiesen ist.
(574) Vor der Eintragung in das Schiffsregister darf das
Recht, die Landesflagge zu führen, nicht ausgeübt werden.
Artikel 434.
Die
Landesgesetze bestimmen die Erfordernisse, von welchen das Recht eines Schiffs,
die Landesflagge zu führen, abhängig ist.
Sie bestimmen die Behörden, welche das Schiffsregister zu führen haben.
Sie
bestimmen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Eintragung in das
Schiffsregister für ein aus einem anderen Lande erworbenes Schiff vorläufig
durch eine Konsulatsurkunde ersetzt werden kann.
Artikel 435.
Die
Eintragung in das Schiffsregister muß enthalten:
1)
die Thatsachen, welche das Recht des Schiffs, die Landesflagge zu führen,
begründen;
2)
die Thatsachen, welche zur Feststellung der Identität des Schiffs und seiner
Eigenthumsverhältnisse erforderlich sind;
3) den Hafen, von welchem aus mit dem Schiff die Seefahrt betrieben werden soll
(Heimathshafen,
Registerhafen).
Ueber die Eintragung wird eine, mit dem Inhalte derselben übereinstimmende Urkunde
(Zertifikat)
ausgefertigt.
Artikel 436.
Treten
in den Thatsachen, welche in dem vorhergehenden Artikel bezeichnet sind, nach
der Eintragung Veränderungen ein, so müssen dieselben in das Schiffsregister
eingetragen und auf dem Zertifikat vermerkt werden.
Im
Fall das Schiff untergeht oder das Recht, die Landesflagge zu führen, verliert,
ist das Schiff in dem Schiffsregister zu löschen und das ertheilte Zertifikat
zurückzuliefern, sofern nicht glaubhaft bescheinigt wird, daß es nicht
zurückgeliefert werden könne.
Artikel 437.
Die
Landesgesetze bestimmen die Fristen, binnen welcher die Thatsachen anzuzeigen
und nachzuweisen sind, welche eine Eintragung oder Löschung erforderlich
machen, sowie die Strafen, welche für den Fall der Versäumung dieser Fristen
oder der Nichtbefolgung der vorhergehenden Vorschriften verwirkt sind.
Artikel 438.
Die
Landesgesetze können bestimmen, daß die Vorschriften der Artikel 432. bis 437.
auf kleinere Fahrzeuge (Küstenfahrer u. s . w.) keine Anwendung finden.
(575) Artikel 439.
Bei
der Veräußerung eines Schiffs oder eines Antheils am Schiff (Schiffspart) kann
zum Eigenthumserwerb die nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts etwa
erforderliche Uebergabe durch die unter den Kontrahenten getroffene
Vereinbarung ersetzt werden, daß das Eigenthum sofort auf den Erwerber
übergehen soll.
Artikel 440.
In
allen Fällen der Veräußerung eines Schiffs oder einer Schiffspart kann jeder
Theil verlangen, daß ihm auf seine Kosten eine beglaubigte Urkunde über die
Veräußerung ertheilt werde.
Artikel 441.
Wird
ein Schiff oder eine Schiffspart veräußert, während das Schiff auf der Reise sich
befindet, so ist im Verhältniß zwischen dem Veräußerer und Erwerber in
Ermangelung einer anderen Vereinbarung anzunehmen, daß dem Erwerber der Gewinn
der laufenden Reise gebühre oder der Verlust derselben zur Last falle.
Artikel 442.
Durch
die Veräußerung eines Schiffs oder einer Schiffspart wird in den persönlichen
Verpflichtungen des Veräußerers gegen Dritte nichts geändert.
Artikel 443.
Unter
dem Zubehör eines Schiffs sind alle Sachen begriffen, welche zu dem bleibenden
Gebrauch des Schiffs bei der Seefahrt bestimmt sind.
Dahin
gehören insbesondere die Schiffsboote.
Im
Zweifel werden Gegenstände, welche in das Schiffsinventar eingetragen sind, als
Zubehör des Schiffs angesehen.
Artikel 444.
Im
Sinne dieses fünften Buches gilt ein seeuntüchtig gewordenes Schiff
1)
als reparaturunfähig, wenn die Reparatur des Schiffs überhaupt nicht möglich
ist, oder an dem Orte, wo das Schiff sich befindet, nicht bewerkstelligt,
dasselbe auch nicht nach dem Hafen, wo die Reparatur auszuführen wäre, gebracht
werden kann;
2)
als reparaturunwürdig, wenn die Kosten der Reparatur ohne Abzug für den
Unterschied zwischen alt und neu mehr betragen würden, als drei Viertel seines
früheren Werths.
Ist
die Seeuntüchtigkeit während einer Reise eingetreten, so gilt als der frühere
Werth derjenige, welchen das Schiff, bei dem Antritt der Reise gehabt hat, in
den übrigen Fällen derjenige, welchen das Schiff, bevor es seeuntüchtig
geworden ist, gehabt hat oder bei gehöriger Ausrüstung gehabt haben würde.
(576) Artikel 445.
Zur
Schiffsbesatzung werden gerechnet der Schiffer, die Schiffsmannschaft, sowie
alle übrigen auf dem Schiff angestellten Personen.
Artikel 446.
Ein
zum Abgehen fertiges (segelfertiges) Schiff kann wegen Schulden nicht mit
Beschlag belegt werden. Diese Bestimmung tritt jedoch nicht ein, wenn die
Schulden zum Behuf der anzutretenden Reise gemacht worden sind.
Durch
eine Beschlagnahme von bereits an Bord des Schiffs befindlichen Gütern wegen
Schulden kann deren Widerausladung nur in denjenigen Fällen erwirkt werden, in
welchen der Ablader selbst die Wiederausladung noch zu fordern befugt wäre, und
nur gegen Leistung desjenigen, was dieser alsdann zu leisten haben würde.
Eine
zur Schiffsbesatzung gehörige Person kann wegen Schulden von dem Zeitpunkt an
nicht mehr verhaftet werden, in welchem das Schiff segelfertig ist.
Artikel 447.
Wenn
in diesem fünften Buche die Europäischen Häfen den nichteuropäischen Häfen
entgegengesetzt werden, so sind unter den ersteren zugleich die
nichteuropäischen Häfen des Mittelländischen, Schwarzen und Azowschen Meeres
als mitbegriffen anzusehen.
Artikel 448.
Die
Bestimmungen des fünften Buchs, welche sich auf den Aufenthalt des Schiffs im
Heimathshafen beziehen, können von den Landesgesetzen auf alle oder einige
Häfen des Reviers des Heimathshafens ausgedehnt werden.
Artikel 449.
Für
die Postanstalten gelten die Bestimmungen des fünften Buchs nur insoweit, als
nicht durch besondere Gesetze oder Verordnungen für dieselben ein Anderes
vorgeschrieben ist.
Zweiter Titel.
Von dem Rheder und von der Rhederei.
Artikel 450.
Rheder
ist der Eigenthümer eines ihm zum Erwerb durch die Seefahrt dienenden Schiffs.
Artikel 451.
Der
Rheder ist für den Schaden verantwortlich, welchen eine Person der
(577) Schiffsbesatzung einem Dritten durch ihr Verschulden
in Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zufügt.
Artikel 452.
Der
Rheder haftet für den Anspruch eines Dritten nicht persönlich, sondern er
haftet nur mit Schiff und Fracht:
1)
wenn der Anspruch auf ein Rechtsgeschäft gegründet wird, welches der Schiffer
als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse, und nicht mit Bezug auf eine
besondere Vollmacht geschlossen hat;
2)
wenn der Anspruch auf die Nichterfüllung oder auf die unvollständige oder
mangelhafte Erfüllung eines von dem Rheder abgeschlossenen Vertrages gegründet
wird, insofern die Ausführung des Vertrages zu den Dienstobliegenheiten des
Schiffers gehört hat, ohne Unterschied, ob die Nichterfüllung oder die
unvollständige oder die mangelhafte Erfüllung von einer Person der
Schiffsbesatzung verschuldet ist oder nicht;
3)
wenn der Anspruch auf das Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung
gegründet wird.
In
den unter Ziffer 1. und 2. bezeichneten Fällen kommt jedoch dieser Artikel
nicht zur Anwendung, wenn den Rheder selbst in Ansehung der Vertragserfüllung
ein Verschulden trifft, oder wenn derselbe die Vertragserfüllung besonders
gewährleistet hat.
Artikel 453.
Der
Rheder haftet für die Forderungen der zur Schiffsbesatzung gehörenden Personen
aus den Dienst- und Heuerverträgen nicht nur mit Schiff und Fracht, sondern
zugleich persönlich.
Wenn jedoch das Schiff dem Rheder ohne sein Verschulden vor Vollendung der Reise verloren geht, insbesondere
wenn es verunglückt,
wenn
es als reparaturunfähig, oder reparaturwürdig kondemnirt (Artikel 444.) und in
dem letzteren Falle ohne Verzug öffentlich verkauft wird,
wenn
es geraubt wird,
wenn
es aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt wird,
so
haftet der Rheder für die Forderungen aus der nicht vollendeten Reise oder,
sofern dieselbe aus mehreren Abschnitten besteht, für die Forderungen aus dem
letzten Reise-Abschnitt nicht persönlich.
Der
letzte Reise-Abschnitt beginnt in dem Hafen, in welchem das Schiff zuletzt
Ladung eingenommen oder gelöscht hat, und mit dem Zeitpunkt, in welchem mit dem
Laden der Anfang gemacht oder die Löschung vollendet ist. Ein Nothhafen wird
als Ladungs- oder Löschungshafen im Sinne dieser Vorschrift nicht angesehen.
Der
Rheder ist in keinem der vorgenannten Fälle befugt, die etwa gezahlten
Handgelder und Vorschüsse zurück zu fordern.
(578) Artikel 454.
Die
übrigen Fälle, in welchen der Rheder nicht persönlich, sondern nur mit Schiff
und Fracht haftet, sind in den folgenden Titeln bestimmt.
Artikel 455.
Der
Rheder als solcher kann wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unterschied ob er persönlich
oder nur mit Schiff und Fracht haftet, vor dem Gerichte des Heimathshafens
(Artikel 435.) belangt werden.
Artikel 456.
Wird
von mehreren Personen ein ihnen gemeinschaftlich zustehendes Schiff zum Erwerb
durch die Seefahrt für gemeinschaftliche Rechnung verwendet, so besteht eine
Rhederei.
Der
Fall, wenn das Schiff einer Handelsgesellschaft gehört, wird durch die
Bestimmungen über die Rhederei nicht berührt.
Artikel 457.
Das
Rechtsverhältniß der Mitrheder unter einander bestimmt sich zunächst nach dem
zwischen ihnen geschlossenen Vertrage. Soweit eine Vereinbarung nicht getroffen
ist, kommen die Bestimmungen der nachfolgenden Artikel zur Anwendung.
Artikel 458.
Für
die Angelegenheiten der Rhederei sind die Beschlüsse der Mitrheder maaßgebend.
Bei der Beschlußfassung entscheidet die Mehrheit der Stimmen.
Die
Stimmen werden nach der Größe der Schiffsparten gezählt. Die Stimmenmehrheit
für einen Beschluß ist vorhanden, wenn der Person oder den Personen, welche für
den Beschluß gestimmt haben, zusammen mehr als die Hälfte des ganzen Schiffs
gehört.
Einstimmigkeit
sämmtlicher Mitrheder ist erforderlich zu Beschlüssen, welche eine Abänderung
des Rhedereivertrages bezwecken oder welche den Bestimmungen des
Rhedereivertrages entgegen oder dem Zwecke der Rhederei fremd sind.
Artikel 459.
Durch
Beschluß der Mehrheit kann für den Rhedereibetrieb ein Korrespondentrheder
(Schiffsdirektor, Schiffsdisponent) bestellt werden. Zur Bestellung eines
Korrespondentrheders, welcher nicht zu den Mitrhedern gehört, ist ein einstimmiger
Beschluß erforderlich.
Die
Bestellung des Korrespondentrheders kann zu jeder Zeit durch Stimmenmehrheit
widerrufen werden, unbeschadet der Rechte auf Entschädigung aus bestehenden
Verträgen.
Artikel 460.
Im Verhältniß zu Dritten ist der Korrespondentrheder kraft seiner Bestellung
(579)
befugt, alle Geschäfte und Rechtshandlungen vorzunehmen, welche der
Geschäftsbetrieb einer Rhederei gewöhnlich mit sich bringt.
Diese
Befugniß erstreckt sich insbesondere auf die Ausrüstung, Erhaltung und
Verfrachtung des Schiffs, auf die Versicherung der Fracht, der
Ausrüstungskosten und der Havereigelder, sowie auf die mit dem gewöhnlichen
Geschäftsbetrieb verbundene Empfangnahme von Geldern.
Der
Korrespondentrheder ist in demselben Umfange befugt, die Rhederei vor Gericht
zu vertreten.
Er
ist befugt, den Schiffer anzustellen und zu entlassen; der Schiffer hat sich
nur an dessen Anweisungen und nicht auch an die etwaigen Anweisungen der
einzelnen Mitrheder zu halten.
Im
Namen der Rhederei oder einzelner Mitrheder Wechselverbindlichkeiten einzugehen
oder Darlehen aufzunehmen, das Schiff oder Schiffsparten zu verkaufen oder zu
verpfänden oder für dieselben Versicherung zu nehmen, ist der
Korrespondentrheder nicht befugt, es sei denn, daß ihm eine Vollmacht hierzu
besonders ertheilt ist.
Im
Uebrigen bedarf es zu den Geschäften und Rechtshandlungen, welche er kraft
seiner Bestellung vorzunehmen befugt ist, der in den Landesgesetzen etwa
vorgeschriebenen Spezialvollmacht nicht.
Artikel 461.
Durch
ein Rechtsgeschäft, welches der Korrespondentrheder als solcher innerhalb der
Grenzen seiner Befugnisse geschlossen hat, wird die Rhederei dem Dritten
gegenüber auch dann berechtigt und verpflichtet, wenn das Geschäft ohne Nennung
der einzelnen Mitrheder geschlossen ist.
Ist
die Rhederei durch ein von dem Korrespondentrheder abgeschlossenes Geschäft
verpflichtet, so haften die Mitrheder in gleichem Umfange (Artikel 452.), als
wenn das Geschäft von ihnen selbst geschlossen wäre.
Artikel 462.
Eine
Beschränkung der im Artikel 460. bezeichneten Befugnisse des
Korrespondentrheders kann die Rhederei einem Dritten nur insofern
entgegensetzen, als sie beweist, daß die Beschränkung dem Dritten zur Zeit des
Abschlusses des Geschäfts bekannt war.
Artikel 463.
Der
Rhederei gegenüber ist der Korrespondentrheder verpflichtet, die Beschränkungen
einzuhalten, welche von derselben für den Umfang seiner Befugnisse festgesetzt
sind; er hat sich ferner nach den gefaßten Beschlüssen zu richten und dieselben
zur Ausführung zu bringen.
Im
Uebrigen ist der Umfang seiner Befugnisse auch der Rhederei gegenüber nach den
Bestimmungen des Artikels 460. mit der Maaßgabe zu beurtheilen, daß er zu neuen
Reisen und Unternehmungen, zu außergewöhnlichen Reparaturen, sowie zur
Anstellung oder Entlassung des Schiffers vorher die Beschlüsse der Rhederei
einholen muß.
(580) Artikel 464.
Der
Korrespondentrheder ist verpflichtet, in den Angelegenheiten der Rhederei die
Sorgfalt eines ordentlichen Rheders anzuwenden.
Artikel 465.
Der
Korrespondentrheder hat über seine die Rhederei betreffende Geschäftsführung
abgesondert Buch zu führen und die dazu gehörigen Beläge aufzubewahren. Er hat
auch jedem Mitrheder auf dessen Verlangen Kenntniß von allen Verhältnissen zu
geben, die sich auf die Rhederei, insbesondere auf das Schiff, die Reise und
die Ausrüstung beziehen; er muß ihm jederzeit die Einsicht der die Rhederei
betreffenden Bücher, Briefe und Papiere gestatten.
Artikel 466.
Der
Korrespondentrheder ist verpflichtet, jederzeit auf Beschluß der Rhederei
derselben Rechnung zu legen. Die Genehmigung der Rechnung und die Billigung der
Verwaltung des Korrespondentrheders durch die Mehrheit hindert die Minderheit
nicht, ihr Recht geltend zu machen.
Artikel 467.
Jeder
Mitrheder hat nach Verhältniß seiner Schiffspart zu den Ausgaben der Rhederei,
insbesondere zu den Kosten der Ausrüstung und der Reparatur des Schiffs,
beizutragen.
Ist
ein Mitrheder mit Leistung seines Beitrags in Verzug und wird das Geld von
Mithredern für ihn vorgeschossen, so ist er denselben von Rechtswegen zur
Entrichtung von Zinsen von dem Zeitpunkt der Vorschüsse an verpflichtet. Ob
durch einen solchen Vorschuß ein Pfandrecht an der Schiffspart des säumigen
Mitrheders erworben wird, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen. Auch wenn
ein Pfandrecht nicht erworben ist, wird durch den Vorschuß ein versicherbares
Interesse hinsichtlich der Schiffspart für die Mitrheder begründet. Im Fall der
Versicherung dieses Interesse hat der säumige Mitrheder die Kosten derselben zu
ersetzen.
Artikel 468.
Wenn
eine neue Reise oder wenn nach Beendigung einer Reise die Reparatur des
Schiffes oder wenn die Befriedigung eines Gläubigers beschlossen worden ist,
welchem die Rhederei nur mit Schiff und Fracht haftet, so kann jeder Mitrheder,
welcher dem Beschlusse nicht zugestimmt hat, sich von der Leistung der zur
Ausführung desselben erforderlichen Einzahlungen dadurch befreien, daß er seine
Schiffspart ohne Anspruch auf Entgelt aufgiebt.
Der
Mitrheder, welcher von dieser Befugniß Gebrauch machen will, muß dies den
Mitrhedern oder dem Korrespondentrheder innerhalb dreier Tage nach dem Tage des
Beschlusses oder, wenn er bei der Beschlußfassung nicht anwesend und nicht
vertreten war, innerhalb dreier Tage nach der Mittheilung des Beschlusses
gerichtlich oder notariell kundgeben.
(581) Die aufgegebene Schiffspart fällt den übrigen
Mitrhedern nach Verhältniß der Größe ihrer Schiffsparten zu.
Artikel 469.
Die
Vertheilung des Gewinnes und Verlustes geschieht nach der Größe der
Schiffsparten.
Die
Berechnung des Gewinnes und Verlustes und die Auszahlung des etwaigen Gewinnes
erfolgt jedesmal, nachdem das Schiff in den Heimathshafen zurückgekehrt ist,
oder nachdem es in einem anderen Hafen seine Reise beendigt hat und die
Schiffsmannschaft entlassen ist.
Außerdem
müssen auch vor dem erwähnten Zeitpunkte die eingehenden Gelder, insoweit sie
nicht zu späteren Ausgaben oder zur Deckung von Ansprüchen einzelner Mitrheder
an die Rhederei erforderlich sind, unter die einzelnen Mitrheder nach
Verhältniß der Größe ihrer Schiffsparten vorläufig
vertheilt und ausgezahlt werden.
Artikel 470.
Jeder
Mitrheder kann seine Schiffspart jederzeit und ohne Einwilligung der übrigen
Mitrheder ganz oder theilweise veräußern.
Ein
gesetzliches Vorkaufsrecht steht den Mitrhedern nicht zu. Es kann jedoch die
Veräußerung einer Schiffspart, in Folge welcher das Schiff das Recht, die
Landesflagge zu führen, verlieren würde, rechtsgültig nur mit Zustimmung aller
Mitrheder erfolgen. Die Landesgesetze, welche
eine solche Veräußerung überhaupt für unzulässig erklären, werden durch diese
Bestimmung nicht berührt.
Artikel 471.
Der
Mitrheder, welcher seine Schiffspart veräußert hat, wird, so lange die
Veräußerung von ihm und dem Erwerber den Mitrhedern oder dem
Korrespondentrheder nicht angezeigt worden ist, im Verhältniß zu den Mitrhedern
noch als Mitrheder betrachtet und bleibt wegen aller vor dieser Anzeige
begründeten Verbindlichkeiten als Mitrheder den übrigen Mitrhedern verhaftet.
Der
Erwerber der Schiffspart ist jedoch im Verhältniß zu den übrigen Mitrhedern
schon seit dem Zeitpunkte der Erwerbung als Mitrheder verpflichtet.
Er
muß die Bestimmungen des Rhedereivertrages, die gefaßten Beschlüsse und
eingegangenen Geschäfte gleich wie der Veräußerer gegen sich gelten lassen; die
übrigen Mitrheder können außerdem alle gegen den Veräußerer als Mitrheder
begründeten Verbindlichkeiten in Bezug auf die veräußerte Schiffspart gegen den
Erwerber zur Aufrechnung bringen, unbeschadet des Rechts des letzteren auf
Gewährleistung gegen den Veräußerer.
Artikel 472.
Eine
Aenderung in den Personen der Mitrheder ist ohne Einfluß auf den Fortbestand
der Rhederei.
(582)
Wenn ein Mitrheder stirbt oder in Konkurs geräth oder zur Verwaltung seines
Vermögens rechtlich unfähig wird, so hat dies die Auflösung der Rhederei nicht
zur Folge.
Eine
Aufkündigung von Seiten eines Mitrheders oder eine Ausschließung eines
Mitrheders findet nicht statt.
Artikel 473.
Die
Auflösung der Rhederei kann durch
Stimmenmehrheit beschlossen werden. Der Beschluß, das Schiff zu veräußern,
steht dem Beschlusse der Auflösung gleich.
Ist die Auflösung der Rhederei oder die Veräußerung des Schiffs beschlossen, so muß das Schiff öffentlich verkauft werden. Der Verkauf kann nur geschehen, wenn das Schiff zu einer Reise nicht verfrachtet ist und in dem Heimathshafen oder in einem inländischen Hafen sich befindet. Ist jedoch das Schiff als reparaturunfähig oder reparaturunwürdig (Artikel 444.)
kondemnirt,
so kann der Verkauf desselben, auch wenn es verfrachtet ist, und selbst im
Auslande erfolgen. Soll von den vorstehenden Bestimmungen abgewichen werden, so
ist die Zustimmung aller Mitrheder erforderlich.
Artikel 474.
Die Mitrheder als solche haften Dritten, wenn ihre persönliche Haftung eintritt, nur nach Verhältniß der Größe ihrer Schiffsparten.
Ist
eine Schiffspart veräußert, so haften für die in der Zeit zwischen der
Veräußerung und der im Artikel 471. erwähnten Anzeige etwa begründeten
persönlichen Verbindlichkeiten rücksichtlich dieser Schiffspart sowohl der
Veräußerer als der Erwerber.
Artikel 475.
Die
Mitrheder als solche können wegen eines jeden Anspruchs, ohne Unterschied, ob
dieser von einem Mitrheder oder von einem Dritten erhoben ist, vor dem Gerichte
des Heimathshafens (Artikel 435.) belangt werden.
Diese Vorschrift kommt auch dann zur Anwendung, wenn die Klage nur gegen einen Mitrheder oder gegen einige Mitrheder gerichtet ist.
Artikel 476.
Auf
die Vereinigung zweier oder mehrerer Personen, ein Schiff für gemeinschaftliche
Rechnung zu erbauen und zur Seefahrt zu verwenden, finden die Artikel 457. 458.
467., der letztere mit der Maaßgabe Anwendung, daß er zugleich auf die
Baukosten zu beziehen ist, desgleichen die Artikel 472. und 474. und, sobald
das Schiff vollendet und von dem Erbauer abgeliefert ist, außerdem die Artikel
470. 471. und 473.
Der
Korrespondentrheder (Artikel 459.) kann auch schon vor Vollendung des Schiffs
bestellt werden; er hat in diesem Fall sogleich nach seiner Bestellung in Bezug
auf den künftigen Rhedereibetrieb die Rechte und Pflichten eines
Korrespondentrheders.
(583) Artikel 477.
Wer ein ihm nicht gehöriges Schiff zum Erwerb durch die Seefahrt für seine Rechnung verwendet und es entweder selbst führt oder die Führung einem Schiffer anvertraut, wird im Verhältniß zu Dritten als Rheder angesehen.
Der
Eigenthümer kann denjenigen, welcher aus der Verwendung einen Anspruch als
Schiffsgläubiger herleitet, an der Durchführung des Anspruchs nicht hindern,
sofern er nicht beweist, daß die Verwendung ihm gegenüber eine widerrechtliche
und der Gläubiger nicht in gutem Glauben war.
Dritter Titel
Von dem Schiffer.
Artikel 478.
Der
Führer des Schiffs (Schiffskapitain, Schiffer) ist verpflichtet, bei allen
Dienstverrichtungen, namentlich bei der Erfüllung der von ihm auszuführenden
Verträge, die Sorgfalt eines ordentlichen Schiffers anzuwenden. Er haftet für
jeden durch sein Verschulden entstandenen Schaden, insbesondere für den
Schaden, welcher aus der Verletzung der in diesem und den folgenden Titeln ihm
auferlegten Pflichten entsteht.
Artikel 479.
Diese
Haftung des Schiffers besteht nicht nur gegenüber dem Rheder, sondern auch gegenüber dem Befrachter, Ablader und
Ladungsempfänger, dem Reisenden, der Schiffsbesatzung und demjenigen
Schiffsgläubiger, dessen Forderung aus einem Kreditgeschäft (Artikel 497.)
entstanden ist, insbesondere dem Bodmereigläubiger.
Der
Schiffer wird dadurch, daß er auf Anweisung des Rheders gehandelt hat, den
übrigen vorgenannten Personen gegenüber von der Haftung nicht befreit.
Durch
eine solche Anweisung wird auch der Rheder persönlich
verpflichtet, wenn er bei Ertheilung derselben von dem Sachverhältniß
unterrichtet war.
Artikel 480.
Der
Schiffer hat vor Antritt der Reise dafür zu sorgen, daß das Schiff in
seetüchtigem Stande, gehörig eingerichtet und ausgerüstet, gehörig bemannt und
verproviantirt ist, und daß die zum Ausweis für Schiff, Besatzung und Ladung
erforderlichen Papiere an Bord sind.
Artikel 481.
Der Schiffer hat zu sorgen für die Tüchtigkeit der Geräthschaften zum
(584)
Laden und Löschen,
sowie
für die gehörige Stauung nach Seemannsbrauch, auch wenn die Stauung durch
besondere Stauer bewirkt wird.
Er
hat dafür zu sorgen, daß das Schiff nicht überladen, und daß es mit dem
nöthigen Ballaste und der erforderlichen Garnirung versehen wird.
Artikel 482.
Wenn
der Schiffer im Auslande die dort geltenden gesetzlichen Vorschriften,
insbesondere die Polizei-, Steuer-, und Zollgesetze nicht beobachtet, so hat er
den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Desgleichen
hat er den Schaden zu ersetzen, welcher daraus entsteht, daß er Güter ladet,
von welchen er wußte oder wissen mußte, daß sie Kriegskontrebande seien.
Artikel 483.
Sobald
das Schiff zum Abgehen fertig ist, hat der Schiffer die Reise bei der ersten
günstigen Gelegenheit anzutreten.
Auch
wenn er durch Krankheit oder andere Ursachen verhindert ist, das Schiff zu
führen, darf er den Abgang oder die Weiterfahrt desselben nicht ungebührlich
aufhalten; er muß vielmehr, wenn Zeit und Umstände gestatten, die Anordnung des
Rheders einzuholen, diesem ungesäumt die Verhinderung anzeigen und für die
Zwischenzeit die geeigneten Vorkehrungen treffen, im entgegengesetzten Fall
einen anderen Schiffer einsetzen. Für diesen Stellvertreter ist er nur insofern
verantwortlich, als ihm bei der Wahl desselben ein Verschulden zur Last fällt.
Artikel 484.
Vom
Beginn des Ladens an bis zur Beendigung der Löschung darf der Schiffer das
Schiff gleichzeitig mit dem Steuermann nur in dringenden Fällen verlassen; er
hat in solchen Fällen zuvor aus den Schiffsoffizieren oder der übrigen
Mannschaft einen geeigneten Vertreter zu bestellen.
Dasselbe
gilt auch vor Beginn des Ladens und nach Beendigung der Löschung, wenn das
Schiff in einem nicht sicheren Hafen oder auf einer nicht sicheren Rhede liegt.
Bei
drohender Gefahr oder wenn das Schiff in See sich befindet, muß der Schiffer an
Bord sein, sofern nicht eine dringende Nothwendigkeit seine Abwesenheit
rechtfertigt.
Artikel 485.
Wenn
der Schiffer in Fällen der Gefahr mit den Schiffsoffizieren einen Schiffsrath
zu halten für angemessen findet, so ist er gleichwohl an die gefaßten
Beschlüsse nicht gebunden; er bleibt stets für die von ihm getroffenen
Maaßregeln verantwortlich.
Artikel 486.
Auf jedem Schiffe muß ein Journal geführt werden, in welches für jede
(585)
Reise alle erheblichen Begebenheiten, seit mit dem Einnehmen der Ladung oder
des Ballastes begonnen ist, einzutragen sind.
Das
Journal wird unter Aufsicht des Schiffers von dem Steuermann und im Fall der
Verhinderung des letzteren von dem Schiffer selbst oder unter seiner Aufsicht
von einem durch ihn zu bestimmenden geeigneten Schiffsmann geführt.
Artikel 487.
Von
Tag zu Tag sind in das Journal einzutragen:
die
Beschaffenheit von Wind und Wetter ;
die
von dem Schiffe gehaltenen Kurse und zurückgelegten Distanzen;
die
ermittelte Breite und Länge;
der
Wasserstand bei den Pumpen .
Ferner
sind in das Journal einzutragen:
die
durch das Loth ermittelte Wassertiefe;
jedes
Annehmen eines Lootsen und die Zeit seiner Ankunft und seines Abganges;
die
Veränderungen im Personal der Schiffsbesatzung ;
die
im Schiffsrath gefaßten Beschlüsse;
alle
Unfälle, welche dem Schiff oder der Ladung zustoßen, und die Beschreibung
derselben.
Auch
die auf dem Schiffe begangenen strafbaren Handlungen und die verhängten
Disziplinarstrafen, sowie die vorgekommenen Geburts- und Sterbefälle sind in
das Journal einzutragen.
Die
Eintragungen müssen, soweit die Umstände nicht hindern, täglich geschehen.
Das
Journal ist von dem Schiffer und dem Steuermann zu unterschreiben.
Artikel 488.
Das
Journal, wenn es ordnungsmäßig geführt und in der Form unverdächtig ist,
liefert für die Begebenheiten der Reise, soweit darüber weder eine Verklarung
erforderlich (Artikel 490.), noch die Beibringung anderer Beläge gebräuchlich
ist, in der Regel einen unvollständigen Beweis, welcher durch den Eid oder
andere Beweismittel ergänzt werden kann. Jedoch hat der Richter nach seinem durch
die Erwägung aller Umstände geleiteten Ermessen zu entscheiden, ob dem Inhalt
des Journals ein größeres oder geringeres Maaß der Beweiskraft beizulegen ist.
Artikel 489.
Die
Landesgesetze können bestimmen, daß auf kleineren Fahrzeugen (Küstenfahrer u.
dgl.) die Führung eines Journals nicht erforderlich sei.
Artikel 490.
Der Schiffer hat über alle Unfälle, welche sich während der Reise ereignen,
(586)
sie mögen den Verlust oder die Beschädigung des Schiffs oder der Ladung, das
Einlaufen in einen Nothhafen oder einen sonstigen Nachtheil zur Folge haben,
mit Zuziehung aller Personen der Schiffsbesatzung oder einer genügenden Anzahl
derselben eine Verklarung abzulegen.
Die
Verklarung ist ohne Verzug zu bewirken und zwar:
im
Bestimmungshafen oder bei mehreren Bestimmungshäfen, in demjenigen, welchen das
Schiff nach dem Unfalle zuerst erreicht;
im
Nothhafen, sofern in diesem reparirt und gelöscht wird;
am
ersten geeigneten Orte, wenn die Reise endet, ohne daß der Bestimmungshafen
erreicht wird.
Ist
der Schiffer gestorben oder außer Stande, die Aufnahme der Verklarung zu
bewirken, so ist hierzu der im Range nächste Schiffsoffizier berechtigt und
verpflichtet.
Artikel 491.
Die
Verklarung muß einen Bericht über die erheblichen Begebenheiten der Reise,
namentlich eine vollständige und deutliche Erzählung der erlittenen Unfälle,
unter Angabe der zur Abwendung oder Verringerung der Nachtheile angewendeten
Mittel enthalten.
Artikel 492.
Im
Gebiete dieses Gesetzbuchs muß die Verklarung, unter Vorlegung des Journals und
eines Verzeichnisses aller Personen der Schiffsbesatzung, bei dem zuständigen
Gericht angemeldet werden.
Das
Gericht hat nach Eingang der Anmeldung so bald als thunlich die Verklarung
aufzunehmen.
Der
dazu anberaumte Termin wird in geeigneter Weise öffentlich bekannt gemacht,
insofern die Umstände einen solchen Aufenthalt gestatten.
Die
Interessenten von Schiff und Ladung, sowie die etwa sonst bei dem Unfalle
Betheiligten sind berechtigt, selbst oder durch Vertreter der Ablegung der
Verklarung beizuwohnen.
Die
Verklarung geschieht auf Grundlage des Journals. Kann das geführte Journal
nicht beigebracht werden oder ist ein Journal nicht geführt (Artikel 489.), so
ist der Grund hiervon anzugeben.
Artikel 493.
Der
Richter ist befugt, außer den gestellten noch andere Personen der
Schiffsbesatzung, deren Abhörung er angemessen findet, zu vernehmen. Er kann
zum Zweck besserer Aufklärung dem Schiffer sowohl als jeder anderen Person der
Schiffsbesatzung geeignete Fragen zur Beantwortung vorlegen.
Der
Schiffer und die zugezogenen übrigen Personen der Schiffsbesatzung haben ihre
Aussagen zu beschwören.
Die
über die Verklarung aufgenommene Verhandlung ist in Urschrift aufzubewahren und
jedem Betheiligten auf Verlangen beglaubigte Abschrift zu ertheilen.
(587) Artikel 494.
Die
in Gemäßheit Artikel 492. und 493. aufgenommene Verklarung liefert vollen
Beweis der dadurch beurkundeten Begebenheiten der Reise.
Jedem
Betheiligten bleibt im Prozesse der Gegenbeweis vorbehalten.
Artikel 495.
Rechtsgeschäfte,
welche der Schiffer eingeht, während das Schiff im Heimathshafen sich befindet,
sind für den Rheder nur dann verbindlich, wenn der Schiffer auf Grund einer
Vollmacht gehandelt hat, oder wenn ein anderer besonderer Verpflichtungsgrund
vorhanden ist.
Zur
Annahme der Schiffsmannschaft ist der Schiffer auch im Heimathshafen befugt.
Artikel 496.
Befindet sich das Schiff außerhalb des Heimathshafens, so ist der Schiffer Dritten gegenüber
kraft
seiner Anstellung befugt, für den Rheder alle Geschäfte und Rechtshandlungen
vorzunehmen, welche die Ausrüstung, Bemannung, Verproviantirung und Erhaltung des Schiffs, sowie überhaupt die
Ausführung der Reise mit sich bringen.
Diese
Befugniß erstreckt sich auch auf die Eingehung von Frachtverträgen; sie
erstreckt sich ferner auf die Anstellung von Klagen, welche sich auf den
Wirkungskreis des Schiffers beziehen.
Artikel 497.
Zur
Aufnahme von Darlehen, zur Eingehung von Käufen auf Borg, sowie zum Abschlusse
ähnlicher Kreditgeschäfte ist jedoch der Schiffer nur dann befugt, wenn es zur
Erhaltung des Schiffes oder zur Ausführung der Reise nothwendig und nur
insoweit, als es zur Befriedigung des Bedürfnisses erforderlich ist. Ein
Bodmereigeschäft ist er einzugehen nur dann befugt, wenn es zur Ausführung der
Reise nothwendig und nur insoweit, als es zur Befriedigung des Bedürfnisses
erforderlich ist.
Die
Gültigkeit des Geschäfts ist weder von der wirklichen Verwendung, noch von der
Zweckmäßigkeit der unter mehreren Kreditgeschäften getroffenen Wahl, noch von
dem Umstande abhängig, ob dem Schiffer das erforderliche Geld zur Verfügung
gestanden habe, es sei denn, daß dem Dritten der böse Glaube bewiesen wurde.
Artikel 498.
Auf
dem persönlichen Kredit des Rheders Geschäfte abzuschließen, insbesondere
Wechselverbindlichkeiten für denselben einzugehen, ist der Schiffer nur auf
Grund einer ihn hierzu ermächtigenden Vollmacht (Artikel 452. Ziffer 1.)
befugt. Verhaltungsmaaßregeln und dienstliche Anweisungen, welche der Schiffer
vom Rheder erhält, genügen nicht, die persönliche Haftung des Rheders dem Dritten gegenüber zu begründen.
(588) Artikel 499.
Die
Befugniß zum Verkaufe des Schiffs hat der Schiffer nur im Falle dringender
Nothwendigkeit, und nachdem dieselbe durch das Ortsgericht nach Anhörung von
Sachverständigen und mit Zuziehung des Landeskonsuls, wo ein solcher vorhanden,
festgestellt ist.
Ist
keine Gerichtsbehörde und auch keine andere Behörde, welche die Untersuchung
übernimmt, am Orte vorhanden, so hat der Schiffer zur Rechtfertigung seines
Verfahrens das Gutachten von Sachverständigen einzuholen und, wenn dies nicht
möglich ist, mit anderen Beweisen sich zu versehen.
