(Deutsches
Reich, Reichsgesetzblatt 1894, 450)
(Nr. 2176.)
Gesetz, betreffend die Abzahlungsgeschäfte. Vom 16. Mai 1894.
Wir
Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen (et)c. verordnen
im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des
Reichstags, was folgt:
§. 1.
Hat bei dem
Verkauf einer dem Käufer übergebenen beweglichen Sache, deren Kaufpreis in
Theilzahlungen berichtigt werden soll, der Verkäufer sich das Recht
vorbehalten, wegen Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen
von dem Vertrage zurückzutreten, so ist im Falle dieses Rücktritts jeder Theil
verpflichtet, dem anderen Theil die empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
Eine entgegenstehende Vereinbarung ist nichtig.
Dem
Vorbehalte des Rücktrittsrechts steht es gleich, wenn der Verkäufer wegen
Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen kraft Gesetzes die
Auflösung des Vertrages verlangen kann.
§. 2.
Der Käufer
hat im Falle des Rücktritts dem Verkäufer für die in Folge des Vertrages gemachten
Aufwendungen, sowie für solche Beschädigungen der Sache Ersatz zu leisten,
welche durch ein Verschulden des Käufers oder durch einen sonstigen von ihm zu
vertretenden Umstand verursacht sind. Für die Ueberlassung des Gebrauchs oder
der Benutzung ist deren Werth zu vergüten, wobei auf die inzwischen
eingetretene Werthminderung der Sache Rücksicht zu nehmen ist. Eine
entgegenstehende Vereinbarung, insbesondere die vor Ausübung des
Rücktrittsrechts erfolgte vertragsmäßige Festsetzung einer höheren Vergütung,
ist nichtig.
Auf die
Festsetzung der Höhe der Vergütung finden die Vorschriften des §. 260 Absatz 1
der Civilprozeßordnung entsprechende Anwendung.
§. 3.
Die nach
den Bestimmungen der §§. 1, 2 begründeten gegenseitigen Verpflichtungen sind
Zug um Zug zu erfüllen.
§. 4.
Eine wegen
Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen verwirkte
Vertragsstrafe kann, wenn sie unverhältnismäßig hoch ist, auf Antrag des
Käufers durch Urtheil auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden. Die
Herabsetzung einer entrichteten Strafe ist ausgeschlossen.
Die Abrede,
daß die Nichterfüllung der dem Käufer obliegenden Verpflichtungen die
Fälligkeit der Restschuld zur Folge haben soll, kann rechtsgültig nur
(Deutsches Reichsgesetzblatt 1894, 451)
für den
Fall getroffen werden, daß der Käufer mit mindestens zwei auf einander
folgenden Theilzahlungen ganz oder theilweise im Verzug ist und der Betrag, mit
dessen Zahlung er im Verzug ist, mindestes dem zehnten Theile des Kaufpreises
der übergebenen Sache gleichkommt.
§. 5.
Hat der
Verkäufer auf Grund des ihm vorbehaltenen Eigenthums die verkaufte Sache wieder
an sich genommen, so gilt dies als Ausübung des Rücktrittsrechts.
§. 6.
Die
Vorschriften der §§. 1 bis 5 finden auf Verträge, welche darauf abzielen, die
Zwecke eines Abzahlungsgeschäfts (§. 1) in einer anderen Rechtsform,
insbesondere durch miethweise Ueberlassung der Sache zu erreichen,
entsprechende Anwendung, gleichviel ob dem Empfänger der Sache ein Recht,
später deren Eigenthum zu erwerben, eingeräumt ist oder nicht.
§. 7.
Wer
Lotterieloose, Inhaberpapiere mit Prämien (Gesetz vom 8. Juni 1871,
Reichs-Gesetzbl. S. 210) oder Bezugs- oder Antheilscheine auf solche Loose oder
Inhaberpapiere gegen Theilzahlungen verkauft oder durch sonstige auf die
gleichen Zwecke abzielende Verträge veräußert, wird mit Geldstrafe bis zu
fünfhundert Mark bestraft.
Es
begründet keinen Unterschied, ob die Uebergabe des Papiers vor oder nach der
Zahlung des Preises erfolgt.
§. 8.
Die
Bestimmungen dieses Gesetzes finden keine Anwendung, wenn der Empfänger der
Waare als Kaufmann in das Handelsregister eingetragen ist.
§. 9.
Verträge,
welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden sind,
unterliegen den Vorschriften desselben nicht.
Urkundlich
unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen
Insiegel.
Gegeben
Prökelwitz, den 16. Mai 1894.
(L. S.) Wilhelm.
Graf von
Caprivi.