(Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen
Erbländer der Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)
Wir Franz der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich;
König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog zu Oesterreich, etc. etc.
Aus der Betrachtung, daß die bürgerlichen Gesetze, um den Bürgern
volle Beruhigung über den gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu verschaffen,
nicht nur nach den allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit; sondern auch nach
den besonderen Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer ihnen
verständlichen Sprache bekannt gemacht, und durch eine ordentliche Sammlung in
stätem Andenken erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte Unserer
Regierung unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren Vorfahren
beschlossene und unternommene Abfassung eines vollständigen, einheimischen
bürgerlichen Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.
Der während Unserer Regierung von Unserer Hofcommission in
Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf ward, so wie ehedem der Entwurf des
Gesetzbuches über Verbrechen und schwere Polizey-Uebertretungen, den in den
verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten Commissionen zur Beurtheilung
mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in Anwendung gesetzt.
Nachdem auf solche Art die Meinungen der Sachverständigen, und die
aus der Anwendung eingehohlten Erfahrungen zur Berichtigung dieses so wichtigen
Zweiges der Gesetzgebung benützt worden sind; haben Wir nun beschlossen, dieses
allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für Unsere gesammten Deutschen Erbländer kund
zu machen, und zu verordnen, daß dasselbe mit dem ersten Januar 1812 zur
Anwendung kommen solle.
Dadurch wird das bis jetzt angenommene gemeine Recht, der am 1.
November 1786 kund gemachte erste Theil des bürgerlichen Gesetzbuches, das für
Galizien gegebene bürgerliche Gesetzbuch, sammt allen auf die Gegenstände
dieses allgemeinen bürgerlichen Rechtes sich beziehenden Gesetzen und
Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.
Wie Wir aber in dem Gesetzbuche selbst zur allgemeinen Vorschrift
aufgestellt haben, daß die Gesetze nicht zurück wirken sollen; so soll auch
dieses Gesetzbuch auf Handlungen, die dem Tage, an welchem es verbindliche
Kraft erhält, vorhergegangen, und auf die nach den früheren Gesetzen bereits
erworbenen Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen in zweyseitig
verbindlichen Rechtsgeschäften, oder in solchen Willenserklärungen bestehen,
die von dem Erklärenden noch eigenmächtig abgeändert, und nach den in dem
gegenwärtigen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften eingerichtet werden könnten.
Daher ist auch eine schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches
angefangene Ersitzung oder Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen.
Wollte sich jemand auf eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem
neueren Gesetze auf eine kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen bestimmt
ist; so kann er auch diese kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an welchem
das gegenwärtige Gesetz verbindliche Kraft erhält, zu berechnen anfangen.
Die Vorschriften dieses Gesetzbuches sind zwar allgemein
verbindlich; doch bestehen für den Militär-Stand und für die zum Militär-Körper
gehörigen Personen besondere, auf das Privat-Recht sich beziehende
Vorschriften, welche bey den von, oder mit ihnen vorzunehmenden
Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht ausdrücklich darauf
hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und Wechselgeschäfte
werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so fern sie von den
Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.
Auch bleiben die über politische, Cameral- oder Finanz-Gegenstände
kund gemachten, die Privat-Rechte beschränkenden, oder näher bestimmenden
Verordnungen, obschon in diesem Gesetzbuche sich darauf nicht ausdrücklich
bezogen wurde, in ihrer Kraft.
Ins besondere sind die auf Geldzahlungen sich beziehenden Rechte
und Verbindlichkeiten nach dem, über das zum Umlauf und zur gemeinen Landes-
(Wiener) Währung bestimmte Geld, bereits erlassenen Patente vom 20. Hornung
1811, oder nach den noch zu erlassenden besonderen Gesetzen, und nur bey deren
Ermanglung, nach den allgemeinen Vorschriften des Gesetzbuches zu beurtheilen.
Wir erklären zugleich den gegenwärtigen Deutschen Text des
Gesetzbuches als den Urtext, wonach die veranstalteten Uebersetzungen in die
verschiedenen Landessprachen Unserer Provinzen zu beurtheilen sind.
Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, den ersten
Monathstag Junius, im eintausend achthundert und eilften, Unserer Reiche im
neunzehnten Jahre.
Franz (L. S.)
Aloys Graf von und zu Ugarte,
königlich-Böhmischer oberster und erzherzoglich-Oesterreichischer
erster Kanzler.
Franz Graf von Woyna.
Nach Sr. k. k. Majestät
höchst eigenem Befehle:
Johann Nepomuk Freyh. v. Geißlern.
Inhalt.
Einleitung. Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt. §. 1-14.
Erster Theil.
Von dem Personenrechte.
Erstes Hauptstück. Von den Rechten, welche sich auf persönliche
Eigenschaften und Verhältnisse beziehen. §. 15-43.
Zweytes Hauptstück. Von dem Eherechte. §. 44-136.
Drittes Hauptstück. Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern §.
137-186.
Viertes Hauptstück. Von der Obsorge einer anderen Person §.
187-267.
Fünftes Hauptstück. Von der Sachwalterschaft, der sonstigen
gesetzlichen Vertretung und der Vorsorgemacht §. 268-284.
Zweyter Theil.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung. §. 285-308.
Erste Abtheilung
des Sachenrechtes.
Von den dinglichen Rechten.
Erstes Hauptstück. Von dem Besitze. §. 309-352.
Zweytes Hauptstück. Von dem Eigenthumsrechte. §. 353-379.
Drittes Hauptstück. Von der Erwerbung des Eigenthums durch
Zueignung. §. 380-403.
Viertes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs.
§. 404-422.
Fünftes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe.
§. 423-446.
Sechstes Hauptstück. Von dem Pfandrechte. §. 447-471.
Siebentes Hauptstück. Von Dienstbarkeiten. (Servituten.) §.
472-530.
Achtes Hauptstück. Von dem Erbrechte. §. 531-551.
Neuntes Hauptstück. Von der Erklärung des letztes Willens
überhaupt und den Testamenten ins besondere. §. 552-603.
Zehntes Hauptstück. Von Nacherben und Fideicomissen. §. 604-646.
Eilftes Hauptstück. Von Vermächtnissen. §. 647-694.
Zwölftes Hauptstück. Von Einschränkung und Aufhebung des letzten
Willens. §. 695-726.
Dreyzehntes Hauptstück. Von der gesetzlichen Erbfolge. §. 727-761.
Vierzehntes Hauptstück. Von dem Pflichttheile und der Anrechnung
in den Pflicht- oder Erbtheil. §. 762-796.
Fünfzehntes Hauptstück. Von Besitznehmung der Erbschaft. §.
797-824.
Sechzehntes Hauptstück. Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer
dinglichen Rechte. §. 825-858.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück. Von Verträgen und Rechtsgeschäften
überhaupt. §. 859-937.
Achtzehntes Hauptstück. Von Schenkungen. §. 938-956.
Neunzehntes Hauptstück. Von dem Verwahrungsvertrage. §. 957-970.
Zwanzigstes Hauptstück. Von dem Leihvertrage. §. 971-982.
Ein und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Darleihensvertrage. §.
983-1001.
Zwey und zwanzigstes Hauptstück. Von der Bevollmächtigung und
andern Arten der Geschäftsführung. §. 1002-1044.
Drey und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Tauschvertrage. §.
1045-1052.
Vier und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Kaufvertrage. §.
1053-1089.
Fünf und zwanzigstes Hauptstück. Von Bestand- Erbpacht- und
Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.
Sechs und zwanzigstes Hauptstück. Von Verträgen über
Dienstleistungen §. 1151-1174.
Sieben und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Vertrage über eine
Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.
Acht und zwanzigstes Hauptstück. Von den Ehepacten. §. 1217-1266.
Neun und zwanzigstes Hauptstück. Von den Glücksverträgen. §.
1267-1292.
Dreyßigstes Hauptstück. Von dem Rechte des Schadenersatzes und der
Genugthuung. §. 1293-1341.
Dritter Theil.
Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und
Sachenrechte.
Erstes Hauptstück. Von Befestigung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.
Zweytes Hauptstück. Von Umänderung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.
Drittes Hauptstück. Von Aufhebung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.
Viertes Hauptstück. Von der Verjährung und Ersitzung. §.
1451-1502.
Einleitung.
Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt.
Begriff des bürgerlichen Rechtes.
§. 1. Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die Privat-Rechte und Pflichten
der Einwohner des Staates unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche
Recht in demselben aus.
§. 2. So bald ein Gesetz gehörig kund gemacht worden ist, kann
sich niemand damit entschuldigen, daß ihm dasselbe nicht bekannt geworden sey.
Anfang der Wirksamkeit der Gesetze.
§. 3. Die Wirksamkeit eines Gesetzes und die daraus entspringenden
rechtlichen Folgen nehmen gleich nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre
denn, daß in dem kund gemachten Gesetze selbst der Zeitpunct seiner Wirksamkeit
weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes.
§. 4. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304
– IPR-Gesetz.)
§. 5. Gesetze wirken nicht zurück; sie haben daher auf
vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluß.
Auslegung.
§. 6. Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer Verstand
beygelegt werden, als welcher aus der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in
ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§. 7. Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem
natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche, in den
Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit
verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch
zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und
reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden
werden.
§. 8. Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine
allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch
zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht
hinzufügt, daß seine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die
vor der Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum
Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle.
Dauer des Gesetzes.
§. 9. Gesetze behalten so lange ihre Kraft, bis sie von dem
Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich aufgehoben werden.
Andere Arten der Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.
§. 10. Auf Gewohnheiten kann nur in den Fällen, in welchen sich
ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht genommen werden.
b) Provinzial-Statuten.
§. 11. Nur jene Statuten einzelner Provinzen und Landesbezirke
haben Gesetzeskraft, welche nach der Kundmachung dieses Gesetzbuches von dem
Landesfürsten ausdrücklich bestätiget werden.
c) Richterliche Aussprüche.
§. 12. Die in einzelnen Fällen ergangenen Verfügungen und die von
Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten gefällten Urtheile haben nie
die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere Fälle oder auf andere Personen
nicht ausgedehnet werden.
d) Privilegien.
§. 13. Die einzelnen Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen
Privilegien und Befreyungen sind, so fern hierüber die politischen Verordnungen
keine besondere Bestimmung enthalten, gleich den übrigen Rechten zu
beurtheilen.
Haupteintheilung des bürgerlichen Rechtes.
§. 14. Die in dem bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen
Vorschriften haben das Personen-Recht, das Sachenrecht und die denselben
gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum Gegenstande.
Erster Theil.
Von dem Personen-Rechte.
Erstes Hauptstück.
Von den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und
Verhältnisse beziehen.
Personen-Rechte.
§. 15. Die Personen-Rechte beziehen sich theils auf persönliche
Eigenschaften und Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem
Familien-Verhältnisse.
I. Aus dem Charakter der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§. 16. Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die Vernunft
einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten. Sclaverey
oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden Macht wird
in diesen Ländern nicht gestattet.
Rechtliche Vermuthung derselben.
§. 17. Was den angebornen natürlichen Rechten angemessen ist,
dieses wird so lange als bestehend angenommen, als die gesetzmäßige
Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.
Erwerbliche Rechte.
§. 18. Jedermann ist unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen
Bedingungen fähig, Rechte zu erwerben.
Verfolgung der Rechte.
§. 19. Jedem, der sich in seinem Rechte gekränkt zu seyn erachtet,
steht es frey, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze bestimmten Behörde
anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hülfe
bedienet, oder, wer die Gränzen der Nothwehre
überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§. 20. Auch solche Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates
betreffen, aber auf dessen Privat-Eigenthum, oder auf die in dem bürgerlichen
Rechte gegründeten Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden
nach den Gesetzen zu beurtheilen.
II. Personenrechte der Minderjährigen und der sonst in ihrer
Handlungsfähigkeit Beeinträchtigten
§. 21. Minderjährige und Personen, die aus einem anderen Grund als
dem ihrer Minderjährigkeit alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst
gehörig zu besorgen nicht vermögen, stehen unter dem besonderen Schutz der
Gesetze.
Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch
nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch nicht
vollendet, so sind sie unmündig.
§. 22. Selbst ungeborne Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer
Empfängniß an einen Anspruch auf den Schutz der Gesetze. In so weit es um ihre
und nicht um die Rechte eines Dritten zu thun ist, werden sie als Geborne
angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird in Rücksicht auf die ihm für den
Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet, als wäre es nie empfangen
worden.
§. 23. In zweifelhaftem Falle, ob ein Kind lebendig oder todt
geboren worden sey, wird das Erstere vermuthet. Wer das Gegentheil behauptet,
muß es beweisen.
III. Aus dem Verhältnisse der Abwesenheit.
§. 24. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S.
1186.)
§. 25. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S.
1186.)
IV. Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person.
§. 26. Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft
unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck und die besonderen für dieselben
bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnisse gegen Andere genießen
erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen Personen.
Unerlaubte Gesellschaften haben als solche keine Rechte, weder gegen die
Mitglieder, noch gegen Andere, und sie sind unfähig, Rechte zu erwerben.
Unerlaubte Gesellschaften sind aber diejenigen, welche durch die politischen
Gesetze insbesondere verbothen werden, oder offenbar der Sicherheit,
öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerstreiten.
§. 27. In wie fern Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer
besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen
Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse eines Staatsbürgers.
§. 28. Den vollen Genuß der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch
die Staatsbürgerschaft. Die Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern
eines Oesterreichischen Staatsbürgers durch die Geburt eigen.
Wie die Staatsbürgerschaft erworben;
§. 29. Fremde erwerben die Oesterreichische Staatsbürgerschaft durch
Eintretung in einen öffentlichen Dienst; durch einen in diesen Staaten
vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen Wohnsitz, jedoch unter der Bedingung,
daß der Fremde diese Zeit hindurch sich wegen eines Verbrechens keine Strafe
zugezogen habe.
§. 30. Auch ohne Antretung eines Gewerbes oder Handwerkes, und vor
verlaufenen zehn Jahren, kann die Einbürgerung bey den politischen Behörden
angesucht, und von denselben, nachdem das Vermögen, die Erwerbfähigkeit und das
sittliche Betragen des Ansuchenden beschaffen sind, verliehen werden.
§. 31. Durch die bloße Inhabung oder zeitliche Benützung eines
Landgutes, Hauses oder Grundstückes; durch die Anlegung eines Handels, einer
Fabrik, oder die Theilnahme an einem von beyden, ohne persönliche Ansässigkeit
in einem Lande dieser Staaten, wird die Oesterreichische Staatsbürgerschaft
nicht erworben.
wie sie verloren werde
§. 32. Der Verlust der Staatsbürgerschaft durch Auswanderung oder
durch Verehelichung einer Staatsbürgerinn an einen
Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze bestimmt.
Rechte der Fremden.
§. 33. Den Fremden kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und
Verbindlichkeiten mit den Eingebornen zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser
Rechte ausdrücklich die Eigenschaft eines Staatsbürgers erfordert wird. Auch
müssen die Fremden, um gleiches Recht mit den Eingebornen zu genießen, in
zweifelhaften Fällen beweisen, daß der Staat, dem sie angehören, die
hierländigen Staatsbürger in Rücksicht des Rechtes, wovon die Frage ist,
ebenfalls wie die seinigen behandle.
§. 34. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304
– IPR-Gesetz.)
§. 35. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304
– IPR-Gesetz.)
§. 36. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304
– IPR-Gesetz.)
§. 37. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304
– IPR-Gesetz.)
§. 38. Die Gesandten, die öffentlichen Geschäftsträger und die in
ihren Diensten stehenden Personen genießen die in dem Völkerrechte und in den
öffentlichen Verträgen gegründeten Befreyungen.
VI. Personen-Rechte aus dem Religions-Verhältnisse.
§. 39. Die Verschiedenheit der Religion hat auf die Privat-Rechte
keinen Einfluß, außer in so fern dieses bey einigen Gegenständen durch die
Gesetze insbesondere angeordnet wird.
VII. Aus dem Familien-Verhältnisse.
Familie, Verwandtschaft und Schwägerschaft.
§. 40. Unter Familie werden die Stammältern mit allen ihren
Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird
Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den
Verwandten des anderen Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.
§. 41. Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwey Personen sind
nach der Zahl der Zeugungen, mittelst welcher in der geraden Linie eine
derselben von der anderen, und in der Seitenlinie beyde von ihrem nächsten
gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und in
welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie
und in eben dem Grade ist er mit dem anderen Ehegatten verschwägert.
§. 42. Unter den Nahmen Aeltern werden in der Regel ohne
Unterschied des Grades alle Verwandte in der aufsteigenden; und unter dem
Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden Linie begriffen.
VIII. Schutz des Namens
§. 43. Wird jemandem das Recht zur Führung seines Namens
bestritten oder wird er durch unbefugten Gebrauch seines Namens (Decknamens)
beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung und bei Verschulden auf
Schadenersatz klagen.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eherechte.
Begriff der Ehe,
§. 44. Die Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag
gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes
gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu
zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beystand zu leisten.
und des Eheverlöbnisses.
§. 45. Ein Eheverlöbniß oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu
ehelichen, unter was für Umständen oder Bedingungen es gegeben oder erhalten
worden, zieht keine rechtliche Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schließung
der Ehe selbst, noch zur Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes
bedungen worden ist.
Rechtliche Wirkung des Rücktrittes vom
Eheverlöbnisse.
§. 46. Nur bleibt dem Theile, von dessen Seite keine gegründete
Ursache zu dem Rücktritte entstanden ist, der Anspruch auf den Ersatz des
wirklichen Schadens vorbehalten, welchen er aus diesem Rücktritte zu leiden
beweisen kann.
Regel über die Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.
§. 47. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Hindernisse der Ehe:
I) Abgang der Einwilligung,
a) aus Mangel des Vermögens zur Einwilligung.
§. 48. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 49. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 50. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 51. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 52. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 53. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 54. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
b) aus Mangel der wirklichen Einwilligung.
§. 55. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 56. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 57. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 58. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 59. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
II. Abgang des Vermögens zum Zwecke:
a) des physischen Vermögens;
§. 60. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
b) des sittlichen Vermögens; wegen Verurtheilung zu einer schweren
Criminalstrafe;
§. 61. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
wegen Ehebandes;
§. 62. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
wegen Weihe oder Gelübdes;
§. 63. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Religionsverschiedenheit;
§. 64. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Verwandtschaft;
§. 65. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
oder Schwägerschaft;
§. 66. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
wegen Ehebruchs;
§. 67. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
oder Gattenmordes.
§. 68. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
III. Abgang der wesentlichen Feyerlichkeiten.
Solche sind:
§. 69. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
a) das Aufgeboth;
§. 70. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 71. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 72. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 73. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 74. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
b) die feyerliche Erklärung der Einwilligung.
§. 75. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 76. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 77. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 78. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 79. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 80. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 81. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 82. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Dispensation von Ehehindernissen.
§. 83. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 84. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 85. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 86. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 87. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 88. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Persönliche Rechtswirkungen der Ehe
§. 89. Die persönlichen Rechte und Pflichten der Ehegatten im
Verhältnis zueinander sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt
ist, gleich.
§. 90. Die Ehegatten sind einander zur umfassenden ehelichen
Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur
anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet.
Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm
dies zumutbar, es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich und nicht
anderes vereinbart ist.
§. 91. Die Ehegatten sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft,
besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die Leistung des
Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl
der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich
gestalten.
Von einer einvernehmlichen Gestaltung kann ein Ehegatte abgehen,
wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des anderen oder der Kinder entgegensteht
oder, auch wenn ein solches Anliegen vorliegt, persönliche Gründe des Ehegatten,
besonders sein Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, als gewichtiger
anzusehen sind. In diesen Fällen haben sich die Ehegatten um ein Einvernehmen
über die Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu bemühen.
§. 92. Verlangt ein Ehegatte aus gerechtfertigten Gründen die
Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so hat der andere diesem Verlangen zu
entsprechen, es sei denn, er habe gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem
Gewicht, nicht mitzuziehen.
Ungeachtet des Abs. 1, kann ein Ehegatte vorübergehend gesondert
Wohnung nehmen, solange ihm ein Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten,
besonders wegen körperlicher Bedrohung, unzumutbar oder dies aus wichtigen
persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann jeder der Ehegatten vor oder
auch nach der Verlegung der Wohnung oder der gesonderten Wohnungsnahme die
Entscheidung des Gerichtes beantragen. Das Gericht hat im Verfahren außer
Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen auf Verlegung der gemeinsamen
Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die gesonderte Wohnungsnahme durch
einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat bei der Entscheidung auf die
gesamten Umstände der Familie, besonders auf das Wohl der Kinder, Bedacht zu
nehmen.
§. 93. Die Ehegatten führen den gleichen Familiennamen. Dieser ist
der Familienname eines der Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der
Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde als
gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird
der Familienname des Mannes gemeinsamer Familienname.
Derjenige Verlobte, der nach Abs. l als Ehegatte den Familiennamen
des anderen als gemeinsamen Familiennamen zu führen hat, kann dem
Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder
öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, bei der Führung des gemeinsamen
Familiennamens diesem seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines
Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran- oder nachzustellen. Dieser
Ehegatte ist zur Führung des Doppelnamens verpflichtet. Eine andere Person kann
ihren Namen nur vom gemeinsamen Familiennamen ableiten.
Derjenige Verlobte, der nach Abs. l mangels einer Bestimmung den
Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen Familiennamen zu führen
hätte, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in
öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, seinen bisherigen
Familiennamen weiterzuführen; auf Grund einer solchen Erklärung führt jeder
Ehegatte seinen bisherigen Familiennamen weiter. In diesem Fall haben die
Verlobten den Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder zu bestimmen (§
139 Abs. 2).
§. 93a. Eine Person, deren Ehe aufgelöst ist, kann dem
Standesbeamten gegenüber in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde
erklären, einen früheren Familiennamen wieder anzunehmen. Ein Familienname, der
von einem früheren Ehegatten aus einer geschiedenen oder aufgehobenen Ehe
abgeleitet wird, darf nur wieder angenommen werden, wenn aus dieser früheren
Ehe Nachkommenschaft vorhanden ist.
§. 94. Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und gemäß der
Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren
Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsamen beizutragen.
Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch
seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen Anspruch auf
Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt
nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher
Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des
Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Mißbrauch des Rechtes wäre. Ein
Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach
Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der
Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld
zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf
die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre.
Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im vorhinein
nicht verzichtet werden.
§. 95. Die Ehegatten haben an der Führung des gemeinsamen
Haushalts nach ihren persönlichen Verhältnissen, besonders unter
Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung, mitzuwirken. Ist jedoch ein
Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die Haushaltsführung; der andere
ist nach Maßgabe des § 91 zur Mithilfe verpflichtet.
§. 96. Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt und keine
Einkünfte hat, vertritt den anderen bei den Rechtsgeschäften des täglichen
Lebens, die er für den gemeinsamen Haushalt schließt und die ein den
Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen. Dies
gilt nicht, wenn der andere Ehegatte dem Dritten zu erkennen gegeben hat, daß
er von seinem Ehegatten nicht vertreten sein wolle. Kann der Dritte aus den
Umständen nicht erkennen, daß der handelnde Ehegatte als Vertreter auftritt,
dann haften beide Ehegatten zur ungeteilten Hand.
§. 97. Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der Befriedigung des
dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt,
so hat dieser einen Anspruch darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte
alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte
diese nicht verliere. Dies gilt nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des
verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände erzwungen wird.
§. 98. Wirkt ein Ehegatte im Erwerb des anderen mit, so hat er
Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des Anspruchs
richtet sich nach der Art und Dauer der Leistungen; die gesamten
Lebensverhältnisse der Ehegatten, besonders auch die gewährten
Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen.
§. 99. Ansprüche auf Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im
Erwerb des anderen (§ 98) sind vererblich, unter Lebenden oder von Todes wegen
übertragbar und verpfändbar, soweit sie durch Vertrag oder Vergleich anerkannt
oder gerichtlich geltend gemacht worden sind.
§. 100. Der § 98 berührt nicht vertragliche Ansprüche eines
Ehegatten an den anderen aus einem Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb. Solche
Ansprüche schließen einen Anspruch nach § 98 aus; bei einem Dienstverhältnis
bleibt dem Ehegatten jedoch der Anspruch nach § 98 gewahrt, soweit er seine
Ansprüche aus dem Dienstverhältnis übersteigt.
§. 101. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 102. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
II. Wirkliche Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit
Einverständniß;
§. 103. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 104. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 105. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 106. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 107. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 108. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 109. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 110. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
b) gänzliche Trennung; bey Katholiken durch den Tod,
§. 111. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
und die Todeserklärung;
§. 112. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I
1939/S. 1186.)
§. 113. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I
1939/S. 1186.)
§. 114. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I
1939/S. 1186.)
bey andern christlichen Religions-Verwandten.
§. 115. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 116. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 117. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 118. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
Beschränkung und Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.
§. 119. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 120. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 121. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 122. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Ausnahmen der Judenschaft;
§. 123. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
a) in Rücksicht der Ehehindernisse;
§. 124. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1859/Nr. 217.)
§. 125. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
b) der Verkündigung.
§. 126. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
c) der Trauung;
§. 127. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 128. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 129. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 130. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 131. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
d) der Scheidung.
§. 132. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
e) der Trennung;
§. 133. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 134. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 135. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
§. 136. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 -
Ehegesetz.)
Drittes Hauptstück.
Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern
Allgemeine Rechte und Pflichten
§. 137. Die Eltern haben für die Erziehung ihrer minderjährigen
Kinder zu sorgen und überhaupt ihr Wohl zu fördern.
Eltern und Kinder haben einander beizustehen, die Kinder ihren
Eltern Achtung entgegenzubringen.
Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit in
diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.
§. 137a. Dritte dürfen in die elterlichen Rechte nur insoweit
eingreifen, als ihnen dies durch die Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des
Gesetzes oder durch eine behördliche Verfügung gestattet ist.
Abstammung des Kindes von Mutter und Vater
§. 137b. Mutter ist die Frau, die das Kind geboren hat.
§. 138. Vater des Kindes ist der Mann,
1. der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des Kindes
verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage vor der
Geburt des Kindes verstorben ist oder
2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Würden nach Abs. 1 Z 1 mehrere Männer als Vater in Betracht
kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt die Ehe
geschlossen hat.
§. 138a. Die nach diesem Gesetzbuch begründete Abstammung und
deren Änderung sowie die Feststellung der Nichtabstammung wirken gegenüber
jedermann.
Nach dem Tod der betroffenen Person können
die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder die Feststellung der
Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese begehrt werden.
§. 138b. Einsichts- und urteilsfähige Personen können, wenn sie
nicht eigenberechtigt sind, in Angelegenheiten ihrer Abstammung und der
Abstammung von ihnen rechtswirksam handeln, sofern ihr gesetzlicher Vertreter
zustimmt. Handelt in einem solchen Fall der gesetzliche Vertreter, so bedarf er
der Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen Person. Im Zweifel wird das
Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen
vermutet.
Der gesetzliche Vertreter hat sich vom Wohl des Vertretenen leiten
zu lassen. Seine Vertretungshandlungen in Angelegenheiten der Abstammung
bedürfen nicht der Genehmigung des Gerichtes.
Ehelichkeit
§. 138c. Ehelich ist ein Kind, das während der Ehe der Mutter mit
seinem Vater oder, wenn die Ehe durch den Tod des Ehemanns aufgelöst wurde,
innerhalb von 300 Tagen danach geboren wird; sonst ist das Kind unehelich.
Wird die Ehe der Eltern für nichtig erklärt, so bleibt das Kind
ehelich.
§. 138d. Wird ein Kind innerhalb von 300 Tagen nach Scheidung oder
Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so wird es ehelich, wenn der
frühere Ehemann der Mutter die Vaterschaft anerkennt (§§ 163c und 163e) oder
durch das Gericht als Vater festgestellt wird (§§ 163 und 163b).
Wird ein Kind nach Ablauf von 300 Tagen nach Auflösung oder
Nichtigerklärung der Ehe geboren, so hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder
des früheren Ehemanns der Mutter die Abstammung von diesem und die Ehelichkeit
des Kindes festzustellen, wenn bewiesen ist, dass das Kind während der Ehe vom
Ehemann der Mutter oder durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit
dem Samen des Ehemanns oder, sofern der Ehemann dem in Form eines gerichtlichen
Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, mit dem Samen eines Dritten
gezeugt wurde.
Für Kinder, die nach den vorstehenden Absätzen die Rechtsstellung
eines ehelichen Kindes erlangen, gelten der § 161 Abs. 2 und 3 sowie die §§
162a bis 162d entsprechend. Hinsichtlich der Obsorge gilt § 166 erster Satz
entsprechend, doch können die Eltern dem Gericht eine Vereinbarung über die
Betrauung mit der Obsorge nach § 177 vorlegen; § 177a Abs. 2 gilt entsprechend.
Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und ehelichen Kindern
Name
§. 139. Haben die Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so
erhält das Kind diesen.
Haben die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das
Kind den Familiennamen, den die Eltern dem Standesbeamten gegenüber vor oder
bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde zum
Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder bestimmt haben. Hiezu können
die Eltern nur den Familiennamen eines Elternteils bestimmen.
Mangels einer Bestimmung nach Abs. 2 erhält das Kind den
Familiennamen des Vaters.
Unterhalt
§. 140. Die Eltern haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen
angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen,
Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften
anteilig beizutragen.
Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind
betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt
des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der
Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte, als es
seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.
Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind
eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse
selbsterhaltungsfähig ist.
§. 141. Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des
Unterhalts nicht imstande sind, schulden ihn die Großeltern nach den den
Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im übrigen gilt der § 140 sinngemäß; der Unterhaltsanspruch
eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die Heranziehung des
Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Großelternteil nur
insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.
§. 142. Die Schuld eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu
leisten, geht bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben über. In den
Anspruch des Kindes ist alles einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser
durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil,
als Pflichtteil oder durch eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche
Leistung erhält. Reicht der Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den
geschuldeten Unterhalt bis zum voraussichtlichen Eintritt der
Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so mindert sich der
Anspruch des Kindes entsprechend.
§. 143. Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern unter
Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der
Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern
er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt
hat.
Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines Ehegatten, eines
früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren Grades des
Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den Unterhalt
anteilig nach ihren Kräften zu leisten.
Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder Großelternteils mindert
sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar
ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch
bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen
Unterhalt nicht gefährdet.
Obsorge
§. 144. Die Eltern haben das minderjährige Kind zu pflegen und zu
erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie allen anderen
Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung sowie die
Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen
Bereichen. Bei Erfüllung dieser Pflichten und Ausübung dieser Rechte sollen die
Eltern einvernehmlich vorgehen.
§. 145. Ist ein Elternteil, der mit der Obsorge für das Kind
gemeinsam mit dem anderen Elternteil betraut war, gestorben, ist sein Aufenthalt
seit mindestens sechs Monaten unbekannt, kann die Verbindung mit ihm nicht oder
nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt werden oder ist
ihm die Obsorge ganz oder teilweise entzogen, so ist der andere Elternteil
insoweit allein mit der Obsorge betraut. Ist in dieser Weise der Elternteil,
der mit der Obsorge allein betraut ist, betroffen, so hat das Gericht unter
Beachtung des Wohles des Kindes zu entscheiden, ob der andere Elternteil oder
ob und welches Großelternpaar (Großelternteil) oder Pflegeelternpaar
(Pflegeelternteil) mit der Obsorge zu betrauen ist; Letzteres gilt auch, wenn
beide Elternteile betroffen sind. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann
für dieses Großelternpaar (diesen Großelternteil).
Auf Antrag des Elternteiles, auf den die Obsorge nach Abs. 1
erster Satz übergegangen ist, hat das Gericht diesen Übergang festzustellen.
Geht die Obsorge auf den anderen Elternteil über oder überträgt das
Gericht die Obsorge, so sind, sofern sich der Übergang oder die Übertragung der
Obsorge darauf bezieht, das Vermögen sowie sämtliche die Person des Kindes
betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben.
§. 145a. Solange ein Elternteil nicht voll geschäftsfähig ist, hat
er nicht das Recht und die Pflicht, das Vermögen des Kindes zu verwalten und
das Kind zu vertreten.
§. 145b. Bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der Pflichten nach
diesem Hauptstück ist zur Wahrung des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das
Verhältnis des Minderjährigen zu anderen Personen, denen nach diesem Hauptstück
das Kind betreffende Rechte und Pflichten zukommen, beeinträchtigt oder die
Wahrnehmung von deren Aufgaben erschwert.
§. 145c. Wird einem minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet
und ein Elternteil von der Verwaltung ausgeschlossen, so ist der andere
Elternteil mit der Verwaltung betraut. Sind beide Elternteile oder jener
Elternteil, der mit der Obsorge allein betraut ist, ausgeschlossen, so hat das
Gericht andere Personen mit der Verwaltung zu betrauen.
§. 146. Die Pflege des minderjährigen Kindes umfaßt besonders die
Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare
Aufsicht, die Erziehung besonders die Entfaltung der körperlichen, geistigen,
seelischen und sittlichen Kräfte, die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten,
Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen Ausbildung in
Schule und Beruf.
Das Ausmaß der Pflege und Erziehung richtet sich nach den
Lebensverhältnissen der Eltern.
Die Eltern haben in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung auch
auf den Willen des Kindes Bedacht zu nehmen, soweit dem nicht dessen Wohl oder
ihre Lebensverhältnisse entgegenstehen. Der Wille des Kindes ist umso
maßgeblicher, je mehr es den Grund und die Bedeutung einer Maßnahme einzusehen
und seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen vermag.
§. 146a. Das minderjährige Kind hat Anordnungen der Eltern zu
befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf
Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen; die
Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind
unzulässig.
§. 146b. Soweit die Pflege und Erziehung es erfordern, hat der
hierzu berechtigte Elternteil auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu
bestimmen. Hält sich das Kind woanders auf, so haben die Behörden und Organe
der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen eines berechtigten Elternteils bei der
Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch bei der Zurückholung des Kindes
mitzuwirken.
§. 146c. Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das
einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird das
Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen
vermutet. Mangelt es an der notwendigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist
die Zustimmung der Person erforderlich, die mit Pflege und Erziehung betraut
ist.
Willigt ein einsichts- und urteilsfähiges minderjähriges Kind in
eine Behandlung ein, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit
verbunden ist, so darf die Behandlung nur vorgenommen werden, wenn auch die
Person zustimmt, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist.
Die Einwilligung des einsichts- und urteilsfähigen Kindes sowie
die Zustimmung der Person, die mit Pflege und Erziehung betraut ist, sind nicht
erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der
Einholung der Einwilligung oder der Zustimmung verbundene Aufschub das Leben
des Kindes gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der
Gesundheit verbunden wäre.
§. 146d. Weder ein minderjähriges Kind noch die Eltern können in
eine medizinische Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit des
minderjährigen Kindes zum Ziel hat, einwilligen.
§. 147. Hat das mündige Kind seine Meinung über seine Ausbildung
den Eltern erfolglos vorgetragen, so kann es das Gericht anrufen. Dieses hat
nach sorgfältiger Abwägung der von den Eltern und dem Kind angeführten Gründe
die zum Wohl des Kindes angemessenen Verfügungen zu treffen.
§. 148. Lebt ein Elternteil mit dem minderjährigen Kind nicht im
gemeinsamen Haushalt, so haben das Kind und dieser Elternteil das Recht,
miteinander persönlich zu verkehren. Die Ausübung dieses Rechtes sollen das
Kind und die Eltern einvernehmlich regeln. Soweit ein solches Einvernehmen
nicht erzielt wird, hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder eines
Elternteils die Ausübung dieses Rechtes unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse
und Wünsche des Kindes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln.
Das Gericht hat nötigenfalls, insbesondere wenn der berechtigte
Elternteil seine Verpflichtung aus § 145b nicht erfüllt, die Ausübung des
Rechtes auf persönlichen Verkehr einzuschränken oder zu untersagen.
Zwischen Enkeln und ihren Großeltern gelten Abs. 1 und 2
sinngemäß. Die Ausübung des Rechtes der Großeltern ist jedoch auch so weit
einzuschränken oder zu untersagen, als sonst das Familienleben der Eltern
(eines Elternteils) oder deren Beziehung zu dem Kind gestört würde.
Wäre durch das Unterbleiben des persönlichen Verkehrs des
minderjährigen Kindes mit einem hiezu bereiten Dritten sein Wohl gefährdet, so
hat das Gericht auf Antrag des Kindes, eines Elternteils, des Jugendwohlfahrtsträgers
oder von Amts wegen die zur Regelung des persönlichen Verkehrs nötigen
Verfügungen zu treffen.
§. 149. Die Eltern haben das Vermögen eines minderjährigen Kindes
mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sofern das Wohl des Kindes
nicht anderes erfordert, haben sie es in seinem Bestand zu erhalten und nach
Möglichkeit zu vermehren; Geld ist nach den Vorschriften über die Anlegung von
Mündelgeld anzulegen.
Aus dem Vermögen sind jedenfalls die Kosten der Verwaltung
einschließlich der für die Erhaltung des Vermögens und den ordentlichen
Wirtschaftsbetrieb nötigen Aufwendungen und die fälligen Zahlungen zu
berichtigen; weiter auch die Kosten des Unterhalts, soweit das Kind nach den §§
140 und 141 zur Heranziehung seines Vermögens verpflichtet ist oder die
Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt sind.
§. 150. Die Eltern haben über das Vermögen des minderjährigen
Kindes dem Gericht Rechnung zu legen; über die Erträgnisse jedoch nur, soweit
sie nicht für den Unterhalt des Kindes verwendet worden sind. Näheres wird in
den Verfahrensgesetzen bestimmt.
Das Gericht kann die Eltern von der Rechnungslegung ganz oder zum
Teil befreien, soweit keine Bedenken bestehen, daß sie das Vermögen des Kindes
ordentlich verwalten werden.
§. 151. Ein minderjähriges Kind kann ohne ausdrückliche oder
stillschweigende Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich
weder verfügen noch sich verpflichten.
Nach erreichter Mündigkeit kann es jedoch über Sachen, die ihm zur
freien Verfügung überlassen worden sind, und über sein Einkommen aus eigenem
Erwerb so weit verfügen und sich verpflichten, als dadurch nicht die
Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet wird.
Schließt ein minderjähriges eheliches Kind ein Rechtsgeschäft, das
von Minderjährigen seines Alters üblicherweise geschlossen wird und eine
geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses
Rechtsgeschäft, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, mit
der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.
§. 152. Soweit nicht anderes bestimmt ist, kann sich ein mündiges
minderjähriges Kind selbständig durch Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten,
ausgenommen zu Dienstleistungen auf Grund eines Lehr- oder sonstigen
Ausbildungsvertrags. Der gesetzliche Vertreter des Kindes kann das durch den
Vertrag begründete Rechtsverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig lösen.
§. 153. Soweit einem minderjährigen Kind nicht bereits früher ein
Verschulden zugerechnet werden kann (§ 1310), wird es mit der Erreichung der
Mündigkeit nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen verschuldensfähig.
§. 154. Jeder Elternteil ist für sich allein berechtigt und
verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam,
wenn der andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.
Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils, die
die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche
oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer solchen, die Übergabe in
fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine
solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und
die Anerkennung der Vaterschaft zu einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen
zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils. Dies gilt
nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und Zustellstücken.
Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten
bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils und
der Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum
ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Unter dieser Voraussetzung gehören dazu
besonders die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der,
auch erbrechtliche, Erwerb, die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie
die Änderung des Gegenstandes eines Unternehmens, der, auch erbrechtliche,
Eintritt in eine oder die Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft,
der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte Annahme oder die Ausschlagung
einer Erbschaft, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder
die Ablehnung eines Schenkungsanbots, die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in
den §§ 230a und 230b geregelten Arten sowie die Erhebung einer Klage und alle
verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich
betreffen. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und
Zustellstücken.
Bedarf ein Rechtsgeschäft der Einwilligung des gesetzlichen
Vertreters, der Zustimmung des anderen Elternteils oder der Genehmigung des
Pflegschaftsgerichts, so ist bei deren Fehlen das volljährig gewordene Kind nur
dann daraus wirksam verpflichtet, wenn es schriftlich erklärt, diese
Verpflichtungen als rechtswirksam anzuerkennen. Fordert der Gläubiger den
volljährig Gewordenen auf, sich nach dem ersten Satz zu erklären, so hat er ihm
dafür eine angemessene Frist zu setzen.
§. 154a. In zivilgerichtlichen Verfahren ist nur ein Elternteil
allein zur Vertretung des Kindes berechtigt; solange sich die Eltern nicht auf
den anderen Elternteil einigen oder das Gericht nach § 176 diesen oder einen
Dritten als Vertreter bestimmt, ist Vertreter derjenige Elternteil, der die
erste Verfahrenshandlung setzt.
Die nach § 154 erforderliche Zustimmung des anderen Elternteils
und Genehmigung des Gerichtes gelten für das ganze Verfahren.
§. 154b. Soweit einem Kind infolge merkbar verzögerter
Entwicklung, einer psychischen Krankheit oder einer geistigen Behinderung die
für eine einzelne oder einen Kreis von Angelegenheiten erforderliche Einsichts-
und Urteilsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit fehlt, hat das Gericht dies von
Amts wegen oder auf Antrag einer Person, die ganz oder zum Teil mit der Obsorge
betraut ist, auszusprechen. Dieser Ausspruch wirkt, sofern er nicht vom Gericht
widerrufen oder befristet wurde, längstens bis zur Volljährigkeit des Kindes.
§. 155. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 5, BGBl I 2004/Nr. 58.)
Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter
§. 156. Stammt ein Kind, das während der Ehe der Mutter oder vor
Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns der Mutter geboren worden ist,
nicht von diesem ab, so hat das Gericht dies auf Antrag festzustellen.
Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann und von diesem gegen das
Kind gestellt werden.
§. 156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 157. Hat der Ehemann der Mutter einer medizinisch unterstützten
Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten in Form eines gerichtlichen
Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt, so kann nicht die Feststellung
begehrt werden, dass das mit dem Samen des Dritten gezeugte Kind nicht vom
Ehemann der Mutter abstammt.
§. 158. Ein Antrag auf Feststellung, dass das Kind nicht vom
Ehemann der Mutter abstammt, kann binnen zwei Jahren ab Kenntnis der hiefür
sprechenden Umstände gestellt werden. Diese Frist beginnt frühestens mit der
Geburt des Kindes, im Fall einer Änderung der Abstammung frühestens mit der
Wirksamkeit der Änderung. Ein Antrag ist nicht zulässig, solange die Abstammung
des Kindes von einem anderen Mann feststeht.
Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die antragsberechtigte
Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist
durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Antragstellung
gehindert ist.
Später als 30 Jahre nach der Geburt des Kindes oder nach einer
Änderung der Abstammung kann nur das Kind die Feststellung der Nichtabstammung
begehren.
§. 159. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 159a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 159b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 160. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 1, BGBl 1983/Nr. 566.)
Legitimation der unehelichen Kinder
b) durch die nachfolgende Ehe
§. 161. Ist die Vaterschaft zum Kind festgestellt und schließen
Vater und Mutter des Kindes die Ehe, so wird das Kind zum Zeitpunkt der
Eheschließung seiner Eltern ehelich.
Wird die Vaterschaft nach der Eheschließung festgestellt, so
bleiben die vor der Feststellung für das Kind gesetzten Vertretungshandlungen
unberührt.
Die Wirkungen der Legitimation treten nur auf Grund eines
Anerkenntnisses nach § 163e Abs. 2 oder einer gerichtlichen Entscheidung außer
Kraft, die in einem für die Beseitigung der Feststellung der Abstammung
vorgesehenen Verfahren ergeht.
c) durch Begünstigung des Landesfürsten.
§. 162. Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen
Achtung und an seinem Fortkommen keinen Abbruch thun. Zu diesem Ende bedarf es
keiner besonderen Begünstigung des Landesfürsten,
wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die Aeltern können um
solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der Standesvorzüge
oder des Rechtes an dem frey vererblichen Vermögen
theilhaft machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder hat
diese Begünstigung keine Wirkung.
§. 162a. Wird ein Kind legitimiert, so gilt § 139 entsprechend.
Wird ein bereits mündiges Kind legitimiert, so gilt der Abs. 1
nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.
§. 162b. Wird ein Ehegatte legitimiert, so ändert sich der
gemeinsame Familienname nur, wenn beide Ehegatten der Namensänderung zustimmen.
Sonst ändert sich, unter der Voraussetzung des § 162a Abs. 2, nur der
Familienname des Legitimierten.
§. 162c. Führt ein Kind des Legitimierten einen von diesem allein
abgeleiteten Familiennamen, so geht der vom Legitimierten erworbene
Familienname auf das Kind über.
Ist das Kind des Legitimierten im Zeitpunkt der Legitimation
bereits mündig, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der Namensänderung
zustimmt.
Im übrigen gelten für das Kind des
Legitimierten die §§ 139, 162a und 162b entsprechend.
§. 162d. Eine Zustimmung nach den §§ 162a bis 162c ist dem
Standesbeamten in öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde zu
erklären; ihre namensrechtlichen Wirkungen treten ein, sobald sie dem
Standesbeamten zukommt.
Eine Zustimmung ist unwirksam, wenn sie dem Standesbeamten später
als drei Jahre nach der Verständigung des Zustimmungsberechtigten vom Eintritt
der Legitimation durch den Standesbeamten zugekommen ist.
Feststellung der Vaterschaft
§. 163. Als Vater hat das Gericht den Mann festzustellen, von dem
das Kind abstammt. Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann oder von diesem
gegen das Kind gestellt werden.
Auf Antrag des Kindes kann der Mann als Vater festgestellt werden,
welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180
Tagen vor der Geburt beigewohnt hat oder mit dessen Samen an der Mutter in
diesem Zeitraum eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden
ist, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von ihm abstammt. Eine
solche Feststellung ist nach Ablauf von zwei Jahren nach dem Tod des Mannes
nicht mehr möglich, es sei denn, das Kind weist nach, dass ihm der Beweis nach
Abs. 1 aus Gründen auf Seiten des Mannes nicht gelingt.
Ist an der Mutter innerhalb der im Abs. 2 genannten Frist eine medizinisch
unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten durchgeführt worden, so
ist als Vater der Mann festzustellen, der dieser medizinisch unterstützten
Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts
zugestimmt hat, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht durch diese
medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist.
Ein Dritter, dessen Samen für eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung verwendet wird, kann nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten
Kindes festgestellt werden. Dritter ist, wer seinen Samen einer für medizinisch
unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit dem Willen
überlässt, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes
festgestellt zu werden.
§. 163a. Der gesetzliche Vertreter hat dafür zu sorgen, daß die
Vaterschaft festgestellt wird, es sei denn, daß die Feststellung der
Vaterschaft für das Wohl des Kindes nachteilig ist oder die Mutter von ihrem
Recht, den Namen des Vaters nicht bekanntzugeben, Gebrauch macht.
Der Jugendwohlfahrtsträger hat die Mutter darauf aufmerksam zu
machen, welche Folgen es hat, wenn die Vaterschaft nicht festgestellt wird.
§. 163b. Das Kind kann die Feststellung seiner Abstammung auch
beantragen, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes bereits feststeht. In
einem solchen Fall hat die Feststellung der Abstammung die vom Gericht
auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom anderen Mann abstammt.
§. 163c. Die Vaterschaft wird durch persönliche Erklärung in
inländischer öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde anerkannt. Das
Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung, sofern die Urkunde oder ihre
öffentlich-beglaubigte Abschrift dem Standesbeamten zukommt.
Das Anerkenntnis soll eine genaue Bezeichnung des Anerkennenden,
der Mutter und des Kindes, sofern es bereits geboren ist, enthalten.
Für Zustimmungen zum Anerkenntnis gelten die Abs. 1 und 2
entsprechend.
§. 163d. Das Kind oder die Mutter, sofern sie einsichts- und
urteilsfähig sowie am Leben ist, können gegen das Anerkenntnis innerhalb von
zwei Jahren ab Kenntnis von dessen Rechtswirksamkeit bei Gericht Widerspruch
erheben.
Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die zum Widerspruch
berechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des letzten Jahres
der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis am
Widerspruch gehindert ist.
§. 163e. Steht zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits die
Vaterschaft eines anderen Mannes fest, so wird das Anerkenntnis erst
rechtswirksam, sobald mit allgemein verbindlicher Wirkung festgestellt ist,
dass der andere Mann nicht der Vater des betreffenden Kindes ist.
Ein zu einem Zeitpunkt, zu dem die Abstammung des Kindes von einem
anderen Mann feststand, abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis wird jedoch
rechtswirksam, wenn in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde das
Kind dem Anerkenntnis zustimmt. Ist das Kind nicht eigenberechtigt, so wird das
Anerkenntnis überdies nur rechtswirksam, wenn die einsichts- und urteilsfähige
Mutter selbst den Anerkennenden in der genannten Form als Vater bezeichnet. Das
Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung, sofern die über diese
Erklärung sowie über die Zustimmung zum Anerkenntnis und, falls erforderlich,
über die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater errichteten Urkunden oder ihre
öffentlich-beglaubigten Abschriften dem Standesbeamten zukommen.
Der Mann, der als Vater feststand, oder die Mutter, sofern sie
einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist und nicht nach Abs. 2 den
Anerkennenden als Vater bezeichnet hat, kann gegen das Anerkenntnis bei Gericht
Widerspruch erheben. § 163d gilt entsprechend.
Für die Zustimmung des minderjährigen Kindes ist der
Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des Kindes.
§. 164. Das Gericht hat das Anerkenntnis für rechtsunwirksam zu
erklären
1. von Amts wegen, wenn
a) das Anerkenntnis oder – im Fall des § 163e Abs. 2 – die
Zustimmung des Kindes oder die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch
die Mutter nicht den Formvorschriften entspricht oder
b) es auf Seiten des Anerkennenden oder – im Fall des § 163e Abs.
2 – des Kindes oder der Mutter an der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder –
beim Anerkennenden oder beim Kind – an der gesetzlichen Vertretung gemangelt
hat, es sei denn, der Mangel der gesetzlichen Vertretung ist nachträglich
behoben worden oder der Anerkennende hat nach Erreichung der Eigenberechtigung
das Anerkenntnis gebilligt;
2. aufgrund eines Widerspruchs, es sei denn, es ist erwiesen, dass
das Kind vom Anerkennenden abstammt oder – wenn das Kind durch eine medizinisch
unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist –
dass der Anerkennende dem in Form eines gerichtlichen Protokolls oder
Notariatsakts zugestimmt hat;
3. auf Antrag des Anerkennenden, wenn er beweist,
a) dass sein Anerkenntnis durch List, ungerechte und gegründete
Furcht oder Irrtum darüber veranlasst worden ist, dass das Kind von ihm
abstammt oder dass an der Mutter eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung
mit seinem Samen oder mit seiner Zustimmung mit dem Samen eines Dritten
vorgenommen wurde oder
b) dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst nachträglich
von solchen Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung des
Kindes sprechen.
Der Antrag nach Abs. 1 Z 3 kann längstens bis zum Ablauf von zwei
Jahren nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der genannten Umstände
oder nach Wegfall der Zwangslage erhoben werden. Die Frist beginnt frühestens
mit der Geburt des Kindes.
§. 164a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 164b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 164c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 164d. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr.
58.)
Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und unehelichen Kindern
§. 165. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen der Mutter.
§. 165a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 -
Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 -
Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 -
Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 166. Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist die Mutter
allein betraut. Im übrigen gelten, soweit nicht
anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden Bestimmungen über den
Unterhalt und die Obsorge auch für das uneheliche Kind.
§. 166a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 167. Leben die Eltern des Kindes in häuslicher Gemeinschaft, so
können sie vereinbaren, dass in Hinkunft beide Elternteile mit der Obsorge
betraut sind. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl
des Kindes entspricht. Hebt ein Elternteil die häusliche Gemeinschaft nicht
bloß vorübergehend auf, so sind die §§ 177 und 177a entsprechend anzuwenden.
Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so können sie
vereinbaren, dass in Hinkunft auch der Vater ganz oder in bestimmten
Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist, wenn sie dem Gericht eine
Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind
hauptsächlich aufhalten soll. Soll sich das Kind hauptsächlich im Haushalt des
Vaters aufhalten, so muss auch dieser immer mit der gesamten Obsorge betraut
sein. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des
Kindes entspricht. § 177a Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
§. 168. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die Kosten der
Entbindung sowie die Kosten ihres Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach
der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Auslagen notwendig
werden, auch diese zu ersetzen.
Die Forderung ist mit Ablauf von drei Jahren nach der Entbindung
verjährt.
§. 169. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 169a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr.
403.)
§. 170. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 15, BGBl 1989/Nr. 162 –
Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 170a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 171. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
Erlöschen der Obsorge
§. 172. Die Obsorge für das Kind erlischt mit dem Eintritt seiner
Volljährigkeit.
Der gesetzliche Vertreter hat dem volljährig gewordenen Kind
dessen Vermögen sowie sämtliche dessen Person betreffenden Urkunden und
Nachweise zu übergeben.
§. 173. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 174. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 175. Ein verheiratetes minderjähriges Kind steht hinsichtlich
seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich, solange die Ehe
dauert.
Entziehung oder Einschränkung der Obsorge
§. 176. Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des
minderjährigen Kindes, so hat das Gericht, von wem immer es angerufen wird, die
zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders
darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich
vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen. Im Einzelfall kann
das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Einwilligung oder Zustimmung
ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Solche Verfügungen können von einem Elternteil, etwa wenn die
Eltern in einer wichtigen Angelegenheit des Kindes kein Einvernehmen erzielen,
den sonstigen Verwandten in gerader aufsteigender Linie, den Pflegeeltern
(einem Pflegeelternteil), dem Jugendwohlfahrtsträger und dem mündigen
Minderjährigen, von diesem jedoch nur in Angelegenheiten seiner Pflege und
Erziehung, beantragt werden. Andere Personen können solche Verfügungen anregen.
Die gänzliche oder teilweise Entziehung der Pflege und Erziehung
oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes schließt die Entziehung der
gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein; die gesetzliche
Vertretung in diesen Bereichen kann für sich allein entzogen werden, wenn die
Eltern oder der betreffende Elternteil ihre übrigen Pflichten erfüllen.
Fordert das Gesetz die Einwilligung oder Zustimmung der mit Pflege
und Erziehung betrauten Personen (Erziehungsberechtigten), so ist die Erklärung
der mit der gesetzlichen Vertretung in diesem Bereich betrauten Person notwendig,
aber auch hinreichend, sofern nicht Abweichendes bestimmt ist.
§. 176a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28, BGBl 2000/Nr. 135
– Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 176b. Durch eine Verfügung nach § 176 darf das Gericht die
Obsorge nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohles des Kindes
nötig ist.
§. 177. Wird die Ehe der Eltern eines minderjährigen ehelichen
Kindes geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so bleibt die Obsorge
beider Eltern aufrecht. Sie können jedoch dem Gericht – auch in Abänderung
einer bestehenden Regelung – eine Vereinbarung über die Betrauung mit der
Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung eines Elternteils allein oder beider
Eltern vereinbart werden kann. Im Fall der Obsorge beider Eltern kann diejenige
eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt sein.