Der
Verkauf muß öffentlich geschehen.
Artikel 500.
Der
Rheder, welcher die gesetzlichen Befugnisse des Schiffers beschränkt hat, kann
dem Dritten die Nichteinhaltung dieser Beschränkungen nur dann entgegensetzen,
wenn er beweist, daß dieselben dem Dritten bekannt waren.
Artikel 501.
Hat
der Schiffer ohne besonderen Auftrag für Rechnung des Rheders aus eigenen
Mitteln Vorschüsse geleistet oder sich verpflichtet, so stehen ihm gegen den
Rheder wegen des Ersatzes keine größeren Rechte als einem Dritten zu.
Artikel 502.
Durch ein Rechtsgeschäft, welches der Schiffer in seiner Eigenschaft als Führer des Schiffs, sei es mit, sei es ohne Bezeichnung des Rheders, innerhalb seiner gesetzlichen Befugnisse geschlossen hat, wird der Rheder dem Dritten gegenüber berechtigt und die Haftung des Rheders mit Schiff und Fracht begründet.
Der
Schiffer selbst wird dem Dritten durch das Rechtsgeschäft nicht verpflichtet,
es sei denn, daß er eine Gewährleistung für die Erfüllung übernommen oder seine
Befugnisse überschritten hätte. Die Haftung des Schiffers nach Maaßgabe der
Artikel 478. und 479. wird hierdurch nicht ausgeschlossen.
Artikel 503.
Auch
dem Rheder gegenüber sind für den Umfang der Befugnisse des Schiffers die
vorstehenden Artikel maaßgebend, soweit der Rheder diese Befugnisse nicht
beschränkt hat.
Außerdem ist der Schiffer verpflichtet, von dem Zustande des Schiffs, den Begebnissen der Reisen, den von ihm geschlossenen Verträgen und den anhängig gewordenen Prozessen den Rheder in fortlaufender Kenntniß zu erhalten und in allen erheblichen Fällen, namentlich in den Fällen der Artikel 497. und 499., oder wenn er eine Reise zu ändern oder einzustellen sich genöthigt findet, oder bei außergewöhnlichen Reparaturen und Anschaffungen die
(589)
Ertheilung von Verhaltungsmaaßregeln nachzusuchen, sofern die Umstände es
gestatten.
Zu außergewöhnlichen Reparaturen und Anschaffungen, selbst wenn er sie mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln des Rheders bestreiten kann, darf er nur im Falle der Nothwendigkeit schreiten.
Wenn er das zur Bestreitung eines Bedürfnisses nöthige Geld nicht anders sich verschaffen kann, als entweder durch Bodmerei, oder durch den Verkauf von entbehrlichem Schiffszubehör, oder durch den Verkauf von entbehrlichen Schiffsvorräthen, so hat er diejenige Maaßregel zu ergreifen, welche für den Rheder mit dem geringsten Nachtheil verbunden ist.
Er
muß dem Rheder nach der Rückkehr in den Heimathshafen und außerdem, so oft es
verlangt wird, Rechnung legen.
Artikel 504.
Im
Interesse der Ladungsbetheiligten hat der Schiffer während der Reise zugleich
für das Beste der Ladung nach Möglichkeit Sorge zu tragen.
Werden
zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes besondere Maaßregeln
erforderlich, so liegt ihm ob, das Interesse der Ladungsbetheiligten als
Vertreter derselben wahrzunehmen, wenn thunlich deren Anweisungen einzuholen
und, insoweit es den Verhältnissen entspricht; zu befolgen, sonst aber nach
eigenem Ermessen zu verfahren und überhaupt thunlichst dafür zu sorgen, daß die
Ladungsbetheiligten von solchen Vorfällen und den dadurch veranlaßten
Maaßregeln schleunigst in Kenntniß gesetzt werden.
Er
ist in solchen Fällen namentlich auch berechtigt, die Ladung ganz oder zum
Theil zu löschen, äußerstenfalls, wenn ein erheblicher Verlust wegen drohenden
Verderbs oder aus sonstigen Gründen anders nicht abzuwenden ist, zu verkaufen
oder Behufs Beschaffung der Mittel zu ihrer Erhaltung und Weiterförderung zu
verbodmen, sowie im Falle der Anhaltung der Aufbringung zu reklamiren oder,
wenn sie auf andere Weise seiner Verfügung entzogen ist, ihre Wiedererlangung
außergerichtlich und gerichtlich zu betreiben.
Artikel 505.
Wird
die Fortsetzung der Reise in der ursprünglichen Richtung durch einen Zufall
verhindert, so ist der Schiffer befugt, die Reise entweder in einer anderen
Richtung fortzusetzen, oder dieselbe auf kürzere oder längere Zeit
einzustellen, oder nach dem Abgangshafen zurückzukehren, je nachdem es den
Verhältnissen und den möglichst zu berücksichtigenden Anweisungen entspricht.
Im
Falle der Auflösung des Frachtvertrages hat er nach den Vorschriften des
Artikels 634. zu verfahren.
Artikel 506.
Auf den persönlichen Kredit der Ladungsbetheiligten Geschäfte abzuschließen,
ist
der Schiffer auch in den Fällen des Artikels 504. nur auf Grund einer ihn
hierzu ermächtigenden Vollmacht befugt.
(590) Artikel 507.
Außer
den Fällen des Artikels 504. ist der Schiffer zur Verbodmung der Ladung oder
zur Verfügung über Ladungstheile durch Verkauf oder Verwendung nur dann befugt,
wenn und insoweit es zum Zweck der Fortsetzung der Reise nothwendig ist.
Artikel 508.
Gründet
sich das Bedürfniß in einer großen Haverei und kann der Schiffer demselben
durch verschiedene Maaßregeln abhelfen, so hat er diejenige Maaßregel zu
ergreifen, welche für die Betheiligten mit dem geringsten Nachtheil verbunden
ist.
Artikel 509.
Liegt
der Fall einer großen Haverei nicht vor, so ist der Schiffer zur Verbodmung der
Ladung oder zur Verfügung über Ladungstheile durch Verkauf oder Verwendung nur
dann befugt, wenn er dem Bedürfniß auf anderem Wege nicht abhelfen kann, oder
wenn die Wahl eines anderen Mittels einen unverhältnißmäßigen Schaden für den
Rheder zur Folge haben würde.
Auch
in diesen Fällen kann er die Ladung nur zusammen mit dem Schiff und der Fracht
verbodmen (Artikel 681. Absatz 2.).
Er
hat die Verbodmung vor dem Verkauf zu wählen, es sei denn, daß die Verbodmung
einen unverhältnißmäßigen Schaden für den Rheder zur Folge haben würde.
Artikel 510.
Die
Verbodmung der Ladung oder die Verfügung über Ladungstheile durch Verkauf oder
Verwendung wird in den Fällen des vorstehenden Artikels als ein für Rechnung
des Rheders abgeschlossenes Kreditgeschäft
(Artikel 497. und 757. Ziffer 7.) angesehen.
Artikel 511.
In
Bezug auf die Gültigkeit der in den Fällen der Artikel 504. und 507. bis 509.
von dem Schiffer abgeschlossenen Rechtgeschäfte kommen die Vorschriften des
Artikels 497. zur Anwendung.
Artikel 512.
Zu
den Geschäften und Rechtshandlungen, welche der Schiffer nach den Artikeln 495.
496. 497. 499. 504. 507. bis 509. vorzunehmen befugt ist, bedarf er der in den
Landesgesetzen etwa vorgeschriebenen Spezialvollmacht nicht.
Artikel 513.
Was
der Schiffer vom Befrachter, Ablader oder Ladungsempfänger außer der Fracht als
Kaplaken, Primage oder sonst als Belohnung oder Entschädigung, gleichviel unter
welchem Namen, erhält, muß er dem Rheder als Einnahme in Rechnung bringen.
Der
Schiffer darf ohne Einwilligung des Rheders für eigene Rechnung keine Güter
verladen.Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so muß er dem Rheder die höchste
am Abladungsorte zur Abladungszeit für solche Reisen und Güter bedungene Fracht
erstatten, unbeschadet des Rechts des Rheders, einen erweislich höheren Schaden
geltend zu machen.
Artikel
515.
Der
Schiffer kann, selbst wenn das Gegentheil vereinbart ist, jederzeit von dem
Rheder entlassen werden, jedoch unbeschadet seiner Entschädigungsansprüche.
Artikel 516.
Erfolgt
die Entlassung, weil der Schiffer untüchtig befunden ist, oder weil er seiner
Pflicht nicht genügt, so erhält er nur dasjenige, was er von der Heuer
einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bis dahin verdient hat.
Artikel 517.
Wenn ein Schiffer, welcher für eine bestimmte Reise angestellt ist,entlassen wird, weil die Reise wegen Krieg, Embargo oder Blokade, oder wegen eines Einfuhr- oder Ausfuhrverbots, oder wegen eines anderen Schiff oder Ladung betreffenden Zufalls nicht angetreten oder fortgesetzt werden kann, so erhält er gleichfalls nur dasjenige, war er von der Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bis dahin verdient hat. Dasselbe gilt, wenn ein auf unbestimmte Zeit angestellter Schiffer entlassen wird, nachdem er die Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat.
Erfolgt
in diesen Fällen die Entlassung während der Reise, so hat der Schiffer außerdem
nach seiner Wahl entweder auf freie Zurückbeförderung nach dem Hafen, wo er
geheuert worden ist, aber auf eine entsprechende Vergütung Anspruch.
Wenn
nach den Bestimmungen dieses Gesetzbuchs ein Anspruch auf freie Zurückbeförderung
begründet ist, so umfaßt derselbe auch den Unterhalt während der Reise.
Artikel 518.
Wird
ein Schiffer, welcher auf unbestimmte Zeit angestellt ist, aus anderen als den
in den Artikeln 516. und 517. angeführten Gründen entlassen, nachdem er die
Ausführung einer bestimmten Reise übernommen hat, so erhält er außer
demjenigen, was ihm nach den Bestimmungen des vorigen Artikels gebührt, als
Entschädigung noch Heuer für zwei oder vier Monate, je nachdem die Entlassung
in einem Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen erfolgt ist. Jedoch
erhält er in keinem Falle mehr, als er erhalten haben würde, wenn er die Reise
zu Ende geführt hätte.
War
die Heuer nicht zeitweise, sondern in Bausch und Bogen für die ganze Reise bedungen,
so wird in den Fällen der Artikel 516. bis 518. die verdiente Heuer mit
Rücksicht auf den vollen Heuerbetrag nach Verhältniß der geleisteten Dienste,
sowie des etwa zurückgelegten Theils der Reise bestimmt. Zur Ermittelung der im
Artikel 518. erwähnten Heuer für zwei oder vier Monate wird die
durchschnittliche Dauer der Reise einschließlich der Ladungs- und Löschungszeit
unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Schiffs in Ansatz gebracht, und
danach die Heuer für die zwei oder vier Monate berechnet.
Endet
die Rückreise des Schiffs nicht in dem Heimathshafen, und war der Schiffer für
die Aus- und Rückreise oder auf bestimmte Zeit angestellt, so hat der Schiffer
Anspruch auf freie Zurückbeförderung nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist,
und auf Fortbezug der Heuer während der Reise oder nach seiner Wahl auf eine
entsprechende Vergütung.
Der
Schiffer, welcher auf unbestimmte Zeit angestellt ist, muß, sobald er eine
Reise angetreten ist, in dem Dienste verbleiben, bis das Schiff in den
Heimathshafen oder in einen inländischen Hafen zurückgekehrt und die Entlöschung
erfolgt ist.
Er
kann jedoch seine Entlassung fordern, wenn seit der ersten Abreise zwei oder
drei Jahre verflossen sind, nachdem das Schiff zur Zeit der Aufkündigung in
einem Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen sich befindet. Er hat
in einem solchen Falle dem Rheder die zu seiner Ersetzung erforderliche Zeit zu
gewähren und den Dienst inzwischen fortzusetzen, jedenfalls die laufende Reise
zu beendigen.
Hat
der Rheder sofort nach der Kündigung die Rückreise angeordnet, so muß der
Schiffer das Schiff zurückführen.
Artikel 522.
Die
Schiffspart, mit welcher der Schiffer auf Grund einer mit den übrigen Rhedern
getroffenen Vereinbarung als Mitrheder an dem Schiff betheiligt ist, muß im
Fall seiner unfreiwiligen Entlassung auf sein Verlangen von den Mitrhedern
gegen Auszahlung des durch Sachverständige zu bestimmenden Schätzungswerthes
übernommen werden. Dieses Recht des Schiffers erlischt, wenn er die Erklärung,
davon Gebrauch zu machen, ohne Grund verzögert.
Artikel 523.
Falls
der Schiffer nach Antritt der Reise erkrankt oder verwundet wird, so trägt der
Rheder die Kosten der Verpflegung und Heilung:
1) wenn der Schiffer mit dem Schiffe zurückkehrt und die Rückreise in dem
(593)
Heimathshafen oder in dem Hafen endet,
wo er geheuert worden ist,bis zur Beendigung der Rückreise;
2) wenn
er mit dem Schiffe zurückkehrt und die Reise nicht in einem der genannten Häfen
endet, bis zum Ablauf von sechs Monaten seit Beendigung der Rückreise:
3) wenn
er während der Reise am Lande zurückgelassen werden mußte, bis zum Ablauf von
sechs Monaten seit der Weiterreise des Schiffs.
Auch
gebührt ihm in den beiden letzteren Fällen freie Zurückbeförderung(Artikel
517.) oder nach seiner Wahl eine entsprechende Vergütung.
Der
Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile bezieht der nach Antritt
der Reise erkrankte oder verwundete Schiffer, wenn er mit dem Schiffe
zurückkehrt, bis zur Beendigung der Rückreise, wenn er am Lande zurückgelassen
werden mußte, bis zu dem Tage, an welchem er das Schiff verläßt.
Ist der Schiffer bei Vertheidigung des Schiffs beschädigt, so hat er überdies auf eine angemessene, erforderlichenfalls von dem Richter zu bestimmende Belohnung Anspruch..
Artikel 524.
Stirbt
der Schiffer nach Antritt des Dienstes, so hat der Rheder die bis zum Todestage
verdiente Heuer einschließlich aller sonst bedungenen Vortheile zu entrichten;
ist der Tod nach Antritt der Reise erfolgt, so hat der Rheder auch die Beerdigungskosten
zu tragen.
Wird
der Schiffer bei Vertheidigung des Schiffs getödtet, so hat der Rheder überdies
eine angemessene, erforderlichenfalls von dem Richter zu bestimmende Belohnung
zu zahlen.
Artikel 525.
Auf
die in den Artikeln 523. und 524. bezeichneten Forderungen findet die
Vorschrift des Artikels 453. gleichfalls Anwendung.
Artikel 526.
Auch
nach dem Verluste des Schiffs ist der Schiffer verpflichtet, noch für die
Verklarung zu sorgen und überhaupt das Interesse des Rheders so lange
wahrzunehmen, als es erforderlich ist. Er hat aber auch für diese Zeit Anspruch
auf Fortbezug der Heuer und auf Erstattung der Kosten des Unterhalts. Für diese
Heuer und Unterhaltskosten haftet der Rheder persönlich. Außerdem behält der
Schiffer, jedoch nur nach Maaßgabe des Artikels 453., Anspruch auf freie
Zurückbeförderung (Artikel 517.) oder nach seiner Wahl auf eine entsprechende
Vergütung.
Artikel 527.
Die
Bestimmungen der Landesgesetze über die von dem Schiffer nachzuweisende Qualifikation
werden durch dieses Gesetzbuch nicht berührt.
(594) Vierter Titel.
Von der
Schiffsmannschaft.
Zur „Schiffsmannschaft“ werden auch die Schiffsoffiziere mit Ausschluß des Schiffers gerechnet; desgleichen ist unter „Schiffsmann“ auch jeder Schiffsoffizier mit Ausnahme des Schiffers zur verstehen.
Artikel 529.
Die
Bestimmungen des mit der Schiffsmannschaft abgeschlossenen Heuervertrages sind
in die Musterrolle aufzunehmen.
Artikel 530.
Wird ein Schiffsmann erst nach Anfertigung der Musterrolle geheuert, so gelten für ihn in Ermangelung anderer Vertragsbestimmungen die nach Inhalt der Musterrolle mit der übrigen Schiffmannschaft getroffenen Abreden, insbesondere kann er nur dieselbe Heuer fordern, welche nach der Musterrolle den übrigen Schiffsleuten seines Ranges gebührt.
Artikel 531.
Die
Verpflichtung der Schiffsmannschaft, an Bord zu kommen und Schiffsdienste zu
leisten, beginnt, wenn nicht ein Anderes bedungen ist, mit der Anmusterung.
Von
demselben Zeitpunkt an ist, in Ermangelung einer anderweitigen Abrede, die
Heuer zu zahlen.
Artikel 532.
Den
Schiffsmann, welcher nach der Anmusterung dem Antritt oder der Fortsetzung des
Dienstes sich entzieht, kann der Schiffer zur Erfüllung seiner Pflicht
zwangsweise anhalten lassen.
Artikel 533.
Der
Schiffsmann ist verpflichtet, in Ansehung des Schiffsdienstes den Anordnungen
des Schiffers unweigerlich Gehorsam zu leisten und zu jeder Zeit alle für
Schiff und Ladung ihm übertragenen Arbeiten zu verrichten.
Er
ist der Disziplinargewalt des Schiffers unterworfen. Die näheren Bestimmungen
über die Disziplinargewalt des Schiffers bleiben den Landesgesetzen
vorbehalten.
Artikel 534.
Der Schiffsmann darf ohne Erlaubniß des Schiffers keine Güter an Bord bringen. Für die gegen dieses Verbot beförderten eigenen oder fremden
(595)
Güter muß er die höchste am Abladungsorte zur Abladungszeit für solche Reisen
und Güter bedungene Fracht erstatten, unbeschadet der Verpflichtung zum Ersatz
eines erweislich höheren Schadens.
Der
Schiffer ist auch befugt, die Güter über Bord zu werfen, wenn dieselben Schiff
oder Ladung gefährden.
Die
Landesgesetze, welche die Uebertretung des Verbots mit noch anderen Nachtheilen
bedrohen, werden hierdurch nicht berührt.
Der
Schiffsmann ist verpflichtet, auf Verlangen bei der Verklarung mitzuwirken und
seine Aussage eidlich zu bestärken.
Artikel 536.
Die
Heuer ist dem Schiffsmann, sofern keine andere Vereinbarung getroffen ist, erst
nach Beendigung der Reise oder bei der Abdankung zu zahlen, wenn diese früher
erfolgt.
Ob und inwieweit vor dem Antritt und während der Reise Vorschußzahlungen und Abschlagszahlungen zu leisten sind, bestimmen die Landesgesetze und in deren Ermangelung der Ortsgebrauch des Heimathshafens.
Artikel 537.
Der
Schiffsmann darf den Schiffer vor einem fremden Bericht nicht belangen. Handelt
er dieser Bestimmung zuwider, so ist er nicht allein für den daraus
entstehenden Schaden verantwortlich, sondern er wird außerdem der bis dahin
verdienten Heuer verlustig.
Er
kann in Fällen, die keinen Aufschub leiden, die vorläufige Entscheidung des Landeskonsuls
oder desjenigen Konsuls, welcher dessen Geschäfte zu versehen berufen ist, und
in Ermangelung eines solchen die des Konsuls eines anderen Deutschen Staates
nachsuchen.
Jeder
Theil hat die Entscheidung des Konsuls einstweilen zu befolgen, vorbehaltlich
der Befugniß, nach Beendigung der Reise seine Rechte vor der zuständigen
Behörde geltend zu machen.
Artikel 538.
Der
Schiffsmann ist verpflichtet, während der ganzen Reise einschließlich etwaiger
Zwischenreisen bis zur Beendigung der Rückreise im Dienste zu verbleiben, wenn
in dem Heuervertrage nicht ein Anderes bestimmt ist.
Endet
die Rückreise nicht in dem Heimathshafen, so hat er Anspruch auf freie
Zurückbeförderung (Artikel 517.) nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, und
auf Fortbezug der Heuer während der Reise oder nach seiner Wahl auf eine
entsprechende Vergütung.
Artikel 539.
Ist nach Beendigung der Ausreise eine Zwischenreise beschlossen oder ist
(596)
eine Zwischenreise beendigt, so kann der Schiffsmann seine Entlassung
fordern,wenn seit dem Dienstantritt zwei oder drei Jahre verflossen sind, je
nachdem das Schiff in einem Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen
sich befindet. Bei der Entlassung ist dem Schiffsmann die bis dahin verdiente
Heuer, nicht aber eine weitere Vergütung zu zahlen.
Die
Entlassung kann nicht gefordert werden, sobald die Rückreise angeordnet ist.
Der
vorstehende Artikel findet keine Anwendung, wenn der Schiffsmann für eine
längere Zeit sich verheuert hat.
Die
Verheuerung auf unbestimmte Zeit oder mit der allgemeinen Bestimmung, daß nach
Beendigung der Ausreise der Dienst für alle Reisen, welche noch beschlossen
werden möchten, fortzusetzen sei, wird als eine Verheuerung auf längere Zeit
nicht angesehen.
Artikel 541.
In
allen Fällen, in welchen ein Schiff länger als zwei Jahre auswärts verweilt,
tritt in Ermangelung einer anderweitigen Abrede für den seit der Ausreise im
Dienste befindlichen Schiffsmann eine Erhöhung der Heuer ein, wenn diese nach
Zeit bedungen ist.
Das Maaß der Erhöhung bestimmen die Landesgesetze.
Artikel 542.
Der
Heuervertrag endet, wenn das Schiff durch einen Zufall dem Rheder verloren
geht, insbesondere
wenn
es verunglückt,
wenn
es als reparaturunfähig oder reparaturunwürdig kondemnirt (Artikel 444.) und in
dem letzteren Falle ohne Verzug öffentlich verkauft wird,
wenn
es geraubt wird,
wenn
es aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt wird.
Dem
Schiffsmann gebührt alsdann nicht alleine die verdiente Heuer, sondern auch
freie Zurückbeförderung nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, oder nach
Wahl des Schiffers eine entsprechende Vergütung.
Er
bleibt verbunden, bei der Bergung gegen Fortbezug der Heuer Hülfe zu leisten
und bei der Verklarung gegen Zahlung der etwa erwachsenden Reise- und
Versäumniskosten mitzuwirken. Für diese Kosten haftet der Rheder persönlich, im
Uebrigen haftet er nur nach Maaßgabe des Artikels 453.
Artikel 543.
Der
Schiffer kann den Schiffsmann, abgesehen von den in dem Heuervertrage
bestimmten Fällen, vor Ablauf der Dienstzeit entlassen:
1) So lange die Reise noch nicht angetreten ist, wenn der Schiffsmann zu
(597)
dem Dienste, zu welchem er sich verheuert hat, untauglich ist; wird die
Untauglichkeit erst später entdekt, so ist der Schiffer befugt, den
Schiffsmann, mit Auschluß des Steuermannes, im Range herabzusetzen und seine
Heuer verhältnißmäßig zu verringern;
2) wenn
der Schiffsmann eines groben Dienstvergehens, insbesondere des wiederholten
Ungehorsams oder der fortgesetzten Widerspenstigkeit, der Schmuggelei aber
einer mit schwerer Strafe bedrohten Handlung sich schuldig macht;
3) wenn
der Schiffmann mit einer syphilitischen Krankheit behaftet ist, aber wenn er
durch eine unerlaubte Handlung eine Krankheit oder Verwundung sich zuzieht,
welche ihn arbeitsunfähig macht;
4) wenn
die Reise, für welche der Schiffsmann geheuert war, wegen Krieg, Embargo oder
Blokade, oder wegen eines Ausfuhr- oder Einfuhrverbots, oder wegen eines
anderen Schiff oder Landung betreffenden Zufalls nicht angetreten oder fortgesetzt
werden kann.
Dem Schiffsmann
gebührt in den Fällen der Ziffern 1. bis 3. des Artikels 543. nicht mehr als
die verdiente Heuer; in den Fällen der Ziffer 4. hat er, wenn er nach Antritt der Reise entlassen wird, nicht allein auf
die verdiente Heuer, sondern auch auf freie Zurückbeförderung (Artikel 517.)
nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, oder nach Wahl des Schiffers auf
eine entsprechende Vergütung Anspruch.
Die Landesgesetze, welche den Schiffsmann in Fällen der Pflichtverletzung (Ziffer 2.) mit Verlust der verdienten Heuer bedrohen, werden durch die vorstehende Bestimmung nicht berührt.
Den Landesgesetzen bleibt auch vorbehalten, noch aus anderen
als den im Artikel 543. angeführten Gründen die unfreiwillige Entlassung des
Schiffsmannes ohne Entschädigung oder gegen theilweise Entschädigung zu
gestatten.
Der
für eine Reise geheuerte Schiffsmann, welcher aus anderen als den in den
Artikel 543. und 544. erwähnten Gründen vor Ablauf des Heuervertrages entlassen
wird, behält, wenn die Entlassung vor Antritt der Reise erfolgt, als
Entschädigung die etwa empfangenen Hand- und Vorschussgelder, soweit dieselben
den üblichen Betrag nicht übersteigen.
Sind
Hand- und Vorschussgelder nicht gezahlt, so hat er als Entschädigung die Heuer
für einen Monat zu fordern.
Ist die
Entlassung erst nach Antritt der Reise erfolgt, so erhält er außer der
verdienten Heuer noch die Heuer für zwei oder vier Monate, je nachdem er in
einem Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen entlassen ist, jedoch
nicht mehr als er erhalten würde, wenn er erst nach Beendigung der Reise
entlassen worden wäre.
Außerdem hat er Anspruch auf freie Zurückbeförderung (Artikel 517.)
(598)
nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, aber nach Wahl des Schiffers auf eine
entsprechende Vergütung.
Artikel 546.
Ist
die Heuer in Bausch und Bogen bedungen, so wird die verdiente Heuer (Artikel
537. 539. 542. 544. 545.) und die ein-, zwei- oder viermonatliche Heuer
(Artikel 545.) nach Anleitung des Artikels 519. berechnet.
Artikel 547.
Der
Schiffsmann kann seine Entlassung fordern, wenn sich der Schiffer einer groben
Verletzung seiner ihm gegen denselben obliegenden Pflichten, insbesondere durch
schwere Mißhandlung oder durch grundlose Vorenthaltung von Speise und Trank
schuldig macht.
Der
Schiffsmann, welcher aus einem solchen Grunde seine Entlassung nimmt, hat
dieselben Ansprüche, welche für den Fall des Artikels 545.bestimmt sind.
Die
Landesgesetze können bestimmen, ob und aus welchen anderen Gründen dem
Schiffsmann das Recht, die Entlassung zu fordern, außerdem noch zustehe.
In
einem anderen Lande darf der Schiffsmann, welcher seine Entlassung fordert,
nicht ohne Genehmigung des zuständigen Konsuls (Artikel 537.) den Dienst
verlassen.
Artikel 548.
Falls
der Schiffsmann nach Antritt des Dienstes erkrankt oder verwundet wird, so
trägt der Rheder die Kosten der Verpflegung nach Heilung:
1) wenn
der Schiffsmann wegen der Krankheit oder Verwundung die Reise nicht antritt,
bis zum Ablauf von drei Monaten seit der Erkrankung oder Verwundung;
2) wenn
er die Reise antritt und mit dem Schiffe nach dem Heimathshafen oder beim Hafen,
wo er geheuert worden ist, zurückkehrt, bis zum Ablauf von drei Monaten seit
der Rückkehr des Schiffs;
3) wenn
er die Reise antritt und mit dem Schiffe zurückkehrt, die Rückreise des Schiffs
jedoch nicht in einem der genannten Häfen endet, bis zum Ablauf von sechs
Monaten seit der Rückkehr des Schiffs;
4) wenn
er während der Reise am Lande zurückgelassen werden mußte, bis zum Ablauf von
sechs Monaten seit der Weiterreise des Schiffs.
Auch gebührt dem Schiffsmann in den beiden letzteren Fällen freie Zurückbeförderung (Artikel 517.) nach dem Hafen, wo er geheuert worden ist, oder nach Wahl des Rheders eine entsprechende Vergütung.
Artikel 549.
Die
Heuer bezieht der erkrankte oder verwundete Schiffsmann: wenn er die Reise
nicht antritt, bis zur Einstellung des Dienstes;
(599)
wenn er die Reise antritt und mit dem Schiffe zurückkehrt, bis zur Beendigung
der Rückreise;
wenn
er während der Reise am Lande zurückgelassen werden mußte, bis zu dem Tage, an
welchem er das Schiff verläßt.
Ist
der Schiffsmann bei Vertheidigung des Schiffs beschädigt, so hat er überdies
auf eine angemessene, erforderlichenfalls von dem Richter zu bestimmende
Belohnung Anspruch.
Artikel 550.
Auf
den Schiffsmann, welcher die Krankheit oder Verwundung durch eine unerlaubte
Handlung sich zugezogen hat oder mit einer syphilitischen Krankheit behaftet
ist, finden die Artikel 548. und 549. keine Anwendung.
Artikel 551.
Stirbt
der Schiffsmann nach Antritt des Dienstes, so hat der Rheder die bis zum
Todestage verdiente Heuer (Artikel 546.) zu zahlen und die Beerdigungskosten zu
tragen. Wird der Schiffsmann bei Vertheidigung des Schiffs getötet, so hat der Rheder überdies eine
angemessene, erforderlichenfalls von dem Richter zu bestimmende Belohnung zu
entrichten.
Soweit
der Nachlaß des während der Reise verstorbenen Schiffsmannes an Bord sich
befindet, hat der Schiffer für die Aufzeichnung und die Aufbewahrung, sowie
erforderlichenfalls für den Verkauf des Nachlasses Sorge zu tragen.
Artikel 552.
Auf
die in den Artikeln 548. 549. und 551. bezeichneten Forderungen findet die
Vorschrift des Artikel 453. gleichfalls Anwendung.
Artikel 553.
Den
Landesgesetzen bleibt vorbehalten, die Voraussetzung zu bestimmen, ohne welche
kein Schiffsmann wider seinen Willen in einem anderen Lande zurückgelassen
werden darf, sowie das Verfahren zu regeln, welches der Schiffer im Falle einer
solchen Zurücklassung einhalten muß.
Personen,
welche, ohne zur Schiffsmannschaft zu gehören, auf einem Schiff als
Maschinisten, Aufwärter oder in anderer Eigenschaft angestellt sind, haben,
sofern nicht durch Vertrag ein Anderes bestimmt ist, dieselben Rechte und
Pflichten, welche in diesen Titel in Ansehung der Schiffsmannschaft festgesetzt
sind.
Es macht hierbei keinen Unterschied, ob sie von dem Schiffer oder Rheder angenommen worden sind.
(600) Artikel 555.
Der
dem Schiffsmann als Lohn zugestandene Antheil an der Fracht oder an dem Gewinn
wird als Heuer im Sinne dieses Titels nicht angesehen.
Den
Landesgesetzen bleibt vorbehalten, sowohl in Ansehung des im vorhergehenden
Artikel erwähnten Lohnverhältnisses, als in anderen Beziehungen die
Vorschriften dieses Titels zu ergänzen.
Fünfter
Titel.
Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern.
Artikel 557.
Der
Frachtvertrag zur Beförderung von Gütern bezieht sicht entweder
1) auf
das Schiff im Ganzen oder einen verhältnißmäßigen Theil oder einenbestimmt
bezeichneten Raum des Schiffs, oder
2) auf
einzelne Güter (Stückgüter).
Artikel 558.
Wird
das Schiff im Ganzen oder zu einem verhältnißmäßigen Theil, oder wird ein
bestimmt bezeichneter Raum des Schiffs verfrachtet, so kann jede Partei
verlangen, daß über den Betrag eine schriftliche Urkunde (Chartepartie)
errichtet werde.
Artikel 559.
In
der Befrachtung eines ganzen Schiffs ist die Kajüte nicht einbegriffen; es
dürfen jedoch in dieselbe ohne Einwilligung des Befrachters keine Güter
verladen werden.
Artikel 560.
Bei
jeder Art von Frachtvertrag (Artikel 557.) hat der Verfrachter das Schiff in
seetüchtigem Stande zu liefern.
Er
haftet dem Befrachter für jeden Schaden, welcher aus dem mangelhaften Zustande
des Schiffs ensteht, es sei denn, daß die Mängel aller Sorgfalt ungeachtet
nicht zu entdecken waren.
Artikel 561.
Der
Schiffer hat zur Einnahme der Ladung das Schiff an den vom Befrachter oder,
wenn das Schiff an Mehrere verfrachtet ist, von sämmtlichen Befrachtern ihm
angewiesenen Platz hinzulegen.
Wenn die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn von sämmtlichen
(601)
Befrachtern nicht derselbe Platz angewiesen wird, oder wenn die Wassertiefe die
Sicherheit des Schiffs oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die
Befolgung der Anweisung nicht gestatten, so muß der Schiffer an dem
ortsüblichen Ladungsplatz anlegen.
Artikel
562.
Sofern
nicht durch Vertrag oder durch die örtlichen Verordnungen des Abladungshafens
und in deren Ermangelung durch einen daselbst bestehenden Ortsgebrauch ein
Anderes bestimmt ist, müssen die Güter von dem Befrachter kostenfrei bis an das
Schiff geliefert, dagegen die Kosten der Einladung derselben in das Schiff von
dem Befrachter getragen werden.
Artikel
563.
Der Verfrachter
muß statt der vertragsmäßigen Güter andere, von dem Befrachter zur Verschiffung
nach demselben Bestimmungshafen ihm angebotene Güter annehmen, wenn dadurch
seine Lage nicht erschwert wird.
Diese
Bestimmung findet keine Anwendung, wenn die Güter im Vertrage nicht blos nach
Art oder Gattung, sondern speziell bezeichnet sind.
Artikel
564.
Der
Befrachter oder Ablader, welcher die verladenen Güter unrichtig bezeichnet oder
Kriegskontrebande oder Güter verladet, deren Ausfuhr oder deren Einfuhr in den
Bestimmungshafen verboten ist, oder welcher bei der Abladung die gesetzlichen
Vorschriften, insbesondere die Polzei-, Steuer- und Zollgesetze übertritt, wird,
insofern ihm dabei ein Verschulden zur Last fällt, nicht blos dem Verfrachter,
sondern auch allen übrigen im ersten Absatz des Artikels 479. bezeichneten
Personen für den durch sein Verfahren veranlaßten Aufenthalt und jeden anderen
Schaden verantwortlich.
Dadurch,
daß er mit Genehmigung des Schiffers gehandelt hat, wird seine
Verantwortlichkeit den übrigen Personen gegenüber nicht ausgeschlossen.
Er
kann aus der Konfiskation der Güter keinen Grund herleiten, die Zahlung der
Fracht zu verweigern.
Gefährden
die Güter das Schiff oder die übrige Ladung, so ist der Schiffer befugt,
dieselben ans Land zu setzen oder in dringenden Fällen über Bord zu werfen.
Artikel
565.
Auch
derjenige, welcher ohne Wissen des Schiffers Güter an Bord bringt, ist nach
Maaßgabe des vorigen Artikels zum Ersatze des daraus entstehenden Schadens
verpflichtet. Der Schiffer ist befugt, solche Güter wieder ans Land zu setzen
oder, wenn sie das Schiff oder die übrige Ladung gefährden, nöthigenfalls über
Bord zu werfen. Hat der Schiffer die Güter an Bord behalten, so muß dafür die
höchste am Abladungsort zur Abladungszeit für solche Reisen und Güter bedungene
Fracht bezahlt werden.
(602)
Artikel 566.
Der
Verfrachter ist nicht befugt, ohne Erlaubniß des Befrachters die Güter in ein
anderes Schiff zu verladen. Handelt er dieser Bestimmung zuwider, so ist er für
jeden Schaden verantwortlich, in Ansehung dessen er nicht beweist, daß derselbe
auch dann entstanden und dem Befrachter zur Last gefallen sein würde, wenn die
Güter nicht in ein anderes Schiff verladen worden wären.
Auf
Umladungen in ein anderes Schiff, welche in Fällen der Noth nach Antritt der
Reise erfolgen, findet dieser Artikel keine Anwendung.
Artikel
567.
Ohne
Genehmigung des Abladers dürfen dessen Güter weder auf das Verdeck verladen,
noch an die Seiten des Schiffs gehängt werden.
Den
Landesgesetzen bleibt vorbehalten zu bestimmen, daß in Ansehung der
Küstenschifffahrt die vorstehende Vorschrift, soweit sie auf die Beladung des
Verdecks sich bezieht, keine Anwendung finde.
Artikel
568.
Bei
der Verfrachtung eines Schiffs im Ganzen hat der Schiffer, sobald er zur
Einnahme der Ladung fertig und bereit ist, dies dem Befrachter anzuzeigen.
Mit
dem auf die Anzeige folgenden Tage beginnt die Ladezeit.
Ueber
die Ladezeit hinaus hat der Verfrachter auf die Abladung noch länger zu warten,
wenn es vereinbart ist (Ueberliegezeit).
Für
die Ladezeit kann, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist, keine besondere
Vergütung verlangt werden. Dagegen muß der Befrachter dem Verfrachter für die
Ueberliegezeit eine Vergütung (Liegegeld) gewähren.
Artikel
569.
Ist
die Dauer der Ladezeit durch Vertrag nicht festgesetzt, so wird sie durch die
örtlichen Verordnungen des Abladungshafens und in deren Ermangelung durch den
daselbst bestehenden Ortsgebrauch bestimmt. Besteht auch ein solcher
Ortsgebrauch nicht, so gilt als Ladezeit eine den Umständen des Falles
angemessene Frist.
Ist
eine Ueberliegezeit, nicht aber deren Dauer durch Vertrag bestimmt, so beträgt
die Ueberliegezeit vierzehn Tage.
Enthält
der Vertrag nur die Festsetzung eines Liegegeldes, so ist anzunehmen, daß eine
Ueberliegezeit ohne Bestimmung der Dauer vereinbart sei.
Artikel
570.
Ist
die Dauer der Ladezeit oder der Tag, mit welchem dieselbe enden soll, durch
Vertrag bestimmt, so beginnt die Ueberliegezeit ohne Weiteres mit dem Ablauf
der Ladezeit.
(603)
In Ermangelung einer solchen vertragsmäßigen Bestimmung beginnt die
Ueberliegezeit erst, nachdem der Verfrachter dem Befrachter erklärt hat, daß
die Ladezeit abgelaufen sei. Der Verfrachter kann schon innerhalb der Ladezeit
dem Befrachter erklären, an welchem Tage er die Ladezeit für abgelaufen halte.
In diesem Falle ist zum Ablauf der Ladezeit und zum Beginn der Ueberliegezeit
eine neue Erklärung des Verfrachters nicht erforderlich.
Artikel
571.
Nach
Ablauf der Ladezeit oder, wenn eine Ueberliegezeit vereinbart ist, nach Ablauf
der Ueberliegezeit ist der Verfrachter nicht verpflichtet, auf die Abladung
noch länger zu warten. Er muß jedoch seinen Willen, nicht länger zu warten,
spätestens drei Tage vor Ablauf der Ladezeit oder der Ueberliegezeit dem
Befrachter erklären.
Ist
dies nicht geschehen, so läuft die Ladezeit oder Ueberliegezeit nicht eher ab,
als bis die Erklärung nachgeholt ist und seit dem Tage der Abgabe derselben
drei Tage verstrichen sind.
Die
in diesem Artikel erwähnten drei Tage werden in allen Fällen als ununterbrochen
fortlaufende Tage nach dem Kalender gezählt.
Artikel
572.
Die
in den Artikeln 570. und 571. erwähnten Erklärungen des Verfrachters sind an
keine besondere Form gebunden. Weigert sich der Befrachter, den Empfang einer
solchen Erklärung in genügender Weise zu bescheinigen, so ist der Verfrachter
befugt, eine öffentliche Urkunde darüber auf Kosten des Befrachters errichten
zu lassen.
Artikel
573.
Das
Liegegeld wird, wenn es nicht durch Vertrag bestimmt ist, von dem Richter nach
billigem Ermessen, nöthigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen
festgesetzt.
Der
Richter hat hierbei auf die näheren Umstände des Falles, insbesondere auf die
Heuerbeträge und Unterhaltskosten der Schiffsbesatzung, sowie auf den dem
Verfrachter entgehenden Frachtverdienst Rücksicht zu nehmen.
Artikel
574.
Bei
Berechnung der Lade- und Ueberliegezeit werden die Tage in ununterbrochen
fortlaufender Reihenfolge gezählt; insbesondere kommen in Ansatz die Sonn- und
Feiertage, sowie diejenigen Tage, an welchen der Befrachter durch Zufall die
Ladung zu liefern verhindert ist.
Nicht
in Ansatz kommen jedoch die Tage, an welchen durch Wind und Wetter oder durch
irgend einen anderen Zufall entweder
1) die
Lieferung nicht nur der bedungenen, sondern jeder Art von Ladung an das Schiff,
oder
2) die Uebernahme der Ladung
verhindert
ist.
(604)
Artikel 575.
Für
die Tage, während welcher der Verfrachter wegen Verhinderung der Lieferung
jeder Art von Ladung hat länger warten müssen, gebührt ihm Liegegeld, selbst
wenn die Verhinderung während der Ladezeit eingetreten ist. Dagegen ist für die
Tage, während welcher er wegen Verhinderung der Uebernahme der Ladung hat
länger warten müssen, Liegegeld nicht zu entrichten, selbst wenn die
Verhinderung während der Ueberliegezeit eingetreten ist.
Artikel
576.
Sind
für die Dauer der Ladezeit nach Artikel 569. die örtlichen Verordnungen oder
der Ortsgebrauch maaßgebend, so kommen bei Berechnung der Ladezeit die beiden
vorstehenden Artikel nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Verordnungen
oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen.
Artikel
577.
Hat
der Verfrachter sich ausbedungen, daß die Abladung bis zu einem bestimmten Tage
beendigt sein müsse, so wird er durch die Verhinderung der Lieferung jeder Art
von Ladung (Artikel 574. Ziffer 1.) zum längeren Warten nicht verpflichtet.
Artikel
578.
Soll
der Verfrachter die Ladung von einem Dritten erhalten, und ist dieser Dritte
ungeachtet der von dem Verfrachter in ortsüblicher Weise kundgemachten
Bereitschaft zum Laden nicht zu ermitteln, oder verweigert er die Lieferung der
Ladung, so hat der Verfrachter den Befrachter schleunigst hiervon zu
benachrichtigen und nur bis zum Ablauf der Ladezeit, nicht auch während der etwa
vereinbarten Ueberliegezeit auf die Abladung zu warten, es sei denn, daß er von
dem Befrachter oder einem Bevollmächtigten desselben noch innerhalb der
Ladezeit eine entgegengesetzte Anweisung erhält.
Ist
für die Ladezeit und Löschzeit zusammen eine ungetheilte Frist bestimmt, so
wird für den oben erwähnten Fall die Hälfte dieser Frist als Ladezeit
angesehen.
Artikel
579.
Der
Verfrachter muß auf Verlangen des Befrachters die Reise auch ohne die volle
bedungene Ladung antreten. Es gebührt ihm aber alsdann nicht allein die volle
Fracht und das etwaige Liegegeld, sondern er ist auch berechtigt, insoweit ihm
durch die Unvollständigkeit der Ladung die Sicherheit für die volle Fracht
entgeht, die Bestellung einer anderweitigen Sicherheit zu fordern. Außerdem sind
ihm die Mehrkosten, welche in Folge der Unvollständigkeit der Ladung ihm etwa
erwachsen, durch den Befrachter zu erstatten.
Artikel
580.
Hat der Befrachter bis zum Ablauf der Zeit, während welcher der Verfrachter
(605)
auf die Abladung zu warten verpflichtet ist (Wartezeit), die Abladung nicht
vollständig bewirkt, so ist der Verfrachter befugt, sofern der Befrachter nicht
von dem Vertrage zurücktritt, die Reise anzutreten und die im vorstehenden
Artikel bezeichneten Forderungen geltend zu machen.
Artikel
581.
Der
Befrachter kann vor Antritt der Reise, sei diese eine einfache oder
zusammengesetzte, von dem Vertrage unter der Verpflichtung zurücktreten, die
Hälfte der bedungenen Fracht als Fautfracht zu zahlen.
Bei
Anwendung dieser Bestimmung wird die Reise schon dann als angetreten erachtet:
1) wenn
der Befrachter den Schiffer bereits abgefertigt hat;
2) wenn
er die Ladung bereits ganz oder zum Theil geliefert hat und die Wartezeit
verstrichen ist.
Artikel
582.
Macht
der Befrachter von dem im vorstehenden Artikel bezeichneten Rechte Gebrauch,
nachdem Ladung geliefert ist, so muß er auch die Kosten der Einladung und
Wiederausladung tragen und für die Zeit der mit möglichster Beschleunigung zu
bewirkenden Wiederausladung, soweit sie nicht in die Ladezeit fällt, Liegegeld
(Artikel 573.) zahlen.
Der
Verfrachter ist verpflichtet, den Aufenthalt, welchen die Wiederausladung
verursacht, selbst dann sich gefallen zu lassen, wenn dadurch die Wartezeit
überschritten wird, wogegen ihm für die Zeit nach Ablauf der Wartezeit
Liegegeld und der Ersatz des durch Ueberschreitung der Wartezeit entstandenen
Schadens gebührt, soweit der letztere den Betrag dieses Liegegeldes erweislich
übersteigt.
Artikel
583.
Nachdem
die Reise im Sinne des Artikels 581. angetreten ist, kann der Befrachter nur
gegen Berichtigung der vollen Fracht, sowie aller sonstigen Forderungen des
Verfrachters (Artikel 615.) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der im
Artikel 616. bezeichneten Forderungen von dem Vertrage zurücktreten und die
Wiederausladung der Güter fordern.
Im
Fall der Wiederausladung hat der Befrachter nicht nur die hierdurch
entstandenen Mehrkosten, sondern auch den Schaden zu ersetzen, welcher aus dem
durch die Wiederausladung verursachten Aufenthalt dem Verfrachter entsteht.
Zum
Zweck der Wiederausladung der Güter die Reise zu ändern oder eine Hafen
anzulaufen, ist der Verfrachter nicht verpflichtet.
Artikel
584.
Der Befrachter ist statt der vollen Fracht nur zwei Drittel derselben Fautfracht zu zahlen verpflichtet, wenn das Schiff zugleich auf Rückladung verfrachtet
(606)
ist oder in Ausführung des Vertrags zur Einnahme der Ladung eine Fahrt aus
einem anderen Hafen zu machen hat, und wenn in diesen beiden Fällen der
Rücktritt früher erklärt wird, als die Rückreise oder die Reise aus dem
Abladungshafen im Sinne des Artikels 581. angetreten ist.
Artikel
585.
Bei
anderen zusammengesetzten Reisen erhält der Verfrachter, wenn der Befrachter
den Rücktritt erklärt, bevor in Bezug auf den letzten Reiseabschnitt die Reise
im Sinne des Artikels 581. angetreten ist, als Fautfracht zwar die volle
Fracht, es kommt von dieser jedoch eine angemessene Quote in Abzug, sofern die
Umstände die Annahme begründen, daß der Verfrachter in Folge der Aufhebung des
Vertrages Kosten erspart und Gelegenheit zu anderweitigem Frachtverdienst
gehabt habe.
Können
sich die Parteien über die Zulässigkeit des Abzuges oder die Höhe desselben
nicht einigen, so entscheidet darüber der Richter nach billigem Ermessen.
Der
Abzug darf in seinem Falle die Hälfte der Fracht übersteigen.
Artikel
586.
Hat
der Befrachter bis zum Ablauf der Wartezeit keine Ladung geliefert, so ist der
Verfrachter an seine Verpflichtungen aus dem Vertrage nicht länger gebunden,
und befugt, gegen den Befrachter dieselben Ansprüche geltend zu machen, welche
ihm zugestanden haben würden, wenn der Befrachter von dem Vertrage
zurückgetreten wäre (Artikel 581. 584. 585.).
Artikel
587.
Auf
die Fautfracht wird die Fracht, welche der Verfrachter für andere Ladungsgüter
erhält, nicht angerechnet.
Durch
diese Bestimmung wird jedoch die Vorschrift im ersten Absatz des Artikels 585.
nicht berührt.
Der
Anspruch des Verfrachters auf Fautfracht ist nicht davon abhängig, daß er die
im Vertrage bezeichnete Reise ausführt.
Durch
die Fautfracht werden die Ansprüche des Verfrachters auf Liegegeld und die
übrigen ihm etwa zustehenden Forderungen (Artikel 615.) nicht ausgeschlossen.
Artikel
588.
Ist
ein verhältnißmäßiger Theil oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffs
verfrachtet, so gelten die Artikel 568. bis 587. mit folgenden Abweichungen:
1) Der
Verfrachter erhält in den Fällen, in welchen er nach diesen Artikeln mit einem
Theil der Fracht sich begnügen müßte, als Fautfracht die volle Fracht, es sei
denn, daß sämmtliche Befrachter zurücktreten oder keine Ladung liefern.
(607)
Von der vollen Fracht kommt jedoch die Fracht für diejenigen Güter in Abzug,
welche der Verfrachter an Stelle der nicht gelieferten angenommen hat.
2) In
den Fällen der Artikel 582. und 583. kann der Befrachter die Wiederausladung
nicht verlangen, wenn dieselbe eine Verzögerung der Reise zur Folge haben oder
eine Umladung nöthig machen würde, es sei denn, daß alle übrigen Befrachter
ihre Genehmigung ertheilten. Außerdem ist der Befrachter verpflichtet, sowohl
die Kosten als auch den Schaden zu ersetzen, welche durch die Wiederausladung
entstehen.
Machen
sämmtliche Befrachter von dem Rechte des Rücktritts Gebrauch, so hat es bei den
Vorschriften der Artikel 582. und 583. sein Bewenden.
Artikel
589.
Hat
der Frachtvertrag Stückgüter zum Gegenstand, so muß der Befrachter auf die
Aufforderung des Schiffers ohne Verzug die Abladung bewirken.
Ist
der Befrachter säumig, so ist der Verfrachter nicht verpflichtet, auf die
Lieferung der Güter zu warten; der Befrachter muß, wenn ohne dieselben die
Reise angetreten wird, gleichwohl die volle Fracht entrichten. Es kommt von der
letzteren jedoch die Fracht für diejenigen Güter in Abzug, welche der
Verfrachter an Stelle der nicht gelieferten angenommen hat.
Der Verfrachter,
welcher den Anspruch auf die Fracht gegen den säumigen Befrachter geltend
machen will, ist bei Verlust des Anspruchs verpflichtet, dies dem Befrachter
vor der Abreise kund zu geben. Auf diese Erklärung finden die Vorschriften des
Artikels 572. Anwendung.
Artikel
590.
Nach
der Abladung kann der Befrachter auch gegen Berichtigung der vollen Fracht,
sowie aller sonstigen Forderungen des Verfrachters (Artikel 615.) und gegen
Berichtigung oder Sicherstellung der im Artikel 616. bezeichneten Forderungen
nur nach Maaßgabe des ersten Absatzes der Vorschrift unter Ziffer 2. des
Artikels 588. von dem Vertrage zurücktreten und die Wiederausladung der Güter
fordern.
Außerdem
findet auch für diese Fälle die Vorschrift im letzten Absatz des Artikels 583.
Anwendung.
Artikel
591.
Ist
ein Schiff auf Stückgüter angelegt und die Zeit der Abreise nicht festgesetzt,
so hat auf Antrag des Befrachters der Richter nach den Umständen des Falles den
Zeitpunkt zu bestimmen, über welchen hinaus der Antritt der Reise nicht
verschoben werden kann.
Artikel
592.
Bei jeder Art von Frachtvertrag hat der Befrachter innerhalb der Zeit,
(608)
binnen welcher die Güter zu liefern sind, dem Schiffer zugleich alle zur
Verschiffung derselben erforderlichen Papiere zuzustellen.
Artikel
593.
Der
Schiffer hat zur Löschung der Ladung das Schiff an den Platz hinzulegen,
welcher ihm von demjenigen, an den die Ladung abzuliefern ist (Empfänger),
oder, wenn die Ladung an mehrere Empfänger abzuliefern ist, von sämmtlichen
Empfängern angewiesen wird.
Wenn
die Anweisung nicht rechtzeitig erfolgt, oder wenn von sämmtlichen Empfängern
nicht derselbe Platz angewiesen wird, oder wenn die Wassertiefe, die Sicherheit
des Schiffs oder die örtlichen Verordnungen oder Einrichtungen die Befolgung
der Anweisung nicht gestatten, so muß der Schiffer an dem ortsüblichen Löschungsplatz
anlegen.
Artikel
594.
Sofern
nicht durch Vertrag oder durch die örtlichen Verordnungen des Löschungshafens
und in deren Ermangelung durch einen daselbst bestehenden Ortsgebrauch ein
Anderes bestimmt ist, werden die Kosten der Ausladung aus dem Schiffe von dem
Verfrachter, alle übrigen Kosten der Löschung von dem Ladungsempfänger
getragen.
Artikel
595.
Bei
der Verfrachtung eines Schiffs im Ganzen hat der Schiffer, sobald er zum
Löschen fertig und bereit ist, dies dem Empfänger anzuzeigen.
Die
Anzeige muß durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise geschehen,
wenn der Empfänger dem Schiffer unbekannt ist.
Mit
dem auf die Anzeige folgenden Tage beginnt die Löschzeit.
Ueber
die Löschzeit hinaus hat der Verfrachter nur dann auf die Abnahme der Ladung
noch länger zu warten, wenn es vereinbart ist (Ueberliegezeit).
Für
die Löschzeit kann, sofern nicht das Gegentheil bedungen ist, keine besondere
Vergütung verlangt werden. Dagegen muß dem Verfrachter für die Ueberliegezeit
eine Vergütung (Liegegeld) gewährt werden.
Das
Liegegeld wird von dem Richter nach Anleitung des Artikels 573. festgesetzt,
wenn es nicht durch Vertrag bestimmt ist.
Artikel
596.
Ist
die Dauer der Löschzeit durch Vertrag nicht festgesetzt, so wird sie durch die
örtlichen Verordnungen des Löschungshafens und in deren Ermangelung durch den
daselbst bestehenden Ortsgebrauch bestimmt. Besteht auch ein solcher
Ortsgebrauch nicht, so gilt als Löschzeit eine den Umständen des Falles
angemessene Frist.
Ist eine Ueberliegezeit, nicht aber deren Dauer durch Vertrag bestimmt, so beträgt die Ueberliegezeit vierzehn Tage.
Enthält
der Vertrag nur die Festsetzung eines Liegegeldes, so ist anzunehmen, daß eine
Ueberliegezeit ohne Bestimmung der Dauer vereinbart sei.
(609)
Artikel 597.
Ist
die Dauer der Löschzeit oder Tag, mit welchem dieselbe enden soll, durch Betrag
bestimmt, so beginnt die Ueberliegezeit ohne Weiteres mit dem Ablauf der
Löschzeit.
In
Ermangelung einer solchen vertragsmäßigen Bestimmung beginnt die Ueberliegezeit
erst, nachdem der Verfrachter dem Empfänger erklärt hat, daß die Löschzeit
abgelaufen sei. Der Verfrachter kann schon innerhalb der Löschzeit dem
Empfänger erklären, an welchem Tage er die Löschzeit für abgelaufen halte. In
diesem Falle ist zum Ablauf der Löschzeit und zum Beginn der Ueberliegezeit
eine neue Erklärung des Verfrachters nicht erforderlich.
Auf
die in diesem Artikel erwähnten Erklärungen des Verfrachters finden die
Vorschriften des Artikels 572. Anwendung.
Artikel
598.
Bei
Berechnung der Lösch- und Ueberliegezeit werden die Tage in ununterbrochen
fortlaufender Reihenfolge gezählt; insbesondere kommen in Ansatz die Sonn- und
Feiertage, sowie diejenigen Tage, an welchen der Empfänger durch Zufall die
Ladung abzunehmen verhindert ist.
Nicht
in Ansatz kommen jedoch die Tage, an welchen durch Wind und Wetter oder durch
irgend einen anderen Zufall entweder
1) der
Transport nicht nur der im Schiffe befindlichen, sondern jeder Art von Ladung
von dem Schiff an das Land,
oder
2) die
Ausladung aus dem Schiffe
verhindert
ist.
Artikel
599.
Für
die Tage, während welcher der Verfrachter wegen Verhinderung des Transportes
jeder Art von Ladung von dem Schiff an das Land hat länger warten müssen,
gebührt ihm Liegegeld, selbst wenn die Verhinderung während der Löschzeit
eingetreten ist. Dagegen ist für die Tage, während welcher er wegen
Verhinderung der Ausladung aus dem Schiffe hat länger warten müssen, Liegegeld
nicht zu entrichten, selbst wenn die Verhinderung während der Ueberliegezeit
eingetreten ist.
Artikel
600.
Sind
für die Dauer der Löschzeit nach Artikel 596. die örtlichen Verordnungen oder
der Ortsgebrauch maaßgebend, so kommen die Berechnung der Löschzeit die beiden
vorstehenden Artikel nur insoweit zur Anwendung, als die örtlichen Verordnungen
oder der Ortsgebrauch nichts Abweichendes bestimmen.
(610)
Artikel 601.
Hat
der Verfrachter sich ausbedungen, daß die Löschung bis zu einem bestimmten Tage
beendigt sein müsse, so wird er durch die Verhinderung des Transports jeder Art
von Ladung von dem Schiff an das Land (Artikel 598. Ziffer 1.) zum längeren
Warten nicht verpflichtet.
Artikel
602.
Wenn
der Empfänger zur Abnahme der Güter sich bereit erklärt, dieselbe aber über die
von ihm einzuhaltenden Fristen verzögert, so ist der Schiffer befugt, die
Güter, unter Benachrichtigung des Empfängers, gerichtlich oder in anderer
sicherer Weise niederzulegen.
Der
Schiffer ist verpflichtet, in dieser Weise zu verfahren und zugleich den
Befrachter davon in Kenntniß zu setzen, wenn der Empfänger die Annahme der
Güter verweigert oder über dieselbe auf die in Artikel 595. vorgeschriebene
Anzeige sich nicht erklärt, oder wenn der Empfänger nicht zu ermitteln ist.
Artikel
603.
Insoweit
durch die Säumniß des Empfängers oder durch das Niederlegungsverfahren die
Löschzeit ohne Verschulden des Schiffers überschritten wird, hat der
Verfrachter Anspruch auf Liegegeld (Artikel 595.), unbeschadet des Rechts, für
diese Zeit, soweit sie keine vertragsmäßige Ueberliegezeit ist, einen
erweislich höheren Schaden geltend zu machen.
Artikel
604.
Die
Artikel 595. bis 603. kommen auch dann zu Anwendung, wenn ein verhältnißmäßiger
Theil oder ein bestimmter bezeichneter Raum des Schiffs verfrachtet ist.
Artikel
605.
Der
Empfänger von Stückgütern hat dieselben auf die Aufforderung des Schiffers ohne
Verzug abzunehmen. Ist der Empfänger dem Schiffer nicht bekannt, so muß die
Aufforderung durch öffentliche Bekanntmachung in ortsüblicher Weise geschehen.
In
Ansehung des Rechts und der Verpflichtung des Schiffers, die Güter
niederzulegen, gelten die Vorschriften des Artikels 602. Die im Artikel 602.
vorgeschriebene Benachrichtigung des Befrachters kann durch öffentliche, in
ortsüblicher Weise zu bewirkende Bekanntmachung erfolgen.
Für
die Tage, um welche durch die Säumniß des Empfängers oder durch das
Niederlegungsverfahren der Frist, binnen welcher das Schiff würde entlöscht
worden sein, überschritten ist, hat der Verfrachter Anspruch auf Liegegeld
(Artikel 595.), unbeschadet des Rechts, einen erweislich höheren Schaden
geltend zu machen.
(611)
Artikel 606.
Wenn
bei der Verfrachtung des Schiffs im Ganzen oder eines verhältnißmäßigen Theils
oder eines bestimmt bezeichneten Raums des Schiffs der Befrachter
Unterfrachtverträge über Stückgüter geschlossen hat, so bleiben für die Rechte
und Pflichten des ursprünglichen Verfrachters die Artikel 595. bis 603.
maaßgebend.
Artikel
607.
Der
Verfrachter haftet für den Schaden, welcher durch Verlust oder Beschädigung der
Güter seit der Empfangnahme bis zur Ablieferung entstanden ist, sofern er nicht
beweist, daß der Verlust oder die Beschädigung durch höhere Gewalt (vis major)
oder durch die natürliche Beschaffenheit der Güter, namentlich durch inneren
Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage und dergleichen, oder durch äußerlich
nicht erkennbare Mängel der Verpackung entstanden ist.
Verlust
und Beschädigung, welche aus einem mangelhaften Zustande des Schiffs entstehen,
der aller Sorgfalt ungeachtet nicht zu entdecken war (Artikel 560. Absatz 2.),
werden dem Verluste oder der Beschädigung durch höhere Gewalt gleichgeachtet.
Artikel
608.
Für
Kostbarkeiten, Gelder und Werthpapiere haftet der Verfrachter nur in dem Falle,
wenn diese Beschaffenheit oder Werth der Güter bei der Abladung dem Schiffer
angegeben ist.
Artikel
609.
Bevor
der Empfänger die Güter übernommen hat, kann sowohl der Empfänger als der
Schiffer, um den Zustand oder die Menge der Güter festzustellen, die
Besichtigung derselben durch zuständige Behörde oder durch die zu dem Zweck
amtlich bestellten Sachverständigen bewirken lassen.
Bei
diesem Verfahren ist die am Orte anwesende Gegenpartei zuzuziehen, sofern die
Umstände es gestatten.
Artikel
610.
Ist
die Besichtigung vor der Uebernahme nicht geschehen, so muß der Empfänger
binnen acht und vierzig Stunden nach dem Tage der Uebernahme die nachträgliche
Besichtigung der Güter nach Maaßgabe des Artikels 609. erwirken, widrigenfalls
alle Ansprüche wegen Beschädigung oder theilweisen Verlustes erlöschen. Es
macht keinen Unterschied, ob Verlust und Beschädigung äußerlich erkennbar waren
oder nicht.
Diese
Bestimmung findet keine Anwendung auf solche Verluste und Beschädigungen,
welche durch eine bösliche Handlungsweise einer Person der Schiffsbesatzung
entstanden sind.
(612)
Artikel 611.
Die
Kosten der Besichtigung hat derjenige zu tragen, welcher dieselbe beantragt
hat.
Ist
jedoch die Besichtigung von dem Empfänger beantragt, und wird ein Verlust oder
eine Beschädigung ermittelt, wofür der Verfrachter Ersatz leisten muß, so
fallen die Kosten dem letzteren zur Last.
Artikel
612.
Wenn
auf Grund des Artikels 607. für den Verlust von Gütern Ersatz geleistet werden
muß, so ist nur der Werth der verlorenen Güter zu vergüten. Dieser Werth wird
durch den Marktpreis bestimmt, welchen Güter bei Beginn der Löschung des
Schiffs oder, wenn eine Entlöschung des Schiffs an diesem Orte nicht erfolgt,
bei seiner Ankunft daselbst haben.
In
Ermangelung eines Marktpreises, oder falls über denselben oder über dessen
Anwendung, insbesondere mit Rücksicht auf die Qualität der Güter Zweifel
bestehen, wird der Preis durch Sachverständige ermittelt.
Von
dem Preise kommt in Abzug, was an Fracht, Zöllen und Unkosten in Folge des
Verlustes der Güter erspart wird.
Wird
der Bestimmungsort der Güter nicht erreicht, so tritt an Stelle des
Bestimmungsorts der Ort, wo die Reise endet, oder wenn die Reise durch Verlust
des Schiffs endet, der Ort, wohin die Ladung in Sicherheit gebracht ist.
Artikel
613.
Die
Bestimmungen des Artikels 612. finden auch auf diejenigen Güter Anwendung, für
welche der Rheder nach Artikel 510. Ersatz leisten muß.
Uebersteigt
im Falle der Verfügung über die Güter durch Verkauf der Reinerlös derselben den
im Artikel 612. bezeichneten Preis, so tritt an Stelle des letzteren der
Reinerlös.
Artikel
614.
Muß
für Beschädigung der Güter auf Grund des Artikels 607. Ersatz geleistet werden,
so ist nur die durch die Beschädigung verursachte Werthsverminderung der Güter
zu vergüten. Diese Werthsverminderung wird bestimmt durch den Unterschied
zwischen dem durch Sachverständige zu ermittelnden Verkaufswerth, welchen die
Güter im beschädigten Zustande haben, und dem im Artikel 612. bezeichneten
Preise nach Abzug der Zölle und Unkosten, soweit sie in Folge der Beschädigung
erspart sind.
Artikel
615.
Durch Annahme der Güter wird der Empfänger verpflichtet, nach Maaßgabe des Frachtvertrages oder des Konnossements, auf deren Grund die Empfangnahme geschieht, die Fracht nebst allen Nebengebühren, sowie das etwaige
(613)
Liegegeld zu bezahlen, die ausgelegten Zölle und übrigen Auslagen zu erstatten
und die ihm sonst obliegenden Verpflichtungen zu erfüllen.
Der
Verfrachter hat die Güter gegen Zahlung der Fracht und gegen Erfüllung der
übrigen Verpflichtungen des Empfängers auszuliefern.
Artikel
616.
Der
Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter früher auszuliefern, als bis die
auf denselben haftenden Beiträge zu großen Haverei, Bergungs- und Hülfskosten
und Bodmereigelder bezahlt oder sichergestellt sind.
Ist
die Verbodmung für Rechnung des Rheders geschehen, so gilt die vorstehende
Bestimmung unbeschadet der Verpflichtung des Verfrachters, für die Befreiung
der Güter von der Bodmereischuld noch vor der Auslieferung zu sorgen.
Artikel
617.
Der
Verfrachter ist nicht verpflichtet, die Güter, mögen sie verdorben oder
beschädigt sein oder nicht, für die Fracht an Zahlungsstatt anzunehmen.
Sind
jedoch Behältnisse, welche mit flüssigen Waaren angefüllt waren, während der
Reise ganz oder zum größeren Theil ausgelaufen, so können dieselben dem
Verfrachter für die Fracht und seine übrigen Forderungen (Artikel 615.) an
Zahlungsstatt überlassen werden.
Durch
die Vereinbarung, daß der Verfrachter nicht für Leckage hafte, oder durch die
Klausel: „frei von Leckage“wird dieses Recht nicht ausgeschlossen. Dieses Recht
erlischt, sobald die Behältnisse in den Gewahrsam des Abnehmers gelangt sind.
Ist
die Fracht in Bausch und Bogen bedungen, und sind nur einige Behältnisse ganz
oder zum größeren Theile ausgelaufen, so können dieselben für einen
verhältnißmäßigen Theil der Fracht und der übrigen Forderungen des Verfrachters
an Zahlungsstatt überlassen werden.
Artikel
618.
Für
Güter, welche durch irgend einen Unfall verloren gegangen sind, ist seine
Fracht zu bezahlen und die etwa vorausbezahlte zu erstatten, sofern nicht das
Gegentheil bedungen ist.
Diese
Bestimmung kommt auch dann zur Anwendung, wenn das Schiff im Ganzen oder ein
verhältnißmäßiger oder ein bestimmt bezeichneter Raum des Schiffs verfrachtet
ist. Sofern in einem solchen Falle das Frachtgeld in Bausch und Bogen bedungen
ist, berechtigt der Verlust eines Theils der Güter zu einem verhältnißmäßigen
Abzuge von der Fracht.
Artikel
619.
Ungeachtet
der Nichtablieferung ist die Fracht zu zahlen für Güter, deren Verlust in Folge
ihrer natürlichen Beschaffenheit (Artikel 607.) eingetreten ist, sowie für
Thiere, welche unterwegs gestorben sind.
(614)
Inwiefern die Fracht für Güter zu ersetzen ist, welche in Fällen der großen
Haverei aufgeopfert worden sind, wird durch die Vorschriften über die große
Haverei bestimmt.
Artikel
620.
Für
Güter, welche ohne Abrede über die Höhe der Fracht zur Beförderung übernommen
sind, ist die am Abladungsorte zur Abladungszeit übliche Fracht zu zahlen.
Für
Güter, welche über das mit dem Befrachter vereinbarte Maaß hinaus zu
Beförderung übernommen sind, ist die Fracht nach Verhältniß der bedungenen
Fracht zu zahlen.
Artikel
621.
Wenn
die Fracht nach Maaß, Gewicht oder Menge der Güter bedungen ist, so ist im
Zweifel anzunehmen, daß Maaß, Gewicht oder Menge der abgelieferten und nicht
der eingelieferten Güter für die Höhe der Fracht entscheiden soll.
Artikel
622.
Außer
der Fracht können Kaplaken, Prämien und dergleichen nicht gefordert werden,
sofern sie nicht ausbedungen sind.
Die
gewöhnlichen und ungewöhnlichen Unkosten der Schifffahrt, als Lootsengeld,
Hafengeld, Leuchtfeuergeld, Schlepplohn, Quarantainegelder, Auseisungskosten
und dergleichen, fallen in Ermangelung einer entgegenstehenden Abrede dem
Verfrachter allein zur Last, selbst wenn derselbe zu den Maaßregeln, welche die
Auslagen verursacht haben, auf Grund des Frachtvertrages nicht verpflichtet
war.
Die
Fälle der großen Haverei, sowie die Fälle der Aufwendung von Kosten zur
Erhaltung, Bergung und Rettung der Ladung werden durch diesen Artikel nicht
berührt.
Artikel
623.
Wenn
die Fracht Zeit bedungen ist, so beginnt sie in Ermangelung einer anderen
Abrede mit dem Tage zu laufen, der auf denjenigen folgt, an welchem der
Schiffer angezeigt hat, daß er zur Einnahme der Ladung, oder bei einer Reise in
Ballast, daß er zum Antritt der Reise fertig und bereit sei, sofern aber einer
Reise in Ballast diese Anzeige am Tage vor dem Antritt der Reise noch nicht
erfolgt ist, mit dem Tage, an welchem die Reise angetreten wird.
Ist
Liegegeld oder Ueberliegezeit bedungen, so beginnt in allen Fällen die
Zeitfracht erst mit dem Tage zu laufen, an welchem der Antritt der Reise
erfolgt.
Die
Zeitfracht endet mit dem Tage, an welchem die Löschung vollendet ist.
Wird
die Reise ohne Verschulden des Verfrachters verzögert oder unterbrochen, so muß
für die Zwischenzeit die Zeitfracht fortentrichtet werden, jedoch unbeschadet
der Bestimmungen der Artikel 639. und 640.
(615)
Artikel 624.
Der
Verfrachter hat wegen der Artikel 615. erwähnten Forderungen ein Pfandrecht an
den Gütern.
Das
Pfandrecht besteht, so lange die Güter zurückbehalten oder deponirt sind; es
dauert auch nach der Ablieferung noch fort, sofern es binnen dreißig Tagen nach
Beendigung derselben gerichtlich geltend gemacht wird; es erlischt jedoch,
sobald vor der gerichtlichen Geltendmachung die Güter in den Gewahrsam eines
Dritten gelangen, welcher sie nicht für den Empfänger besitzt.
Artikel
625.
Im
Falle des Streits über die Forderungen des Verfrachters ist dieser die Güter
auszuliefern verpflichtet, sobald die streitige Summe bei Gericht oder bei
einer anderen Annahme von Depositen ermächtigten Behörde oder Anstalt deponirt
ist.
Nach
Ablieferung der Güter ist der Verfrachter zu Erhebung der deponirten Summe
gegen angemessene Sicherheitsleistung berechtigt.
Artikel
626.
So
lange das Pfandrecht des Verfrachters besteht, kann das Gericht auf dessen
Ansuchen verordnen, daß die Güter ganz oder zu einem entsprechenden Theil Behufs
Befriedigung des Verfrachters öffentlich verkauft werden.
Dieses
Recht gebührt dem Verfrachter auch gegenüber den übrigen Gläubigern und der
Konkursmasse des Eigenthümers.
Das
Gericht hat die Betheiligten, wenn sie am Orte anwesend sind, über das Gesuch,
bevor der Verlauf verfügt wird, zu hören.
Artikel
627.
Hat
der Verfrachter die Güter ausgeliefert, so kann er wegen der gegen den
Empfänger ihm zustehenden Forderungen (Artikel 615.) an dem Befrachter sich
nicht erholen. Nur insoweit der Befrachter mit dem Schaden des Verfrachters
sich etwa bereichern würde, findet ein Rückgriff statt.
Artikel
628.
Hat
der Verfrachter die Güter nicht ausgeliefert, und von dem im ersten Absatz des
Artikels 626. bezeichneten Rechte Gebrauch gemacht, jedoch durch den Verkauf
der Güter seine vollständige Befriedigung nicht erhalten, so kann er an dem
Befrachter sich erholen, soweit er wegen seiner Forderungen aus dem zwischen
ihm und dem Befrachter abgeschlossenen Frachtvertrage nicht befriedigt ist.
Artikel
629.
Werden
die Güter von dem Empfänger nicht abgenommen, so ist der Befrachter
verpflichtet, den Verfrachter wegen der Fracht und der übrigen Forderungen dem
Frachtvertrage gemäß zu befriedigen.
(616)
Bei der Abnahme der Güter durch den Befrachter kommen die Artikel 593. bis 626.
in der Weise zur Anwendung, daß an Stelle des in diesen Artikeln bezeichneten
Empfängers der Befrachter tritt. Insbesondere steht in einem solchen Falle dem
Verfrachter wegen seiner Forderungen das Zurückbehaltungs- und Pfandrecht an
den Gütern nach Maaßgabe der Artikel 624. 625. 626., sowie das im Artikel 616.
bezeichnete Recht zu.
Artikel
630.
Der
Frachtvertrag tritt außer Kraft, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des
anderen verpflichtet ist, wenn vor Antritt der Reise durch einen Zufall
1) das Schiff verloren geht, insbesondere
wenn es verunglückt,
wenn es als reparaturunfähig oder reparaturunwürdig kondemnirt (Artikel 444.) und in dem letzten Falle ohne Verzug öffentlich verkauft wird,
wenn es geraubt wird,
wenn es aufgebracht oder angehalten und für gute Prise erklärt wird;
oder
2) die im Frachtvertrage nicht blos nach Art oder Gattung, sondern speziell bezeichneten Güter verloren gehen;
oder
3) die, wenn auch nicht im Frachtvertrage speziell
bezeichneten Güter verloren gehen, nachdem dieselben bereits an Bord gebracht
oder Behufs Einladung in das Schiff an der Ladungsstelle von dem Schiffer
übernommen worden sind.
Hat
aber in dem unter Ziffer 3. bezeichneten Falle der Verlust der Güter noch
innerhalb der Wartezeit (Artikel 580.) sich zugetragen, so tritt der Vertrag
nicht außer Kraft, sofern der Befrachter ohne Verzug sich bereit erklärt, statt
der verloren gegangenen andere Güter (Artikel 563.) zu liefern, und mit der
Lieferung noch innerhalb der Wartezeit beginnt. Er hat die Abladung der anderen
Güter binnen kürzester Frist zu vollenden, die etwaigen Mehrkosten dieser
Abladung zu tragen, und insoweit durch dieselbe die Wartezeit überschritten
wird, den dem Verfrachter daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Artikel
631.