In jedem Fall einer Obsorge beider Eltern haben sie dem Gericht
eine Vereinbarung darüber vorzulegen, bei welchem Elternteil sich das Kind
hauptsächlich aufhalten soll. Dieser Elternteil muss immer mit der gesamten
Obsorge betraut sein.
Das Gericht hat die Vereinbarung der Eltern zu genehmigen, wenn
sie dem Wohl des Kindes entspricht.
§. 177a. Kommt innerhalb angemessener Frist nach Scheidung,
Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Eltern eine Vereinbarung nach § 177
über den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes oder über die Betrauung mit der
Obsorge nicht zustande oder entspricht sie nicht dem Wohl des Kindes, so hat
das Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, zu
entscheiden, welcher Elternteil künftig allein mit der Obsorge betraut ist.
Sind beide Eltern gemäß § 177 nach Scheidung, Aufhebung oder
Nichtigerklärung ihrer Ehe mit der Obsorge betraut und beantragt ein Elternteil
die Aufhebung dieser Obsorge, so hat das Gericht, wenn es nicht gelingt eine
gütliche Einigung herbeizuführen, nach Maßgabe des Kindeswohles einen
Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen.
§. 177b. Die vorstehenden Bestimmungen sind auch anzuwenden, wenn
die Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes nicht bloß vorübergehend
getrennt leben. Doch entscheidet das Gericht in einem solchen Fall über die
Obsorge nur auf Antrag eines Elternteils.
Informations- und Äußerungsrechte
§. 178. Soweit ein Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist,
hat er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von demjenigen,
der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere
von beabsichtigten Maßnahmen nach § 154 Abs. 2 und 3, rechtzeitig verständigt
zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Findet trotz
Bereitschaft des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils ein persönlicher
Verkehr mit dem Kind nicht regelmäßig statt, so stehen diese Rechte auch in
minderwichtigen Angelegenheiten zu, sofern es sich dabei nicht bloß um
Angelegenheiten des täglichen Lebens handelt. Die Äußerung ist zu
berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser
entspricht.
Kommt der mit der Obsorge betraute Elternteil seinen Pflichten
nach Abs. 1 beharrlich nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag, sofern das
Wohl des Kindes gefährdet scheint, auch von Amts wegen angemessene
Verfügungen zu treffen.
Würde die Wahrnehmung der Rechte nach Abs. 1 das Wohl des Kindes
ernstlich gefährden oder nimmt sie der mit der Obsorge nicht betraute
Elternteil in rechtsmissbräuchlicher oder für den anderen in unzumutbarer Weise
in Anspruch, so hat das Gericht diese Rechte auf Antrag einzuschränken oder
ganz zu entziehen. Die Rechte nach Abs. 1 entfallen, wenn der mit der Obsorge
nicht betraute Elternteil grundlos das Recht des Kindes auf persönlichen
Verkehr ablehnt.
Berücksichtigung des Kindeswohls
§. 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit
des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten,
Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der
Eltern entsprechend zu berücksichtigen.
§. 178b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 2000/Nr. 135
– Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Annahme an Kindesstatt.
§. 179. Eigenberechtigte Personen, die den ehelosen Stand nicht
feierlich angelobt haben, können an Kindesstatt annehmen. Durch die Annahme an
Kindesstatt wird die Wahlkindschaft begründet.
Die Annahme eines Wahlkindes durch mehr als eine Person, sei es
gleichzeitig, sei es, solange die Wahlkindschaft besteht, nacheinander, ist nur
zulässig, wenn die Annehmenden miteinander verheiratet sind. Ehegatten dürfen
in der Regel nur gemeinsam annehmen. Ausnahmen sind zulässig, wenn das
leibliche Kind des anderen Ehegatten angenommen werden soll, wenn ein Ehegatte
nicht annehmen kann, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der
Eigenberechtigung oder des Alters nicht erfüllt, wenn sein Aufenthalt seit
mindestens einem Jahr unbekannt ist, wenn die Ehegatten seit mindestens drei
Jahren die eheliche Gemeinschaft aufgegeben haben oder wenn ähnliche und
besonders gewichtige Gründe die Annahme durch nur einen der Ehegatten
rechtfertigen.
Personen, denen die Sorge für das Vermögen des anzunehmenden
Wahlkindes durch behördliche Verfügung anvertraut ist, können dieses so lange
nicht annehmen, als sie nicht von dieser Pflicht entbunden sind. Sie müssen
vorher Rechnung gelegt und die Bewahrung des anvertrauten Vermögens
nachgewiesen haben.
Form; Eintritt der Wirksamkeit.
§. 179a. Die Annahme an Kindesstatt kommt durch schriftlichen
Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch gerichtliche
Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles zustande. Sie wird im Fall ihrer
Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung wirksam. Stirbt
der Annehmende nach diesem Zeitpunkt, so hindert dies die Bewilligung nicht.
Das nicht eigenberechtigte Wahlkind schließt den Vertrag durch
seinen gesetzlichen Vertreter, dieser bedarf hiezu keiner gerichtlichen
Genehmigung. Verweigert der gesetzliche Vertreter seine Einwilligung, so hat
das Gericht sie auf Antrag des Annehmenden oder des Wahlkindes zu ersetzen,
wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Alter.
§. 180. Der Wahlvater muß das dreißigste, die Wahlmutter das
achtundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben. Nehmen Ehegatten gemeinsam an
oder ist das Wahlkind ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden, so ist
eine Unterschreitung dieser Altersgrenze zulässig, wenn zwischen dem
Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen
Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht.
Wahlvater und Wahlmutter müssen mindestens achtzehn Jahre älter
als das Wahlkind sein; eine geringfügige Unterschreitung dieses Zeitraums ist
unbeachtlich, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem
Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung
besteht. Ist das Wahlkind ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden oder
mit dem Annehmenden verwandt, so genügt ein Altersunterschied von sechzehn
Jahren.
Bewilligung.
§. 180a. Die Annahme eines nicht eigenberechtigten Kindes ist zu
bewilligen, wenn sie dessen Wohl dient und eine dem Verhältnis zwischen leiblichen
Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden
soll. Ist das Wahlkind eigenberechtigt, so ist die Annahme nur zu bewilligen,
wenn die Antragsteller nachweisen, dass bereits ein enges, der Beziehung
zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechendes Verhältnis vorliegt,
insbesondere wenn Wahlkind und Annehmender während fünf Jahren entweder in
häuslicher Gemeinschaft gelebt oder einander in einer vergleichbar engen
Gemeinschaft Beistand geleistet haben.
Die Bewilligung ist, außer bei Fehlen der Vorraussetzungen des
Abs. 1, zu versagen, wenn ein überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes
des Annehmenden entgegensteht, insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung
gefährdet wäre; im übrigen sind wirtschaftliche Belange nicht zu beachten,
außer der Annehmende handelt in der ausschließlichen oder überwiegenden
Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen.
§. 181. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn folgende
Personen der Annahme zustimmen:
1. die Eltern des minderjährigen Wahlkindes;
2. der Ehegatte des Annehmenden;
3. der Ehegatte des Wahlkindes.
Das Zustimmungsrecht einer im Abs. 1 genannten Person entfällt,
wenn sie als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag
geschlossen hat; ferner, wenn sie zu einer verständigen Äußerung nicht nur
vorübergehend unfähig oder ihr Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten
unbekannt ist.
Das Gericht hat die verweigerte Zustimmung auf Antrag eines
Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die
Weigerung vorliegen.
§. 181a. Ein Recht auf Anhörung haben:
1. das nicht eigenberechtigte Wahlkind ab dem vollendeten fünften
Lebensjahr, außer es hat bereits seit diesem Zeitpunkt beim Annehmenden gelebt;
2. die Eltern des volljährigen Wahlkindes;
3. die Pflegeeltern oder der Leiter des Heimes, in dem sich das
Wahlkind befindet;
4. der Jugendwohlfahrtsträger.
Das Anhörungsrecht eines im Abs. 1 genannten Berechtigten
entfällt, wenn er als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag
geschlossen hat; ferner, wenn er nicht oder nur mit unverhältnismäßigen
Schwierigkeiten gehört werden könnte.
Wirkungen.
§. 182. Zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits
und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme
minderjährigen Nachkommen andererseits entstehen mit diesem Zeitpunkt die
gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche Abstammung begründet werden.
Wird das Wahlkind durch Ehegatten als Wahleltern angenommen, so
erlöschen mit den im § 182a bestimmten Ausnahmen die nicht bloß in der
Verwandtschaft an sich (§ 40) bestehenden familienrechtlichen Beziehungen
zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind
und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen
Nachkommen andererseits mit diesem Zeitpunkt. Wird das Wahlkind nur durch einen
Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen, so erlöschen diese Beziehungen
lediglich hinsichtlich des leiblichen Vaters (der leiblichen Mutter) und dessen
(deren) Verwandten; insoweit danach diese Beziehungen aufrecht bleiben würden,
hat das Gericht, wenn der in Frage kommende Elternteil darin eingewilligt hat,
das Erlöschen diesem Elternteil gegenüber auszusprechen; das Erlöschen wirkt
vom Zeitpunkt der Abgabe der Einwilligungserklärung, frühestens jedoch vom
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme.
§. 182a. Die im Familienrecht begründeten Pflichten der leiblichen
Eltern und deren Verwandten zur Leistung des Unterhaltes, des Heiratsgutes und
der Ausstattung gegenüber dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen bleiben aufrecht.
Das gleiche gilt für die Unterhaltspflicht des Wahlkindes
gegenüber den leiblichen Eltern, sofern diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber
dem noch nicht vierzehn Jahre alten Kinde vor dessen Annahme an Kindesstatt
nicht gröblich vernachlässigt haben.
Die nach Abs. 1 und 2 aufrecht bleibenden Pflichten stehen jedoch
den durch die Annahme begründeten gleichen Pflichten im Range nach.
§. 182b. Die im Erbrecht begründeten Rechte zwischen den
leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen
im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen
andererseits bleiben aufrecht.
Bei der gesetzlichen Erbfolge in das Vermögen des Wahlkindes in
der zweiten Linie gehen die Wahleltern und deren Nachkommen einerseits den
leiblichen Eltern und deren Nachkommen andererseits vor; ist das Wahlkind nur
durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen worden und sind sowohl der
Wahlvater (die Wahlmutter) oder dessen (deren) Nachkommen als auch die
leibliche Mutter (der eheliche Vater) oder deren (dessen) Nachkommen vorhanden,
so fällt der Nachlaß je zur Hälfte auf den Stamm des Wahlvaters (der
Wahlmutter) und den der leiblichen Mutter (des ehelichen Vaters).
§. 183. Wird das Wahlkind nur von einer Person an Kindesstatt
angenommen und erlöschen die familienrechtlichen Beziehungen zum anderen
Elternteil im Sinn des § 182 Abs. 2 zweiter Satz, so erhält das Wahlkind den
Familiennamen des Annehmenden. Die §§ 162a Abs. 2 bis 162d gelten entsprechend.
Im übrigen gelten für die Ableitung des
Familiennamens des Wahlkindes von den Wahleltern beziehungsweise von einem
Wahlelternteil und demjenigen Elternteil, zu dem die familienrechtlichen
Beziehungen aufrecht geblieben sind, die §§ 139 sowie 162a Abs. 2 bis 162d
entsprechend.
§. 183a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1995/Nr. 25 -
Namensrechtsänderungsgesetz.)
Widerruf und Aufhebung.
§. 184. Die gerichtliche Bewilligung ist vom Gericht mit
rückwirkender Kraft zu widerrufen:
1. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn beim
Abschluß des Annahmevertrages der Annehmende nicht eigenberechtigt gewesen ist,
außer er hat nach der Erlangung seiner Eigenberechtigung zu erkennen gegeben,
daß er die Wahlkindschaft fortsetzen wolle;
2. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn ein
nicht eigenberechtigtes Wahlkind selbst den Annahmevertrag geschlossen hat,
außer es hat der gesetzliche Vertreter oder nach Erlangung der
Eigenberechtigung das Wahlkind nachträglich zugestimmt oder das Gericht die
verweigerte nachträgliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters im Sinne des §
179a Abs. 2 ersetzt;
3. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn das Wahlkind
durch mehr als eine Person angenommen worden ist, außer die Annehmenden sind im
Zeitpunkt der Bewilligung miteinander verheiratet gewesen;
4. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der
Annahmevertrag ausschließlich oder vorwiegend in der Absicht geschlossen worden
ist, dem Wahlkind die Führung des Familiennamens des Wahlvaters oder der
Wahlmutter zu ermöglichen oder den äußeren Schein einer Wahlkindschaft zur
Verdeckung rechtswidriger geschlechtlicher Beziehungen zu schaffen.
5. auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag nicht
schriftlich geschlossen worden ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft des
Bewilligungsbeschlusses nicht mehr als fünf Jahre verstrichen sind.
Hat einer der Vertragsteile den Widerrufsgrund (Abs. 1 Z. 1 bis 3
und 5) bei Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt, so gilt in seinem
Verhältnis zum anderen Vertragsteil der Widerruf insoweit als Aufhebung (§
184a), als er dies beansprucht.
Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Gültigkeit der Annahme an
Kindesstatt vor dem Widerruf Rechte erworben hat, kann nicht eingewendet
werden, daß die Bewilligung widerrufen worden ist. Zum Nachteil eines der
Vertragsteile, der den Wiederrufsgrund bei Abschließung des Annahmevertrages
nicht gekannt hat, kann ein Dritter nicht die Wirkungen des Widerrufes
beanspruchen.
§. 184a. Die Wahlkindschaft ist vom Gericht aufzuheben:
1. wenn die Erklärung eines Vertragteiles oder eines
Zustimmungsberechtigten durch List oder ungerechte und gegründete Furcht
veranlaßt worden ist und der Betroffene die Aufhebung binnen Jahresfrist nach
Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der Zwangslage beantragt;
2. von Amts wegen, wenn die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft
das Wohl des nicht eigenberechtigten Wahlkindes ernstlich gefährden würde;
3. auf Antrag des Wahlkindes, wenn die Aufhebung nach Auflösung
oder Nichtigerklärung der Ehe der Wahleltern oder nach dem Tode des Wahlvaters
(der Wahlmutter) dem Wohle des Wahlkindes dient und nicht einem
gerechtfertigten Anliegen des (der) von der Aufhebung betroffenen, wenn auch
bereits verstorbenen Wahlvaters (Wahlmutter) widerspricht;
4. wenn der Wahlvater (die Wahlmutter) und das eigenberechtigte
Wahlkind die Aufhebung beantragen.
Besteht die Wahlkindschaft gegenüber einem Wahlvater und einer
Wahlmutter, so darf die Aufhebung im Sinne des Abs. 1 nur beiden gegenüber
bewilligt werden; die Aufhebung gegenüber einem von ihnen allein ist nur im
Falle der Auflösung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe zulässig.
§. 185. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses
erlöschen die durch die Annahme zwischen dem Wahlvater (der Wahlmutter) und
dessen (deren) Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen
andererseits begründeten Rechtsbeziehungen.
Mit diesem Zeitpunkt leben die familienrechtlichen Beziehungen
zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind
und dessen Nachkommen andererseits, soweit sie nach dem § 182 erloschen sind,
wieder auf.
Mit dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt sind hinsichtlich des
Wahlkindes und dessen minderjährigen Nachkommen die namensrechtlichen Wirkungen
der Annahme so anzusehen, als wären sie nicht eingetreten.
§. 185a. Ein Widerruf oder eine Aufhebung aus anderen als den in
den §§ 184 und 184a angeführten Gründen ist unzulässig; ebenso eine
vertragliche Einigung oder ein Rechtsstreit über die Anfechtung des
Annahmevertrages.
2. Pflegeeltern
§. 186. Pflegeeltern sind Personen, die die Pflege und Erziehung
des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem Verhältnis
zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder
hergestellt werden soll. Sie haben das Recht, in den die Person des Kindes
betreffenden Verfahren Anträge zu stellen.
§. 186a. Das Gericht hat einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil)
auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise zu übertragen,
wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit beabsichtigt ist und die
Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht. Die Regelungen über die Obsorge
gelten dann für dieses Pflegeelternpaar (diesen Pflegeelternteil).
Sind die Eltern oder Großeltern mit der Obsorge betraut und
stimmen sie der Übertragung nicht zu, so darf diese nur verfügt werden, wenn
ohne sie das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
Die Übertragung ist aufzuheben, wenn dies dem Wohl des Kindes
entspricht. Gleichzeitig hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes
auszusprechen, auf wen die Obsorge übergeht.
Das Gericht hat vor seiner Entscheidung die Eltern, den
gesetzlichen Vertreter, weitere Erziehungsberechtigte, den
Jugendwohlfahrtsträger und jedenfalls das bereits zehnjährige Kind zu hören. §
181a Abs. 2 gilt sinngemäß.
Viertes Hauptstück
Von der Obsorge einer anderen Person
I. Von der Obsorge einer anderen Person
§. 187. Soweit nach dem dritten Hauptstück weder Eltern noch
Großeltern oder Pflegeeltern mit der Obsorge betraut sind oder betraut werden
können und kein Fall des § 211 vorliegt, hat das
Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes eine andere geeignete Person mit
der Obsorge zu betrauen.
§. 188. Bei der Auswahl einer anderen Person für die Obsorge ist
besonders auf das Wohl des Kindes Bedacht zu nehmen. Wünsche des Kindes und der
Eltern, im Falle des § 145c des Zuwendenden, sind zu berücksichtigen, sofern
sie dem Wohl des Kindes entsprechen.
Mit der Obsorge dürfen nicht betraut werden
1. nicht voll handlungsfähige Personen;
2. Personen, von denen, besonders auch wegen der durch eine
strafgerichtliche Verurteilung zutage getretenen Veranlagung oder Eigenschaft, eine
dem Wohl des minderjährigen Kindes förderliche Ausübung der Obsorge nicht zu
erwarten ist.
§. 189. Derjenige, den das Gericht mit der Obsorge betrauen will,
hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet erscheinen lassen, dem Gericht
mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung schuldhaft, so haftet er für alle
dem minderjährigen Kind daraus entstehenden Nachteile.
Eine besonders geeignete Person kann die Betrauung mit der Obsorge
nur ablehnen, wenn ihr diese unzumutbar wäre.
§. 190. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 191. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 192. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 193. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 194. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 195. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 196. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 197. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 198. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 199. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 200. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 201. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 202. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 203. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 204. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 205. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 206. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 207. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 -
Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 208. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 -
Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 209. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 210. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Aufgaben des Jugendwohlfahrtsträgers
§. 211. Wird ein minderjähriges Kind im Inland gefunden und sind
dessen Eltern unbekannt, so ist kraft Gesetzes der Jugendwohlfahrtsträger mit
der Obsorge betraut. Dies gilt für den Bereich der Vermögensverwaltung und der
Vertretung auch, wenn ein Kind im Inland geboren wird und in diesem Bereich
kein Elternteil mit der Obsorge betraut ist.
§. 212. Der Jugendwohlfahrtsträger hat, soweit es nach den
Umständen geboten scheint, den gesetzlichen Vertreter eines im Inland geborenen
Kindes innerhalb angemessener Frist nach der Geburt über die elterlichen Rechte
und Pflichten, besonders über den Unterhaltsanspruch des Kindes, gegebenenfalls
auch über die Feststellung der Vaterschaft, in Kenntnis zu setzen und ihm für
die Wahrnehmung der Rechte des Kindes seine Hilfe anzubieten.
Für die Festsetzung oder Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des
Kindes sowie gegebenenfalls in Abstammungsangelegenheiten ist der
Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes, wenn die schriftliche Zustimmung
des sonstigen gesetzlichen Vertreters vorliegt.
Für andere Angelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger
Vertreter des Kindes, wenn er sich zur Vertretung bereit erklärt und die
schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters vorliegt.
Durch die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers wird die
Vertretungsbefugnis des sonstigen gesetzlichen Vertreters nicht eingeschränkt, jedoch
gilt § 154a sinngemäß. Der Jugendwohlfahrtsträger und der sonstige gesetzliche
Vertreter haben einander über ihre Vertretungshandlungen in Kenntnis zu setzen.
Die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers endet, wenn
der sonstige gesetzliche Vertreter seine Zustimmung schriftlich widerruft, der
Jugendwohlfahrtsträger seine Erklärung nach Abs. 3 zurücknimmt oder das Gericht
den Jugendwohlfahrtsträger auf dessen Antrag als Vertreter enthebt, weil er zur
Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung der Ansprüche des Kindes nach Lage des
Falles nichts mehr beizutragen vermag.
§. 213. Ist eine andere Person mit der Obsorge für einen
Minderjährigen ganz oder teilweise zu betrauen und lassen sich dafür Verwandte
oder andere nahe stehende oder sonst besonders geeignete Personen nicht finden,
so hat das Gericht die Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen.
Gleiches gilt, wenn einem Minderjährigen ein Kurator zu bestellen ist.
§. 214. Die §§ 216, 234, 265, 266 und 267 gelten für den
Jugendwohlfahrtsträger nicht. Dieser ist vor der Anlegung des Vermögens eines
Minderjährigen nur im Fall des § 230e verpflichtet, die Zustimmung des
Gerichtes einzuholen.
Der Jugendwohlfahrtsträger bedarf zum Abschluß von Vereinbarungen
über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen nicht der Genehmigung des
Gerichtes. Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts eines
Minderjährigen, die vor dem Jugendwohlfahrtsträger oder von ihm geschlossen und
von ihm beurkundet werden, haben die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches.
Der Jugendwohlfahrtsträger hat Personen, die ein Kind pflegen und
erziehen oder gesetzlich vertreten, über seine Vertretungstätigkeit bezüglich
dieses Kindes Auskünfte zu erteilen, soweit das Wohl des Kindes hiedurch nicht
gefährdet wird.
§. 215. Der Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung des Wohles
eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der
Obsorge zu beantragen. Bei Gefahr im Verzug kann er die erforderlichen
Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur
gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese Entscheidung
unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der
getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge
betraut.
Eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b und 382e EO sowie
deren Vollzug kann der Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Minderjährigen
beantragen, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag
nicht unverzüglich gestellt hat; § 212 Abs. 4 gilt hiefür entsprechend.
§. 215a. Sofern nicht anderes angeordnet ist, fallen die Aufgaben
dem Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zu, in dem das minderjährige Kind
seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen
Aufenthalt hat. Fehlt ein Aufenthalt im Inland, so ist, sofern das
minderjährige Kind österreichischer Staatsbürger ist, für im Inland zu
besorgende Aufgaben das Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zuständig, in dem
der Minderjährige seinen letzten Aufenthalt gehabt hat, dann dasjenige, in dem
ein Elternteil seinen Aufenthalt hat oder zuletzt gehabt hat. Wechselt das
minderjährige Kind seinen Aufenthalt in ein anderes Bundesland, so kann der
Jugendwohlfahrtsträger seine Aufgaben dem anderen mit dessen Zustimmung übertragen.
Hievon ist das Gericht zu verständigen, wenn es mit den Angelegenheiten des
minderjährigen Kindes bereits befasst war.
Besondere Pflichten und Rechte anderer mit der Obsorge betrauter
Personen
a) in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung
§. 216. Ist eine andere Person mit der Obsorge betraut, so hat
sie, soweit nicht anderes bestimmt ist, in wichtigen, die Person des Kindes
betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in den Angelegenheiten des § 154
Abs. 2, die Genehmigung des Gerichtes einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene
Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern
nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren
oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der
Persönlichkeit verbunden ist, kann die mit der Obsorge betraute Person nur
zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen
Zeugnis bestätigt, dass das Kind nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung seines Wohles erforderlich
ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder das Kind zu erkennen gibt,
dass es die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der Genehmigung des
Gerichts. Erteilt die mit der Obsorge betraute Person
die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das
Wohl des Kindes gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung ersetzen oder die
Obsorge an eine andere Person übertragen.
§. 217. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 218. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 219. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 220. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 221. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 222. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 223. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 224. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 225. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 226. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 227. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 228. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
b) in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung
§. 229. Die mit der gesetzlichen Vertretung in Angelegenheiten der
Vermögensverwaltung betraute Person hat bei Antritt der Obsorge nach
gründlicher Erforschung des Vermögensstandes dem Gericht gegenüber das Vermögen
im Einzelnen anzugeben und bei Beendigung der Obsorge Rechnung zu legen. Das
Gericht hat die Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters zur Vermeidung einer
Gefährdung des Wohls des minderjährigen Kindes zu überwachen und die dazu
notwendigen Aufträge zu erteilen. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen
bestimmt.
Auf Vertretungshandlungen und Einwilligungen in
Vermögensangelegenheiten ist § 154 Abs. 3 und 4 sinngemäß anzuwenden.
Anlegung von Mündelgeld
§. 230. Soweit Geld eines Minderjährigen nicht, dem Gesetz entsprechend,
für besondere Zwecke zu verwenden ist, ist es unverzüglich sicher und möglichst
fruchtbringend durch Spareinlagen, den Erwerb von Wertpapieren (Forderungen),
die Gewährung von Darlehen, den Erwerb von Liegenschaften oder in anderer Weise
nach den folgenden Bestimmungen anzulegen.
Ist es wirtschaftlich zweckmäßig, so ist Mündelgeld auf mehrere
dieser Arten anzulegen.
§. 230a. Spareinlagen bei einer inländischen Kreditunternehmung,
die zur Entgegennahme von Spareinlagen berechtigt ist, sind zur Anlegung von
Mündelgeld geeignet, wenn sie auf den Namen des Mündels lauten, ausdrücklich
die Bezeichnung „Mündelgeld“ tragen und entweder allgemein für die
Verbindlichkeiten der Kreditunternehmung der Bund oder eines der Länder oder
für die Verzinsung und Rückzahlung der Mündelgeldspareinlagen im besonderen ein
von der Kreditunternehmung gebildeter, jederzeit mit der jeweiligen Höhe
solcher Einlagen übereinstimmender unbelasteter Deckungsstock haftet. Dieser
Deckungsstock hat ausschließlich in mündelsicheren Wertpapieren (§ 230b), in
Hypothekarforderungen mit gesetzgemäßer Sicherheit (§230c), in Forderungen, für
die der Bund oder eines der Länder haftet, oder in Bargeld zu bestehen.
§. 230b. Der Erwerb folgender Wertpapiere und Forderungen ist zur
Anlegung von Mündelgeld geeignet:
1. Teilschuldverschreibungen von Anleihen, für deren Verzinsung
und Rückzahlung der Bund oder eines der Länder haftet;
2. Forderungen, die in das Hauptbuch der Staatsschuld eingetragen
sind;
3. Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen der nach den
gesetzlichen Vorschriften zur Ausgabe solcher Wertpapiere zugelassenen
inländischen Kreditunternehmungen;
4. von einer inländischen Kreditunternehmung ausgegebene
Teilschuldverschreibungen, sofern die Kreditunternehmung verpflichtet ist, die
Ansprüche aus diesen Teilschuldverschreibungen vorzugsweise zu befriedigen und
als Sicherheit für diese Befriedigung Forderungen der Kreditunternehmung, für
die der Bund haftet, Wertpapiere oder Forderungen gemäß den Z. 1 bis 3 und 5
oder Bargeld zu bestellen, und dies auf den Teilschuldverschreibungen
ausdrücklich ersichtlich gemacht ist;
5. sonstige Wertpapiere, sofern sie durch besondere gesetzliche
Vorschriften zur Anlegung von Mündelgeld geeignet erklärt worden sind.
§. 230c. Darlehen sind zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn
zu ihrer Sicherstellung an einer inländischen Liegenschaft eine Hypothek
bestellt wird und die Liegenschaft samt ihrem Zubehör während der Laufzeit des
Darlehens ausreichend feuerversichert ist. Liegenschaften, deren Wert sich
wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und beträchtlich
vermindert, sind nicht geeignet.
Es darf jedoch eine Liegenschaft nicht über die Hälfte des
Verkehrswertes belastet werden. Bei Weingärten, Wäldern und anderen
Liegenschaften, deren Ertrag auf ähnlichen dauernden Anpflanzungen beruht, ist
die Belastungsgrenze ohne Berücksichtigung des Wertes der Kulturgattung vom
Grundwert zu errechnen. Ebenso ist bei industriell oder gewerblich genutzten
Liegenschaften vom bloßen Grundwert auszugehen, doch sind von diesem die Kosten
der Freimachung der Liegenschaft von industriell oder gewerblich genutzten
Baulichkeiten abzuziehen. Die Art (Widmung, Nutzung) der Liegenschaft und die
maßgebende Belastungsgrenze sind durch einen allgemein beeideten gerichtlichen
Sachverständigen festzustellen.
§. 230d. Der Erwerb inländischer Liegenschaften ist zur Anlegung
von Mündelgeld geeignet, wenn sich ihr Wert nicht wegen eines darauf
befindlichen Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert oder sie nicht
ausschließlich oder überwiegend industriellen oder gewerblichen Zwecken dienen.
Der Kaufpreis soll in der Regel den Verkehrswert nicht
übersteigen.
§. 230e. Die Anlegung von Mündelgeld in anderer Weise als nach den
vorstehenden Bestimmungen hat das Gericht, im Fall des Erwerbes von
Wertpapieren jedenfalls nach Anhörung eines Sachverständigen für das Börsen-
oder Bankwesen, zu genehmigen, wenn sie nach den Verhältnissen des Einzelfalls
den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht.
Unter diesen Voraussetzungen kommen für die Anlegung besonders in
Betracht:
1. Wertpapiere, die im § 230b nicht genannt sind, sofern dafür
vorgesorgt ist, daß die Verwaltung der Wertpapiere einschließlich eines
Verkaufes, falls er durch die Marktlage geboten sein sollte, sachkundig
vorgenommen wird;
2. Liegenschaften, die nicht geeignet im Sinn des § 230d sind,
sofern ihr Erwerb dem Mündel mit Beziehung auf die gegenwärtige oder künftige
Berufsausübung oder sonst zum klaren Vorteil gereichen würde; der Kaufpreis
darf auch hier den gemeinen Wert nicht übersteigen.
§. 231. Das übrige bewegliche Vermögen, das nicht zur Befriedigung
der gegenwärtigen oder zukünftigen Bedürfnisse des minderjährigen Kindes
benötigt wird oder zumindest nicht dazu geeignet scheint, ist bestmöglich zu
verwerten. Einer gerichtlichen Genehmigung bedarf es nur, wenn der Verkehrswert
der einzelnen Sache voraussichtlich 1000 Euro oder die Summe der Werte der zur
Verwertung bestimmten Sachen voraussichtlich 10000 Euro übersteigt.
§. 232. Ein unbewegliches Gut darf nur im Notfall oder zum
offenbaren Vorteil des minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung
veräußert werden.
§. 233. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 40, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 234. Der gesetzliche Vertreter kann 10000 Euro übersteigende
Zahlungen an das minderjährige Kind nur entgegennehmen und darüber quittieren,
wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall oder allgemein ermächtigt wurde. Fehlt
eine solche Ermächtigung, so wird der Schuldner durch Zahlung an den Vertreter von
seiner Schuld nur befreit, wenn das Gezahlte noch im Vermögen des
minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für seine Zwecke verwendet wurde.
§. 235. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 236. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 237. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 242. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 244. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1989/Nr. 162 –
Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 245. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 57, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 246. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 247. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 45, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 248. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 249. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 58, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Änderungen in der Obsorge
§. 250. Die Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers (§ 211) endet,
sofern der Umstand, der die Eltern von der Ausübung der Obsorge ausgeschlossen
hat, weggefallen ist; im ersten Fall des § 211 bedarf es hiezu jedoch der
Übertragung der Obsorge an die Eltern durch das Gericht.
§. 251. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 61, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 252. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 253. Das Gericht hat die Obsorge an eine andere Person zu
übertragen, wenn das Wohl des minderjährigen Kindes dies erfordert, insbesondere
wenn die mit der Obsorge betraute Person ihre Verpflichtungen aus § 145b nicht
erfüllt, einer der Umstände des § 188 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder
die Person, die bisher mit der Obsorge betraut war, stirbt.
§. 254. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 255. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 256. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 257. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 258. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 259. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 47, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 260. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 261. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 262. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 263. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Haftung
§. 264. Die nach § 187 mit der Obsorge betrauten Personen haften
dem Kind gegenüber für jeden durch ihr Verschulden verursachten Schaden.
Soweit sich die mit der Obsorge betraute Person zu ihrer Ausübung
rechtmäßig anderer Personen bedient, haftet sie nur insoweit, als sie
schuldhaft eine untüchtige oder gefährliche Person ausgewählt, deren Tätigkeit
nur unzureichend überwacht oder die Geltendmachung von Ersatzansprüchen des
minderjährigen Kindes gegen diese Personen schuldhaft unterlassen hat.
§. 265. Der Richter kann die Ersatzpflicht nach § 264 insoweit mäßigen
oder ganz erlassen, als sie die mit der Obsorge betraute Person unter
Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des Verschuldens oder
eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem minderjährigen Kind und der mit
der Obsorge betrauten Person, unbillig hart träfe.
Entschädigung
§. 266. Der nach § 187 mit der Obsorge betrauten Person gebührt
unter Bedachtnahme auf Art und Umfang ihrer Tätigkeit und des damit gewöhnlich
verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung, soweit
dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes nicht gefährdet wird.
Sofern das Gericht nicht aus besonderen Gründen eine geringere
Entschädigung für angemessen findet, beträgt sie fünf vom Hundert sämtlicher
Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und
Abgaben. Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung
bestimmter Aufwendungen dienen, sind nicht als Einkünfte zu berücksichtigen.
Übersteigt der Wert des Vermögens des minderjährigen Kindes 10000 Euro, so kann
das Gericht überdies pro Jahr bis zu zwei vom Hundert des Mehrbetrags als
Entschädigung gewähren, soweit sich die mit der Obsorge betraute Person um die
Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen des
Kindes besonders verdient gemacht hat. Betrifft die Obsorge nur einen
Teilbereich der Obsorge oder dauert die Tätigkeit der mit der Obsorge betrauten
Person nicht ein volles Jahr, so vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung
entsprechend.
Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen der mit
der Obsorge betrauten Person kann das Gericht die Entschädigung auch höher als
nach Abs. 2 erster Satz bemessen, jedoch nicht höher als zehn vom Hundert der
Einkünfte.
Entgelt und Aufwandsersatz
§. 267. Nützt die mit der Obsorge betraute Person für
Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten übertragen werden müsste,
ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat sie hiefür einen
Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer
rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim minderjährigen Kind die
Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese
Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
Zur zweckentsprechenden Ausübung der Obsorge notwendige
Barauslagen, tatsächliche Aufwendungen und die Kosten der Versicherung der
Haftpflicht nach § 264 sind der mit der Obsorge betrauten Person vom
minderjährigen Kind jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen
Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den Abs. 1 und 2 bestehen
insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes
gefährdet wäre.
Fünftes Hauptstück
Von der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung
und der Vorsorgevollmacht
Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters oder Kurators
a) für behinderte Personen;
§. 268. Vermag eine volljährige Person, die an einer psychischen
Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person), alle oder
einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich
selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein
Sachwalter zu bestellen.
Die Bestellung eines Sachwalters ist unzulässig, soweit
Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen
Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe, besonders in der Familie, in
Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder im Rahmen sozialer
oder psychosozialer Dienste, im erforderlichen Ausmaß besorgt werden. Ein
Sachwalter darf auch dann nicht bestellt werden, soweit durch eine Vollmacht,
besonders eine Vorsorgevollmacht, oder eine verbindliche Patientenverfügung für
die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person im erforderlichen
Ausmaß vorgesorgt ist. Ein Sachwalter darf nicht nur deshalb bestellt werden,
um einen Dritten vor der Verfolgung eines, wenn auch bloß vermeintlichen,
Anspruchs zu schützen.
Je nach Ausmaß der Behinderung sowie Art und Umfang der zu
besorgenden Angelegenheiten ist der Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, etwa der
Durchsetzung oder der Abwehr eines Anspruchs oder der Eingehung und der
Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten,
etwa der Verwaltung eines Teiles oder des gesamten Vermögens, oder,
3. soweit dies unvermeidlich ist, mit der Besorgung aller
Angelegenheiten der behinderten Person.
Sofern dadurch nicht das Wohl der behinderten Person gefährdet
wird, kann das Gericht auch bestimmen, dass die Verfügung oder Verpflichtung
hinsichtlich bestimmter Sachen, des Einkommens oder eines bestimmten Teiles
davon vom Wirkungsbereich des Sachwalters ausgenommen ist.
b) für Ungeborene;
§. 269. In Rücksicht auf Ungeborne wird ein Kurator entweder für
die Nachkommenschaft überhaupt, oder für eine bereits vorhandene Leibesfrucht
(§. 22) aufgestellet. Im ersten Falle hat der Kurator dafür zu sorgen, daß die
Nachkommenschaft bey einem ihr bestimmten Nachlasse nicht verkürzet werde; im
zweyten Falle aber, daß die Rechte des noch ungebornen Kindes erhalten werden.
c) für Abwesende und für unbekannte Teilnehmer an einem Geschäft;
§. 270. Die Bestellung eines Curators für Abwesende, oder für die
dem Gerichte zur Zeit noch unbekannten Theilnehmer an einem Geschäfte findet
dann Statt, wenn sie keinen ordentlichen Vertreter zurückgelassen haben, ohne
solchen aber ihre Rechte durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Anderen
in ihrem Gange gehemmet würden und nicht in anderer Weise, etwa durch die
Bestellung eines Kurators in einem bestimmten gerichtlichen Verfahren durch das
dort zur Entscheidung berufene Gericht, für die Wahrung dieser Rechte Sorge
getragen werden kann. Ist der Aufenthaltsort eines Abwesenden bekannt, so muß
ihn sein Curator von der Lage seiner Angelegenheiten unterrichten, und diese
Angelegenheiten, wenn keine andere Verfügung getroffen wird, wie jene eines
Minderjährigen besorgen.
d) im Kollisionsfall
§. 271. Widerstreiten einander in einer bestimmten Angelegenheit
die Interessen einer minderjährigen oder sonst nicht voll handlungsfähigen
Person und jene ihres gesetzlichen Vertreters, so hat das Gericht der Person
zur Besorgung dieser Angelegenheiten einen besonderen Kurator zu bestellen.
Der Bestellung eines Kurators bedarf es nicht, wenn eine
Gefährdung der Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst nicht voll
handlungsfähigen Person nicht zu besorgen ist und die Interessen des
minderjährigen Kindes oder der sonst nicht voll handlungsfähigen Person vom
Gericht ausreichend wahrgenommen werden können. Dies gilt im Allgemeinen in
Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des Kindes nach § 140 und § 148, auch
wenn es durch den betreuenden Elternteil vertreten wird, sowie in Verfahren
über Ansprüche nach § 266 Abs. 1 und 2 oder § 267.
§. 272. Widerstreiten einander die Interessen zweier oder mehrerer
minderjähriger oder sonst nicht voll handlungsfähiger Personen, die denselben
gesetzlichen Vertreter haben, so darf dieser keine der genannten Personen
vertreten. Das Gericht hat für jede von ihnen einen besonderen Kurator zu
bestellen.
§ 271 Abs. 2 gilt entsprechend.
Bestellung
§. 273. Bei der Auswahl des Sachwalters oder Kurators ist auf die
Art der Angelegenheiten, die für die zu vertretende Person (den
Pflegebefohlenen) zu besorgen sind, zu achten.
Mit der Sachwalterschaft oder Kuratel dürfen nicht betraut werden
1. nicht eigenberechtigte Personen;
2. Personen, von denen, besonders auch wegen einer strafgerichtlichen
Verurteilung, eine dem Wohl des Pflegebefohlenen förderliche Ausübung der
Sachwalterschaft oder Kuratel nicht zu erwarten ist.
§. 273a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl I 2006/Nr. 92
– Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006.)
§. 274. Derjenige, den das Gericht zum Sachwalter (Kurator)
bestellen will, hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet erscheinen lassen,
dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung schuldhaft, so haftet
er für alle dem Pflegebefohlenen daraus entstehenden Nachteile.
Ein Rechtsanwalt oder Notar kann die Übernahme einer
Sachwalterschaft (Kuratel) nur ablehnen, wenn ihm diese unter Berücksichtigung
seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht
zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als fünf Sachwalterschaften
(Kuratelen) vermutet.
Rechte und Pflichten
§. 275. Die Sachwalterschaft (Kuratel) umfasst alle Tätigkeiten,
die erforderlich sind, um die dem Sachwalter (Kurator) übertragenen
Angelegenheiten zu besorgen. Der Sachwalter (Kurator) hat dabei das Wohl des
Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.
In wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen betreffenden
Angelegenheiten hat der Sachwalter (Kurator) die Genehmigung des Gerichts
einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen
sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
In Vermögensangelegenheiten gelten die §§ 229 bis 234 sinngemäß.
Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz
§. 276. Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf
Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich der
Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe
eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte
nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die
kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen
dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders
umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die
Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen.
Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist
darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren.
Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen
Gründen für angemessen hält.
Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten, deren
Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine
besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen
Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer
rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die
Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese
Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
Die zur zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft
(Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die
Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277 abgeschlossenen
Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu
erstatten, soweit sie nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von
Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht,
als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen
gefährdet wäre.
Haftung
§. 277. Der Sachwalter (Kurator) haftet dem Pflegebefohlenen für
jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Der Richter kann die
Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie den Sachwalter
(Kurator) unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des
Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem
Pflegebefohlenen und dem Sachwalter (Kurator), unbillig hart träfe.
Änderung und Beendigung
§. 278. Das Gericht hat die Sachwalterschaft (Kuratel) auf Antrag
oder von Amts wegen einer anderen Person zu übertragen, wenn der Sachwalter
(Kurator) stirbt, nicht die erforderliche Eignung aufweist, ihm die Ausübung
des Amtes nicht zugemutet werden kann, einer der Umstände des § 273 Abs. 2
eintritt oder bekannt wird oder das Wohl des Pflegebefohlenen dies aus anderen
Gründen erfordert. § 145 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
Der Sachwalter (Kurator) ist auf Antrag oder von Amts wegen zu
entheben, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nach den §§ 268 bis 272
wegfallen; fallen diese Voraussetzungen nur für einen Teil der dem Sachwalter
(Kurator) übertragenen Angelegenheiten weg, so ist sein Wirkungskreis
einzuschränken. Sein Wirkungskreis ist zu erweitern, wenn dies erforderlich
ist. Stirbt der Pflegebefohlene, so erlischt die Sachwalterschaft (Kuratel). §
172 Abs. 2 sind sinngemäß anzuwenden.
Das Gericht hat in angemessenen, fünf Jahre nicht überschreitenden
Zeitabständen zu prüfen, ob das Wohl des Pflegebefohlenen die Beendigung oder
Änderung der Sachwalterschaft (Kuratel) erfordert.
Besondere Vorschriften für die Sachwalterschaft
a) Auswahl des Sachwalters;
§. 279. Bei der Auswahl des Sachwalters ist besonders auf die
Bedürfnisse der behinderten Person und darauf Bedacht zu nehmen, dass der
Sachwalter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen
Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung
steht, in der sich die behinderte Person aufhält oder von der sie betreut wird.
Wünsche der behinderten Person, insbesondere solche, die sie vor Verlust der
Geschäftsfähigkeit und Einsichts- und Urteilsfähigkeit geäußert hat
(Sachwalterverfügung), und Anregungen nahe stehender Personen sind zu
berücksichtigen, sofern sie dem Wohl der behinderten Person entsprechen.
Einer behinderten Person ist eine geeignete, ihr
nahe stehende Person zum Sachwalter zu bestellen. Wird eine behinderte Person
volljährig, so ist ein bisher mit der Obsorge betrauter Elternteil zum
Sachwalter zu bestellen, sofern dies dem Wohl der behinderten Person nicht
widerspricht.
Ist eine geeignete, nahe stehende Person nicht verfügbar, so ist
ein geeigneter Verein mit dessen Zustimmung zum Sachwalter zu bestellen. Kommt
auch ein Verein nicht in Betracht, so ist nach Maßgabe des § 274 Abs. 2 ein
Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) oder eine
andere geeignete Person mit deren Zustimmung zu bestellen.
Ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar
(Notariatskandidat) ist vor allem dann zum Sachwalter zu bestellen, wenn die
Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein
geeigneter Verein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der
Sachwalterschaft verbunden sind.
Eine Person darf nur so viele Sachwalterschaften übernehmen, wie
sie unter Bedachtnahme auf die Pflichten eines Sachwalters, insbesondere jene
zur persönlichen Kontaktnahme, ordnungsgemäß besorgen kann. Es wird vermutet, dass eine Person – ausgenommen ein
geeigneter Verein – insgesamt nicht mehr als fünf, ein Rechtsanwalt oder Notar
nicht mehr als 25 Sachwalterschaften übernehmen kann; Sachwalterschaften zur
Besorgung einzelner Angelegenheiten bleiben dabei außer Betracht.
b) Geschäftsfähigkeit der behinderten Person;
§. 280. Die behinderte Person kann innerhalb des Wirkungskreises
des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung
rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.
Schließt die behinderte Person im Rahmen des Wirkungskreises des
Sachwalters ein Rechtsgeschäft, das eine geringfügige Angelegenheit des
täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft mit der Erfüllung der
die behinderte Person treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.
c) Berücksichtigung des Willens und der Bedürfnisse der
behinderten Person;
§. 281. Der Sachwalter hat danach zu trachten, dass die behinderte
Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach
ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.
Die behinderte Person hat das Recht, von beabsichtigten, ihre
Person oder ihr Vermögen betreffenden wichtigen Maßnahmen vom Sachwalter
rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu, wie auch zu anderen
Maßnahmen, in angemessener Frist zu äußern; diese Äußerung ist zu
berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl der behinderten
Person nicht weniger entspricht.
Ist der Sachwalter mit der Verwaltung des Vermögens oder des
Einkommens der behinderten Person betraut, so hat er diese vorrangig zur
Deckung der den persönlichen Lebensverhältnissen entsprechenden Bedürfnisse der
behinderten Person zu verwenden.
Ist das Wohl der behinderten Person gefährdet, so hat das Gericht
jederzeit, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung ihres Wohles
nötigen Verfügungen zu treffen.
d) Personensorge;
§. 282. Der Sachwalter hat mit der behinderten Person in dem nach
den Umständen des Einzelfalls erforderlichen Ausmaß persönlichen Kontakt zu
halten und sich darum zu bemühen, dass der behinderten Person die gebotene
ärztliche und soziale Betreuung gewährt wird. Sofern der Sachwalter nicht bloß
zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bestellt ist, soll der Kontakt
mindestens einmal im Monat stattfinden.
§. 283. In eine medizinische Behandlung kann eine behinderte
Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, nur selbst einwilligen.
Sonst ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich, dessen Wirkungsbereich
die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst.
Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren
oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der
Persönlichkeit verbunden ist, kann der Sachwalter nur zustimmen, wenn ein vom
behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass
die behinderte Person nicht über die erforderliche Einsichts- und
Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung ihres
Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder die
behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt, bedarf die
Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt der
Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird
dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so kann das Gericht die
Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen
Person übertragen.
Die Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen behinderten
Person, die Zustimmung des Sachwalters und die Entscheidung des Gerichts sind
nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit
der Einholung der Einwilligung, der Zustimmung oder der gerichtlichen
Entscheidung verbundene Aufschub das Leben der behinderten Person gefährden
würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden
wäre.
§. 284. Der Sachwalter kann einer medizinischen Maßnahme, die eine
dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person zum Ziel hat, nicht
zustimmen, es sei denn, dass sonst wegen eines dauerhaften körperlichen Leidens
eine ernste Gefahr für das Leben oder einer schweren Schädigung der Gesundheit
der behinderten Person besteht. Ebenso kann der Sachwalter einer Forschung, die
mit einer Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der
Persönlichkeit der behinderten Person verbunden ist, nicht zustimmen, es sei
denn, die Forschung kann für deren Gesundheit oder Wohlbefinden von
unmittelbarem Nutzen sein. Die Zustimmung bedarf in jedem Fall einer
gerichtlichen Genehmigung.
§. 284a. Über ihren Wohnort entscheidet eine behinderte Person,
soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, selbst.
Sonst hat der Sachwalter diese Aufgabe zu besorgen, soweit dies
zur Wahrung des Wohles der behinderten Person erforderlich ist und sein
Wirkungskreis die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst. Soll der Wohnort der
behinderten Person dauerhaft geändert werden, so bedarf dies der gerichtlichen
Genehmigung.
Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger
§. 284b. Vermag eine volljährige Person aufgrund einer psychischen
Krankheit oder geistigen Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens nicht
selbst zu besorgen und hat sie dafür keinen Sachwalter und auch sonst keinen
gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen
Rechtsgeschäften, soweit sie ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem
nächsten Angehörigen vertreten werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur
Deckung des Pflegebedarfs sowie die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus
Anlass von Alter, Krankheit, Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von
sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und
Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen.
Der nächste Angehörige ist befugt, über laufende Einkünfte der
vertretenen Person und pflegebezogene Leistungen an diese insoweit zu verfügen,
als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens und zur Deckung
des Pflegebedarfs erforderlich ist.
Die Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen umfasst auch die
Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung, sofern diese nicht gewöhnlich mit
einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist und der vertretenen Person
die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt.
§. 284c. Nächste Angehörige sind die Eltern, volljährige Kinder,
der im gemeinsamen Haushalt mit der vertretenen Person lebende Ehegatte und der
Lebensgefährte, wenn dieser mit der vertretenen Person seit mindestens drei
Jahren im gemeinsamen Haushalt lebt.
Sind mehrere Angehörige vertretungsbefugt, so genügt die Erklärung
einer Person. Liegen dem Erklärungsempfänger widerstreitende Erklärungen vor,
so ist keine wirksam. Für die Vertretung in zivilgerichtlichen Verfahren gilt §
154a sinngemäß.
§. 284d. Der nächste Angehörige hat die vertretene Person von der
Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnis zu informieren.
Die Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen tritt nicht ein
oder endet, soweit ihr die vertretene Person ungeachtet des Verlusts ihrer
Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit widersprochen hat oder widerspricht.
§. 284e. Bei Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnisse hat der
nächste Angehörige das Wohl der vertretenen Person bestmöglich zu fördern und
danach zu trachten, dass sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre
Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.
Der nächste Angehörige hat seine Vertretungsbefugnis vor der
Vornahme einer Vertretungshandlung im Österreichischen Zentralen
Vertretungsverzeichnis registrieren zu lassen. Ein Dritter darf auf die
Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen vertrauen, wenn ihm dieser bei
Vornahme einer Vertretungshandlung nach § 284b eine Bestätigung über die
Registrierung der Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen
Vertretungsverzeichnis vorlegt. Dies gilt für Geldbezüge von einem Konto der
vertretenen Person, soweit sie den erhöhten allgemeinen Grundbetrag des
Existenzminimums (§ 291a Abs. 2 Z 1 EO) monatlich nicht überschreiten. Das
Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm die mangelnde
Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen bekannt oder fahrlässig unbekannt
ist.
Vorsorgevollmacht
§. 284f. Eine Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, die nach ihrem
Inhalt dann wirksam werden soll, wenn der Vollmachtgeber die zur Besorgung der
anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts-
und Urteilsfähigkeit oder seine Äußerungsfähigkeit verliert. Die
Angelegenheiten, zu deren Besorgung die Vollmacht erteilt wird, müssen bestimmt
angeführt sein. Der Bevollmächtigte darf nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis
oder in einer anderen engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder
einer sonstigen Einrichtung stehen, in der sich der Vollmachtgeber aufhält oder
von der dieser betreut wird.
Die Vorsorgevollmacht muss vom Vollmachtgeber eigenhändig
geschrieben und unterschrieben werden. Hat der Vollmachtgeber die Vollmacht
zwar eigenhändig unterschrieben, nicht aber eigenhändig geschrieben, so muss er
in Gegenwart dreier unbefangener, eigenberechtigter und sprachkundiger Zeugen
bekräftigen, dass der Inhalt der von ihm unterschriebenen Vollmachtsurkunde
seinem Willen entspricht. Die Einhaltung dieses Formerfordernisses ist von den
Zeugen unmittelbar nach der Erklärung des Vollmachtgebers mit einem auf ihre
Zeugeneigenschaft hinweisenden Zusatz auf der Urkunde zu bestätigen.
Unterschreibt der Vollmachtgeber die Vollmachtsurkunde nicht, so muss ein Notar
die Bekräftigung durch den Vollmachtgeber beurkunden. Die Vorsorgevollmacht
kann immer auch als Notariatsakt aufgenommen werden.
Soll die Vorsorgevollmacht auch Einwilligungen in medizinische
Behandlungen im Sinn des § 283 Abs. 2, Entscheidungen über dauerhafte
Änderungen des Wohnorts sowie die Besorgung von Vermögensangelegenheiten, die
nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören, umfassen, so muss sie unter
ausdrücklicher Bezeichnung dieser Angelegenheiten vor einem Rechtsanwalt, einem
Notar oder bei Gericht errichtet werden. Dabei ist der Vollmachtgeber über die
Rechtsfolgen einer solchen Vorsorgevollmacht sowie die Möglichkeit des
jederzeitigen Widerrufs zu belehren. Der Rechtsanwalt, der Notar oder das
Gericht hat die Vornahme dieser Belehrung in der Vollmachtsurkunde unter Angabe
seines Namens und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu
dokumentieren.
§. 284g. Eine behinderte Person, die eine Vorsorgevollmacht
erteilt hat, bedarf insoweit keines Sachwalters, es sei denn, dass der
Bevollmächtigte nicht oder nicht im Sinn des Bevollmächtigungsvertrags tätig
wird, durch seine Tätigkeit sonst ihr Wohl gefährdet oder die behinderte Person
zu erkennen gibt, dass sie vom Bevollmächtigten nicht mehr vertreten sein will.
Von der Bestellung eines Sachwalters kann auch dann abgesehen werden, wenn eine
Vollmacht zwar nicht die Voraussetzungen des § 284f erfüllt, aber auf Grund der
Umstände des Einzelfalles nicht zu befürchten ist, dass der Bevollmächtigte
seine Aufgaben zum Nachteil der behinderten Person besorgen wird.
§. 284h. Der Bevollmächtigte hat bei Besorgung der anvertrauten
Angelegenheiten dem Willen des Vollmachtgebers, wie er in dem
Bevollmächtigungsvertrag zum Ausdruck gebracht wird, zu entsprechen. Einem
Willen des Vollmachtgebers, der nach Eintritt des Vorsorgefalls aus Äußerungen
des Vollmachtgebers oder sonst aus den Umständen des Einzelfalls hervorgeht,
hat der Bevollmächtigte Rechnung zu tragen, wenn er dem Wohl des
Vollmachtgebers nicht weniger entspricht. Mangels eines feststellbaren Willens
hat der Bevollmächtigte das Wohl des Vollmachtgebers bestmöglich zu fördern.
Ein Dritter darf auf den Eintritt des Vorsorgefalls vertrauen,
wenn ihm der Bevollmächtigte bei Vornahme einer Vertretungshandlung eine
Bestätigung über die Registrierung des Wirksamwerdens der Vorsorgevollmacht im Österreichischen
Zentralen Vertretungsverzeichnis vorlegt. Das Vertrauen des Dritten ist nicht
geschützt, wenn ihm bekannt oder fahrlässig unbekannt ist, dass der
Vorsorgefall nicht eingetreten ist.
Der Bevollmächtigte kann die Vollmacht zur Einwilligung in eine
medizinische Behandlung oder zur Entscheidung über Änderungen des Wohnorts
nicht weitergeben.
Zweyter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung.
Begriff von Sachen im rechtlichen Sinne.
§. 285. Alles, was von der Person unterschieden ist, und zum
Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache genannt.
§. 285a. Tiere sind keine Sachen; sie werden durch besondere
Gesetze geschützt. Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur
insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen.
Eintheilung der Sachen nach Verschiedenheit des Subjectes, dem sie
gehören.
§. 286. Die Sachen in dem Staatsgebiethe sind entweder ein Staats-
oder ein Privat-Gut. Das Letztere gehört einzelnen oder moralischen Personen,
kleineren Gesellschaften, oder ganzen Gemeinden.
Freystehende Sachen; öffentliches Gut und Staatsvermögen.
§. 287. Sachen, welche allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung
überlassen sind, heißen freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur zum Gebrauche
verstattet werden, als: Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und Meeresufer,
heißen ein allgemeines oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der
Staatsbedürfnisse bestimmt ist, als: das Münz- oder Post- und andere Regalien,
Kammergüter, Berg- und Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen
genannt.
Gemeindegut; Gemeindevermögen.
§. 288. Auf gleiche Weise machen die Sachen, welche nach der
Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen,
das Gemeindegut; diejenigen aber, deren Einkünfte zur Bestreitung der
Gemeindeauslagen bestimmt sind, das Gemeindevermögen aus.
Privat-Gut des Landesfürsten.
§. 289. Auch dasjenige Vermögen des Landesfürsten, welches er
nicht als Oberhaupt des Staates besitzt, wird als ein Privat-Gut betrachtet.
Allgemeine Vorschrift in Rücksicht dieser verschiedenen Arten der
Güter.
§. 290. Die in diesem Privat-Rechte enthaltenen Vorschriften über
die Art, wie Sachen rechtmäßig erworben, erhalten und auf Andere übertragen
werden können, sind in der Regel auch von den Verwaltern der Staats- und
Gemeindegüter, oder des Staats- und Gemeindevermögens zu beobachten. Die in
Hinsicht auf die Verwaltung und den Gebrauch dieser Güter sich beziehenden
Abweichungen und besonderen Vorschriften sind in dem Staatsrechte und in den
politischen Verordnungen enthalten.
Eintheilung der Sachen nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit.
§. 291. Die Sachen werden nach dem Unterschiede ihrer
Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche und unkörperliche; in bewegliche und
unbewegliche; in verbrauchbare und unverbrauchbare; in schätzbare und
unschätzbare.
Körperliche und unkörperliche Sachen;
§. 292. Körperliche Sachen sind diejenigen, welche in die Sinne
fallen; sonst heißen sie unkörperliche; z. B. das Recht zu jagen, zu fischen
und alle andere Rechte.
bewegliche und unbewegliche.
§. 293. Sachen, welche ohne Verletzung ihrer Substanz von einer
Stelle zur anderen versetzt werden können, sind beweglich; im entgegengesetzten
Falle sind sie unbeweglich. Sachen, die an sich beweglich sind, werden im
rechtlichen Sinne für unbeweglich gehalten, wenn sie vermöge des Gesetzes oder
der Bestimmung des Eigenthümers das Zugehör einer unbeweglichen Sache
ausmachen.
Zugehör überhaupt;
§. 294. Unter Zugehör versteht man dasjenige, was mit einer Sache
in fortdauernde Verbindung gesetzt wird. Dahin gehören nicht nur der Zuwachs
einer Sache, so lange er von derselben nicht abgesondert ist; sondern auch die
Nebensachen, ohne welche die Hauptsache nicht gebraucht werden kann, oder die
das Gesetz oder der Eigenthümer zum fortdauernden Gebrauche der Hauptsache
bestimmt hat.
insbesondere bey Grundstücken und Teichen;
§. 295. Gras, Bäume, Früchte und alle brauchbare Dinge, welche die
Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt, bleiben so lange ein unbewegliches
Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden abgesondert worden sind. Selbst die
Fische in einem Teiche, und das Wild in einem Walde werden erst dann ein
bewegliches Gut, wenn der Teich gefischet, und das Wild gefangen oder erlegt
worden ist.
§. 296. Auch das Getreide, das Holz, das Viehfutter und alle
übrige, obgleich schon eingebrachte Erzeugnisse, so wie alles Vieh und alle zu
einem liegenden Gute gehörige Werkzeuge und Geräthschaften werden in so fern für
unbewegliche Sachen gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen
Wirthschaftsbetriebes erforderlich sind.
und bey Gebäuden.
§. 297. Eben so gehören zu den unbeweglichen Sachen diejenigen,
welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, daß sie stets
darauf bleiben sollen, als: Häuser und andere Gebäude mit dem in senkrechter
Linie darüber befindlichen Luftraume; ferner: nicht nur Alles, was erd- mauer-
niet- und nagelfest ist, als: Braupfannen, Branntweinkessel und eingezimmerte
Schränke, sondern auch diejenigen Dinge, die zum anhaltenden Gebrauche eines
Ganzen bestimmt sind: z. B. Brunneneimer, Seile, Ketten, Löschgeräthe und
dergleichen.
Maschinen.
§. 297a. Werden mit einer unbeweglichen Sache Maschinen in
Verbindung gebracht, so gelten sie nicht als Zugehör, wenn mit Zustimmung des
Eigentümers der Liegenschaft im öffentlichen Buch angemerkt wird, daß die
Maschinen Eigentum eines anderen sind. Werden sie als Ersatz an Stelle solcher
Maschinen angebracht, die als Zugehör anzusehen waren, so ist zu dieser
Anmerkung auch die Zustimmung der früher eingetragenen bücherlich Berechtigten
erforderlich. Die Anmerkung verliert mit Ablauf von fünf Jahren nach der
Eintragung ihre Wirkung; durch das Konkurs- oder Zwangsversteigerungsverfahren
wird der Ablauf der Frist gehemmt.
Rechte sind insgemein als bewegliche Sachen anzusehen;
§. 298. Rechte werden den beweglichen Sachen beygezählt, wenn sie
nicht mit dem Besitze einer unbeweglichen Sache verbunden, oder durch die
Landesverfassung für eine unbewegliche Sache erkläret sind.
auch die vorgemerkten Forderungen.
§. 299. Schuldforderungen werden durch die Sicherstellung auf ein
unbewegliches Gut nicht in ein unbewegliches Vermögen verwandelt.
Kellereigentum
§. 300. An Räumen und Bauwerken, die sich unter der Erdoberfläche
der Liegenschaft eines anderen befinden und nicht der Fundierung von über der
Erdoberfläche errichteten Bauwerken dienen, wie Kellern, Tiefgaragen und
industriellen oder wirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Stollen, kann mit
Einwilligung des Liegenschaftseigentümers gesondert Eigentum begründet werden.
Verbrauchbare und unverbrauchbare Sachen.
§. 301. Sachen, welche ohne ihre Zerstörung oder Verzehrung den
gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren, heißen verbrauchbare; die von
entgegengesetzter Beschaffenheit aber, unverbrauchbare Sachen.
Gesammtsache (universitas rerum).
§. 302. Ein Inbegriff von mehreren besonderen Sachen, die als Eine
Sache angesehen, und mit einem gemeinschaftlichen Nahmen bezeichnet zu werden
pflegen, macht eine Gesammtsache aus, und wird als ein Ganzes betrachtet.
Schätzbare und unschätzbare;
§. 303. Schätzbare Sachen sind diejenigen, deren Werth durch
Vergleichung mit anderen zum Verkehre bestimmt werden kann; darunter gehören
auch Dienstleistungen, Hand- und Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren Werth
durch keine Vergleichung mit anderen im Verkehre befindlichen Sachen bestimmt
werden kann, heißen unschätzbare.
Maßstab der gerichtlichen Schätzung.
§. 304. Der bestimmte Werth einer Sache heißt ihr Preis. Wenn eine
Sache vom Gerichte zu schätzen ist, so muß die Schätzung nach einer bestimmten
Summe Geldes geschehen.
Ordentlicher und außerordentlicher Preis.
§. 305. Wird eine Sache nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit
Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet, so fällt der
ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt man aber auf die besonderen
Verhältnisse und auf die in zufälligen Eigenschaften der Sache gegründete
besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth ersetzt werden muß, Rücksicht, so
entsteht ein außerordentlicher Preis.
Welcher bey gerichtlichen Schätzungen zur Richtschnur zu nehmen.
§. 306. In allen Fällen, wo nichts Anderes entweder bedungen, oder
von dem Gesetze verordnet wird, muß bey der Schätzung einer Sache der gemeine
Preis zur Richtschnur genommen werden.
Begriffe vom dinglichen und persönlichen Sachenrechte.
§. 307. Rechte, welche einer Person über eine Sache ohne Rücksicht
auf gewisse Personen zustehen, werden dingliche Rechte genannt. Rechte, welche
zu einer Sache nur gegen gewisse Personen unmittelbar aus einem Gesetze, oder
aus einer verbindlichen Handlung entstehen, heißen persönliche Sachenrechte.
§. 308. Dingliche Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des
Eigenthumes, des Pfandes, der Dienstbarkeit und des Erbrechtes.
Erste Abtheilung des Sachenrechtes.
Von den dinglichen Rechten.
Erstes Hauptstück.
Von dem Besitze.
Inhaber. Besitzer.
§. 309. Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt
ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten,
so ist er ihr Besitzer.
Erwerbung des Besitzes. Fähigkeit der Person zur Besitzerwerbung.
§. 310. Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre,
die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, können – außer in den Fällen des §
151 Abs. 3 und § 280 Abs. 2 – Besitz nur durch ihren gesetzlichen Vertreter
erwerben. Im übrigen ist die Fähigkeit zum
selbständigen Besitzerwerb gegeben.
Gegenstände des Besitzes.
§. 311. Alle körperliche und unkörperliche Sachen, welche ein
Gegenstand des rechtlichen Verkehres sind, können in Besitz genommen werden.
Arten der Besitzerwerbung;
§. 312. Körperliche, bewegliche Sachen werden durch physische
Ergreifung, Wegführung oder Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung,
Verrainung, Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den
Besitz unkörperlicher Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben
im eigenen Nahmen.
insbesondere von einem bejahenden, verneinenden oder einem
Verbothsrechte.
§. 313. Der Gebrauch eines Rechtes wird gemacht, wenn jemand von
einem Anderen etwas als eine Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm leistet;
ferner, wenn jemand die einem Anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu
seinem Nutzen anwendet; endlich, wenn auf fremdes Verboth ein Anderer das, was
er sonst zu thun befugt wäre, unterläßt.
Unmittelbare und mittelbare Erwerbungsart des Besitzes.
§. 314. Den Besitz sowohl von Rechten, als von körperlichen Sachen
erlangt man entweder unmittelbar, wenn man freystehender Rechte und Sachen;
oder mittelbar, wenn man eines Rechtes, oder einer Sache, die einem Anderen
gehört, habhaft wird.
Umfang der Erwerbung.
§. 315. Durch die unmittelbare und durch die mittelbare
eigenmächtige Besitzergreifung erhält man nur so viel in Besitz, als wirklich
ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet, oder in Verwahrung gebracht worden
ist; bey der mittelbaren, wenn uns der Inhaber in seinem oder eines Anderen
Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt, erhält man Alles, was der vorige
Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen übergeben hat, ohne daß es nöthig
ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu übernehmen.
Rechtmäßiger, unrechtmäßiger Besitz.
§. 316. Der Besitz einer Sache heißt rechtmäßig, wenn er auf einem
gültigen Titel, das ist, auf einem zur Erwerbung tauglichen Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle heißt er unrechtmäßig.
Haupttitel des rechtmäßigen Besitzes.
§. 317. Der Titel liegt bey freystehenden Sachen in der angebornen
Freyheit zu Handlungen, wodurch die Rechte Anderer nicht verletzet werden; bey
Anderen in dem Willen des vorigen Besitzers, oder in dem Ausspruche des
Richters, oder endlich in dem Gesetze, wodurch jemanden das Recht zum Besitze
ertheilet wird.
Der Inhaber hat noch keinen Titel;
§. 318. Dem Inhaber, der eine Sache nicht in seinem, sondern im
Nahmen eines Anderen inne hat, kommt noch kein Rechtsgrund zur Besitznahme
dieser Sache zu.
und kann ihn nicht eigenmächtig erlangen.
§. 319. Der Inhaber einer Sache ist nicht berechtiget, den Grund
seiner Gewahrsame eigenmächtig zu verwechseln, und sich dadurch eines Titels
anzumaßen; wohl aber kann derjenige, welcher bisher eine Sache in eigenem
Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht einem Anderen überlassen, und sie
künftig in dessen Nahmen inne haben.
Wirkung des bloßen Titels.
§. 320. Durch einen gültigen Titel erhält man nur das Recht zum
Besitze einer Sache, nicht den Besitz selbst. Wer nur das Recht zum Besitze
hat, darf sich im Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz setzen;
er muß ihn von dem ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im Wege
Rechtens fordern.
Erforderung zum wirklichen Besitzrechte.
§. 321. Wo so genannte Landtafeln, Stadt- oder Grundbücher, oder
andere dergleichen öffentliche Register eingeführt sind, wird der rechtmäßige
Besitz eines dinglichen Rechtes auf unbewegliche Sachen nur durch die
ordentliche Eintragung in diese öffentlichen Bücher erlangt.
§. 322. Ist eine bewegliche Sache nach und nach mehreren Personen
übergeben worden; so gebühret das Besitzrecht derjenigen, welche sie in ihrer
Macht hat. Ist aber die Sache unbeweglich, und sind öffentliche Bücher
eingeführt; so steht das Besitzrecht ausschließlich demjenigen zu, welcher als
Besitzer derselben eingeschrieben ist.
Der Besitzer kann zur Angabe des Rechtsgrundes nicht aufgefordert
werden.
§. 323. Der Besitzer einer Sache hat die rechtliche Vermuthung
eines gültigen Titels für sich; er kann also zur Angabe desselben nicht
aufgefordert werden.
§. 324. Diese Aufforderung findet auch dann noch nicht Statt, wenn
jemand behauptet, daß der Besitz seines Gegners mit anderen rechtlichen
Vermuthungen, z. B. mit der Freyheit des Eigenthumes, sich nicht vereinbaren
lasse. In solchen Fällen muß der behauptende Gegner vor dem ordentlichen
Richter klagen, und sein vermeintliches stärkeres Recht darthun. Im Zweifel
gebührt dem Besitzer der Vorzug.
Ausnahme.
§. 325. In wie fern der Besitzer einer Sache, deren Verkehr
verbothen; oder die entwendet zu seyn scheint, den Titel seines Besitzes
anzuzeigen verbunden sey, darüber entscheiden die Straf- und politischen
Gesetze.
Redlicher und unredlicher Besitzer.
§. 326. Wer aus wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er
besitzt, für die seinige hält, ist ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher
Besitzer, ist derjenige, welcher weiß oder aus den Umständen vermuthen muß, daß
die in seinem Besitze befindliche Sache einem Anderen zugehöre. Aus Irrthum in
Thatsachen oder aus Unwissenheit der gesetzlichen Vorschriften kann man ein
unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein redlicher Besitzer seyn.
Wie ein Mitbesitzer zum unredlichen oder unrechtmäßigen Besitzer
werde.
§. 327. Besitzt eine Person die Sache selbst, eine andere aber das
Recht auf alle oder auf einige Nutzungen dieser Sache; so kann eine und
dieselbe Person, wenn sie die Gränzen ihres Rechtes überschreitet, in verschiedenen
Rücksichten ein redlicher und unredlicher, ein rechtmäßiger und unrechtmäßiger
Besitzer seyn.
Entscheidung über die Redlichkeit des Besitzes.
§. 328. Die Redlichkeit oder Unredlichkeit des Besitzes muß im
Falle eines Rechtsstreites durch richterlichen Ausspruch entschieden werden. Im
Zweifel ist die Vermuthung für die Redlichkeit des Besitzes.
Fortdauer des Besitzes. Rechte des redlichen Besitzes; a) in
Rücksicht der Substanz der Sache;
§. 329. Ein redlicher Besitzer kann schon allein aus dem Grunde des
redlichen Besitzes die Sache, die er besitzt, ohne Verantwortung nach Belieben
brauchen, verbrauchen, auch wohl vertilgen.
b) der Nutzungen;
§. 330. Dem redlichen Besitzer gehören alle aus der Sache
entspringende Früchte, so bald sie von der Sache abgesondert worden sind; ihm
gehören auch alle andere schon eingehobene Nutzungen, in so fern sie während
des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen sind.
c) des Aufwandes.
§. 331. Hat der redliche Besitzer an die Sache entweder zur
fortwährenden Erhaltung der Substanz einen nothwendigen, oder, zur Vermehrung
noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm
der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werthe, in so fern er den wirklich gemachten
Aufwand nicht übersteigt.
§. 332. Von dem Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur
Verschönerung gemacht worden ist, wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem
gemeinen Werthe nach wirklich dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige
Besitzer die Wahl, Alles für sich wegzunehmen, was davon ohne Schaden der
Substanz weggenommen werden kann.
Anspruch auf den Ersatz des Preises.
§. 333. Selbst der redliche Besitzer kann den Preis, welchen er
seinem Vormanne für die ihm überlassene Sache gegeben hat, nicht fordern. Wer
aber eine fremde Sache, die der Eigenthümer sonst schwerlich wieder erlangt
haben würde, redlicher Weise an sich gelöset, und dadurch dem Eigenthümer einen
erweislichen Nutzen verschaffet hat, kann eine angemessene Vergütung fordern.
§. 334. Ob einem redlichen Inhaber das Recht zustehe, seiner
Forderung wegen die Sache zurück zu behalten, wird in dem Hauptstücke vom
Pfandrechte bestimmt.
Verbindlichkeit des unredlichen Besitzers.
§. 335. Der unredliche Besitzer ist verbunden, nicht nur alle
durch den Besitz einer fremden Sache erlangte Vortheile zurück zu stellen;
sondern auch diejenigen, welche der Verkürzte erlangt haben würde, und allen
durch seinen Besitz entstandenen Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß der
unredliche Besitzer durch eine in den Strafgesetzen verbothene Handlung zum
Besitze gelanget ist, erstrecket sich der Ersatz bis
zum Werthe der besonderen Vorliebe.
§. 336. Hat der unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache
gemacht, so ist dasjenige anzuwenden, was in Rücksicht des von einem
Geschäftsführer ohne Auftrag gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der
Bevollmächtigung verordnet ist.
Beurtheilung der Redlichkeit des Besitzes einer Gemeinde.
§. 337. Der Besitz einer Gemeinde wird nach der Redlichkeit oder
Unredlichkeit der im Nahmen der Mitglieder handelnden Machthaber beurtheilet.
Immer müssen jedoch die unredlichen sowohl den redlichen Mitgliedern, als dem
Eigenthümer den Schaden ersetzen.
In wie fern durch die Klage der Besitz unredlich werde.
§. 338. Auch der redliche Besitzer, wenn er durch richterlichen
Ausspruch zur Zurückstellung der Sache verurtheilet wird, ist in Rücksicht des
Ersatzes der Nutzungen und des Schadens, wie auch in Rücksicht des Aufwandes,
von dem Zeitpuncte der ihm zugestellten Klage, gleich einem unredlichen
Besitzer zu behandeln; doch haftet er für den Zufall, der die Sache bey dem
Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur in dem Falle, daß er die Zurückgabe
durch einen muthwilligen Rechtsstreit verzögert hat.
Rechtsmittel des Besitzers bey einer Störung seines Besitzes;
§. 339. Der Besitz mag von was immer für einer
Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben eigenmächtig zu stören.
Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des Eingriffes, und den Ersatz des
erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.
besonders durch eine Bauführung;
§. 340. Wird der Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines
dinglichen Rechtes durch Führung eines neuen Gebäudes, Wasserwerkes, oder
anderen Werkes in seinen Rechten gefährdet, ohne daß sich der Bauführer nach
Vorschrift der allgemeinen Gerichtsordnung gegen ihn geschützt hat; so ist der
Gefährdete berechtiget, das Verboth einer solchen Neuerung vor Gericht zu
fordern, und das Gericht ist verbunden, die Sache auf das schleunigste zu
entscheiden.
§. 341. Bis zur Entscheidung der Sache ist die Fortsetzung des
Baues von dem Gerichte in der Regel nicht zu gestatten. Nur bey einer nahen,
offenbaren Gefahr, oder, wenn der Bauführer eine angemessene Sicherheit
leistet, daß er die Sache in den vorigen Stand setzen, und den Schaden vergüten
wolle, der Verbothsleger dagegen in dem letzteren Falle keine ähnliche
Sicherstellung für die Folgen seines Verboths leistet, ist die einstweilige
Fortsetzung des Baues zu bewilligen.
§. 342. Was in den vorhergehenden §§. in Rücksicht einer neuen
Bauführung verordnet wird, ist auch auf die Niederreißung eines alten Gebäudes,
oder anderen Werkes anzuwenden.
und bey der Gefahr eines vorhandenen Baues.
§. 343. Kann der Besitzer eines dinglichen Rechtes beweisen, daß
ein bereits vorhandener fremder Bau oder eine andere fremde Sache dem Einsturze
nahe sey, und ihm offenbarer Schaden drohe; so ist er befugt, gerichtlich auf
Sicherstellung zu dringen, wenn anders die politische Behörde nicht bereits
hinlänglich für die öffentliche Sicherheit gesorgt hat.
Rechtsmittel zur Erhaltung des Besitzstandes: a) bey dringender
Gefahr;
§. 344. Zu den Rechten des Besitzes gehört auch das Recht, sich in
seinem Besitze zu schützen, und in dem Falle, daß die richterliche Hülfe zu
spät kommen würde, Gewalt mit angemessener Gewalt abzutreiben (§. 19).
Uebrigens hat die politische Behörde für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe,
so wie das Strafgericht für die Bestrafung öffentlicher Gewaltthätigkeiten, zu
sorgen.
b) gegen den unechten Besitzer;
§. 345. Wenn sich jemand in den Besitz eindringt, oder durch List
oder Bitte heimlich einschleicht, und das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne
sich einer fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen gestattet, in ein
fortwährendes Recht zu verwandeln sucht; so wird der an sich unrechtmäßige und
unredliche Besitz noch überdieß unecht; in entgegengesetzten Fällen wird der
Besitz für echt angesehen.
§. 346. Gegen jeden unechten Besitzer kann so wohl die
Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch die Schadloshaltung eingeklagt
werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher Verhandlung, selbst ohne
Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der Geklagte auf die Sache haben
könnte, verordnen.
c) beym Zweifel über die Echtheit des Besitzes.
§. 347. Zeigt es sich nicht gleich auf der Stelle, wer sich in
einem echten Besitze befinde, und in wie fern der eine oder der andere Theil
auf gerichtliche Unterstützung Anspruch habe; so wird die im Streite verfangene
Sache so lange der Gewahrsame des Gerichtes oder eines Dritten anvertraut, bis
der Streit über den Besitz verhandelt und entschieden worden ist. Der
Sachfällige kann auch nach dieser Entscheidung die Klage aus einem vermeintlich
stärkeren Rechte auf die Sache noch anhängig machen.
Verwahrungsmittel des Inhabers gegen mehrere zusammentreffende Besitzwerber.
§. 348. Wenn der bloße Inhaber von mehreren Besitzwerbern zugleich
um die Uebergabe der Sache angegangen wird, und sich Einer darunter befindet,
in dessen Nahmen die Sache aufbewahrt wurde; so wird sie vorzüglich diesem
übergeben, und die Uebergabe den Uebrigen bekannt gemacht. Kommt dieser Umstand
Keinem zu Statten, so wird die Sache der Gewahrsame des Richters oder eines
Dritten anvertraut. Der Richter hat die Rechtsgründe der Besitzwerber zu
prüfen, und darüber zu entscheiden.
Erlöschung des Besitzes: a) körperlicher Sachen;
§. 349. Der Besitz einer körperlichen Sache geht insgemein
verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung, wieder gefunden zu werden, in Verlust
geräth; wenn sie freywillig verlassen wird; oder in fremden Besitz kommt.
b) der in die öffentlichen Bücher eingetragenen Rechte;
§. 350. Der Besitz derjenigen Rechte und unbeweglichen Sachen,
welche einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmachen, erlischt, wenn sie
aus den landtäflichen, Stadt- oder Grundbüchern gelöscht; oder, wenn sie auf
den Nahmen eines Anderen eingetragen werden.
c) anderer Rechte.
§. 351. Bey anderen Rechten hört der Besitz auf, wenn der
Gegentheil das, was er sonst geleistet hat, nicht mehr leisten zu wollen
erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes eines Anderen nicht mehr duldet;
oder, wenn er das Verboth, etwas zu unterlassen, nicht mehr achtet, der
Besitzer aber in allen diesen Fällen es dabey bewenden läßt, und die Erhaltung
des Besitzes nicht einklagt. Durch den bloßen Nichtgebrauch eines Rechtes geht
der Besitz, außer den im Gesetze bestimmten Verjährungsfällen, nicht verloren.
§. 352. So lange noch Hoffnung vorhanden ist, eine verlorne Sache
zu erhalten, kann man sich durch den bloßen Willen in ihrem Besitze erhalten.
Die Abwesenheit des Besitzers oder die eintretende Unfähigkeit, einen Besitz zu
erwerben, heben den bereits erworbenen Besitz nicht auf.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eigenthumsrechte.
Begriff des Eigenthumes; Eigenthum im objectiven Sinne;
§. 353. Alles, was jemanden zugehöret,
alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigenthum.
im subjectiven.
§. 354. Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das
Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache nach Willkühr zu
schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.
objective und subjective Möglichkeit der Erwerbung des
Eigenthumes.
§. 355. Alle Sachen sind insgemein Gegenstände des
Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die Gesetze nicht ausdrücklich
ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst oder durch einen Anderen
in seinem Nahmen zu erwerben.
§. 356. Wer also behauptet, daß der Person, die etwas erwerben
will, in Rücksicht ihrer persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf die
Sache, die erworben werden soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe, dem
liegt der Beweis ob.
§. 357. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 1, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 358. Alle Arten der Beschränkungen durch das Gesetz oder durch
den Willen des Eigenthümers heben die Vollständigkeit des Eigenthumes nicht
auf.
§. 359. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 3, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 360. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 3, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
Miteigenthum.
§. 361. Wenn eine noch ungetheilte Sache mehreren Personen
zugleich zugehört; so entsteht ein gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung
auf das Ganze werden die Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in
so weit ihnen aber gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat
jeder Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.
Rechte des Eigenthümers.
§. 362. Kraft des Rechtes, frey über sein Eigenthum zu verfügen,
kann der vollständige Eigenthümer in der Regel seine Sache nach Willkühr
benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf
Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie
verlassen.
Beschränkungen derselben.
§. 363. Eben diese Rechte genießen auch unvollständige, sowohl
Ober- als Nutzungseigenthümer; nur darf der Eine nichts vornehmen, was mit dem
Rechte des Anderen im Widerspruche steht.
§. 364. Ueberhaupt findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur
in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff
geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des
allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten werden. Im
Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer
Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.
Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen
Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch,
Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den
örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche
Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung
ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
Ebenso kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von
dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug
von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des Abs. 2
überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des
Grundstücks führen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz
von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-,
Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
§. 364a. Wird jedoch die Beeinträchtigung durch eine
Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen
Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise verursacht, so ist der
Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu
verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht wird, auf die bei
der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen wurde.
§. 364b. Ein Grundstück darf nicht in der Weise vertieft werden,
daß der Boden oder das Gebäude des Nachbars die erforderliche Stütze verliert,
es sei denn, daß der Besitzer des Grundstückes für eine genügende anderweitige
Befestigung Vorsorge trifft.
§. 364c. Ein vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder
Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dingliches Rechtes
verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige
Rechtsnachfolger. Gegen Dritte wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten,
Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und
im öffentlichen Buche eingetragen wurde.
§. 365. Wenn es das allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied
des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das vollständige
Eigenthum einer Sache abtreten.
Klagen aus dem Eigenthumsrechte:
a) Eigentliche Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie gebühre?
§. 366. Mit dem Rechte des Eigenthümers jeden Anderen von dem
Besitze seiner Sache auszuschließen, ist auch das Recht verbunden, seine ihm
vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch die Eigenthumsklage gerichtlich zu
fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen nicht zu, welcher eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war, in seinem
eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben erlangt
hat.
Gutgläubiger Erwerb
§. 367. Die Eigentumsklage gegen den rechtmäßigen und redlichen
Besitzer einer beweglichen Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die
Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung, von einem Unternehmer
im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem
sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen Fällen erwirbt der
rechtmäßige und redliche Besitzer das Eigentum. Der Anspruch des vorigen
Eigentümers auf Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder gegen andere
Personen bleibt unberührt.
Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so erlischt
dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums durch den rechtmäßigen und redlichen
Besitzer, es sei denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht redlich
ist.
§. 368. Der Besitzer ist redlich, wenn er weder weiß noch vermuten
muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Beim Erwerb von einem
Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens genügt der gute Glaube
an die Befugnis des Veräußerers, über die Sache zu verfügen.
Beweist der Eigentümer, dass der Besitzer aus der Natur der Sache,
aus ihrem auffällig geringen Preis, aus den ihm bekannten persönlichen
Eigenschaften seines Vormanns, aus dessen Unternehmen oder aus anderen
Umständen einen gegründeten Verdacht hätte schöpfen müssen, so hat der Besitzer
die Sache dem Eigentümer zu überlassen.
Was dem Kläger zu beweisen obliege?
§. 369. Wer die Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis führen,
daß der Geklagte die eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß diese
Sache sein Eigenthum sey.
§. 370. Wer eine bewegliche Sache gerichtlich zurückfordert, muß
sie durch Merkmahle beschreiben, wodurch sie von allen ähnlichen Sachen
gleicher Gattung ausgezeichnet wird.
§. 371. Sachen, die sich auf diese Art nicht unterscheiden lassen,
wie bares Geld mit anderem baren Gelde vermenget, oder auf den Ueberbringer
lautende Schuldbriefe, sind also in der Regel kein Gegenstand der
Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände eintreten, aus denen der Kläger
sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus denen der Geklagte wissen mußte,
daß er die Sache sich zuzuwenden nicht berechtiget sey.
b) Eigenthumsklage aus dem rechtlich vermutheten Eigenthume des
Klägers.
Gegen welche Besitzer diese Vermuthung eintrete?
§. 372. Wenn der Kläger mit dem Beweise des erworbenen Eigenthumes
einer ihm vorenthaltenen Sache zwar nicht ausreicht, aber den gültigen Titel,
und die echte Art, wodurch er zu ihrem Besitze gelangt ist, dargethan hat; so
wird er doch in Rücksicht eines jeden Besitzers, der keinen, oder nur einen
schwächeren Titel seines Besitzes anzugeben vermag, für den wahren Eigenthümer
gehalten.
§. 373. Wenn also der Geklagte die Sache auf eine unredliche oder
unrechtmäßige Weise besitzt; wenn er keinen oder nur einen verdächtigen Vormann
anzugeben vermag; oder, wenn er die Sache ohne Entgeld, der Kläger aber gegen
Entgeld erhalten hat; so muß er dem Kläger weichen.
§. 374. Haben der Geklagte und der Kläger einen gleichen Titel
ihres echten Besitzes, so gebühret dem Geklagten kraft
des Besitzes der Vorzug.
§. 375. Wer eine Sache in fremdem Nahmen besitzt, kann sich gegen
die Eigenthumsklage dadurch schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft macht, und
sich darüber ausweiset.
Gesetzliche Folge: a) der Abläugnung des Besitzes;
§. 376. Wer den Besitz einer Sache vor Gericht läugnet, und dessen
überwiesen wird, muß dem Kläger deßwegen allein schon den Besitz abtreten; doch
behält er das Recht, in der Folge seine Eigenthumsklage anzustellen.
b) des vorgegebenen Besitzes;
§. 377. Wer eine Sache, die er nicht besitzt, zu besitzen vorgibt,
und den Kläger dadurch irre führt, haftet für allen
daraus entstehenden Schaden.
c) des aufgegebenen Besitzes der streitigen Sache.
§. 378. Wer eine Sache im Besitze hatte, und nach zugestellter
Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger, wenn dieser sich nicht an den wirklichen
Inhaber halten will, auf seine Kosten zurück verschaffen, oder den
außerordentlichen Werth derselben ersetzen.
Was der Besitzer dem Eigenthümer erstatte.
§. 379. Was sowohl der redliche als unredliche Besitzer dem
Eigenthümer in Ansehung des entgangenen Nutzens, oder des erlittenen Schadens
zu ersetzen habe, ist in dem vorigen Hauptstücke bestimmt worden.
Drittes Hauptstück.
Von der Erwerbung des Eigenthumes durch Zueignung.
Rechtliche Erfordernisse der Erwerbung.
§. 380. Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein
Eigenthum erlangt werden.
Titel und Art der unmittelbaren Erwerbung:
Die Zueignung.
§. 381. Bey freystehenden Sachen besteht der Titel in der
angebornen Freyheit, sie in Besitz zu nehmen. Die Erwerbungsart ist die
Zueignung, wodurch man sich einer freystehenden Sache bemächtiget,
in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.
§. 382. Freystehende Sachen können von allen Mitgliedern des
Staates durch die Zueignung erworben werden, in so fern dieses Befugniß nicht
durch politische Gesetze eigeschränkt ist, oder einigen Mitgliedern das
Vorrecht der Zueignung zusteht.
1) durch den Thierfang.
§. 383. Dieses gilt insbesondere von dem Thierfange. Wem das Recht
zu jagen oder zu fischen gebühre; wie der übermäßige Anwachs des Wildes
gehemmet, und der vom Wilde verursachte Schade ersetzet werde; wie der
Honigraub, der durch fremde Bienen geschieht, zu verhindern sey; ist in den
politischen Gesetzen festgesetzt. Wie Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den
Strafgesetzen bestimmt.
§. 384. Häusliche Bienenschwärme und andere zahme oder zahm
gemachte Thiere sind kein Gegenstand des freyen Thierfanges, vielmehr hat der
Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem Grunde zu verfolgen; doch soll er dem Grundbesitzer
den ihm etwa verursachten Schaden ersetzen. Im Falle, daß der Eigenthümer des
Mutterstockes den Schwarm durch zwey Tage nicht verfolgt hat; oder, daß ein
zahm gemachtes Thier durch zwey und vierzig Tage von selbst ausgeblieben ist,
kann sie auf gemeinem Grunde jedermann; auf dem seinigen der Grundeigenthümer
für sich nehmen, und behalten.
2) durch das Finden freystehender Sachen.
§. 385. Keine Privat-Person ist berechtiget, die dem Staate durch
die politischen Verordnungen vorbehaltenen Erzeugnisse sich zuzueignen.
§. 386. Bewegliche Sachen, welche der Eigenthümer nicht mehr als
die seinigen behalten will, und daher verläßt, kann sich jedes Mitglied des
Staates eigen machen. Im Zweifel ist nicht zu vermuten, dass jemand sein
Eigentum aufgeben wolle; daher darf kein Finder eine gefundene Sache für
verlassen ansehen und sich diese zueignen.
§. 387. In wie fern Grundstücke wegen gänzlicher Unterlassung
ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der unterlassenen Herstellung für verlassen
anzusehen, oder einzuziehen seyn, bestimmen die politischen Gesetze.
Vorschriften über das Finden
a) verlorener und vergessener Sachen
§. 388. Verloren sind bewegliche, in niemandes Gewahrsame stehende
Sachen, die ohne den Willen des Inhabers aus seiner Gewalt gekommen sind.
Vergessen sind bewegliche Sachen, die ohne den Willen des Inhabers
an einem fremden, unter der Aufsicht eines anderen stehenden Ort zurückgelassen
worden und dadurch in fremde Gewahrsame gekommen sind.
§. 389. Finder ist, wer eine verlorene oder vergessene Sache
entdeckt und an sich nimmt.
Verlustträger sind der Eigentümer und andere zur Innehabung der
verlorenen oder vergessenen Sache berechtigte Personen.
§. 390. Der Finder hat den Fund unverzüglich der zuständigen
Fundbehörde (§ 14 Abs. 5 SPG) unter Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen und
über alle für die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen Umstände
Auskunft zu geben.
§. 391. Die Pflichten nach § 390 bestehen nicht, wenn
1. der Finder die gefundene Sache einem Verlustträger vor der
Anzeigeerstattung ausfolgt oder
2. der gemeine Wert der gefundenen Sache 10 Euro nicht übersteigt,
es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung der Sache für einen
Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist.
§. 392. Der Finder hat gegen den, dem der Fundgegenstand
ausgefolgt wird, Anspruch auf Finderlohn und auf Ersatz des notwendig und
zweckmäßig gemachten Aufwandes.
§. 393. Der Finderlohn beträgt bei verlorenen Sachen 10 vH, bei
vergessenen Sachen 5 vH des gemeinen Wertes. Übersteigt der gemeine Wert 2 000
Euro, so beträgt der Finderlohn in Rücksicht des Übermaßes die Hälfte dieser
Hundertersätze.
Bei unschätzbaren Sachen und solchen, deren Wiedererlangung für
den Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist, ist der Finderlohn nach
billigem Ermessen festzulegen; hierbei ist auf die Grundsätze des Abs. 1, auf
die dem Finder entstandene Mühe und auf den dem Verlustträger durch die
Wiedererlangung der gefundenen Sache verschafften Vorteil Bedacht zu nehmen.
§. 394. Ein Anspruch auf Finderlohn besteht nicht, wenn
1. die Sache von einer Person im Rahmen ihrer privat- oder
öffentlich-rechtlichen, die Rettung der Sache umfassenden Pflicht gefunden
worden ist oder
2. der Finder die in den §§ 390 und 391 enthaltenen Anordnungen
schuldhaft verletzt hat oder
3. die vergessene Sache auch sonst ohne deren Gefährdung
wiedererlangt worden wäre.
§. 395. Wird die Sache innerhalb eines Jahres von keinem
Verlustträger angesprochen, so erwirbt der Finder das Eigentum an der in seiner
Gewahrsame befindlichen Sache mit Ablauf der Frist, an der abgegebenen Sache
mit ihrer Ausfolgung an ihn. Die Frist beginnt im Fall des § 391 Z 2 mit dem
Zeitpunkt des Findens, sonst mit der Erstattung der Anzeige (§ 390).
§. 396. Wer eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt, sie
aber nicht an sich nehmen kann, hat Anspruch auf die Hälfte des im § 393
bestimmten Finderlohnes, wenn er die Entdeckung einer im § 390 bezeichneten
Stelle anzeigt und der Verlustträger die Sache dadurch wiedererlangt, es sei
denn, dass dieser die Sache auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt
hätte. § 394 Z 1 ist anzuwenden.
b) verborgener Gegenstände
§. 397. Werden vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene
Sachen eines unbekannten Eigentümers entdeckt, so gilt sinngemäß das, was für
die verlorenen Sachen bestimmt ist.
Der Finderlohn ist auch dann nicht zu entrichten, wenn die Sache
auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre.
e) eines Schatzes;
§. 398. Bestehen die entdeckten Sachen in Geld, Schmuck oder
anderen Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen gelegen haben, daß man ihren
vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann, dann heißen sie ein Schatz. Die
Entdeckung eines Schatzes ist von der Obrigkeit der Landesstelle anzuzeigen.
§. 399. Von einem Schatz erhalten der Finder und der Eigentümer des
Grundes je die Hälfte.
§. 400. Wer sich dabey einer unerlaubten Handlung schuldig
gemacht; wer ohne Wissen und Willen des Nutzungseigenthümers den Schatz
aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat; dessen Antheil soll dem Angeber;
oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem Staate zufallen.
§. 401. Finden Arbeitsleute zufälliger Weise einen Schatz, so
gebührt ihnen als Findern ein Drittheil davon. Sind sie aber von dem
Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung eines Schatzes gedungen worden, so
müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne begnügen.
3) Von der Beute.
§. 402. Ueber das Recht der Beute und der von dem Feinde zurück
erbeuteten Sachen sind die Vorschriften in den Kriegsgesetzen enthalten.
Von dem Rechte aus der Rettung einer fremden beweglichen Sache.
§. 403. Wer eine fremde bewegliche Sache von dem unvermeidlichen
Verluste oder Untergange rettet, ist berechtiget, von dem rückfordernden
Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und eine verhältnißmäßige Belohnung von
höchstens Zehen von Hundert zu fordern.
Viertes Hauptstück.
Von Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs.
Zuwachs.
§. 404. Zuwachs heißt Alles, was aus einer Sache entsteht, oder
neu zu derselben kommt, ohne daß es dem Eigenthümer von jemand Anderen
übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch Natur, durch Kunst, oder durch
beyde zugleich bewirkt.
I. Natürlicher Zuwachs:
a) an Natur-Producten;
b) Werfen der Thiere;
§. 405. Die natürlichen Früchte eines Grundes, nähmlich solche
Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu werden, hervor bringt, als: Kräuter,
Schwämme und dergleichen, wachsen dem Eigenthümer des Grundes, so wie alle
Nutzungen, welche aus einem Thiere entstehen, dem Eigenthümer des Thieres zu.
§. 406. Der Eigenthümer eines Thieres, welches durch das Thier
eines andern befruchtet wird, ist diesem keinen Lohn schuldig, wenn er nicht
bedungen worden ist.
c) Inseln;
§. 407. Wenn in der Mitte eines Gewässers eine Insel entsteht, so
sind die Eigenthümer der nach der Länge derselben an beyden Ufern liegenden
Grundstücke ausschließend befugt, die entstandene Insel in zwey gleichen
Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der Länge ihrer Grundstücke unter sich zu
theilen. Entsteht die Insel auf der einen Hälfte des Gewässers, so hat der
Eigenthümer des näheren Uferlandes allein darauf Anspruch. Inseln auf
schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.
§. 408. Werden bloß durch die Austrocknung des Gewässers, oder
durch desselben Theilung in mehrere Arme, Inseln gebildet, oder Grundstücke
überschwemmt; so bleiben die Rechte des vorigen Eigenthumes unverletzt.
d) vom verlassenen Wasserbeete;
§. 409. Wenn ein Gewässer sein Beet verläßt, so haben vor Allem
die Grundbesitzer, welche durch den neuen Lauf des Gewässers Schaden leiden,
das Recht, aus dem verlassenen Beete oder dessen Werthe entschädigt zu werden.
§. 410. Außer dem Falle einer solchen Entschädigung gehört das
verlassene Beet, so wie von einer entstandenen Insel verordnet wird, den
angränzenden Uferbesitzern.
e) vom Anspühlen;
§. 411. Das Erdreich, welches ein Gewässer unmerklich an ein Ufer
anspühlt, gehört dem Eigenthümer des Ufers.
f) vom abgerissenen Lande.
§. 412. Wird aber ein merklicher Erdtheil durch die Gewalt des
Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so verliert der vorige Besitzer sein
Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn er es in einer Jahresfrist nicht
ausübt.
§. 413. Jeder Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer gegen das
Ausreißen des Flusses zu befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder
Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die
der Schiffahrt, den Mühlen, der Fischerey oder andern fremden Rechten
nachtheilig werden könnten. Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit
Erlaubniß der politischen Behörde gemacht werden.
II. Künstlicher Zuwachs durch Verarbeitung oder Vereinigung überhaupt;
§. 414. Wer fremde Sachen verarbeitet; wer sie mit den seinigen
vereinigt, vermengt, oder vermischt, erhält dadurch noch keinen Anspruch auf
das fremde Eigenthum.
§. 415. Können dergleichen verarbeitete Sachen in ihren vorigen Stand
zurückgebracht; vereinigte, vermengte oder vermischte Sachen wieder abgesondert
werden; so wird einem jeden Eigenthümer das Seinige zurückgestellet, und
demjenigen Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist die Zurücksetzung in
den vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so wird die Sache den
Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache der Andere durch
Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob er den ganzen
Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem Andern
ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende Theilnehmer
wird nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht behandelt.
Kann aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so bleibt dem,
dessen Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.
§. 416. Werden fremde Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache
verwendet, so fällt die fremde Materie dem Eigenthümer der Hauptsache zu, und
dieser ist verbunden, nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen
Verfahrens, dem vorigen Eigenthümer der verbrauchten Materialien den Werth
derselben zu bezahlen.
insbesondere bey einem Baue.
§. 417. Wenn jemand auf eigenem Boden ein Gebäude aufführet, und
fremde Materialien dazu verwendet hat, so bleibt das Gebäude zwar sein
Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher Bauführer dem Beschädigten die
Materialien, wenn er sie außer den im §. 367. angeführten Verhältnissen an sich
gebracht hat, nach dem gemeinen; ein unredlicher aber muß sie nach dem höchsten
Preise, und überdieß noch allen anderweitigen Schaden ersetzen.
§. 418. Hat im entgegen gesetzten Falle jemand mit eigenen
Materialien, ohne Wissen und Willen des Eigenthümers auf fremdem Grunde gebaut,
so fällt das Gebäude dem Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer kann den
Ersatz der nothwendigen und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird
gleich einem Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer des
Grundes die Bauführung gewußt, und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer
untersagt, so kann er nur den gemeinen Werth für den Grund fordern.
§. 419. Ist das Gebäude auf fremden
Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in diesem Falle
das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem Grundeigenthümer
und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie in
dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer muß dem vorigen Eigenthümer
der Materialien, nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht,
den gemeinen oder den höchsten Werth ersetzen.
III. Vermischter Zuwachs.
§. 420. Was bisher wegen der mit fremden Materialien aufgeführten
Gebäude bestimmt worden ist, gilt auch für die Fälle, wenn ein Feld mit fremden
Samen besäet, oder mit fremde Pflanzen besetzt worden
ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer des Grundes, wenn anders die
Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.
§. 421. Das Eigenthum eines Baumes wird nicht nach den Wurzeln,
die sich in einem angränzenden Grunde verbreiten, sondern nach dem Stamme
bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt. Steht der Baum auf den
Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum gemein.
§. 422. Jeder Eigentümer kann die in seinen Grund eindringenden
Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem
Boden entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder
sonst benützen. Dabei hat er aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze
möglichst zu schonen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz
von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-,
Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
Die für die Entfernung der Wurzeln oder das Abschneiden der Äste
notwendigen Kosten hat der beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Sofern
diesem aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden entstanden ist oder
offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der
notwendigen Kosten zu ersetzen.
Fünftes Hauptstück.
Von Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe.
Mittelbare Erwerbung.
§. 423. Sachen, die schon einen Eigenthümer haben, werden
mittelbar erworben, indem sie auf eine rechtliche Art von dem Eigenthümer auf
einen Andern übergehen.
Titel derselben.
§. 424. Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in einem
Vertrage; in einer Verfügung auf den Todesfall; in dem richterlichen
Ausspruche; oder, in der Anordnung des Gesetzes.
Mittelbare Erwerbungsart.
§. 425. Der bloße Titel gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum
und alle dingliche Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze bestimmten
Fällen, nur durch die rechtliche Uebergabe und Uebernahme erworben werden.
Arten der Uebergabe:
1) bey beweglichen Sachen:
a) körperliche Uebergabe;
§. 426. Bewegliche Sachen können in der Regel nur durch körperliche
Uebergabe von Hand zu Hand an einen Andern übertragen werden.
b) Uebergabe durch Zeichen;
§. 427. Bey solchen beweglichen Sachen aber, welche ihrer
Beschaffenheit nach keine körperliche Uebergabe zulassen, wie bey
Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem Waarenlager oder einer andern
Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe durch Zeichen; indem der
Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das Eigenthum dargethan wird,
oder die Werkzeuge übergibt, durch die der Uebernehmer in den Stand gesetzt
wird, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der
Sache ein Merkmahl verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann, daß die
Sache einem Andern überlassen worden ist.
c) durch Erklärung.
§. 428. Durch Erklärung wird die Sache übergeben, wenn der
Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den Tag legt, daß er die
Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers inne habe; oder, daß der Uebernehmer
die Sache, welche er bisher ohne ein dingliches Recht inne hatte, künftig aus
einem dinglichen Recht besitzen solle.
Folge in Rücksicht der übersendeten;
§. 429. In der Regel werden überschickte Sachen erst dann für
übergeben gehalten, wenn sie der Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die
Ueberschickungsart selbst bestimmt oder genehmiget hätte.
oder, an Mehrere veräußerten Sachen.
§. 430. Hat ein Eigenthümer eben dieselbe bewegliche Sache an zwey
verschiedene Personen, an Eine mit, an die Andere ohne Uebergabe veräußert; so
gebührt sie derjenigen, welcher sie zuerst übergeben worden ist; doch hat der
Eigenthümer dem verletzten Theile zu haften.
2. Bei unbeweglichen Sachen und Bauwerken.
§. 431. Zur Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen muß
das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen
werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).
Insbesondere bei Erwerbung
a) durch Vertrag
§. 432. Zu diesem Zwecke muß über das Erwerbungsgeschäft eine
beglaubigte Urkunde in der zur Gültigkeit des Geschäftes vorgeschriebenen Form
oder eine öffentliche Urkunde ausgefertigt werden.
§. 433. Die Urkunde muß die genaue Angabe der Personen, die das
Eigentum übergeben und übernehmen; die Liegenschaft, die übergeben werden soll,
mit ihren Bestandteilen; des Rechtsgrundes der Übergabe; ferner des Ortes und
der Zeit des Vertragsschlusses enthalten; und es muß von dem Übergeber in
dieser oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben
werden, daß er in die Einverleibung einwillige.
§. 434. Zur Übertragung des Eigentums an Liegenschaften, die in
keinem Grundbuche eingetragen sind, muß eine mit den Erfordernissen der §§ 432
und 433 versehene Urkunde bei Gericht hinterlegt werden. An die Stelle der
Bewilligung der Einverleibung tritt die Erklärung der Einwilligung zur
Hinterlegung der Urkunde.
§. 435. Dasselbe gilt auch für die Übertragung des Eigentums an
Bauwerken, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht
stets darauf bleiben sollen, soferne sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind.
b) durch Urtheil und andere gerichtliche Urkunden;
§. 436. Wenn das Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines
Bauwerkes zufolge rechtskräftigen Urteils, gerichtlicher Teilung oder
Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden soll, ist ebenfalls die
Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435)
erforderlich.
oder c) durch Vermächtniß.
§. 437. Ebenso ist es, um das Eigentum eines vermachten
unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu erwerben, notwendig, daß die Sache
dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435 übergeben werde.
Bedingte Aufzeichnung in das öffentliche Buch; oder Vormerkung.
§. 438. Wenn derjenige, welcher das Eigenthum einer unbeweglichen
Sache anspricht, darüber zwar eine glaubwürdige, aber nicht mit allen in den
§§. 434 und 435 zur Einverleibung vorgeschriebenen Erfordernissen versehene
Urkunde besitzt; so kann er doch, damit ihm niemand ein Vorrecht abgewinne, die
bedingte Eintragung in das öffentliche Buch bewirken, welche Vormerkung (Pränotation)
genannt wird. Dadurch erhält er ein bedingtes Eigenthumsrecht, und er wird,
sobald er zu Folge richterlichen Anspruches die Vormerkung gerechtfertiget hat,
von der Zeit des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches,
für den wahren Eigenthümer gehalten.
§. 439. Die geschehene Vormerkung muß sowohl demjenigen, der sie
bewirkt hat, als auch seinem Gegner durch Zustellung zu eigenen Handen bekannt
gemacht werden. Der Vormerkungswerber muß binnen vierzehn Tagen, vom Tage der
erhaltenen Zustellung, die ordentliche Klage zum Erweise des Eigenthumsrechtes
einreichen; widrigen Falls soll die bewirkte Vormerkung auf Ansuchen des
Gegners gelöschet werden.
Vorschrift über die Collision der Einverleibungen.
§. 440. Hat der Eigenthümer eben dieselbe unbewegliche Sache zwey
verschiedenen Personen überlassen; so fällt sie derjenigen zu, welche früher
die Einverleibung angesucht hat.
Folge der Erwerbung:
a) in Rücksicht des Besitzes;
§. 441. So bald die Urkunde über das Eigenthumsrecht in das öffentliche
Buch eingetragen ist, tritt der neue Eigenthümer in den rechtmäßigen Besitz.
b) der damit verbundenen Rechte;
§. 442. Wer das Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt auch die
damit verbundenen Rechte. Rechte, die auf die Person des Uebergebers eingeschränkt
sind, kann er nicht übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem Andern mehr Recht
abtreten, als er selbst hat.
c) Lasten.
§. 443. Mit dem Eigenthume unbeweglicher Sachen werden auch die
darauf haftenden, in den öffentlichen Büchern angemerkten Lasten übernommen.
Wer diese Bücher nicht einsieht, leidet in allen Fällen für seine
Nachlässigkeit. Andere Forderungen und Ansprüche, die jemand an den vorigen
Eigenthümer hat, gehen nicht auf den neuen Erwerbe
über.
Erlöschung des Eigenthumsrechtes.
§. 444. Das Eigenthum überhaupt kann durch den Willen des
Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch richterlichen Ausspruch verloren
gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen aber wird nur durch die Löschung
aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.
Ausdehnung dieser Vorschriften auf andere dingliche Rechte.
§. 445. Nach den in diesem Hauptstücke über die Erwerbungs- und
Erlöschungsart des Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen gegebenen
Vorschriften hat man sich auch bey den übrigen, auf unbewegliche Sachen sich
beziehenden, dinglichen Rechten zu verhalten.
Form und Vorsichten der Einverleibungen.
§. 446. Auf was Art und mit welchen Vorsichten überhaupt bey
Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen sey, ist in den über die Einrichtung
der Landtafeln und Grundbücher bestehenden besondern Anordnungen enthalten.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte.
Begriff von dem Pfandrechte und Pfande.
§. 447. Das Pfandrecht ist das dingliche Recht, welches vom
Gläubiger eingeräumt wird, aus einer Sache, wenn die Verbindlichkeit zur
bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die Befriedigung zu erlangen. Die Sache,
worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht, heißt überhaupt ein Pfand.
Arten des Pfandes.
§. 448. Als Pfand kann jede Sache dienen, die im Verkehre steht.
Ist sie beweglich, so wird sie Handpfand, oder ein Pfand in enger Bedeutung
genannt; ist sie unbeweglich, so heißt sie eine Hypothek oder ein Grundpfand.
Titel des Pfandrechtes:
§. 449. Das Pfandrecht bezieht sich zwar immer auf eine gültige
Forderung, aber nicht jede Forderung gibt einen Titel zur Erwerbung des
Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das Gesetz; auf einen richterlichen
Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten Willen des Eigenthümers.