Jeder
Theil ist befugt, von dem Vertrage zurückzutreten, ohne zur Entschädigung
verpflichtet zu sein:
1) wenn vor Antritt der Reise
das
Schiff mit Embargo belegt oder zum landesherrlichen Dienst oder zum Dienst
einer fremden Macht in Beschlag genommen,
der
Handel mit dem Bestimmungsort untersagt,
der
Abladungs- oder Bestimmungshafen blokirt,
(617)
die Ausfuhr der nach dem Frachtvertrage zu verschiffenden Güter aus dem
Abladungshafen oder die Einfuhr derselben in den Bestimmungshafen verboten,
durch
eine andere Verfügung von hoher Hand das Schiff am Auslaufen oder die Reise
oder die Versendung der nach dem Frachtvertrage zu liefernden Güter verhindert
wird.
In
allen vorstehenden Fällen berechtigt jedoch die Verfügung von hoher Hand nur
dann zum Rücktritt, wenn das eingetretene Hinderniß nicht voraussichtlich von
nur unerheblicher Dauer ist.
2) wenn vor Antritt der Reise ein Krieg ausbricht, in Folge
dessen das Schiff oder die nach dem Frachtvertrage zu verschiffenden Güter oder
beide nicht mehr als frei betrachtet werden können der Gefahr der Aufbringung
ausgesetzt würden.
Die Ausübung der im Artikel 563. dem Befrachter beigelegten
Befugniß ist in den Fällen der vorstehenden Bestimmungen nicht ausgeschlossen.
Artikel 632.
Wenn nach Antritt der Reise das Schiff durch einen Zufall verloren
geht (Artikel 630. Ziffer 1.), so endet der Frachtvertrag. Jedoch hat der
Befrachter, soweit Güter geborgen oder gerettet sind, die Fracht im Verhältniß
der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen (Distanzfracht).
Die Distanzfracht ist nur soweit zu zahlen, als der gerettete
Werth der Güter reicht.
Artikel 633.
Bei Berechnung der Distanzfracht kommt in Anschlag nicht
allein das Verhältniß der bereits zurückgelegten zu der noch zurückzulegenden
Entfernung, sondern auch das Verhältniß des Aufwandes an Kosten und Zeit, der
Gefahren und Mühen, welche durchschnittlich mit dem vollendeten Theile der
Reise verbunden sind, zu denen des nicht vollendeten Theiles.
Können sich die Parteien über den Betrag der Distanzfracht
nicht einigen, so entscheidet darüber der Richter nach billigem Ermessen.
Artikel 634.
Die Auflösung des Frachtvertrages ändert nichts in den Verpflichtungen des Schiffers bei Abwesenheit der Betheiligten auch nach dem Verluste des Schiffes für das Beste der Ladung zu sorgen (Artikel 504. bis 506.). Der Schiffer ist demzufolge berechtigt und verpflichtet, und zwar im Falle der Dringlichkeit auch ohne vorherige Anfrage, je nachdem es den Umständen entspricht, entweder die Ladung für Rechnung der Betheiligten mittelst eines anderen Schiffes nach dem Bestimmungshafen befördern zu lassen, oder die Auflagerung oder den Verkauf derselben zu bewirken und im Falle der Weiterbeförderung oder Auflagerung, Behufs Beschaffung der hierzu, sowie zur Erhaltung der
(618) Ladung nöthigen Mittel, einen Theil davon zu verkaufen,
oder im Falle der Weiterbeförderung die Ladung ganz oder zum Theil zu
verbodmen.
Der Schiffer ist jedoch nicht verpflichtet, die Ladung
auszuantworten oder zur Weiterbeförderung einem andern Schiffer zu übergeben,
bevor die Distanzfracht nebst den sonstigen Forderungen des Verfrachters
(Artikel 615.) und die auf der Ladung haftenden Beiträge zur großen Haverei,
Bergungs- und Hülfskosten und Bodmereigelder bezahlt oder sichergestellt sind.
Auch für die Erfüllung der nach dem ersten Absatz dieses
Artikels dem Schiffer obliegenden Pflichten haftet der Rheder mit dem Schiffe,
soweit etwas davon gerettet ist, und mit der Fracht.
Artikel 635.
Gehen nach Antritt der Reise die Güter durch einen Zufall
verloren, so endet der Frachtvertrag, ohne daß ein Theil zur Entschädigung des
anderen verpflichtet ist; insbesondere ist die Fracht weder ganz noch
theilweise zu zahlen, insofern nicht im Gesetze das Gegentheil bestimmt ist
(Artikel 619.)
Artikel 636.
Ereignet sich nach dem Antritt der Reise einer der im Artikel
631. erwähnten Zufälle, so ist jeder Theil befugt, von dem Vertrage
zurückzutreten, ohne zur Entschädigung verpflichtet zu sein.
Ist jedoch einer der im Artikel 631. unter Ziffer 1.
bezeichneten Zufälle eingetreten, so muß, bevor der Rücktritt stattfindet, auf
die Beseitigung des Hindernisses drei oder fünf Monate gewartet werden, je
nachdem das Schiff in einem Europäischen oder in einem nichteuropäischen Hafen
sich befindet.
Die Frist wird, wenn der Schiffer das Hinderniß während des
Aufenthalts in einem Hafen erfährt, von dem Tage der erhaltenen Kunde,
anderenfalls von dem Tage an berechnet, an welchem der Schiffer, nachdem er
davon in Kenntniß gesetzt worden ist, mit dem Schiffe zuerst einen Hafen
erreicht.
Die Ausladung des Schiffes erfolgt, in Ermangelung einer
anderweitigen Vereinbarung, in dem Hafen, in welchem es zur Zeit der Erklärung
des Rücktritts sich befindet.
Für den zurückgelegten Theil der Reise ist der Befrachter
Distanzfracht (Artikel 632. 633.) zu zahlen verpflichtet.
Ist das Schiff in Folge des Hindernisses in den Abgangshafen
oder in einen anderen Hafen zurückgekehrt, so wird bei Berechnung der
Distanzfracht der dem Bestimmungshafen nächste Punkt, welchen das Schiff
erreicht hat, Behufs Feststellung der zurückgelegten Entfernung zum Anhalt
genommen.
Der Schiffer ist auch in den Fällen dieses Artikels
verpflichtet, vor und nach der Auflösung des Frachtvertrags für das Beste der
Ladung nach Maaßgabe der Artikel 504. bis 506. und 634. zu sorgen.
Artikel 637.
Muß das Schiff, nachdem es die Ladung eingenommen hat, vor Antritt
(619) der Reise in dem Abladungshafen oder nach Antritt
derselben in einem Zwischen- oder Nothhafen in Folge eines der im Artikel 631.
erwähnten Ereignisse liegen bleiben, so werden die Kosten des Aufenthalts, auch
wenn die Erfordernisse der großen Haverei nicht vorliegen, über Schiff, Fracht
und Ladung nach den Grundsätzen der großen Haverei vertheilt, gleichviel ob
demnächst der Betrag aufgehoben oder vollständig erfüllt wird. Zu den Kosten
des Aufenthalts werden alle in dem zweiten Absatz des Artikels 708. Ziffer 4.
aufgeführten Kosten gezählt, diejenigen des Ein- und Auslaufens jedoch nur
dann, wenn wegen des Hindernisses ein Nothhafen angelaufen ist.
Artikel 638.
Wird nur ein Theil der Ladung vor Antritt der Reise durch
einen Zufall betroffen, welcher, hätte er die ganze Ladung betroffen, nach den
Artikeln 630. und 631. den Vertrag aufgelöst oder die Parteien zum Rücktritt
berechtigt haben würde, so ist der Befrachter nur befugt, entweder statt der
vertragsmäßigen andere Güter abzuladen, sofern durch deren Beförderung die Lage
des Verfrachters nicht erschwert wird (Artikel 563.), oder von dem Vertrage
unter der Verpflichtung zurückzutreten, die Hälfte der bedungenen Fracht und
die sonstigen Forderungen des Verfrachters zu berichtigen (Artikel 581. und
582.). Bei Ausübung dieser Rechte ist der Befrachter jedoch nicht an die sonst
einzuhaltende Zeit gebunden. Er hat sich aber ohne Verzug zu erklären, von
welchem der beiden Rechte er Gebrauch machen wolle und, wenn er die Abladung
anderer Güter wählt, dieselbe binnen kürzester Frist zu bewirken, auch die
etwaigen Mehrkosten dieser Abladung zu tragen, und insoweit durch sie die
Wartezeit überschritten wird, den dem Verfrachter daraus entstehenden Schaden
zu ersetzen.
Macht er von keinem der beiden Rechte Gebrauch, so muß er
auch für den durch Zufall betroffenen Theil der Ladung die volle Fracht
entrichten. Den durch Krieg, Ein- und Ausfuhrverbot oder eine andere Verfügung
von hoher Hand unfrei gewordenen Theil der Ladung ist er jedenfalls aus dem
Schiffe herauszunehmen verbunden.
Tritt der Zufall nach Antritt der Reise ein, so muß der
Befrachter für den dadurch betroffenen Theil der Ladung die volle Fracht auch
dann entrichten, wenn der Schiffer diesen Theil in einem anderen als dem
Bestimmungshafen zu löschen sich genöthigt gefunden und hierauf mit oder ohne
Aufenthalt die Reise fortgesetzt hat.
Durch diesen Artikel werden die Bestimmungen der Artikel 618.
und 619. nicht berührt.
Artikel 639.
Abgesehen von den Fällen der Artikel 631. bis 638. hat ein Aufenthalt, welchen die Reise vor oder nach ihrem Antritt durch Naturereignisse oder andere Zufälle erleidet, auf die Rechte und Pflichten der Parteien keinen Einfluß, es sei denn, daß der erkennbare Zweck des Vertrages durch einen solchen Aufenthalt vereitelt würde. Der Befrachter ist jedoch befugt, während jedes durch einen Zufall entstandenen, voraussichtlich längeren Aufenthalts die bereits in das Schiff geladenen Güter auf seine Gefahr und Kosten gegen Sicherheitsleistung
(620) für die rechtzeitige Wiedereinladung auszuladen.
Unterläßt er die Wiedereinladung, so hat er die volle Fracht zu zahlen. In
jedem Falle muß er den Schaden ersetzen, welcher aus der von ihm veranlassten
Wiederausladung entsteht.
Gründet sich der Aufenthalt in einer Verfügung von hoher
Hand, so ist für die Dauer derselben keine Fracht zu bezahlen, wenn diese
zeitweise bedungen war (Artikel 623.).
Artikel 640.
Muß das Schiff während der Reise ausgebessert werden, so hat
der Befrachter die Wahl, ob er die ganze Ladung an dem Orte, wo das Schiff sich
befindet, gegen Berichtigung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen des
Verfrachters (Artikel 615.) und gegen Berichtigung oder Sicherstellung der im
Artikel 616. bezeichneten Forderungen zurücknehmen, oder die Wiederherstellung
abwarten will. Im letzteren Falle ist für die Dauer der Ausbesserung keine
Fracht zu bezahlen, wenn diese zeitweise bedungen war.
Artikel 641.
Wird der Frachtvertrag in Gemäßheit der Artikel 630. bis 636.
aufgelöst, so werden die Kosten der Ausladung aus dem Schiffe von dem
Verfrachter, die übrigen Löschungskosten von dem Befrachter getragen. Hat der
Zufall jedoch nur die Ladung betroffen, so fallen die sämmtlichen Kosten der
Löschung dem Befrachter zur Last. Dasselbe gilt, wenn im Falle des Artikels
638. ein Theil der Ladung gelöscht wird. Mußte in einem solchen Falle Behufs
der Löschung ein Hafen angelaufen werden, so hat der Befrachter auch die
Hafenkosten zu tragen.
Artikel 642.
Die Artikel 630. bis 641. kommen auch zur Anwendung, wenn das
Schiff zur Einnahme der Ladung eine Zureise in Ballast nach dem Abladungshafen
zu machen hat. Die Reise gilt aber in einem solchen Falle erst dann als
angetreten, wenn sie aus dem Abladungshafen angetreten ist. Wird der Vertrag,
nachdem das Schiff den Abladungshafen erreicht hat, aber vor Antritt der Reise
aus dem letzteren aufgelöst, so erhält der Verfrachter für die Zureise eine
nach den Grundsätzen der Distanzfracht (Artikel 633.) zu bemessende
Entschädigung.
In anderen Fällen einer zusammengesetzten Reise sind die
obigen Artikel insoweit anwendbar, als Natur und Inhalt des Vertrages nicht
entgegenstehen.
Artikel 643.
Wenn der Vertrag nicht auf das Schiff im Ganzen, sondern nur
auf einen verhältnißmäßigen Theil oder einen bestimmt bezeichneten Raum des
Schiffs oder auf Stückgüter sich bezieht, so gelten die Artikel 630. bis 642.
mit folgenden Abweichungen:
1) in den Fällen der Artikel 631. und 636. ist jeder Theil sogleich nach
(621) Eintritt des Hindernisses und ohne Rücksicht auf die
Dauer desselben von dem Vertrage zurückzutreten befugt.
2) Im Falle des Artikels 638. kann von dem Befrachter das
Recht, von dem Vertrage zurückzutreten, nicht ausgeübt werden.
3) Im Falle des Artikels 639. steht dem Befrachter das Recht
der einstweiligen Löschung nur dann zu, wenn die übrigen Befrachter ihre
Genehmigung ertheilen.
4) Im Falle des Artikels 640. kann der Befrachter die Güter
gegen Entrichtung der vollen Fracht und der übrigen Forderungen nur dann
zurücknehmen, wenn während der Ausbesserung die Löschung dieser Güter ohnehin
erfolgt ist.
Die Vorschriften der Artikel 588. und 590. werden hierdurch
nicht berührt.
Artikel 644.
Nach Beendigung jeder einzelnen Abladung hat der Schiffer dem
Ablader ohne Verzug gegen Rückgabe des etwa bei der Annahme der Güter
ertheilten vorläufigen Empfangscheins ein Konnossement in so vielen Exemplaren
auszustellen, als der Ablader verlangt.
Alle Exemplare des Konnossements müssen von gleichem Inhalt
sein, dasselbe Datum haben und ausdrücken, wie viele Exemplare ausgestellt sind.
Dem Schiffer ist auf sein Verlangen von dem Ablader eine mit
der Unterschrift des letzteren versehenen Abschrift des Konnossements zu
ertheilen.
Artikel 645.
Das Konnossement enthält:
1) den
Namen des Schiffers;
2) den
Namen und die Nationalität des Schiffs;
3) den
Namen des Abladers;
4) den
Namen des Empfängers;
5) den
Abladungshafen;
6)den
Löschungshafen oder den Ort, an welchem Order über denselben einzuholen ist;
7) die
Bezeichnung der abgeladenen Güter, deren Menge und Merkzeichen;
8) die
Bestimmung in Ansehung der Fracht;
9) den
Ort und den Tag der Ausstellung;
10)die
Zahl der ausgestellten Exemplare.
Artikel 646.
Auf Verlangen des Abladers ist das Konnossement, sofern nicht
das Gegentheil vereinbart ist, an die Order des Empfängers oder lediglich an
Order zu stellen. Im letzteren Falle ist unter der Order die Order des Abladers
zu verstehen.
Das Konnossement kann auch auf den Namen des Schiffers als
Empfängers lauten.
(622) Artikel 647.
Der Schiffer ist verpflichtet, im Löschungshafen dem legitimirten
Inhaber auch nur eines Exemplars des Konnossements die Güter auszuliefern.
Zur Empfangnahme der Güter legitimirt ist derjenige, an
welchen die Güter nach dem Konnossement abgeliefert werden sollen, oder auf
welchen das Konnossement, wenn es an Order lautet, durch Indossament übertragen
ist.
Artikel 648.
Melden sich mehrere legitimirte Konnossementsinhaber, so ist
der Schiffer verpflichtet, sie sämmtlich zurückzuweisen, die Güter gerichtlich
oder in einer anderen sicheren Weise niederzulegen und die Konnossementsinhaber,
welche sich gemeldet haben, unter Angabe der Gründe seines Verfahrens hiervon
zu benachrichtigen.
Wenn die Niederlegung nicht gerichtlich geschieht, so ist er
befugt, über sein Verfahren und dessen Gründe eine öffentliche Urkunde errichten
zu lassen und wegen der daraus entstehenden Kosten in gleicher Art wie wegen
der Fracht sich an die Güter zu halten (Artikel 626.).
Artikel 649.
Die Uebergabe des an Order lautenden Konnossements an
denjenigen, welcher durch dasselbe zur Empfangnahme legitimirt wird, hat,
sobald die Güter wirklich abgeladen sind, für den Erwerb der von der Uebergabe
der Güter abhängigen Rechte dieselben rechtlichen Wirkungen wie die Uebergabe
der Güter.
Artikel 650.
Sind mehrere Exemplare eines an Order lautenden Konnossements
ausgestellt, so können vom dem Inhaber des einen Exemplars die in dem
vorstehenden Artikel bezeichneten rechtlichen Wirkungen der Uebergabe des
Konnossements zum Nachtheil desjenigen nicht geltend gemacht werden, welcher
auf Grund eines anderen Exemplars in Gemäßheit des Artikels 647. die
Auslieferung der Güter von dem Schiffer erlangt hat, bevor der Anspruch auf
Auslieferung von dem Inhaber des ersteren Exemplars erhoben worden ist.
Artikel 651.
Hat der Schiffer die Güter noch nicht ausgeliefert, so geht
unter mehreren sich meldenden Konossementsinhabern, wenn und soweit die von
denselben auf Grund der Konnossementsübergabe an den Gütern geltend gemachten
Rechte kollidiren, derjenige vor, dessen Exemplar von dem gemeinschaftlichen
Vormann, welcher mehrere Konnossementsexemplare an verschiedene Personen
übertragen hat, zuerst der einen dieser Personen dergestalt übergeben ist, daß dieselbe
zur Empfangnahme der Güter legitimirt wurde.
Bei dem nach einem anderen Orte übersandten Exemplare wird
die Zeit der Uebergabe durch den Zeitpunkt der Absendung bestimmt.
(623) Artikel 652.
Der Schiffer ist zur Ablieferung der Güter nur gegen Rückgabe
eines Exemplars des Konnossements, auf welchem die Ablieferung der Güter zu
bescheinigen ist, verpflichtet.
Artikel 653.
Das Konnossement ist entscheidend für die Rechtsverhältnisse
zwischen dem Verfrachter und dem Empfänger der Güter; insbesondere muß die
Ablieferung der Güter an den Empfänger nach Inhalt des Konnossements erfolgen.
Die in das Konnossement nicht aufgenommenen Bestimmungen des
Frachtvertrages haben gegenüber dem Empfänger keine rechtliche Wirkung, sofern
nicht auf dieselben ausdrücklich Bezug genommen ist. Wird in Ansehung der
Fracht auf den Frachtvertrag verwiesen (z.B. durch die Worte: „Fracht laut Chartepartie“),
so sind hierin die Bestimmungen über Löschzeit, Ueberliegezeit und Liegezeit
nicht als einbegriffen anzusehen.
Für die Rechtsverhältnisse zwischen Verfrachter und
Befrachter bleiben die Bestimmungen des Frachtvertrages maaßgebend.
Artikel 654.
Der Verfrachter ist für die Richtigkeit der im Konnossement
enthaltenen Bezeichnungen der abgeladenen Güter dem Empfänger verantwortlich.
Seine Haftung beschränkt sich jedoch auf den Ersatz der Minderwerths, welcher
aus der Nichtübereinstimmung der Güter mit der im Konnossement enthaltenen
Bezeichnung sich ergiebt.
Artikel 655.
Die im vorstehenden Artikel erwähnte Haftung des Verfrachters
tritt auch dann ein, wenn die Güter dem Schiffer in Verpackung oder in
geschlossenen Gefäßen übergeben sind.
Ist dieses zugleich aus dem Konnossement ersichtlich, so ist
der Verfrachter für die Richtigkeit der Bezeichnung der Güter dem Empfänger
nicht verantwortlich, sofern er beweist, daß ungeachtet der Sorgfalt eines
ordentlichen Schiffers die Unrichtigkeit der in dem Konnossement enthaltenen
Bezeichnung nicht wahrgenommen werden konnte.
Die Haftung des Verfrachters wird dadurch nicht
ausgeschlossen, daß die Identität der abgelieferten und der übernommenen Güter
nicht bestritten oder daß dieselbe von dem Verfrachter nachgewiesen ist.
Artikel 656.
Werden dem Schiffer Güter in Verpackung oder in geschlossenen
Gefäßen übergeben, so kann er das Konnossement mit dem Zusatze: „Inhalt
unbekannt“ versehen. Enthält das Konnossement diesen oder einen
gleichbedeutenden Zusatz, so ist der Verfrachter im Falle der
Nichtübereinstimmung des abgelieferten Inhalts mit dem im Konnossement
angegebenen nur insoweit verantwortlich,
(624) als ihm
bewiesen wird, daß er einen anderen als den abgelieferten Inhalt empfangen
habe.
Artikel 657.
Sind die im Konnossement
nach Zahl, Maaß oder Gewicht bezeichneten Güter dem Schiffer nicht zugezählt,
zugemessen oder zugewogen, so kann er das Konnossement mit dem Zusatze: „Zahl,
Maaß, Gewicht unbekannt" versehen. Enthält das Konnossement diesen oder einen
gleichbedeutenden Zusatz, so hat der Verfrachter die Richtigkeit der Angaben
des Konnossements über Zahl, Maaß oder Gewicht der übernommenen Güter nicht zu
vertreten.
Artikel 658.
Ist die Fracht nach Zahl,
Maaß oder Gewicht der Güter bedungen und im Konnossement Zahl, Maaß oder
Gewicht angegeben, so ist diese Angabe für die Berechnung der Fracht
entscheidend, wenn nicht das Konnossement eine abweichende Bestimmung enthält.
Als eine solche ist der Zusatz: „Zahl, Maaß, Gewicht unbekannt" oder ein
gleichbedeutender Zusatz nicht anzusetzen.
Artikel 659.
Ist das Konnossement mit
dem Zusatze: „frei von Bruch" oder: „frei von Leckage" oder: „frei von
Beschädigung" oder mit einem gleichbedeutenden Zusatze versehen, so haftet
der Verfrachter bis zum Beweise des Verschuldens des Schiffers oder einer
Person, für welche der Befrachter verantwortlich ist, nicht für Bruch oder
Leckage oder Beschädigung.
Artikel 660.
Sind dem Schiffer Güter
übergeben, deren Beschädigung, schlechte Beschaffenheit oder schlechte
Verpackung sichtbar ist, so hat er diese Mängel im Konnossement zu bemerken,
widrigenfalls er dem Empfänger dafür verantwortlich ist, auch wenn das
Konnossement mit einem der im vorhergehenden Artikel erwähnten Zusätze versehen
ist.
Artikel 661.
Nachdem der Schiffer ein
an Order lautendes Konnossement ausgestellt hat, darf er den Anweisungen des
Abladers wegen Zurückgabe oder Auslieferung der Güter nur dann Folge leisten,
wenn ihm die sämmtlichen Exemplare des Konnossements zurückgegeben werden.
Dasselbe gilt in Ansehung
der Anforderungen eines Konnossementsinhabers auf Auslieferung der Güter, so
lange der Schiffer den Bestimmungshafen nicht erreicht hat.
Handelt er diesen
Bestimmungen entgegen, so bleibt er dem rechtmäßigen Inhaber des Konnossements
verpflichtet.
Lautet das Konnossement
nicht an Order, so ist der Schiffer zur Zurückgabe oder Auslieferung der Güter,
auch ohne Beibringung eines Exemplars
(625) des
Konnossements, verpflichtet, sofern der Ablader und der im Konnossement
bezeichnete Empfänger in die Zurückgabe oder Auslieferung der Güter willigen.
Werden jedoch nicht sämmtliche Exemplare des Konnossements zurückgestellt, so
kann der Schiffer wegen der deshalb zu besorgenden Nachtheile zuvor
Sicherheitsleistung fordern.
Artikel 662.
Die Bestimmungen des
Artikels 661. kommen auch dann zur Anwendung, wenn der Frachtvertrag vor
Erreichung des Bestimmungshafens in Folge eines Zufalls nach den Artikeln 630.
bis 643. aufgelöst wird.
Artikel 663.
In Ansehung der
Verpflichtungen des Schiffers aus den von ihm geschlossenen Frachtverträgen und
ausgestellten Konnossementen hat es bei den Vorschriften den Vorschriften 478.
479. und 502. sein Bewenden.
Artikel 664.
Im Falle der
Unterverfrachtung haftet für die Erfüllung des Unterfrachtvertrages, insoweit
dessen Ausführung zu den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört und von
diesem übernommen ist, insbesondere durch Annahme der Güter und Ausstellung des
Konnossements, nicht der Unterverfrachter, sondern der Rheder mit Schiff und
Fracht (Artikel 452.).
Ob und inwieweit im Uebrigen
der Rheder oder der Unterverfrachter von dem Unterbefrachter in Anspruch
genommen werden könne, und ob im letzteren Falle der Unterverfrachter für die
Erfüllung unbeschränkt zu haften oder nur die auf Schiff und Fracht beschränkte
Haftung des Rheders zu vertreten habe, wird durch vorstehende Bestimmung nicht
berührt.
Sechster Artikel
Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Reisenden.
Artikel 665.
Ist der Reisende in dem
Ueberfahrtsvertrage genannt, so ist derselbe nicht befugt, das Recht auf die
Ueberfahrt an einen Anderen abzutreten.
Artikel 666.
Der Reisende ist
verpflichtet, alle die Schiffsordnung betreffenden Anweisungen des Schiffers zu
befolgen.
Artikel 667.
Der Reisende, welcher vor
oder nach dem Antritt der Reise sich nicht
(626) rechtzeitig an
Bord begiebt, muß das volle Ueberfahrtsgeld bezahlen, wenn der Schiffer die
Reise antritt oder fortsetzt, ohne auf ihn zu warten.
Artikel 668.
Wenn der Reisende vor dem
Antritt der Reise den Rücktritt von dem Ueberfahrtsvertrage erklärt, oder
stirbt, oder durch Krankheit oder einen anderen in seiner Person sich
ereignenden Zufall zurückzubleiben genöthigt wird, so ist nur die Hälfte des
Ueberfahrtsgeldes zu zahlen.
Wenn nach Antritt der
Reise der Rücktritt erklärt wird oder einer der erwähnten Zufälle sich
ereignet, so ist das volle Ueberfahrtsgeld zu zahlen.
Artikel 669.
Der Ueberfahrtsvertrag
tritt außer Kraft, wenn durch einen Zufall das Schiff
verloren geht (Artikel
630. Ziffer 1.).
Artikel 670.
Der Reisende ist befugt,
von dem Vertrage zurückzutreten, wenn ein Krieg ausbricht, in Folge dessen das
Schiff nicht mehr als frei betrachtet werden kann und der Gefahr der
Aufbringung ausgesetzt wäre, oder wenn die Reise durch eine das Schiff
betreffende Verfügung von hoher Hand aufgehalten wird.
Das Recht des Rücktritts
steht auch dem Verfrachter zu, wenn er in einem der vorstehenden Fälle die
Reise aufgiebt, oder wenn das Schiff hauptsächlich zur Beförderung von Gütern
bestimmt ist, und die Unternehmung unterbleiben muß, weil die Güter ohne sein
Verschulden nicht befördert werden können.
Artikel 671.
In allen Fällen, in
welchen zufolge der Artikel 669. und 670. der Ueberfahrtsvertrag aufgelöst
wird, ist sein Theil zur Entschädigung des anderen verpflichtet.
Ist jedoch die Auflösung
erst nach Antritt der Reise erfolgt, so hat der Reisende das Ueberfahrtsgeld
nach Verhältniß der zurückgelegten zur ganzen Reise zu zahlen.
Bei der Berechnung des zu
zahlenden Betrages sind die Vorschriften des Artikels 633. maaßgebend.
Artikel 672.
Muß das Schiff während
der Reise ausgebessert werden, so hat der Reisende, auch wenn er die
Ausbesserung nicht abwartet, das volle Ueberfahrtsgeld zu zahlen. Wartet er die
Ausbesserung ab, so hat ihm der Verfrachter bis zum Wiederantritt der Reise
ohne besondere Vergütung Wohnung zu gewähren, auch die nach dem
Ueberfahrtsvertrage in Ansehung der Beköstigung ihm obliegenden Pflichten
weiter zu erfüllen.
(627) Erbietet sich
jedoch der Verfrachter, den Reisenden mit einer anderen gleich guten
Schiffsgelegenheit ohne Beeinträchtigung der übrigen vertragsmäßigen Rechte
desselben nach dem Bestimmungshafen zu befördern, und weigert sich der
Reisende, von dem Anerbieten Gebrauch zu machen, so hat er auf Bewährung von
Wohnung und Kost bis zum Wiederantritt der Reise nicht weiter Anspruch.
Artikel 673.
Für den Transport der
Reise-Effekten, welche der Reisende nach dem Ueberfahrtsvertrage an Bord zu
bringen befugt ist, hat derselbe, wenn nicht ein Anderes bedungen ist, neben
dem Ueberfahrtsgelde seine besondere Vergütung zu zahlen.
Artikel 674.
Auf die an Bord
gebrachten Reise-Effekten finden die Vorschriften der Artikel 562. 594.
618. Anwendung.
Sind dieselben von dem
Schiffer oder einem dazu bestellten Dritten übernommen, so gelten für den Fall
ihres Verlustes, oder ihrer Beschädigung die Vorschriften der Artikel 607. 608.
609. 610. 611.
Auf sämmtliche von dem
Reisenden an Bord gebrachte Sachen finden außerdem die Artikel 564. 565. 566.
und 620. Anwendung.
Artikel 675.
Der Verfrachter hat wegen
des Ueberfahrtsgeldes an den von dem Reisenden an Bord gebrachten Sachen ein
Pfandrecht.
Das Pfandrecht besteht
jedoch nur so lange die Sachen zurückbehalten oder deponiert sind.
Artikel 676.
Stirbt ein Reisender, so
ist der Schiffer verpflichtet, in Ansehung der an Bord sich befindenden
Effekten desselben das Interesse der Erben nach den Umständen des Falles in
geeigneter Weise wahrzunehmen.
Artikel 677.
Wird ein Schiff zur
Beförderung von Reisenden einem Dritten verfrachtet, sei es im Ganzen oder zu
einem Theil oder dergestalt, daß eine bestimmte Zahl von Reisenden befördert
werden soll, so gelten für das Rechtsverhältniß zwischen dem Verfrachter und
dem Dritten die Vorschriften des fünften Titels, soweit die Natur der Sache die
Anwendung derselben zuläßt.
Artikel 678.
Wenn in den folgenden
Titeln dieses Buchs die Fracht erwähnt wird, so sind unter dieser, sofern nicht
das Gegentheil bestimmt ist, auch die Ueberfahrtsgelder zu verstehen.
(628) Artikel 679.
Die auf das
Auswanderungswesen sich beziehenden Landesgesetze, auch insoweit sie
privatrechtliche Bestimmungen enthalten, werden durch die Vorschriften dieses
Titel nicht berührt.
Siebenter Titel.
Von der Bodmerei.
Artikel 680.
Bodmerei im Sinne dieses
Gesetzbuchs ist ein Darlehnsgeschäft, welches von dem Schiffer als solchem
Kraft der in diesem Gesetzbuch ihm ertheilten Befugnisse unter Zusicherung
einer Prämie und unter Verpfändung von Schiff, Fracht und Ladung, oder von
einem oder mehreren dieser Gegenstände in der Art eingegangen wird, daß der
Gläubiger wegen seiner Ansprüche nur an die verpfändeten (verbodmeten)
Gegenstände nach Ankunft des Schiffs an dem Orte sich halten könne, wo die
Reise enden soll, für welche das Geschäft eingegangen ist (Bodmereireise).
Artikel 681.
Bodmerei kann von dem
Schiffer nur in folgenden Fällen eingegangen werden:
1) während das Schiff
außerhalb des Heimathshafens sich befindet, zum Zweck der Ausführung der Reise,
nach Maaßgabe der Artikel 497. 507. bis 509. und 511.;
2) während der Reise im
alleinigen Interesse der Ladungsbetheiligten zum Zweck der Erhaltung und
Weiterbeförderung der Ladung nach Maaßgabe der Artikel 504. 511. und 634.
In dem Falle der Ziffer
2. kann der Schiffer die Ladung allein verbodmen, in allen übrigen Fällen kann
er zwar das Schiff oder die Fracht allein, die Ladung aber nur zusammen mit dem
Schiff und der Fracht verbodmen.
In der Verbodmung des
Schiffs ohne Erwähnung der Fracht ist die Verbodmung der letzteren nicht
enthalten. Werden aber Schiff und Ladung verbodmet, so gilt die Fracht als
mitverbodmet.
Die Verbodmung der Fracht
ist zulässig, so lange diese der Seegefahr noch nicht entzogen ist.
Auch die Fracht
desjenigen Theils der Reise, welcher noch nicht angetreten ist, kann verbodmet
werden.
Artikel 682.
Die Höhe der
Bodmereiprämie ist ohne Beschränkung dem Uebereinkommen der Parteien
überlassen.
(629) Die Prämie umfaßt in
Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung auch die Zinsen.
Artikel 683.
Ueber die Verbodmung muß
von dem Schiffer ein Bodmereibrief ausgestellt werden. Ist dieses nicht
geschehen, so hat der Gläubiger diejenigen Rechte, welche ihm zustehen würden,
wenn der Schiffer zur Befriedigung des Bedürfnisses ein einfaches
Kreditgeschäft eingegangen wäre.
Artikel 684.
Der Bodmereigeber kann
verlangen, daß der Bodmereibrief enthalte:
1. den Namen des
Bodmereigläubigers;
2. den Kapitalbetrag der
Bodmereischuld;
3. den Betrag der
Bodmereiprämie oder den Gesammtbetrag der dem Gläubiger zu zahlenden Summe;
4. die Bezeichnung der
verbodmeten Gegenstände;
5. die Bezeichnung des
Schiffes und des Schiffers;
6. die Bodmereireife;
7. die Zeit, zu welcher
die Bodmereischuld gezahlt werden soll;
8. den Ort, wo die
Zahlung erfolgen soll;
9. die Bezeichnung der
Urkunde im Kontext als Bodmereibrief, oder die Erklärung, daß die Schuld als
Bodmereischuld eingegangen sei, oder eine andere das Wesen der Bodmerei genügend
bezeichnende Erklärung;
10. die Umstände, welche
die Eingehung der Bodmerei nothwendig gemacht haben;
11. den Tag und den Ort
der Ausstellung;
12. die Unterschrift des
Schiffers.
Die Unterschrift des
Schiffers muß auf Verlangen in beglaubigter Form ertheilt werden.
Artikel 685.
Auf Verlangen des
Bodmereigebers ist der Bodmereibrief, sofern nicht das Gegentheil vereinbart
ist, an die Order des Gläubigers oder lediglich an Order zu stellen. Im
letzteren Falle ist unter der Order die Order des Bodmereigebers zu verstehen.
Artikel 686.
Ist vor Ausstellung des
Bodmereibriefs die Nothwendigkeit der Eingehung des Geschäfts von dem
Landeskonsul oder demjenigen Konsul, welcher dessen Geschäfte zu versehen
berufen ist, und in dessen Ermangelung von dem Gericht oder der sonst
zuständigen Behörde des Orts der Ausstellung, sofern es aber auch an einer
solchen fehlt, von dem Schiffsoffizieren urkundlich bezeugt, so wird
angenommen, daß der Schiffer zur Eingehung des Geschäfts in dem vorliegenden
Umfange befugt gewesen sei.
Es findet jedoch der
Gegenbeweis statt.
(630) Artikel 687.
Der Bodmereigeber kann
die Ausstellung des Bodmereibriefs in mehreren Exemplaren verlangen.
Werden mehrere Exemplare
ausgestellt, so ist in jedem Exemplar anzugeben, wie viele ertheilt sind.
Der Bodmereibrief kann
durch Indossament übertragen werden, wenn er an Order lautet.
Der Einwand, daß der
Schiffer zur Eingehung des Geschäfts überhaupt oder in dem vorliegenden Umfange
nicht befugt gewesen sei, ist auch gegen den Indossatar zulässig.
Artikel 688.
Die Bodmereischuld ist,
sofern nicht in dem Bodmereibriefe selbst eine andere Bestimmung getroffen ist,
in dem Bestimmungshafen der Bodmereireise und am achten Tage nach der Ankunft
des Schiffs in diesem Hafen zu zahlen.
Von dem Zahlungstage an
laufen kaufmännische Zinsen von der ganzen Bodmereischuld einschließlich der
Prämie.
Die vorstehende
Zustimmung kommt nicht zur Anwendung, wenn die Prämie nach Zeit bedungen ist;
die Zeitprämie läuft aber bis zur Zahlung des Bodmereikapitals.
Artikel 689.
Zur Zahlungszeit kann die
Zahlung der Bodmereischuld dem legitimierten Inhaber auch nur eines Exemplars
des Bodmereibriefs nicht verweigert werden.
Die Zahlung kann nur
gegen Rückgabe dieses Exemplars verlangt werden, auf welchen über die Zahlung
zu quittieren ist.
Artikel 690.