§. 450. Die Fälle, in welchen das Gesetz jemanden das Pfandrecht
einräumt, sind am gehörigen Orte dieses Gesetzbuches und bey dem Verfahren in
Concurs-Fällen angegeben. In wie fern das Gericht ein Pfandrecht einräumen
könne, bestimmt die Gerichtsordnung. Soll durch die Einwilligung des Schuldners
oder eines Dritten, der seine Sache für ihn verhaftet, das Pfandrecht erworben
werden; so dienen die Vorschriften von Verträgen und Vermächtnissen zur
Richtschnur.
Erwerbungsart des Pfandrechtes:
a) durch körperliche Übergabe;
b) durch Einverleibung oder gerichtliche Urkundenhinterlegung;
§. 451. Um das Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß der mit einem
Titel versehene Gläubiger, die verpfändete Sache, wenn sie beweglich ist, in
Verwahrung nehmen; und, wenn sie unbeweglich ist, seine Forderung auf die zur
Erwerbung des Eigenthumes liegender Güter vorgeschriebene Art einverleiben
lassen. Der Titel allein gibt nur ein persönliches Recht zu der Sache, aber
kein dingliches Recht auf die Sache.
Das Pfandrecht an bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§
434) oder an Bauwerken (§ 435) wird durch die gerichtliche Hinterlegung einer
beglaubigten Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde muß die genaue
Angabe des Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer ziffermäßig bestimmten
Geldsumme, bei einer verzinslichen Forderung auch die Höhe der Zinsen; ferner
die ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der gerichtlichen Hinterlegung
enthalten.
c) durch symbolische Uebergabe;
§. 452. Bey Verpfändung derjenigen beweglichen Sachen, welche
keine körperliche Uebergabe von Hand zu Hand zulassen, muß man sich, wie bey
der Uebertragung des Eigenthumes (§. 427.), solcher Zeichen bedienen, woraus
jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann. Wer diese Vorsicht unterläßt,
haftet für die nachtheiligen Folgen.
d) durch die Vormerkung.
§. 453. Findet die Einverleibung einer Forderung in die
öffentlichen Bücher wegen Mangels gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde
nicht Statt; so kann sich der Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch
die Vormerkung erhält er ein bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung
auf die oben §§. 438 und 439. angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von
dem Zeitpuncte des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches
in ein unbedingtes übergeht.
Erwerbung eines Afterpfandes.
§. 454. Der Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht
darauf hat, einem Dritten wieder verpfänden, und in so fern wird es zum
Afterpfande, wenn zugleich Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die
Afterverpfändung auf das Pfandrecht in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.
§. 455. Wird der Eigenthümer von der weiteren Verpfändung
benachrichtiget; so kann er seine Schuld nur mit Willen dessen, der das
Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder er muß sie gerichtlich
hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des Afterpfandes verhaftet.
Verpfändung einer fremden Sache.
§. 456. Wird eine bewegliche Sache von jemandem verpfändet, dem
sie nicht gehört und der darüber auch nicht verfügen kann, so hat der
Eigentümer zwar in der Regel das Recht, sie zurückzufordern. In solchen Fällen,
in denen die Eigentumsklage gegen einen rechtmäßigen und redlichen Besitzer
abzuweisen ist (§§ 367 und 368), ist er aber verpflichtet, den Pfandbesitzer
schadlos zu halten oder das Pfand fahren zu lassen und sich mit dem Schadenersatzanspruch
gegen den Verpfänder oder dritte Personen zu begnügen.
Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so geht das
Pfandrecht des rechtmäßigen und redlichen Pfandbesitzers diesem Recht vor, es sei
denn, dass der Pfandbesitzer in Ansehung dieses Rechtes nicht redlich ist (§
368).
Objectiver Umfang des Pfandrechtes.
§. 457. Das Pfandrecht erstreckt sich auf alle zu dem freyen
Eigenthume des Verpfänders gehörige Theile, auf Zuwachs und Zugehör des Pfandes,
folglich auch auf die Früchte, in so lange sie noch nicht abgesondert oder
bezogen sind. Wenn also ein Schuldner einem Gläubiger sein Gut, und einem
andern später die Früchte desselben verpfändet; so ist die spätere Verpfändung
nur in Rücksicht auf die schon abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.
Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:
a) bey Entdeckung eines unzureichenden Pfandes;
§. 458. Wenn der Werth eines Pfandes durch Verschulden des
Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar gewordenen Mangels der Sache zur
Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend gefunden wird; so ist der Gläubiger
berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes angemessenes Pfand zu fordern.
b) vor dem Verfalle;
§. 459. Ohne Bewilligung des Pfandgebers darf der Gläubiger das
Pfandstück nicht benützen; er muß es vielmehr genau bewahren, und, wenn es
durch sein Verschulden in Verlust geräth, dafür haften. Geht es ohne sein
Verschulden verloren, so verliert er deswegen seine Forderung nicht.
§. 460. Hat der Gläubiger das Pfand weiter verpfändet; so haftet
er selbst für einen solchen Zufall, wodurch das Pfand bey ihm nicht zu Grunde
gegangen oder verschlimmert worden wäre.
§. 460a. Wenn eine bewegliche körperliche Sache einschließlich
eines Inhaber- oder Orderpapiers als Pfand zu verderben oder erheblich und
dauernd so an Wert zu verlieren droht, dass die Sicherheit des Pfandgläubigers
gefährdet wird, kann dieser das Pfand bereits vor der Fälligkeit seiner
Forderung gemäß den §§ 466a bis 466d außergerichtlich verwerten. Der
Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber tunlichst die Gelegenheit zur Leistung einer
anderweitigen Sicherheit einzuräumen.
Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des
Pfandgebers ist der Erlös zu hinterlegen.
c) nach dem Verfalle der Forderung.
§. 461. Wird der Pfandgläubiger nach Verlauf der bestimmten Zeit
nicht befriediget; so ist er befugt, Feilbiethung des Pfandes gerichtlich zu
verlangen. Das Gericht hat dabey nach Vorschrift der Gerichtsordnung zu
verfahren.
§. 462. Vor der Feilbiethung des Gutes ist jedem darauf
eingetragenen Pfandgläubiger die Einlösung der Forderung, wegen welcher die
Feilbiethung angesucht worden, zu gestatten.
§. 463. Schuldner haben kein Recht bey Versteigerung einer von
ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.
§. 464. Wird der Schuldbetrag aus dem Pfande nicht gelöset, so
ersetzt der Schuldner das Fehlende; ihm fällt aber auch das zu, was über den
Schuldbetrag gelöset wird.
§. 465. In wie fern ein Pfandgläubiger sich an sein Pfand zu
halten schuldig; oder, auf ein anderes Vermögen seines Schuldners zu greifen
berechtiget sey, bestimmt die Gerichtsordnung.
§. 466. Hat der Schuldner während der Verpfändungszeit das
Eigenthum der verpfändeten Sache auf einen Andern übertragen, so steht dem
Gläubiger frey, erst sein persönliches Recht gegen den Schuldner, und dann
seine volle Befriedigung an der verpfändeten Sache zu suchen.
d) außergerichtliche Pfandverwertung
§. 466a. Der Pfandgläubiger kann sich aus einer beweglichen
körperlichen Sache (§ 460a Abs. 1), die ihm verpfändet worden ist oder an der
er ein gesetzliches Pfandrecht erworben hat, auch durch den Verkauf der Sache
befriedigen.
Der Pfandgläubiger hat bei der Verwertung der Sache angemessen auf
die Interessen des Pfandgebers Bedacht zu nehmen.
Der Pfandgläubiger und der Pfandgeber können abweichende Arten der
außergerichtlichen Pfandverwertung vereinbaren. Besondere Vorschriften über die
außergerichtliche Verwertung von Sicherheiten bleiben unberührt.
§. 466b. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber nach Eintritt der
Fälligkeit der gesicherten Forderung den Verkauf der Sache anzudrohen, soweit
dies nicht untunlich ist. Er hat dabei die Höhe der ausstehenden Forderung
anzugeben. Der Verkauf darf erst einen Monat nach dessen Androhung oder, wenn
diese untunlich war, nach Eintritt der Fälligkeit stattfinden. Besteht an der
Sache ein anderes Pfandrecht, so hat der Gläubiger den Verkauf auch dem anderen
Pfandgläubiger anzudrohen. Diesem ist die Einlösung der Forderung zu gestatten
(§ 462).
Der Verkauf ist im Wege einer öffentlichen Versteigerung durch
einen dazu befugten Unternehmer zu bewirken.
Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung
des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der Pfandgeber und Dritte, denen
Rechte am Pfand zustehen, sind hievon zu
benachrichtigen.
Sachen mit einem Börsen- oder Marktpreis dürfen zu diesem Preis
vom Pfandgläubiger auch aus freier Hand verkauft werden. Wertpapiere, die einen
Börsen- oder Marktpreis haben, sowie Sparurkunden dürfen nur aus freier Hand zu
ihrem Preis oder Wert verkauft werden.
§. 466c. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung verkauft werden,
dass der Erwerber den Kaufpreis sofort zu entrichten hat. Wird die Sache dem
Erwerber vor der Entrichtung des Preises übergeben, so gilt auch der Kaufpreis
als dem Pfandgläubiger übergeben.
Der Pfandgläubiger hat den Pfandgeber vom Verkauf des Pfandes und
von dessen Ergebnis unverzüglich zu verständigen.
Mit dem Verkauf erlöschen die Pfandrechte an der Sache selbst. Das
Gleiche gilt für andere dingliche Rechte, sofern diese nicht allen Pfandrechten
im Rang vorgehen.
Der Kaufpreis gebührt dem Pfandgläubiger nach Maßgabe seines
Ranges im Ausmaß der gesicherten Forderung und der angemessenen Kosten einer zweckentsprechenden
Verwertung. Im Übrigen tritt der Anspruch des Pfandgebers auf Herausgabe des
Mehrbetrags an die Stelle des Pfandes.
Wenn der Pfandgläubiger und der Pfandgeber eine abweichende Art
der Pfandverwertung vereinbaren und am Pfand einem Dritten ein Recht zusteht,
das durch die Verwertung erlischt, so bedarf die Vereinbarung zu ihrer
Wirksamkeit der Zustimmung des Dritten.
§. 466d. Wenn der Pfandgläubiger die Sache außergerichtlich als
Pfand verwertet, genügt für die Redlichkeit des Erwerbers (§§ 367 und 368) der
gute Glaube in die Befugnis des Pfandgläubigers, über die Sache zu verfügen.
§. 466e. Besteht das Pfandrecht an einem Inhaber- oder
Orderpapier, so ist der Pfandgläubiger berechtigt, eine etwa erforderliche
Kündigung vorzunehmen und die Forderung aus dem Wertpapier einzuziehen.
Ist die Forderung aus dem verpfändeten Papier bereits fällig, so
kann der Pfandgläubiger diese auch dann einziehen, wenn die gesicherte
Forderung noch nicht fällig ist. In diesem Fall erwirbt der Pfandgläubiger ein
Pfandrecht an der erhaltenen Leistung. Besteht die Leistung in Geld, so hat der
Pfandgläubiger den erhaltenen Betrag nach den Bestimmungen über die Anlegung
von Mündelgeld zu veranlagen.
Erlöschung des Pfandrechtes.
§. 467. Wenn die verpfändete Sache zerstört wird; wenn sich der
Gläubiger seines Rechtes darauf gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie dem
Schuldner ohne Vorbehalt zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht, aber
die Schuldforderung besteht noch.
§. 468. Das Pfandrecht erlischt ferner mit der Zeit, auf welche es
eingeschränkt war, folglich auch mit dem zeitlichen Rechte des Pfandgebers auf
die verpfändete Sache; wenn anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war,
oder aus den öffentlichen Büchern bekannt seyn konnte.
§. 469. (Durch Tilgung der Schuld hört das Pfandrecht auf. Der
Pfandgeber ist aber die Schuld nur gegen dem zu tilgen verbunden, daß ihm das
Pfand zugleich zurückgestellt werde. Zur Aufhebung einer Hypothek ist die
Tilgung der Schuld allein nicht hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so lange
verhaftet, bis die Schuld aus den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis dahin
kann der Eigentümer des Gutes auf Grund einer Quittung oder einer anderen, das
Erlöschen der Pfandschuld dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf eine neue
Forderung übertragen, die den Betrag der eingetragenen Pfandforderung nicht
übersteigt.
§. 469a. Bei Bestellung des Pfandrechtes kann auf dieses
Verfügungsrecht nicht verzichtet werden. Ist jedoch im öffentlichen Buch ein
der Hypothek im Rang nachfolgendes oder ihr gleichrangiges, rechtsgeschäftlich
bestelltes Recht eingetragen, so kann der Eigentümer über die Hypothek nur dann
verfügen, wenn er sich das Verfügungsrecht gegenüber dem Buchberechtigten
vertraglich vorbehalten hat und dieser Vorbehalt im öffentlichen Buch bei der
Hypothek angemerkt ist.
§. 470. Wird nach Tilgung der Schuld (§ 469) oder eingetretener
Vereinigung (§ 1446), bevor das Pfandrecht bücherlich gelöscht oder die
Liegenschaft oder das Pfandrecht übertragen worden ist, das Hypothekargut
zwangsweise versteigert oder dessen Zwangsverwaltung bewilligt, so ist bei
Verteilung des Erlöses auf dieses Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen. Nur
insoweit die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung gegen einen Dritten noch
fortbesteht oder dem Eigentümer der Ersatz für deren Tilgung gebührt (§ 1358),
wird der darauf entfallende Teil dem Eigentümer zugewiesen.
Von dem Retentions-Rechte.
§. 471. Wer zur Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie
zur Sicherung seiner fälligen Forderungen wegen des für die Sache gemachten
Aufwandes oder des durch die Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung
zurückbehalten, daß er zur Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende
Gegenleistung verurteilt werden kann.
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann durch
Sicherheitsleistung abgewendet werden; Sicherheitsleistung durch Bürgen ist
ausgeschlossen.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.)
Begriff des Rechtes der Dienstbarkeit.
§. 472. Durch das Recht der Dienstbarkeit wird ein Eigenthümer
verbunden, zum Vortheile eines Andern in Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden
oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden Besitzer der
dienstbaren Sache wirksames Recht.
Eintheilung der Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und
persönliche;
§. 473. Wird das Recht der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines
Grundstückes zu dessen vortheilhafteren oder bequemeren Benützung verknüpft; so
entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer dem ist die Dienstbarkeit persönlich.
in Feld- und Haus-Servituten.
§. 474. Grunddienstbarkeiten setzen zwey Grundbesitzer voraus,
deren Einem als Verpflichteten das dienstbare; dem Andern als Berechtigten das
herrschende Gut gehört. Das herrschende Grundstück ist entweder zur
Landwirthschaft oder zu einem andern Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet
man auch die Feld- und Haus-Servituten.
Gewöhnlichere Arten: a) der Haus-Servituten;
§. 475. Die Haus-Servituten sind gewöhnlich:
1) Das Recht, eine Last seines Gebäudes auf ein fremdes Gebäude zu
setzen;
2) Einen Balken oder Sparren in eine fremde Wand einfügen;
3) Ein Fenster in der fremden Wand zu öffnen; es sey des Lichtes
oder der Aussicht wegen;
4) Ein Dach oder einen Erker über des Nachbars Luftraum zu bauen;
5) Den Rauch durch des Nachbars Schorstein zu führen;
6) Die Dachtraufe auf fremden Grund zu leiten;
7) Flüssigkeiten auf des Nachbars Grund zu gießen oder
durchzuführen.
Durch diese und ähnliche Haus-Servituten wird ein Hausbesitzer
befugt, etwas auf dem Grunde seines Nachbars vorzunehmen, was dieser dulden muß.
§. 476. Durch andere Haus-Servituten wird
der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas zu unterlassen, was
ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:
8) sein Haus nicht zu erhöhen;
9) es nicht niedriger zu machen;
10) dem herrschenden Gebäude Licht und Luft;
11) oder Aussicht nicht zu benehmen;
12) die Dachtraufe seines Hauses von dem Grunde des Nachbars, dem
sie zur Bewässerung seines Gartens oder zur Füllung seiner Zisterne, oder auf
eine andere Art nützlich seyn kann, nicht abzuleiten.
b) der Feld-Servituten;
§. 477. Die vorzüglichen Feld-Servituten sind:
1) das Recht, einen Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg auf fremden
Grund und Boden zu halten.
2) das Wasser zu schöpfen, das Vieh zu tränken, das Wasser ab- und
herzuleiten;
3) Das Vieh zu hüthen und zu weiden;
4) Holz zu fällen, verdorrte Aeste und Reiser zu sammeln, Eicheln
zu lösen, Laub zu rechen;
5) zu jagen, zu fischen, Vögel zu fangen;
6) Steine zu brechen, Sand zu graben, Kalk zu brennen.
Arten der persönlichen Dienstbarkeiten.
§. 478. Die persönlichen Servituten sind: der nöthige Gebrauch
einer Sache; die Fruchtnießung; und die Wohnung.
Unregelmäßige und Schein-Servituten.
§. 479. Es können aber auch Dienstbarkeiten, welche an sich
Grunddienstbarkeiten sind, der Person allein; oder, es können Begünstigungen,
die ordentlicher Weise Servituten sind, nur bloß auf Widerrufen zugestanden
werden. Die Abweichungen von der Natur einer Servitut
werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der Beweis ob.
Erwerbung des Rechtes der Dienstbarkeit. Titel zur Erwerbung.
§. 480. Der Titel zu einer Servitut ist auf einem Vertrage; auf
einer letzten Willenserklärung; auf einem bey der Theilung gemeinschaftlicher
Grundstücke erfolgten Rechtsspruche; oder endlich, auf Verjährung gegründet.
Erwerbungsart.
§. 481. Das dingliche Recht der Dienstbarkeit kann an
Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, nur durch die
Eintragung in diese erworben werden.
An bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken
(§ 435) wird das dingliche Recht durch die gerichtliche Hinterlegung einer über
die Einräumung der Dienstbarkeit errichteten beglaubigten Urkunde; auf andere
Sachen aber durch die oben (§§ 426 bis 428) angegebenen Arten der Übergabe
erworben.
Rechtsverhältniß bey den Dienstbarkeiten.
Allgemeine Vorschriften über das Recht der Dienstbarkeit.
§. 482. Alle Servituten kommen darin überein, daß der Besitzer der
dienstbaren Sache in der Regel nicht verbunden ist, etwas zu thun; sondern nur einem
Andern die Ausübung eines Rechtes zu gestatten, oder das zu unterlassen, was er
als Eigenthümer sonst zu thun berechtiget wäre.
§. 483. Daher muß auch der Aufwand zur Erhaltung und Herstellung
der Sache, welche zur Dienstbarkeit bestimmt ist, in der Regel von dem
Berechtigten getragen werden. Wenn aber diese Sache auch von dem Verpflichteten
benützet wird; so muß er verhältnißmäßig zu dem Aufwande beytragen, und nur
durch die Abtretung derselben an dem Berechtigten kann er sich, auch ohne
dessen Beystimmung, von dem Beytrage befreyen.
§. 484. Der Besitzer des herrschenden Gutes kann zwar sein Recht
auf die ihm gefällige Art ausüben; doch dürfen Servituten nicht erweitert, sie
müssen vielmehr, in so weit es ihre Natur und der Zweck der Bestellung gestattet,
eingeschränkt werden.
§. 485. Keine Servitut läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren
Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen. Auch wird
jede Servitut insofern für unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke
haftende Recht durch Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben,
abgesehen von dem im § 847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt
werden kann.
§. 486. Ein Grundstück kann mehrern Personen zugleich dienstbar
seyn, wenn anders die ältern Rechte eines Dritten nicht darunter leiden.
Anwendung auf die Grunddienstbarkeiten; insbesondere auf das
Recht, eine Last, einen Balken auf fremdem Gebäude zu haben, oder, den Rauch
durchzuführen.
§. 487. Nach den hier aufgestellten Grundsätzen sind die Rechtsverhältnisse
bey den besondern Arten der Servituten zu bestimmen. Wer also die Last des
benachbarten Gebäudes zu tragen; die Einfügung des fremden Balkens an seiner
Wand; oder, den Durchzug des fremden Rauches in seinem Schorsteine zu dulden
hat; der muß verhältnißmäßig zur Erhaltung der dazu bestimmten Mauer, Säule,
Wand oder des Schorsteines beytragen. Es kann ihm aber nicht zugemuthet werden,
daß er das herrschende Gut unterstützen oder den Schorstein des Nachbars
ausbessern lasse.
Fensterrecht.
§. 488. Das Fensterrecht gibt nur auf Licht und Luft Anspruch; die
Aussicht muß besonders bewilliget werden. Wer kein Recht zur Aussicht hat, kann
angehalten werden, das Fenster zu vergittern. Mit dem Fensterrechte ist die
Schuldigkeit verbunden, die Oeffnung zu verwahren; wer diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den daraus entstehenden Schaden.
Recht der Dachtraufe.
§. 489. Wer das Recht der Dachtraufe besitzt, kann das Regenwasser
auf das fremde Dach frey oder durch Rinnen abfließen lassen; er kann auch sein
Dach erhöhen; doch muß er solche Vorkehrungen treffen, daß dadurch die
Dienstbarkeit nicht lästiger werde. Eben so muß er häufig gefallenen Schnee
zeitig hinwegräumen, wie auch die zum Abflusse bestimmten Rinnen unterhalten.
Recht der Ableitung des Regenwassers.
§. 490. Wer das Recht hat, das Regenwasser von dem benachbarten
Dache auf seinen Grund zu leiten, hat die Obliegenheit, für Rinnen,
Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten die Auslagen allein zu
bestreiten.
§. 491. Erfordern die abzuführenden Flüssigkeiten Gräben und
Canäle; so muß sie der Eigenthümer des herrschenden Grundes errichten; er muß
sie auch ordentlich decken und reinigen, und dadurch die Last des dienstbaren
Grundes erleichtern.
Recht des Fußsteiges, Viehtriebes und Fahrweges.
§. 492. Das Recht des Fußsteiges begreift das Recht in sich, auf
diesem Steige zu gehen, sich von Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich
kommen zu lassen. Mit dem Viehtriebe ist das Recht, einen Schiebkarren zu
gebrauchen; und, mit dem Fahrwege das Recht, mit Einem oder mehrern Zügen zu
fahren, verbunden.
§. 493. Hingegen kann, ohne besondere Bewilligung das Recht zu
gehen, nicht auf das Recht, zu reiten oder sich durch Thiere tragen zu lassen;
weder das Recht des Viehtriebes auf das Recht, schwere Lasten über den
dienstbaren Grund zu schleifen; noch das Recht zu fahren, auf das Recht, frey
gelassenes Vieh darüber zu treiben, ausgedehnet werden.
§. 494. Zur Erhaltung des Weges, der Brücken und Stege tragen
verhältnißmäßig alle Personen oder Grundbesitzer, denen der Gebrauch derselben
zusteht, folglich auch der Besitzer des dienstbaren Grundes, so weit bey, als
er davon Nutzen zieht.
Raum hierzu.
§. 495. Der Raum für diese drey Servituten
muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes angemessen seyn. Werden
Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen andern Zufall
unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand, wenn nicht
schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein neuer Raum
angewiesen werden.
Recht, Wasser zu schöpfen.
§. 496. Mit dem Rechte, fremdes Wasser zu schöpfen, wird auch der
Zugang zu demselben gestattet.
Recht der Wasserleitung
§. 497. Wer das Recht hat, Wasser von fremdem Grunde auf den
seinigen; oder, von seinem Grunde auf fremden zu leiten, ist auch berechtigt,
die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und Schleußen auf eigene Kosten anzulegen. Das
nicht zu überschreitende Maß dieser Anlagen wird durch das
Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.
Weiderecht.
§. 498. Ist bey Erwerbung des Weiderechtes die Gattung und die
Anzahl des Triebviehes; ferner, die Zeit und das Maß des Genusses nicht
bestimmt worden; so ist der ruhige dreyßigjährige Besitz zu schützen. In
zweifelhaften Fällen dienen folgende Vorschriften zur Richtschnur.
Gesetzliche Bestimmung:
a) über die Gattung des Triebviehes;
§. 499. Das Weiderecht erstrecket sich, in so weit die politischen
und im Forstwesen gegebenen Verordnungen nicht entgegenstehen, auf jede Gattung
von Zug-, Rind- und Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh; eben so
wenig in waldigen Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes Vieh
ist stets von der Weide ausgeschlossen.
b) dessen Anzahl;
§. 500. Hat die Anzahl des Triebviehes während der letzten dreyßig
Jahre abgewechselt; so muß aus dem Triebe der drey ersten Jahre die Mittelzahl
angenommen werden. Erhellet auch diese nicht; so ist theils auf den Umfang,
theils auf die Beschaffenheit der Weide billige Rücksicht zu nehmen, und dem Berechtigten
wenigstens nicht gestattet, daß er mehr Vieh auf der fremden Weide halte, als
er mit dem auf dem herrschenden Grunde erzeugten Futter durchwintern kann.
Säugevieh wird nicht zur bestimmten Anzahl gerechnet.
c) Triftzeit;
§. 501. Die Triftzeit wird zwar überhaupt durch den in jeder
Feldmarke eingeführten unangefochtenen Gebrauch bestimmt: allein in keinem
Falle darf der vermöge politischer Bestimmungen geordnete Wirtschaftsbetrieb
durch die Behütung verhindert, oder erschweret werden.
d) Maß des Genusses.
§. 502. Der Genuß des Weiderechtes erstreckt sich auf keine andere
Benutzung. Der Berechtigte darf weder Gras mähen, noch in der Regel den
Eigenthümer des Grundstückes von der Mitweide ausschließen, am wenigsten aber
die Substanz der Weide verletzen.
Wenn ein Schade zu befürchten ist, muß er sein Vieh von einem
Hirten hüthen lassen.
Anwendung dieser Bestimmungen auf andere
Servituten.
§. 503. Was bisher in Rücksicht auf das Weiderecht vorgeschrieben
worden, ist verhältnißmäßig auch auf die Rechte des Thierfanges, des
Holzschlages, des Steinbrechens und die übrigen Servituten anzuwenden. Glaubt
jemand diese Rechte auf das Miteigenthum gründen zu können; so sind die darüber
entstehenden Streitigkeiten nach den, in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft
des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen zu entscheiden.
Persönliche Dienstbarkeiten; insbesondere:
1) das Recht des Gebrauches;
§. 504. Die Ausübung persönlicher Servituten wird, wenn nichts
anderes verabredet worden ist, nach folgenden Grundsätzen bestimmt: Die
Servitut des Gebrauches besteht darin, daß jemand befugt ist, eine fremde
Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu seinem Bedürfnisse zu benützen.
Bestimmung in Rücksicht der Nutzungen;
§. 505. Wer also das Gebrauchsrecht einer Sache hat, der darf,
ohne Rücksicht auf sein übriges Vermögen, den seinem Stande, seinem Gewerbe,
und seinem Hauswesen angemessenen Nutzen davon ziehen.
§. 506. Das Bedürfniß ist nach dem Zeitpuncte der Bewilligung des
Gebrauches zu bestimmen. Nachfolgende Veränderungen in dem Stande oder Gewerbe
des Berechtigten geben keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren Gebrauch.
der Substanz;
§. 507. Der Berechtigte darf die Substanz der ihm zum Gebrauche
bewilligten Sache nicht verändern; er darf auch das Recht an keinen Andern übertragen.
und der Lasten;
§. 508. Alle Benützungen, die sich ohne Störung des
Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen, kommen dem Eigenthümer zu
Statten. Dieser ist aber verbunden, alle ordentliche und außerordentliche, auf
der Sache haftende Lasten zu tragen, und sie auf seine Kosten in gutem Stande
zu erhalten. Nur wenn die Kosten denjenigen Nutzen übersteigen, der dem
Eigenthümer übrig bleibt, muß der Berechtigte den Ueberschuß tragen, aber vom
Gebrauche abstehen.
2) der Fruchtnießung.
§. 509. Die Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde Sache, mit
Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen.
In wie fern sie sich auf verbrauchbare Sachen erstrecken könne.
§. 510. Verbrauchbare Sachen sind an sich selbst kein Gegenstand
des Gebrauches oder der Fruchtnießung, sondern nur ihr Werth. Mit dem baren
Gelde kann der Berechtigte nach Belieben verfügen. Wird aber ein bereits
anliegendes Capital zum Fruchtgenusse oder Gebrauche bewilliget; so kann der
Berechtigte nur die Zinsen fordern.
Rechte und Verbindlichkeiten des Fruchtnießers.
§. 511. Der Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen, sowohl
gewöhnlichen als ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit
Beobachtung der bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von Bergwerksantheilen,
und das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz, welcher in dem zur
Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen Anspruch.
Insbesondere:
a) in Rücksicht der auf der Sache haftenden Lasten;
§. 512. Als ein reiner Ertrag kann aber nur das angesehen werden,
was nach Abzug aller nöthigen Auslagen übrig bleibt. Der Fruchtnießer übernimmt
also alle Lasten, welche zur Zeit der bewilligten Fruchtnießung mit der
dienstbaren Sache verbunden waren, mithin auch die Zinsen der
darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen alle ordentliche und
außerordentliche, von der Sache zu leistende Schuldigkeiten, in so fern sie aus
den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen bestritten werden
können; er trägt auch die Kosten, ohne welche die Früchte nicht erzielet
werden.
b) der Erhaltung der Sache;
§. 513. Der Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare Sache als
ein guter Haushälter in dem Stande, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten,
und aus dem Ertrage die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu
besorgen. Wird dessen ungeachtet der Werth der dienstbaren Sache bloß durch den
rechtmäßigen Genuß ohne Verschulden des Fruchtnießers verringert; so ist er
dafür nicht verantwortlich.
c) der Bauführungen;
§. 514. Wenn der Eigenthümer Bauführungen, die durch das Alter des
Gebäudes, oder durch einen Zufall nothwendig gemacht werden, auf Anzeige des
Fruchtnießers auf seine Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer, nach Maß der
dadurch verbesserten Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten Capitals zu
vergüten schuldig.
§. 515. Kann oder will der Eigenthümer dazu sich nicht verstehen;
so ist der Fruchtnießer berechtigt, entweder den Bau zu führen, und nach
geendigter Fruchtnießung, gleich einem redlichen Besitzer, den Ersatz zu
fordern; oder, für die durch Unterbleibung des Baues vermißte Fruchtnießung,
eine angemessene Vergütung zu verlangen.
§. 516. Bauführungen, welche nicht nothwendig, obgleich sonst zur
Vermehrung des Ertrages gedeihlich sind, ist der
Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu gestatten.
d) der Meliorationskosten.
§. 517. Was der Fruchtnießer ohne Einwilligung des Eigenthümers
zur Vermehrung fortdauernder Nutzungen verwendet hat, kann er zurücknehmen;
eine Vergütung der aus der Verbesserung noch bestehenden Nutzungen aber kann er
nur fordern, in so fern sie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu fordern
berechtigt ist.
Beweismittel darüber.
§. 518. Zur Erleichterung des Beweises der gegenseitigen
Forderungen, sollen der Eigenthümer und der Fruchtnießer eine beglaubte
Beschreibung aller dienstbaren Sachen aufnehmen lassen. Ist sie unterlassen
worden; so wird vermuthet, daß der Fruchtnießer die Sache sammt allen zur
ordentlichen Benützung derselben erforderlichen Stücken in brauchbarem Zustande
von mittlerer Beschaffenheit erhalten habe.
Zutheilung der Nutzungen bey Erlöschung der Fruchtnießung.
§. 519. Nach geendigter Fruchtnießung gehören die noch stehenden
Früchte dem Eigenthümer; doch muß er die auf deren Erzielung verwendeten Kosten
dem Fruchtnießer oder dessen Erben, gleich einem redlichen Besitzer, ersetzen.
Auf andere Nutzungen haben der Fruchtnießer oder dessen Erben den Anspruch nach
Maß der Dauer der Fruchtnießung.
In wie fern der Gebrauchsberechtigte oder der Fruchtnießer zur
Sicherstellung verbunden sey.
§. 520. In der Regel kann der Eigenthümer von dem
Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey einer sich äußernden Gefahr die
Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie nicht geleistet; so soll die
Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige Abfindung überlassen, oder
nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben werden.
Dienstbarkeit der Wohnung.
§. 521. Die Servitut der Wohnung ist das Recht, die bewohnbaren
Theile eines Hauses zu seinem Bedürfnisse zu benützen.
Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem Wohngebäude. Werden aber
jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit Schonung der Substanz, ohne
Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es eine Fruchtnießung des
Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen Vorschriften auf das rechtliche
Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem Eigenthümer anzuwenden.
§. 522. In jedem Falle behält der Eigenthümer das Recht, über alle
Theile des Hauses, die nicht zur eigentlichen Wohnung gehören, zu verfügen;
auch darf ihm die nöthige Aufsicht über sein Haus nicht erschweret werden.
Klagerecht in Rücksicht der Servituten.
§. 523. In Ansehung der Servituten findet
ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den Eigenthümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich über
die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die
Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz
derselben als eines dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung
der Servitut in seiner Sache beweisen.
Erlöschung der Dienstbarkeiten.
Im Allgemeinen.
§. 524. Die Servituten erlöschen im Allgemeinen auf diejenigen
Arten, wodurch, nach dem dritten und vierten Hauptstücke des dritten Theiles, Rechte
und Verbindlichkeiten überhaupt aufgehoben werden.
Besondere Anordnung bey deren Erlöschung:
a) durch den Untergang des dienstbaren oder herrschenden Grundes.
§. 525. Der Untergang des dienstbaren oder des herrschenden
Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit ein; sobald aber der Grund, oder das
Gebäude wieder in den vorigen Stand gesetzt ist, erhält die Servitut wieder
ihre vorige Kraft.
b) durch Vereinigung;
§. 526. Wenn das Eigenthum des dienstbaren und des herrschenden
Grundes in Einer Person vereiniget wird, hört die Dienstbarkeit von selbst auf.
Wird aber in der Folge Einer dieser vereinigten Gründe wieder veräußert, ohne
daß inzwischen in den öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit gelöschet worden;
so ist der neue Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die Servitut
auszuüben.
c) durch Zeitverlauf.
§. 527. Hat das bloß zeitliche Recht desjenigen, der die Servitut
bestellt hat, oder die Zeit, auf welche sie beschränkt worden ist, dem
Servituts-Inhaber aus öffentlichen Büchern, oder auf eine andere Art bekannt
seyn können; so hört nach Verlauf dieser Zeit die Servitut von selbst auf.
§. 528. Eine Servitut, welche jemanden bis zur
Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht, verliehen wird, erlischt
erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor diesem Alter verstorben
ist.
Erlöschung der persönlichen Servituten insbesondere.
§. 529. Persönliche Servituten hören mit dem Tode auf. Werden sie
ausdrücklich auf die Erben ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die ersten
gesetzlichen Erben darunter verstanden. Das einer Familie verliehene Recht aber
geht auf alle Mitglieder derselben über. Die von einer
Gemeinde oder einer andern moralischen Person erworbene persönliche Servitut
dauert so lange, als die moralische Person besteht.
Unanwendbarkeit auf beständige Renten.
§. 530. Beständige jährliche Renten sind keine persönliche
Servitut, und können also ihrer Natur nach auf alle Nachfolger
übertragen werden.
Achtes
Hauptstück.
Von dem
Erbrechte.
Verlassenschaft.
§. 531. Der
Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, in so fern sie
nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet sind, heißt desselben
Verlassenschaft oder Nachlaß.
Erbrecht
und Erbschaft.
§. 532. Das
ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf
das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein Drittheil) in
Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht, welches gegen
einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam ist. Derjenige,
dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft, in Beziehung auf
den Erben, Erbschaft genannt.
Titel zu
dem Erbrechte.
§. 533. Das
Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift erklärten Willen des
Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen Erbvertrag (§. 602), oder auf
das Gesetz.
§. 534. Die
erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben einander bestehen, so daß
einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Theil aus dem letzten
Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten aus dem Gesetze gebührt.
Unterschied
zwischen Erbschaft und Vermächtniß.
§. 535.
Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen Nachlaß bezieht;
sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung;
eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das Zugedachte, obschon dessen
Werth den größten Theil der Verlassenschaft ausmacht, ein Vermächtniß (Legat),
und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als ein Erbe, sondern nur
als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu betrachten.
Zeitpunct
des Erbanfalles.
§. 536. Das
Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt ein vermeintlicher
Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte Erbrecht auch nicht
auf seinen Erben übertragen können.
§. 537. Hat
der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch vor Uebernahme der
Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine Erben über; wenn es
anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht erloschen war.
Fähigkeit
zu erben.
§. 538. Wer
ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel auch erben. Hat
jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf eine bestimmte
Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des Erbrechtes überhaupt,
oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig geworden.
§. 539. In
wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig sind, bestimmen die
politischen Vorschriften.
Ursachen
der Unfähigkeit.
§. 540. Wer
gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung, die nur vorsätzlich
begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist,
begangen oder seine aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und Kindern sich
ergebenden Pflichten dem Erblasser gegenüber gröblich vernachlässigt hat, ist
so lange des Erbrechts unwürdig, als sich nicht aus den Umständen entnehmen
läßt, daß ihm der Erblasser vergeben habe.
§. 541. Bei
gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen, welcher sich des
Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge berufen,
wenngleich er den Erblasser überlebt hat.
§. 542. Wer
den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen; oder betrüglicher
Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des letzten Willens
gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen unterdrückt
hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für allen einem Dritten
dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§. 543.
Personen, welche des Ehebruches, oder der Blutschande gerichtlich geständig,
oder überwiesen sind, werden unter sich von dem Erbrechte aus einer Erklärung
des letzten Willens ausgeschlossen.
§. 544. In
wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die Kriegsdienste ohne
ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes verlustig werden,
bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach
welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.
§. 545. Die
Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen Erbanfalles bestimmet
werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des Erblassers. (§. 703.)
§. 546.
Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu entziehen, was
ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.
Wirkung der
Annahme der Erbschaft.
§. 547. Der
Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf dieselbe
den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen Dritten für Eine Person
gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft so betrachtet, als
wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.
§. 548.
Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt
hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten Geldstrafen, wozu
der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf den Erben über.
§. 549. Zu
den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die Kosten für das dem
Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen angemessene Begräbniß.
§. 550.
Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechtes für Eine
Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der gerichtlichen
Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer für alle. In
wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in dem
Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
Verzicht
auf das Erbrecht.
§. 551. Wer
über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt, durch Vertrag mit dem
Erblasser im voraus darauf Verzicht zu tun. Der
Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtleistung wirkt,
wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen.
Neuntes
Hauptstück.
Von der
Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.
Erklärung
des letzten Willens.
§. 552. Die
Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen Theil desselben
Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall überläßt, heißt eine
Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse:
I. Innere
Form.
§. 553.
Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt sie Testament;
enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Zutheilung
der Erbschaft:
a) wenn nur
Ein Erbe;
§. 554. Hat
der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil der
Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den ganzen
Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze
bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu.
b) wenn
mehrere ohne Theilung;
§. 555.
Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt worden, so theilen
sie zu gleichen Theilen.
c) wenn
alle in bestimmten Theilen;
§. 556.
Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die aber das Ganze
nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen Nachlasse
berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er in der
Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas übergangen
hätte.
d) wenn
einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.
§. 557.
Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter Theil (z. B. ein
Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes ausgemessen; so
erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.
§. 558.
Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen für den
unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden, daß er
einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht worden
ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem unbestimmt eingesetzten
Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil mit ihnen empfange. In
allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet hat, ist die Theilung auf
eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des Erblassers nach den über das Ganze
erklärten Verhältnissen auf das möglichste erfüllt wird.
Welche
Erben als Eine Person betrachtet werden.
§. 559.
Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen, wovon einige bey
der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person angesehen werden
müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des Erblassers); so werden
sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als Eine Person betrachtet.
Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die Armen) werden immer nur
für Eine Person gerechnet.
Recht des
Zuwachses.
§. 560.
Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem allgemeinen Ausdrucke
einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und es kann, oder will
einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen; so wächst der
erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§. 561.
Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne Bestimmung des
Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem einzelnen, oder
den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§. 562.
Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das Zuwachsrecht.
Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt ein erledigter
Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil eingesetzten,
sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§. 563. Wer
den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit verknüpften Lasten, in
so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des eingesetzten Erben
eingeschränkt sind.
§. 564. Der
Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen Ernennung nicht dem
Ausspruche eines Dritten überlassen.
Die
Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.
§. 565 Der
Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung eines ihm
gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit; mit
Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume
erkläret werden.
Ursachen
der Unfähigkeit zu testiren;
1) Mangel
der Besonnenheit;
§. 566.
Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem die hiefür erforderliche Besonnenheit
ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen Krankheit, einer geistigen
Behinderung oder der Trunkenheit, geschehen sei, so ist sie ungültig.
§. 567. Wenn behauptet wird, daß der Erblasser, welcher den
Gebrauch des Verstandes verloren hatte, zur Zeit der letzten Anordnung bey
voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die Behauptung durch Kunstverständige,
oder durch obrigkeitliche Personen, die den Gemüthszustand des Erblassers genau
erforschten, oder durch andere zuverlässige Beweise außer Zweifel gesetzt
werden.
§. 568. Eine Person, für die ein Sachwalter nach § 273 bestellt
ist, kann, sofern dies gerichtlich angeordnet ist, nur mündlich vor Gericht
oder Notar testieren; dies gilt nicht im Fall des § 597. Das Gericht muss sich
durch eine angemessene Erforschung zu überzeugen suchen, dass die Erklärung des
letzten Willens frei und mit Überlegung geschehe. Die Erklärung muss in ein
Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der Erforschung ergeben hat,
beigerückt werden.
3) unreifes Alter;
§. 569. Unmündige sind zu testieren unfähig. Mündige Minderjährige
können, außer im Fall des § 597, nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren.
§ 568 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend.
4) wesentlicher Irrthum;
§. 570. Ein wesentlicher Irrthum des Erblassers macht die
Anordnung ungültig. Der Irrthum ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person,
welche er bedenken, oder den Gegenstand, welchen er
vermachen wollte, verfehlet hat.
§. 571. Zeigt sich, daß die bedachte Person, oder die vermachte
Sache nur unrichtig benannt, oder beschrieben worden; so ist die Verfügung
gültig.
§. 572. Auch wenn der von dem Erblasser angegebene Beweggrund
falsch befunden wird, bleibt die Verfügung gültig; es wäre denn erweislich, daß
der Wille des Erblassers einzig und allein auf diesem irrigen Beweggrunde
beruht habe.
5) Ordensgelübde;
§. 573. Ordenspersonen sind in der Regel nicht befugt, zu
testiren: allein, wenn der Orden eine besondere Begünstigung, daß seine Glieder
testiren können, erlangt hat; wenn Ordenspersonen die Auflösung von den
Gelübden erhalten haben; wenn sie durch Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder
Klosters aus ihrem Stande getreten sind; oder wenn sie in einem solchen
Verhältnisse angestellt sind, daß sie vermöge der politischen Verordnungen
nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder Klosters angesehen werden,
sondern vollständiges Eigenthum erwerben können; so ist es ihnen erlaubt, durch
Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
6) schwere Criminal-Strafe;
§. 574. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
Zeitpunct der Gültigkeit der Anordnung.
§. 575. Ein rechtsgültig erklärter letzter Wille kann durch später
eintretende Hindernisse seine Gültigkeit nicht verlieren.
§. 576. Einen anfänglich ungültigen letzten Willen macht die
später erfolgte Aufhebung des Hindernisses nicht gültig. Wird in diesem Falle
keine neue Verfügung getroffen; so tritt das gesetzliche Erbrecht ein.
II.) Aeußere Form der Erklärungen des letzten Willens;
§. 577. Man kann außergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich
oder mündlich; schriftlich aber mit, oder ohne Zeugen testiren.
1) der außergerichtlichen schriftlichen;
§. 578. Wer schriftlich, und ohne Zeugen testiren will, der muß
das Testament oder Codicill eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem
Nahmen unterfertigen. Die Beysetzung des Tages, des Jahres, und des Ortes, wo
der letzte Wille errichtet wird, ist zwar nicht nothwendig, aber zur Vermeidung
der Streitigkeiten räthlich.
§. 579. Einen letzten Willen, welchen der Erblasser von einer
anderen Person niederschreiben ließ, muß er eigenhändig unterfertigen. Er muß
ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein
müssen, ausdrücklich erklären, daß der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte.
Endlich müssen sich auch die Zeugen, entweder inwendig oder von außen, immer
aber auf der Urkunde selbst, und nicht etwa auf einem Umschlag, mit einem auf
ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden Zusatz unterschreiben. Den Inhalt des
Testaments hat der Zeuge zu wissen nicht nötig.
§. 580. Ein Erblasser, welcher nicht schreiben kann, muß nebst
Beobachtung der in dem vorigen §. vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der
Unterschrift sein Handzeichen, und zwar in Gegenwart aller drey Zeugen,
eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung eines bleibenden Beweises, wer der
Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß Einer der Zeugen den Nahmen des Erblassers
als Nahmensunterfertiger beysetze.
§. 581. Wenn der Erblasser nicht lesen kann, so muß er den Aufsatz
von einem Zeugen in Gegenwart der anderen zwei Zeugen, die den Inhalt
eingesehen haben, sich vorlesen lassen, und bekräftigen, daß derselbe seinem Willen
gemäß sei. Der Schreiber des letzten Willens kann in allen Fällen zugleich
Zeuge sein, ist aber, wenn der Erblasser nicht lesen kann, von der Vorlesung
des Aufsatzes ausgeschlossen.
§. 582. Eine Verfügung des Erblassers durch Beziehung auf einen
Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur dann von Wirkung, wenn ein solcher
Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer letzten Willenserklärung nöthigen
Erfordernissen versehen ist. Außer dem können dergleichen von dem Erblasser
angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur Erläuterung seines Willens
angewendet werden.
§. 583. In der Regel gilt ein und derselbe Aufsatz nur für Einen
Erblasser. Die Ausnahme in Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von
den Ehe-Pacten enthalten.
§. 584. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 585. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 586. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr.
58.)
2. der gerichtlichen
§. 587. Der Erblasser kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder
mündlich testiren. Die schriftliche Anordnung muß von dem Erblasser wenigstens
eigenhändig unterschrieben seyn, und dem Gerichte persönlich übergeben werden.
Das Gericht hat den Erblasser auf den Umstand, daß seine eigenhändige
Unterschrift beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz
gerichtlich zu versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter
Wille darin enthalten sey. Ueber das Geschäft ist ein
Protokoll aufzunehmen, und der Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines
gerichtlich zu hinterlegen.
§. 588. Will der Erblasser seinen Willen mündlich erklären; so ist
die Erklärung in ein Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem
vorhergehenden §. von dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist,
versiegelt zu hinterlegen.
§. 589. Das Gericht, welches die schriftliche oder mündliche
Erklärung des letzten Willens aufnimmt, muß wenigstens aus zwey eidlich
verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren Einer in dem Orte, wo die
Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht. Die Zeugenschaft der
zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch zwey andere Zeugen
vertreten.
§. 590. Im Notfall können sich die Gerichtspersonen zum Erblasser
begeben, um seinen letzten Willen zu Protokoll zu nehmen.
Unfähige Zeugen bey letzten Anordnungen.
§. 591. Personen unter achtzehn Jahren, Personen, denen auf Grund
einer Behinderung die Fähigkeit fehlt, entsprechend der jeweiligen
Testamentsform den letzten Willen des Erblassers zu bezeugen, sowie diejenigen,
welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten
Anordnungen nicht Zeugen sein.
§. 592. (Anm.: Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 593. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)
§. 594. Ein Erbe oder Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten
Nachlasses kein fähiger Zeuge, und eben so wenig dessen Gatte, Aeltern, Kinder,
Geschwister, oder in eben dem Grade verschwägerte Personen und die besoldeten
Hausgenossen. Die Verfügung muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser
eigenhändig geschrieben; oder, durch drey von den gedachten Personen
verschiedene Zeugen bestätiget werden.
§. 595. Wenn der Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen
schreibt, oder dessen Ehegatten, Kindern, Aeltern, Geschwistern oder in eben
dem Grade verschwägerten Personen einen Nachlaß bestimmt; so muß die Anordnung
auf die im vorgehenden §. erwähnte Art außer Zweifel gesetzt seyn.
§. 596. Was von der Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die
Person des Erblassers außer Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die
gerichtlichen Personen, die einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.
Von den begünstigten letzten Anordnungen.
§. 597. Droht unmittelbar die Gefahr, dass der Erblasser stirbt
oder die Fähigkeit zu testieren verliert, bevor er seinen letzten Willen auf
andere Weise zu erklären vermag, so kann er auch mündlich oder schriftlich (§
579) unter Beiziehung zweier fähiger Zeugen testieren, die zugleich gegenwärtig
sein müssen. Ein so erklärter letzter Wille verliert drei Monate nach Wegfall
der Gefahr seine Gültigkeit.
Eine mündliche letzte Anordnung muss auf Verlangen eines jeden,
dem daran gelegen ist, durch die übereinstimmenden Aussagen der zwei Zeugen
bestätigt werden, widrigenfalls diese Erklärung des letzten Willens ungültig
ist (§ 601).
§. 598. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 599. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr.
58.)
§. 600. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr.
58.)
Ungültigkeit der unförmlichen letzten Anordnungen.
§. 601. Wenn der Erblasser Eines der hier vorgeschriebenen, und
nicht ausdrücklich der bloßen Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht
beobachtet hat; so ist die letzte Willenserklärung ungültig.
Erbverträge sind nur unter Ehegatten gültig.
§. 602. Erbverträge über die ganze Verlassenschaft, oder einen in
Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben, können nur unter Ehegatten
gültig geschlossen werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke
von den Ehe-Pacten enthalten.
Von Schenkungen auf den Todesfall. Beziehung.
§. 603. In wie fern eine Schenkung auf den Todesfall als ein
Vertrag, oder als ein letzter Wille zu betrachten sey, wird in dem Hauptstücke
von den Schenkungen bestimmt.
Zehntes Hauptstück.
Von Nacherben und Fideicommissen.
Gemeine Substitution.
§. 604. Jeder Erblasser kann für den Fall, daß der eingesetzte
Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen; und, wenn auch dieser sie nicht
erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle einen dritten, oder auch noch
mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt eine gemeine Substitution. Der
in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§. 605. Hat der Erblasser aus den bestimmten Fällen, daß der
ernannte Erbe nicht Erbe seyn kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will, nur
Einen ausgedrückt; so ist der andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben.
§. 606. Die dem Erben aufgelegten Lasten werden auch auf den an
seine Stelle tretenden Nacherben ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen
Willen, oder die Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben
eingeschränkt sind.
§. 607. Sind die Miterben allein wechselseitig zu Nacherben
berufen worden; so wird angenommen, daß der Erblasser die in der Einsetzung
ausgemessenen Theile auch auf die Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in
der Substitution, außer den Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der
erledigte Erbtheil Allen zu gleichen Theilen zu.
Fideicommissarische.
§. 608. Der Erblasser kann seinen Erben verpflichten, daß er die
angetretene Erbschaft nach seinem Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem
zweyten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine
fideicommissarische Substitution genannt. Die fideicommissarische Substitution
begreift stillschweigend die gemeine in sich.
In wie fern die Aeltern ihren Kindern substituiren dürfen.
§. 609. Auch die Aeltern können ihren Kindern, selbst in dem
Falle, daß diese zu testiren unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das
sie ihnen hinterlassen, einen Erben oder Nacherben ernennen.
Stillschweigende fideicommissarische Substitution.
§. 610. Hat der Erblasser dem Erben verbothen, über den Nachlaß zu
testiren; so ist es eine fideicommissarische Substitution, und der Erbe muß den
Nachlaß für seine gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth, die Sache zu
veräußern, schließt das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.
Einschränkung der fideicommissarischen Substitution.
§. 611. Die Reihe, in welcher die fideicommissarischen Erben auf
einander folgen sollen, wird, wenn sie Alle Zeitgenossen des Erblassers sind,
gar nicht beschränkt, sie kann sich auf den Dritten, Vierten und noch weiter
ausdehnen.
§. 612. Sind es nicht Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die
zur Zeit des errichteten Testamentes noch nicht geboren sind; so kann sich die
fideicommissarische Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und andere
bewegliche Sachen bis auf den zweyten Grad erstrecken. In Ansehung
unbeweglicher Güter gilt sie nur auf den ersten Grad; doch wird bey Bestimmung
der Grade nur derjenige Nacherbe gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft
gelangt ist.
Rechte des Erben bey einer
fideicommisarischen Substitution.
§. 613. Bis der Fall der fideicommissarischen Substitution
eintritt, kommt den eingesetzten Erben das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit
den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu.
Auslegung der Substitutionen.
§. 614. Ist eine Substitution zweifelhaft ausgedrückt; so ist sie
auf eine solche Art auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über das Eigenthum
zu verfügen, am mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der gemeinen und fideicommissarischen
Substitution.
§. 615. Die gemeine Substitution erlischt, sobald der eingesetzte
Erbe die Erbschaft angetreten hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den
berufenen Nacherben mehr übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie errichtet
worden, aufhört.
Sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, geht
das Recht des fideikommissarischen Erben auch dann auf dessen Erben über (§ 537),
wenn er den Eintritt des Substitutionsfalles nicht erlebt.
§. 616. Ins besondere verliert die einem Testierunfähigen gemachte
fideicommissarische Substitution (§§. 608-609.) ihre Kraft, wenn bewiesen wird,
daß er zur Zeit seiner letzten Anordnung bey voller Besonnenheit war; oder,
wenn ihm das Gericht wegen erlangten Verstandgebrauches die freye Verwaltung
des Vermögens eingeräumt hat; und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er
gleich wegen Rückfalls wieder unter einen Curator gesetzt worden ist, und in
der Zwischenzeit keine letzte Anordnung errichtet hat.
§. 617. Die von einem Erblasser seinem Kinde zur
Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte, gemachte Substitution
erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat.
Fideicommiß.
§. 618. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Hauptarten der Fideicommisse:
§. 619. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 620. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Erbfolge in denselben.
§. 621. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 622. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 623. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 624. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 625. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 626. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bedingungen zur Errichtung eines
Fideicommisses.
§. 627. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Widerruf der Errichtung.
§. 628. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Grundsatz über die Rechte der Anwärter u. des Inhabers des
Fideicommisses.
§. 629. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Besondere Rechte der Anwärter.
§. 630. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Uneingeschränkte Rechte des Inhabers u.
Verbindlichkeiten desselben.
§. 631. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Eingeschränkte Rechte:
a) zur Verzichtung und Verpfändung.
§. 632. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
b) zur Verwandlung, Vertauschung oder
Erbverpachtung des Fideicommiß-Gutes.
§. 633. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 634. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
c) Verschuldung.
§. 635. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bestimmung des zu verschuldenden
Drittheils,
§. 636. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
und des Werthes des Fideicommiß-Gutes.
§. 637. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Art der Rückzahlung.
§. 638. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 639. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Haftung des Nachfolgers für die
Schulden.
§. 640. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 641. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 642. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Theilung der Früchte des letzten
Jahres.
§. 643. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Auflösung,
§. 644. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
oder Erlöschung eines Fideicommisses.