Melden sich mehrere
gehörig legitimierte Bodmereibriefs-Inhaber, so sind sie sämmtlich
zurückzuweisen, die Gelder, wenn die verbodmeten Gegenstände befreit werden
sollen, gerichtlich oder in anderer sicherer Weise niederzulegen und die
Bodmereibriefs-Inhaber, welche sich gemeldet haben, unter Angabe der Gründe des
Verfahrens hiervon zu benachrichtigen.
Wenn die Niederlegung
nicht gerichtlich geschieht, so ist der Deponent befugt, über sein Verfahren
und dessen Gründe eine öffentliche Urkunde errichten zu lassen und die daraus
entstehenden Kosten von der Bodmereischuld abzuziehen.
Artikel 691.
Dem Bodmereigläubiger
fällt weder die große noch die besondere Haverei zur Last.
Insoweit jedoch die
verbodmeten Gegenstände durch große oder besondere Haverei zur Befriedigung des
Bodmereigläubigers unzureichend werden, hat derselbe den hieraus entstehenden
Nachtheil zu tragen.
(631) Artikel 692.
Die sämmtlichen verbodmeten
Gegenstände haften dem Bodmereigläubiger solidarisch.
Auch schon vor Eintritt
der Zahlungszeit kann der Gläubiger nach Ankunft des Schiffs im
Bestimmungshafen der Bodmereireise die Beschlagnahme der sämmtlichen
verbodmeten Gegenstände nachsuchen.
Artikel 693.
Der Schiffer hat für die Verwahrung und Erhaltung
der verbodmeten Gegenstände zu sorgen; er darf ohne dringende Gründe keine Handlung
vornehmen, wodurch die Gefahr für den Bodmereigeber eine größere oder eine
andere wird, als derselbe bei dem Abschlusse des Vertrages voraussetzen mußte.
Handelt er diesen
Bestimmungen zuwider, so ist er dem Bodmereigläubiger für den daraus
entstehenden Schaden verantwortlich (Artikel 479.).
Artikel 694.
Hat der Schiffer die
Bodmereireise willkürlich verändert, oder ist er von dem derselben
entsprechenden Wege willkürlich abgewichen, oder hat er nach ihrer Beendigung
die verbodmeten Gegenstände von neuem einer Seegefahr ausgesetzt, ohne daß das
Interesse des Gläubigers es geboten hat, so haftet der Schiffer dem Gläubiger
für die Bodmereischuld insoweit persönlich, als derselbe aus den verbodmeten
Gegenständen seine Befriedigung nicht erhält, es sei denn, daß er beweist, daß
die unterbliebene Befriedigung durch die Veränderung der Reise oder die
Abweichung oder die neue Seegefahr nicht verursacht ist.
Artikel 695.
Der Schiffer darf die
verbodmete Ladung vor Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers weder
ganz noch theilweise ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger für die
Bodmereischuld insoweit persönlich verpflichtet wird, als derselbe aus den
ausgelieferten Gütern zur Zeit der Auslieferung hätte befriedigt werden können.
Es wird bis zum Beweise
des Gegentheils angenommen, daß der Gläubiger seine vollständige Befriedigung
hätte erlangen könne.
Artikel 696.
Hat der Rheder in den
Fällen der Artikel 693. 694. 695. die Handlungsweise des Schiffers angeordnet,
so kommen die Vorschriften des zweiten und dritten Absatzes der Artikel 479.
zur Anwendung.
Artikel 697.
Wird zur Zahlungszeit die
Bodmereischuld nicht bezahlt, so kann der Gläubiger den öffentlichen Verlauf
der verbodmeten Schiffs und der verbodmeten
Ladung, sowie die
Ueberweisung der verbodmeten
(632) Fracht bei dem zuständigen Gericht beantragen.
Die Klage ist zu richten
in Ansehung des Schiffs und der Fracht gegen den Schiffer oder Rheder, in
Ansehung der Ladung vor der Auslieferung gegen den Schiffer, nach der
Auslieferung gegen den Empfänger, sofern dieselbe sich noch bei ihm oder einem
Anderen befindet, welcher sie für ihn besitzt.
Zum Nachtheil eines
dritten Erwerbers, welcher den Besitz der verbodmeten Ladung in gutem Glauben
erlangt hat, kann der Gläubiger von seinen Rechten keinen Gebrauch machen.
Artikel 698.
Der Empfänger, welchem
bei Annahme der verbodmeten Güter bekannt ist, daß auf ihnen eine
Bodmereischuld haftet, wird dem Gläubiger für die Schuld bis zum Werthe,
welchen die Güter zur Zeit ihrer Auslieferung hatten, insoweit persönlich
verpflichtet, als der Gläubiger, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus
den Gütern hätte befriedigt werden können.
Artikel 699.
Wird vor dem Antritt der
Bodmereireise die Unternehmung aufgegeben, so ist der Gläubiger befugt, die
sofortige Bezahlung der Bodmereischuld an dem Orte zu verlangen, an welchen die
Bodmerei eingegangen ist; er muß sich jedoch eine verhältnißmäßige
Herabsetzung der Prämie gefallen lassen; bei der Herabsetzung ist vorzugsweise
das Verhältniß der bestandenen zu der übernommenen Gefahr maaßgebend.
Wird die Bodmereireise in
einem anderen als dem Bestimmungshafen derselben beendet, so ist die
Bodmereischuld ohne einen Abzug von der Prämie in diesem anderen Hafen nach
Ablauf der vertragsmäßigen und in deren Ermangelung der achttägigen (Artikel
688.) Zahlungsfrist zu zahlen. Die Zahlungsfrist wird vom Tage der definitiven
Einstellung der Reise berechnet.
Soweit in diesem Artikel
nicht ein Anderes bestimmt ist, kommen die Artikel 689. bis 698. auch in den
vorstehenden Fällen zur Anwendung.
Artikel 700.
Die Anwendung der
Vorschriften dieses Titels wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Schiffer
zugleich Miteigenthümer oder Alleineigenthümer des Schiffs oder der Ladung oder
beider ist, oder daß er auf Grund besonderer Anweisung der Betheiligten die
Bodmerei eingegangen ist.
Artikel 701.
Die Bestimmung über die
uneigentliche Bodmerei, d. h. diejenige, welche nicht von dem Schiffer als
solchem in den im Artikel 681. bezeichneten Fällen eingegangen ist, bleiben den
Landesgesetzen vorbehalten.
(633) Achter Titel.
Von der Haverei.
Erster Abschnitt.
Große (gemeinschaftliche) Haverei und besondere Haverei.
Artikel 702.
Alle Schäden, welche dem
Schiff oder der Ladung oder beiden zum Zweck der Errettung beider aus einer
gemeinsamen Gefahr von dem Schiffer oder auf dessen Geheiß vorsätzlich zugefügt
werden, sowie auch die durch solche Maaßregeln ferner verursachten Schäden,
ingleichen die Kosten, welche zu demselben Zweck aufgewendet werden, sind große
Haverei.
Die große Haverei wird
von Schiff, Fracht und Ladung gemeinschaftlich getragen.
Artikel 703.
Alle nicht zur großen
Haverei gehörigen, durch einen Unfall verursachten Schäden und Kosten, soweit
letztere nicht unter den Artikel 622. fallen, sind besondere Haverei.
Die besondere Haverei
wird von dem Eigenthümern des Schiffs und der Ladung, von jedem für sich allein
getragen.
Artikel 704.
Die Anwendung der
Bestimmungen über große Haverei wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Gefahr
in Folge des Beschuldens eines Dritten oder auch eines Betheiligten
herbeigeführt ist.
Der Betheiligte, welchem
ein solches Verschulden zur Last fällt, kann jedoch nicht allein wegen der ihm
etwa entstandenen Schäden seine Vergütung fordern, sondern er ist auch den
Beitragspflichtigen für den Verlust verantwortlich, welche sie dadurch
erleiden, daß der Schaden als große Haverei zur Vertheilung kommt.
Ist die Gefahr durch eine
Person der Schiffsbesatzung verschuldet, so trägt die Folgen dieses Verschuldens
auch der Rheder nach Maaßgabe der Artikel 451. 452.
Artikel 705.
Die Havereivertheilung
tritt nur ein, wenn sowohl das Schiff als auch die Ladung, und zwar jeder
dieser Gegenstände entweder ganz oder theilweise wirklich gerettet worden ist.
Artikel 706.
Die Verpflichtung, von
einem geretteten Gegenstande beizutragen, wird
(634) dadurch, daß
derselbe später von besonderer Haverei betroffen wird, nur dann vollständig
aufgehoben, wenn der Gegenstand ganz verloren geht.
Artikel 707.
Der Anspruch auf Vergütung
einer zur großen Haverei gehörenden Beschädigung wird durch eine besondere
Haverei, welche den beschädigten Gegenstand später trifft, sei es, daß er von
Neuem beschädigt wird oder ganz verloren geht, nur insoweit aufgehoben, als
bewiesen wird, daß der spätere Unfall nicht allein mit dem früheren in seinem
Zusammenhange steht, sondern daß er auch den früheren Schaden nach sich gezogen
haben würde, wenn dieser nicht bereits entstanden gewesen wäre.
Sind jedoch vor Eintritt
des späteren Unfalles zur Wiederherstellung des beschädigten Gegenstandes
bereits Aufwendungen gemacht, so bleibt rücksichtlich dieser der Anspruch auf
Vergütung bestehen.
Artikel 708.
Große Haverei liegt
namentlich in folgenden Fällen vor, vorausgesetzt, daß in denselben zugleich
die Erfordernisse der Artikel 702. 704. und 705. insoweit vorhanden sind, als
in diesem Artikel nichts Besonderes bestimmt ist:
1. Wenn
Waaren, Schiffstheile oder Schiffsgeräthschaften über Bord geworfen, Masten
gekappt, Taue oder Segel weggeschnitten, Anker, Ankertaue oder Ankerketten
geschlippt oder gekappt worden sind.
Sowohl diese Schäden
selbst als die durch solche Maaßregeln an Schiff oder Ladung ferner
verursachten Schäden gehören zur großen Haverei.
2. Wenn zur
Erleichterung des Schiffs die Ladung ganz oder theilweise in
Leichterfahrzeuge übergeladen worden ist.
Es gehört zur großen
Haverei sowohl der Leichterlohn als der Schaden, welcher bei dem Ueberladen in
das Leichterfahrzeug oder bei dem Rückladen in das Schiff der Ladung oder dem
Schiff zugefügt worden ist, sowie der Schaden, welcher die Ladung auf dem
Leichterfahrzeug betroffen hat.
Muß die Erleichterung im
regelmäßigen Verlauf der Reise erfolgen, so liegt große Haverei nicht vor.
3. Wenn das Schiff
absichtlich auf den Strand gesetzt worden ist, jedoch nur wenn die Abwendung
des Unterganges oder der Nehmung damit bezweckt war.
Sowohl die durch die
Strandung einschließlich der Abbringung entstandenen Schäden, als auch die
Kosten der Abbringung gehören zur großen Haverei.
Wird das Behufs Abwendung
des Unterganges auf den Strand gesetzte Schiff nicht abgebracht oder nach der
Abbringung reparaturunfähig (Artikel 444.) befunden, so findet eine
Havereivertheilung nicht statt.
(635) Ist das Schiff
gestrandet, ohne daß die Strandung zur Rettung von Schiff und Ladung
vorsätzlich herbeigeführt war, so gehören zwar nicht die durch die Strandung
veranlaßten Schäden, wohl aber die auf die Abbringung verwendeten Kosten und
die zu diesem Zweck dem Schiff oder der Ladung absichtlich zugefügten Schäden
zur großen Haverei.
4. Wenn das Schiff zur
Vermeidung einer dem Schiff und der Ladung im Falle der Fortsetzung der Reise
drohenden gemeinsamen Gefahr in einen Nothhafen eingelaufen ist, wohin
insbesondere gehört, wenn das Einlaufen zur nothwendigen
Ausbesserung eines Schadens erfolgt, welchen das Schiff während der Reise
erlitten hat.
Es gehören in diesem
Falle zur großen Haverei: die Kosten des Einlaufens und des Auslaufens, die das
Schiff selbst treffenden Aufenthaltskosten, die der Schiffsbesatzung während
des Aufenthalts gebührende Heuer und Kost, sowie die Auslagen für die
Unterbringung der Schiffsbesatzung am Lande, wenn und so lange dieselbe an Bord
nicht hat verbleiben können, ferner, falls die Ladung wegen des Grundes,
welcher das Einlaufen in den Nothhafen herbeigeführt hat, gelöscht werden muß,
die Kosten des Von- und Anbordbringens und die Kosten der Aufbewahrung der
Ladung am Lande bis zu dem Zeitpunkte, in welchem dieselbe wieder an Bord hat
gebracht werden können.
Die sämmtlichen
Aufenthaltskosten kommen nur für die Zeit der Fortdauer des Grundes in
Rechnung, welcher das Einlaufen in den Nothhafen herbeigeführt hat. Liegt der
Grund in einer nothwendigen Ausbesserung des Schiffs, so kommen außerdem die
Aufenthaltskosten nur bis zu dem Zeitpunkte in Rechnung, in welchem die
Ausbesserung hätte vollendet sein können.
Die Kosten der
Ausbesserung des Schiffs gehören nur insoweit zur großen Haverei, als der
auszubessernde Schaden selbst große Haverei ist.
5. Wenn das Schiff gegen
Feinde oder Seeräuber verteidigt worden ist.
Die bei der Vertheidigung
dem Schiff oder der Ladung zugefügten Beschädigungen, die dabei verbrauchte
Munition und, im Fall eine Person der Schiffsbesatzung bei der Vertheidigung verwundet oder
getötet worden ist, die Heilungs- und Begräbnißkosten, sowie die zu zahlenden
Belohnung (Artikel 523. 524. 549. 551.) bilden die große Haverei.
6. Wenn im Fall der
Anhaltung des Schiffs durch Feinde oder Seeräuber Schiff und Ladung losgekauft
worden sind.Was zum Loskauf gegeben ist, bildet nebst den durch den Unterhalt
und die Auslosung der Geißeln entstandenen Kosten die große Haverei.
7. Wenn die
Beschaffung der zur Deckung der großen Haverei während der Reise erforderlichen
Gelder Verluste und Kosten verursacht hat, oder wenn durch die
Auseinandersetzung unter den Betheiligten Kosten entstanden sind.
Diese Verluste und Kosten
gehören gleichfalls zur großen Haverei.
Dahin werden insbesondere
gezählt der Verlust an den während der Reise verkauften Gütern, die
Bodmereiprämie, wenn die erforderlichen Gelder durch Bodmerei aufgenommen
worden sind, und wenn dies nicht
(636) der Fall ist,
die Prämie für Versicherung der aufgewendeten Gelder, die Kosten für die
Ermittelung der Schäden und für die Aufmachung der Rechnung über die
große Haverei (Dispache).
Artikel 709.
Nicht als große Haverei,
sondern als besondere Haverei werden angesehen:
1) die Verluste und Kosten,
welche, wenn auch während der Reise, aus der in Folge einer besonderen Haverei
nöthig gewordenen Beschaffung von Geldern entstehen;
2) die Reklamekosten, auch
wenn Schiff und Ladung zusammen und beide mit Erfolg reklamiert werden;
3) die durch Prangen
verursachte Beschädigung des Schiffs, seines Zubehörs und der Ladung, selbst
wenn, um der Strandung oder Nehmung zu entgehen, geprangt worden ist.
Artikel 710.
In den Fällen der großen
Haverei bleiben bei der Schadensberechnung die Beschädigungen und Verluste
außer Ansatz, welche die nachstehenden Gegenstände betreffen:
1) die nicht unter Deck
geladenen Güter; diese Vorschrift findet jedoch bei der Küstenschifffahrt
insofern keine Anwendung, als in Ansehung derselben Deckladungen durch die
Landesgesetze für zulässig erklärt sind (Artikel 567.);
2) diejenigen Güter,
worüber weder ein Konnossement ausgestellt ist, noch das Manifest oder Ladebuch
Auskunft giebt;
3) die Kostbarkeiten,
Gelder und Werthpaiere, welche dem Schiffer nicht gehörig bezeichnet sind
(Artikel 608.).
Artikel 711.
Der an dem Schiff und dem
Zubehör desselben entstandene, zur großen Haverei gehörige Schaden ist, wenn
die Reparatur während der Reise erfolgt, am Ort der Ausbesserung und vor
derselben, sonst an dem Ort, wo die Reise endet, durch Sachverständige zu
ermitteln und zu schätzen. Die Taxe muß die Veranschlagung der erforderlichen
Reparaturkosten enthalten. Sie ist, wenn während der Reise ausgebessert wird,
für die Schadensberechnung insoweit maaßgebend, als nicht die Ausführungskosten
unter den Anschlagssummen bleiben. War die Aufnahme einer Taxe nicht
ausführbar, so entscheidet der Betrag der auf die erforderlichen Reparaturen
wirklich verwendeten Kosten.
Insoweit die Ausbesserung
während der Reise nicht geschieht, ist die Abschätzung für die
Schadensberechnung ausschließlich maaßgebend.
(637) Artikel 712.
Der nach Maaßgabe des
vorstehenden Artikels ermittelte volle Betrag der Reparaturkosten bestimmt die
zu leistende Vergütung, wenn das Schiff zur Zeit der Beschädigung noch nicht
ein volles Jahr zu Wasser war.
Dasselbe gilt von der
Vergütung für einzelne Theile des Schiffs, namentlich, für die Metallhaut,
sowie für einzelne Theile des Zubehörs, wenn solche Theile noch nicht ein
volles Jahr in Gebrauch waren.
In den übrigen Fällen
wird von dem vollen Betrage wegen des Unterschiedes zwischen alt und neu ein
Drittel, bei den Ankerketten ein Sechstel, bei den Ankern jedoch nichts
abgezogen.
Von dem vollen Betrage
kommen ferner, in Abzug der volle Erlös oder Werth der etwa noch vorhandenen
alten Stücke, welche durch neue ersetzt sind oder zu ersetzen sind.
Findet ein solcher Abzug
und zugleich der Abzug wegen des Unterschiedes zwischen alt und neu statt, so
ist zuerst dieser letztere und sodann erst von dem verbleibenden Betrage der
andere Abzug zu machen.
Artikel 713.
Die Vergütung für
aufgeopferte Güter wird durch den Marktpreis bestimmt, welchen Güter derselben
Art und Beschaffenheit am Bestimmungsort bei Beginn der Löschung des Schiffs
haben.
In Ermangelung eines
Marktpreises, oder insofern über denselben oder über dessen Anwendung,
insbesondere mit Rücksicht auf die Qualität der Güter Zweifel bestehen, wird
der Preis durch Sachverständige ermittelt.
Von dem Preise kommt in
Abzug, was an Fracht Zöllen und Unkosten in Folge des Verlustes der Güter
erspart wird.
Zu den aufgeopferten
Gütern gehören auch diejenigen, welche zur Deckung der großen Haverei verkauft
worden sind (Artikel 708. Ziffer 7.).
Artikel 714.
Die Vergütung der Güter,
welche eine zur großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten haben, wird
bestimmt durch den Unterschied zwischen dem durch Sachverständige zu
ermittelnden Verkaufswerth, welchen die Güter im beschädigten Zustande am Bestimmungsorte
bei Beginn der Löschung des Schiffs haben, und dem im vorstehenden Artikel
bezeichneten Preise nach Abzug der Zölle und Unkosten, soweit sie in Folge der
Beschädigung erspart sind.
Artikel 715.
Die vor, bei oder nach
dem Havereifall entstandenen, zur großen Haverei nicht gehörenden
Werthsverringerungen und Verluste sind bei Berechnung der Vergütung (Artikel
713. 714.) in Abzug zu bringen.
(638) Artikel 716.
Endet die Reise für
Schiff und Ladung nicht im Bestimmungshafen, sondern an einem anderen Orte, so
tritt dieser letztere, endet die durch Verlust des Schiffs, so tritt der Ort,
wohin die Ladung in Sicherheit gebracht ist, für die Ermittelung der Vergütung
an die Stelle des Bestimmungsortes.
Artikel 717.
Die Vergütung für
entgangene Fracht wird bestimmt durch den Frachtbetrag, welcher für die
aufgeopferten Güter zu entrichten gewesen sein würde, wenn dieselben mit dem
Schiff an dem Orte ihrer Bestimmung, oder wenn dieser von dem Schiff nicht
erreicht wird, an dem Orte gelangt wären, wo die Reise endet.
Artikel 718.
Der gesammte Schaden,
welcher die große Haverei bildet, wird über das Schiff, die Ladung und die
Fracht nach Verhältniß des Werths und des Betrages derselben vertheilt.
Artikel 719.
Das Schiff nebst Zubehör
trägt bei:
1. mit dem Werthe,
welchen es in dem Zustande am Ende der Reise bei Beginn der Löschung hat;
2. mit dem als große
Haverei in Rechnung kommenden Schaden an Schiff und Zubehör.
Von dem unter Ziffer 1.
bezeichneten Werth, ist der noch vorhandene Werth derjenigen Reparaturen und
Anschaffungen abzuziehen, welche erst nach dem Havereifall erfolgt sind.
Artikel 720.
Die Ladung trägt bei:
1. mit den am Ende der
Reise bei Beginn der Löschung noch vorhandenen Gütern, oder wenn die Reise
durch den Verlust des Schiffs endet (Artikel 716.), mit den in Sicherheit
gebrachten Gütern, soweit in beiden Fällen diese Güter sich zur Zeit des
Havereifalls am Bord des Schiffs oder eines Leichterfahrzeuges (Artikel 708.
Ziffer 2.) befunden haben;
2. mit den aufgeopferten
Gütern (Artikel 713.).
Artikel 721.
Bei Ermittelung des
Betrags kommt in Ansatz:
1. für die Güter, welche
unversehrt sind, der Marktpreis oder der durch Sachverständige zu ermittelnde
Preis (Artikel 713.), welchen dieselben am Ende der Reise bei Beginn und am Ort
der Löschung des Schiffs,
(639) oder wenn die
Reise durch Verlust des Schiffs endet (Artikel 716.), zur Zeit und am Orte der
Bergung haben, nach Abzug der Fracht, Zölle und sonstigen Unkosten;
2. für die Güter, welche
während der Reise verdorben sind oder eine zur großen Haverei nicht gehörige
Beschädigung erlitten haben, der durch Sachverständige zu ermittelnde
Verkaufswerth (Artikel 714.), welchen die Güter im beschädigten Zustande zu der
unter Ziffer 1. erwähnten Zeit und an dem dort bezeichneten Orte haben, nach
Abzug der Fracht, Zölle und sonstigen Unkosten;
3. für die Güter, welche
aufgeopfert worden sind, in Betrag, welcher nach Artikel 713. für dieselben als
große Haverei in Rechnung kommt;
4. für die Güter, welche
eine zur großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten haben, der nach der
Bestimmung unter Ziffer 2. zu ermittelnde Werth, welchen die Güter im
beschädigten Zustande haben, und der Werthsunterschied, welcher nach Artikel
714. für die Beschädigung als große Haverei in Rechnung kommt.
Artikel 722.
Sind Güter geworfen, so
haben dieselben zu der gleichzeitigen oder einer späteren großen Haverei im
Fall ihrer Bergung nur dann beizutragen, wenn der Eigenthümer eine Vergütung
verlangt.
Artikel 723.
Die Frachtgelder tragen
bei mit zwei Drittel:
1) des Bruttobetrages,
welcher verdient ist;
2) des Betrages, welcher
nach Artikel 717. als große Haverei in Rechnung kommt.
Den Landesgesetzen bleibt
vorbehalten, die auf zwei Drittel bestimmte Quote bis auf die Hälfte zu
ermäßigen.
Ueberfahrtsgelder tragen
bei mit dem Betrage, welcher im Falle des Verlustes des Schiffs eingebüßt wäre
(Artikel 671.), nach Abzug der Unkosten, welche alsdann erspart sein würden.
Artikel 724.
Haftet auf einem
beitragspflichtigen Gegenstand eine, in einem späteren Nothfalle sich gründende
Forderung, so trägt der Gegenstand nur mit seinem Werthe nach Abzug dieser
Forderung bei.
Artikel 725.
Zur großen Haverei tragen
nicht bei:
1) die Kriegs- und
Mundvorräthe des Schiffs;
2) die Heuer und Effekten
der Schiffsbesatzung;
3) die Reise-Effekten der
Reisenden.
(640)
Sind Vorräte oder Effekten dieser Art aufgeopfert oder haben sie eine zur
großen Haverei gehörige Beschädigung erlitten, so wird für dieselben nach Maaßgabe
der Artikel 713. bis 717. Vergütung gewährt; für Effekten, welche in
Kostbarkeiten; Geldern oder Werthpapieren bestehen; wird jedoch nur dann
Vergütung gewährt; wenn dieselben dem Schiffer gehörig bezeichnet sind (Artikel
608.). Vorräthe und Effekten; für welche eine Vergütung gewährt wird, tragen
mit dem Werth oder dem Werthunterschied bei, welcher als große Haverei in
Rechnung kommt.
Die
im Artikel 710. erwähnten Gegenstände sind beitragspflichtig soweit sie
gerettet sind.
Die Bodmereigelder
sind nicht beitragspflichtig.
Artikel 726.
Wenn nach dem Havereifall und bis zum Beginn der Löschung am Ende der Reise ein beitragspflichtiger Gegenstand ganz verloren geht (Artikel 706.) oder zum Theil verloren geht oder im Werthe verringert wird, wohin insbesondere der Fall des Artikels 724. gehört, so tritt eine verhältnißmäßige Erhöhung der von den übrigen Gegenständen zu entrichtenden Beiträge ein.
Ist
erst nach Beginn der Löschung der Verlust oder die Werthverringerung erfolgt;
so geht der Beitrag; welcher auf dem Gegenstand fällt, soweit dieser zur
Berichtigung des selben unzureichend geworden ist, den Vergütungsberechtigten
verloren.
Artikel
727.
Die
Vergütungsberechtigten haben wegen der von dem Schiff und der Fracht zu
entrichtenden Beiträge die Rechte von Schiffsgläubigern (Tit.10.). Auch in
Ansehung der beitragspflichtigen Güter steht ihnen an den einzelnen Gütern
wegen des von diesen zu entrichtenden Beitrages ein Pfandrecht zu. Das Pfandrecht
kann jedoch nach der Auslieferung der Güter nicht zum Nachtheil des dritten
Erwerbers, welcher dem Besitz im guten Glauben erlangt hat, geltend gemacht werden.
Artikel
728.
Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung des Beitrages wird durch den Havereifall an sich nicht begründet.
Der
Empfänger beitragspflichtiger Güter wird jedoch, wenn ihm bei der Annahme der
Güter bekannt ist, daß davon ein Beitrag zu entrichten sei, für den letzteren
bis zum Werthe, welchen die Güter zur Zeit ihrer Auslieferung hatten, insoweit
persönlich verpflichtet, als der Beitrag, falls die Auslieferung nicht erfolgt
wäre, aus den Gütern hätte geleistet werden können.
Artikel
729.
Die
Feststellung und Vertheilung der Schäden erfolgt an dem Bestimmungsort und,
wenn dieser nicht ereicht wird, in dem Hafen, wo die Reise endet.
Artikel
730
Der Schiffer ist verpflichtet, die Aufmachung der Dispache ohne Verzug zu veranlassen. Handelt er dieser Verpflichtung zuwider, so macht er sich jedem Betheiligten verantwortlich.
Wird
die Aufmachung der Dispache nicht rechzeitig veranlaßt, so kann jeder Betheiligte
die Aufmachung in Antrag bringen und betreiben.
Artikel
731.
Im Gebiete dieses Gesetzbuchs wird die Dispache durch die ein für alle mal bestellten oder in deren Ermangelung durch die vom Gericht besonders ernannten Personen (Dispacheure) ausgemacht.
Jeder Betheiligte ist verpflichtet, die zur Aufmachung der Dispache erforderlichen Urkunden, soweit er sie zu seiner Verfügung hat, namentlich Chartepartieen, Konossemente und Fakturen, dem Dispacheur mitzutheilen.
Den
Landesgesetzen bleibt es vorbehalten, über das Verfahren bei Aufmachung der
Dispache und die Ausführung derselben nähere Bestimmungen zu erschaffen.
Artikel
732.
Für
die von dem Schiff zu leistenden Beiträge ist den Ladungsbetheiligten
Sicherheit zu bestellen, bevor das Schiff den Hafen verlassen darf, in welchem
nach Artikel 729. die Feststellung und Vertheilung der Schäden erfolgen muß.
Artikel
733.
Der Schiffer darf Güter, auf welchen Havereibeträge haften, vor Berichtigung oder Sicherstellung der letzteren (Artikel 616.) nicht ausliefern, widrigenfalls er, unbeschadet der Haftung der Güter, für die Beiträge persönlich verantwortlich wird.
Hat der Rheder die Handlungsweise des Schiffers angeordnet, so kommen die Vorschriften des zweiten und dritten Absatzes des Artikels 479. zur Anwendung.
Das
an den beitragspflichtigen Gütern den Vergütungsberechtigten zustehende
Pfandrecht wird für diese durch den Verfrachter ausgeübt.
Artikel
734.
Hat der Schiffer zur Fortsetzung der Reise, jedoch zum Zweck einer nicht zur großen Haverei gehörenden Aufwendung, die Ladung verbodmet oder über einen Theil derselben durch Verkauf oder Verwendung verfügt, so ist der Verlust, welchen ein Ladungsbetheiligter dadurch erleidet, daß er wegen seiner Ersatzansprüche aus Schiff und Fracht gar nicht oder nicht vollständig befriedigt werden kann (Artikel 509. 510. 613.), von sämmtlichen Ladungsbetheiligten nach den Grundsätzen der Haverei zu tragen.
Bei der Ermittelung des Verlustes ist dem Verhältniß zu den Ladungsbetheiligten
(642)
in allen Fällen, namentlich auch im Falle des zweiten Absatzes des Artikels
613., die im Artikel 713. bezeichnete Vergütung maaßgebend. Mit dem Werthe,
durch welchen diese Vergütung bestimmt wird, tragen die verkauften Güter auch
zu einer etwa eintretenden großen Haverei bei (Artikel 720.).
Artikel
735.
Ueber die außerdem nach den Grundsätzen der großen Haverei zu vertheilenden Schäden und Kosten bestimmt der Artikel 637.
Die
in den Fällen des Artikels 637. und des Artikels 734. zu entrichtenden Beiträge
und eintretenden Vergütungen steht in allen rechtlichen Beziehungen den
Beiträgen und Vergütungen in Fällen der großen Haverei gleich.
Zweiter
Abschnitt.
Schaden
durch Zusammenstoß von Schiffen.
Artikel
736.
Wenn zwei Schiffe zusammenstoßen und entweder auf einer oder auf beiden Seiten durch den Stoß Schiff oder Ladung allein, oder Schiff und Ladung beschädigt werden oder ganz verloren gehen, so ist, falls eine Person der Besatzung des einen Schiffs durch ihr Verschulden den Zusammenstoß herbeigeführt hat, der Rheder dieses Schiffs nach Maaßgabe der Artikel 451. und 452., verpflichtet, den durch den Zusammenstoß dem anderen Schiff und dessen Ladung zugefügten Schaden zu ersetzen.
Die Eigenthümer der Ladung beider Schiffe sind zum Ersatz des Schadens beizutragen nicht verpflichtet.
Die
persönliche Verpflichtung der zur Schiffsbesatzung
gehörigen Personen, für die Folgen ihres Verschuldens aufzukommen, wird durch
diesen Artikel nicht berührt.
Artikel
737.
Fällt
keiner Person der Besatzung des einen oder des anderen Schiffs ein Verschulden
zur Last, oder ist der Zusammenstoß durch beiderseitige Verschulden
herbeigeführt, so findet ein Anspruch auf Ersatz des dem einen oder anderen
oder beiden Schiffen zugefügten Schadens nicht statt.
Artikel
738.
Die
beiden vorstehenden Artikel kommen zu Anwendung ohne Unterschied, ob beide
Schiffe, oder das eine oder das andere sich in der Fahrt oder im Treiben
befinden, oder vor Anker oder am Lande befestigt liegen.
Artikel
739.
Ist ein durch den Zusammenstoß beschädigtes Schiff gesunken bevor es
(643) einen Hafen erreichen konnte, so wird vermuthet, das der Untergang des Schiffs eine Folge des Zusammenstoßes war.
Artikel 740.
Wenn
sich das Schiff unter der Führung eine Zwangslootsen befunden hat und die zur
Schiffsbesatzung gehörigen Personen die ihnen obliegenden Pflichten erfüllt
haben, so ist der Rheder des Schiffs von der Verantwortung für den Schaden frei,
welcher durch den von dem Lootsen verschuldeten Zusammenstoß entstanden ist.
Artikel
741.
Die Vorschriften dieses Abschnittes kommen auch dann zur Anwendung, wenn mehr als zwei Schiffe zusammenstoßen.
Ist
in einem solchen Falle der Zusammenstoß durch eine Person der Besatzung des
einen Schiffs verschuldet, so haftet der Rheder des letzteren auch für den
Schaden, welcher daraus entsteht, daß durch den Zusammenstoß dieses Schiffs mit
einem anderen der Zusammenstoß dieses anderen Schiffs mit einem dritten
verursacht ist.
Neunter
Titel.
Von
der Bergung und Hülfsleistung in Seenoth.
Artikel
742.
Wird in einer Seenoth ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder theilweise, nachdem sie der Verfügung der Schiffsbesatzung entzogen oder von derselben verlassen waren, von dritten Personen an sich genommen oder in Sicherheit gebracht, so haben diese Personen Anspruch auf Bergelohn.
Wird außer dem vorstehenden Fall ein Schiff oder dessen Ladung durch Hülfe dritter Personen aus Seenoth gerettet, so haben dieselben nur Anspruch auf Hülfslohn.
Der
Schiffsbesatzung des verunglückten oder gefährdeten Schiffs steht ein Anspruch
auf Berge- oder Hülfslohn nicht zu.
Artikel
743.
Wenn
noch während der Gefahr ein Vertrag über die Höhe des Berge- oder Hülfslohns
geschlossen ist, so kann derselbe wegen erheblichen Uebermaaßes der
zugesicherten Vergütung angefochten und die Herabsetzung der letzteren auf das den
Umständen entsprechende Maaß verlangt werden.
Artikel
744.
In
Ermangelung einer Vereinbarung wird die Höhe des Berge- oder Hülfslohns von dem
Richter unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nach billigen Ermessen
in Geld festgesetzt.
(644)
Artikel 745.
Der Berge- oder Hülfslohn umfaßt zugleich die Vergütung für die Aufwendungen, welche zum Zweck des Bergens und Rettens geschehen sind.
Nicht
darin enthalten sind Kosten und Gebühren der Behörden, die von den geborgenen
oder geretteten Gegenständen zu entrichtenden Zölle und sonstigen Abgaben und
die Kosten zum Zweck der Aufbewahrung, Erhaltung, Abschätzung und Veräußerung derselben.
Artikel
746.
Bei
der Bestimmung des Betrages des Berge- oder Hülfslohns kommen insbesondere in
Anschlag: der bewiesene Eifer, die verwendete Zeit, die geleisteten Dienste,
die geschehenen Aufwendungen, die Zahl der thätig gewesenen Personen, die
Gefahr, welcher dieselben ihre Person und ihre Fahrzeuge unterzogen haben,
sowie die Gefahr, welche den geborgenen oder geretteten Gegenstände gedroht
hat, und der nach Abzug der Kosten (Artikel 745. Absatz 2.) verbliebene Werth
derselben.
Artikel 747.
Der
Berge- oder Hülfslohn darf ohne übereinstimmenden Antrag der Parteien nicht auf
eine Quote des Werthes der geborgenen oder geretteten Gegenstände festgelegt
werden.
Artikel
748.
Der Betrag des Bergelohns soll den dritten Theil des Werthes der geborgenen Gegenstände (Artikel 746.) nicht übersteigen.
Nur ausnahmsweise,
wenn die Bergung mit ungewöhnlichen Anstrengungen und Gefahren verbunden war
und jener Werth zugleich ein geringer ist, kann der Betrag bis zur Hälfte des Werthes
erhöht werden.
Artikel
749.
Der Hülfslohn
ist stets unter dem Betrage festzusetzen, welchen der Bergelohn unter sonst
gleichen Umständen erreicht haben würde. Auf den Werth der geretteten
Gegenstände ist bei Bestimmung des Hülfslohns nur eine untergeordnete Rücksicht
zu nehmen.
Artikel
750.
Haben mehrere Personen an der Bergung oder Hülfsleistung sich betheiligt, so wird der Berge- oder Hülfslohn unter dieselben nach Maaßgabe der persönlichen und sachlichen Leistungen der Einzelnen und im Zweifel nach der Kopfzahl vertheilt.
Zur gleichmäßigen Theilnahme sind auch diejenigen berechtigt,
welche in derselben Gefahr der Rettung von Menschen sich unterzogen haben.
(645)
Artikel 751.
Wird ein Schiff oder dessen Ladung ganz oder theilweise von einem anderen Schiff geborgen oder gerettet, so wird der Berge- oder Hülfslohn zwischen dem Rheder, dem Schiffer und der übrigen Besatzung des anderen Schiffs, sofern nicht durch Vertrag unter ihnen ein anderes bestimmt ist, in der Art vertheilt, daß der Rheder die Hälfte, der Schiffer ein Viertel und die übrige Besatzung zusammen gleichfalls ein Viertel erhalten. Die Vertheilung unter die letztere erfolgt nach Verhältniß der Heuer, welche dem Einzelnen gebührt oder seinem Rang nach gebühren würde.
Artikel
752.