§. 645. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Unterschied eines Fideicommisses von
Stiftungen.
§. 646. Von den Substitutionen und Fideicommissen unterscheiden
sich die Stiftungen, wodurch die Einkünfte von Capitalien, Grundstücken oder
Rechten zu gemeinnützigen Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen,
Kranken- oder Armenhäuser; oder zum Unterhalte gewisser Personen auf alle
folgende Zeiten bestimmt werden. Die Vorschriften über Stiftungen sind in den
politischen Verordnungen enthalten.
Eilftes Hauptstück.
Von Vermächtnissen.
Von wem, wie und wem legiret;
§. 647. Zur Gültigkeit eines Vermächtnisses (§. 535.) ist
nothwendig, daß es von einem fähigen Erblasser, einer Person, die zu erben
fähig ist, durch eine gültige letzte Willenserklärung hinterlassen werde.
§. 648. Der Erblasser kann auch Einem oder mehrern Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in Rücksicht desselben sind
sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung des
Vermächtnisses beschweret werden könne.
§. 649. Die Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in
dem Falle, daß die einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Maß
ihres Erbtheiles zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die
Abführung des Legats einem Miterben, oder auch einem Legatar besonders
auftragen wolle.
§. 650. Ein Legatar kann sich von der vollständigen Erfüllung des
ihm aufgetragenen weitern Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es den Werth des
ihm zugedachten Legats übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat
nicht an; so muß derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen,
oder das ihm zugefallene Vermächtniß dem darauf gewiesenen Vermächtnißnehmer
überlassen.
§. 651. Ein Erblasser, welcher ein Legat einer gewissen Classe von
Personen, als: Verwandten, Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Vertheilung,
welchen aus diesen Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem
Dritten überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt; so bleibt die
Wahl dem Erben vorbehalten.
Substitutionen bey Vermächtnissen.
§. 652. Der Erblasser kann bey einem Vermächtnisse eine gemeine,
oder fideicommissarische Substitution anordnen; dabey sind die in dem vorigen
Hauptstücke gegebenen Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines Vermächtnisses.
§. 653. Alles, was im gemeinen Verkehre steht: Sachen, Rechte,
Arbeiten und andere Handlungen, die einen Werth haben, können vermacht werden.
§. 654. Werden Sachen vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre
stehen, die aber der Legatar zu besitzen für seine Person unfähig ist, so wird
ihm der ordentliche Werth vergütet.
Allgemeine Auslegungsregel bey
Vermächtnissen.
§. 655. Worte werden auch bey Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen
Bedeutung genommen; es müßte denn bewiesen werden, daß der Erblasser mit
gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen besondern Sinn zu verbinden gewohnt
gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über das Vermächtniß:
a) von Sachen einer gewissen Gattung;
§. 656. Hat der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser
Gattung, aber ohne eine nähere Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche
Sachen in der Verlassenschaft vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu. Er muß
aber ein Stück wählen, wovon der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar
überlassen, Eine von den mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so kann er
auch die beste wählen.
§. 657. Wenn der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser
Gattung ausdrücklich nur aus seinem Eigenthume vermacht hat, und es finden sich
dergleichen gar nicht in der Verlassenschaft; so verliert das Vermächtniß seine
Wirkung. Finden sie sich nicht in der verordneten Menge; so muß sich der
Legatar mit den vorhandenen begnügen.
§. 658. Vermacht der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von
gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus seinem Eigenthume, und es finden sich
dergleichen nicht in der Verlassenschaft; so muß der Erbe sie dem Legatar in
einer, dessen Stande und Bedürfnissen angemessenen, Eigenschaft verschaffen.
Das Legat einer Summe Geldes verbindet den Erben zur Zahlung derselben, ohne
Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft vorhanden sey oder nicht.
§. 659. Der Erblasser kann die Auswahl, welche Sache aus mehrern
der Legatar haben soll, auch einem Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus
oder ist er vor getroffener Auswahl gestorben; so bestimmt die Gerichtsbehörde
das Legat mit Rücksicht auf den Stand und das Bedürfniß des Legatars. Diese
gerichtliche Bestimmung tritt auch in dem Falle ein, daß der Legatar vor der
ihm überlassenen Auswahl verstorben ist.
b) das Vermächtniß einer bestimmten Sache;
§. 660. Das Vermächtniß einer bestimmten Sache kann von dem
Legatar, wenn es in Einer oder in verschiedenen Anordnungen wiederhohlt wird,
nicht zugleich in Natur, und dem Werthe nach verlangt werden. Andere
Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der nähmlichen Art oder den nähmlichen
Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so oft, als sie wiederhohlt worden sind.
§. 661. Das Vermächtniß ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück
zur Zeit der letzten Anordnung schon ein Eigenthum des Legatars war. Hat er es
später an sich gebracht; so wird ihm der ordentliche Werth bezahlt. Wenn er es
aber von dem Erblasser selbst und zwar unentgeldlich erhalten hat, ist das
Vermächtniß für aufgehoben zu halten.
c) einer fremden Sache;
§. 662. Das Vermächtniß einer fremden Sache, die weder dem
Erblasser, noch dem Erben oder Legatar, welcher sie einem Dritten leisten soll,
gehört, ist wirkungslos. Gebührt den erwähnten Personen ein Antheil oder
Anspruch an der Sache; so ist das Vermächtniß nur von
diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die vermachte Sache verpfändet
oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die darauf haftenden Lasten.
Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß eine bestimmte fremde Sache
gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle, der Eigenthümer hingegen sie
um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so ist dem Legatar dieser Werth zu
entrichten.
d) einer Forderung;
§. 663. Das Vermächtniß einer Forderung, die der Erblasser an den
Legatar zu machen hat, verpflichtet den Erben, den Schuldschein
zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung von der Schuld und den
rückständigen Zinsen auszufertigen.
§. 664. Vermacht der Erblasser jemanden eine Forderung, die er an
einen Dritten zu stellen hat; so muß der Erbe die Forderung sammt den
rückständigen und weiter laufenden Zinsen dem Legatar überlassen.
§. 665. Das Vermächtniß der Schuld, die der Erblasser dem Legatar
zu entrichten hat, hat die Wirkung, daß der Erbe die von dem Erblasser bestimmt
ausgedrückte, oder von dem Legatar ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie,
ohne Rücksicht auf die in der Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder
Fristen, längstens in der zur Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist
berichtigen muß. Den gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen
Anerkennung nicht zum Nachtheile gereichen.
§. 666. Die Erlassung der Schuld ist nur von den gegenwärtigen,
nicht auch von den erst nach dem errichteten Vermächtnisse entstandenen
Schulden zu verstehen. Wird durch ein Vermächtniß das
Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus nicht, daß auch die
Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen verlängert; so müssen
doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§. 667. Wenn der Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und
ihr eine gleiche Summe vermacht; so wird nicht vermuthet, daß er die Schuld mit
dem Vermächtnisse habe tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die
Summe doppelt; ein Mahl als Schuld, und dann als Vermächtniß.
§. 668. Unter dem Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen
sind doch weder die Forderungen aus öffentlichen Credits-Papieren, noch auch
die auf einem unbeweglichen Gute haftenden Capitalien, oder die aus einem
dinglichen Rechte entstehenden Forderungen begriffen.
e) des Heirathsgutes;
§. 669. Das Heirathsgut kann vermacht werden, entweder um den
Gatten von der Zurückzahlung desselben zu befreyen; oder, um den Erben zu
verpflichten, daß er der Gattinn die als Heirathsgut eingebrachte Summe oder
Sache ohne Beweis, und ohne Abzug der darauf verwendeten Kosten abführe. Hier
gelten die für andere vermachte Forderungen gegebenen Vorschriften.
§. 670. Vermacht der Erblasser einer dritten Person ein
unbestimmtes Heiratsgut, so versteht man darunter, ohne Rücksicht auf ihr
eigenes Vermögen, ein solches Heiratsgut, das die Eltern dieser Person zu geben
schuldig wären, wenn sie ein ihren Lebensverhältnissen entsprechendes
durchschnittliches Vermögen hätten.
§. 671. Vermachen Aeltern den Töchtern ein Heirathsgut; so wird
dasselbe, wofern es nicht ausdrücklich als ein Vorausvermächtniß erkläret worden, in den gesetzlichen oder letztwilligen
Erbtheil eingerechnet.
f) des Unterhaltes; der Erziehung; oder Kost;
§. 672. Das Vermächtniß des Unterhaltes begreift Nahrung,
Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse, und zwar auf lebenslang, wie
auch den nöthigen Unterricht in sich. Alles dieses wird auch unter Erziehung
verstanden. Die Erziehung endigt sich mit der Volljährigkeit. Unter Kost wird
Speise und Trank auf lebenslang begriffen.
§. 673. Das Maß der im vorstehenden §. angeführten Vemächtnisse,
wenn es weder aus dem ausdrücklichen, noch aus dem stillschweigenden, durch die
bisherige Unterstützung erklärten Willen des Erblassers erhellet, muß nach dem
Stande bestimmt werden, welcher dem Legatar eigen ist, oder, wozu er durch die
genossene Verpflegung vorbereitet worden ist.
g) der Mobilien; des Hausrathes;
§. 674. Unter Mobilien (Meublen) werden nur die zum anständigen
Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath oder Einrichtung zugleich die zur Führung
der Haushaltung erforderlichen Geräthschaften verstanden. Die Werkzeuge zum
Betriebe der Gewerbes sind, ohne eine deutlichere
Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses;
§. 675. Ist jemanden ein Behältniß vermacht worden, welches nicht
für sich selbst bestehet, sondern nur ein Theil eines Ganzen ist; so wird in
der Regel vermuthet, daß nur diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche
sich bey dem Ableben des Erblassers darin vorfinden, und zu deren Aufbewahrung
das Behältniß seiner Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser gewöhnlich
verwendet worden ist.
§. 676. Ist hingegen das Behältniß beweglich, oder doch eine für
sich bestehende Sache; so hat der Legatar nur auf das Behältniß, nicht auch auf
die darin befindlichen Sachen Anspruch.
§. 677. Wird ein Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen
darin befindlichen Sachen vermacht; so rechnet man dazu auch Gold und Silber,
Schmuck und bares Geld, selbst die vom Legatar dem Erblasser ausgestellten
Schuldscheine. Andere Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich Forderungen und
Rechte des Erblassers gründen, werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich außer
denselben nichts in dem Behältnisse befindet. Zu einem
Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch die zu ihrer Verführung bestimmten
Gefäße.
i) der Juwelen, des Schmuckes und Putzes;
§. 678. Unter Juwelen werden in der Regel nur Edelsteine und gute
Perlen; unter Schmuck auch die unechten Steine, und das aus Gold oder Silber
verfertigte oder damit überzogene Geschmeide, welches zur Zierde der Person
dient; und unter Putz dasjenige verstanden, was außer Schmuck, Geschmeide und
Kleidungsstücken zur Verzierung der Person gebraucht wird.
k) des Goldes oder Silbers; der Wäsche; Equipage;
§. 679. Das Vermächtniß des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete
und unverarbeitete, doch nicht das gemünzte noch auch dasjenige in sich, was
nur ein Theil oder eine Verzierung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B.
einer Uhr oder Dose, ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen
werden nicht zur Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die
zur Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu
gehörigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.
l) der Barschaft;
§. 680. Zur Barschaft gehören auch jene öffentlichen
Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe die Stelle des baren Geldes
vertreten.
m) Ueber die Benennung: Kinder;
§. 681. Unter dem Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die
Kinder eines Andern bedenkt, nur die Söhne und Töchter: wenn er aber seine
eigenen Kinder bedenkt, auch die an deren Stelle tretenden Nachkömmlinge
begriffen, welche bey dem Ableben des Erblassers schon erzeugt waren.
n) Verwandte;
§. 682. Ein ohne nähere Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes
Vermächtniß wird denjenigen, welche nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten
sind, zugewendet, und die oben in dem §. 559. über die Vertheilung einer
Erbschaft unter solchen Personen, welche für eine Person angesehen werden,
aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse anzuwenden.
o) Dienstpersonen.
§. 683. Hat der Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtniß
hinterlassen, und sie bloß durch das Dienstverhältniß bezeichnet; so wird
vermuthet, daß es diejenigen erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens
in dem Dienstverhältnisse stehen. Doch kann in diesem, so wie in den übrigen
Fällen, die Vermuthung durch entgegengesetzte stärkere Vermuthungsgründe
aufgehoben werden.
Anfallstag bey den Vermächtnissen.
§. 684. Der Legatar erwirbt in der Regel (§. 699.) gleich nach dem
Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf das
Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die vermachte Sache aber kann nur nach den
für die Erwerbung des Eigenthumes in dem fünften Hauptstücke aufgestellten
Vorschriften erlanget werden.
Zahlungstag.
§. 685. Das Vermächtniß einzelner Verlassenschaftsstücke und
darauf sich beziehender Rechte, kleine Belohnungen des Dienstgesindes, und
fromme Vermächtnisse können sogleich; andere aber erst nach einem Jahre, von
dem Tode des Erblassers, gefordert werden.
§. 686. Bey dem Vermächtnisse eines einzelnen
Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch die seit dem Tode des
Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und jeder andere Zuwachs zu
Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate haftende Lasten und selbst
den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern vermindert wird, oder
gänzlich zu Grunde geht.
§. 687. Wird jemanden ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle
Jahre, Monathe und dergleichen zu leistender Betrag vermacht; so erhält der
Legatar ein Recht auf den ganzen Betrag dieser Frist, wenn er auch nur den
Anfang der Frist erlebt hat. Doch kann der Betrag erst mit Ablauf der Frist
gefordert werden. Die erste Frist fängt mit dem Sterbetage des Erblassers zu
laufen an.
Recht des Legatars zur Sicherstellung.
§. 688. In allen Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem
Schuldner Sicherstellung zu fordern berechtigt ist; kann auch ein Legatar die
Sicherstellung seines Legates verlangen. Wie die Einverleibung eines
Vermächtnisses, zur Begründung eines dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist
oben §. 437. vorgeschrieben worden.
Wem ein erledigtes Vermächtniß zufalle?
§. 689. Ein Vermächtniß, welches der Legatar nicht annehmen kann oder
will, fällt auf den Nachberufenen. (§. 652). Ist kein Nachberufener vorhanden,
und ist das ganze Vermächtniß mehrern Personen ungetheilt oder ausdrücklich zu
gleichen Theilen zugedacht; so wächst der Antheil, den einer von ihnen nicht
erhält, den übrigen eben so, wie den Miterben die Erbschaft zu. Außer den
gedachten zwey Fällen bleibt das erledigte Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.
Recht des Erben, wenn die Lasten die Masse erschöpfen;
§. 690. Wenn die ganze Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist;
so hat der Erbe nichts weiter, als die Vergütung seiner zum Besten der Masse
gemachten Auslagen und eine seinen Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern.
Will er den Nachlaß nicht selbst verwalten; so muß er um die Aufstellung eines
Curators anlangen.
§. 691. Können nicht alle Legatare aus der Verlassenschafts-Masse
befriediget werden; so wird das Legat des Unterhaltes vor allen andern
entrichtet, und dem Legatar gebührt der Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.
oder gar übersteigen.
§. 692. Reicht die Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden,
anderer pflichtmäßigen Auslagen, und zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht
zu; so leiden die Legatare einen verhältnißmäßigen Abzug. Daher ist der Erbe,
so lange eine solche Gefahr obwaltet, die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu
berichtigen nicht schuldig.
§. 693. Im Falle aber, daß die Legatare die Vermächtnisse bereits
empfangen haben, wird der Abzug nach dem Werthe, den das Vermächtniß zur Zeit
des Empfanges hatte, und den daraus gezogenen Nutzungen bestimmt. Doch steht
dem Legatar auch nach empfangenem Vermächtnisse noch immer frey, zur Vermeidung
des Beytrages, das Vermächtniß, oder den oben erwähnten Werth und die bezogenen
Nutzungen in die Masse zurückzustellen; in Rücksicht der Verbesserungen und
Verschlimmerungen wird er als ein redlicher Besitzer behandelt.
Von den gesetzlichen Beyträgen zu öffentlichen Anstalten.
§. 694. Die Beyträge, welche ein Erblasser nach den politischen
Vorschriften zur Unterstützung der Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des
öffentlichen Unterrichtes in dem Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als
Vermächtnisse anzusehen; sie sind eine Staatsauflage, müssen selbst von den
gesetzlichen Erben entrichtet, und können nicht nach den Grundsätzen des
Privat-Rechtes, sondern nur nach den politischen Verordnungen beurtheilt
werden.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens.
Recht des Erblassers zur Einschränkung oder Aenderung seines
letzten Willens.
§. 695. Der Erblasser kann seine Anordnung auf eine Bedingung; auf
einen Zeitpunct; durch einen Auftrag; oder, eine erklärte Absicht einschränken.
Er kann auch sein Testament oder Codicill abändern, oder es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung des letzten Willens:
1) Bedingung.
§. 696. Eine Bedingung heißt eine Ereignung, wovon ein Recht
abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je nachdem
sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg der Ereignung bezieht. Sie ist
aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner
Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das zugedachte Recht bey ihrem Eintritte
verloren geht.
Vorschriften:
a) über unverständliche;
§. 697. Ganz unverständliche Bedingungen sind für nicht beygesetzt
zu achten.
b) unmögliche oder unerlaubte;
§. 698. Die Anordnung, wodurch jemanden unter einer aufschiebenden
unmöglichen Bedingung ein Recht ertheilt wird, ist ungültig, obschon die
Erfüllung der Bedingung erst in der Folge unmöglich, und die Unmöglichkeit den
Erblasser bekannt geworden wäre. Eine auflösende
unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles dieses gilt
auch von den unerlaubten Bedingungen.
c) mögliche und erlaubte Bedingungen;
§. 699. Sind die Bedingungen möglich und erlaubt; so kann das
davon abhängende Recht nur durch ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie
mögen vom Zufalle, von dem Willen des bedachten Erben, Legatars, oder eines
Dritten abhängen.
d) Bedingung der Nichtverehelichung;
§. 700. Die Bedingung, daß der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach
erreichter Volljährigkeit, nicht verehelichen solle, ist als nicht beygesetzt
anzusehen. Nur eine verwitwete Person muß, wenn sie Ein oder mehrere Kinder
hat, die Bedingung erfüllen. Die Bedingung, daß der Erbe oder Legatar eine
bestimmte Person nicht heirathe, kann gültig auferlegt werden.
e) wenn die Bedingung bey dem Leben des Erblassers erfüllet
worden.
§. 701. Ist die in der letzten Willenserklärung vorgeschriebene
Bedingung schon bey dem Leben des Erblassers eingetroffen; so muß die Erfüllung
derselben nach dem Tode des Erblassers nur dann wiederhohlt werden, wenn die
Bedingung in einer Handlung des Erben oder Legatars besteht, welche von ihm
wiederhohlt werden kann.
Ob die Bedingung auch auf die Nachberufenen auszudehnen sey.
§. 702. Eine dem Erben oder Legatar beygerückte Bedingung ist,
ohne ausdrückliche Erklärung des Erblassers, auf den von dem Erblasser
nachberufenen Erben oder Legatar nicht auszudehnen.
Wirkung einer möglichen aufschiebenden Bedingung.
§. 703. Zur Erwerbung eines unter einer aufschiebenden Bedingung
zugedachten Nachlasses ist nothwendig, daß die bedachte Person die Erfüllung
der Bedingung überlebe, und bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.
2) Zeitpunct.
§. 704. Ist es ungewiß, ob der Zeitpunct, auf welchen der
Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt, kommen oder nicht kommen werde;
so wird diese Einschränkung als eine Bedingung angesehen.
§. 705. Ist der Zeitpunct von der Art, daß er kommen muß; so wird
das zugedachte Recht, wie andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der
bedachten Person übertragen, und nur die Uebergabe bis zum gesetzten Termine
verschoben.
§. 706. Wäre es offenbar, daß die in der letzten Anordnung
ausgemessene Zeit nie kommen könne; so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die
Beysetzung einer unmöglichen Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, daß der
Erblasser wahrscheinlich bloß in der Berechnung der Zeit sich geirret hat, wird
der Zeitpunct nach dem wahrscheinlichen Willen des Erblasser
zu bestimmen seyn.
Rechtsverhältniß bey einer Bedingung oder einem Zeitpuncte
zwischen der bedachten und ihr nachfolgenden Person.
§. 707. So lange das Recht des Erben oder des Legatars wegen einer
noch nicht erfüllten Bedingung, oder wegen des noch nicht gekommenen
Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange finden im ersten Falle zwischen dem
gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im zweyten Falle zwischen dem Erben
und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen Besitz und Genuß des Nachlasses
oder Legates, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie bey einer
fideicommissarischen Substitution, Statt.
§. 708. Wer eine Erbschaft oder ein Vermächtniß unter einer
verneinenden oder auflösenden Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit
erhält, hat gegen den, welchem die Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym
Eintritte der Bedingung, oder des bestimmten Zeitpunctes zufällt, die
nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, welche einem Erben oder Legatar gegen
den fideicommissarischen Substituten zukommen (§. 613).
3) Auftrag.
§. 709. Hat der Erblasser jemanden einen Nachlaß unter einem
Auftrage zugewendet; so ist dieser Auftrag als eine auflösende Bedingung
anzusehen, daß durch die Nichterfüllung des Auftrages der Nachlaß verwirkt
werden solle (§. 696).
§. 710. In dem Falle, daß der Auftrag nicht genau erfüllet werden
kann, muß man demselben wenigstens nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann
auch dieses nicht geschehen; so behält doch der Belastete, wofern aus dem
Willen des Erblassers nicht das Gegentheil erhellet, den zugedachten Nachlaß.
Wer sich zur Erfüllung des Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm
zugedachten Nachlasses verlustig.
§. 711. Wenn der Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlaß
bestimmt, zwar ausgedrückt, aber nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die
bedachte Person nicht angehalten werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu
verwenden.
§. 712. Die Anordnung, wodurch der Erblasser seinem Erben eine
unmögliche oder unerlaubte Handlung mit dem Beysatze aufträgt, daß er, wofern
er den Auftrag nicht befolgte, einem Dritten ein Legat entrichten
soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung einer
neuen Anordnung; eines Testamentes;
§. 713. Ein früheres Testament wird durch ein späteres gültiges
Testament nicht nur in Rücksicht der Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht
der übrigen Anordnungen aufgehoben; dafern der Erblasser in dem letztern nicht
deutlich zu erkennen gibt, daß das frühere ganz oder zum Theil bestehen solle.
Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn in dem spätern Testamente der Erbe nur zu
einem Theile der Erbschaft berufen wird. Der übrig bleibende Theil fällt nicht
den in dem frühern Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.
oder Codicills;
§. 714. Durch ein späteres Codicill, deren mehrere neben einander
bestehen können, werden frühere Vermächtnisse oder Codicille nur in so fern
aufgehoben, als sie mit demselben im Widerspruche stehen.
§. 715. Kann man nicht entscheiden, welches Testament oder
Codicill das spätere sey; so gelten, in so fern sie neben einander bestehen
können, beyde, und es kommen die im Hauptstück von der Gemeinschaft des
Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
ungeachtet der früher erklärten Unabänderlichkeit.
§. 716. Der in einem Testament oder Kodizill angehängte Beisatz:
daß jede spätere Anordnung überhaupt, oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten
Merkmale bezeichnet ist, null und nichtig sein solle, ist als nicht beigesetzt
anzusehen.
2) durch Widerruf;
§. 717. Will der Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine
neue zu errichten; so muß er sie ausdrücklich entweder mündlich, oder
schriftlich widerrufen, oder die Urkunde vertilgen.
§. 718. Der Widerruf kann nur in einem solchen Zustande gültig
geschehen, worin man einen letzten Willen zu erklären fähig ist.
a) einen ausdrücklichen;
§. 719. Ein mündlicher Widerruf einer gerichtlichen oder
außergerichtlichen letzten Anordnung erfordert so viele und solche Zeugen, als
zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher
aber, eine von dem Erblasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder
wenigstens von ihm und den zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen
Zeugen unterfertigte Erklärung.
§. 720. Eine Anordnung des Erblassers, wodurch er dem Erben oder
Legatar unter angedrohter Entziehung eines Vortheiles verbiethet, den letzten
Willen zu bestreiten, soll für den Fall, daß nur die Echtheit oder der Sinn der
Erklärung angefochten wird, nie von einer Wirkung seyn.
b) stillschweigenden;
§. 721. Wer in seinem Testamente oder Codicille die Unterschrift
durchschneidet; sie durchstreicht; oder, den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt
es. Wenn von mehreren gleichlautenden Urkunden nur Eine vertilgt worden; so
kann man daraus auf keinen Widerruf schließen.
§. 722. Sind die gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig
geschehen; oder, ist die Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte
Wille seine Wirkung nicht; wenn anders der Zufall und der Inhalt der Urkunde
erwiesen wird.
§. 723. Hat ein Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die
frühere schriftliche Anordnung aber unversehrt gelassen; so kommt die frühere
schriftliche wieder zur Kraft. Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch
nicht wieder auf.
oder c) vermutheten.
§. 724. Ein Legat wird für widerrufen angesehen, wenn der
Erblasser die vermachte Forderung eingetrieben und erhoben; wenn er die
jemanden zugedachte Sache veräußert, und nicht wieder zurück erhalten; oder
wenn er sie auf eine solche Art in eine andere verwandelt hat, daß die Sache
ihre vorige Gestalt und ihren vorigen Rahmen verliert.
§. 725. Wenn aber der Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe
berichtiget hat; wenn die Veräußerung des Legats auf gerichtliche Anordnung
geschehen; wenn die Sache ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden
ist; so besteht das Legat.
3) durch Entsagung der Erben.
§. 726. Will oder kann weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die
Verlassenschaft annehmen; so fällt das Erbrecht auf die gesetzlichen Erben.
Diese sind aber verpflichtet, die übrigen Verfügungen des Erblassers zu
befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so werden die Legatare
verhältnißmäßig als Erben betrachtet.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen Erbfolge.
Fälle der gesetzlichen Erbfolge.
§. 727. Wenn der Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten
Willens hinterlassen; wenn er in derselben nicht über sein ganzen Vermögen
verfüget; wenn er die Personen, denen er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu
hinterlassen schuldig war, nicht gehörig bedacht hat; oder, wenn die
eingesetzten Erben die Erbschaft nicht annehmen können oder wollen; so findet
die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum Theile Statt.
§. 728. In Ermangelung einer gültigen Erklärung des letzten
Willens fällt die ganze Verlassenschaft des Verstorbenen den gesetzlichen Erben
zu. Ist aber eine gültige Erklärung des letzten Willens vorhanden; so kommt
ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in derselben Niemanden zugedacht ist.
Vorschrift für den Fall des verkürzten Pflichttheiles.
§. 729. Ist eine Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze
einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung
verkürzt worden; so kann sie sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und
den nach Maßgabe des folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbtheil
gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben
§. 730. Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und diejenigen
Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind.
I. Gesetzliches Erbrecht der Verwandten
§. 731. Zur ersten Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem
Erblasser, als ihrem Stamme, vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre
Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie gehören des Erblassers Vater und Mutter samt
denjenigen, die sich mit ihm unter Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine
Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie gehören die Großeltern samt den Geschwistern der
Eltern und ihren Nachkömmlingen.
Von der vierten Linie sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern
zur Erbfolge berufen.
1. Linie: Die Kinder;
§. 732. Wenn der Erblasser Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen
die ganze Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie
mögen bey Lebzeiten des Erblassers oder nach seinem Tode geboren seyn. Mehrere
Kinder theilen die Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche
Theile. Enkel von noch lebenden Kindern, und Urenkel von noch lebenden Enkeln
haben kein Recht zur Erbfolge.
§. 733. Ist ein Kind des
Erblassers vor ihm gestorben, und sind von demselben Ein oder mehrere Enkel
vorhanden; so fällt der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte,
diesem nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu gleichen Theilen
zu. Ist von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat Urenkel
nachgelassen; so wird auf die nähmliche Art der Antheil des verstorbenen Enkels
unter die Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere
Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig nach der eben
gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§. 734. Auf diese Art wird
eine Erbschaft nicht nur dann getheilet, wenn Enkel von verstorbenen Kindern
mit noch lebenden Kindern, oder entferntere Nachkömmlinge mit nähern
Nachkömmlingen des Erblassers zusammentreffen; sondern auch dann, wenn die
Erbschaft bloß zwischen Enkeln von verschiedenen Kindern; oder zwischen
Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu theilen ist. Es können also die von jedem
Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem Enkel nachgelassenen Urenkel,
ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr und nie weniger erhalten, als das
verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten hätten, wenn sie am Leben
geblieben wären.
2. Linie: Die Aeltern und ihre Nachkömmlinge:
§. 735. Ist Niemand vorhanden, der von dem Erblasser selbst
abstammt; so fällt die Erbschaft auf diejenigen, die mit ihm durch die zweyte
Linie verwandt sind, nähmlich: auf seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge. Leben
noch beyde Aeltern; so gebührt ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Theilen.
Ist Eines dieser Aeltern verstorben; so treten dessen nachgelassene Kinder oder
Nachkömmlinge in sein Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen
gebührt hätte, unter sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche in den §§.
732-734 wegen Theilung der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern
Nachkömmlingen des Erblassers festgesetzt worden sind.
§. 736. Wenn beyde Aeltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene
Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine
hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber,
welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge nach
den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen Aeltern keine andere als von ihnen
gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder derselben Nachkömmlinge vorhanden; so
theilen sie die beyden Hälften unter sich gleich. Sind aber außer diesen noch
Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter, oder von einem und der
andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind; so erhalten die von dem Vater
und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge sowohl
an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden, mit den
einseitigen Geschwistern gleichen Antheil.
§. 737. Wenn Eines der verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder,
noch Nachkömmlinge hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern
noch lebenden Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so
wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den
bereits angeführten Grundsätzen vertheilet.
3. Linie: Die Großältern und ihre
Nachkommenschaft.
§. 738. Sind die Aeltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so
kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nähmlich: auf des Erblassers
Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwey gleiche
Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den Aeltern des Vaters und ihren
Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.
§. 739. Jede dieser Hälften wird unter den Großältern der einen und der
anderen Seite, wenn sie beyde noch leben, gleich getheilt. Ist eines der
Großältern, oder sind beyde von der einen oder anderen Seite gestorben; so wird
die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen
dieser Großältern nach jenen Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten
Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern
des Erblassers getheilt werden muß. (§§. 735-737.)
§. 740. Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde
Großältern verstorben, und weder von dem Großvater, noch von der Großmutter
dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch
lebenden Großältern, oder, nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern
und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.
Vierte Linie: Die Urgroßeltern.
§. 741. Nach gänzlicher Erlöschung der
dritten Linie sind die Urgroßeltern des Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge
berufen. Auf die Großeltern des Vaters des Erblassers entfällt die eine Hälfte
der Erbschaft, auf die Großeltern der Mutter die andere Hälfte. In jede Hälfte
der Erbschaft teilen sich die beiden Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist
ein Teil eines Großelternpaares nicht vorhanden, so fällt das auf diesen Teil
entfallende Achtel der Erbschaft an den überlebenden Teil dieses
Großelternpaares. Fehlt ein Großelternpaar, so ist zu seinem Viertel das andere
Großelternpaar desselben Elternteiles des Erblassers berufen.
Fehlen die Großelternpaare des einen
Elternteiles des Erblassers, so sind zu der auf sie entfallenden Nachlaßhälfte
die Großelternpaare des anderen Elternteiles in demselben Ausmaß wie zu der
ihnen unmittelbar zufallenden Nachlaßhälfte berufen.
§. 742. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 743. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
5. Linie: Die zweyten Urgroßältern und
ihre Nachkömmlinge.
§. 744. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 745. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 746. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 747. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
6. Linie: Die dritten Urgroßältern u.
ihre Nachkommenschaft.
§. 748. (Anm.: Aufgehoben durch § 62,
RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 749. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl
1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 750. Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt
ist; so genießt er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem
Verwandten von dieser Seite ins besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)
Ausschließung der entferntern Verwandten.
§. 751. Auf diese vier Linien der
Verwandtschaft wird das Recht der Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen
Vermögens eingeschränkt.
§. 752. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 753. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1,
Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 754. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1,
Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1,
Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1,
Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 756. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1,
Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
II. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
§. 757. Der Ehegatte des Erblassers ist
neben Kindern des Erblassers und deren Nachkommen zu einem Drittel des
Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern des Erblassers oder neben Großeltern
zu zwei Dritteln des Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern
Nachkommen verstorbener Großeltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte
von dem restlichen Drittel des Nachlasses den Teil, der den Nachkommen der
verstorbenen Großeltern zufallen würde. Gleiches gilt für jene Erbteile, die
den Nachkommen verstorbener Geschwister zufallen würden. In den übrigen Fällen
erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass.
In den Erbteil des Ehegatten ist alles
einzurechnen, was dieser durch Ehepakt oder Erbvertrag aus dem Vermögen des
Erblassers erhält.
§. 758. Sofern der Ehegatte nicht
rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis
das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum ehelichen Haushalt
gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen Fortführung entsprechend
den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind.
§. 759. Ein aus seinem Verschulden
geschiedener Ehegatte hat kein gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf
das gesetzliche Vorausvermächtnis.
Das gesetzliche Erbrecht und der Anspruch auf das gesetzliche
Vorausvermächtnis ist dem überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der
Erblasser zur Zeit seines Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe gemäß dem
Ehegesetz vom 6. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 807) zu klagen berechtigt war
und die Klage erhoben hatte, sofern im Falle der Scheidung oder Aufhebung der
Ehegatte als schuldig anzusehen wäre.
Erblose Verlassenschaft.
§. 760. Wenn kein zur Erbfolge
Berechtigter vorhanden ist oder wenn niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die
Verlassenschaft als ein erbloses Gut dem Staate anheim.
Abweichungen von der allgemeinen Erbfolgeordnung.
§. 761. Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten
gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter, und die Verlassenschaft
geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder
Erbtheil.
Welchen Personen als Notherben ein Pflichttheil gebühre.
§. 762. Die Personen, die der Erblasser in der letzten Anordnung
bedenken muß, sind seine Kinder, in Ermangelung solcher seine Eltern, und der
Ehegatte.
§. 763. Unter dem Nahmen Kinder werden nach der allgemeinen Regeln
(§. 42.) auch Enkel und Urenkel; und unter dem Nahmen Aeltern alle Großältern
begriffen. Es findet hier zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte;
zwischen ehelicher und unehelicher Geburt kein Unterschied Statt, sobald für
diese Person das Recht und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten
würde.
§. 764. Der Erbtheil, welchen diese Personen zu fordern berechtigt
sind, heißt: Pflichttheil; sie selbst werden in dieser Rücksicht Notherben
genannt.
In welchem Betrage,
§. 765. Als Pflichtteil gebührt jedem Kind und dem Ehegatten die
Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§. 766. In der aufsteigenden Linie gebührt jedem Notherben als
Pflichttheil ein Drittheil dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge
erhalten haben würde.
und unter was für Beschränkungen.
§. 767. Wer auf das Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den
in dem achten Hauptstücke enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte
ausgeschlossen wird; oder von dem Erblasser rechtmäßig enterbet worden ist; hat
auf einen Pflichttheil einen Anspruch, und wird bey der Ausmessung desselben so
betrachtet, als wenn er gar nicht vorhanden wäre.
Eine Pflichtteilsminderung nach § 773a erhöht den Pflichtteil der
übrigen Noterben nicht.
Erfordernisse einer rechtmäßigen Enterbung.
§. 768. Ein Kind kann enterbt werden:
1) (Anm.: Aufgehoben durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)
2) wenn es den Erblasser im Nothstande hülflos gelassen hat;
3) wenn es wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer
Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe
verurteilt worden ist;
4) wenn es eine gegen die öffentliche Sittlichkeit anstößige
Lebensart beharrlich führet.
§. 769. Aus den gleichen Gründen können auch der Ehegatte und die
Eltern enterbt werden; der Ehegatte außerdem dann, wenn er seine
Beistandspflicht gröblich vernachlässigt hat.
§. 770. Ueberhaupt kann einem Notherben auch solcher Handlungen
wegen, die einen Erben nach den §§. 540-542. des Erbrechtes unwürdig machen, durch
die letzte Willenserklärung der Pflichttheil entzogen werden.
§. 771. Die Enterbungsursache muß immer, sie mag von dem Erblasser
ausgedrückt seyn oder nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten,
und dem Sinne des Gesetzes gegründet seyn.
§. 772. Die Enterbung wird nur durch einen ausdrücklichen in der
gesetzlichen Form erklärten Widerruf aufgehoben.
§. 773. Wenn bey einem sehr verschuldeten oder verschwenderischen
Notherben das wahrscheinliche Besorgniß obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichttheil
ganz oder größten Theils seinen Kindern entgehen würde; so kann ihm der
Pflichttheil von dem Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, daß
solcher den Kindern des Notherben zugewendet werde.
Pflichtteilsminderung
§. 773a. Standen der Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte zu
keiner Zeit in einem Naheverhältnis, wie es in der Familie zwischen solchen
Verwandten gewöhnlich besteht, so kann der Erblasser den Pflichtteil auf die
Hälfte mindern.
Die §§ 771 und 772 gelten sinngemäß für die Pflichtteilsminderung.
Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht nicht zu, wenn der
Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem
Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt hat.
Wie der Pflichttheil zu hinterlassen.
§. 774. Der Pflichttheil kann in Gestalt eines Erbtheiles oder
Vermächtnisses, auch ohne ausdrückliche Benennung des Pflichttheiles
hinterlassen werden. Er muß aber dem Notherben ganz frey bleiben. Jede
denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig. Wird dem
Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so kann sie nur auf den Theil,
welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen werden.
Rechtsmittel des Notherben:
a) bey einer widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem
Pflichttheile;
§. 775. Ein Notherbe, welcher ohne die in den §§. 768-773
vorgeschriebenen Bedingungen enterbt worden, kann den ihm gebührenden vollen
Pflichttheil; und, wenn er in dem reinen Betrage des Pflichttheils verkürzt
worden ist, die Ergänzung desselben fordern.
b) bey einer gänzlichen Uebergehung.
§. 776. Wenn aus mehrern Kindern, deren Daseyn dem Erblasser
bekannt war, Eines ganz mit Stillschweigen übergangen wird; so kann es
ebenfalls nur den Pflichttheil fordern.
§. 777. Wenn aber aus den Umständen erwiesen werden kann, daß die
Uebergehung Eines aus mehrern Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das
Daseyn desselben unbekannt war, so ist der Uebergangene nicht schuldig, sich
mit dem Pflichttheile zu begnügen; sondern er kann den Erbtheil, welcher für
den am mindesten begünstigten Notherben ausfällt; wofern aber der einzige noch
übrige Notherbe eingesetzt wird, oder alle übrige zu gleichen Theilen berufen
sind, einen gleichen Erbtheil verlangen.
§. 778. Hat der Erblasser einen einzigen Notherben, und er
übergeht ihn aus oben gedachtem Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält ein
kinderloser Erblasser erst nach Erklärung seines letzten Willens einen
Notherben, für den keine Vorsehung getroffen ist; so werden nur die zu
öffentlichen Anstalten, zur Belohnung geleisteter Dienste, oder zu frommen
Absichten bestimmten Vermächtnisse in einem, den vierten Theil der reinen
Verlassenschaft nicht übersteigenden, Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle
übrige Anordnungen den letzten Willens aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen
jedoch, wenn der Notherbe vor dem Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§. 779. Wenn ein Kind vor dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge
hinterläßt; so treten diese mit Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in
Ansehung des Erbrechtes an die Stelle des Kindes.
Die Nachkommen eines vorverstorbenen Noterben, dessen Pflichtteil
gemindert worden ist, können nur den geminderten Pflichtteil fordern.
§. 780. Die Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind bloß befugt,
den Pflichtteil zu verlangen, dies aber auch, wenn der Enterbte den Erblasser
überlebt hat.
§. 781. Werden der Ehegatte oder die Eltern mit Stillschweigen
übergangen, so können sie nur den Pflichtteil fordern.
§. 782. Wenn der Erbe beweisen kann, daß ein mit Stillschweigen
übergangener Notherbe sich einer der in den §§. 768-770. angeführten
Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird die Uebergehung als eine
stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
Wer zur Entrichtung des Erb- oder Pflichttheils beyzutragen habe.
§. 783. In allen Fällen, wo einem Noterben der gebührende Erb-
oder Pflichtteil gar nicht oder nicht vollständig ausgemessen worden ist,
müssen sowohl die eingesetzten Erben als auch die Legatare, nicht jedoch der
Ehegatte mit dem gesetzlichen Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur vollständigen
Entrichtung beitragen.
Art der Ausmessung und Berechnung des Pflichttheiles.
§. 784. Um den Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden
alle zur Verlassenschaft gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, alle Rechte
und Forderungen, welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben
befugt war, selbst alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist,
genau beschrieben und geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung
beizuwohnen und ihre Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der
Verlassenschaftsstücke zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht
gedrungen werden. Schulden und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des
Erblassers auf dem Vermögen hafteten, werden von der Masse abgerechnet.
§. 785. Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder
des pflichtteilsberechtigten Ehegatten sind bei der Berechnung des Nachlasses
Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung
ist dem Nachlaß mit dem Wert hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794
maßgebend ist.
Das Recht nach Abs. 1 steht einem Kind nur hinsichtlich solcher
Schenkungen zu, die der Erblasser zu einer Zeit gemacht hat, zu der er ein
pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat, dem Ehegatten nur hinsichtlich
solcher Schenkungen, die während seiner Ehe mit dem Erblasser gemacht worden
sind.
In jedem Fall bleiben Schenkungen unberücksichtigt, die der
Erblaser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens, zu gemeinnützigen
Zwecken, in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des
Anstandes gemacht hat. Gleiches gilt für Schenkungen, die früher als zwei Jahre
vor dem Tod des Erblassers an nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht
worden sind.
§. 786. Der Pflichttheil wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse,
und andere aus dem letzten Willen entspringenden Lasten berechnet. Bis zur
wirklichen Zutheilung ist die Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der
Nachtheile, als ein zwischen den Haupt- und Notherben verhältnißmäßig
gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum Pflichttheile.
§. 787. Alles, was die Notherben durch Legate oder andere
Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten, wird bey
Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung gebracht.
Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu
bringen sind, muß sich jeder Noterbe auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines
Pflichtteiles die nach § 785 zum Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke
anrechnen lassen, die er selbst vom Erblasser erhalten hat.
§. 788. Was der Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder
Enkelinn zum Heirathsgute; seinem Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder
unmittelbar zum Antritte eines Amtes, oder was immer für eines Gewerbes gegeben;
oder zur Bezahlung der Schulden eines volljährigen Kindes verwendet hat, wird
in den Pflichttheil eingerechnet.
§. 789. Überhaupt sind in den Pflichtteil die als Vorschuß darauf
geleisteten Zuwendungen des Erblassers unter Lebenden einzurechnen; in den
Pflichtteil des Ehegatten außerdem alles, was er als gesetzliches
Vorausvermächtnis (§ 758) erhält.
oder zum Erbtheile bey der gesetzlichen Erbfolge.
§. 790. Die Anrechnung bey der Erbfolge der Kinder aus einem
letzten Willen geschieht nur dann, wenn sie von dem Erblasser ausdrücklich
verordnet wird. Dagegen muß auch bey der gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich
dasjenige, was es von dem Erblasser bey dessen Lebenszeit zu den oben (§. 788.)
erwähnten Zwecken empfangen hat, anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur
das, was er unmittelbar selbst; sondern auch, was seine Aeltern, in deren
Stelle er tritt, auf solche Arte empfangen haben, in den Erbtheil eingerechnet.
§. 791. Was Aeltern außer den erwähnten Fällen einem Kinde
zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern nicht ausdrücklich die Erstattung sich
ausbedungen haben, für eine Schenkung gehalten, und nicht angerechnet.
§. 792. Die Aeltern können einem Kinde die Anrechnung auch bey der
gesetzlichen Erbfolge ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige Erziehung
der übrigen Kinder weder aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Aeltern
bestritten werden könnte; so muß das Kind dasjenige, was es zu den im §. 788.
erwähnten Zwecken in voraus empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen lassen,
als es zur Erziehung für die Geschwister nothwendig ist.
§. 793. Die Anrechnung des Empfangenen zum Erbtheile geschieht
dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen Betrag noch vor der Theilung erhält. Ist
die Verlassenschaft dazu nicht hinreichend; so kann zwar das früher begünstigte
Kind keinen Erbtheil ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten
werden.
§. 794. Bey jeder Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in
barem Gelde; sondern in andern beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand,
der Werth der letztern nach dem Zeitpuncte des Empfanges; der erstern dagegen
nach dem Zeitpuncte des Erbanlasses bestimmt.
Anspruch des Notherben auf den nothwendigen,
§. 795. Einem Notherben, der von seinem Pflichttheile selbst
gesetzmäßig ausgeschlossen wird, muß doch immer der nothwendige Unterhalt
ausgemessen werden.
und des Ehegatten auf den Unterhalt
§. 796. Der Ehegatte hat, außer in den Fällen der §§ 759 und 795,
solange er sich nicht wiederverehelicht, an die Erben bis zum Wert der
Verlassenschaft einen Anspruch auf Unterhalt nach den sinngemäß anzuwendenden
Grundsätzen des § 94. In diesen Anspruch ist alles einzurechnen, was der
Ehegatte nach dem Erblasser durch vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als
gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil, durch öffentlich-rechtliche oder
privatrechtliche Leistung erhält; desgleichen eigenes Vermögen des Ehegatten
oder Erträgnisse einer von ihm tatsächlich ausgeübten oder einer solchen
Erwerbstätigkeit, die von ihm den Umständen nach erwartet werden kann.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der Erbschaft.
Bedingungen zur rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft.
§. 797. Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen.
Das Erbrecht muß vor Gericht verhandelt und von demselben die Einantwortung des
Nachlasses, das ist, die Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirket werden.
§. 798. Wie weit das Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen
vorzugehen habe, und welche Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem
Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn, bestimmen die besondern, über das
gerichtliche Verfahren bestehenden, Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was
dem Erben oder demjenigen, der sonst einen Anspruch an die Verlassenschaft hat,
zu thun obliege, um zu dem Besitze dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.
§. 798a. Überlässt das Gericht eine überschuldete Verlassenschaft
an Zahlungs statt, so bildet der Überlassungsbeschluss einen Titel zum Erwerb.
Ausweisung des Rechtstitels: Erbantrittserklärung.
§. 799. Wer eine Erbschaft in Besitz nehmen will, muß den Rechtstitel,
ob sie ihm aus einer letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrage; oder
aus dem Gesetze zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich
erklären, daß er die Erbschaft annehme.
§. 800. Die Antretung der Erbschaft oder die Erbantrittserklärung
muß zugleich enthalten, ob sie unbedingt, oder mit Vorbehalt der Rechtswohlthat
des Inventariums geschehe.
Wirkung der unbedingten,
§. 801. Die unbedingte Erbantrittserklärung hat zur Folge, daß der
Erbe allen Gläubigern des Erblassers für ihre Forderungen, und allen Legataren
für ihre Vermächtnisse haften muß, wenn gleich die Verlassenschaft nicht hinreichet.
und der bedingten Erklärung.
§. 802. Wird die Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohlthat
des Inventariums angetreten; so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf
Kosten der Masse aufzunehmen. Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und
Legataren nur so weit verbunden, als die Verlassenschaft für ihre, und auch
seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm zustehenden, Forderungen hinreicht.
Berechtigung zur bedingten oder unbedingten Antretung oder
Ausschlagung der Erbschaft.
§. 803. Der Erblasser kann dem Erben den Vorbehalt dieser
rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch die Errichtung eines Inventariums
verbiethen. Selbst die in einem Erbvertrage zwischen
Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.
§. 804. Die Errichtung des Inventariums kann auch von demjenigen
verlangt werden, dem ein Pflichttheil gebühret.
§. 805. Wer seine Rechte selbst verwalten kann, dem steht frey, die
Erbschaft unbedingt, oder mit Vorbehalt der obigen Rechtswohlthat anzutreten
oder auch auszuschlagen.
§. 806. Der Erbe kann seine gerichtliche Erbantrittserklärung
nicht mehr widerrufen, noch auch die unbedingte abändern, und sich die
Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.
§. 807. Wenn aus mehrern Miterben einige unbedingt; andere aber,
oder auch nur Einer aus ihnen mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohlthat sich
zu Erben erklären; so ist ein Inventarium zu errichten und die auf diesen
Vorbehalt beschränkte Erbantrittserklärung der Verlassenschaftsabhandlung zum
Grunde zu legen. In diesem, so wie in allen Fällen, in welchen ein Inventarium
errichtet werden muß, genießt auch derjenige, welcher einer unbedingte
Erbantrittserklärung abgegeben hat, so lange ihm die Erbschaft noch nicht
übergeben worden, die rechtliche Wohlthat des Inventariums.
§. 808. Wird jemand zum Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte
Willenserklärung das Erbrecht ganz oder zum Theile gebührt hätte; so ist er
nicht befugt, sich auf die gesetzliche Erbfolge zu berufen und dadurch die
Erklärung des letzten Willens zu vereiteln. Er muß die Erbschaft entweder aus
dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz entsagen. Personen aber, denen ein
Pflichttheil gebühret, können die Erbschaft mit
Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.
Uebertragung des Erbrechtes.
§. 809. Stirbt der Erbe ehe, als er die angefallene Erbschaft
angetreten oder ausgeschlagen hat; so treten seine Erben, wenn der Erblasser
diese nicht ausgeschlossen, oder nicht andere Nacherben bestimmt hat, in das
Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder auszuschlagen. (§. 537.)
Vorkehrungen vor Einantwortung der Erbschaft:
a) Verwaltung;
§. 810. Der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht
hinreichend ausweist, hat das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu benützen,
zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das
Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Trifft dies auf mehrere
Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes
vereinbaren.
Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von
Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen
von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen bedürfen der Genehmigung des
Verlassenschaftsgerichts, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb
gehören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Handlung für die
Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre.
Ist nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars zu erwarten,
so dürfen Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum ordentlichen
Wirtschaftsbetrieb gehört, erst veräußert werden, nachdem sie in ein Inventar
(Teilinventar) aufgenommen worden sind.
b) Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger;
§. 811. Für die Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des
Erblassers wird vom Gerichte nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen.
Die Gläubiger sind aber nicht schuldig, eine Erbantrittserklärung abzuwarten.
Sie können ihre Ansprüche wider die Masse anbringen, und begehren: daß zur Vertretung
derselben ein Curator bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen
ausführen können.
c) Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben;
§. 812. Besorget ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar, oder ein
Notherbe, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen des
Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne; so kann er vor der Einantwortung
verlangen, daß die Erbschaft von dem Vermögen des Erben abgesondert, vom
Gerichte verwahrt, oder von einem Curator verwaltet, sein Anspruch darauf
vorgemerkt und berichtiget werde. In einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe,
obschon dieser sich unbedingt als Erbe erkläret hätte, aus eigenem Vermögen
nicht
mehr zu haften.
d) Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger.
§. 813. Dem Erben oder dem aufgestellten Verlassenschafts-Curator
steht es frey, zur Erforschung des Schuldenstandes die Ausfertigung eines
Edictes, wodurch alle Gläubiger zur Anmeldung und Darthuung ihrer Forderungen
auf eine den Umständen angemessene Zeit einberufen werden, nachzusuchen, und
bis nach verstrichener Frist mit der Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.
Wirkung der Einberufung;
§. 814. Die Wirkung dieser gerichtlichen Einberufung ist, daß den
Gläubigern, welche sich binnen der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben,
an die Verlassenschaft, wenn sie durch die Bezahlung der angemeldeten
Forderungen erschöpft worden ist, kein weiterer Anspruch zusteht, als in so
fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.
oder, der Unterlassung derselben.
§. 815. Unterläßt der Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der
gerichtlichen Einberufung; oder befriediget er sogleich einige der sich
anmeldenden Gläubiger, ohne auf die Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und
bleiben einige Gläubiger aus Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so
haftet er ihnen, ungeachtet der bedingten Erbantrittserklärung, mit seinem
ganzen Vermögen in dem Maße, als sie die Zahlung erhalten haben würden, wenn
die Verlassenschaft nach der gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der
Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die Erfüllung des letzten Willens, entweder von
dem Testaments-Executor;
§. 816. Hat der Erblasser einen Vollzieher (Executor) seines
letzten Willens ernannt; so hängt es von dessen Willkühr ab, dieses Geschäft
auf sich zu nehmen. Hat er es übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein
Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen, oder den
saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben.
oder dem Erben.
§. 817. Ist kein Vollzieher der letzten Willens ernannt, oder
unterzieht sich der ernannte dem Geschäfte nicht; so liegt dem Erben
unmittelbar ob, den Willen des Erblassers so viel möglich zu erfüllen, oder die
Erfüllung sicher zu stellen, und sich gegen das Gericht darüber auszuweisen. In
Ansehung bestimmter Legatare hat er bloß darzuthun, daß er denselben von dem
ihnen zugefallenen Vermächtnisse Nachricht gegeben habe (§. 688.)
§. 818. Was der Erbe, ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen
kann, an Abgaben zu entrichten, und im Falle, daß sein Erblasser gegen das
Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden ist, hierwegen auszuweisen habe,
darüber enthalten die politischen Verordnungen die besondere Vorschrift.
Wann die Erbschaft einzuantworten.
§. 819. Sobald über die eingebrachte Erbantrittserklärung der
rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt, und von demselben die Erfüllung der
Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die Erbschaft eingeantwortet und die
Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der Erbe um die Uebertragung des Eigenthumes
unbeweglicher Sachen zu erwirken, die Vorschrift des §. 436. zu befolgen.
Haftung der gemeinschaftlichen Erben.
§. 820. Mehrere Erben, welche eine gemeinschaftliche Erbschaft
ohne die rechtliche Wohlthat des Inventariums angetreten haben, haften allen
Erbschaftsgläubigern und Legataren, selbst nach der Einantwortung, Alle für
Einen und Einer für Alle. Unter sich aber sind sie nach Verhältniß ihrer
Erbtheile beyzutragen schuldig.
§. 821. Haben die gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen
Wohlthat des Inventariums Gebrauch gemacht; so sind sie vor der Einantwortung
den Erbschaftsgläubigern und Legataren nach dem §. 550. zu haften verbunden.
Nach der erfolgten Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die
Erbschafts-Masse nicht übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß seines
Erbtheiles.
Sicherheitsmittel der Gläubiger des Erben.
§. 822. Vor der Einantwortung können Gläubiger des Erben nur auf
die einzelnen Bestandteile des Nachlasses Exekution führen, über welche dem
Erben vom Nachlaßgerichte die freie Verfügung überlassen worden ist.
Erbschaftsklagen.
§. 823. Auch nach erhaltener Einantwortung kann der Besitznehmer
von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf
Abtretung oder Theilung der Erbschaft belangt werden. Das Eigenthum einzelner
Erbschaftstücke wird nicht mit der Erbschafts-, sondern der Eigenthumsklage
verfolgt.
Wirkung derselben.
§. 824. Wenn der Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz
oder zum Theile verhalten wird; so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung
der von dem Besitzer bezogenen Früchte; oder auf die Vergütung der von
demselben in dem Nachlasse verwendeten Kosten nach jenen Grundsätzen zu
beurtheilen, welche in Rücksicht auf den redlichen oder unredlichen Besitzer in
dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt festgesetzt sind. Ein dritter redlicher
Besitzer ist für die in der Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemanden verantwortlich.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte.
Ursprung einer Gemeinschaft.
§. 825. So oft das Eigenthum der nähmlichen Sache, oder ein und
dasselbe Recht mehreren Personen ungetheilt zukommt; besteht eine Gemeinschaft.
Sie gründet sich auf eine zufällige Ereignung; auf ein Gesetz; auf eine letzte
Willenserklärung; oder auf einen Vertrag.
§. 826. Nach Verschiedenheit der Quellen, aus denen eine
Gemeinschaft entspringt, erhalten auch die Rechte und Pflichten der Theilhaber
ihre nähere Bestimmung. Die besondern Vorschriften über eine durch Vertrag
entstehende Gemeinschaft der Güter sind in dem sieben und zwanzigsten
Hauptstücke enthalten.
§. 827. Wer einen Antheil an einer gemeinschaftlichen Sache
anspricht, der muß sein Recht, wenn es von den übrigen Theilnehmern
widersprochen wird, beweisen.
Gemeinschaftliche Rechte der Theilhaber.
§. 828. So lange alle Theilhaber einverstanden sind, stellen sie
nur Eine Person vor, und haben das Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache nach
Belieben zu schalten. Sobald sie uneinig sind, kann kein Theilhaber in der
gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung vornehmen, wodurch über den Antheil
des Andern verfügt würde.
Eine gerichtliche oder vertraglich vereinbarte Benützungsregelung
zwischen den Teilhabern einer unbeweglichen Sache wirkt auch für deren
Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist.
Rechte des Theilhabers auf seinen Antheil.
§. 829. Jeder Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer seines
Antheiles. In so fern er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben,
oder die Nutzungen davon willkührlich und unabhängig verpfänden, vermachen,
oder sonst veräußern. (§. 361.)
§. 830. Jeder Theilhaber ist befugt, auf Ablegung der Rechnung und
auf Vertheilung des Ertrages zu dringen. Er kann in der Regel auch die
Aufhebung der Gemeinschaft verlangen; doch nicht zur Unzeit, oder zum
Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich daher einen, den Umständen angemessenen,
nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen.
§. 831. Hat sich ein Theilhaber zur Fortsetzung der Gemeinschaft
verbunden, so kann er zwar vor Verlauf der Zeit nicht austreten; allein diese
Verbindlichkeit wird, wie andere Verbindlichkeiten, aufgehoben, und erstreckt
sich nicht auf die Erben, wenn diese nicht selbst dazu eingewilliget haben.
§. 832. Auch die Anordnung eines Dritten, wodurch eine Sache zur
Gemeinschaft bestimmt wird, muß zwar von den ersten Theilhabern, nicht auch von
ihren Erben befolgt werden. Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden
Gemeinschaft kann nicht bestehen.
Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:
a) In Rücksicht des Hauptstammes.
§. 833. Der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache
kommt allen Theilhabern insgesammt zu. In
Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes
betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach den
Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet werden.
§. 834. Bey wichtigen Veränderungen aber, welche zur Erhaltung
oder bessern Benützung des Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die
Ueberstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert
wird, den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.
§. 835. Wollen sie nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur
Unzeit; so soll das Los, ein Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht
einhellig vereinigen, der Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt
oder gegen Sicherstellung Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der
Entscheidung treten auch bey gleichen Stimmen der Mitglieder ein.
§. 836. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu
bestellen; so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in
deren Abgang der Richter.
§. 837. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes wird als ein
Machthaber angesehen. Er ist einerseits verbunden, ordentliche Rechnung
abzulegen; andererseits aber befugt, alle nützlich gemachte Auslagen in
Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in dem Falle, daß ein Theilgenosse ein
gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der übrigen Theilnehmer verwaltet.
§. 838. Wird die Verwaltung Mehrern überlassen; so entscheidet
auch unter ihnen die Mehrheit der Stimmen.
§. 838a. Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der
Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar
zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind im Verfahren außer Streitsachen zu
entscheiden.
b) der Nutzungen und Lasten.
§. 839. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach
Verhältniß der Antheile ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß
angesehen; wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
§. 840. Ordentlicher Weise sind die erzielten Nutzungen in Natur
zu theilen. Ist aber diese Vertheilung nicht thunlich; so ist jeder berechtigt,
auf die öffentliche Feilbiethung zu dringen. Der gelöste Werth wird den
Theilhabern verhältnißmäßig entrichtet.
c) der Theilung.
§. 841. Bey der nach aufgehobener Gemeinschaft vorzunehmenden
Theilung der gemeinschaftlichen Sache gilt keine Mehrheit der Stimmen. Die
Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden Sachgenossen vorgenommen werden.
Können sie nicht einig werden; so entscheidet das Los, oder ein Schiedsmann,
oder, wenn sie sich über die Bestimmung der einen oder andern dieser
Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der Richter.
§. 842. Ein Schiedsmann oder der Richter entscheidet auch, ob bey
der Theilung liegender Gründe oder Gebäude ein Theilgenosse, zur Benützung
seines Antheiles, einer Servitut bedürfe, und unter welcher Bedingung sie ihm
zu verwilligen sey.
§. 843. Kann eine gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder
nicht ohne beträchtliche Verminderung des Werthes getheilt werden, so ist sie,
und zwar wenn auch nur Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher
Feilbiethung zu verkaufen, und der Kaufschilling unter die Theilhaber zu
vertheilen.
§. 844. Servituten, Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen
Gebrauche nötigen Urkunden sind keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn
sonst nichts im Wege steht, bei dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die übrigen
erhalten auf ihre Kosten beglaubigte Abschriften. Die Grunddienstbarkeiten
bestehen mangels Vereinbarung zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die
Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert oder für das dienstbare Gut
beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen
Teilen zugute, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 845. Bei Teilungen der Grundstücke sind die gegenseitigen
Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen auf eine deutliche und unwandelbare
Art zu bezeichnen.
§. 846. Ueber die gemachte Theilung sind Urkunden zu errichten.
Ein Theilhaber einer unbeweglichen Sache erhält auch erst dadurch ein
dingliches Recht auf seinen Antheil, daß die darüber errichtete Urkunde den
öffentlichen Büchern einverleibt wird. (§. 436.)
§. 847. Die bloße Teilung was immer für eines
gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht zum Nachteile
gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen dinglichen
Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die Ausübung
einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht hinsichtlich
der übrigen Teile.
§. 848. Auch persönliche Rechte, die einem Dritten gegen eine
Gemeinschaft zustehen, haben ungeachtet des erfolgten Austrittes ihre vorige
Kraft. Ebenso kann derjenige, welcher an eine Gemeinschaft schuldig ist, die
Zahlung nicht an einzelne Teilnehmer entrichten. Solche Schulden müssen an die
ganze Gemeinschaft oder an jenen, der sie ordentlich vorstellt, abgetragen
werden.
§. 848a. Gewährt eine Dienstbarkeit oder eine andere dingliche
Last einen Anspruch auf Nutzungen, so kann bei Teilung des herrschenden
Grundstückes jeder Berechtigte und bei Teilung des belasteten Grundstückes
jeder Belastete eine gerichtliche Regelung der Ausübung begehren. Die Ausübung
ist mit Rücksicht auf die Natur und Zweckbestimmung des Rechtes sowie auf das
Größenverhältnis und die wirtschaftliche Besonderheit der einzelnen
Liegenschaftsteile ohne Erschwerung der Last so zu regeln, wie es allen
Interessen billigerweise entspricht.
§. 849. Was bisher von der Gemeinschaft überhaupt bestimmt worden
ist, läßt sich auch auf die einer Familie, als einer Gemeinschaft, zustehenden
Rechte und Sachen, z. B. Stiftungen, Fideicommisse u. dgl. anwenden.
Erneuerung und Berichtigung der Grenzen
§. 850. Wenn die Grenzzeichen zwischen zwei Grundstücken durch was
immer für Umstände so verletzt worden sind, daß sie ganz unkenntlich werden
könnten, oder wenn die Grenzen wirklich unkennbar oder streitig sind, so hat
jeder der Nachbarn das Recht, die gerichtliche Erneuerung oder Berichtigung der
Grenze zu verlangen. Zu diesem Behufe sind die Nachbarn zu einer Verhandlung im
Verfahren außer Streitsachen mit dem Bedeuten zu laden, daß trotz Ausbleibens
des Geladenen die Grenze festgesetzt und vermarkt werden wird.
§. 851. Sind die Grenzen wirklich unkennbar geworden oder
streitig, so werden sie nach dem letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt. Läßt
sich dieser nicht feststellen, so hat das Gericht die streitige Fläche nach billigem
Ermessen zu verteilen.
Jeder Partei bleibt es vorbehalten, ihr besseres Recht im
Prozeßweg geltend zu machen.
§. 852. Die wichtigsten Behelfe bey einer Gränzberichtigung sind:
die Ausmessung und Beschreibung, oder auch die Abzeichnung des streitigen
Grundes; dann, die sich darauf beziehenden öffentlichen Bücher und andere
Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger Zeugen, und das von
Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene Gutachten.
§. 853. Die Kosten des Verfahrens sind von den Nachbarn nach Maß
ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der Antragsteller hat die Kosten des
Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der Verhandlung ergibt, daß die
Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht notwendig war, weil die Grenze
nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich gewesen ist, oder weil die anderen
Beteiligten zur außergerichtlichen Vermarkung bereit waren.
Wenn das Verfahren durch Störung des ruhigen Besitzes veranlaßt
wurde, kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise der Partei auferlegen,
die den Streit veranlaßt hat.
Vermuthete Gemeinschaft.
§. 853a. Für Grenzen von Grundstücken, die im Grenzkataster
enthalten sind, finden die Bestimmungen der §§ 850 bis 853 keine Anwendung.
§. 854. Erdfurchen, Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privat-Bäche,
Canäle, Plätze und andere dergleichen Scheidewände, die sich zwischen
benachbarten Grundstücken befinden, werden für ein gemeinschaftliches Eigenthum
angesehen; wenn nicht Wapen, Auf- oder Inschriften, oder andere Kennzeichen und
Behelfe das Gegentheil beweisen.
§. 855. Jeder Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche Mauer auf
seiner Seite bis zur Hälfte in der Dicke benützen, auch Blindthüren und
Wandschränke dort anbringen, wo auf der entgegengesetzten Seite noch keine
angebracht sind. Doch darf das Gebäude durch einen Schorstein, Feuerherd oder
andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt, und der Nachbar auf keine Art in dem
Gebrauche seines Antheiles gehindert werden.
§. 856. Alle Miteigenthümer tragen zur Erhaltung solcher
gemeinschaftlichen Scheidewände verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt vorhanden
sind; oder das Eigenthum getheilt ist, bestreitet jeder die Unterhaltungskosten
für das, was ihm allein gehört.
§. 857. Ist die Stellung einer Scheidewand von der Art, daß die
Ziegel, Latten oder Steine nur auf einer Seite vorlaufen oder abhängen; oder
sind die Pfeiler, Säulen, Ständer, Bachställe auf einer Seite eingegraben; so
ist im Zweifel auf dieser Seite das ungetheilte Eigenthum der Scheidewand, wenn
nicht aus einer beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus andern Kennzeichen,
oder sonstigen Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch derjenige wird für den
ausschließenden Besitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung
gleich fortlaufende Mauer von gleicher Höhe und Dicke unstreitig besitzt.
§. 858. In der Regel ist der ausschließende Besitzer nicht
schuldig, seine verfallene Mauer oder Planke neu aufzuführen; nur dann muß er
sie in gutem Stande erhalten, wenn durch die Oeffung für den Gränznachbar
Schaden zu befürchten stünde. Es ist aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der
rechten Seite seines Haupteinganges für die nöthige Einschließung seines
Raumes, und für die Abtheilung von dem fremden Raume zu sorgen.
Zweyter Theil.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen Sachenrechte.
§. 859. Die persönlichen Sachenrechte,
vermöge welcher eine Person einer andern zu einer Leistung verbunden ist,
gründen sich unmittelbar auf ein Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf
eine erlittene Beschädigung.
Auslobung
§. 860. Die nicht an bestimmte Personen
gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder einen Erfolg
(Auslobung) wird durch die öffentliche Bekanntmachung verbindlich. Eine
Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in
der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt ist.
§. 860a. Bis zur Vollendung der Leistung
kann die Auslobung in derselben Form, in welcher sie bekannt gemacht war, oder
einer gleich wirksamen Form, oder durch besondere Mitteilung widerrufen werden,
wenn anders darauf in der Bekanntmachung nicht ausdrücklich oder durch
Bestimmung einer Frist verzichtet ist. Der Widerruf ist aber unwirksam
gegenüber demjenigen, der die Leistung im Hinblick auf die Auslobung vollbracht
hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm zu dieser Zeit ohne sein Verschulden
nicht bekannt geworden war.
§. 860b. Ist die Leistung von mehreren
Personen vollbracht worden, so gebührt, falls nicht aus der Auslobung ein
anderer Wille hervorgeht, die Belohnung demjenigen, der die Leistung zuerst
vollbracht hat, und bei gleichzeitiger Vollendung allen zu gleichen Teilen.
Abschließung des Vertrages.
§. 861. Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, daß
heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder
seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der
Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen
beyder Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und
das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher
angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§. 862. Das Versprechen (Antrag) muß
innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen werden. In
Ermanglung einer solchen muß der einem Anwesenden oder mittels Fernsprechers
von Person zu Person gemachte Antrag sogleich, der sonst einem Abwesenden
gemachte Antrag längstens bis zu dem Zeitpunkte angenommen werden, in welchem
der Antragsteller unter der Voraussetzung, daß sein Antrag rechtzeitig
angekommen sei, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort
deren Eintreffen erwarten darf; widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor
Ablauf der Annahmefrist kann der Antrag nicht zurückgenommen werden. Er
erlischt auch nicht, wenn ein Teil während der Annahmefrist stirbt oder
handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille des Antragstellers aus
den Umständen hervorgeht.
§. 862a. Als rechtzeitig gilt die
Annahme, wenn die Erklärung innerhalb der Annahmefrist dem Antragsteller
zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt jedoch der Vertrag zustande, wenn
der Antragsteller erkennen mußte, daß die Annahmeerklärung rechtzeitig
abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt dem andern nicht unverzüglich
anzeigt.
§. 863. Man kann seinen Willen nicht nur
ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen; sondern auch
stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller
Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
In bezug auf die Bedeutung und Wirkung
von Handlungen und Unterlassungen ist auf die im redlichen Verkehr geltenden
Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.
§. 864. Ist eine ausdrückliche Erklärung
der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu
erwarten, so kommt der Vertrag zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür
bestimmten oder den Umständen angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden
ist.
Das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen
einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt worden ist,
gilt nicht als Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die
Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen. Muß
ihm jedoch nach den Umständen auffallen, daß die Sache irrtümlich an ihn
gelangt ist, so hat er in angemessener Frist dies dem Absender mitzuteilen oder
die Sache an den Absender zurückzuleiten.
§. 864a. Bestimmungen ungewöhnlichen
Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein
Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem
anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor
allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte;
es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf
hingewiesen.
Erfordernisse eines gültigen Vertrages:
1) Fähigkeiten der Personen;
§. 865. Kinder unter sieben Jahren und
Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind –
außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 – unfähig, ein Versprechen zu machen oder
es anzunehmen. Andere Minderjährige oder Personen, denen ein Sachwalter
bestellt ist, können zwar ein bloß zu ihrem Vorteil gemachtes Versprechen
annehmen; wenn sie aber eine damit verknüpfte Last übernehmen oder selbst etwas
versprechen, hängt – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und des § 280 Abs. 2
– die Gültigkeit des Vertrages nach den in dem dritten und vierten Hauptstück
des ersten Teiles gegebenen Vorschriften in der Regel von der Einwilligung des
Vertreters oder zugleich des Gerichtes ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil nicht
zurücktreten, aber eine angemessene Frist zur Erklärung verlangen.
§. 866. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 83, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 867. Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern
Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren
einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung
derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)
§. 868. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
2) wahre Einwilligung.
§. 869. Die Einwilligung in einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt
und verständlich erkläret werden. Ist die Erklärung unverständlich; ganz
unbestimmt; oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter
welchen das Versprechen geschehen ist; so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen
Andern zu bevortheilen, undeutlicher Ausdrücke bedient, oder ein
Scheinhandlung unternimmt, leistet Genugthuung.
§. 870. Wer von dem anderen Teile durch
List oder durch ungerechte und gegründete Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt
worden, ist ihn zu halten nicht verbunden.
§. 871. War ein Teil über den Inhalt der
von ihm abgegebenen oder dem anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum
befangen, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben
betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, so
entsteht für ihn keine Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen
veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch
rechtzeitig aufgeklärt wurde.
Ein Irrtum eines Teiles über einen
Umstand, über den ihn der andere nach geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären
gehabt hätte, gilt immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages und nicht
bloß als solcher über den Bewegungsgrund oder den Endzweck (§ 901).
§. 872. Betrifft aber der Irrthum weder die Hauptsache, noch eine
wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand; so bleibt der
Vertrag, in so fern beyde Theile in den Hauptgegenstand gewilliget, und den
Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erkläret haben, noch immer gültig:
allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrthumes die angemessene
Vergütung zu leisten.
§. 873. Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrthum in der Person
desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern
ohne den Irrthum der Vertrag entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art
errichtet worden wäre. Als Irrtum in der Person gilt jedenfalls der Irrtum über
das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur
Erbringung der Leistung.
§. 874. In jedem Falle muß derjenige, welcher einen Vertrag durch List
oder ungerechte Furcht bewirket hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung
leisten.
§. 875. Ist einer der
Vertragschließenden von einem Dritten durch List oder durch ungerechte und
gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu einer irrtümlichen
Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur in dem Falle, daß
der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von derselben offenbar
wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.
§. 876. Die vorstehenden Bestimmungen
(§§ 869 bis 875) finden entsprechende Anwendung auf sonstige
Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben sind.
§. 877. Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung
verlangt, muß dagegen auch Alles zurückstellen, was es aus einem solchen
Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat.
3) Möglichkeit der Leistung.
§. 878. Was geradezu unmöglich ist, kann
nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden. Ist Mögliches und Unmögliches
zugleich bedungen, so bleibt der Vertrag in ersterem Teile gültig, wenn anders
aus dem Vertrage nicht hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert
werden könne. Wer bei Abschließung des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder
kennen mußte, hat dem anderen Teile, falls von diesem nicht dasselbe gilt, den
Schaden zu ersetzen, den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des
Vertrages erlitten hat.
§. 879. Ein Vertrag, der gegen ein
gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Insbesondere sind folgende Verträge
nichtig:
1. wenn etwas für die Unterhandlung
eines Ehevertrages bedungen wird;
1a. wenn etwas für die Vermittlung einer
medizinisch unterstützten Fortpflanzung bedungen wird;
2. wenn ein Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz
oder teilweise an sich löst oder sich einen bestimmten Teil des Betrages
versprechen läßt, der der Partei zuerkannt wird;
3. wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man von einer
dritten Person erhofft, noch bei Lebzeiten derselben veräußert wird;
4. wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche,
Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich
oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder
gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem
Mißverhältnisse steht.
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen
oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der
beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter
Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
§. 880. Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor
dessen Uebergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man
den Vertrag nicht geschlossen hätte.
§. 880a. Hat jemand einem andern eine
Leistung eines Dritten versprochen, so gilt dies als Zusage seiner Verwendung
bei dem Dritten; ist er aber für den Erfolg eingestanden, so haftet er für
volle Genugtuung, wenn die Leistung des Dritten ausbleibt.
Verträge zugunsten Dritter
§. 881. Hat sich jemand eine Leistung an
einen Dritten versprechen lassen, so kann er fordern, daß an den Dritten
geleistet werde.
Ob und in welchem Zeitpunkt auch der
Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom
Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und der Natur und
dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der Dritte dieses
Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll.
Das Recht auf die bei einer
Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines Dritten versprochenen Leistungen
gilt mangels anderer Vereinbarungen dem Dritten als mit der Übergabe des Gutes
erworben.
§. 882. Weist der Dritte das aus dem
Vertrag erworbene Recht zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.
Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem
Versprechenden auch gegen den Dritten zu.
Form der Verträge.
§. 883. Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder
außerhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese
Verschiedenheit der Form macht, außer den im Gesetze bestimmten Fällen, in
Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§. 884. Haben die Parteien für einen
Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, daß
sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen.
§. 885. Ist zwar noch nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein
Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien unterfertigt worden
(Punktation), so gründet auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und
Verbindlichkeiten, welche darin ausgedrückt sind.
§. 886. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille
Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die Unterschrift der Parteien oder, falls
sie des Schreibens unkundig oder wegen Gebrechens unfähig sind, durch
Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens oder
Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen, deren einer den Namen der Partei
unterfertigt, zustande. Der schriftliche Abschluß des Vertrages wird durch
gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt. Eine Nachbildung der
eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege ist nur da genügend, wo sie im
Geschäftsverkehr üblich ist.
§. 887. (Anm.: Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder
Berechtigung.
§. 888. Wenn zwey oder mehrere Personen jemanden eben dasselbe
Recht zu einer Sache versprechen, oder es von ihm annehmen; so wird sowohl die
Forderung, als die Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes
getheilt.
§. 889. Außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus
mehrern Mitschuldnern einer theilbaren Sache jeder nur für seinen Antheil, und
eben so muß von mehrern Mitgenossen einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem
ihm gebührenden Theile begnügen.
§. 890. Betrifft es hingegen untheilbare Sachen; so kann ein
Gläubiger, wenn er der einzige ist, solche von einem jeden Mitschuldner
fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und nur Ein Schuldner da sind; so ist
dieser die Sache einem einzelnen Mitgläubiger, ohne Sicherstellung heraus zu
geben, nicht verpflichtet; er kann auf die Uebereinkunft aller Mitgläubiger
dringen, oder die gerichtliche Verwahrung der Sache verlangen.
Correalität.
§. 891. Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur
ungetheilten Hand dergestalt, daß sich Einer für Alle, und Alle für Einen
ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann
von dem Gläubiger ab, ob er von allen, oder von einigen Mitschuldnern das
Ganze, oder nach von ihm gewählten Antheilen, oder ob er es von einem Einzigen
fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben
absteht, diese Wahl vorbehalten; und, wenn er von einem oder dem andern
Mitschuldner nur zum Theile befriediget wird; so kann er das Rückständige von
den übrigen fordern.
§. 892. Hat hingegen einer mehrern Personen eben dasselbe Ganze
zugesagt, und sind diese ausdrücklich berechtiget worden, es zur ungetheilten
Hand fordern zu können; so muß der Schuldner das Ganze demjenigen dieser
Gläubiger entrichten, der ihn zuerst darum angeht.
§. 893. Sobald ein Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet
hat, darf dieser von den übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern; und sobald
ein Mitgläubiger von dem Schuldner ganz befriediget worden ist, haben die
übrigen Mitgläubiger keinen Anspruch mehr.
§. 894. Ein Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem Gläubiger
lästigere Bedingungen eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen, und die
Nachsicht oder Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält,
kommt den übrigen nicht zu Statten.
§. 895. Wie weit aus mehrern Mitgläubigern, welchen eben dasselbe
Ganze zur ungetheilten Hand zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze
Forderung für sich erhalten hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß aus den
besondern, zwischen den Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen
bestimmt werden. Besteht kein solches Verhältniß; so ist einer dem andern keine
Rechenschaft schuldig.
§. 896. Ein Mitschuldner zur ungetheilten Hand, welcher die ganze
Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, ist berechtiget, auch ohne geschehene
Rechtsabtretung, von den übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes
besonderes Verhältniß unter ihnen besteht, zu gleichen Theilen zu fordern. War
einer aus ihnen unfähig, sich zu verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner
Verpflichtung Genüge zu leisten; so muß ein solcher ausfallender Antheil
ebenfalls von allen Mitverpflichteten übernommen werden. Die erhaltene
Befreyung eines Mitverpflichteten kann den übrigen bey der Forderung des
Ersatzes nicht nachtheilig seyn. (§. 894.)
Nebenbestimmungen bey Verträgen:
1) Bedingungen;
§. 897. In Ansehung der Bedingungen bey Verträgen gelten überhaupt
die nähmlichen Vorschriften, welche über die den Erklärungen des letzten
Willens beygesetzten Bedingungen aufgestellt worden sind.
§. 898. Verabredungen unter solchen Bedingungen, welche bey einem
letzten Willen für nicht beigesetzt angesehen werden, sind ungültig.
§. 899. Ist die in einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon
vor dem Vertrage eingetroffen; so muß sie nach dem Vertrage nur dann
wiederhohlet werden, wenn sie in einer Handlung dessen, der das Recht erwerben
soll, besteht und von ihm wiederhohlet werden kann.
2) Bewegungsgrund;
§. 900. Ein unter einer aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht
geht auch auf die Erben über.
§. 901. Haben die Parteyen den Bewegungsgrund, oder den Endzweck
ihrer Einwilligung ausdrücklich zur Bedingung gemacht; so wird der
Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere Bedingung angesehen. Außer dem
haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit entgeldlicher Verträge keinen
Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die bey den letzten Anordnungen
gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3) Zeit, Ort und Art der Erfüllung;
§. 902. Eine durch Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist ist
vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu berechnen, daß bei einer nach Tagen
bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt wird, in welchen das Ereignis fällt,
von dem der Fristenlauf beginnt.
Das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist
fällt auf denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach
seiner Benennung oder Zahl dem Tage des Ereignisses entspricht, mit dem der
Lauf der Frist beginnt, wenn aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf
den letzten Tag dieses Monats.
Unter einem halben Monate sind fünfzehn Tage zu verstehen, unter
der Mitte eines Monats der fünfzehnte dieses Monats.
§. 903. Ein Recht, dessen Erwerbung an einen bestimmten Tag
gebunden ist, wird mit dem Anfang dieses Tages erworben. Die Rechtsfolgen der
Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder eines Versäumnisses treten erst mit
dem Ablauf des letzten Tages der Frist ein. Fällt der für die Abgabe einer
Erklärung oder für eine Leistung bestimmte letzte Tag auf einen Sonntag oder
anerkannten Feiertag, so tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger
Vereinbarung, der nächstfolgende Werktag.
§. 904. Ist keine gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages
bestimmt worden; so kann sie sogleich, nähmlich ohne unnöthigen Aufschub,
gefordert werden. Hat der Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkühr
vorbehalten; so muß man entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben
halten; oder, wenn es um eine bloß persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu
thun ist, die Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen.
Letzteres findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach
Möglichkeit, oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens müssen die
Vorschriften, welche oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten
Anordnungen beygerückten Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet
werden.
§. 905. Kann der Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus
der Natur oder dem Zwecke des Geschäftes bestimmt werden, so ist an dem Orte zu
leisten, wo der Schuldner zur Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz
hatte, oder, wenn die Verbindlichkeit im Betriebe des gewerblichen oder
geschäftlichen Unternehmens des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung.
In Ansehung des Maßes, des Gewichtes und der Geldsorten ist auf den Ort der
Erfüllung zu sehen.
Geldzahlungen hat der Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und
Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hat sich
dieser nach der Entstehung der Forderung geändert, so trägt der Gläubiger die
dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten.
Aus der Übernahme der Kosten der Versendung durch den Schuldner
allein folgt noch nicht, dass der Ort, an den die Versendung zu erfolgen hat,
für den Schuldner als Erfüllungsort zu gelten hat.
§. 905a. Ist eine in ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld
im Inland zu zahlen, so kann die Zahlung in inländischer Währung erfolgen, es
sei denn, dass die Zahlung in ausländischer Währung ausdrücklich bedungen
worden ist.
Die Umrechnung erfolgt nach dem zur Zeit der Zahlung am
Zahlungsort maßgeblichen Kurswert. Wenn der Schuldner die Zahlung verzögert,
hat der Gläubiger die Wahl zwischen dem bei Fälligkeit und dem zur Zeit der
Zahlung maßgeblichen Kurswert.
§. 905b. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte Sache
geschuldet, so ist diese in mittlerer Art und Güte zu leisten.
§. 906. Kann das Versprechen auf mehrere Arten erfüllt werden, so
hat der Schuldner die Wahl. Er kann aber von der einmal getroffenen Wahl für
sich allein nicht abgehen.
Hat der Gläubiger die Wahl und ist er mit ihr in Verzug, so kann
der Schuldner die Wahl an Stelle des Gläubigers treffen oder nach den §§ 918
und 919 vorgehen. Wenn er die Wahl an Stelle des Gläubigers trifft, hat er
diesen davon zu verständigen und ihm zugleich eine angemessene Frist zur
Vornahme einer anderen Wahl zu setzen. Trifft der Gläubiger keine solche Wahl,
so ist die Wahl des Schuldners maßgebend. In jedem Fall gebührt dem Schuldner
der Ersatz des Schadens.
§. 907. Wird ein Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl
geschlossen, und dieselbe durch zufälligen Untergang eines oder mehrerer
Wahlstücke vereitelt; so ist der Theil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag
nicht gebunden. Unterläuft aber ein Verschulden des Verpflichteten; so muß er
dem Berechtigten für die Vereitlung der Wahl haften.
4) Angeld;
§. 908. Was bey Abschließung eines Vertrages voraus gegeben wird,
ist, außer dem Falle einer besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der
Abschließung, oder als eine Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu
betrachten, und heißt Angeld. Wird der Vertrag durch Schuld einer Partey nicht
erfüllet; so kann die schuldlose Partey das von ihr empfangene Angeld behalten,
oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will
sie sich aber damit nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung; oder, wenn
diese nicht mehr möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5) Reugeld;
§. 909. Wird bey Schließung eines Vertrages ein Betrag bestimmt,
welchen ein oder der andere Theil in dem Falle, daß er von dem Vertrage vor der
Erfüllung zurücktreten will, entrichten muß; so wird der Vertrag gegen Reugeld
geschlossen. In diesem Falle muß entweder der Vertrag erfüllt, oder das Reugeld
bezahlet werden. Wer den Vertrag auch nur zum Theile erfüllet; oder das, was
von dem Andern auch nur zum Theile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen
hat, kann selbst gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§. 910. Wenn ein Angeld gegeben, und zugleich das Befugniß des
Rücktrittes ohne Bestimmung eines besondern Reugeldes bedungen wird; so
vertritt das Angeld die Stelle des Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes verliert
also der Geber das Angeld; oder der Empfänger stellt das Doppelte zurück.
§. 911. Wer nicht durch bloßen Zufall, sondern durch sein
Verschulden an der Erfüllung des Vertrages verhindert wird, muß ebenfalls das
Reugeld entrichten.
6) Nebengebühren.
§. 912. Der Gläubiger ist von seinem Schuldner außer der
Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu fordern berechtiget. Sie bestehen in
dem Zuwachse, und in den Früchten der Hauptsache; in den bestimmten oder in den
Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze des verursachten Schadens; oder dessen,
was dem Andern daran liegt, daß die Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllet
worden; endlich in dem Betrage, welchen ein Theil sich auf diesen Fall bedungen
hat.
§. 913. In wie weit mit einem dinglichen Rechte das Recht auf den
Zuwachs, oder auf die Früchte verbunden sey, ist in dem ersten und vierten
Hauptstücke des zweyten Theiles bestimmet worden. Wegen eines bloß persönlichen
Rechtes hat der Berechtigte noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. In wie weit
dem Gläubiger ein Recht auf diese zukomme, ist theils aus den besondern Arten
und Bestimmungen der Verträge; theils aus dem Hauptstücke, von dem Rechte des
Schadenersatzes und der Genugthuung, zu entnehmen.
Auslegungsregeln bey Verträgen.
§. 914. Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an dem
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien
zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen
Verkehrs entspricht.
§. 915. Bey einseitig verbindlichen Verträgen wird im Zweifel
angenommen, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die schwerere
Last auflegen wollte; bey zweyseitig verbindlichen wird eine undeutliche
Aeußerung zum Nachtheile desjenigen erkläret, der sich derselben bedienet hat.
(§. 869.)
§. 916. Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit
dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein
anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner wahren
Beschaffenheit zu beurteilen.
Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben
hat, kann die Einrede des Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.
Allgemeine Bestimmungen über entgeltliche Verträge und Geschäfte
§. 917. Bei einem entgeltlichen Vertrage werden entweder Sachen
mit Sachen, oder Handlungen, worunter auch die Unterlassungen gehören, mit
Handlungen, oder endlich Sachen mit Handlungen und Handlungen mit Sachen
vergolten.
§. 917a. Ist zum Schutz eines Vertragspartners gesetzlich
bestimmt, daß kein höheres oder kein niedrigeres als ein bestimmtes Entgelt
vereinbart werden darf, so ist eine Entgeltvereinbarung soweit unwirksam, als
sie dieses Höchstmaß über- beziehungsweise dieses Mindestmaß unterschreitet. Im
zweiten Fall gilt das festgelegte Mindestentgelt als vereinbart.
§. 918. Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder
nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt
wird, kann der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung
begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den
Rücktritt vom Vertrag erklären.
Ist die Erfüllung für beide Seiten teilbar, so kann wegen
Verzögerung einer Teilleistung der Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder
auch aller noch ausstehenden Teilleistungen erklärt werden.
§. 919. Ist die Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen
einer festbestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß der
Rücktrittsberechtigte, wenn er auf der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf
der Zeit dem andern ohne Verzug anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später
nicht mehr auf der Erfüllung bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des
Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen
läßt, daß die verspätete Leistung oder, im Falle der Verspätung einer
Teilleistung, die noch übrigen Leistungen für den Empfänger kein Interesse
haben.
§. 920. Wird die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten
oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil
entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage
zurücktreten. Bei teilweiser Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die
Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung
entnehmen läßt, daß die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§. 921. Der Rücktritt vom Vertrage läßt den Anspruch auf Ersatz
des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt. Das
bereits empfangene Entgelt ist auf solche Art zurückzustellen oder zu vergüten,
daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn
zieht.
Gewährleistung
§. 922. Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt,
leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die
Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass
sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie
der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet
werden kann.
Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist auch danach zu
beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der über sie gemachten öffentlichen
Äußerungen des Übergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung und in
den der Sache beigefügten Angaben, erwarten kann; das gilt auch für öffentliche
Äußerungen einer Person, die die Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum
eingeführt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke
oder eines anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Solche
öffentlichen Äußerungen binden den Übergeber jedoch nicht, wenn er sie weder
kannte noch kennen konnte, wenn sie beim Abschluss des Vertrags berichtigt
waren oder wenn sie den Vertragsabschluss nicht beeinflusst haben konnten.
Fälle der Gewährleistung.
§. 923. Wer also der Sache Eigenschaften beylegt, die sie nicht
hat, und die ausdrücklich oder vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend
bedungen worden sind; wer ungewöhnliche Mängel, oder Lasten derselben
verschweigt; wer eine nicht mehr vorhandene, oder eine fremde Sache als die
seinige veräußert; wer fälschlich vorgibt, daß die Sache zu einem bestimmten
Gebrauche tauglich; oder daß sie auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten
frey sey; der hat, wenn das Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
Vermutung der Mangelhaftigkeit
§. 924. Der Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die bei der
Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn
der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe hervorkommt. Die
Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels
unvereinbar ist.
§. 925. Durch Verordnung wird bestimmt, inwiefern die Vermutung
eintritt, daß ein Tier schon vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb
bestimmter Fristen gewisse Krankheiten und Mängel hervorkommen.
§. 926. Von der rechtlichen Vermutung, daß der Mangel schon vor
der Übergabe des Tieres vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur dann
Gebrauch machen, wenn er dem Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem
Gemeindevorsteher sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das
Tier durch einen Sachverständigen untersuchen läßt oder die gerichtliche
Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt.
§. 927. Vernachlässigt der Übernehmer diese Vorsicht, so liegt ihm
der Beweis ob, daß das Tier schon vor der Übergabe mangelhaft war. Immer steht
aber auch dem Übergeber der Beweis offen, daß der gerügte Mangel erst nach der
Übergabe eingetreten sei.
§. 928. Fallen die Mängel einer Sache in die Augen oder sind die
auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so
findet außer dem Falle arglistigen Verschweigens des Mangels oder einer
ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von allen Fehlern und Lasten frei sei,
keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden und Rückstände, welche auf der
Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§. 929. Wer eine fremde Sache wissentlich an sich bringt, hat eben
so wenig Anspruch auf eine Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich
darauf Verzicht gethan hat.
§. 930. Werden Sachen in Pausch und Bogen, nähmlich so, wie sie
stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und Gewicht übergeben; so ist der Uebergeber,
außer dem Falle, daß eine von ihm fälschlich vorgegebene, oder von dem
Empfänger bedungene Beschaffenheit mangelt, für die daran entdeckten Fehler
nicht verantwortlich.
Bedingung der Gewährleistung.
§. 931. Wenn der Übernehmer wegen eines von einem Dritten auf die
Sache erhobenen Anspruches von der Gewährleistung Gebrauch machen will, so muß
er seinem Vormann den Streit verkündigen. Unterläßt er dies, so verliert er
zwar noch nicht das Recht der Schadloshaltung, aber sein Vormann kann ihm alle
wider den Dritten unausgeführt gebliebenen Einwendungen entgegensetzen und sich
dadurch von der Entschädigung in dem Maße befreien, als erkannt wird, daß diese
Einwendungen, wenn von ihnen der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine
andere Entscheidung gegen den Dritten veranlaßt haben würden.
Rechte aus der Gewährleistung
§. 932. Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die Verbesserung
(Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der Sache, eine
angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die Aufhebung des
Vertrags (Wandlung) fordern.
Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder den
Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der
Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen
Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der
Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere
des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen
Unannehmlichkeiten.
Die Verbesserung oder der Austausch ist in angemessener Frist und
mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken, wobei
die Art der Sache und der mit ihr verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind.
Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder
für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat
der Übernehmer das Recht auf Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen
geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung. Dasselbe gilt, wenn der
Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in
angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit
erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen,
in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.
§. 932a. Während des Rechtsstreites über
die Aufhebung des Vertrages wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf Antrag
einer der Parteien, sobald die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist, durch
einstweilige Verfügung den gerichtlichen Verkauf des Tieres und die gerichtliche
Hinterlegung des Erlöses anzuordnen.
Verjährung
§. 933. Das Recht auf die Gewährleistung muss, wenn es
unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen
betrifft, binnen zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist
beginnt mit dem Tag der Ablieferung der Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit
dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird. Die Parteien können
eine Verkürzung oder Verlängerung dieser Frist vereinbaren.
Bei Viehmängeln beträgt die Frist sechs Wochen. Sie beginnt bei
Mängeln, für die eine Vermutungsfrist besteht, erst nach deren Ablauf.
In jedem Fall bleibt dem Übernehmer die Geltendmachung durch
Einrede vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem Übergeber den Mangel
anzeigt.
Schadenersatz
§. 933a. Hat der Übergeber den Mangel verschuldet, so kann der
Übernehmer auch Schadenersatz fordern.
Wegen des Mangels selbst kann der Übernehmer auch als
Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er
kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der
Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die
Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist
vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen
Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der
Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Nach Ablauf von zehn Jahren ab der Übergabe der Sache obliegt für
einen Ersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit selbst und wegen eines durch
diese verursachten weiteren Schadens dem Übernehmer der Beweis des Verschuldens
des Übergebers.
Besonderer Rückgriff
§. 933b. Hat ein Unternehmer einem Verbraucher Gewähr geleistet,
so kann er von seinem Vormann, wenn auch dieser Unternehmer ist, auch nach
Ablauf der Fristen des § 933 die Gewährleistung fordern. Dasselbe gilt für
frühere Übergeber im Verhältnis zu ihren Vormännern, wenn sie selbst wegen der
Gewährleistungsrechte des letzten Käufers ihrem Nachmann Gewähr geleistet
haben. Der Anspruch ist mit der Höhe des eigenen Aufwandes beschränkt.
Ansprüche nach Abs. 1 sind innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung
der eigenen Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend zu machen. Die Haftung
eines Rückgriffspflichtigen verjährt jedenfalls in fünf Jahren nach Erbringung
seiner Leistung. Die Frist wird durch eine Streitverkündigung für die Dauer des
Rechtsstreits gehemmt.
Schadloshaltung wegen Verkürzung über
die Hälfte.
§. 934. Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil
nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von diesem an
dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt das Gesetz dem verletzten Theile das
Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu fordern.
Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu ersetzen bereit
ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem
Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§. 935. Die Anwendung des § 934 kann vertraglich nicht
ausgeschlossen werden; er ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn jemand erklärt
hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um einen außerordentlichen Werth zu
übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre Werth bekannt war, sich dennoch zu
dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden hat; ferner, wenn aus dem
Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie einen, aus einem
entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag schließen wollten; wenn
sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt; endlich wenn die Sache von
dem Gerichte versteigert worden ist.
Von der Verabredung eine künftigen
Vertrages.
§. 936. Die Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu
wollen, ist nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als
die wesentlichen Stücke des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen
nicht dergestalt verändert worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte,
oder aus den Umständen hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des
einen oder andern Theiles verloren wird. Ueberhaupt muß auf die Vollziehung
solcher Zusagen längstens in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpuncte
gedrungen werden; widrigen Falls ist das Recht erloschen.
Von dem Verzicht auf Einwendungen.
§. 937. Allgemeine, unbestimmte Verzichtleistungen auf
Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages sind ohne Wirkung.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen.
Schenkung.
§. 938. Ein Vertrag, wodurch eine Sache jemanden unentgeldlich
überlassen wird, heißt eine Schenkung.
In wie fern eine Verzichtleistung eine Schenkung sey.
§. 939. Wer auf ein gehofftes, oder wirklich angefallenes, oder
zweifelhaftes Recht Verzicht thut, ohne es einem Andern ordentlich abzutreten, oder
dasselbe dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung zu erlassen, ist für keinen
Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung.
§. 940. Es verändert die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie
aus Erkenntlichkeit; oder in Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten; oder
als eine besondere Belohnung desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher
kein Klagerecht darauf gehabt haben.
§. 941. Hat der Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung
gehabt, entweder, weil sie unter den Parteyen schon bedungen, oder durch das
Gesetz vorgeschrieben war; so hört das Geschäft auf, eine Schenkung zu seyn,
und ist als ein entgeldlicher Vertrag anzusehen.
Wechselseitige Schenkungen.
§. 942. Sind Schenkungen vorher dergestalt bedungen, das der
Schenkende wieder beschenkt werden muß; so entsteht keine wahre Schenkung im
Ganzen; sondern nur in Ansehung des übersteigenden Werthes.
Form des Schenkungsvertrages,
§. 943. Aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche Uebergabe
geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst dem Geschenknehmer kein Klagerecht.
Dieses Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet werden.
und Maß einer Schenkung.
§. 944. Ein unbeschränkter Eigenthümer kann mit Beobachtung der
gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes gegenwärtiges Vermögen verschenken.
Ein Vertrag aber, wodurch das künftige Vermögen verschenket wird, besteht nur
in so weit, als er die Hälfte diese Vermögens nicht übersteigt.
In wie fern der Geber für das Geschenkte hafte.
§. 945. Wer wissentlich eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer
diesen Umstand verschweigt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
Unwiderruflichkeit der Schenkungen.
§. 946. Schenkungsverträge dürfen in der Regel nicht widerrufen
werden.
Ausnahmen:
1) wegen Dürftigkeit;
§. 947. Geräth der Geschenkgeber in der Folge in solche
Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen Unterhalte gebricht; so ist er befugt,
jährlich von dem geschenkten Betrage die gesetzlichen Zinsen, in so weit die
geschenkte Sache, oder derselben Werth noch vorhanden ist, und ihm der nöthige Unterhalt
mangelt, von dem Beschenkten zu fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst
in gleich dürftigen Umständen befindet. Aus mehrern Geschenknehmern ist der
frühere nur in so weit verbunden, als die Beyträge der spätern zum Unterhalte
nicht zureichen.
2) Undanks;
§. 948. Wenn der Beschenkte sich gegen seinen Wohlthäter eines
groben Undankes schuldig macht, kann die Schenkung widerrufen werden. Unter
groben Undanke wird eine Verletzung am Leibe, an Ehre, an Freyheit, oder am
Vermögen verstanden, welche von der Art ist, daß gegen den Verletzer von Amts
wegen, oder auf Verlangen des Verletzten nach dem Strafgesetze verfahren werden
kann.
§. 949. Der Undank macht den Undankbaren für seine Person zum
unredlichen Besitzer, und gibt selbst dem Erben, des Verletzten, in so fern der
letztere den Undank nicht verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in
Natur oder Werthe vorhanden ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den
Erben des Verletzers.
3) Verkürzung des schuldigen Unterhalts;
§. 950. Wer jemanden den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann
dessen Recht durch Beschenkung eines Dritten nicht verletzen. Der auf solche
Art Verkürzte ist befugt, den Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu
belangen, was ihm der Schenkende nun nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern
Geschenknehmern ist die obige (§. 947.) Vorschrift anzuwenden.
4) des Pflichttheils;
§. 951. Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in
Anschlag gebracht werden (§ 785), der Nachlaß aber zu dessen Deckung nicht
ausreicht, kann der verkürzte Noterbe vom Beschenkten die Herausgabe des
Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages verlangen. Der Beschenkte kann die
Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden.
Ist der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigt, so haftet er dem
andern nur so weit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm bei
Einrechnung der Schenkungen gebührenden Pflichtteil erhalten würde.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur in dem
Maße, als der später Beschenkte zur Herausgabe nicht verpflichtet oder nicht
imstande ist. Gleichzeitig Beschenkte haften verhältnismäßig.
§. 952. Besitzt der Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren
Werth nicht mehr; so haftet er nur in so fern, als er sie unredlicher Weise aus
dem Besitze gelassen hat.
5) der Gläubiger;
§. 953. Unter eben dieser (§. 952.) Beschränkung können auch
diejenigen Geschenke zurückgefordert werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung
schon vorhandenen Gläubiger verkürzt worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen
jünger sind, als die Schenkung, erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der
Beschenkte eines hinterlistigen Einverständnisses überwiesen werden kann.
6) wegen nachgeborner Kinder.
§. 954. Dadurch, daß einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem
Schenkungsvertrage Kinder geboren werden, erwächst weder ihm, noch den
nachgebornen Kindern das Recht, die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er, oder
das nachgeborne Kind, im Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen
dessen Erben das oben angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des
geschenkten Betrages geltend machen. (§. 947.)
Welche Schenkungen auf die Erben nicht übergehen.
§. 955. Hat der Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung
in gewissen Fristen zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein
Recht, noch eine Verbindlichkeit; es müßte denn in dem Schenkungsvertrage
ausdrücklich anders bedungen worden seyn.
Schenkung auf den Todesfall.
§. 956. Eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem Tode des
Schenkenden erfolgen soll, ist mit Beobachtung der vorgeschriebenen
Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur dann
ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der
Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat,
und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage.
Verwahrungsvertrag.
§. 957. Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt;
so entsteht ein Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde,
noch nicht übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den
versprechenden Theil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.
§. 958. Durch den Verwahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder
Eigenthum, noch Besitz, noch Gebrauchsrecht; er ist bloßer Inhaber mit der
Pflicht, die ihm anvertraute Sache vor Schaden zu sichern.
Wann er in einen Darleihens- oder Leihvertrag;
§. 959. Wird dem Verwahrer auf sein Verlangen, oder durch
freywilliges Anerbiethen des Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört im
ersten Falle der Vertrag gleich nach der Verwilligung; im zweyten aber von dem
Augenblicke, da das Anerbiethen angenommen, oder von der hinterlegten Sache
wirklich Gebrauch gemacht worden ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er
wird bey verbrauchbaren Sachen in einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in
einen Leihvertrag umgeändert, und es treten die damit verbundenen Rechte und
Pflichten ein.
oder in eine Bevollmächtigung übergehe.
§. 960. Es können bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge
gegeben werden. Wird aber dem Uebernehmer zugleich ein anderes, auf die
anvertraute Sache sich beziehendes, Geschäft aufgetragen; so wird er als ein
Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte des Verwahrers;
§. 961. Die Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute
Sache durch die bestimmte Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf
derselben dem Hinterleger in eben dem Zustande, in welchem er sie übernommen
hat, und mit allem Zuwachse zurückzustellen.
§. 962. Der Verwahrer muß dem Hinterleger auf Verlangen die Sache
auch noch vor Verlauf der Zeit zurückstellen, und kann nur den Ersatz des ihm
etwa verursachten Schadens begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache
nicht früher zurückgeben; es wäre denn, daß ein unvorhergesehener Umstand ihn
außer Stand setzte, die Sache mit Sicherheit oder ohne seinen
eigenen Nachtheil zu verwahren.
§. 963. Ist die Verwahrungszeit weder ausdrücklich bestimmt
worden, noch sonst aus Nebenumständen abzunehmen; so kann die Verwahrung nach
Belieben aufgekündet werden.
§. 964. Der Verwahrer haftet dem Hinterleger für den aus der
Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge verursachten Schaden, aber nicht für
den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die anvertraute, obschon kostbarere
Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte retten können.
§. 965. Hat aber der Verwahrer von der hinterlegten Sache Gebrauch
gemacht; hat er sie ohne Noth und ohne Erlaubniß des Hinterlegers einem Dritten
in Verwahrung gegeben; oder die Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet
einen Schaden, welchem sie bey dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre;
so kann er keinen Zufall vorschützen, und die Beschädigung wird ihm
zugerechnet.
§. 966. Wenn Sachen verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und
in der Folge das Schloß oder Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger,
wenn er eine Abgang behauptet, zur Beschwörung seiner Schadens, in so fern
derselbe nach seinem Stande, Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich
ist, nach Vorschrift der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, daß der
Verwahrer beweisen könnte, daß die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne
sein Verschulden geschehen sey. Das Nähmliche hat auch dann zu gelten, wenn
sämmtliche auf solche Art hinterlegte Sachen in Verlust gerathen sind.
und des Hinterlegers.
§. 967. Der Hinterleger ist verpflichtet, dem Verwahrer den
schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und die zur Erhaltung der verwahrten
Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden Nutzungen verwendeten Kosten zu
ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um das hinterlegte Gut zu retten,
seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er einen angemessenen Ersatz fordern.
Die wechselseitigen Forderungen des Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen
Sache können aber nur binnen dreyßig Tagen von Zeit der Zurückstellung
angebracht werden.
Sequester.
§. 968. Wird eine in Anspruch genommene Sache von den streitenden
Parteyen oder vom Gerichte jemanden in Verwahrung gegeben; so heißt der Verwahrer,
Sequester. Die Rechte und Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier
festgesetzten Grundsätzen beurtheilt.
Ob dem Verwahrer ein Lohn gebühre.
§. 969. Ein Lohn kann für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden,
wenn er ausdrücklich, oder nach dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend
bedungen worden ist.
Gastaufnahme
§. 970. Gastwirte, die Fremde beherbergen, haften als Verwahrer
für die von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sache, sofern sie nicht
beweisen, daß der Schaden weder durch sie oder einen ihrer Leute verschuldet
noch durch fremde, in dem Hause aus- und eingehende Personen verursacht ist.
Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten
mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen zu entscheiden, ob und in
welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
Als eingebracht gelten die Sachen, die dem Wirte oder einem seiner
Leute übergeben oder an einen von diesen angewiesenen oder hierzu bestimmten
Ort gebracht sind. Ebenso haften Unternehmer, die Stallungen und
Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrzeuge
und die auf diesen befindlichen Sachen.
Den Wirten werden gleichgehalten die Besitzer von Badeanstalten in
Rücksicht auf die üblicherweise eingebrachten Sachen der Badegäste. 4 8
§. 970a. Ablehnung der Haftung durch Anschlag ist ohne rechtliche
Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere haftet der Gastwirt nur bis
zum Betrage von 550 Euro, es sei denn, daß er diese Sachen in Kenntnis ihrer
Beschaffenheit zur Aufbewahrung übernommen hat oder daß der Schaden von ihm
selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.
§. 970b. Der Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme erlischt, wenn
der Beschädigte nach erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht ohne Verzug dem
Wirte die Anzeige macht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Sachen vom Wirte zur
Aufbewahrung übernommen waren.
§. 970c. Den im § 970 bezeichneten Personen steht das Recht zu,
zur Sicherung ihrer Forderungen aus der Beherbergung und Verpflegung sowie
ihrer Auslagen für die Gäste die eingebrachten Sachen zurückzuhalten.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage.
Leihvertrag.
§. 971. Wenn jemanden eine unverbrauchbare Sache bloß zum
unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte Zeit übergeben wird; so entsteht
ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man jemanden eine Sache zu leihen
verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar verbindlich, aber noch kein
Leihvertrag.
Rechte und Pflichten des Entlehners:
1) in Rücksicht des Verbrauches;
§. 972. Der Entlehner erwirbt das Recht, den ordentlichen oder
näher bestimmten Gebrauch von der Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er
verpflichtet, eben dieselbe Sache zurückzustellen.
2) der Zurückstellung;
§. 973. Wenn keine Zeit zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die
Absicht des Gebrauches bestimmt worden ist; so ist der Entlehner verbunden, mit
dem Gebrauche nicht zu zögern, und die Sache so bald als möglich zurück zu
geben.
§. 974. Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches
bestimmt; so entsteht kein wahrer Vertrag, sondern ein unverbindliches
Bittleihen (Precarium), und der Verleiher kann die entlehnte Sache nach
Willkühr zurückfordern.
§. 975. Bey einem Streite über die Dauer des Gebrauches muß der
Entlehner das Recht auf den längern Gebrauch beweisen.
§. 976. Wenn gleich die verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und
vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher selbst unentbehrlich wird; so hat er
ohne ausdrückliche Verabredung doch kein Recht, die Sache früher zurück zu
nehmen.
§. 977. Der Entlehner ist zwar in der Regel berechtiget, die
entlehnte Sache auch vor der bestimmten Zeit zurück zu geben: fällt aber die
frühere Zurückgabe dem Verleiher beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen
nicht Statt finden.
3) der Beschädigung;
§. 978. Wenn der Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht,
als es bedungen war, oder den Gebrauch derselben eigenmächtig einem Dritten
gestattet; so ist er dem Verleiher verantwortlich, und dieser auch berechtiget,
die Sache sogleich zurück zu fordern.
§. 979. Wird die geliehene Sache beschädiget, oder zu Grunde
gerichtet; so muß der Entlehner nicht nur den zunächst durch sein Verschulden
verursachten, sondern auch den zufälligen Schaden, den er durch eine
widerrechtliche Handlung veranlaßt hat, so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen.
(§. 965.)
§. 980. Dadurch, daß der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den
Werth erlegt, hat er noch kein Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird,
gegen den Willen des Eigenthümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist,
den empfangenen Werth zurück zu geben.
4) der Erhaltungskosten.