Auf
Berge- und Hülfslohn hat keinen Anspruch:
1) Wer
seine Dienste aufgedrungen, insbesondere ohne Erlaubniß des anwesenden
Schiffers das Schiff betreten hat;
2) Wer
von den geborgenen Gegenständen dem Schiffer, dem Eigenthümer oder der
zuständigen Behörde nicht sofort Anzeige gemacht hat.
Artikel
753.
Wegen der Bergungs- und Hülfskosten, wozu der Berge- und Hülfslohn gezählt wird, steht den Gläubiger ein Pfandrecht an den geborgenen oder geretteten Gegenständen, an den geborgenen Gegenständen bis zur Sicherheitsleistung zugleich das Zurückbehaltungsrecht zu.
In
Ansehung der Geltendmachung des Pfandrechts finden die Vorschriften des zweiten
und dritten Absatzes des Artikels 697. Anwendung.
Artikel
754.
Der Schiffer darf die Güter vor Befriedigung oder Sicherstellung des Gläubigers weder ganz noch theilweise ausliefern, widrigenfalls er dem Gläubiger insoweit verpflichtet wird, als derselbe aus den ausgelieferten Gütern zur Zeit der Auslieferung hätte befriedigt werden können.
Hat
der Rheder die Handlungsweise des Schiffers angeordnet, so kommen die Vorschriften
des zweiten und dritten Absatzes des Artikels 479. zur Anwendung.
Artikel
755.
Eine persönliche Verpflichtung zur Entrichtung der Bergungs- und Hülfskosten wird durch die Bergung oder Rettung an sich nicht begründet.
Der Empfänger von Gütern wird jedoch, wenn ihm bei Annahme derselben bekannt ist, daß davon Bergungs- oder Hülfskosten zu berichtigen seien, für diese Kosten insoweit persönlich verpflichtet, als dieselben, falls die Auslieferung nicht erfolgt wäre, aus den Gütern hätten berichtigt werden können.
Sind noch andere Gegenstände gemeinschaftlich mit den ausgelieferten Gütern geborgen oder gerettet, so geht die persönliche Haftung des Empfängers
(646)
über den Betrag nicht hinaus, welcher bei Vertheilung der Kosten über sämmtliche
Gegenstände auf die ausgelieferten Güter fällt.
Artikel
756.
Den Landesgesetzen bleibt vorbehalten, die Vorschriften dieses Titels zu ergänzen.
Dieselben können bestimmen, daß über die Verpflichtung zur Zahlung eines Berge- oder Hülfslohns oder über den Betrag desselben von einer anderen als einer richterlichen Behörde unter Vorbehalt des Rechtsweges (Artikel 744.) zu entscheiden sei.
Die
Bestimmung der Landesgesetze über die Wiedernehmung eines von dem Feinde
genommenen Schiffs werden durch die Vorschriften dieses Titels nicht berührt.
Zehnter Titel.
Von
den Schiffsgläubigern.
Artikel
757.
Die nachbenannten
Forderungen gewähren die Rechte eines Schiffsgläubigers:
1) die
Kosten des Zwangsverkaufs des Schiffes; zu diesen gehören auch die Kosten der
Vertheilung des Kaufgeldes, sowie die etwaigen Kosten der Bewachung, Verwahrung
und Erhaltung des Schiffs und seines Zubehörs seit der Einleitung des
Zwangsverkaufs oder seit der derselben vorausgegangenen Beschlagnahme;
2) die
in Ziffer 1. nicht begriffenen Kosten der Bewachung und Verwahrung des Schiffs
und seines Zubehörs seit der Einbringung des Schiffs in den letzten Hafen,
falls das Schiff im Wege der Zwangsvollstreckung verkauft ist;
3) die
öffentlichen Schiffs-, Schifffahrts- und Hafenabgaben, insbesondere die Tonnen-,
Leuchtfeuer-, Quarantaine- und Hafengelder;
4) die
aus den Dienst- und Heuerverträgen herrührenden Forderungen der
Schiffsbesatzung;
5) die
Lootsengelder, sowie die Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs- und Reklamekosten;
6) die
Beiträge des Schiffs zur großen Haverei;
7) die Forderungen der Bodmereigläubiger, welchen das Schiff verbodmet ist, soweit die Forderungen aus sonstigen Kreditgeschäften, welcher der Schiffer als solcher während des Aufenthalts des Schiffs außerhalb des Heimathshafens in Nothfällen abgeschlossen hat (Artikel 497. 510.), auch wenn er Miteigenthümer oder Alleineigenthümer des Schiffs ist; den Forderungen aus solchen Kreditgeschäften stehen die Forderungen wegen Lieferungen oder Leistungen gleich, welche ohne Gewährung eines
(547)
Kredits dem Schiffer als solchem während des Aufenthalts des Schiffs außerhalb
des Heimathshafens in Nothfällen zur Erhaltung des Schiffs oder zur Ausführung
der Reise gemacht sind, soweit diese Lieferungen oder Leistungen zur
Befriedigung des Bedürfnisses erforderlich waren;
8)
die Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung der Ladungsgüter und
der im zweiten Absatz des Artikels 674. erwähnten Reise-Effekten;
9) die
nicht unter eine der vorigen Ziffern fallenden Forderungen aus Rechtgeschäften,
welche der Schiffer als solcher kraft seiner gesetzlichen Befugnisse und nicht
mit Bezug auf eine besondere Vollmacht geschlossen hat (Artikel 452. Ziffer
1.), sowie die nicht unter eine der vorigen Ziffern fallenden Forderungen wegen
Nichterfüllung oder wegen unvollständiger oder mangelhafter Erfüllung eines von
dem Rheder abgeschlossenen Vertrages, insofern die Ausführung des letzteren zu
den Dienstobliegenheiten des Schiffers gehört hat (Artikel 452. Ziffer2.);
10)
die Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (Artikel
451. und 452. Ziffer 3.), auch wenn dieselbe zugleich Miteigenthümer oder
Alleineigenthümer des Schiffs ist.
Artikel
758.
Den Schiffsgläubigern, welchen das Schiff nicht schon durch Verbodmung verpfändet ist, steht ein gesetzliches Pfandrecht an dem Schiff und den Zubehör desselben zu.
Das
Pfandrecht ist gegen dritte Besitzer des Schiffs verfolgbar.
Artikel
759.
Das
gesetzliche Pfandrecht eines jeden dieser Schiffsgläubiger erstreckt sich
außerdem auf die Bruttofracht derjenigen Reise, aus welcher eine Forderung
entstanden ist.
Artikel
760.
Als
eine Reise im Sinne dieses Titels wird diejenige angesehen, zu welcher das
Schiff von neuem ausgerüstet, oder welche entweder aufgrund eines neuen
Frachtvertrages oder nach vollständiger Löschung der Ladung angetreten wird.
Artikel 761
Den
in Artikel 757. unter Ziffer 4. aufgeführten Schiffsgläubigern steht wegen der
aus einer späteren Reise entstandenen Forderungen zugleich ein gesetzliches
Pfandrecht an der Fracht der früheren Reisen zu, sofern die verschiedenen
Reisen unter denselben Dienst- und Heuervertrag fallen (Artikel 521., 536.,
538., 554.).
Artikel
762.
Auf das dem Bodmereigläubiger in Gemäßheit des Artikels 680. zustehende Pfandrecht
(647)
finden dieselben Vorschriften Anwendung, welche für das gesetzliche Pfandrecht
der übrigen Schiffsgläubiger gelten. Der Umfang des Pfandrechts des
Bodmereigläubigers bestimmt sich jedoch nach dem Inhalt des Bodmereivertrages
(Artikel 681.).
Artikel
763.
Das
einem Schiffsgläubiger zustehende Pfandrecht gilt in gleichem Maaße für
Kapital, Zinsen, Bodmereiprämie und Kosten.
Artikel
764.
Der Schiffsgläubiger, welcher ein Pfandrecht verfolgt, kann sowohl den Rheder als auch den Schiffer belangen, den letzteren auch dann, wenn das Schiff im Heimathshafen liegt (Artikel 495.).
Das
gegen den Schiffer ergangene Erkenntniß ist in Ansehung des Pfandrechts gegen
den Rheder wirksam.
Artikel
765.
Auf die Rechte eines Schiffsgläubigers hat es keinen Einfluß, daß der Rheder für die Forderung bei deren Entstehung oder später zugleich persönlich verpflichtet wird.
Diese
Vorschrift findet insbesondere auf die Forderungen der Schiffsbesatzung aus den
Dienst- und Heuerverträgen Anwendung (Artikel 453.).
Artikel
766.
Gehört
das Schiff einer Rhederei, so haftet das Schiff und die Fracht den
Schiffsgläubigern in gleicher Weise, als wenn das Schiff nur einem Rheder
gehörte.
Artikel
767.
Das
Pfandrecht der Schiffsgläubiger erlischt:
1) durch den im Inlande im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgten Verkauf des Schiffs; an Stelle des letzteren tritt für die Schiffsgläubiger das Kaufgeld.
Es müssen die Schiffsgläubiger zu Wahrnehmung ihrer Rechte öffentlich aufgefordert werden; im Uebrigen bleiben die Vorschriften über das den Verkauf betreffende Verfahren den Landesgesetzen vorbehalten;
2) durch
den von dem Schiffer im Falle der zwingenden Nothwendigkeit auf Grund seiner
gesetzlichen Befugnisse bewirkten Verkauf des Schiffs (Artikel 499.); an Stelle
des letzteren tritt für die Schiffsgläubiger das Kaufgeld, solange es bei dem
Käufer aussteht oder noch in den Händen des Schiffers ist.
(649)
Artikel 768.
Den
Landesgesetzen, bleibt vorbehalten zu bestimmen, daß auch in anderen
Veräußerungsfällen die Pfandrechte erlöschen, wenn die Schiffsgläubiger zur
Anmeldung der Pfandrechte ohne Erfolg öffentlich aufgefordert sind, oder wenn
die Schiffsgläubiger ihre Pfandrechte innerhalb einer bestimmten Frist, seitdem
das Schiff im Heimathshafen oder einem inländischen Hafen sich befunden hat,
bei der zuständigen Behörde nicht angemeldet haben.
Artikel
769.
Der
Artikel 767. findet keine Anwendung, wenn nicht das ganze Schiff sondern nur
eine oder mehrere Schiffsparten veräußert werden.
Artikel
770.
In Ansehung des Schiffs haben die Kosten des Zwangsverkaufs (Artikel 757. Ziffer 1.) und die Bewachungs- und Verwahrungskosten seit der Einbringung in den letzten Hafen (Artikel 757. Ziffer 2.) vor allen anderen Forderungen der Schiffsgläubiger den Vorzug.
Die
Kosten des Zwangsverkaufs gehen den Bewachungs- und Verwahrungskosten seit der
Einbringung in den letzten Hafen vor.
Artikel
771.
Von den übrigen Forderungen gehen die die letzte Reise (Artikel 760.) betreffenden Forderungen, zu welchen auch die nach der Beendigung der letzten Reise entstandenen Forderungen gerechnet werden, den Forderungen vor, welche die früheren Reisen betreffen.
Von den Forderungen, welche nicht die letzte Reise betreffen, gehen die eine spätere Reise betreffenden denjenigen vor, welche eine frühere Reise betreffen.
Den im Artikel 757. unter Ziffer 4. aufgeführten Schiffsgläubigern gebührt jedoch wegen der eine frühere Reise betreffenden Forderungen dasselbe Vorzugsrecht, welches ihnen wegen der eine spätere Reise betreffenden Forderungen zusteht, sofern die verschiedenen Reisen unter denselben Dienst- oder Heuervertrag fallen.
Wenn
die Bodmereireise mehrere Reisen im Sinne des Artikels 760. umfaßt, so steht
der Bodmereigläubiger denjenigen Schiffsgläubigern nach, deren Forderungen die
nach Vollendung der ersten dieser Reisen angetretenen späteren Reisen
betreffen.
Artikel
772.
Die
Forderungen, welche dieselbe Reise betreffen, sowie diejenigen, welche als
dieselbe Reise betreffend anzusehen sind (Artikel 771.), werden in
nachstehender Ordnung berichtigt:
1) die
öffentlichen Schiffs-, Schifffahrts- und Hafenabgaben (Artikel 757, Ziffer 3.);
(650)
2) die aus Dienst- und Heuerverträgen herrührenden Forderungen der
Schiffsbesatzung (Artikel 757. Ziffer 4.);
3) die
Lootsengelder, sowie die Bergungs-, Hülfs-, Loskaufs- und Reklamekosten
(Artikel 757. Ziffer 5.), die Beiträge des Schiffs zur großen Haverei (Artikel
757. Ziffer 6.), die Forderungen aus dem von dem Schiffer in Nothfällen
abgeschlossenen Bodmerei- und sonstigen Kreditgeschäften, sowie die diesen
Forderungen gleichzuachtenden Forderungen (Artikel 757. Ziffer 7.);
4) die
Forderungen wegen Nichtablieferung oder Beschädigung von Gütern und
Reise-Effekten (Artikel 757. Ziffer 8.);
5) die
im Artikel 757. unter Ziffer 9. und 10. aufgeführten Forderungen.
Artikel
773.
Von den unter Ziffer 1., 2., 4., und 5. des Artikels 772 aufgeführten Forderungen sind die unter derselben Ziffer dieses Artikels aufgeführten gleichberechtigt.
Von den unter Ziffer 3. des Artikels 772. aufgeführten Forderungen geht dagegen die später entstandene der früher entstandenen vor; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt.
Hat der Schiffer aus Anlaß desselben Nothfalls verschiedene Geschäfte abgeschlossen (Artikel 757, Ziffer 7.), so gelten die daraus herrührenden Forderungen als gleichzeitig entstanden.
Forderungen
aus Kreditgeschäften, namentlich aus Bodmereiverträgen, welche der Schiffer zu
Berichtigung früherer, unter die Ziffer 3. des Artikels 772. fallender
Forderungen eingegangen ist, sowie Forderungen aus Verträgen, welche derselbe
Behufs Verlängerung der Zahlungszeit, Anerkennung oder Erneuerung solcher
früherer Forderungen abgeschlossen hat, haben auch dann, wenn das
Kreditgeschäft oder der Vertrag zur Fortsetzung der Reise nothwendig war, nur
dasjenige Vorzugsrecht, welches der früheren Forderung zustand.
Artikel
774.
Das Pfandrecht der Schiffsgläubiger an der Fracht (Artikel 759.) ist nur solange wirksam, als die Fracht noch aussteht oder die Frachtgelder in den Händen des Schiffers sind.
Auch auf dieses Pfandrecht finden die in den vorstehenden Artikeln über die Rangordnung enthaltenen Bestimmungen Anwendung.
Im Falle der Cession der Fracht kann das Pfandrecht der Schiffsgläubiger, solange die Fracht noch aussteht oder die Frachtgelder in den Händen des Schiffers sind, auch dem Cessionar gegenüber geltend gemacht werden.
Insoweit der Rheder die Fracht eingezogen hat, haftet er den Schiffsgläubigern, welchen das Pfandrecht dadurch zum Theil oder ganz entgeht, persönlich und zwar einem jeden in der Höhe desjenigen Betrages, welcher für denselben bei Vertheilung des eingezogenen Betrages nach der gesetzlichen Rangordnung sich ergiebt.
Dieselbe persönliche Haftung des Rheders tritt ein in Ansehung der am
(650) Abladungsort zur Abladungszeit üblichen Fracht für die Güter, welche für seine Rechnung abgeladen sind.
Artikel
775.
Hat
der Rheder die Fracht zur Befriedigung eines oder mehrerer Gläubiger, welchen
ein Pfandrecht an derselben zustand, verwendet, so ist er den Gläubigern,
welchen der Vorzug gebührt hätte, nur insoweit verantwortlich, als erwiesen
wird, daß er dieselben wissentlich verkürzt hat.
Artikel
776.
Insoweit
der Rheder in dem Artikel 767. unter der Ziffer 1. und 2. erwähnten Fällen das
Kaufgeld eingezogen hat, haftet er in Höhe des eingezogenen Betrages sämmtlichen
Schiffsgläubigern in gleicher Weise persönlich, wie den Gläubigern einer Reise
im Falle der Einziehung der Fracht (Artikel 774. 775.).
Artikel
777.
Wenn der Rheder, nachdem er von der Forderung eines Schiffsgläubigers, für welche er nur mit Schiff und Fracht haftet, Kenntniß erhalten hat, das Schiff zu einer neuen Reise (Artikel 760.) in See sendet, ohne daß das Interesse des Schiffsgläubigers es geboten hat, so wird er für die Forderung in der Höhe desjenigen Betrages zugleich persönlich verpflichtet, welcher für den Gläubiger sich ergeben haben würde, falls der Werth, welchen das Schiff bei Antritt der Reise hatte, unter die Schiffsgläubiger nach der gesetzlichen Rangordnung vertheilt worden wäre.
Es wird bis zum Beweise des Gegentheils angenommen, daß der Gläubiger bei dieser Vertheilung seine vollständige Befriedigung erlangt haben würde.
Die
persönliche Verpflichtung des Rheders, welche aus der Einziehung der dem
Gläubiger haftenden Fracht entsteht (Artikel 774.), wird durch diesen Artikel
nicht berührt.
Artikel
778.
Die
Vergütung für Aufopferung oder Beschädigung in Fällen der großen Haverei tritt
für die Schiffsgläubiger anstelle desjenigen, wofür die Vergütung bestimmt ist.
Dasselbe gilt von der Entschädigung, welche im Falle des Verlustes oder der Beschädigung des Schiffs, oder wegen entzogener Fracht im Falle des Verlustes oder der Beschädigung von Gütern dem Rheder von demjenigen gezahlt werden muß, welcher den Schaden durch eine rechtwidrige Handlung verursacht hat.
Ist
die Vergütung oder Entschädigung von dem Rheder eingezogen, so haftet er in
Höhe des eingezogenen Betrages den Schiffsgläubigern in gleicher Art
persönlich, wie den Gläubigern eine Reise im Falle der Einziehung der Fracht
(Artikel 774. 775.).
Artikel
779.
Im
Falle der Konkurrenz der Schiffsgläubiger, welche ihr Pfandrecht verfolgen, mit
anderen Pfandgläubigern oder sonstigen Gläubigern, haben die Schiffsgläubiger
den Vorzug.
Artikel
780.
Die Bestimmungen der Artikel 767. und 769. über das Erlöschen der Pfandrechte der Schiffsgläubiger finden auch Anwendung auf die sonstigen Pfandrechte, welche nach den Landesgesetzen an dem Schiff oder einer Schiffspart durch Willenserklärung oder Gesetz erworben und gegen den dritten Besitzer verfolgbar sind.
Die Vorschrift des Artikels 767. Ziffer 1. tritt auch rücksichtlich der auf einem Schiffspart haftenden Pfandrechte im Falle des Zwangsverkaufs dieser Schiffspart ein.
Im Uebrigen
werden die Rechte der im ersten Absatz erwähnten Pfandrechte nicht nach den
Bestimmungen dieses Titels, sondern nach den Landesgesetzen beurtheilt.
Artikel
781.
Von den auf den Gütern wegen der Fracht, der Bodmereigelder, der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hülfskosten ( Artikel 624. 626. 680. 727. 753.) haftenden Pfandrechten steht das wegen der Fracht allen übrigen nach; unter diesen übrigen hat das später entstandene vor früher entstandenen den Vorzug; die gleichzeitig entstandenen sind gleichberechtigt. Die Forderungen aus von dem Schiffer aus Anlaß desselben Nothfalls abgeschlossenen Geschäften gelten als gleichzeitig entstanden.
In
den Fällen der großen Haverei und des Verlustes oder der Beschädigung durch
rechtwidrige Handlungen kommen die Vorschriften des Artikels 778., und in dem
Falle des von dem Schiffer zur Abwendung oder Verringerung eines Verlustes nach
Maaßgabe des dritten Absatzes des Artikel 504. bewirkten Verkaufs die
Vorschriften des Artikels 767. Ziffer 2., und wenn derjenige, dessen Rechnung
der Verkauf geschehen ist, das Kaufgeld einzieht, der Artikel 776. zur
Anwendung.
Elfter
Titel.
Von der Versicherung gegen die Gefahren der Seeschifffahrt.
Erster
Abschnitt.
Allgemeine Grundsätze.
Artikel
782.
Jedes in Geld schätzbare Interesse, welches jemand daran hat, daß
(653)
Schiff oder Ladung die Gefahren der Seeschifffahrt bestehe, kann Gegenstand der
Seeversicherung sein.
Artikel
783.
Es können insbesondere versichert werden:
das
Schiff;
die
Fracht;
die Ueberfahrtsgelder;
die
Güter;
die
Bodmereigelder;
die Havereigelder;
andere
Forderungen, zu deren Deckung Schiff, Fracht, Ueberfahrtsgelder oder Güter
dienen;
der
von der Ankunft der Güter am Bestimmungsort erwartete Gewinn (imaginärer
Gewinn);
die zu verdienende Provision;
die von dem Versicherer übernommene Gefahr (Rückversicherung).
In
der einen dieser Versicherungen ist die andere nicht enthalten.
Artikel
784.
Die
Heuerforderung des Schiffers und der Schiffsmannschaft kann nicht versichert
werden.
Artikel
785.
Der Versicherungsunternehmer kann entweder sein eigenes Interesse (Versicherung für die eigene Rechnung) oder das Interesse eines Dritten (Versicherung für fremde Rechnung), und in dem letzteren Falle mit oder ohne Bezeichnung der Person des Versicherten unter Versicherung bringen.
Es kann im Vertrage auch unbestimmt gelassen werden, ob die Versicherung für eigene oder für fremde Rechnung genommen wird (für Rechnung „wen es angeht“). Ergiebt sich bei einer Versicherung für Rechnung „wen es angeht“ da dieselbe für fremde Rechnung genommen ist, so kommen die Vorschriften über die Versicherung für fremde Rechnung zur Anwendung.
Die
Versicherung gilt als für eigene Rechnung des Versicherungsnehmers geschlossen,
wenn der Vertrag nicht ergiebt, daß sie für fremde Rechnung oder für Rechnung
„wen es angeht“ genommen ist.
Artikel
786.
Die Versicherung für fremde Rechnung ist für den Versicherer nur dann verbindlich, wenn entweder der Versicherungsnehmer zu Eingehung derselben von dem Versicherten beauftragt war, oder wenn der Mangel eines solchen Auftrages von dem Versicherungsnehmer bei dem Abschlusse des Vertrages dem Versicherer angezeigt wird.
Ist die Anzeige unterlassen, so kann der Mangel des Auftrages dadurch
(654) nicht ersetzt werden, daß der Versicherte die Versicherung nachträglich genehmigt.
Ist die Anzeige erfolgt, so ist die Verbindlichkeit der Versicherung für den Versicherer von der nachträglichen Genehmigung des Versicherten nicht abhängig.
Der
Versicherer, für welchen nach den Bestimmungen dieses Artikels der
Versicherungsvertrag unverbindlich ist, hat, selbst wenn er die
Unverbindlichkeit des Vertrages geltend macht, gleichwohl auf die volle Prämie
Anspruch.
Artikel
787.
Ist die Versicherung von einem Bevollmächtigten, von einem Geschäftsführer ohne Auftrag, oder von einem sonstigen Vertreter des Versicherten in dessen Namen geschlossen, so ist im Sinne dieses Gesetzbuchs weder der Vertreter Versicherungsnehmer, noch die Versicherung selbst eine Versicherung für fremde Rechnung.
Im
Zweifel wird angenommen, daß selbst die auf das Interesse eines benannten
Dritten sich beziehende Versicherung eine Versicherung für fremde Rechnung ist.
Artikel
788.
Der
Versicherer ist verpflichtet, eine von ihm unterzeichnete schriftliche Urkunde
(Polize) über den Versicherungsvertrag dem Versicherungsnehmer auf dessen
Verlangen auszuhändigen.
Artikel
789.
Auf die Gültigkeit des Versicherungsvertrages hat es keinen Einfluß, daß zur Zeit des Abschlusses desselben die Möglichkeit des Eintritts eine zu ersetzenden Schadens schon ausgeschlossen, oder daß der zu ersetzende Schaden bereits eingetreten ist.
Waaren jedoch beide Theile von dem Sachverhältniß unterrichtet, so ist der Vertrag als Versicherungsvertrag ungültig.
Wusste nur der Versicherer, daß die Möglichkeit des Eintritts eines zu ersetzenden Schadens schon ausgeschlossen sei, oder wusste nur der Versicherungsnehmer, daß der zu ersetzende Schaden schon eingetreten sei, so ist der Vertrag für den anderen, von dem Sachverhältniß nicht unterrichteten Theil unverbindlich Im zweiten Falle hat der Versicherer, selbst wenn er die Unverbindlichkeit des Vertrages geltend macht, gleichwohl auf die volle Prämie Anspruch.
Im
Falle der Vertrag für den Versicherungsnehmer durch einen Vertreter
abgeschlossen wird, kommt die Vorschrift des zweiten Absatzes des Artikels
810., im Falle der Versicherung für fremde Rechnung die Vorschrift des Artikels
811. und im Falle der Versicherung mehrerer Gegenstände oder einer Gesamtheit
von Gegenständen die Vorschrift des Artikels 814. zur Anwendung.
(654) Artikel 790.
Der volle Werth des versicherten Gegenstandes ist der Versicherungswerth.
Die Versicherungssumme kann den Versicherungswerth nicht übersteigen.
Soweit die Versicherungssumme den Versicherungswerth übersteigt (Ueberversicherung), hat die Versicherung keine rechtliche Geltung.
Artikel 791.
Uebersteigt im Fall einer gleichzeitigen Abschließung verschiedener Versicherungsverträge der Gesammtbetrag der Versicherungssummen den Versicherungswerth, so haften alle Versicherer zusammen nur in Höhe des Versicherungswerthes, und zwar jeder einzelne für so viele Prozente des Versicherungswerthes, als seine Versicherungssumme Prozente des Gesammtbetrages der Versicherungssummen bildet. Hierbei wird im Zweifel vermuthet, daß die Verträge gleichzeitig abgeschlossen sind.
Mehrere Versicherungsverträge, worüber eine gemeinschaftliche Polize ertheilt ist, ingleichen mehrere Versicherungsverträge, welche an demselben Tage abgeschlossen sind, gelten als gleichzeitig abgeschlossen.
Artikel 792.
Wird ein Gegenstand, welcher bereits zum vollen Werthe versichert ist, nochmals versichert, so hat die spätere Versicherung insoweit keine rechtliche Geltung, als der Gegenstand auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr bereits versichert ist (Doppelversicherung).
Ist durch die frühere Versicherung nicht der volle Werth versichert, so gilt die spätere Versicherung, insoweit sie auf dieselbe Zeit und gegen dieselbe Gefahr genommen ist, nur für den noch nicht versicherten Theil des Werthes.
Artikel 793.
Die spätere Versicherung hat jedoch ungeachtet der Eingehung der früheren Versicherung rechtliche Geltung:
1) wenn bei dem Abschlusse des späteren Vertrages mit dem Versicherer vereinbart wird, daß demselben die Rechte aus der früheren Versicherung abzutreten seien;
2) wenn die spätere Versicherung unter der Bedingung geschlossen wird, daß der Versicherer nur insoweit hafte, als der Versicherte sich an den früheren Versicherer wegen Zahlungsunfähigkeit desselben nicht zu erholen vermöge oder die frühere Versicherung nicht zu Recht bestehe;
3) wenn der frühere Versicherer mittelst Verzichtanzeige seiner Verpflichtung insoweit entlassen wird, als zur Vermeidung einer Doppelversicherung nöthig ist, und der spätere Versicherer bei Eingehung der späteren Versicherung hiervon benachrichtigt wird. Dem früheren Versicherer gebührt in
(656) diesem Fall, obschon er von seiner Verpflichtung befreit wird, gleichwohl die volle Prämie.
Artikel 794.
Im Falle der Doppelversicherung hat nicht die zuerst genommene, sondern die später genommene Versicherung rechtliche Geltung, wenn die frühere Versicherung für fremde Rechnung ohne Auftrag genommen ist, die spätere dagegen von dem Versicherten selbst genommen wird, sofern in einem solchen Falle der Versicherte entweder bei Eingehung der späteren Versicherung von der früheren noch nicht unterrichtet war, oder bei Eingehung der späteren Versicherung dem Versicherer anzeigt, daß er die frühere Versicherung zurückweise.
Die Rechte des früheren Versicherers in Ansehung der Prämie bestimmen sich in diesen Fällen nach den Vorschriften der Artikel 900. und 901.
Artikel 795.
Sind mehrere Versicherungen gleichzeitig oder nach einander geschlossen worden, so hat ein späterer Verzicht auf die gegen den einen Versicherer begründeten Rechte keinen Einfluß auf die Rechte und Verpflichtungen der übrigen Versicherer.
Artikel 796.
Wenn die Versicherungssumme den Versicherungswerth nicht erreicht, so haftet der Versicherer im Falle eines theilweisen Schadens für den Betrag desselben nur nach Verhältniß der Versicherungssumme zum Versicherungswerth.
Artikel 797.
Wird durch Vereinbarung der Parteien der Versicherungswerth auf eine bestimmte Summe (Taxe) festgestellt (taxirte Polize), so ist die Taxe unter den Parteien für den Versicherungswerth maaßgebend.
Der Versicherer ist jedoch befugt, eine Herabsetzung der Taxe zu fordern, wenn er beweist, daß dieselbe wesentlich übersetzt sei; ist imaginairer Gewinn taxirt, so hat er im Falle der Anfechtung der Taxe zu beweisen, daß dieselbe den zur Zeit des Abschlusses des Vertrages nach kaufmännischer Berechnung möglicher Weise zu erwartenden Gewinn überstiegen habe.
Eine Polize mit der Bestimmung: „vorläufig taxirt“ wird, so lange die Taxe nicht in eine feste verwandelt ist, einer nicht taxirten Polize (offenen Polize) gleichgeachtet.
Bei der Versicherung von Fracht ist die Taxe in Bezug auf einen von dem Versicherer zu ersetzenden Schaden nur dann maaßgebend, wenn dieses besonders bedungen ist.
Artikel 798.
Wenn in einem Vertrage mehrere Gegenstände oder eine Gesammtheit von Gegenständen unter einer Versicherungssumme begriffen, aber für einzelne derselben besondere Taxen vereinbart sind, so gelten die Gegenstände, welche besonders taxirt sind, auch als abgesondert versichert.
(657) Artikel 799.
Als Versicherungswerth des Schiffs gilt, wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung vereinbart haben, der Werth, welchen das Schiff in dem Zeitpunkt hat, in welchem die Gefahr für den Versicherer zu laufen beginnt.
Diese Bestimmung kommt auch dann zur Anwendung, wenn der Versicherungswerth des Schiffs taxirt ist.
Artikel 800.
Die Ausrüstungskosten, die Heuer und die Versicherungskosten können zugleich mit dem Schiff oder besonders versichert werden, insoweit sie nicht bereits durch die Versicherung der Bruttofracht versichert sind. Dieselben gelten nur dann als mit dem Schiff versichert, wenn es vereinbart ist.
Artikel 801.
Die Fracht kann bis zu ihrem Bruttobetrage versichert werden, insoweit sie nicht bereits durch die Versicherung der Ausrüstungskosten, der Heuer und der Versicherungskosten versichert ist.
Als Versicherungswerth der Fracht gilt der Betrag der in den Frachtverträgen bedungenen Fracht, und wenn eine bestimmte Fracht nicht bedungen ist, oder insoweit Güter für Rechnung des Rheders verschifft sind, der Betrag der üblichen Fracht (Artikel 620.).
Artikel 802.
Ist bei der Versicherung der Fracht nicht bestimmt, ob dieselbe ganz oder ob nur ein Teil derselben versichert sei, so gilt die ganze Fracht als versichert.
Ist nicht bestimmt, ob die Brutto- oder Nettofracht versichert sei, so gilt die Bruttofracht als versichert.
Wenn die Fracht der Hinreise und die Fracht der Zurückreise unter einer Versicherungssumme versichert sind und nicht bestimmt ist, welcher Theil der Versicherungssumme auf die Fracht der Hinreise und welcher Theil auf die Fracht der Zurückreise falle, so wird die Hälfte derselben auf die Fracht der Hinreise, die Hälfte auf die Fracht der Zurückreise gerechnet.
Artikel 803.
Als Versicherungswerth der Güter gilt, wenn die Parteien nicht eine andere Grundlage für die Schätzung vereinbart haben, derjenige Werth, welchen die Güter am Ort und zur Zeit der Abladung haben, unter Hinzurechnung aller Kosten bis an Bord einschließlich der Versicherungskosten.
Die Fracht, sowie die Kosten während der Reise und am Bestimmungsorte werden nur hinzugerechnet, sofern es vereinbart ist.
Die Bestimmungen dieses Artikels kommen auch dann zur Anwendung, wenn der Versicherungswerth der Güter taxirt ist.
(658) Artikel 804.
Sind die Ausrüstungskosten oder die Heuer, sei es selbstständig, sei es durch Versicherung der Bruttofracht, versichert, oder sind bei der Versicherung von Gütern die Fracht oder die Kosten während der Reise und am Bestimmungsorte versichert, so leistet der Versicherer für denjenigen Theil derselben keinen Erfolg, welcher in Folge eines Unfalls erspart wird.
Artikel 805.
Bei der Versicherung von Gütern ist der imaginaire Gewinn oder die Provision, selbst wenn der Versicherungswerth der Güter taxirt ist, als mitversichert nur anzusehen, sofern es im Vertrage bestimmt ist.
Ist im Falle der Mitversicherung des imaginairen Gewinnes der Versicherungswerth taxirt, aber nicht bestimmt, welcher Teil der Taxe auf den imaginairen Gewinn sich beziehe, so wird angenommen, daß zehn Prozent der Taxe auf den imaginairen Gewinn fallen. Wenn im Falle der Mitversicherung des imaginairen Gewinnes der Versicherungswerth nicht taxirt ist, so werden als imaginairer Gewinn zehn Prozent des Versicherungswerthes der Güter (Artikel 803.) als versichert betrachtet.
Die Bestimmungen des zweiten Absatzes kommen auch im Falle der Mitversicherung der Provision mit der Maaßgabe zur Anwendung, daß an Stelle der zehn Prozent zwei Prozent treten.
Artikel 806.
Ist der imaginaire Gewinn oder die Provision selbstständig versichert, der Versicherungswerth jedoch nicht taxirt, so wird im Zweifel angenommen, daß die Versicherungssumme zugleich als Taxe des Versicherungswerthes gelten soll.
Artikel 807.
Die Bodmereigelder können einschließlich der Bodmereiprämie für den Bodmereigläubiger versichert werden.
Ist bei der Versicherung von Bodmereigeldern nicht angegeben, welche Gegenstände verbodmet sind, so wird angenommen, daß Bodmereigelder auf Schiff, Fracht und Ladung versichert seien. Wenn in Wirklichkeit nicht alle diese Gegenstände verbodmet sind, so kann nur der Versicherer auf die vorstehende Bestimmung sich berufen.
Artikel 808.
Hat der Versicherer seine Verpflichtungen erfüllt, so tritt er, insoweit er einen Schaden vergütet hat, dessen Erstattung der Versicherte von einem Dritten zu fordern befugt ist, jedoch unbeschadet der Bestimmungen im zweiten Absatze des Artikels 778. und im zweiten Absatze des Artikels 781., in die Rechte des Versicherten gegen den Dritten.
Der Versicherte ist verpflichtet, dem Versicherer, wenn er es verlangt,
(659) auf dessen Kosten eine beglaubigte Anerkennungsurkunde über den Eintritt in die Rechte gegen den Dritten zu ertheilen.
Der Versicherte ist verantwortlich für jede Handlung, durch welche er jene Rechte beeinträchtigt.
Artikel 809.
Ist eine Forderung versichert, zu deren Deckung eine den Gefahren der See ausgesetzte Sache dient, so ist der Versicherte im Fall eines Schadens verpflichtet, dem Versicherer, nachdem dieser seine Verpflichtungen erfüllt hat, seine Rechte gegen den Schuldner insoweit abzutreten, als der Versicherer Ersatz geleistet hat.
Der Versicherte ist nicht verpflichtet, die ihm gegen den Schuldner zustehenden Rechte geltend zu machen, bevor er den Versicherer in Anspruch nimmt.
Zweiter Abschnitt.
Anzeigen bei dem Abschlusse des Vertrages.
Artikel 810.
Der Versicherungsnehmer ist sowohl im Falle der Versicherung für eigene Rechnung als im Falle der Versicherung für fremde Rechnung verpflichtet, bei dem Abschlusse des Vertrages dem Versicherer alle ihm bekannten Umstände anzuzeigen, welche wegen ihrer Erheblichkeit für die Beurtheilung der von dem Versicherer zu tragenden Gefahr geeignet sind, auf den Entschluß des letzteren, sich auf den Vertrag überhaupt oder unter denselben Bestimmungen einzulassen, Einfluß zu üben.
Wenn der Vertrag für den Versicherungsnehmer durch einen Vertreter desselben abgeschlossen wird, so sind auch die dem Vertreter bekannten Umstände anzuzeigen.
Artikel 811.
Im Falle der Versicherung für fremde Rechnung müssen dem Versicherer bei dem Abschlusse des Vertrages auch diejenigen Umstände angezeigt werden, welche dem Versicherten selbst oder einem Zwischenbeauftragten bekannt sind.
Die Kenntniß des Versicherten oder eines Zwischenbeauftragten kommt jedoch nicht in Betracht, wenn der Umstand denselben so spät bekannt wird, daß sie den Versicherungsnehmer ohne Anwendung außergewöhnlicher Maaßregeln vor Abschluß des Vertrages nicht mehr davon benachrichtigen können.
Die Kenntniß des Versicherten kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Versicherung ohne Auftrag und ohne Wissen desselben genommen ist.
Artikel 812.