§. 981. Die mit dem Gebrauche ordentlicher Weise verbunden Kosten
muß der Entlehner selbst bestreiten. Die außerordentlichen Erhaltungskosten hat
er zwar, dafern er die Sache dem Verleiher nicht zur eigenen Besorgung
überlassen kann oder will, inzwischen vorzuschießen; doch werden sie ihm gleich
einem redlichen Besitzer vergütet.
Beschädigung der wechselseitigen Klagen.
§. 982. Wenn der Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen
Mißbrauch, oder übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig Tagen nicht gerüget;
oder, wenn der Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten
außerordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht
hat; so ist die Klage erloschen.
Ein u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Darleihensvertrage.
Darleihen.
§. 983. Wenn jemanden verbrauchbare Sachen unter der Bedingung
übergeben werden, daß er zwar willkührlich darüber verfügen könne, aber nach
einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte zurück geben
soll; so entsteht ein Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls
verbindlichen Vertrage (§. 936), ein Darleihen künftig zu geben, nicht zu
verwechseln.
Arten desselben.
§. 984. Ein Darleihen wird entweder in Geld oder in anderen
verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne, oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren
Falle nennet man es auch einen Zinsenvertrag.
Gelddarleihen.
§. 985. Ein Gelddarleihen kann klingende Münze, oder Papiergeld,
oder öffentliche Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.
a) in klingender Münze, oder Papiergeld;
§. 986. In wie fern ein Darleihen in klingender Münze überhaupt
geschlossen werden könne, und in welcher Währung (Valuta) ein solches
Darleihen, oder ein Darleihen in Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die
darüber bestehenden besonderen Vorschriften.
§. 987. Wenn ein Darleiher sich die Zahlungen in der besonderen,
von ihm gegebenen, Münz-Sorte bedungen hat; so muß die Zahlung in eben dieser
Münz-Sorte geleistet werden.
§. 988. Gesetzliche Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren
Gehaltes gehen auf Rechnung des Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der
bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z. B. von 1000 Stücken kaiserlicher Ducaten,
oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken ohne Rücksicht, ob deren äußerer Werth in der
Zwischenzeit erhöht oder vermindert worden ist. Wird aber der innere Werth
geändert; so ist die Zahlung im Verhältniß zu dem
inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des Darleihens hatte, zu
leisten.
§. 989. Sind zur Zeit der Rückzahlung dergleichen Münz-Sorten im
Staate nicht im Umlaufe; so muß der Schuldner den Gläubiger mit zunächst
ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und Art befriedigen, daß derselbe den zur
Zeit des Darleihens bestandenen innern Werth dessen, was er gegeben hat,
erhalte.
b) in Schuldscheinen.
§. 990. In öffentlichen Schuldscheinen können Darleihen in der Art
gültig geschlossen werden, daß die Tilgung der Schuld entweder mit einem
durchaus gleichen öffentlichen Schuldscheine, wie der dargeliehene war,
geleistet, oder der Betrag nach dem Werthe, welchen der Schuldschein zur Zeit
des Darleihens hatte, zurückgezahlt werde.
§. 991. Wenn statt Geldes ein Privat-Schuldschein oder Waaren
gegeben worden sind; so ist der Schuldner nur verbunden, entweder den
Schuldschein oder die empfangenen Waaren unbeschädigt zurück zu stellen, oder
dem Gläubiger den von diesem zu erweisenden Schaden zu ersetzen.
c) Darleihen in anderen verbrauchbaren Gegenständen.
§. 992. Bey Darleihen, die nicht über Geld, sondern über andere
verbrauchbare Gegenstände geschlossen werden, macht es, dafern nur die
Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte und Menge bedungen worden,
keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am Werthe gestiegen oder gefallen
sind.
Zinsen.
§. 993. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 994. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 995. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 996. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 997. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 998. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 999. Zinsen von Gelddarleihen sind in der nähmlichen Währung
(Valuta), wie das Capital selbst zu entrichten.
§. 1000. An Zinsen, die ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden
sind oder aus dem Gesetz gebühren, sind, sofern gesetzlich nicht anderes
bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.
Der Gläubiger einer Geldforderung kann Zinsen von Zinsen verlangen,
wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Sonst kann er, sofern
fällige Zinsen eingeklagt werden, Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit
an fordern. Wurde über die Höhe der Zinseszinsen keine Vereinbarung getroffen,
so sind ebenfalls vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.
Haben die Parteien über die Frist zur Zahlung der Zinsen keine
Vereinbarung getroffen, so sind diese bei der Zurückzahlung des Kapitals oder,
sofern der Vertrag auf mehrere Jahre abgeschlossen worden ist, jährlich zu
zahlen.
§. 1001. Damit ein Schuldschein über einen Darleihensvertrag einen
vollständigen Beweis mache, müssen darin der eigentliche Darleiher oder
Gläubiger sowohl, als der eigentliche Anleiher oder Schuldner; der Gegenstand
und Betrag des Darleihens; und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung
desselben, wie auch alle auf die Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die
etwa zu entrichtenden Zinsen sich beziehende Bedingungen redlich und deutlich
bestimmt werden. Die äußere, zur Beweiskraft nöthige Form einer Schuldurkunde
setzt die Gerichtsordnung fest.
Zwey u. zwanzigstes Hauptstück.
Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung.
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1002. Der Vertrag, wodurch jemand ein ihm aufgetragenes
Geschäft im Nahmen des Andern zur Besorgung übernimmt, heißt
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1003. Personen, welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte
öffentlich bestellt worden, sind schuldig, über einen darauf sich beziehenden
Auftrag ohne Zögerung gegen den Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob
sie denselben annehmen oder nicht; widrigen Falls bleiben sie dem Auftragenden
für den dadurch veranlaßten Nachtheil verantwortlich.
Eintheilung der Bevollmächtigung in eine unentgeldliche oder
entgeldliche;
§. 1004. Wird für die Besorgung eines fremden Geschäftes entweder
ausdrücklich, oder nach dem Stande des Geschäftsträgers auch nur
stillschweigend eine Belohnung bedungen; so gehört der Vertrag zu den
entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.
mündliche oder schriftliche;
§. 1005. Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder
schriftlich geschlossen werden. Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber
hierüber ausgestellte Urkunde wird Vollmacht genannt.
allgemeine oder besondere;
§. 1006. Es gibt allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem
jemanden die Besorgung aller, oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die
besonderen Vollmachten können bloß gerichtliche oder bloß außergerichtliche
Geschäfte überhaupt; oder sie können einzelne Angelegenheiten der einen oder
andern Gattung zum Gegenstande haben.
Unumschränkte, oder beschränkte;
§. 1007. Vollmachten werden entweder mit unumschränkter oder mit
beschränkter Freyheit zu handeln ertheilet. Durch die erstere wird der
Gewalthaber berechtiget, das Geschäft nach seinem besten Wissen und Gewissen zu
leiten; durch die letztere aber werden ihm die Gränzen, wie weit, und die Art,
wie er dasselbe betreiben soll, vorgeschrieben.
§. 1008. Folgende Geschäfte: Wenn im Nahmen eines Andern Sachen
veräußert, oder entgeldlich übernommen; Anleihen oder Darleihen geschlossen;
Geld oder Geldeswerth erhoben; Processe anhängig gemacht; Eide aufgetragen,
angenommen oder zurückgeschoben, oder Vergleiche getroffen werden sollen,
erfordern eine besondere, auf diese Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht.
Wenn aber eine Erbschaft unbedingt angenommen oder ausgeschlagen;
Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen gemacht; das Befugniß, einen
Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte unentgeldlich aufgegeben
werden sollen; ist eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte
Vollmacht nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte Vollmachten sind in
diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des Geschäftes in der Vollmacht
ausgedrückt worden ist.
Rechte und Verbindlichkeiten des Gewalthabers;
§. 1009. Der Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem
Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen,
und allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen.
Er ist, ob er gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtiget, alle Mittel
anzuwenden, die mit der Natur des Geschäftes nothwendig verbunden, oder der
erklärten Absicht des Machtgebers gemäß sind. Ueberschreitet er aber die
Gränzen der Vollmacht; so haftet er für die Folgen.
§. 1010. Trägt der Gewalthaber das Geschäft ohne Noth einem
Dritten auf; so haftet er ganz allein für den Erfolg. Wird ihm aber die
Bestellung eines Stellvertreters in der Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder
durch die Umstände unvermeidlich; so verantwortet er nur ein bey der Auswahl
der Person begangenes Verschulden.
§. 1011. Wird mehrern Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft
aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller zur Gültigkeit des Geschäftes, und
Verpflichtung des Machtgebers nothwendig; wenn nicht ausdrücklich Einem oder
Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der Vollmacht ertheilt worden ist.
§. 1012. Der Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch
sein Verschulden verursachten Schaden zu ersetzen, und die bey dem Geschäfte
vorkommenden Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.
§. 1013. Gewalthaber sind, außer dem im §. 1004. enthaltenen
Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist
ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des Machtgebers in Rücksicht auf die
Geschäftsverwaltung von einem Dritten Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen
werden zur Armen-Casse eingezogen.
des Gewaltgebers;
§. 1014. Der Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur
Besorgung des Geschäftes nothwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bey
fehlgeschlagenem Erfolge, zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung
der baren Auslagen auch einen angemessenen Vorschuß zu leisten; er muß ferner
allen durch sein Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages
verbundenen Schaden vergüten.
§. 1015. Leidet der Gewalthaber bey der Geschäftsführung nur
zufälliger Weise Schaden; so kann er in dem Falle, daß er das Geschäft
unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen solchen Betrag fordern, welcher ihm
bey einem entgeldlichen Vertrage zur Vergütung der Bemühung nach dem höchsten
Schätzungswerthe gebührt haben würde.
§. 1016. Ueberschreitet der Gewalthaber die Gränzen seiner
Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so fern verbunden, als er das Geschäft
genehmiget, oder den aus dem Geschäfte entstandenen Vortheil sich zuwendet.
in Rücksicht eines Dritten.
§. 1017. In so fern der Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht
den Gewaltgeber vorstellt, kann er ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen.
Hat er also innerhalb der Gränzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen
Vertrag geschlossen; so kommen die dadurch gegründeten Rechte und
Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und dem Dritten; nicht aber dem Gewalthaber
zu. Die dem Gewalthaber ertheilte geheime Vollmacht hat auf die Rechte des
Dritten keinen Einfluß.
§. 1018. Auch in dem Falle, daß der Gewaltgeber einen solchen
Gewalthaber, der sich selbst zu verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind
die innerhalb der Gränzen der Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den
Gewaltgeber, als für den Dritten verbindlich.
§. 1019. Ist der Gewalthaber zu dem von ihm geschlossenen Geschäft
nicht oder nicht ausreichend bevollmächtigt, so ist er, wenn der Gewaltgeber
weder das Geschäft genehmigt noch sich den aus dem Geschäft entstandenen
Vorteil zuwendet (§ 1016), dem anderen Teil zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, den dieser im Vertrauen auf die Vertretungsmacht erleidet. Der
Gewalthaber haftet jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, das der
andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrages hat.
Auflösung des Vertrages durch den Widerruf.
§. 1020. Es steht dem Machtgeber frey, die Vollmacht nach Belieben
zu widerrufen; doch muß er dem Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit
gehabten Kosten und den sonst erlittenen Schaden ersetzen; sondern auch einen
der Bemühung angemessenen Theil der Belohnung entrichten. Dieses findet auch
dann Statt, wenn die Vollendung des Geschäftes durch einen Zufall verhindert
worden ist.
die Aufkündung;
§. 1021. Auch der Machthaber kann die angenommene Vollmacht
aufkünden. Wenn er sie aber vor Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen,
oder vermöge der allgemeinen Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet; so
muß er, dafern nicht ein unvorgesehenes und unvermeidliches Hinderniß
eingetreten ist, allen daraus entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod.
§. 1022. In der Regel wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des
Gewaltgebers, als des Gewalthabers aufgehoben. Läßt sich aber das angefangene
Geschäft ohne offenbaren Nachtheil der Erben nicht
unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den Sterbefall des
Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht, das Geschäft zu
vollenden.
§. 1023. Die von einem Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und
übernommenen Vollmachten werden durch die Erlöschung der Gemeinschaft
aufgehoben.
oder Concurs.
§. 1024. Verfällt der Machtgeber in Concurs; so sind alle
Handlungen, die der Gewalthaber nach Kundmachung des Concurses im Nahmen des
Concurs-Schuldners unternommen hat, ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die
Verhängung des Concurses über das Vermögen des Machthabers schon an und für
sich die ertheilte Vollmacht für aufgehoben.
In wie fern die Verbindlichkeit fortdauere.
§. 1025. Wird die Vollmacht durch Widerruf, Aufkündung, oder durch
den Tod des Gewaltgebers oder Gewalthabers aufgehoben; so müssen doch die
Geschäfte, welche keinen Aufschub leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von
dem Machtgeber oder dessen Erben eine andere Verfügung getroffen worden ist,
oder füglich getroffen werden konnte.
§. 1026. Auch bleiben die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der
Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen Verträge
verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bey dem Gewalthaber, der die
Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erhohlen.
Stillschweigende Bevollmächtigung der Dienstpersonen.
§. 1027. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben
auch ihre Anwendung auf die Eigenthümer einer Handlung, eines Schiffes,
Kaufladens oder andern Gewerbes, welche die Verwaltung einem Factor, Schiffer,
Ladendiener oder andern Geschäftsträgern anvertrauen.
§. 1028. Die Rechte solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus
der Urkunde ihrer Bestellung, dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich
kundgemachte Befugniß der Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurtheilen.
§. 1029. Ist die Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden; so
wird ihr Umfang aus dem Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes
beurtheilet. Wer einem Andern eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird
vermuthet, daß er ihm auch die Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun,
was die Verwaltung selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist. (§.
1009.)
Der Überbringer einer Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung
zu empfangen, sofern nicht dem Leistenden bekannte Umstände der Annahme einer
solchen Ermächtigung entgegenstehen.
§. 1030. Gestattet der Eigenthümer einer Handlung, oder eines
Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge, Waaren im Laden oder außer demselben zu
verkaufen; so wird vermuthet, daß sie bevollmächtigt seyn, die Bezahlung zu
empfangen, und Quittungen dagegen auszustellen.
§. 1031. Die Vollmacht, Waaren im Nahmen des Eigenthümers zu
verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf das Recht, in seinem Nahmen Waaren
einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den Werth der ihnen anvertrauten Güter
beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es nicht ausdrücklich in
Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§. 1032. Dienstgeber und Familienhäupter sind nicht verbunden,
das, was von ihren Dienstpersonen oder andern Hausgenossen in ihrem Nahmen auf
Borg genommen wird, zu bezahlen. Der Borger muß in solchen Fällen den gemachten
Auftrag erweisen.
§. 1033. Besteht aber zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein
ordentliches Einschreibebuch, worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet
werden; so gilt die Vermuthung, daß der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu nehmen.
Gerichtliche und gesetzliche Bevollmächtigung.
§. 1034. Das Recht der Großeltern, der Pflegeeltern, anderer mit
der Obsorge betrauter Personen, der Sachwalter und Kuratoren, die Geschäfte
ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten, gründet sich auf die Anordnung des
Gerichts. Die Eltern (ein Elternteil) werden unmittelbar durch das Gesetz mit
der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder betraut; Gleiches gilt nach Maßgabe
der §§ 211, 212 und 215 Abs. 1 letzter Satz für Jugendwohlfahrtsträger und nach
Maßgabe der §§ 284b bis 284e für nächste Angehörige.
Geschäftsführung ohne Auftrag;
§. 1035. Wer weder durch ausdrücklichen oder stillschweigenden
Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetze das Befugniß erhalten hat,
darf der Regel nach sich in das Geschäft eines Andern nicht mengen. Hätte er
sich dessen angemaßt; so ist er für alle Folgen verantwortlich.
im Nothfalle;
§. 1036. Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft zur
Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft
er besorgt hat, den nothwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen
schuldig; wenn gleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist.
(§. 403.)
oder zum Nutzen des Andern;
§. 1037. Wer fremde Geschäfte bloß, um den Nutzen des Andern zu
befördern, übernehmen will, soll sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der
Geschäftsführer zwar diese Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine
Kosten zu des Andern klarem, überwiegenden Vortheile geführet; so müssen ihm
von diesem die darauf verwendeten Kosten ersetzt werden.
§. 1038. Ist aber der überwiegende Vortheil nicht klar; oder hat
der Geschäftsführer eigenmächtig so wichtige Veränderungen in einer fremden
Sache vorgenommen, daß die Sache dem Andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher
benützte, unbrauchbar wird, so ist dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann
vielmehr verlangen, daß der Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den
vorigen Stand zurücksetze, oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle
Genugthuung leiste.
§. 1039. Wer ein fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen
hat, muß es bis zur Vollendung fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten
genaue Rechnung darüber ablegen.
gegen den Willen des Andern.
§. 1040. Wenn jemand gegen den gültig erklärten Willen des
Eigenthümers sich eines fremden Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen
Bevollmächtigten durch eine solche Einmengung an der Besorgung des Geschäftes
verhindert; so verantwortet er nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und
entgangenen Gewinn, sondern er verliert auch den gemachten Aufwand, in so fern
er nicht in Natur zurück genommen werden kann.
Verwendung einer Sache zum Nutzen des Andern.
§. 1041. Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines
Anderen verwendet worden ist; kann der Eigenthümer sie in Natur, oder, wenn
dieß nicht mehr geschehen kann, den Werth verlangen, den sie zur Zeit der
Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.
§. 1042. Wer für einen Andern einen Aufwand macht, den dieser nach
dem Gesetze selbst hätte machen müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.
§. 1043. Hat jemand in einem Nothfalle, um einen größern Schaden
von sich und Andern abzuwenden, sein Eigenthum aufgeopfert; so müssen ihn Alle,
welche daraus Vortheil zogen, verhältnißmäßig entschädigen. Die ausführlichere
Anwendung dieser Vorschrift auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.
§. 1044. Die Vertheilung der Kriegsschäden wird nach besondern
Vorschriften von den politischen Behörden bestimmt.
Drey u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Tauschvertrage.
Tausch.
§. 1045. Der Tausch ist ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine
andere Sache überlassen wird. Die wirkliche Uebergabe ist nicht zur Errichtung;
sondern nur zur Erfüllung des Tauschvertrages, und zur Erwerbung des
Eigenthumes nothwendig.
§. 1046. Das Geld ist kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch
lassen sich Gold und Silber als eine Waare und selbst als Münz-Sorten in so
weit vertauschen, als sie nur gegen andere Münz-Sorten, goldene nähmlich gegen
silberne, kleinere gegen größere Stücke verwechselt werden sollen.
Rechte und Pflichten der Tauschenden
§. 1047. Tauschende sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die
vertauschten Sachen der Verabredung gemäß mit ihren Bestandteilen und mit allem
Zugehör zu rechter Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem
sie sich bei Schließung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu
übergeben und zu übernehmen.
insbesondere in Rücksicht der Gefahr
§. 1048. Ist keine Zeit bedungen, zu welcher die Uebergabe
geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit entweder die vertauschte bestimmte
Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt, oder zufälliger Weise ganz, oder
doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde gerichtet, so ist der Tausch für nicht
geschlossen anzusehen.
§. 1049. Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte
Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers.
Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden; so trägt der
Uebernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders hierdurch
das Ganze nicht über die Hälfte am Werthe verändert worden ist.
und der Nutzungen vor der Uebergabe.
§. 1050. Dem Besitzer gebühren die Nutzungen der vertauschten
Sache bis zur bedungenen Zeit der Uebergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie,
sammt dem Zuwachse, dem Uebernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben
worden ist.
§. 1051. Ist keine Zeit zur Uebergabe der bestimmten Sache
bedungen, und fällt keinem Theile ein Versehen zur Last; so sind die obigen Vorschriften
wegen Gefahr und Nutzungen (§§. 1048-1050) auf den Zeitpunct der Uebergabe
selbst anzuwenden; in so fern die Parteyen nicht etwas Anderes festgesetzt
haben.
§. 1052. Wer auf die Übergabe dringen will, muß seine
Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Auch der zur
Vorausleistung Verpflichtete kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder
Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte
Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des
Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.
Vier u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Kaufvertrage.
Kaufvertrag.
§. 1053. Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe
Geldes einem Andern überlassen. Er gehört, wie der Tausch zu den Titeln ein
Eigenthum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt erst durch die Uebergabe des
Kaufgegenstandes. Bis zur Uebergabe behält der Verkäufer das Eigenthumsrecht.
Erfordernisse des Kaufvertrages.
§. 1054. Wie die Einwilligung des Käufers und Verkäufers
beschaffen seyn müssen, und welche Sache gekauft und verkauft werden dürfen,
dieses wird nach den Regeln des Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muß
im baren Gelde bestehen, und darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig seyn.
Der Kaufpreis muß
a) im baren Gelde bestehen;
§. 1055. Wird eine Sache theils gegen Geld; theils gegen eine
andere Sache veräußert; so wird der Vertrag, je nachdem der Werth am Gelde mehr
oder weniger, als der gemeine Werth der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder
Tausche, und bey gleichem Werthe der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt;
§. 1056. Käufer und Verkäufer können die Festsetzung des Preises
auch einer dritten bestimmten Person überlassen. Wird von dieser in dem
bedungenen Zeitraume nichts festgesetzt; oder will im Falle, daß kein Zeitraum
bedungen worden ist, ein Theil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten; so
wird der Kaufvertrag als nicht geschlossen angesehen.
§. 1057. Wird die Bestimmung des Preises mehreren Personen
überlassen, so entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so
verschieden aus, daß der Preis nicht einmahl durch wirkliche Mehrheit der
Stimmen festgesetzt wird; so ist der Kauf für nicht eingegangen zu achten.
§. 1058. Auch der Werth, welcher bey einer frühern Veräußerung
bedungen worden ist, kann zur Bestimmung des Preises dienen. Hat man den
ordentlichen Marktpreis zum Grunde gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des
Ortes und der Zeit, wo und in welcher der Vertrag erfüllet werden muß,
angenommen.
c) nicht gesetzwidrig seyn.
§. 1059. (Anm.: Aufgehoben durch § 33 Z. 7, BGBl 1979/Nr. 140 -
Konsumentenschutzgesetz.)
§. 1060. Außer diesem Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer
als Verkäufer nur wegen Verletzung über die Hälfte bestritten werden (§§.
934-935). Diese Beschwerde findet auch dann Statt, wenn der Ausspruch des
Kaufpreises einem Dritten überlassen worden ist.
Pflichten des Verkäufers,
§. 1061. Der Verkäufer ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der
Uebergabe sorgfältig zu verwahren und sie dem Käufer nach eben den Vorschriften
zu übergeben, welche oben bey dem Tausche (§. 1047) aufgestellt worden sind.
und des Käufers.
§. 1062. Der Käufer hingegen ist verbunden, die Sache sogleich,
oder zur bedungenen Zeit zu übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar
abzuführen; widrigen Falls ist der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu
verweigern berechtiget.
§. 1063. Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer ohne das
Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist die Sache auf Borg verkauft, und das
Eigenthum derselben geht gleich auf den Käufer über.
§. 1063a. Die Kosten der Übergabe der verkauften Ware,
insbesondere die Kosten des Messens und des Wägens, fallen dem Verkäufer zur
Last, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache an einen anderen Ort
als den Erfüllungsort aber dem Käufer.
§. 1063b. Wenn dem Käufer beim Kauf einer beweglichen Sache die
nähere Bestimmung der Form, des Maßes oder ähnlicher Verhältnisse vorbehalten
ist, ist er verpflichtet, die vorbehaltene Bestimmung zu treffen. Im Übrigen
gilt § 906 Abs. 2 sinngemäß.
Gefahr und Nutzen des Kaufgegenstandes.
§. 1064. In Rücksicht der Gefahr und Nutzungen einer zwar
gekauften, aber noch nicht übergebenen Sache gelten die nähmlichen
Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben worden sind. (§§. 1048-1051.)
Kauf einer gehofften Sache.
§. 1065. Wenn Sachen, die noch zu erwarten stehen, gekauft werden;
so sind die in dem Hauptstücke von gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen
anzuwenden.
Allgemeine Vorschrift.
§. 1066. In allen bey einem Kaufvertrag vorkommenden Fällen,
welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich entschieden werden, sind die in den
Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und von dem Tauschvertrage insbesondere
aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages.
§. 1067. Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages
sind: der Vorbehalt des Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf
auf die Probe; der Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers; und der
Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt des Wiederkaufes.
§. 1068. Das Recht eine verkaufte Sache wieder einzulösen, heißt
das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne
nähere Bestimmung eingeräumt, so wird von einer Seite das Kaufstück in einem
nicht verschlimmerten Zustande; von der andern Seite aber das erlegte Kaufgeld
zurück gegeben, und die inzwischen beyderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen
Nutzungen bleiben gegen einander aufgehoben.
§. 1069. Hat der Käufer das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert;
oder zu dessen Erhaltung außerordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm
gleich einem redlichen Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn
durch sein Verschulden der Werth verändert, oder die Zurückgabe vereitelt
worden ist.
§. 1070. Der Vorbehalt des Wiederkaufes findet nur bei
unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem Verkäufer nur für seine Lebenszeit.
Er kann sein Recht weder auf die Erben noch auf einen anderen übertragen. Ist
das Recht in die öffentlichen Bücher einverleibt, so kann die Sache auch einem
Dritten abgefordert werden und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen
oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf mit Vorbehalt des Rückverkaufes.
§. 1071. Den nähmlichen Beschränkungen unterliegt das von dem
Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem Verkäufer wieder zurück zu verkaufen;
und es sind auf dasselbe die für den Wiederkauf ertheilten Vorschriften anzuwenden.
Ist aber die Bedingung des Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und
eigentlich, um ein Pfandrecht oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht
worden, so tritt die Vorschrift des §. 916 ein.
Vorbehalt des Vorkaufsrechtes.
§. 1072. Wer eine Sache mit der Bedingung verkauft, daß der
Käufer, wenn er solche wieder verkaufen will, ihm die Einlösung anbiethen soll,
der hat das Vorkaufsrecht.
§. 1073. Das Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches
Recht. In Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die
öffentlichen Bücher in ein dingliches verwandelt werden.
§. 1074. Auch kann das Vorkaufsrecht weder einem Dritten
abgetreten, noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden.
§. 1075. Der Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen vier und
zwanzig Stunden; unbewegliche aber binnen dreyßig Tagen, nach der geschehenen
Anbiethung, wirklich einlösen. Nach Verlauf dieser Zeit ist das Vorkaufsrecht
erloschen.
§. 1076. Das Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen
Feilbiethung der mit diesem Rechte belasteten Sache keine andere Wirkung, als
daß der den öffentlichen Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbiethung
insbesondere vorgeladen werden muß.
§. 1077. Der zur Einlösung Berechtigte muß außer dem Falle einer
andern Verabredung, den vollständigen Preis, welcher von einem Dritten
angebothen worden ist, entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen
Kaufpreise angebothenen Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich
auch durch einen Schätzungswerth nicht ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht
nicht ausgeübt werden.
§. 1078. Das Vorkaufsrecht läßt sich auf andere Veräußerungsarten
ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen.
§. 1079. Hat der Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht
angebothen, so muß er ihm für allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen
Vorkaufsrechtes kann die veräußerte Sache dem Dritten abgefordert werden, und
dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes
behandelt.
Kauf auf die Probe.
§. 1080. Der Kauf auf Probe ist unter der im Belieben des Käufers
stehenden Bedingung geschlossen, daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist
im Zweifel eine aufschiebende; der Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf
nicht gebunden, der Verkäufer hört auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis
zum Ablaufe der Probezeit nicht genehmigt.
§. 1081. Ist die Sache zum Zwecke der Besichtigung oder Probe
bereits übergeben, so gilt Stillschweigen des Käufers bis nach Ablauf der
Probezeit als Genehmigung.
§. 1082. Ist bei einem Kauf auf Probe keine Probezeit vereinbart
worden, so kann der Verkäufer dem Käufer eine angemessene Frist als Probezeit
setzen.
§. 1083. Wird das Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, daß
der Verkäufer, wenn sich binnen einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer
meldet, denselben vorzuziehen befugt sey; so bleibt in dem Falle, daß das
Kaufstück nicht übergeben worden, die Wirklichkeit des Vertrages bis zum
Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§. 1084. Ist das Kaufstück übergeben worden, so ist der
Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber durch den Eintritt der Bedingung wieder
aufgelöset. Bey dem Mangel einer ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bey dem
Kaufe auf die Probe angenommene Zeitraum vermuthet.
§. 1085. Ob der neue Käufer besser sey, beurtheilet der Verkäufer.
Er kann den zweyten Käufer, wenn der erste auch noch mehr zahlen wollte,
vorziehen. Bey der Auflösung des Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache
und des Geldes gegen einander auf. In Rücksicht der Verbesserungen oder
Verschlimmerungen wird der Käufer gleich einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag.
§. 1086. Wenn jemand seine bewegliche Sache einem Andern für einen
gewissen Preis zum Verkaufe übergibt, mit der Bedingung, daß ihm der
Uebernehmer binnen einer festgesetzten Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld
liefern oder die Sache zurückstellen soll; so ist der Uebergeber vor Verlauf
der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht berechtiget; der Uebernehmer aber
muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld entrichten.
§. 1087.
Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber Eigenthümer. Der
Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden verursachten Schaden, und
es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche Kosten vergütet, die dem
Uebergeber zum Nutzen gereichen.
§. 1088.
Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die Zahlungsfrist nicht
bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber angesehen. In keinem
Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten, welcher sie von dem
Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat, abgefordert werden. (§. 367.)
§. 1089.
Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und den Tausch- und
Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der Regel Statt; in so
fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung eigene Anordnungen
enthalten sind.
Fünf u. zwanzigstes Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen.
Bestandvertrag.
§. 1090. Der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch einer
unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten Preis
erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.
I.) Mieth- und Pachtvertrag.
§. 1091. Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand
gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen läßt, ein Miethvertrag; wenn
sie aber nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag
genannt. Werden durch einen Vertrag Sachen von der ersten und zweyten Art
zugleich in Bestand gegeben; so ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der
Hauptsache zu beurtheilen.
Erfordernisse.
§. 1092. Mieth- und Pachtverträge können über die nähmlichen
Gegenstände und auf die nähmliche Art, als der Kaufvertrag geschlossen werden.
Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn keine andere Uebereinkunft getroffen worden
ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§. 1093. Der Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen und
unbeweglichen Sachen, als seine Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in
den Fall kommen, den Gebrauch seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten
gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung.
§. 1094. Sind die vertragschließenden Theile über das Wesentliche
des Bestandes, nähmlich über die Sache und den Preis, übereingekommen; so ist
der Vertrag vollkommen abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft
anzusehen.
§. 1095. Wenn ein Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher
eingetragen ist; so ist das Recht des Bestandnehmers als ein dingliches Recht
zu betrachten, welches sich auch der nachfolgende Besitzer auf die noch übrige
Zeit gefallen lassen muß.
Wechselseitige Rechte:
1) In Hinsicht auf Ueberlassung, Erhaltung, Benützung.
§. 1096. Vermieter und Verpächter sind verpflichtet, das
Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu
erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht
zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft oder wird es
während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, daß
es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die
Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses
befreit. Auf diese Befreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.
Der Pächter hat die gewöhnlichen Ausbesserungen der
Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu tragen, als sie mit den Materialien
des Gutes und den Diensten, die er nach der Beschaffenheit des Gutes zu fordern
berechtigt ist, bestritten werden können.
§. 1097. Werden Ausbesserungen nötig, welche dem Bestandgeber
obliegen, so ist der Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet,
dem Bestandgeber ohne Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer wird als ein
Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem
Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen nützlichen Aufwand (§
1037) gemacht hat; er muß aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach
Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage
erloschen.
§. 1098. Mieter und Pächter sind berechtiget, die Miet- und
Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu
benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des
Eigentümers geschehen kann und im Vertrage nicht ausdrücklich untersagt worden
ist.
2) Lasten;
§. 1099. Bey Vermiethungen trägt alle Lasten und Abgaben der
Vermiether. Bey eigentlichen Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen
geschehen, übernimmt der Pächter, mit Ausschluß der eingetragenen
Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die Pachtung nach einem Anschlage
geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von dem Ertrage abgezogen worden
sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von dem Grunde selbst entrichtet
werden müssen.
3) Zins.
§. 1100. Ist nichts anderes vereinbart oder ortsüblich, so ist der
Zins, wenn eine Sache auf ein oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird,
halbjährlich, bei einer kürzeren Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu
entrichten.
§. 1101. Zur Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter
einer unbeweglichen Sache das Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder
seinen mit ihm in gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern
gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung
entzogen sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer
pfandweisen Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer
gerichtlichen Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem
Vollzuge sein Recht bei Gericht anmeldet.
Zieht der Mieter aus oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der
Zins entrichtet oder sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf
eigene Gefahr zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise
Beschreibung ansuchen oder die Sachen herausgeben.
Dem Verpächter eines Grundstückes steht in gleichem Umfange und
mit gleicher Wirkung das Pfandrecht an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh
und den Wirtschaftsgerätschaften und den darauf noch befindlichen Früchten zu.
§. 1102. Der Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des
Bestandzinses bedingen. Hat aber der Bestandnehmer mehr als eine Fristzahlung
voraus geleistet, so kann er dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder
neuen Eigentümer nur dann entgegensetzen, wenn sie in dem öffentlichen Buch
ersichtlich gemacht ist.
Zins in Früchten.
§. 1103. Wenn der Eigenthümer sein Gut mit der Bedingung überläßt,
daß der Uebernehmer die Wirthschaft betreiben, und dem Uebergeber einen auf die
ganze Nutzung sich beziehenden Theil, z. B. ein Drittheil oder die Hälfte der
Früchte geben solle; so entsteht kein Pacht-, sondern ein Gesellschaftsvertrag,
welcher nach den darüber aufgestellten Regeln beurtheilet wird.
Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses.
§. 1104. Wenn die in Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher
Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge,
oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann,
so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch
kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.
§. 1105. Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls einen
beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein verhältnismäßiger
Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse,
wenn durch außerordentliche Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr
gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen
sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch diesen Abfall
an dem Pachtzinse mangelt.
§. 1106. Hat der Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich
genommen; so werden darunter nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge
verstanden. Andere außerordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine
Gefahr. Verbindet er sich aber ausdrücklich, auch alle andere außerordentliche
Unglücksfälle zu tragen; so wird deßwegen noch nicht vermuthet, daß er auch für
den zufälligen Untergang des ganzen Pachtstückes haften wolle.
§. 1107. Wird der Gebrauch oder Genuß des Bestandstückes nicht
wegen dessen Beschädigung oder sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus
einem dem Bestandnehmer zugestoßenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt,
oder waren zur Zeit der Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon
abgesondert, so fällt die widrige Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last.
Er muß den Zins doch entrichten. Der Bestandgeber muß sich aber den ersparten
Aufwand und die Vorteile, die er durch anderweitige Verwertung des
Bestandstückes erlangt, anrechnen.
§. 1108. Behauptet der Pächter den Erlaß des ganzen Pachtzinses
oder eines Theiles davon entweder aus dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muß
er dem Verpächter ohne Zeitverlust den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und
die Begebenheit, wenn sie nicht landkundig ist, gerichtlich, oder wenigstens
durch zwey sachkundige Männer erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht
angehört.
4) Zurückstellung;
§. 1109. Nach geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die
Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem
er sie übernommen hat, gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die
Jahreszeit, in welcher der Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher
wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die
Einwendung der Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn
vor der Zurückstellung schützen.
§. 1110. Wenn bey dem Bestandvertrage kein Inventarium errichtet
worden ist; so tritt die nähmliche Vermuthung, wie bey der Fruchtnießung (§.
518) ein.
§. 1111. Wird das Mieth- oder Pachtstück beschädiget, oder durch
Mißbrauch abgenützt; so haften Miether und Pächter sowohl für ihr eigenes, als
des Afterbestandnehmers Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der
Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen Einem Jahre nach
Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht
erloschen.
5) Auflösung des Bestandvertrages:
a) durch Untergang der Sache;
§. 1112. Der Bestandvertrag löset sich
von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde geht. Geschieht dieß aus
Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern Ersatz; geschieht es durch
einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit;
§. 1113. Der Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der
Zeit, welcher ausdrücklich oder stillschweigend, entweder durch den nach einem
gewissen Zeitraume ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag- Wochen- und
Monathzimmern, oder durch die erklärte, oder aus dem Umständen hervorleuchtende
Absicht des Bestandnehmers bedungen worden ist.
wenn keine Erneuerung geschieht;
§. 1114. Der Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich;
sondern auch stillschweigend erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine
vorläufige Aufkündigung bedungen worden; so wird der Vertrag durch die
Unterlassung der gehörigen Aufkündigung stillschweigend erneuert. Ist keine
Aufkündigung bedungen worden; so geschieht eine stillschweigende Erneuerung,
wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen
oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabey bewenden läßt.
§. 1115. Die stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages
geschieht unter den nähmlichen Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen
war. Doch erstreckt sie sich bey Pachtung nur auf Ein Jahr; wenn aber der
ordentliche Genuß erst in einem spätern Zeitraume erfolgen kann, auf eine so
lange Zeit als nothwendig ist, um die Nutzungen einmahl beziehen zu können.
Miethungen, wofür man den Zins erst nach einem ganzen oder halben Jahre zu
bezahlen pflegt, werden auf ein halbes Jahr; alle kürzere Miethungen aber auf
diejenige Zeit stillschweigend erneuert, welche vorher durch den Bestandvertrag
bestimmt war. Von wiederhohlten Erneuerungen gilt das Nähmliche, was hier in
Rücksicht der ersten Erneuerung vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung;
§. 1116. In so fern die Dauer eines Bestandvertrages weder
ausdrücklich, noch stillschweigend, noch durch besondere Vorschriften bestimmt
ist, muß derjenige, welcher den Vertrag aufheben will, dem Andern die Pachtung
sechs Monathe; die Miethung einer unbeweglichen Sache vierzehn Tage; und einer
beweglichen vier und zwanzig Stunden vorher aufkündigen, als die Abtretung
erfolgen soll.
§. 1116a. Durch den Tod eines der vertragschließenden Teile wird
der Bestandvertrag nicht aufgeschoben. Wohnungsmieten können jedoch, wenn der
Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer sowohl von den Erben
des Mieters wie von dem Vermieter unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1117. Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der
bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das
Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand
geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein
beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder
unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter
Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage
darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluß
gekannt hat.
§. 1118. Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung
des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen
nachtheiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der
Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den
rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein
vermiethetes Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist
der Miether zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber
nothwendige Ausbesserungen.
§. 1119. Wenn dem Vermiether die Nothwendigkeit der neuen
Bauführung schon zur Zeit des geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte; oder,
wenn die Nothwendigkeit der durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen
aus Vernachlässigung der kleinern Ausbesserungen entstanden ist; so muß dem
Miether für den vermißten Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet
werden.
d) Veräußerung der Sache.
§. 1120. Hat der Eigenthümer das Bestandstück an einen Andern
veräußert, und ihm bereits übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn sein
Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der
gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht auf den
erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung zu
fordern.
§. 1121. Bei einer zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das
Bestandrecht, wenn es in die öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln. Hat der Ersteher das
Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der Bestandnehmer nach gehöriger
Aufkündigung weichen.
§. 1122. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1123. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1124. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1125. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1126. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1127. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1128. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1129. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1130. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1131. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1132. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1133. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1134. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1135. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1136. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1137. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1138. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1139. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1140. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1141. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1142. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1143. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1144. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1145. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1146. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1147. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1148. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1149. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1150. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113
– Deregulierungsgesetz 2006.)
Sechs u. zwanzigstes Hauptstück.
Von Verträgen über Dienstleistungen
Dienst- und Werkvertrag.
§. 1151. Wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung
für einen anderen verpflichtet, so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung
eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.
Insoweit damit eine Geschäftsbesorgung (§ 1002) verbunden ist,
müssen auch die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag beobachtet
werden.
§. 1152. Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht
Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen.
1. Dienstvertrag.
§. 1153. Wenn sich aus dem Dienstvertrage oder aus den Umständen
nichts anderes ergibt, hat der Dienstnehmer die Dienste in eigener Person zu leisten
und ist der Anspruch auf die Dienste nicht übertragbar. Soweit über Art und
Umfang der Dienste nichts vereinbart ist, sind die den Umständen nach
angemessenen Dienste zu leisten.
Anspruch auf das Entgelt.
§. 1154. Wenn nichts anderes vereinbart oder bei Diensten der
betreffenden Art üblich ist, ist das Entgelt nach Leistung der Dienste zu
entrichten.
Ist das Entgelt nach Monaten oder kürzeren Zeiträumen bemessen, so
ist es am Schlusse des einzelnen Zeitraumes; ist es nach längeren Zeiträumen
bemessen, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten. Ein nach
Stunden, nach Stück oder Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die schon
vollendeten Leistungen am Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es sich
jedoch um Dienste höherer Art handelt, am Schlusse eines jeden Kalendermonats
zu entrichten.
In jedem Falle wird das bereits verdiente Entgelt mit der
Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
§. 1154a. Der nach Stück oder Einzelleistungen entlohnte
Dienstnehmer kann einen den geleisteten Diensten und seinen Auslagen
entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des Entgelts verlangen.
§. 1154b. Der Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf das Entgelt,
wenn er nach Antritt des Dienstes durch Krankheit oder Unglücksfall an der
Dienstleistung verhindert ist, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe
Fahrlässigkeit verschuldet zu haben, bis zur Dauer von sechs Wochen. Der
Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von acht Wochen, wenn das
Dienstverhältnis fünf Jahre, von zehn Wochen, wenn es 15 Jahre und von zwölf
Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch jeweils weitere
vier Wochen behält der Dienstnehmer den Anspruch auf das halbe Entgelt.
Bei wiederholter Dienstverhinderung durch Krankheit (Unglücksfall)
innerhalb eines Arbeitsjahres besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts
nur insoweit, als die Dauer des Anspruchs gemäß Abs. 1 noch nicht erschöpft
ist.
Wird ein Dienstnehmer durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit im
Sinne der Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung an der Leistung
seiner Dienste verhindert, ohne dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch
grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, so behält er seinen Anspruch auf das
Entgelt ohne Rücksicht auf andere Zeiten einer Dienstverhinderung bis zur Dauer
von acht Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von
zehn Wochen, wenn das Dienstverhältnis 15 Jahre ununterbrochen gedauert hat.
Bei wiederholten Dienstverhinderungen, die im unmittelbaren ursächlichen
Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit stehen, besteht
ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts innerhalb eines Dienstjahres nur
insoweit, als die Dauer des Anspruchs nach dem ersten oder zweiten Satz noch
nicht erschöpft ist. Ist ein Dienstnehmer gleichzeitig bei mehreren
Dienstgebern beschäftigt, so entsteht ein Anspruch nach diesem Absatz nur
gegenüber jenem Dienstgeber, bei dem die Dienstverhinderung im Sinne dieses
Absatzes eingetreten ist; gegenüber den anderen Dienstgebern entstehen
Ansprüche nach Abs. 1.
Kur- und Erholungsaufenthalte, Aufenthalte in Heil- und
Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen, die wegen
eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit von einem Träger der
Sozialversicherung, dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen gemäß § 12 Abs. 4 Opferfürsorgegesetz, einem Bundesamt für
Soziales und Behindertenwesen oder einer Landesregierung auf Grund eines
Behindertengesetzes auf deren Rechnung bewilligt oder angeordnet werden, sind
einer Dienstverhinderung gemäß Abs. 3 gleichzuhalten.
Der Dienstnehmer behält ferner den Anspruch auf das Entgelt, wenn
er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden
während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der Dienstleistung verhindert
wird.
Durch Kollektivvertrag können von Abs. 5 abweichende Regelungen
getroffen werden. Bestehende Kollektivverträge gelten als abweichende
Regelungen.
§. 1155. Auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen
sind, gebührt dem Dienstnehmer das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und
durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden
ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der
Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu
erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der
Dienstleistung verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.
Erlöschen der Ansprüche.
§. 1156. Die dem Dienstgeber nach § 1154b obliegenden
Verpflichtungen erlöschen, wenn das Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit,
für die es eingegangen wurde, oder infolge einer früheren Kündigung oder einer
Entlassung endet, die nicht durch die Erkrankung oder sonstige die Person des
Dienstnehmers betreffende wichtige Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist.
Wird der Dienstnehmer wegen der Verhinderung entlassen oder wird ihm während
der Verhinderung gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des
Dienstverhältnisses in Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.
§. 1156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 2000/Nr. 44 –
Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)
Erlöschen der Ansprüche.
§. 1156b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 2000/Nr. 44 –
Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)
Fürsorgepflicht des Dienstgebers.
§. 1157. Der Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und
bezüglich der von ihm beizustellenden oder beigestellten Räume und
Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des
Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist,
geschützt werden.
Ist der Dienstnehmer in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers
aufgenommen, so hat dieser in Ansehung des Wohn- und Schlafraumes, der
Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit die mit Rücksicht auf
Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des Dienstnehmers erforderlichen
Anordnungen zu treffen.
Endigung des Dienstverhältnisses.
§. 1158. Das Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe der Zeit, für
die es eingegangen wurde.
Ein auf Probe oder nur für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes
vereinbartes Dienstverhältnis kann während des ersten Monates von beiden Teilen
jederzeit gelöst werden.
Ein für die Lebenszeit einer Person oder für länger als fünf Jahre
vereinbartes Dienstverhältnis kann von dem Dienstnehmer nach Ablauf von fünf
Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten gelöst werden.
Ist das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder
fortgesetzt worden, so kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen
gelöst werden.
Kündigungsfristen.
§. 1159. Eine Kündigung ist zulässig:
wenn bei einem Dienstverhältnisse, das keine Dienste höherer Art
zum Gegenstande hat, das Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach Stück oder
Einzelleistungen bemessen ist, jederzeit für den folgenden Tag; wenn ein
solches Dienstverhältnis die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich
in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat oder wenn das Entgelt nach
Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktage für den Schluß der
Kalenderwoche. Die Wirkung der Kündigung tritt im Falle der Entlohnung nach
Stück oder Einzelleistungen keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der
Kündigung in Ausführung begriffenen Leistungen ein.
§. 1159a. Wenn ein Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum
Gegenstande hat, die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in
Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf
die Art der Bemessung des Entgelts eine mindestens vierwöchentliche
Kündigungsfrist einzuhalten.
Dasselbe gilt überhaupt, wenn das Entgelt nach Jahren bemessen
ist.
§. 1159b. In allen anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter
Einhaltung einer mindestens vierzehntägigen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1159c. Die Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich
sein. Wurden ungleiche Fristen vereinbart, so gilt für beide Teile die längere
Frist.
Freizeit während der Kündigungsfrist
§. 1160. Bei Kündigung durch den Dienstgeber ist dem Dienstnehmer
während der Kündigungsfrist auf sein Verlangen wöchentlich mindestens ein
Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Schmälerung des
Entgelts freizugeben.
Ansprüche nach Abs. 1 bestehen nicht, wenn der Dienstnehmer einen
Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung hat, sofern
eine Bescheinigung über die vorläufige Krankenversicherung vom
Pensionsversicherungsträger ausgestellt wurde.
Abs. 2 gilt nicht bei Kündigung wegen Inanspruchnahme einer
Gleitpension gemäß § 253c ASVG.
Durch Kollektivvertrag können abweichende Regelungen getroffen
werden.
Konkurs.
§. 1161. Welche Wirkungen die Eröffnung des Konkurses über das
Vermögen des Dienstgebers auf das Dienstverhältnis hat, bestimmt die
Konkursordnung.
Vorzeitige Auflösung.
§. 1162. Das Dienstverhältnis kann, wenn es für bestimmte Zeit
eingegangen wurde, vor Ablauf dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist von jedem Teile aus wichtigen Gründen gelöst werden.
§. 1162a. Wenn der Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt,
kann der Dienstgeber entweder dessen Wiedereintritt zur Dienstleistung nebst
Schadenersatz oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen.
Wird der Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten. Für die schon
bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig ist, steht dem
Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des Entgelts nur insoweit
zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses für
den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben.
§. 1162b. Wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer ohne wichtigen
Grund vorzeitig entläßt oder wenn ihn ein Verschulden an dem vorzeitigen
Austritte des Dienstnehmers trifft, behält dieser, unbeschadet weitergehenden
Schadenersatzes, seine vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt für den
Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der
Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen,
unter Anrechnung dessen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung
erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben
absichtlich versäumt hat. Soweit jedoch der oben genannte Zeitraum drei Monate
nicht übersteigt, kann der Dienstnehmer das ganze für diese Zeit gebührende
Entgelt ohne Abzug sofort fordern.
§. 1162c. Trifft beide Teile ein Verschulden an der vorzeitigen
Lösung des Dienstverhältnisses, so hat der Richter nach freiem Ermessen zu
entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
§. 1162d. Ansprüche wegen vorzeitigen Austrittes oder vorzeitiger
Entlassung im Sinne der §§ 1162a und 1162b müssen bei sonstigem Ausschlusse
binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben werden konnten,
gerichtlich geltend gemacht werden.
Zeugnis.
§. 1163. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist dem
Dienstnehmer auf sein Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer und
Art der Dienstleistung auszustellen. Verlangt der Dienstnehmer während der
Dauer des Dienstverhältnisses ein Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine
Kosten auszustellen. Eintragungen und Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem
Dienstnehmer die Erlangung einer neuen Stellung erschwert wird, sind
unzulässig.
Zeugnisse des Dienstnehmers, die sich in Verwahrung des
Dienstgebers befinden, sind dem Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit
auszufolgen.
Zwingende Vorschriften
§. 1164. Die Berechtigungen des Dienstnehmers, die sich aus den
Bestimmungen der §§ 1154 Abs. 3, 1154b Abs. 1 bis 4, 1156 bis 1159b, 1160 und
1162a bis 1163 ergeben, können durch den Dienstvertrag oder durch Normen der
kollektiven Rechtsgestaltung nicht aufgehoben oder beschränkt werden.
Die §§ 1154b, 1156 und 1164 in der Fassung des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. 44/2000 sind auf Dienstverhinderungen anzuwenden, die in nach dem
31. Dezember 2000 begonnenen Arbeitsjahren eingetreten sind.
Die verlängerte Anspruchsdauer nach § 1154b Abs. 1 in der Fassung des
Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 bewirkt keine Verlängerung einer in Normen
der kollektiven Rechtsgestaltung oder Dienstverträgen vorgesehenen längeren
Anspruchsdauer. Sehen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder
Dienstverträge einen zusätzlichen Anspruch im Anschluss an den Anspruch nach §
1154b Abs. 1 vor, wird die Gesamtdauer der Ansprüche nicht verlängert.
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.
44/2000 für die Dienstnehmer günstigere Regelungen in Dienstverträgen oder in
Normen der kollektiven Rechtsgestaltung werden durch die Neuregelung des
Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 nicht berührt.
Dienstzettel für das freie Dienstverhältnis
§. 1164a. Liegt ein freies Dienstverhältnis (§ 4 Abs. 4
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils
geltenden Fassung) vor, so hat der Dienstgeber dem freien Dienstnehmer
unverzüglich nach dessen Beginn eine schriftliche Aufzeichnung über die
wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem freien Dienstvertrag (Dienstzettel)
auszuhändigen. Solche Aufzeichnungen sind von Stempel- und unmittelbaren
Gebühren befreit. Der Dienstzettel hat folgende Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift des Dienstgebers,
2. Name und Anschrift des freien Dienstnehmers,
3. Beginn des freien Dienstverhältnisses,
4. bei freien Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des
freien Dienstverhältnisses,
5. Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin,
6. vorgesehene Tätigkeit,
7. Entgelt, Fälligkeit des Entgelts.
Hat der freie Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als einen Monat
im Ausland zu verrichten, so hat der vor der Aufnahme der Auslandstätigkeit
auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche freie Dienstvertrag zusätzlich
folgende Angaben zu enthalten:
1. voraussichtliche Dauer der Auslandstätigkeit,
2. Währung, in der das Entgelt auszuzahlen ist, sofern es nicht in
Euro auszuzahlen ist,
3. allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach Österreich und
4. allfällige zusätzliche Vergütung für die Auslandstätigkeit.
Keine Verpflichtung zur Aushändigung eines Dienstzettels besteht,
wenn
1. die Dauer des freien Dienstverhältnisses höchstens einen Monat
beträgt oder
2. ein schriftlicher freier Dienstvertrag ausgehändigt wurde, der
alle in Abs. 1 und 2 genannten Angaben enthält, oder
3. bei Auslandstätigkeit die in Abs. 2 genannten Angaben in
anderen schriftlichen Unterlagen enthalten sind.
Jede Änderung der Angaben gemäß Abs. 1 und 2 ist dem freien
Dienstnehmer unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach ihrer Wirksamkeit
schriftlich mitzuteilen, es sei denn, die Änderung erfolgte durch Änderung von
Gesetzen.
Hat das freie Dienstverhältnis bereits am 1. Juli 2004 bestanden,
so ist dem freien Dienstnehmer auf sein Verlangen binnen zwei Monaten ein
Dienstzettel gemäß Abs. 1 auszuhändigen. Eine solche Verpflichtung des
Dienstgebers besteht nicht, wenn ein früher ausgestellter Dienstzettel oder ein
schriftlicher Vertrag über das freie Dienstverhältnis alle nach diesem
Bundesgesetz erforderlichen Angaben enthält.
Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 5 können durch den freien
Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.
2. Werkvertrag.
§. 1165. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich
auszuführen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.
§. 1166. Hat derjenige, der die Verfertigung einer Sache
übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so ist der Vertrag im Zweifel als
Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den Stoff, im Zweifel als Werkvertrag
zu betrachten.
Gewährleistung
§. 1167. Bei Mängeln des Werkes kommen die für entgeltliche
Verträge überhaupt geltenden Bestimmungen (§§ 922 bis 933b) zur Anwendung.
Vereitlung der Ausführung.
§. 1168. Unterbleibt die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer
gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch
Umstände, die auf Seite des Besteller liegen daran verhindert worden ist; er
muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder
durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt
hat. Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des
Werkes verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.
Unterbleibt eine zur Ausführung des Werkes erforderliche
Mitwirkung des Bestellers, so ist der Unternehmer auch berechtigt, ihm zur
Nachholung eine angemessene Frist zu setzen mit der Erklärung, daß nach
fruchtlosem Verstreichen der Frist der Vertrag als aufgehoben gelte.
§. 1168a. Geht das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen
Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust
des Stoffes trifft denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat. Mißlingt aber das
Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder
offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den
Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.
Fürsorgepflicht.
§. 1169. Die Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der die
Regelung der Dienstleistungen und die Arbeits- und Erholungszeit betreffenden,
finden auf den Werkvertrag sinngemäße Anwendung.
Entrichtung des Entgelts.
§. 1170. In der Regel ist das Entgelt nach vollendetem Werk zu
entrichten. Wird aber das Werk in gewissen Abteilungen verrichtet oder sind
Auslagen damit verbunden, die der Unternehmer nicht auf sich genommen hat, so
ist dieser befugt, einen verhältnismäßigen Teil des Entgelts und den Ersatz der
gemachten Auslagen schon vorher zu fordern.