Wenn die in den beiden vorstehenden Artikeln bezeichnete Verpflichtung nicht erfüllt wird, so ist der Vertrag für den Versicherer unverbindlich.
(660) Diese Vorschrift findet jedoch keine Anwendung, wenn der nicht angezeigte Umstand dem Versicherer bekannt war, oder als ihm bekannt vorausgesetzt werden durfte.
Artikel 813.
Wird von dem Versicherungsnehmer bei dem Abschlusse des Vertrages in Bezug auf einen erheblichen Umstand (Artikel 810.) eine unrichtige Anzeige gemacht, so ist der Vertrag für den Versicherer unverbindlich, es sei denn, daß diesem die Unrichtigkeit der Anzeige bekannt war.
Diese Bestimmung kommt zur Anwendung ohne Unterschied, ob die Anzeige wissentlich oder aus Irrthum, ob sie mit oder ohne Verschulden unrichtig gemacht ist.
Artikel 814.
Wird bei einer Versicherung mehrerer Gegenstände oder einer Gesammtheit von Gegenständen den Vorschriften der Artikel 810. bis 813. in Ansehung eines Umstandes zuwidergehandelt, welcher nur einen Theil der versicherten Gegenstände betrifft, so bleibt der Vertrag für den Versicherer in Ansehung des übrigen Theils verbindlich. Der Vertrag ist jedoch auch in Ansehung dieses Theils für den Versicherer unverbindlich, wenn erhellet, daß der letztere denselben allein unter denselben Bestimmungen nicht versichert haben würde.
Artikel 815.
Dem Versicherer gebührt in den Fällen der Artikel 810. bis 814., selbst wenn er die gänzliche oder theilweise Unverbindlichkeit des Vertrages geltend macht, gleichwohl die volle Prämie.
Dritter Abschnitt.
Verpflichtungen des Versicherten aus dem Versicherungsvertrage.
Artikel 816.
Die Prämie ist, sofern nicht ein Anderes vereinbart ist, sofort nach dem Abschlusse des Vertrages und, wenn eine Polize verlangt wird, gegen Auslieferung der Polize zu zahlen.
Zur Zahlung der Prämie ist der Versicherungsnehmer verpflichtet.
Wenn bei der Versicherung für fremde Rechnung der Versicherungsnehmer zahlungsunfähig geworden ist und die Prämie von dem Versicherten noch nicht erhalten hat, so kann der Versicherer auch den Versicherten auf Zahlung der Prämie in Anspruch nehmen.
Artikel 817.
Wird statt der versicherten Reise, bevor die Gefahr für den Versicherer zu laufen begonnen hat, eine andere Reise angetreten, so ist der Versicherer bei
(661) der Versicherung von Schiff und Fracht von jeder Haftung frei, bei anderen Versicherungen trägt der Versicherer die Gefahr für die andere Reise nur dann, wenn die Veränderung der Reise weder von dem Versicherten, noch im Auftrage oder mit Genehmigung desselben bewirkt ist.
Wird die versicherte Reise verändert, nachdem die Gefahr für den Versicherer zu laufen begonnen hat, so haftet der Versicherer nicht für die nach der Veränderung der Reise eintretenden Unfälle. Er haftet jedoch für diese Unfälle, wenn die Veränderung weder von dem Versicherten, noch im Auftrage aber mit Genehmigung desselben bewirkt, oder wenn sie durch einen Nothfall oder mit Genehmigung desselben bewirkt, oder wenn sie durch einen Nothfall verursacht ist, es sei denn, daß der letztere in einer Gefahr sich gründet, welche der Versicherer nicht zu tragen hat.
Die Reise ist verändert, sobald der Entschluß, dieselbe nach einem anderen Bestimmungshafen zu richten, zur Ausführung gebracht wird, sollten auch die Wege nach beiden Bestimmungshäfen sich noch nicht geschieden haben. Diese Vorschrift gilt sowohl für die Fälle des ersten, als für die Fälle des zweiten Absatzes dieses Artikels.
Artikel 818.
Wenn von dem Versicherten oder im Auftrage oder mit Genehmigung desselben der Antritt oder die Vollendung der Reise ungebührlich verzögert, von dem der versicherten Reise entsprechenden Wege abgewichen oder ein Hafen angelaufen wird, dessen Angehung als in der versicherten Reise begriffen nicht erachtet werden kann, oder wenn der Versicherte in anderer Weise eine Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr veranlaßt, namentlich eine in dieser Beziehung ertheilte besondere Zusage nicht erfüllt, so haftet der Versicherer nicht für die später sich ereignenden Unfälle.
Diese Wirkung tritt jedoch nicht ein:
1) wenn erhellet, daß die Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr keinen Einfluß auf den späteren Unfall hat üben können;
2) wenn die Vergrößerung oder Veränderung der Gefahr, nachdem die Gefahr für den Versicherer bereits zu laufen begonnen hat, durch einen Nothfall verursacht ist, es sei denn, daß der letztere in einer Gefahr sich gründet, welche der Versicherer nicht zu tragen hat;
3) wenn der Schiffer zu der Abweichung von dem Wege durch das Gebot der Menschlichkeit genöthigt ist.
Artikel 819.
Wird bei dem Abschlusse des Vertrages der Schiffer bezeichnet, so ist in dieser Bezeichnung allein noch nicht die Zusage enthalten, daß der benannte Schiffer auch die Führung des Schiffs behalten werde.
Artikel 820.
Bei der Versicherung von Gütern haftet der Versicherer für keinen Unfall, wenn und insoweit die Beförderung derselben nicht mit dem zum Transport
(662) bestimmten Schiff geschieht. Er haftet jedoch nach Maaßgabe des Vertrages, wenn die Güter, nachdem die Gefahr für ihn bereits zu laufen begonnen hat, ohne Auftrag und ohne Genehmigung des Versicherten in anderer Art als mit dem zum Transport bestimmten Schiff weiter befördert werden, oder wenn dies in Folge eines Unfalls geschieht, es sei denn, daß der letztere in einer Gefahr sich gründet, welche der Versicherer nicht zu tragen hat.
Artikel 821.
Bei der Versicherung von Gütern ohne Bezeichnung des Schiffs oder der Schiffe (in unbestimmten oder unbenannten Schiffen) muß der Versicherte, sobald er Nachricht erhält, in welches Schiff versicherte Güter abgeladen sind, diese Nachricht dem Versicherer mittheilen.
Im Falle der Nichterfüllung dieser Verpflichtung haftet der Versicherer für keinen Unfall, welcher den abgeladenen Gütern zustößt.
Artikel 822.
Jeder Unfall muß, sobald der Versicherungsnehmer oder der Versicherte, wenn dieser von der Versicherung Kenntniß hat, Nachricht von dem Unfall erhält, dem Versicherer angezeigt werden, widrigenfalls der Versicherer befugt ist, von der Entschädigungssumme den Betrag abzuziehen, um welchen dieselbe bei rechtzeitiger Anzeige sich gemindert hätte.
Artikel 823.
Der Versicherte ist verpflichtet, wenn ein Unfall sich zuträgt, sowohl für die Rettung der versicherten Sachen, als für die Abwendung größerer Nachtheile thunlichst zu sorgen.
Er hat jedoch, wenn thunlich, über die erforderlichen Maaßregeln vorher mit dem Versicherer Rücksprache zu nehmen.
Vierter Abschnitt
Umfang der Gefahr
Artikel 824.
Der Versicherer trägt alle Gefahren, welchen Schiff oder Ladung während der Dauer der Versicherung ausgesetzt sind, soweit nicht durch die nachfolgenden Bestimmungen oder durch Vertrag ein Anderes bestimmt ist.
Er trägt insbesondere:
1) Die Gefahr der Elementarereignisse und der sonstigen Seeunfälle, selbst wenn diese durch das Verschulden eines Dritten veranlaßt sind, als:
Einbringen des Seewassers, Strandung, Schiffbruch, Sinken, Feuer, Explosion, Blitz, Erdbeben, Beschädigung durch Eis u. s. w.;
2) die Gefahr des Krieges und der Verfügung von hoher Hand;
(663) 3) die Gefahr des auf Antrag eines Dritten verhängten, von dem Versicherten nicht verschuldeten Arrestes;
4) die Gefahr des Diebstahls, sowie die Gefahr des Seeraubes, der Plünderung und sonstiger Gewaltthätigkeiten;
5) die Gefahr der Verbodmung der versicherten Güter zur Fortsetzung der Reise oder der Verfügung über dieselben durch Verkauf oder durch Verwendung zu gleichem Zweck (Artikel 507 bis 510. 734.);
6) die Gefahr der Unredlichkeit oder des Verschuldens einer Person der Schiffsbesatzung, sofern daraus für den versicherten Gegenstand ein Schaden entsteht;
7) die Gefahr des Zusammenstoßes von Schiffen und zwar ohne Unterschied, ob der Versicherte in Folge des Zusammenstoßes unmittelbar oder ob er mittelbar dadurch einen Schaden erleidet, daß er den einem Dritten zugefügten Schaden zu ersetzen hat.
Artikel 825.
Dem Versicherer fallen die nachstehend bezeichneten Schäden nicht zur Last:
1) bei der Versicherung von Schiff oder Fracht:
der Schaden, welcher daraus entsteht, daß das Schiff in einem nicht seetüchtigen Zustande oder nicht gehörig ausgerüstet oder bemannt oder ohne die erforderlichen Papiere (Artikel 480) in See gesandt ist;
der Schaden, welcher außer dem Falle des Zusammenstoßes von Schiffen daraus entsteht, daß der Rheder für den durch eine Person der Schiffsbesatzung einem Dritten zugefügten Schaden haften muß (Artikel 451. und 452.);
2) bei einer auf das Schiff sich beziehenden Versicherung:
der Schaden an Schiff und Zubehör, welcher nur eine Folge der Abnutzung des Schiffs im gewöhnlichen Gebrauch ist;
der Schaden an Schiff und Zubehör, welcher nur durch Alter, Fäulniß oder Wurmfraß verursacht wird;
3) bei einer auf Güter der Fracht sich beziehenden Versicherung der Schaden, welcher durch die natürliche Beschaffenheit der Güter, namentlich durch inneren Verderb, Schwinden, gewöhnliche Leckage u. dgl., oder durch mangelhafte Verpackung der Güter entsteht oder an diesen durch Ratten oder Mäuse verursacht wird; wenn jedoch die Reise durch einen Unfall, für welchen der Versicherer haftet, ungewöhnlich verzögert wird, so hat der Versicherer den unter dieser Ziffer bezeichneten Schaden in dem Maaße zu ersetzen, in welchem die Verzögerung dessen Ursache ist;
4) der Schaden, welcher in einem Verschulden des Versicherten sich gründet, und bei der Versicherung von Gütern oder imaginairem Gewinn auch der
(664) Schaden, welcher durch ein dem Ablader, Empfänger oder Kargadeur in dieser ihrer Eigenschaft zur Last fallendes Verschulden entsteht.
Artikel 826.
Die Verpflichtung des Versicherers zum Ersatze eines Schadens tritt auch dann ein, wenn dem Versicherten ein Anspruch auf dessen Vergütung gegen den Schiffer oder eine andere Person zusteht. Der Versicherte kann sich wegen Ersatzes des Schadens zunächst an den Versicherer halten. Er hat jedoch dem Versicherer die zur wirksamen Verfolgung eines solchen Anspruchs etwa erforderliche Hülfe zu gewähren, auch für die Sicherstellung des Anspruchs durch Einbehaltung der Fracht, Auswirkung der Beschlagnahme des Schiffs oder in sonst geeigneter Weise auf Kosten des Versicherers die nach den Umständen angemessene Sorge zu tragen (Artikel 823).
Artikel 827.
Bei der Versicherung des Schiffs für eine Reise beginnt die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkt, in welchem mit der Einnahme der Ladung oder Ballastes angefangen wird, oder, wenn weder Ladung noch Ballast einzunehmen ist, mit dem Zeitpunkt der Abfahrt des Schiffs. Sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung der Ladung oder des Ballastes im Bestimmungshafen beendigt ist.
Wird die Löschung von dem Versicherten ungebührlich verzögert, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung beendigt sein würde, falls ein solcher Verzug nicht stattgefunden hätte.
Wird vor Beendigung der Löschung für eine neue Reise Ladung oder Ballast eingenommen, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem mit der Einnahme der Ladung oder des Ballastes begonnen wird.
Artikel 828.
Sind Güter, imaginairer Gewinn oder die von verschifften Gütern zu verdienende Provision versichert, so beginnt die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter zum Zweck der Einladung in das Schiff oder in die Leichterfahrzeuge vom Lande scheiden; sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem die Güter im Bestimmungshafen wieder an das Land gelangen.
Wird die Löschung von dem Versicherten oder bei der Versicherung von Gütern oder imaginairem Gewinn von dem Versicherten oder von einer der im Artikel 825. unter Ziffer 4. bezeichneten Personen ungebührlich verzögert, so endet die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Löschung beendigt sein würde, falls ein solcher Verzug nicht stattgefunden hätte.
Bei der Einladung und Ausladung trägt der Versicherer die Gefahr der ortsgebräuchlichen Benutzung von Leichterfahrzeugen.
Artikel 829.
Bei der Versicherung der Fracht beginnt und endet die Gefahr in Ansehung
(665) der Unfälle, welchen das Schiff und dadurch die Fracht ausgesetzt ist, mit demselben Zeitpunkt, in dem die Gefahr bei der Versicherung des Schiffs für dieselbe Reise beginnen und enden würde, in Ansehung der Unfälle, welchen die Güter ausgesetzt sind und dadurch die Fracht ausgesetzt ist, mit demselben Zeitpunkt, in welchem die Gefahr bei der Versicherung der Güter für dieselbe Reise beginnen und enden würde.
Bei der Versicherung von Ueberfahrtsgeldern beginnt und endet die Gefahr mit demselben Zeitpunkt, in welchem die Gefahr bei der Versicherung des Schiffs beginnen und enden würde.
Der Versicherer von Fracht und Ueberfahrtsgeldern haftet für einen Unfall, von welchem das Schiff betroffen wird, nur insoweit, als Fracht - oder Ueberfahrtsverträge bereits abgeschlossen sind, und wenn der Rheder Güter für seine Rechnung verschifft, nur insoweit, als dieselben zum Zweck der Einladung in das Schiff oder in die Leichterfahrzeuge bereits vom Lande geschieden sind.
Artikel 830.
Bei der Versicherung von Bodmerei und Havereigeldern beginnt die Gefahr mit dem Zeitpunkt, in welchem die Gelder vorgeschossen sind, oder wenn der Versicherte selbst die Havereigelder verausgabt hat, mit dem Zeitpunkt, in welchem dieselben verwendet sind; sie endet mit dem Zeitpunkt, in welchem sie bei einer Versicherung der Gegenstände, welchen verbodmet oder worauf die Havereigelder verwendet sind, enden würde.
Artikel 831.
Die begonnene Gefahr läuft für den Versicherer während der bedungenen Zeit oder der versicherten Reise ununterbrochen fort. Der Versicherer trägt insbesondere die Gefahr auch während des Aufenthalts in einem Noth - oder Zwischenhafen und im Falle der Versicherung für die Hin - und Rückreise während des Aufenthalts des Schiffs in dem Bestimmungshafen der Hinreise.
Müssen die Güter einstweilen gelöscht werden oder wird das Schiff zur Reparatur an das Land gebracht, so trägt der Versicherer die Gefahr auch während die Güter oder das Schiff sich am Lande befinden.
Artikel 832.
Wenn nach dem Beginn der Gefahr die versicherte Reise freiwillig oder gezwungen aufgegeben wird, so tritt in Ansehung der Beendigung der Gefahr der Hafen, in welchem die Reise beendigt wird, an die Stelle des Bestimmungshafens. Werden die Güter, nachdem die Reise des Schiffs aufgegeben ist, in anderer Art als mit dem zum Transport bestimmten Schiff nach dem Bestimmungshafen weiter befördert, so läuft in Betreff derselben die begonnene Gefahr fort, auch wenn die Weiterbeförderung ganz oder zum Theil zu Lande geschieht. Der Versicherer trägt in solchen Fällen zugleich die Kosten der früheren Löschung, die Kosten der einstweiligen Lagerung und die Mehrkosten der Weiterbeförderung, auch wenn diese zu Lande erfolgt.
(666) Artikel 833.
Die Artikel 831. und 832. gelten nur unbeschadet der in den Artikel 818. und 820. enthaltenen Vorschriften.
Artikel 834.
Ist die Dauer der Versicherung nach Tagen, Wochen, Monaten oder Jahren bestimmt, so wird die Zeit nach dem Kalender und der Tag von Mitternacht zu Mitternacht berechnet. Der Versicherer trägt die Gefahr während des Anfangstages und Schlußtages.
Bei der Berechnung der Zeit ist der Ort, wo das Schiff sich befindet, maaßgebend.
Artikel 835.
Wenn im Falle der Versicherung des Schiffs auf Zeit dasselbe bei dem Ablauf der Vertrage festgesetzten Versicherungszeit unterwegs ist, so gilt die Versicherung in Ermangelung einer entgegenstehenden Vereinbarung als verlängert bis zur Ankunft des Schiffs im nächsten Bestimmungshafen und, falls in diesem gelöscht wird, bis zur Beendigung der Löschung (Artikel 827.). Der Versicherte ist jedoch befugt, die Verlängerung durch eine dem Versicherer, so lange das Schiff noch nicht unterwegs ist, kundzugebende Erklärung auszuschließen.
Im Falle der Verlängerung hat der Versicherte für die Dauer derselben und, wenn die Verschollenheit des Schiffs eintritt, bis zum Ablauf der Verschollenheitsfrist die vereinbarte Zeitprämie fort zu entrichten
Ist die Verlängerung ausgeschlossen, so kann der Versicherer, wenn die Verschollenheitsfrist über die Versicherungszeit hinausläuft, auf Grund der Verschollenheit nicht in Anspruch genommen werden.
Artikel 836.
Bei einer Versicherung nach einem oder dem anderen unter mehreren Häfen ist dem Versicherten gestattet, einen dieser Häfen zu wählen; bei einer Versicherung nach einem und einem anderen oder nach einem und mehreren anderen Häfen ist der Versicherte zum Besuch eines jeden der bezeichneten Häfen befugt.
Artikel 837.
Wenn die Versicherung nach mehreren Häfen geschlossen oder dem Versicherten das Recht vorbehalten ist, mehrere Häfen anzulaufen, so ist dem Versicherten nur gestattet, die Häfen nach der vereinbarten oder in Ermangelung einer Vereinbarung nach der den Schifffahrtsverhältnissen entsprechenden Reihenfolge zu besuchen; er ist jedoch zum Besuch aller einzelnen Häfen nicht verpflichtet.
Die in der Polize enthaltene Reihenfolge wird, insoweit nicht ein Anderes erhellet, als die vereinbarte angesehen.
(667) Artikel 838.
Dem Versicherer fallen zur Last:
1) die Beiträge zur großen Haverei mit Einschluß derjenigen, welche der Versicherte selbst wegen eines von ihm erlittenen Schadens zu tragen hat; die in Gemäßheit der Artikel 637. und 734. nach den Grundsätzen der großen Haverei zu beurtheilenden Beiträge werden den Beiträgen zur großen Haverei gleich geachtet;
2) die Aufopferung, welche zur großen Haverei gehören würden, wenn das Schiff Güter und zwar andere als Güter des Rheders an Bord gehabt hätte;
3) die sonstigen zur Retttung sowie zur Abwendung größerer Nachtheile nothwendig oder zweckmäßig aufgewendeten Kosten (Artikel 823.), selbst wenn die ergriffenen Maaßregeln erfolglos geblieben sind;
4) die zur Ermittelung und Feststellung des dem Versicherer zur Last fallenden Schadens erforderlichen Kosten, insbesondere die Kosten der Besichtigung, der Abschätzung, des Verkaufs und der Anfertigung der Dispache.
Artikel 839.
In Ansehung der Beiträge zur großen Haverei und der nach den Grundsätzen der großen Haverei zu beurtheilenden Beiträge bestimmen sich die Verpflichtungen des Versicherers nach der am gehörigen Orte im Inlande oder im Auslande, im Einklange mit dem am Orte der Aufmachung geltenden Rechte aufgemachten Dispache. Insbesondere ist der Versicherte, welcher einen zur großen Haverei gehörenden Schaden erlitten hat, nicht berechtigt, von dem Versicherer mehr als den Betrag zu fordern, zu welchem der Schaden in der Dispache berechnet ist; andererseits haftet der Versicherer für diesen ganzen Betrag, ohne daß namentlich der Versicherungswerth maaßgebend ist.
Auch kann der Versicherte, wenn der Schaden nach dem am Orte der Aufmachung geltenden Recht als großen Haverei nicht anzusehen ist, den Ersatz des Schadens von dem Versicherer nicht aus dem Grunde fordern, weil der Schaden nach einem anderen Rechte, insbesondere nach dem Rechte des Versicherungsorts, große Haverei sei.
Artikel 840.
Der Versicherer haftet jedoch nicht für die im vorstehenden Artikel erwähnten Beiträge, insoweit dieselben in einem Unfall sich gründen, für welchen der Versicherer nach dem Versicherungsvertrage nicht haftet.
Artikel 841.
Ist die Dispache von einer durch Gesetz oder Gebrauch dazu berufenen Person aufgemacht, so kann der Versicherer dieselbe wegen Nichtübereinstimmung mit dem am Orte der Aufmachung geltenden Recht und der dadurch bewirkten Benachteiligung des Versicherten nicht anfechten, es sei denn, daß
(668) der Versicherte durch mangelhafte Wahrnehmung seiner Rechte die Benachtheiligung verschuldet hat.
Dem Versicherten liegt jedoch ob, die Ansprüche gegen die zu seinem Nachtheil Begünstigten dem Versicherer abzutreten.
Dagegen ist der Versicherer befugt, in allen Fällen die Dispache dem Versicherten gegenüber insoweit anzufechten, als ein von dem Versicherten selbst erlittener Schaden, für welchen ihm nach dem am Orte der Aufmachung der Dispache geltenden Rechte eine Vergütung nicht gebührt hätte, gleichwohl als große Haverei behandelt worden ist.
Artikel 842.
Wegen eines von dem Versicherten erlittenen, zur großen Haverei gehörenden oder nach den Grundsätzen der letzteren zu beurtheilenden Schadens haftet der Versicherer, wenn die Einleitung des die Feststellung und Vertheilung des Schadens bezweckenden ordnungsmäßigen Verfahrens stattgefunden hat, in Ansehung der Beiträge, welche dem Versicherten zu entrichten sind, nur insoweit, als der Versicherte die ihm gebührende Vergütung auch im Rechtswege, sofern er diesen füglich betreten konnte, nicht erhalten hat.
Artikel 843.
Ist die Einleitung des Verfahrens ohne Verschulden des Versicherten unterblieben, so kann derselbe den Versicherer wegen des ganzen Schadens nach Maaßgabe des Versicherungsvertrages unmittelbar in Anspruch nehmen.
Artikel 844.
Der Versicherer haftet für den Schaden nur bis auf Höhe der Versicherungssumme.
Er hat jedoch die im Artikel 838. unter Ziffer 3. und 4. erwähnten Kosten vollständig zu erstatten, wenngleich die hiernach im Ganzen zu zahlende Vergütung die Versicherungssumme übersteigt.
Sind in Folge eines Unfalls solche Kosten bereits aufgewendet, z. B. Loskaufs - oder Reklamekosten verausgabt, oder sind zur Wiederherstellung oder Ausbesserung der durch den Unfall beschädigten Sache bereits Verwendungen geschehen, z. B. zu einem solchen Zwecke Havereigelder verausgabt, oder sind von dem Versicherten Beiträge zur großen Haverei bereits entrichtet, oder ist eine persönliche Verpflichtung des Versicherten zur Entrichtung solcher Beiträge bereits entstanden, und ereignet sich später ein neuer Unfall, so haftet der Versicherer für den durch den späteren Unfall entstehenden Schaden bis auf Höhe der ganzen Versicherungssumme ohne Rücksicht auf die ihm zur Last fallenden früheren Aufwendungen und Beiträge.
Artikel 845.
Der Versicherer ist nach Eintritt eines Unfalls berechtigt, durch Zahlung der vollen Versicherungssumme von allen weiteren Verbindlichkeiten aus dem
(669) Versicherungsvertrage sich zu befreien, insbesondere von der Verpflichtung, die Kosten zu erstatten, welche zur Rettung, Erhaltung und Wiederherstellung der versicherten Sachen erforderlich sind.
War zur Zeit des Eintritts des Unfalls ein Theil der versicherten Sachen der vom Versicherer zu tragenden Gefahr bereits entzogen, so hat der Versicherer, welcher von dem Rechte dieses Artikels Gebrauch macht, den auf jenen Theil fallenden Theil der Versicherungssumme nicht zu entrichten.
Der Versicherer erlangt durch Zahlung der Versicherungssumme keinen Anspruch auf die versicherten Sachen.
Ungeachtet der Zahlung der Versicherungssumme bleibt der Versicherer zum Ersatze derjenigen Kosten verpflichtet, welche auf die Rettung, Erhaltung oder Wiederherstellung der versicherten Sachen verwendet sind, bevor seine Erklärung, von dem Rechte Gebrauch zu machen, dem Versicherten zugegangen ist.
Artikel 846.
Der Versicherer muß seinen Entschluß, daß er von dem im Artikel 845. bezeichneten Rechte Gebrauch machen wolle, bei Verlust dieses Rechts dem Versicherten spätestens am dritten Tage nach Ablauf desjenigen Tages erklären, an welchem ihm der Versicherte nicht allein den Unfall unter Bezeichnung der Beschaffenheit und unmittelbaren Folgen desselben angezeigt, sondern auch alle sonstigen auf den Unfall sich beziehenden Umstände mitgetheilt hat, soweit die letzteren dem Versicherten bekannt sind.
Artikel 847.
Im Falle nicht zum vollen Werthe versichert ist, haftet der Versicherer für die im Artikel 838. unter Ziffer 1. bis 4. erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten nur nach Verhältniß der Versicherungssumme zum Versicherungswerth.
Artikel 848.
Die Verpflichtung des Versicherers, einen Schaden zu ersetzen, wird dadurch nicht wieder aufgehoben oder geändert, daß später in Folge einer Gefahr, welche der Versicherer nicht zu tragen hat, ein neuer Schaden und selbst ein Totalverlust eintritt.
Artikel 849.
Besondere Havereien, wenn sie ohne die Kosten der Ermittelung und Feststellung des Schadens (Artikel 838. Ziffer 4.) drei Prozent des Versicherungswerths nicht übersteigen, hat der Versicherer nicht zu ersetzen, wenn sie aber mehr als drei Prozent betragen, ohne Abzug der drei Prozent zu vergüten.
Ist das Schiff auf Zeit oder auf mehrere Reisen versichert, so sind die drei Prozent für jede einzelne Reise zu berechnen. Der Begriff der Reise bestimmt sich nach der Vorschrift des Artikels 760.
Artikel 850.
Die im Artikel 838. unter Ziffer 1. bis 3. erwähnten Beiträge,
(670) Aufopferungen und Kosten muß der Versicherer ersetzen, auch wenn sie drei Prozent des Versicherungswerths nicht erreichen. Dieselben kommen jedoch bei der Ermittelung der im Artikel 849. bezeichneten drei Prozent nicht in Berechnung.
Artikel 851.
Ist vereinbart, daß der Versicherer von bestimmten Prozenten frei sein soll, so kommen die in den Artikeln 849. und 850. enthaltenen Vorschriften mit der Maaßgabe zur Anwendung, daß an Stelle der dort erwähnten drei Prozent die im Vertrage angegebene Anzahl von Prozenten tritt.
Artikel 852.
Ist vereinbart, daß der Versicherer die Kriegsgefahr nicht übernehme, auch die Versicherung rücksichtlich der übrigen Gefahren nur bis zum Eintritt einer Kriegsbelästigung dauern sollen – welche Vereinbarung namentlich angenommen wird, wenn der Betrag mit der Klausel: „frei von Kriegsmolest“ abgeschlossen ist – so endet die Gefahr für den Versicherer mit dem Zeitpunkt, in welchem die Kriegsgefahr auf die Reise Einfluß zu üben beginnt, insbesondere also, wenn der Antritt oder die Fortsetzung der Reise durch Kriegsschiffe, Kaper oder Blokade behindert oder zur Vermeidung der Kriegsgefahr ausgeschoben wird, wenn das Schiff aus einem solchen Grunde von seinem Wege abweicht, oder wenn der Schiffer durch Kriegsbelästigung die freie Führung des Schiffs verliert.
Artikel 853.
Ist vereinbart, daß der Versicherer zwar nicht die Kriegsgefahr übernehme, alle übrigen Gefahren aber auch nach Eintritt einer Kriegsbelästigung tragen solle – welche Vereinbarung namentlich angenommen wird, wenn der Vertrag mit der Klausel: „nur für Seegefahr“ abgeschlossen ist – so endet die Gefahr für den Versicherer erst mit der Kondemnation der versicherten Sache, oder sobald sie geendet hätte, wenn die Kriegsgefahr nicht ausgenommen worden wäre; der Versicherer haftet aber nicht für die zunächst durch Kriegsgefahr verursachten Schäden, also insbesondere nicht:
für Konfiskation durch kriegsführende Mächte;
für Nehmung, Beschädigung, Vernichtung und Plünderung durch Kriegsschiffe und Kaper;
für die Kosten, welche entstehen aus der Anhaltung und Reklamierung, aus der Blokade des Aufenthaltshafens, oder aus dem freiwilligen Aufenthalt wegen Kriegsgefahr;
für die nachstehenden Folgen eines solchen Aufenthalts: Verderb und Verminderung der Güter, Kosten und Gefahr ihrer Entlöschung und Lagerung, Kosten ihrer Weiterbeförderung.
Im Zweifel wird angenommen, daß ein eingetretener Schaden durch Kriegsgefahr nicht verursacht sei.
(671) Artikel 854.
Wenn der Vertrag mit der Klausel: „für behaltene Ankunft“ abgeschlossen ist, so endet die Gefahr für den Versicherer schon mit dem Zeitpunkt, in welchem das Schiff im Bestimmungshafen am gebräuchlichen oder gehörigen Platze den Anker hat fallen lassen oder befestigt ist.
Auch haftet der Versicherer nur:
1) bei der auf das Schiff sich beziehenden Versicherung, wenn entweder ein Totalverlust eintritt, oder wenn das Schiff abandonnirt (Artikel 865.) oder in Folge eines Unfalles vor Erreichung des Bestimmungshafens wegen Reparaturunfähigkeit oder wegen Reparaturunwürdigkeit verkauft wird (Artikel 877.);
2) bei der auf Güter sich beziehenden Versicherung, wenn die Güter oder ein Theil derselben in Folge eines Unfalles den Bestimmungshafen nicht erreichen, insbesondere wenn sie vor Erreichung desselben in Folge eines Unfalles verkauft werden. Erreichen die Güter den Bestimmungshafen, so haftet der Versicherer weder für eine Beschädigung noch für einen Verlust, welcher Folge einer Beschädigung ist.
Ueberdies hat der Versicherer in keinem Falle die in dem Artikel 838. unter Ziffer 1. bis 4. erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten zu tragen.
Artikel 855.
Wenn der Vertrag mit der Klausel: „frei von Beschädigung außer im Strandungsfall“ abgeschlossen ist, so haftet der Versicherer nicht für einen Schaden, welcher aus einer Beschädigung entstanden ist, ohne Unterschied, ob derselbe in einer Werthsverringerung oder in einem gänzlichen oder theilweisen Verluste und insbesondere darin besteht, daß die versicherten Güter gänzlich verdorben und in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört den Bestimmungshafen erreichen oder während der Reise wegen Beschädigung und drohenden Verderbs verkauft worden sind, es sei denn, daß das Schiff oder das Leichterfahrzeug, worin die versicherten Güter sich befinden, gestrandet ist. Der Strandung werden folgende Seeunfälle gleich geachtet: Kentern, Sinken, Zerbrechen des Rumpfes, Scheitern und jeder Seeunfall, wodurch das Schiff oder Leichterfahrzeug reparaturunfähig geworden ist.
Hat eine Strandung oder ein dieser gleich zu achtender anderer Seeunfall sich ereignet, so haftet der Versicherer für jede drei Prozent übersteigende (Artikel 849.) Beschädigung, welche in Folge eines solchen Seeunfalls entstanden ist, nicht aber für eine sonstige Beschädigung. Es wird bis zum Nachweise des Gegentheils vermuthet, daß eine Beschädigung, welche möglicherweise Folge des eingetretenen Seeunfalls sein kann, in Folge desselben entstanden ist.
Für jeden Schaden, welcher nicht aus einer Beschädigung entstanden ist, haftet der Versicherer, ohne Unterschied, ob eine Strandung oder ein anderer der erwähnten Unfälle sich zugetragen hat oder nicht, in derselben Weise, als wenn der Vertrag ohne die Klausel abgeschlossen wäre. Jedenfalls haftet er für
(672) die im Artikel 838. unter Ziffer 1. 2. und 4. erwähnten Beiträge, Aufopferungen und Kosten, für die darin unter Ziffer 3. erwähnten Kosten aber nur dann, wenn sie zur Abwendung eines ihm zur Last fallenden Verlustes verausgabt sind.
Eine Beschädigung, welche erweislich ohne Selbstentzündung durch Feuer oder durch Löschung eines solchen Feuers, oder durch Beschießen entstanden ist, wird als eine solche Beschädigung, von welcher der Versicherer durch die Klausel befreit wird, nicht angesehen.
Artikel 856.
Wenn der Vertrag mit der Klausel: „frei von Bruch außer im Strandungsfall“ abgeschlossen ist, so finden die Bestimmungen des vorstehenden Artikels mit der Maaßgabe Anwendung, daß der Versicherer für Bruch insoweit haftet, als er nach dem vorstehenden Artikel für Beschädigung aufkommt.
Artikel 857.
Eine Strandung im Sinne der Artikel 855. und 856. ist vorhanden, wenn das Schiff unter nicht gewöhnlichen Verhältnissen der Schifffahrt auf den Grund festgeräth und entweder
nicht wieder flott wird, oder
zwar wieder flott wird, jedoch entweder
1) nur unter Anwendung ungewöhnlicher Maaßregeln, als: Kappen der Masten, Werfen oder Löschung eines Theils der Ladung und dergleichen, oder durch den Eintritt einer ungewöhnlich hohen Fluth, nicht aber ausschließlich durch Anwendung gewöhnlicher Maaßregeln, als: Winden auf den Anker, Backstellen der Segel und dergleichen, oder
2) erst nachdem das Schiff durch das Festgerathen einen erheblichen Schaden am Schiffskörper erlitten hat.
Fünfter Abschnitt.
Umfang des Schadens.
Artikel 858.
Ein Totalverlust des Schiffs oder der Güter liegt vor, wenn das Schiff oder die Güter zu Grunde gegangen oder dem Versicherten ohne Aussicht auf Wiedererlangung entzogen sind, namentlich wenn sie unrettbar gesunken oder in ihrer ursprünglichen Beschaffenheit zerstört oder für gute Prise erklärt sind. Ein Totalverlust des Schiffs wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß einzelne Theile des Wracks oder des Inventars gerettet sind.
Artikel 859.
Ein Totalverlust in Ansehung der Fracht liegt vor, wenn die ganze Fracht verloren gegangen ist.
Artikel 860.
(673) Ein Totalverlust in Ansehung des imaginairen Gewinnes oder in Ansehung der Provision, welche von der Ankunft der Güter am Bestimmungsorte erwartet werden, liegt vor, wenn die Güter den Bestimmungsort nicht erreicht haben.
Artikel 861.
Ein Totalverlust in Ansehung der Bodmerei- oder Havereigelder liegt vor, wenn die Gegenstände, welche verbodmet oder für welche die Havereigelder vorgeschossen oder verausgabt sind, entweder von einem Totalverluste oder dergestalt von anderen Unfällen betroffen sind, daß in Folge der dadurch herbeigeführten Beschädigungen, Verbodmungen oder sonstigen Belastungen zur Deckung jener Gelder nichts übrig geblieben ist.
Artikel 862.
Im Falle des Totalverlustes hat der Versicherer die Versicherungssumme zum vollen Betrage zu zahlen, jedoch unbeschadet der nach Vorschrift des Artikels 804. etwa zu machenden Abzüge.
Artikel 863.
Ist im Falle des Totalverlustes vor der Zahlung der Versicherungssumme etwas gerettet, so kommt der Erlös des Geretteten von der Versicherungssumme in Abzug. War nicht zum vollen Werthe versichert, so wird nur ein verhältnißmäßiger Theil des Geretteten von der Versicherungssumme abgezogen.
Mit der Zahlung der Versicherungssumme gehen die Rechte des Versicherten an der versicherten Sache auf den Versicherer über.
Erfolgt erst nach der Zahlung der Versicherungssumme eine vollständige oder theilweise Rettung, so hat auf das nachträglich Gerettete nur der Versicherer Anspruch. War nicht zum vollen Werthe versichert, so gebührt dem Versicherer nur ein verhältnißmäßiger Theil des Geretteten.
Artikel 864.
Sind bei einem Totalverluste in Ansehung des imaginairen Gewinnes (Artikel 860.) die Güter während der Reise so günstig verkauft, daß der Reinerlös mehr beträgt, als der Versicherungswerth der Güter, oder ist für dieselben, wenn sie in Fällen der großen Haverei aufgeopfert sind, oder wenn dafür nach Maaßgabe der Artikel 612. und 613. Ersatz geleistet werden muß, mehr als jener Werth vergütet, so kommt von der Versicherungssumme des imaginairen Gewinns der Ueberschuß in Abzug.
Artikel 865.
Der Versicherte ist befugt, die Zahlung der Versicherungssumme zum vollen
(674) Betrage gegen Abtretung der in Betreff des versicherten Gegenstandes ihm zustehenden Rechte in folgenden Fällen zu verlangen (Abandon):
1) wenn das Schiff verschollen ist;
2) wenn der Gegenstand der Versicherung dadurch bedroht ist, daß das Schiff oder die Güter unter Embargo gelegt, von einer kriegführenden Macht aufgebracht, auf andere Weise durch Verfügung von hoher Hand angehalten oder durch Seeräuber genommen und während einer Frist von sechs, neun oder zwölf Monaten nicht freigegeben sind, je nachdem die Aufbringung, Anhaltung oder Nehmung geschehen ist:
a) in einem Europäischen Hafen oder in einem Europäischen Meere oder in einem, wenn auch nicht zu Europa gehörenden Theile des Mittelländischen, Schwarzen oder Azowschen Meeres, oder
b) in einem anderen Gewässer, jedoch diesseits des Vorgebirges der guten Hoffung und des Kap Horn, oder
c) in einem Gewässer jenseits des einen jener Vorgebirge.
Die Fristen werden von dem Tage an berechnet, an welchem dem Versicherer der Unfall durch den Versicherten angezeigt ist (Artikel 822.).
Artikel 866.
Ein Schiff, welches eine Reise angetreten hat, ist als verschollen anzusehen, wenn es innerhalb der Verschollenheitsfrist den Bestimmungshafen nicht erreicht hat, auch innerhalb dieser Frist den Betheiligten keine Nachrichten über dasselbe zugegangen sind.
Die Verschollenheitsfrist beträgt:
1) wenn sowohl der Abgangshafen als der Bestimmungshafen ein Europäischer Hafen ist, bei Segelschiffen sechs, bei Dampfschiffen vier Monate;
2) wenn entweder nur der Abgangshafen oder nur der Bestimmungshafen ein nichteuropäischer Hafen ist, falls derselbe diesseits des Vorgebirges der guten Hoffnung und des Kap Horn belegen ist, bei Segel- und Dampfschiffen neun Monate, falls derselbe jenseits des einen jener Vorgebirge belegen ist, bei Segel- und Dampfschiffen zwölf Monate;
3) wenn sowohl der Abgangs- als der Bestimmungshafen ein nichteuropäischer Hafen ist, bei Segel- und Dampfschiffen sechs, neun oder zwölf Monate, je nachdem die Durchschnittsdauer der Reife nicht über zwei oder nicht über drei oder mehr als drei Monate beträgt.
Im Zweifel ist die längere Frist abzuwarten.
Artikel 867.
Die Verschollenheitsfrist wird von dem Tage an berechnet, an welchem das Schiff die Reise angetreten hat. Sind jedoch seit dessen Abgange Nachrichten von demselben angelangt, so wird von dem Tage an, bis zu welchem die letzte Nachricht reicht, diejenige Frist berechnet, welche maaßgebend sein würde, wenn das Schiff von dem Punkt, an welchem es nach sicherer Nachricht zuletzt sich befunden hat, abgegangen wäre.
Artikel 868.
(675) Die Abandonerklärung muß dem Versicherer innerhalb der Abandonfrist zugegangen sein.
Die Abandonfrist beträgt sechs Monate, wenn im Falle der Verschollenheit (Artikel 865. Ziffer 1.) der Bestimmungshafen ein Europäischer Hafen ist und wenn im Falle der Aufbringung, Anhaltung oder Nehmung (Artikel 865. Ziffer 2.) der Unfall in einem Europäischen Hafen oder in einem Europäischen Meere oder in einem, wenn auch nicht zu Europa gehörenden Theile des Mittelländischen, Schwarzen oder Azowschen Meeres sich zugetragen hat. In den übrigen Fällen betägt die Abandonfrist neun Monate. Die Abandonfrist beginnt mit dem Ablaufe der in den Artikeln 865. und 866. bezeichneten Fristen.
Bei der Rückversicherung beginnt die Abandonfrist mit dem Ablaufe des Tages, an welchem dem Rückversicherten von dem Versicherten der Abandon erklärt worden ist.
Artikel 869.
Nach Ablauf der Abandonfrist ist der Abandon unstatthaft, unbeschadet des Rechts des Versicherten, nach Maaßgabe der sonstigen Grundsätze Vergütung eines Schadens in Anspruch zu nehmen.
Ist im Falle der Verschollenheit des Schiffs die Abandonfrist versäumt, so kann der Versicherte zwar den Ersatz eines Totalschadens fordern; er muß jedoch, wenn die versicherte Sache wieder zum Vorschein kommt, und sich dabei ergiebt, daß ein Totalverlust nicht vorliegt, auf Verlangen des Versicherers gegen Verzicht des letzteren auf die in Folge Zahlung der Versicherungssumme nach Artikel 863. ihm zustehenden Rechte die Versicherungssumme erstatten und mit dem Ersatze eines etwas erlittenen Partialschadens sich begnügen.
Artikel 870.
Die Abandonerklärung muß, um gültig zu sein, ohne Vorbehalt oder Bedingung erfolgen und auf den ganzen versicherten Gegenstand sich erstrecken, soweit dieser zur Zeit des Unfalls den Gefahren der See ausgesetzt war.
Wenn jedoch nicht zum vollen Werthe versichert war, so ist der Versicherte nur den verhältnißmäßigen Theil des versicherten Gegenstandes zu abandonniren verpflichtet.
Die Abandonerklärung ist unwiderruflich.
Artikel 871.
Die Abandonerklärung ist ohne rechtliche Wirkung, wenn die Thatsachen, auf welche sie gestützt wird, sich nicht bestätigen oder zur Zeit der Mittheilung der Erklärung nicht mehr bestehen. Dagegen bleibt sie für beide Theile verbindlich, wenn auch später Umstände sich ereignen, deren früherer Eintritt das Recht zum Abandon ausgeschlossen haben würde.
Artikel 872.
(676) Durch die Abandonerklärung gehen auf den Versicherer alle Recht über, welche dem Versicherten in Ansehung des abandonnirten Gegenstandes zustanden.
Der Versicherte hat dem Versicherer Gewähr zu leisten wegen der auf dem abandonnirten Gegenstande zur Zeit der Abandonerklärung haftenden dinglichen Rechte, es sei denn, daß diese in Gefahren sich gründen, wofür der Versicherer nach dem Versicherungsvertrage aufzukommen hatte.
Wird das Schiff abandonnirt, so gebührt dem Versicherer desselben die Nettofracht der Reise, auf welcher der Unfall sich zugetragen hat, soweit die Fracht erst nach der Abandonerklärung verdient ist. Dieser Theil der Fracht wird nach den für die Ermittelung der Distanzfracht geltenden Grundsätzen berechnet.
Den hiernach für den Versicherten entstehenden Verlust hat, wenn die Fracht selbständig versichert ist, der Versicherer der letzteren zu tragen.
Artikel 873.
Die Zahlung der Versicherungssumme kann erst verlangt werden, nachdem die zur Rechtfertigung des Abandons dienenden Urkunden dem Versicherer mitgetheilt sind und eine angemessene Frist zur Prüfung derselben abgelaufen ist. Wird wegen Verschollenheit des Schiffs abandonnirt, so gehören zu den mitzutheilenden Urkunden glaubhafte Bescheinigungen über die Zeit, in welcher das Schiff den Abgangshafen verlassen hat, und über die Nichtankunft desselben im Bestimmungshafen während der Verschollenheitsfrist.
Der Versicherte ist verpflichtet, bei der Abandonerklärung, soweit er dazu im Stande ist, dem Versicherer anzuzeigen; ob und welche andere, den abandonnirten Gegenstand betreffende Versicherungen genommen sind, und ob und welche Bodmereischulden oder sonstige Belastungen darauf haften. Ist die Anzeige unterblieben, so kann der Versicherer die Zahlung der Versicherungssumme so lange verweigern, bis die Anzeige nachträglich geschehen ist; wenn eine Zahlungsfrist bedungen ist, so beginnt dieselbe erst mit dem Zeitpunkte, in welchem die Anzeige nachgeholt ist.
Artikel 874.
Der Versicherte ist verpflichtet, auch nach der Abandonerklärung für die Rettung der versicherten Sachen und für die Abwendung größerer Nachtheile nach Vorschrift des Artikels 823. und zwar so lange zu sorgen, bis der Versicherer selbst dazu im Stande ist.
Erfährt der Versicherte, daß ein für verloren erachteter Gegenstand wieder zum Vorschein gekommen ist, so muß er dies dem Versicherer sofort anzeigen und ihm auf Verlangen die zur Erlangung oder Verwerthung des Gegenstandes erforderliche Hülfe leisten.
Die Kosten hat der Versicherer zu ersetzen; auch hat derselbe den Versicherten auf Verlangen mit einem angemessenen Vorschusse zu versehen.
Artikel 875.
(677) Der Versicherte muß dem Versicherer, wenn dieser die Rechtmäßigkeit des Abandons anerkennt, auf Verlangen und auf Kosten desselben über den nach Artikel 872. durch die Abandonerklärung eingetretenen Uebergang der Rechte eine beglaubigte Anerkennungsurkunde (Abandonrevers) ertheilen und die auf die abandonnirten Gegenstände sich beziehenden Urkunden ausliefern.
Artikel 876.
Bei einem partiellen Schaden am Schiff besteht der Schaden in dem nach Vorschrift der Artikel 711. und 712. zu ermittelnden Betrage der Reparaturkosten, soweit diese die Beschädigungen betreffen, welche dem Versicherer zur Last fallen.
Artikel 877.
Ist die Reparaturunfähigkeit oder Reparaturunwürdigkeit des Schiffs (Artikel 444.) auf dem im Artikel 499. vorgeschriebenen Wege festgestellt, so ist der Versicherte dem Versicherer gegenüber befugt, das Schiff oder das Wrack zum öffentlichen Verkaufe zu bringen, und besteht im Falle des Verkaufs der Schaden in dem Unterschiede zwischen dem Reinerlöse und dem Versicherungswerthe.
Die übernommene Gefahr endet für den Versicherer erst mit dem Verkaufe des Schiffs oder des Wracks; auch haftet der Versicherer für den Eingang des Kaufpreises.
Bei der zur Ermittelung der Reparaturunwürdigkeit des Schiffs erforderlichen Feststellung des Werths desselben im unbeschädigten Zustande bleibt dessen Versicherungswerth, gleichviel ob dieser taxirt ist oder nicht, außer Betracht.
Artikel 878.
Der Beginn der Reparatur schließt die Ausübung des in dem vorhergehenden Artikel dem Versicherten eingeräumten Rechts nicht aus, wenn erst später erhebliche Schäden entdeckt werden, welche dem Versicherten ohne sein Verschulden unbekannt geblieben waren.
Macht der Versicherte von dem Rechte nachträglich Gebrauch, so muß der Versicherer die bereits aufgewendeten Reparaturkosten insoweit besonders vergüten, als durch die Reparatur bei dem Verkaufe des Schiffs ein höherer Erlös erzielt worden ist.
Artikel 879.
Bei Gütern, welche beschädigt in dem Bestimmungshafen ankommen, ist durch Vergleichung des Bruttowerthes, den sie daselbst im beschädigten Zustande wirklich haben, mit dem Bruttowerth, welchen sie dort im unbeschädigten Zustande haben würden, zu ermitteln, wie viele Prozente des Werthes der Güter verloren sind. Eben so viele Prozente des Versicherungswerthes sind als der Betrag des Schadens anzusehen.
(678) Die Ermittelung des Werthes, welchen die Güter im beschädigten Zustande haben, erfolgt durch öffentlichen Verkauf oder, wenn der Versicherer einwilligt, durch Abschätzung. Die Ermittelung des Werthes, welchen die Güter im unbeschädigten Zustande haben würden, geschieht nach Maaßgabe der Bestimmungen des ersten und zweiten Absatzes des Artikels 612.
Der Versicherer hat außerdem die Besichtigungs-, Abschätzungs- und Verkaufskosten zu tragen.
Artikel 880.
Ist ein Theil der Güter auf der Reise verloren gegangen, so besteht der Schaden in eben so vielen Prozenten des Versicherungswerthes, als Prozente des Werthes der Güter verloren gegangen sind.
Artikel 881.
Wenn Güter auf der Reise in Folge eines Unfalls verkauft worden sind, so besteht der Schaden in dem Unterschiede zwischen dem nach Abzug der Fracht, Zölle und Verkaufskosten sich ergebenden Reinerlöse der Güter und deren Versicherungswerthe.
Die übernommene Gefahr endet für den Versicherer erst mit dem Verkauf der Güter; auch haftet der Versicherer für den Eingang des Kaufpreises.
Die Bestimmungen der Artikel 838. bis 842. werden durch die Vorschriften dieses Artikels nicht berührt.
Artikel 882.
Bei partiellem Verluste der Fracht besteht der Schaden in demjenigen Theile der bedungenen oder in deren Ermangelung der üblichen Fracht, welcher verloren gegangen ist.
Ist die Fracht taxirt, und die Taxe nach Vorschrift des vierten Absatzes des Artikels 797. in Bezug auf einen von dem Versicherer zu ersetzenden Schaden maaßgebend, so besteht der Schaden in eben so vielen Prozenten der Taxe, als Prozente der bedungenen oder üblichen Fracht verloren sind.
Artikel 883.
Bei imaginairem Gewinne oder Provision, welche von der Ankunft der Güter erwartet werden, besteht der Schaden, wenn die Güter im beschädigten Zustande ankommen, in eben so vielen Prozenten des als Gewinn oder Provision versicherten Betrages, als der nach Artikel 879. zu ermittelnde Schaden an den Gütern Prozente des Versicherungswerthes der letzteren beträgt.
Hat ein Theil der Güter den Bestimmungshafen nicht erreicht, so besteht der Schaden in eben so vielen Prozenten des als Gewinn oder Provision versicherten Betrages, als der Werth des in dem Bestimmungshafen nicht angelangten Theils der Güter Prozente des Werthes aller Güter beträgt.
Wenn bei der Versicherung des imaginairen Gewinnes in Ansehung des nicht angelangten Theils der Güter die Voraussetzungen des Artikels 864. vorhanden
(679) sind, so kommt von dem Schaden der im Artikel 864. bezeichnete Ueberschuß in Abzug.
Artikel 884.
Bei Bodmerei- oder Havereigeldern besteht im Falle eines partiellen Verlustes der Schaden in dem Ausfalle, welcher darin sich gründet, dass der Gegenstand, welcher verbodmet oder für welchen die Havereigelder vorgeschossen oder verausgabt sind, zur Deckung der Bodmerei- oder Havereigelder in Folge späterer Unfälle nicht mehr genügt.
Artikel 885.
Der Versicherer hat den nach den Artikeln 876. bis 884. zu berechnenden Schaden vollständig zu vergüten, wenn zum vollen Werthe versichert war, jedoch unbeschadet der Vorschrift des Artikels 804.; war nicht zum vollen Werthe versichert, so hat er nach Maaßgabe des Artikels 796. nur einen verhältnißmäßigen Theil dieses Schadens zu vergüten.
Sechster Abschnitt.
Bezahlung des Schadens.
Artikel 886.
Der Versicherte hat, um den Ersatz eines Schadens fordern zu können, eine Schadensberechnung dem Versicherer mitzutheilen.
Er muß zugleich durch genügende Beläge dem Versicherer darthun:
1) sein Interesse;
2) daß der versicherte Gegenstand den Gefahren der See ausgesetzt worden ist;
3) den Unfall, worauf der Anspruch gestützt wird;
4) den Schaden und dessen Umfang.
Artikel 887.
Bei der Versicherung für fremde Rechnung hat außerdem der Versicherte sich darüber auszuweisen, daß er dem Versicherungsnehmer zum Abschlusse des Vertrages Auftrag ertheilt hat. Ist die Versicherung ohne Auftrag geschlossen (Artikel 786.), so muß der Versicherte die Umstände darthun, aus welchen hervorgeht, daß die Versicherung in seinem Interesse genommen ist.
Artikel 888.
Als genügende Beläge sind anzusehen im Allgemeinen solche Beläge, welche im Handelsverkehr namentlich wegen der Schwierigkeit der Beschaffung anderer Beweise nicht beanstandet zu werden pflegen, insbesondere
1) (680) zum Nachweise des Interesse:
bei der Versicherung des Schiffs die üblichen Eigenthumsurkunden;
bei der Versicherung von Gütern die Fakturen und Konnossemente, insofern nach Inhalt derselben der Versicherte zur Verfügung über die Güter befugt erscheint;
bei der Versicherung der Fracht die Chartepartien und Konnossemente;
2) zum Nachweise der Verladung der Güter die Konnossemente;
3) zum Nachweise des Unfalls die Verklarung und das Schiffsjournal (Artikel 488. und 494.), in Kondemnationsfällen das Erkenntniß des Prisengerichts, in Verschollenheitsfällen glaubhafte Bescheinigungen über die Zeit, in welcher das Schiff den Abgangshafen verlassen hat und über die Nichtankunft desselben im Bestimmungshafen während der Verschollenheitsfrist;
4) zum Nachweise des Schadens und dessen Umfanges die den Gesetzen oder Gebräuchen des Orts der Schadensermittelung entsprechenden Besichtigungs-, Abschätzungs- und Versteigerungsurkunden, sowie die Kostenanschläge der Sachverständigen, ferner die quittirten Rechnungen über die ausgeführten Reparaturen und andere Quittungen über geleistete Zahlungen; in Ansehung eines partiellen Schadens am Schiff (Artikel 876. 877.) genügen jedoch die Besichtigungs- und Abschätzungsurkunden, sowie die Kostenanschläge nur dann, wenn die etwaigen Schäden, welche in Abnutzung, Alter, Fäulniß oder Wurmfraß sich gründen, gehörig ausgeschieden sind, und wenn zugleich, soweit es ausführbar war, solche Sachverständige zugezogen worden sind, welche entweder ein- für allemal obrigkeitlich bestellt oder von dem Ortsgericht oder dem Landeskonsul und in deren Ermangelung oder, sofern deren Mitwirkung sich nicht erlangen ließe, von einer anderen Behörde besonders ernannt waren.
Artikel 889.
Auch im Falle eines Rechtstreits ist den im Artikel 888. bezeichneten Urkunden in der Regel und, insofern nicht besondere Umstände Bedenken erregen, Beweiskraft beizulegen.
Artikel 890.
Eine Vereinbarung, wodurch der Versicherte von dem Nachweise der im Artikel 886. erwähnten Umstände oder eines Theils derselben befreit wird, ist gültig, jedoch unbeschadet des Rechts des Versicherers, das Gegentheil zu beweisen.
Die bei der Versicherung von Gütern getroffene Vereinbarung, daß das Konnossement nicht zu produziren sei, befreit nur von dem Nachweise der Verladung.
Artikel 891.
Bei der Versicherung für fremde Rechnung ist der Versicherungsnehmer ohne Beibringung einer Vollmacht des Versicherten legitmirt, über die Rechte,
(681) welche in dem Versicherungsvertrage für den Versicherten ausbedungen sind, zu verfügen, sowie die Versicherungsgelder zu erheben und einzuklagen. Diese Bestimmung gilt jedoch im Falle der Ertheilung einer Polize nur dann, wenn der Versicherungsnehmer die Polize beibringt.
Ist die Versicherung ohne Auftrag genommen, so bedarf der Versicherungsnehmer zur Erhebung oder Einklagung der Versicherungsgelder der Zustimmung des Versicherten.
Artikel 892.
Im Falle der Ertheilung einer Polize hat der Versicherer die Versicherungsgelder dem Versicherten zu zahlen, wenn dieser die Polize beibringt.
Artikel 893.
Der Versicherungsnehmer ist nicht verpflichtet, die Polize dem Versicherten oder den Gläubigern oder der Konkursmasse desselben auszuliefern, bevor er wegen der gegen den Versicherten in Bezug auf den versicherten Gegenstand ihm zustehenden Ansprüche befriedigt ist. Im Falle eines Schadens kann der Versicherungsnehmer wegen dieser Ansprüche aus der Forderung, welche gegen den Versicherer begründet ist, und nach Einziehung der Versicherungsgelder aus den letzteren vorzugsweise vor dem Versicherten und vor dessen Gläubigern sich befriedigen.
Artikel 894.
Der Versicherer macht sich dem Versicherungsnehmer verantwortlich, wenn er, während dieser noch im Besitze der Polize sich befindet, durch Zahlungen, welche er dem Versicherten oder den Gläubigern oder der Konkursmasse desselben leistet, oder durch Verträge, welche er mit denselben schließt, das in dem Artikel 893. bezeichnete Recht des Versicherungsnehmers beeinträchtigt.
Inwiefern der Versicherer einem Dritten, welchem Rechte aus der Polize eingeräumt sind, sich dadurch verantwortlich macht, daß er über diese Rechte Verträge schließt oder Versicherungsgelder zahlt, ohne die Polize sich zurückgeben zu lassen oder dieselbe mit der erforderlichen Bemerkung zu versehen, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
Artikel 895.
Wird der Versicherer auf Zahlung der Versicherungsgelder in Anspruch genommen, so kann er bei der Versicherung für fremde Rechnung Forderungen, welche ihm gegen den Versicherungsnehmer zustehen, nicht zur Kompensation bringen.
Artikel 896.
Der Versicherte ist befugt, nicht allein die aus einem bereits eingetretenen Unfall ihm zustehenden, sondern auch die künftigen Entschädigungsansprüche einem Dritten abzutreten. Ist eine Polize ertheilt, welche an Order lautet, so kann dieselbe durch Indossament übertragen werden; in Ansehung eines solchen
(682) Indossamentes kommen die Vorschriften der Artikel 301. 303. 305. zur Anwendung. Bei der Versicherung für fremde Rechnung ist zur Gültigkeit der ersten Uebertragung das Indossament des Versicherungsnehmers genügend.
Artikel 897.
Wenn nach Ablauf zweier Monate seit der Anzeige des Unfalls die Schadensberechnung (Artikel 886.) ohne Verschulden des Versicherten noch nicht vorgelegt, wohl aber durch ungefähre Ermittelung die Summe festgestellt ist, welche dem Versicherer mindestens zur Last fällt, so hat der letztere diese Summe in Anrechnung auf seine Schuld vorläufig zu zahlen, jedoch nicht vor Ablauf der etwa für die Zahlung der Versicherungsgelder bedungenen Frist. Soll die Zahlungsfrist mit dem Zeitpunkt beginnen, in welchem dem Versicherer die Schadensberechnung mitgetheilt ist, so wird dieselbe im Falle dieses Artikels von der Zeit an berechnet, in welcher dem Versicherer die vorläufige Ermittelung mitgetheilt ist.
Artikel 898.
Der Versicherer hat
1) in Havereifällen zu den für die Rettung, Erhaltung oder Wiederherstellung der versicherten Sache nöthigen Ausgaben in Anrechnung auf seine später festzustellende Schuld zwei Drittel des ihm zur Last fallenden Betrages,
2) bei Aufbringung des Schiffs oder der Güter den vollen Betrag der ihm zur Last fallenden Kosten des Reklameprozesses, sowie sie erforderlich werden, vorzuschießen.
Siebenter Abschnitt.
Aufhebung der Versicherung und Rückzahlung der Prämie.
Artikel 899.
Wird die Unternehmung, auf welche die Versicherung sich bezieht, ganz oder zum Theil von dem Versicherten aufgegeben, oder wird ohne sein Zuthun die versicherte Sache ganz oder ein Theil derselben der von dem Versicherer übernommenen Gefahr nicht ausgesetzt, so kann die Prämie ganz oder zu dem verhältnißmäßigen Theil bis auf eine dem Versicherer gebührende Vergütung zurückgefordert oder einbehalten werden (Ristorno).
Die Vergütung (Ristornogebühr) besteht, sofern nicht ein anderer Betrag vereinbart oder am Orte der Versicherung üblich ist, in einem halben Prozent der ganzen oder des entsprechenden Theils der Versicherungssumme, wenn aber die Prämie nicht ein Prozent der Versicherungssumme erreicht, in der Hälfte der ganzen oder des verhältnißmäßigen Theils der Prämie.
(683) Artikel 900.
Ist die Versicherung wegen Mangels des versicherten Interesse (Artikel 782.) oder wegen Ueberversicherung (Artikel 790.) oder wegen Doppelversicherung (Artikel 792.) unwirksam, und hat sich der Versicherungsnehmer bei dem Abschlusse des Vertrages und im Falle der Versicherung für fremde Rechnung auch der Versicherte bei der Ertheilung des Auftrages in gutem Glauben befunden, so kann die Prämie gleichfalls bis auf die im Artikel 899. bezeichnete Ristornogebühr zurückgefordert oder einbehalten werden.
Artikel 901.
Die Anwendung der Artikel 899. und 900. ist dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Versicherungsvertrag für den Versicherer wegen Verletzung der Anzeigepflicht oder aus anderen Gründen unverbindlich ist, selbst wenn der Versicherer ungeachtet dieser Unverbindlichkeit auf die volle Prämie Anspruch hätte.
Artikel 902.
Ein Ristorno findet nicht statt, wenn die Gefahr für den Versicherer bereits zu laufen begonnen hat.
Artikel 903.
Wenn der Versicherer zahlungsunfähig geworden ist, so ist der Versicherte befugt, nach seiner Wahl entweder von dem Vertrage zurückzutreten und die ganze Prämie zurückzufordern oder einzubehalten, oder auf Kosten des Versicherers nach Maaßgabe des Artikels 793. eine neue Versicherung zu nehmen. Dieses Recht steht ihm jedoch nicht zu, wenn ihm wegen Erfüllung der Verpflichtungen des Versicherers genügende Sicherheit bestellt wird, bevor er von dem Vertrage zurückgetreten ist oder die neue Versicherung genommen hat.
Artikel 904.
Wird der versicherte Gegenstand veräußert, so können dem Erwerber die dem Versicherten nach dem Versicherungsvertrage auch in Bezug auf künftige Unfälle zustehenden Rechte mit der Wirkung übertragen werden, daß der Erwerber den Versicherer ebenso in Anspruch zu nehmen befugt ist, als wenn die Veräußerung nicht stattgefunden hätte und der Versicherte selbst den Anspruch erhöbe.
Der Versicherer bleibt von der Haftung für die Gefahren befreit, welche nicht eingetreten sein würden, wenn die Veräußerung unterblieben wäre.
Er kann sich nicht nur der Einreden und Gegenforderungen bedienen, welche ihm unmittelbar gegen den Erwerber zustehen, sondern auch derjenigen, welche er dem Versicherten hätte entgegenstellen können, der aus dem Versicherungsvertrage nicht hergeleiteten jedoch nur insofern, als sie bereits vor der Anzeige der Uebertragung entstanden sind.
(684) Durch die vorstehende Bestimmung werden die rechtlichen Wirkungen der mittelst Indossamentes erfolgten Uebertragung einer Polize, welche an Order lautet, nicht berührt.
Artikel 905.
Die Vorschriften des Artikels 904. gelten auch im Falle der Versicherung einer Schiffspart.
Ist das Schiff selbst versichert, so kommen dieselben nur dann zur Anwendung, wenn das Schiff während einer Reise veräußert wird. Anfang und Ende der Reise bestimmen sich nach Artikel 827. Ist das Schiff auf Zeit oder für mehrere Reisen (Artikel 760.) versichert, so dauert die Versicherung im Falle der Veräußerung während einer Reise nur bis zur Entlöschung des Schiffs im nächsten Bestimmungshafen (Artikel 827.).
Zwölfter Titel.
Von der Verjährung.
Artikel 906.
Die im Artikel 757. aufgeführten Forderungen verjähren in einem Jahre. Es beträgt jedoch die Verjährungsfrist zwei Jahre:
1) für die aus den Dienst- und Heuerverträgen herrührenden Forderungen der Schiffsbesatzung, wenn die Entlassung jenseits des Vorgebirges der guten Hoffnung oder des Kap Horn erfolgt ist;
2) für die aus dem Zusammenstoße von Schiffen hergeleiteten Entschädigungsforderungen.
Artikel 907.
Die nach dem vorstehenden Artikel eintretende Verjährung bezieht sich zugleich auf die persönlichen Ansprüche, welche dem Gläubiger etwa gegen den Rheder oder eine Person der Schiffsbesatzung zustehen.
Artikel 908.
Die Verjährung beginnt:
1) in Ansehung der Forderungen der Schiffsbesatzung (Artikel 757. Ziffer 4.) mit dem Ablaufe des Tages, an welchem das Dienst- oder Heuerverhältniß endet, und falls die Anstellung der Klage früher möglich und zulässig ist, mit dem Ablaufe des Tages, an welchem diese Voraussetzung zutrifft; jedoch kommt das Recht, Vorschuß- und Abschlagszahlungen zu verlangen, für den Beginn der Verjährung nicht in Betracht;
2) in Ansehung der Forderungen wegen Beschädigung oder verspäteter Ablieferung von Gütern und Reise-Effekten (Artikel 757. Ziffer 8. und 10.) und wegen der Beiträge zur großen Haverei (Artikel 757. Ziffer 6.) mit
(685) dem Ablaufe des Tages, an welchem die Ablieferung erfolgt ist, in Ansehung der Forderungen wegen Nichtablieferung von Gütern mit dem Ablaufe des Tages, an welchem das Schiff den Hafen erreicht, wo die Ablieferung erfolgen sollte, und wenn dieser Hafen nicht erreicht wird, mit dem Ablaufe des Tages, an welchem der Betheiligte sowohl hiervon als auch von dem Schaden zuerst Kenntniß gehabt hat;
3) in Ansehung der nicht unter die Ziffer 2. fallenden Forderungen aus dem Verschulden einer Person der Schiffsbesatzung (Artikel 757. Ziffer 10.) mit dem Ablaufe des Tages, an welchem der Betheiligte von dem Schaden Kenntniß erlangt hat, in Ansehung der Entschädigungsforderungen wegen des Zusammenstoßes von Schiffen jedoch mit dem Ablaufe des Tages, an welchem der Zusammenstoß stattgefunden hat;
4) in Ansehung aller anderen Forderungen mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Forderung fällig geworden ist.
Artikel 909.
Ferner verjähren in einem Jahre die auf den Gütern wegen der Fracht nebst allen Nebengebühren, wegen des Liegegeldes, der ausgelegten Zölle und sonstigen Auslagen, wegen der Bodmereigelder, der Beiträge zur großen Haverei und der Bergungs- und Hülfskosten haftenden Forderungen, sowie alle persönlichen Ansprüche gegen die Ladungsbetheiligten und die Forderungen wegen der Ueberfahrtsgelder.
Die Verjährung beginnt in Ansehung der Beiträge zur großen Haverei mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die beitragspflichtigen Güter abgeliefert sind, in Ansehung der übrigen Forderungen mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Fälligkeit eingetreten ist.
Artikel 910.
Es verjähren in fünf Jahren die Forderungen des Versicherers und des Versicherten aus dem Versicherungsvertrage.
Die Verjährung beginnt mit dem Ablaufe des letzten Tages des Jahres, in welchem die versicherte Reise beendigt ist, und bei der Versicherung auf Zeit mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Versicherungszeit endet. Sie beginnt, wenn das Schiff verschollen ist, mit dem Ablaufe des Tages, an welchem die Verschollenheitsfrist endet.
Artikel 911.
Eine Forderung, welche nach den Artikeln 906. bis 910. verjährt ist, kann auch im Wege der Kompensation oder sonst als Gegenforderung nicht geltend gemacht werden, wenn sie zur Zeit der Entstehung der anderen Forderung bereits verjährt war.
(686) Inhalt.
Allgemeine Bestimmungen.......................................................................... (Art. 1- 3.)
Erstes Buch. Vom Handelsstande.
Erster Titel. Von Kaufleuten........................................................................ (Art. 4- 11.)
Zweiter Titel. Von dem Handelsregister...................................................... (Art. 12- 14.)
Dritter Titel. Von Handelsfirmen................................................................. (Art. 15- 27.)
Vierter Titel. Von den Handelsbüchern....................................................... (Art. 28- 40.)
Fünfter Titel. Von den Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten......... (Art. 41- 56.)
Sechster Titel. Von den Handlungsgehülfen............................................... (Art. 57- 65.)
Siebenter Titel. Von den Handlungsmäklern oder Sensalen....................... (Art. 66- 84.)
Zweites Buch. Von den Handelsgesellschaften.
Erster Titel. Von der offenen Handelsgesellschaft.
Erster Abschnitt. Von der Errichtung der Gesellschaft............................... (Art. 85- 89.)
Zweiter Abschnitt. Von dem Rechtsverhältniß der Gesell-
schafter unter einander................................................................................. (Art. 90- 109.)
Dritter Abschnitt. Von dem Rechtsverhältniß der Gesellschaft
zu dritten Personen....................................................................................... (Art. 110- 122.)
Vierter Abschnitt. Von der Auflösung der Gesellschaft und
dem Austreten einzelner Gesellschafter aus derselben................................ (Art. 123- 132.)
Fünfter Abschnitt. Von der Liquidation der Gesellschaft............................ (Art. 133- 145.)
Sechster Abschnitt. Von der Verjährung der Klagen gegen
die Gesellschafter......................................................................................... (Art. 146- 149.)
Zweiter Titel. Von der Kommanditgesellschaft.
Erster Abschnitt. Von der Kommanditgesellschaft im Allge-
meinen.......................................................................................................... (Art. 150- 172.)
(687) Zweiter Abschnitt. Von der Kommanditgesellschaft auf Aktien
insbesondere................................................................................................. (Art. 173- 206.)
Dritter Titel. Von der Aktiengesellschaft.
Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze.................................................... (Art. 207- 215.)
Zweiter Abschnitt. Rechtsverhältniß der Aktionaire................................... (Art. 216- 226.)
Dritter Abschnitt. Rechte und Pflichten des Vorstandes............................. (Art. 227- 241.)
Vierter Abschnitt. Auflösung der Gesellschaft............................................ (Art. 242- 248.)
Fünfter Abschnitt. Schlußbestimmungen................................................... (Art. 249.)
Drittes Buch. Von der stillen Gesellschaft und von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften für gemeinschaftliche Rechnung.
Erster Titel. Von der stillen Gesellschaft..................................................... (Art. 250- 265.)
Zweiter Titel. Von der Vereinigung zu einzelnen Handelsgeschäften
für gemeinschaftliche Rechnung.................................................................. (Art. 266- 270.)
Viertes Buch. Von den Handelsgeschäften.
Erster Titel. Von den Handelsgeschäften im Allgemeinen
Erster Abschnitt. Begriff der Handelsgeschäfte........................................... (Art. 271- 277.)
Zweiter Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen über Handelsgeschäfte..... (Art. 278- 316.)
Dritter Abschnitt. Abschließung der Handelsgeschäfte............................... (Art. 317- 323.)
Vierter Abschnitt. Erfüllung der Handelsgeschäfte..................................... (Art. 324- 336.)
Zweiter Titel. Vom Kauf.............................................................................. (Art. 337- 359.)
Dritter Titel. Von dem Kommissionsgeschäft............................................. (Art. 360- 378.)
Vierter Titel. Von dem Speditionsgeschäft.................................................. (Art. 379- 389.)
Fünfter Titel. Von dem Frachtgeschäft.
Erster Abschnitt. Vom Frachtgeschäft überhaupt........................................ (Art. 390- 421.)
Zweiter Abschnitt. Von dem Frachtgeschäft der Eisenbahnen
insbesondere................................................................................................. (Art. 422- 431.)
Fünftes Buch. Vom Seehandel.
Erster Titel. Allgemeine Bestimmungen...................................................... (Art. 432- 449.)
Zweiter Titel. Von dem Rheder und von der Rhederei................................ (Art. 450- 477.)
Dritter Titel. Von dem Schiffer.................................................................... (Art. 478- 527.)
(-688-) Vierter Titel. Von der Schiffsmannschaft........................................ (Art. 528- 556.)
Fünfter Titel. Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Gütern......... (Art. 557- 664.)
Sechster Titel. Von dem Frachtgeschäft zur Beförderung von Rei-
senden.......................................................................................................... (Art. 665- 679.)
Siebenter Titel. Von der Bodmerei.............................................................. (Art. 680- 701.)
Achter Titel. Von der Haverei.
Erster Abschnitt. Große (gemeinschaftliche) Haverei und be-
sondere Haverei........................................................................................... (Art. 702- 735.)
Zweiter Abschnitt. Schaden durch Zusammenstoß von Schiffen................ (Art. 736- 741.)
Neunter Titel. Von der Bergung und Hülfsleistung in Seenoth................... (Art. 742- 756.)
Zehnter Titel. Von den Schiffsgläubigern................................................... (Art. 757- 781.)
Elfter Titel. Von der Versicherung gegen die Gefahren der See-
schifffahrt.
Erster Abschnitt. Allgemeine Grundsätze.................................................... (Art. 782- 809.)
Zweiter Abschnitt. Anzeigen bei dem Abschlusse des Vertrages............... (Art. 810- 815.)
Dritter Abschnitt. Verpflichtungen des Versicherten aus dem
Versicherungsvertrage ................................................................................ (Art. 816- 823.)
Vierter Abschnitt. Umfang der Gefahr........................................................ (Art. 824- 857.)
Fünfter Abschnitt. Umfang des Schadens.................................................... (Art. 858- 885.)
Sechster Abschnitt. Bezahlung des Schadens.............................................. (Art. 886- 898.)
Siebenter Abschnitt. Aufhebung der Versicherung und Rück-
zahlung der Prämie...................................................................................... (Art. 899- 905.)
Zwölfter Titel. Von der Verjährung............................................................. (Art. 906- 911.)
Redigirt im Büreau des Staats-Ministeriums.
Berlin, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei
(R. Decker).