§. 1170a. Ist dem Vertrage ein Kostenvoranschlag unter
ausdrücklicher Gewährleistung für seine Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann
der Unternehmer auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der
voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des Entgelts fordern.
Ist ein Voranschlag ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und
erweist sich eine beträchtliche Überschreitung als unvermeidlich, so kann der
Besteller unter angemessener Vergütung der vom Unternehmer geleisteten Arbeit
vom Vertrage zurücktreten. Sobald sich eine solche Überschreitung als
unvermeidlich herausstellt, hat der Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich
anzuzeigen, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert.
Sicherstellung bei Bauverträgen
§. 1170b. Der Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem
Bauwerk oder eines Teils hievon kann vom Besteller ab Vertragsabschluss für das
noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels des
vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu
erfüllen sind, aber bis zur Höhe von zwei Fünfteln des vereinbarten Entgelts,
verlangen. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden. Als Sicherstellung können
Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher, Bankgarantien oder Versicherungen dienen. Die
Kosten der Sicherstellung hat der Sicherungsnehmer zu tragen, soweit sie pro
Jahr zwei von Hundert der Sicherungssumme nicht übersteigen. Die
Kostentragungspflicht entfällt, wenn die Sicherheit nur mehr wegen Einwendungen
des Bestellers gegen den Entgeltanspruch aufrechterhalten werden muss und die
Einwendungen sich als unbegründet erweisen.
Sicherstellungen nach Abs. 1 sind binnen angemessener, vom
Unternehmer festzusetzender Frist zu leisten. Kommt der Besteller dem Verlangen
des Unternehmers auf Leistung einer Sicherstellung nicht, nicht ausreichend
oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung verweigern
und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Vertragsaufhebung erklären
(§ 1168 Abs. 2).
Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn der Werkbesteller eine juristische
Person des öffentlichen Rechts oder ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2
und Abs. 3 KSchG ist.
Erlöschen durch Tod.
§. 1171. Ein Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es auf die
besonderen persönlichen Eigenschaften des Unternehmers ankommt, erlischt durch
dessen Tod und seine Erben können nur den Preis für den zubereiteten
brauchbaren Stoff und einen dem Werte der geleisteten Arbeit angemessenen Teil
des Entgelts fordern. Stirbt der Besteller, so bleiben die Erben an den Vertrag
gebunden.
3. Verlagsvertrag.
§. 1172. Durch den Verlagsvertrag verpflichtet sich der Urheber
eines Werkes der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste oder sein
Rechtsnachfolger, das Werk einem anderen zur Vervielfältigung und Verbreitung
für eigene Rechnung zu überlassen, dieser (der Verleger) dagegen, das Werk zu
vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.
§. 1173. Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so
ist der Verleger nur zu einer Auflage berechtigt. Vor dem Absatze der Auflage
darf der Urheber über das Werk nur dann anderweitig verfügen, wenn er dem
Verleger eine angemessene Schadloshaltung leistet.
4. Leistung zu unerlaubtem Zweck.
§. 1174. Was jemand wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen
oder unerlaubten Handlung gegeben hat, kann er nicht wieder zurückfordern.
Inwiefern es der Fiskus einzuziehen berechtigt sei, bestimmen die politischen
Verordnungen. Ist aber etwas zur Verhinderung einer unerlaubten Handlung
demjenigen der diese Handlung begehen wollte, gegeben worden, so findet die
Zurückforderung statt.
Ein zum Zweck eines verbotenen Spieles gegebenes Darlehen kann
nicht zurückgefordert werden.
Sieben u. zwanzigst. Hauptstück.
Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter.
Entstehung einer Erwerbsgesellschaft.
Begriff.
§. 1175. Durch einen Vertrag, vermöge dessen zwey oder mehrere
Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder auch ihre
Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird eine Gesellschaft zu
einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.
Eintheilung.
§. 1176. Je nachdem die Mitglieder einer Gesellschaft nur einzelne
Sachen, oder Summen; oder eine ganze Gattung von Sachen, z. B. alle Waaren,
alle Früchte, alle liegende Gründe, oder endlich ihr ganzes Vermögen ohne
Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch die Arten der Gesellschaft
verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder weniger ausgedehnt.
§. 1177. Wenn ein Gesellschaftsvertrag auf das ganze Vermögen
lautet; so wird doch nur das gegenwärtige darunter verstanden. Wird aber auch das
künftige Vermögen mit begriffen; so versteht man darunter nur das erworbene,
nicht das ererbte; außer es wäre beydes ausdrücklich bedungen worden.
Form der Errichtung.
§. 1178. Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf das
gegenwärtige, oder nur auf das zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig,
wenn das von dem einen und dem andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich
beschrieben, und verzeichnet worden ist.
§. 1179. Wie der gesellschaftliche Vertrag unter Handelsleuten zu
errichten, in die gehörigen Register einzutragen und öffentlich bekannt zu
machen sey, bestimmen die besondern Handels- und politischen Gesetze. Werden
nur einzelne Geschäfte gemeinschaftlich betrieben; so ist genug, wenn der
darüber errichtete Vertrag in den Handlungsbüchern erscheint.
§. 1180. Der Vertrag über eine Gemeinschaft des ganzen sowohl
gegenwärtigen als künftigen Vermögens, welcher gewöhnlich nur zwischen
Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach den in dem Hauptstücke von den
Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu beurtheilen. Die gegenwärtigen
Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten der durch Vertrag errichteten
Gütergemeinschaft.
Wirkung des Vertrages und des wirklichen Beytrages.
§. 1181. Der Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter die Titel, ein
Eigenthum zu erwerben; die Erwerbung selbst aber, und die Gemeinschaft der
Güter oder Sachen kommt nur durch die Uebergabe derselben zu Stande.
Hauptstamm.
§. 1182. Alles, was ausdrücklich zum Betriebe des
gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden ist, macht das Capital, oder den
Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige, was jedes Mitglied besitzt, wird
als ein abgesondertes Gut betrachtet.
§. 1183. Wenn Geld, verbrauchbare, oder zwar unverbrauchbare,
jedoch in Geldwerth angeschlagene Sachen eingelegt werden; so ist nicht nur der
daraus verschaffte Nutzen, sondern auch der Hauptstamm in Rücksicht der
Mitglieder, welche hierzu beygetragen haben, als ein gemeinschaftlichen
Eigenthum anzusehen. Wer nur seine Mühe zum gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden
verspricht, hat zwar auf den Gewinn, nicht aber auf den Hauptstamm einen
Anspruch. (§. 1192.)
Rechte und Pflichten der Mitglieder:
Beytrag zum Hauptstamme; (Fond)
§. 1184. Jedes Mitglied ist, außer dem Falle einer besonderen
Verabredung, verbunden, einen gleichen Antheil zum gemeinschaftlichen
Hauptstamme beyzutragen.
Mitwirkung;
§. 1185. In der Regel sind alle Mitglieder verbunden, ohne
Rücksicht auf ihren größern oder geringern Antheil, zu dem gemeinschaftlichen
Nutzen gleich mitzuwirken.
§. 1186. Kein Mitglied ist befugt, die Mitwirkung einem Dritten
anzuvertrauen; oder jemanden in die Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der
Gesellschaft schädliches Nebengeschäft zu unternehmen.
§. 1187. Die Pflichten der Mitglieder werden durch den Vertrag
genauer bestimmt. Wer sich bloß zur Arbeit verbunden hat, der ist keinen
Beytrag schuldig. Wer lediglich einen Geld- oder andern Beytrag verheißen hat,
der hat weder die Verbindlichkeit, noch das Recht, auf eine andere Art zu dem
gemeinschaftlichen Erwerbe mitzuwirken.
§. 1188. Bey der Berathschlagung und Entscheidung über die
gesellschaftlichen Angelegenheiten sind, wenn keine andere Verabredung besteht,
die in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen
Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)
Nachschuß zum Hauptstamme;
§. 1189. Die Mitglieder können zu einem mehreren Beytrage, als
wozu sie sich verpflichtet haben, nicht gezwungen werden. Fände jedoch bey
veränderten Umständen ohne Vermehrung des Beytrages die Erreichung des
gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so kann das sich weigernde Mitglied
austreten, oder zum Austritte verhalten werden.
Betrieb der anvertrauten Geschäfte;
§. 1190. Wird Einem oder einigen Mitgliedern der Betrieb der
Geschäfte anvertraut; so sind sie als Bevollmächtigte zu betrachten. Auf ihre
Berathschlagungen und Entscheidungen über gesellschaftliche Angelegenheiten
sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842) erwähnten Vorschriften anzuwenden.
Haftung für den Schaden;
§. 1191. Jedes Mitglied haftet für den Schaden, den es der
Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt hat. Dieser Schaden läßt sich mit
dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst verschaffte, nicht ausgleichen. Hat
aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig unternommenes neues Geschäft der
Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von der andern Nutzen verursacht; so
soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt finden.
Vertheilung des Gewinnes;
§. 1192. Das Vermögen, welches nach Abzug aller Kosten und
erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm zurück bleibt, ist der Gewinn. Der
Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum derjenigen, welche dazu beygetragen
haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten zum Capitale geschlagen und alles
als ein gemeinschaftliches Gut erklärt worden.
§. 1193. Der Gewinn wird nach Verhältniß der Capitals-Beyträge
vertheilt, und die von allen Mitgliedern geleisteten Arbeiten heben sich gegen
einander auf. Wenn ein oder einige Mitglieder bloß arbeiten, oder nebst dem
Capitals–Beytrage zugleich Arbeiten leisten; so wird für die Bemühungen, wenn
keine Verabredung besteht, und die Gesellschafter sich nicht vereinigen können,
der Betrag mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Geschäftes, die angewendete
Mühe und den verschafften Nutzen vom Gerichte bestimmt.
§. 1194. Besteht der Gewinn nicht in barem Gelde, sondern in
andern Arten der Nutzungen; so geschieht die Theilung nach der in dem
Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes enthaltenen Vorschrift. (§§.
840–843.)
§. 1195. Die Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner
vorzüglichen Eigenschaften oder Bemühungen wegen, einen größern Gewinn
bewilligen, als ihm nach seinem Antheile zukäme; nur dürfen dergleichen
Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen oder Verkürzungen ausarten.
§. 1196. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
Vertheilung des Verlustes;
§. 1197. Hat die Gesellschaft ihre Einlage ganz oder zum Theile
verloren; so wird der Verlust in dem Verhältnisse vertheilet, wie im
entgegengesetzten Falle der Gewinn vertheilt worden wäre. Wer kein Capital
gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.
Rechnungslegung;
§. 1198. Die Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut ist, sind
verbunden, über den gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin gehörigen
Einnahmen und Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.
§. 1199. Die Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes oder
Verlustes kann vor Vollendung des Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn aber
Geschäfte betrieben werden, die durch mehrere Jahre fortdauern und einen
jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so können die Mitglieder, wenn anders das
Hauptgeschäft nicht darunter leidet, jährlich sowohl die Rechnung, als die
Vertheilung des Gewinnes verlangen. Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit
auf seine Kosten die Rechnungen einsehen.
§. 1200. Wer sich mit der bloßen Vorlegung des Abschlusses
(Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte, Rechnung zu fordern, entsagt hat,
kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem Theile der Verwaltung beweiset,
sowohl für den vergangenen Fall, als für alle künftige Fälle auf eine vollständige
Rechnung dringen.
Verhältniß gegen Nichtmitglieder.
§. 1201. Ohne die ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche
Einwilligung der Mitglieder oder ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft
einem Dritten nicht verbindlich gemacht werden. Bey Handelsleuten begreift das
kund gemachte, Einem oder mehreren Mitgliedern ertheilte Recht, die Firma zu
führen, nähmlich alle Urkunden und Schriften im Nahmen der Gesellschaft zu
unterschreiben, schon eine allseitige Vollmacht in sich. (§. 1028.)
§. 1202. Ein Mitglied, welches nur mit einem Theile seines
Vermögens in der Gesellschaft steht, kann ein von dem gemeinschaftlichen
abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach Belieben zu verfügen
berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein Dritter gegen die
Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und Verbindlichkeiten gegen
einzelne Mitglieder unterschieden werden.
§. 1203. Was also jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an
die Gesellschaft zu fordern oder zu zahlen hat, kann er auch nur an das
einzelne Mitglied, und nicht an die Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so
hat aber bey gesellschaftlichen Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur
für seinen Antheil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in
dem Falle, welcher bey Handelsleuten vermuthet wird, daß Alle für Einen und
Einer für Alle etwas zugesagt oder angenommen haben.
§. 1204. Die geheimen Mitglieder einer Handlungsgesellschaft;
solche nähmlich, welche ihr einen Theil des Fonds auf Gewinn und Verlust
dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder angekündiget worden sind, haften
in keinem Falle mit mehr als mit dem dargeliehenen Capitale. Die kund gemachten
Mitglieder haften mit ihrem ganzen Vermögen.
Auflösung der Gesellschaft, und Austritt aus derselben.
§. 1205. Die Gesellschaft löset sich von selbst auf, wenn das
unternommene Geschäft vollendet; oder nicht mehr fortzuführen; wenn der ganze
gemeinschaftliche Hauptstamm zu Grunde gegangen; oder wenn die zur Dauer der
Gesellschaft festgesetzte Zeit verflossen ist.
§. 1206. Die gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten gehen
in der Regel nicht auf die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn
mit ihnen die Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtiget, die Rechnungen
bis auf den Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind
aber im entgegengesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu
berichtigen.
§. 1207. Besteht die Gesellschaft nur aus zwey Personen; so
erlischt sie durch das Absterben der Einen. Besteht sie aus mehreren; so wird
von den übrigen Mitgliedern vermuthet, daß sie die Gesellschaft noch unter sich
fortsetzen wollen. Diese Vermuthung gilt auch überhaupt von den Erben der
Handelsleute.
§. 1208. Lautet der von Personen, die keine Handelsleute sind,
errichtete Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auch auf ihrer Erben; so sind
diese, wenn sie die Erbschaft antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des
Erblassers zu fügen; allein auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille
nicht; noch weniger vermag er eine immerwährende Gesellschaft zu begründen. (§.
832.)
§. 1209. Wenn der Erbe die von dem Verstorbenen für die
Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen nicht im Stande ist; so muß er
sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem ausgemessenen Antheile unterziehen.
§. 1210. Wenn ein Mitglied die wesentlichen Bedingungen der
Vertrages nicht erfüllet; wenn es in Concurs verfällt; wenn es durch eine oder
mehrere gerichtlich strafbare Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden
können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind das Vertrauen
verliert; so kann es vor Verlauf der Zeit von der Gesellschaft ausgeschlossen
werden.
§. 1211. Man kann den Gesellschaftsvertrag vor Verlauf der Zeit
aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied, von welchem der Betrieb des Geschäftes
vorzüglich abhing, gestorben oder ausgetreten ist.
§. 1212. Wenn die Zeit zur Dauer der Gesellschaft weder
ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der Natur des Geschäftes bestimmt
werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag nach Willkühr aufkündigen; nur
darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit geschehen. (§. 830.)
§. 1213. Die Wirkungen einer zwar bestrittenen, aber in der Folge
für rechtmäßig erklärten Ausschließung oder Aufkündung werden auf den Tag, wo
sie geschehen sind, zurück gezogen.
§. 1214. Die Aufhebung einer Handlungsgesellschaft; die Aufnahme
und der Austritt ihrer öffentlichen Mitglieder, muß eben so, wie die
Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden. Aus dieser Bekanntmachung wird
auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten beurtheilt.
Theilung des gesellschaftlichen Vermögens.
§. 1215. Bey der nach Auflösung einer Gesellschaft vorzunehmenden
Theilung des gesellschaftlichen Vermögens sind nebst den obigen Bestimmungen
die nähmlichen Vorschriften zu beobachten, welche in dem Hauptstücke von der
Gemeinschaft des Eigenthumes über die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache
überhaupt aufgestellet worden sind.
§. 1216. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen Anordnungen sind
auch auf die Handlungsgesellschaften anzuwenden; in so fern hierüber nicht
besondere Vorschriften bestehen.
Acht u. zwanzigstes Hauptstück.
Von den Ehe-Pacten.
Ehe-Pacte.
§. 1217. Ehe-Pacte heißen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf
die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen werden, und haben
vorzüglich das Heirathsgut; die Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft;
Verwaltung und Fruchtnießung des eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf
den Todesfall bestimmte lebenslange Fruchtnießung des Vermögens, und den
Witwengehalt zum Gegenstande.
1) Heirathsgut.
§. 1218. Unter Heirathsgut versteht man dasjenige Vermögen,
welches von der Ehegattinn, oder für sie von einem
Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen Gesellschaft
verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.
Dessen Bestellung;
§. 1219. Wenn die Braut eigenes Vermögen besitzt, und volljährig
ist; so hängt es von ihr und dem Bräutigame ab, wie sie sich wegen des
Heirathsgutes, und wegen anderer wechselseitigen Gaben mit einander verstehen
wollen. Ist aber die Braut noch minderjährig, so muß der Vertrag von ihrem
gesetzlichen Vertreter geschlossen werden.
§. 1220. Besitzt die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen
Heiratsgut hinlängliches Vermögen, so sind Eltern oder Großeltern nach der
Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt der
Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer
Verehelichung ein Heiratsgut zu geben oder dazu verhältnismäßig beizutragen.
§. 1221. Berufen sich Aeltern oder Großältern auf ihr Unvermögen
zur Bestellung eines anständigen Heirathsgutes; so soll auf Ansuchen der
Brautperson das Gericht die Umstände, jedoch ohne strenge Erforschung des
Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach ein angemessenes Heirathsgut
bestimmen, oder die Aeltern und Großältern davon freysprechen.
§. 1222. Wenn eine Tochter ohne Wissen, oder gegen den Willen
ihrer Aeltern sich verehelichet hat, und das Gericht die Ursache der Mißbilligung
gegründet findet; so sind die Aeltern selbst in dem Falle, daß sie in der Folge
die Ehe genehmigen, nicht schuldig, ihr ein Heirathsgut zu geben.
§. 1223. Hat eine Tochter ihr Heirathsgut schon erhalten, und es,
obschon ohne ihr Verschulden, verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht im
Falle einer zweyten Ehe, berechtiget, ein neues zu fordern.
§. 1224. Im Zweifel, ob das Heirathsgut von dem Vermögen der
Aeltern oder der Braut ausgesetzt worden sey, wird das Letztere angenommen.
Haben aber Aeltern das Heirathsgut ihrer minderjährigen Tochter ohne
obervormundschaftliche Genehmigung bereits ausgezahlt; so wird vermuthet, daß
es die Aeltern aus eigenem Vermögen gethan haben.
Uebergabe,
§. 1225. Hat sich der Ehemann vor geschlossener Ehe kein Heirathsgut
bedungen; so ist er auch keines zu fordern berechtiget. Die Uebergabe des
bedungenen Heirathsgutes kann, wenn keine andere Zeit festgesetzt worden ist,
gleich nach geschlossener Ehe begehret werden.
und Beweis derselben.
§. 1226. Wenn über das Vermögen des Ehemannes ein Concurs verhängt
wird; so macht seine vor Ausbruch des Concurses geschehene schriftliche oder
mündliche Bestätigung, daß er das Heirathsgut empfangen habe, gegen jedermann
einen Beweis. Erfolgt aber die Bestätigung erst nach ausgebrochenem Concurse;
so hat sie gegen die Gläubiger keine Beweiseskraft.
Gegenstand des Heirathsgutes und Rechte des Ehemannes und der
Ehefrau in Rücksicht desselben.
§. 1227. Alles, was sich veräußern und nutzen läßt, ist zum
Heirathsgute geeignet. So lange die eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird,
gehört die Fruchtnießung des Heirathsgutes, und dessen, was demselben zuwächst,
dem Manne. Besteht das Heirathsgut in barem Gelde, in abgetretenen
Schuldforderungen oder verbrauchbaren Sachen; so gebührt ihm das vollständige
Eigenthum.
§. 1228. Besteht das Heirathsgut in unbeweglichen Gütern, in
Rechten oder Fahrnissen, welche mit Schonung der Substanz benutzt werden
können; so wird die Ehegattinn so lange als Eigenthümerinn und der Mann als
Fruchtnießer desselben angesehen, bis bewiesen wird, daß der Ehemann das
Heirathsgut für einen bestimmten Preis übernommen, und sich nur zur Zurückgabe
dieses Geldbetrages verbunden hat.
§. 1229. Nach dem Gesetze fällt das Heirathsgut nach dem Tode des
Mannes seiner Ehegattinn, und wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll
sie oder ihre Erben davon ausgeschlossen seyn; so muß dieses ausdrücklich
bestimmt werden. Wer das Heirathsgut freywillig bestellet,
kann sich ausbedingen, daß es nach dem Tode des Mannes auf ihn zurückfalle.
2) Widerlage.
§. 1230. Was der Bräutigam oder ein Dritter der Braut zur
Vermehrung des Heirathsgutes aussetzt, heißt Widerlage. Hiervon gebührt zwar
der Ehegattinn während der Ehe kein Genuß; allein wenn sie den Mann überlebt,
gebührt ihr ohne besondere Uebereinkunft auch das freye Eigenthum, obgleich dem
Manne auf den Fall seines Ueberlebens das Heirathsgut nicht verschrieben worden
ist.
§. 1231. Weder der Bräutigam, noch seine Aeltern sind verbunden,
eine Widerlage zu bestimmen. Doch in eben der Art, in welcher die Aeltern der
Braut schuldig sind, ihr ein Heirathsgut auszusetzen, liegt auch den Aeltern
des Bräutigams ob, ihm eine ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben.
(§§. 1220-1223).
3) Morgengabe.
§. 1232. Das Geschenk, welches der Mann seiner
Gattinn am ersten Morgen zu geben verspricht, heißt Morgengabe. Ist dieselbe
versprochen worden; so wird im Zweifel vermuthet, daß sie binnen den ersten
drey Jahren der Ehe schon überreicht worden sey.
4) Gütergemeinschaft.
§. 1233. Die eheliche Verbindung allein begründet noch keine
Gemeinschaft der Güter zwischen den Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag
erfordert, dessen Umfang und rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178 des
vorigen Hauptstückes beurtheilt wird.
§. 1234. Die Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in der Regel
nur auf den Todesfall verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht auf die
Hälfte dessen, was von den der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen Gütern
nach Ableben des andern Ehegatten noch vorhanden seyn wird.
§. 1235. Bey einer Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen
bezieht, sind vor der Theilung alle Schulden ohne Ausnahme; bey einer
Gemeinschaft aber, die bloß das gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen
zum Gegenstande hat, nur diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des
gemeinschaftlichen Gutes verwendet worden sind.
§. 1236. Besitzt ein Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das
Recht des andern Ehegatten zur Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher
eingetragen; so erhält dieser durch die Eintragung auf die Hälfte der Substanz
des Gutes ein dingliches Recht, vermöge dessen der eine Ehegatte über diese
Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die Nutzungen aber während der Ehe
erhält er durch die Einverleibung keinen Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten
gebührt dem überlebenden Theile sogleich das freye Eigenthum seines Antheiles.
Doch kann eine solche Einverleibung den auf das Gut früher eingetragenen
Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.
5. Gesetzlicher ehelicher Güterstand
§. 1237. Haben Eheleute über die Verwendung ihres Vermögens keine
besondere Uebereinkunft getroffen; so behält jeder Ehegatte sein voriges
Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder Theil während der Ehe erwirbt, und
auf was immer für eine Art überkommt, hat der andere keinen Anspruch.
§. 1238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr.
280.)
§. 1239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr.
280.)
§. 1240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr.
280.)
§. 1241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr.
280.)
6) Witwengehalt;
§. 1242. Das, was einer Gattinn auf den Fall des Witwenstandes zum
Unterhalte bestimmt wird, heißt Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich
nach dem Tode des Mannes, und soll immer auf drey Monathe vorhinein entrichtet
werden.
§. 1243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 4, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 1244. Wenn die Witwe sich verehelichet; so verliert sie das
Recht auf den Witwengehalt.
Sicherstellung des Heirathsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes;
§. 1245. Wer das Heirathsgut übergibt, ist berechtiget, bey der
Uebergabe; oder wenn in der Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es
empfängt, eine angemessene Sicherstellung zu fordern.
Schenkungen unter Ehegatten und Verlobten;
§. 1246. Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen
Ehegatten wird nach den für die Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen
beurtheilt.
§. 1247. Was ein Mann seiner Ehegattinn
an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze gegeben hat, wird im
Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt angesehen. Wenn aber ein
verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem einen oder andern Theile
in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder schenket; so kann, wenn
die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht erfolgt, die Schenkung
widerrufen werden.
Wechselseitige Testamente;
§. 1248. Den Ehegatten ist gestattet, in einem und dem nähmlichen
Testamente sich gegenseitig, oder auch andere Personen als Erben einzusetzen.
Auch ein solches Testament ist widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung
des einen Theiles auf die Widerrufung des andern Theiles nicht geschlossen
werden. (§. 583.)
Erbverträge.
Erfordernisse zur Gültigkeit des Erbvertrages.
§. 1249. Zwischen Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der
künftige Nachlaß, oder ein Theil desselben versprochen, und das Versprechen
angenommen wird, geschlossen werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines solchen
Vertrages ist jedoch nothwendig, daß er schriftlich mit allen Erfordernissen
eines schriftlichen Testamentes errichtet werde.
§. 1250. Ein pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm
versprochene, unnachtheilige Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung über
seine eigene Verlassenschaft kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur in so
fern bestehen, als sie ein gültiges Testament ist.
Vorschrift über die eingerückten Bedingungen.
§. 1251. Was von Bedingungen bey Verträgen überhaupt gesagt worden
ist, muß auch auf Erbverträge zwischen Ehegatten angewendet werden.
Wirkung des Erbvertrages.
§. 1252. Ein selbst den öffentlichen Büchern einverleibter
Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit seinem Vermögen, so lange er lebt,
nach Belieben zu schalten. Das Recht, welches daraus entsteht, setzt den Tod
des Erblassers voraus; es kann von dem Vertragserben, wenn er den Erblasser
nicht überlebt, weder auf Andere übertragen, noch der künftigen Erbschaft
willen eine Sicherstellung gefordert werden.
§. 1253. Durch den Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu
testiren, nicht gänzlich Verzicht thun. Ein reiner Viertheil, worauf weder der
jemanden gebührende Pflichttheil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt
kraft des Gesetzes zur freyen letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der
Erblasser darüber nicht verfüget; so fällt er doch nicht dem Vertragserben,
obschon die ganze Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den
gesetzlichen Erben zu.
Erlöschung desselben.
§. 1254. Der Erbvertrag kann zum Nachtheile des andern Gatten, mit
dem er geschlossen worden ist, nicht widerrufen; sondern nur nach Vorschrift
der Gesetze entkräftet werden. Den Notherben bleiben ihre Rechte, wie gegen
eine andere letzte Anordnung vorbehalten.
Fruchtnießung auf den Todesfall. (Advitalitäts-Recht.)
§. 1255. Wenn ein Ehegatte dem andern die Fruchtnießung seines
Vermögens auf den Fall des Ueberlebens ertheilet; so wird er dadurch in der
freyen Verfügung durch Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht
der Fruchtnießung (§§. 509-520.) bezieht sich nur auf den Nachlaß des frey
vererblichen Vermögens.
§. 1256. Wird aber die Fruchtnießung eines unbeweglichen Gutes mit
Einwilligung des Verleihers den öffentlichen Büchern einverleibt; so kann
dieselbe in Hinsicht dieses Gutes nicht mehr verkürzt werden.
§. 1257. In dem Falle, daß der überlebende Theil sich wieder
verehelichet, oder die Fruchtnießung einem Andern abtreten will, haben die
Kinder des verstorbenen Ehegatten das Recht zu verlangen, daß ihnen dieselbe
gegen einen angemessenen jährlichen Betrag überlassen werde.
§. 1258. Ein Ehegatte, welcher auf die Fruchtnießung der ganzen
Verlassenschaft des andern Ehegatten, oder eines Theiles derselben Anspruch
macht, hat kein Recht, den ihm in dem Falle der gesetzlichen Erbfolge von dem
Gesetze ausgemessenen Antheil zu fordern. (§§. 757–759.)
Einkindschaft.
§. 1259. Die Einkindschaft, das ist, ein Vertrag, wodurch Kinder
aus verschiedenen Ehen in der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen,
hat keine rechtliche Wirkung.
Absonderung des Vermögens in dem Falle:
1) eines Concurses;
§. 1260. Wenn über das Vermögen des Mannes bey seinen Lebzeiten
ein Concurs eröffnet wird; so kann die Ehegattinn zwar
noch nicht die Zurückstellung des Heirathsgutes, und die Herausgabe der
Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der Auflösung der Ehe
gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdieß berechtiget, von Zeit der
Concurs-Eröffnung den Genuß des witiblichen Unterhaltes, und wenn keiner
bedungen ist, den Genuß des Heirathsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch auf den
einen, oder den andern Genuß hat aber nicht Statt, wenn bewiesen wird, daß die
Ehegattinn an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache sey.
§. 1261. Verfällt die Gattinn mit ihrem Vermögen in den Concurs;
so bleiben die Ehe-Pacte unverändert.
§. 1262. Ist zwischen den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter
bedungen; so hört dieselbe durch den Concurs des ein oder des andern Ehegatten
auf, und das zwischen ihnen gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey dem Tode,
getheilt.
2) einer freywilligen;
§. 1263. Wenn Ehegatten übereinkommen, geschieden zu leben, so
hängt es auch von ihrem Einverständnisse ab, welches immer zugleich zu treffen
ist, (§§. 103-105) ob sie ihre Ehe-Pacte fortdauern lassen, oder auf welche Art
sie dieselben abändern wollen.
oder 3) einer gerichtlichen Scheidung;
§. 1264. Ist aber auf die Scheidung durch richterliches Urtheil
erkannt worden, und trägt kein Theil, oder jeder Theil Schuld an der Scheidung,
so kann ein oder der andere Ehegatte verlangen, daß die Ehe-Pacte für
aufgehoben erklärt werden; worüber von dem Gerichte stets ein Vergleich zu
versuchen ist (§. 108.). Ist ein Theil schuldlos, so steht demselben frey, die
Fortsetzung oder Aufhebung der Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen
Unterhalt zu verlangen.
4) Nichtigerklärung;
§. 1265. Wird eine Ehe für ungültig erklärt; so zerfallen auch die
Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in so fern es vorhanden ist, in den vorigen
Stand zurück. Der Schuldtragende Theil hat aber dem schuldlosen Theile
Entschädigung zu leisten. (§. 102.)
5) Trennung der Ehe.
§. 1266. Wird die Trennung der Ehe (§§. 115 u. 133) auf Verlangen
beyder Ehegatten, ihrer unüberwindlichen Abneigung wegen, verwilliget; so sind
die Ehe-Pacte, so weit darüber kein Vergleich getroffen wird (§. 117), für
beyde Theile erloschen. Wird auf die Trennung der Ehe durch Urtheil erkannt, so
gebührt dem schuldlosen Ehegatten nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem
Zeitpuncte der erkannten Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten
auf den Fall des Ueberlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine
Gütergemeinschaft bestanden hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht
aus einem Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die
gesetzliche Erbfolge (§§. 757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser
Ehegatte nicht ansprechen.
Neun u. zwanzigstes Hauptstück.
Von den Glücksverträgen.
Glücksverträge.
§. 1267. Ein Vertrag, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen
Vortheiles versprochen und angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört,
je nachdem etwas dagegen versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen oder
unentgeldlichen Verträgen.
§. 1268. Bey Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen
Verkürzung über die Hälfte des Werthes nicht Statt.
Arten der Glücksverträge.
§. 1269. Glücksverträge sind: die Wette; das Spiel und das Los;
alle über gehoffte Rechte, oder über künftige noch unbestimmte Sachen
errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner, die Leibrenten; die
gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die Versicherungs- und
Bodmereyverträge.
1) die Wette;
§. 1270. Wenn über ein beyden Theilen noch unbekanntes Ereigniß
ein bestimmter Preis zwischen ihnen für denjenigen, dessen Behauptung der
Erfolg entspricht, verabredet wird; so entsteht eine Wette. Hatte der
gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und verheimlichte er sie dem
andern Theile; so macht er sich einer Arglist schuldig, und die Wette ist
ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der Ausgang vorher bekannt war, ist
als Geschenkgeber anzusehen.
§. 1271. Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so weit
verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen; sondern wirklich
entrichtet, oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis nicht
gefordert werden.
2) das Spiel;
§. 1272. Jedes Spiel ist eine Art von Wette. Die für Wetten
festgesetzten Rechte gelten auch für Spiele. Welche Spiele überhaupt, oder für
besondere Classen verbothen; wie Personen, die verbothene Spiele treiben, und
diejenigen, die ihnen dazu Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die
politischen Gesetze.
3) Los;
§. 1273. Ein zwischen Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein
Spiel abzielendes Los wird nach den für Wetten und Spiele festgesetzten
Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine Theilung, eine Wahl, oder eine
Streitigkeit durch das Los entschieden werden; so treten dabey die Rechte der
übrigen Verträge ein.
§. 1274. Staats-Lotterien sind nicht nach der Eigenschaft der
Wette und des Spieles; sondern nach den jedes Mahl darüber kund gemachten
Planen, zu beurtheilen.
4) Hoffnungskauf.
§. 1275. Wer für ein bestimmtes Maß von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis verspricht,
schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.
§. 1276. Wer die künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und
Bogen; oder wer die Hoffnung derselben in einem bestimmten Preise kauft,
errichtet einen Glücksvertrag; er trägt die Gefahr der ganz vereitelten
Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle ordentliche erzielte Nutzungen.
insbesondere eines Kuxes;
§. 1277. Der Antheil an einem Bergwerke heißt Kux. Der Kauf eines
Kuxes gehört zu den gewagten Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für die
Richtigkeit des Kuxes, und der Käufer hat sich nach den Gesetzen über den
Bergbau zu benehmen.
oder einer Erbschaft.
§. 1278. Der Käufer einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm
wenigstens angefallenen Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern
auch in die Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese
nicht bloß persönlich sind. Wenn also bey dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde
gelegt wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.
Der Erbschaftskauf bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines
Notariatsaktes oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll.
§. 1279. Auf Sachen, die dem Verkäufer nicht als Erben; sondern
aus einem andern Grunde, z. B. als Vorausvermächtniß, als Fideicommiß, als
Substitution, als Schuldforderung aus der Verlassenschaft gebühren, und ihm
auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat der Erbschaftskäufer keinen Anspruch.
Dagegen erhält er alles, was der Erbschaft selbst zuwächst, es sey durch den
Abgang eines Legatars, oder eines Miterben, oder auf was immer für eine andere
Art, in so weit der Verkäufer darauf Anspruch gehabt hätte.
§. 1280. Alles, was der Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B.
die bezogenen Früchte und Forderungen, wird mit zur Masse gerechnet; alles
hingegen, was er aus dem Seinigen auf die Antretung der Erbschaft, oder auf die
Verlassenschaft verwendet hat, wird von der Masse abgezogen. Dahin gehören die
bezahlten Schulden; die schon abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und
Gerichtsgebühren; und wenn es nicht ausdrücklich anders verabredet worden ist,
auch die Begräbnißkosten.
§. 1281. In so weit der Verkäufer die Verlassenschaft vor der
Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem Käufer dafür, wie ein anderer
Geschäftsträger.
§. 1282. Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können
sich ihrer Befriedigung wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den
Erben selbst halten. Ihre Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden
durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des
Einen gilt auch für den Andern.
§. 1283. Hat man bey dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium
zum Grunde gelegt; so haftet der Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein
solches Verzeichniß geschehen; so haftet er für die Richtigkeit seines
Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und für allen dem Käufer durch sein
Verschulden zugefügten Schaden.
5) Leibrente;
§. 1284. Wird jemanden für Geld, oder gegen eine für Geld
geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer gewissen Person eine bestimmte
jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein Leibrentenvertrag.
§. 1285. Die Dauer der Leibrente kann von dem Leben des einen oder
andern Theiles, oder auch eines Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel
vierteljährig vorhinein entrichtet; und nimmt in allen Fällen mit dem Leben
desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet, ihr Ende.
§. 1286. Weder die Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher
sich eine Leibrente bedingt, sind berechtiget, den
Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre Befriedigung aus den
Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung eines entbehrlichen
Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem Gesetze gebührenden
Unterhalt darauf versichern zu lassen.
6) gesellschaftliche Versorgungsanstalten;
§. 1287. Der Vertrag, wodurch vermittelst einer Einlage ein
gemeinschaftlicher Versorgungsfond für die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen
errichtet wird, ist aus der Natur und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den
darüber festgesetzten Bedingungen, zu beurtheilen.
7) Versicherungsvertrag;
§. 1288. Wenn jemand die Gefahr des Schadens, welcher einen Andern
ohne dessen Verschulden treffen könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen
gewissen Preis den bedungenen Ersatz zu leisten verspricht; so entsteht der
Versicherungsvertrag. Der Versicherer haftet dabey für den zufälligen Schaden,
und der Versicherte für den versprochenen Preis.
§. 1289. Der gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages sind Waaren,
die zu Wasser oder zu Lande verführt werden. Es können aber auch andere Sachen,
z. B. Häuser und Grundstücke gegen Feuer- Wasser- und andere Gefahren
versichert werden.
§. 1290. Ereignet sich der zufällige Schade, wofür die
Entschädigung versichert worden ist; so muß der Versicherte, wenn kein
unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts anderes verabredet
worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen Orte befinden, binnen
drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon Nachricht geben, welche
zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem Abwesenden gemachten
Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er die Anzeige; kann er
den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer beweisen, daß der Schade
aus Verschulden des Versicherten entstanden ist; so hat dieser auch keinen
Anspruch auf die versicherte Summe.
§. 1291. Wenn der Untergang der Sache dem Versicherten; oder der gefahrlose
Zustand derselben dem Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon
bekannt war; so ist der Vertrag ungültig.
8) Bodmerey- und See-Assecurancen.
§. 1292. Die Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See;
so wie die Vorschriften über den Bodmerey-Vertrag sind ein Gegenstand der
Seegesetze.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des Schadensersatzes und der Genugthuung.
Schade.
§. 1293. Schade heißt jeder Nachtheil, welcher jemanden an
Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Davon unterscheidet
sich der Entgang des Gewinnes, den jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge
zu erwarten hat.
Quellen der Beschädigung.
§. 1294. Der Schade entspringt entweder aus einer widerrechtlichen
Handlung, oder Unterlassung eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die
widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkührlich, oder unwillkührlich
zugefügt. Die willkührliche Beschädigung aber gründet sich theils in einer
bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen; theils in einem Versehen,
wenn er aus schuldbarer Unwissenheit, oder aus Mangel der gehörigen
Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes verursacht worden ist. Beydes wird
ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit zum Schadensersatze:
1) von dem Schaden aus Verschulden;
§. 1295. Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz
des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der
Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf
einen Vertrag verursacht worden sein.
Auch wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise
absichtlich Schaden zufügt, ist dafür verantwortlich, jedoch falls dies in
Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes
offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen.
§. 1296. Im Zweifel gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne
Verschulden eines Andern entstanden sey.
§. 1297. Es wird aber auch vermuthet, daß jeder, welcher den
Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und der
Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet
werden kann. Wer bey Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines Andern
entsteht, diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich
eines Versehen schuldig.
§. 1298. Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner
vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden
verhindert worden sey, dem liegt der Beweis ob. Soweit er auf Grund
vertraglicher Vereinbarung nur für grobe Fahrlässigkeit haftet, muß er auch
beweisen, daß es an dieser Voraussetzung fehlt.
insbesondere a) der Sachverständigen,
§. 1299. Wer sich zu einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe
oder Handwerke öffentlich bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft
übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht
gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den
nothwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse
zutraue; er muß daher den Mangel derselben vertreten. Hat aber derjenige,
welcher ihm das Geschäft überließ, die Unerfahrenheit desselben gewußt; oder,
bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen können, so fällt zugleich dem Letzteren
Versehen zur Last.
§. 1300. Ein Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er
gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen
einen nachtheiligen Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur
für den Schaden, welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Andern
verursachet hat.
oder b) mehrerer Theilnehmer.
§. 1301. Für einen widerrechtlich zugefügten Schaden können
mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich,
unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch Verleiten, Drohen, Befehlen,
Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch Unterlassung der besonderen
Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu beygetragen haben.
§. 1302. In einem solchen Falle verantwortet, wenn die
Beschädigung in einem Versehen gegründet ist, und die Antheile sich bestimmen
lassen, jeder nur den durch sein Versehen verursachten Schaden. Wenn aber der
Schade vorsätzlich zugefügt worden ist; oder, wenn die Antheile der Einzelnen
an der Beschädigung sich nicht bestimmen lassen; so haften Alle für Einen und
Einer für Alle; doch bleibt demjenigen, welcher den Schaden ersetzt hat, der
Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.
§. 1303. In wie weit mehrere Mitschuldner bloß aus der
unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit zu haften haben, ist aus der
Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.
§. 1304. Wenn bey einer Beschädigung zugleich ein Verschulden von
Seite des Beschädigten eintritt; so trägt er mit dem Beschädiger den Schaden
verhältnißmäßig; und, wenn sich das Verhältniß nicht bestimmen läßt, zu
gleichen Theilen.
2) aus dem Gebrauche des Rechtes;
§. 1305. Wer von seinem Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken
(§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht, hat den für einen anderen daraus
entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3) aus einer schuldlosen oder unwillkührlichen Handlung;
§. 1306. Den Schaden, welchen jemand ohne Verschulden oder durch
eine unwillkührliche Handlung verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen
nicht schuldig.
§. 1306a. Wenn jemand im Notstand einen Schaden verursacht, um eine
unmittelbar drohende Gefahr von sich oder anderen abzuwenden, hat der Richter
unter Erwägung, ob der Beschädigte die Abwehr aus Rücksicht auf die dem anderen
drohende Gefahr unterlassen hat, sowie des Verhältnisses der Größe der
Beschädigung zu dieser Gefahr oder endlich des Vermögens des Beschädigers und
des Beschädigten zu erkennen, ob und in welchem Umfange der Schaden zu ersetzen
ist.
§. 1307. Wenn sich jemand aus eigenem Verschulden in einen Zustand
der Sinnesverwirrung oder in einen Notstand versetzt hat, so ist auch der in
demselben verursachte Schade seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt
auch von einem Dritten, der durch sein Verschulden diese Lage bei dem
Beschädiger veranlaßt hat.
§. 1308. Wenn Personen, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben,
oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein Verschulden hierzu
selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz ansprechen.
§. 1309. Außer diesem Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen
Personen, denen der Schade wegen Vernachlässigung der ihnen über solche
Personen anvertrauten Obsorge beygemessen werden kann.
§. 1310. Kann der Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht
erhalten; so soll der Richter mit Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger,
ungeachtet er gewöhnlich seines Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten
Falle nicht dennoch ein Verschulden zur Last liege; oder, ob der Beschädigte
aus Schonung des Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe; oder endlich,
mit Rücksicht auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den
ganzen Ersatz oder doch einen billigen Theil desselben erkennen.
4) durch Zufall.
§. 1311. Der bloße Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen
oder Person er sich ereignet. Hat aber jemand den Zufall durch ein Verschulden
veranlaßt; hat er ein Gesetz, das den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen
sucht, übertreten; oder sich ohne Noth in fremde Geschäfte gemengt; so haftet
er für allen Nachtheil, welcher außer dem nicht erfolgt wäre.
§. 1312. Wer in einem Nothfalle jemanden einen Dienst geleistet
hat, dem wird der Schade, welchen er nicht verhütet hat, nicht zugerechnet; es
wäre denn, daß er einen Andern, der noch mehr geleistet haben würde, durch
seine Schuld daran verhindert hätte. Aber auch in diesem Falle kann er den
sicher verschaften Nutzen gegen den verursachten Schaden in Rechnung bringen.
5) durch fremde Handlungen.
§. 1313. Für fremde, widerrechtliche Handlungen, woran jemand
keinen Theil genommen hat, ist er in der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst
in den Fällen, wo die Gesetze das Gegentheil anordnen, bleibt ihm der
Rückersatz gegen den Schuldtragenden vorbehalten.
§. 1313a. Wer einem andern zu einer Leistung verpflichtet ist,
haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters sowie der
Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.
§. 1314. Wer eine Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt oder
wissentlich eine durch ihre Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche
Person im Dienste behält oder ihr Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den
Hausgenossen für den Ersatz des durch die gefährliche Beschaffenheit dieser
Personen verursachten Schadens.
§. 1315. Überhaupt haftet derjenige, welcher sich einer
untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung seiner
Angelegenheiten bedient, für den Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem
Dritten zufügt.
§. 1316. Gastwirte, die Fremde beherbergen, sowie die anderen in §
970 bezeichneten Personen, ferner Fuhrleute haften für den Schaden, welchen
ihre eigenen oder die von ihnen zugewiesenen Dienstpersonen an den
eingebrachten oder übernommenen Sachen einem Gast oder Reisenden in ihrem
Hause, ihrer Anstalt oder ihrem Fahrzeuge verursachen.
§. 1317. In wie fern bey öffentlichen Versendungsanstalten für den
Schaden eine Haftung übernommen werden, bestimmen die besondern Vorschriften.
§. 1318. Wird jemand durch das Herabfallen einer gefährlich
aufgehängten oder gestellten Sache; oder, durch Herauswerfen oder Herausgießen
aus einer Wohnung beschädiget; so haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen
oder gegossen worden, oder die Sache herabgefallen ist, für den Schaden.
6. Durch ein Bauwerk
§. 1319. Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines
Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand
verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes
oder Werkes zum Ersatze verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der
mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle
zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe.
6a. durch einen Weg;
§. 1319a. Wird durch den mangelhaften Zustand eines Weges ein
Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt oder eine
Sache beschädigt, so haftet derjenige für den Ersatz des Schadens, der für den
ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist, sofern er oder
einer seiner Leute den Mangel vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat.
Ist der Schaden bei einer unerlaubten, besonders auch widmungswidrigen,
Benützung des Weges entstanden und ist die Unerlaubtheit dem Benützer entweder
nach der Art des Weges oder durch entsprechende Verbotszeichen, eine
Abschrankung oder eine sonstige Absperrung des Weges erkennbar gewesen, so kann
sich der Geschädigte auf den mangelhaften Zustand des Weges nicht berufen.
Ein Weg im Sinn des Abs. 1 ist eine Landfläche, die von jedermann
unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für bestimmte
Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen
eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist; zu einem Weg gehören auch die in
seinem Zug befindlichen und dem Verkehr dienenden Anlagen, wie besonders
Brücken, Stützmauern, Futtermauern, Durchlässe, Gräben und Pflanzungen. Ob der
Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des
Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen
und zumutbar ist.
Ist der mangelhafte Zustand durch Leute des Haftpflichtigen
verschuldet worden, so haften auch sie nur bei Vorsatz oder grober
Fahrlässigkeit.
7. Durch ein Tier
§. 1320. Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige
dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren
vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er
nicht beweist, daß er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung
gesorgt hatte.
§. 1321. Wer auf seinem Grund und Boden fremdes Vieh antrifft, ist
deßwegen noch nicht berechtigt, es zu tödten. Er kann es durch anpassende Gewalt
verjagen; oder, wenn er dadurch Schaden gelitten hat, das Recht der
Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes ausüben, als zu seiner
Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen sich mit dem Eigenthümer
abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen;
widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.
§. 1322. Das gepfändete Vieh muß auch zurückgestellt werden, wenn
der Eigenthümer eine andere angemessene Sicherheit leistet.
Arten des Schadensersatzes.
§. 1323. Um den Ersatz eines verursachten Schadens zu leisten, muß
alles in den vorigen Stand zurück versetzet, oder, wenn dieses nicht thunlich
ist, der Schätzungswerth vergütet werden. Betrifft der Ersatz nur den
erlittenen Schaden, so wird er eigentlich eine Schadloshaltung; wofern er sich
aber auch auf den entgangenen Gewinn, und die Tilgung der verursachten
Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.
§. 1324. In dem Falle eines aus böser Absicht, oder aus einer
auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte volle
Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche Schadloshaltung zu
fordern berechtiget. Hiernach ist in den Fällen, wo im Gesetze der allgemeine
Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurtheilen, welche Art des Ersatzes zu leisten
sey.
Insbesondere 1) bey Verletzungen an dem Körper;
§. 1325. Wer jemanden an seinem Körper verletzt, bestreitet die
Heilungskosten des Verletzten; ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der
Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig entgehenden Verdienst;
und bezahlt ihm auf Verlangen überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes
Schmerzensgeld.
§. 1326. Ist die verletzte Person durch die Mißhandlung
verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn sie weiblichen Geschlechtes ist, in so
fern auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, als ihr besseres Fortkommen
dadurch verhindert werden kann.
§. 1327. Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der Tod, so
müssen nicht nur alle Kosten, sondern auch den Hinterbliebenen, für deren
Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu sorgen hatte, das, was ihnen dadurch
entgangen ist, ersetzt werden.
1a. an der geschlechtlichen Selbstbestimmung
§. 1328. Wer jemanden durch eine strafbare Handlung oder sonst
durch Hinterlist, Drohung oder Ausnutzung eines Abhängigkeits- oder
Autoritätsverhältnisses zur Beiwohnung oder sonst zu geschlechtlichen
Handlungen mißbraucht, hat ihm den erlittenen Schaden und den entgangenen
Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene
Beeinträchtigung zu leisten.
1b. am Recht auf Wahrung der Privatsphäre
§. 1328a. Wer rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre
eines Menschen eingreift oder Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen
offenbart oder verwertet, hat ihm den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.
Bei erheblichen Verletzungen der Privatsphäre, etwa wenn Umstände daraus in
einer Weise verwertet werden, die geeignet ist, den Menschen in der
Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der Ersatzanspruch auch eine
Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Abs. 1 ist nicht anzuwenden, sofern eine Verletzung der
Privatsphäre nach besonderen Bestimmungen zu beurteilen ist. Die Verantwortung
für Verletzungen der Privatsphäre durch Medien richtet sich allein nach den
Bestimmungen des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, in der jeweils geltenden
Fassung.
2) an der persönlichen Freyheit;
§. 1329. Wer jemanden durch gewaltsame Entführung, durch
Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch einen widerrechtlichen Arrest
seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem Verletzten die vorige Freiheit
zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten. Kann er ihm die Freiheit nicht
mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen, wie bei der Tötung, Ersatz
leisten.
3) an der Ehre;
§. 1330. Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher
Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, so ist er berechtigt,
den Ersatz zu fordern.
Dies gilt auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit,
den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er
kannte oder kennen mußte. In diesem Falle kann auch der Widerruf und die
Veröffentlichung desselben verlangt werden. Für eine nicht öffentlich
vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kennt, haftet
er nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes
Interesse hatte.
4) an dem Vermögen.
§. 1331. Wird jemand an seinem Vermögen vorsätzlich oder durch
auffallende Sorglosigkeit eines andern beschädiget; so ist er auch den
entgangenen Gewinn, und wenn der Schade vermittelst einer durch ein Strafgesetz
verbothenen Handlung, oder aus Muthwillen und Schadenfreude verursachet worden
ist, den Werth der besondern Vorliebe zu fordern berechtiget.
§. 1332. Der Schade, welcher aus einem mindern Grade des Versehens
oder der Nachlässigkeit verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werthe,
den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, ersetzt.
§. 1332a. Wird ein Tier verletzt, so gebühren die tatsächlich
aufgewendeten Kosten der Heilung oder der versuchten Heilung auch dann, wenn
sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit auch ein verständiger Tierhalter in
der Lage des Geschädigten diese Kosten aufgewendet hätte.
Besonders durch die Verzögerung der Zahlung.
Gesetzliche Zinsen und weitere Schäden
§. 1333. Der Schaden, den der Schuldner seinem Gläubiger durch die
Verzögerung der Zahlung einer Geldforderung zugefügt hat, wird durch die
gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1) vergütet.
Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz
anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend
machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender
außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in
einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.
§. 1334. Eine Verzögerung fällt einem Schuldner zur Last, wenn er
den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht einhält. Sofern die
Parteien nicht anderes vereinbart haben, hat der Schuldner seine Leistung bei
vertragsgemäßer Erbringung der Gegenleistung ohne unnötigen Aufschub nach der
Erfüllung durch den Gläubiger oder, wenn die Parteien ein solches Verfahren
vereinbart haben, nach der Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers
oder, wenn die Forderung der Höhe nach noch nicht feststeht, nach dem Eingang
der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung zu erbringen. Ist
die Zahlungszeit sonst nicht bestimmt, so trägt der Schuldner die Folgen der
Zahlungsverzögerung, wenn er sich nach dem Tag der gerichtlichen oder
außergerichtlichen Einmahnung nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.
§. 1335. Hat der Gläubiger die Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung
bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, vom
Kapital weitere Zinsen zu fordern. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können
jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.
Bedingung des Vergütungsvertrages (Conventional-Strafe).
§. 1336. Die vertragschließenden Teile können eine besondere
Übereinkunft treffen, daß auf den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf
gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens ein bestimmter Geld- oder
anderer Betrag entrichtet werden solle (§ 912). Der Schuldner erlangt mangels
besonderer Vereinbarung nicht das Recht, sich durch Bezahlung des
Vergütungsbetrages von der Erfüllung zu befreien. Wurde die Konventionalstrafe
für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes
versprochen, so kann sie neben der Erfüllung gefordert werden.
In allen Fällen ist der Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als
übermäßig erwiesen wird, von dem Richter, allenfalls nach Einvernehmung von
Sachverständigen, zu mäßigen.
Der Gläubiger kann neben einer Konventionalstrafe den Ersatz eines
diese übersteigenden Schadens geltend machen. Ist der Schuldner ein Verbraucher
im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG, so muss dies im Einzelnen
ausgehandelt werden.
Verbindlichkeit der Erben des Beschädigers.
§. 1337. Die Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens, und des entgangenen
Gewinnes, oder zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem
Vermögen, und geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der Entschädigung.
§. 1338. Das Recht zum Schadensersatze muß in der Regel, wie jedes
andere Privat-Recht, bey dem ordentlichen Richter angebracht werden. Hat der
Beschädiger zugleich ein Strafgesetz übertreten; so trifft ihn auch die
verhängte Strafe. Die Verhandlung über den Schadensersatz aber gehört auch in
diesem Falle, in so fern sie nicht durch die Strafgesetze dem Strafgerichte
oder der politischen Behörde aufgetragen ist, zu dem Civil-Gerichte.
§. 1339. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 1974/Nr. 496.)
§. 1340. Diese Behörden haben in dem Falle, daß sich die
Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt, sogleich darüber nach den in diesem
Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu erkennen. Wenn aber der Ersatz des
Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden kann, ist in dem
Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die
Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist
auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen
dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung
des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§. 1341. Gegen das Verschulden eines Richters beschwert man sich
bey der höhern Behörde. Diese untersucht und beurtheilt die Beschwerde von Amts
wegen.
Dritter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.
Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück.
Von Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Gemeinschaftliche Bestimmungen der Rechte.
§. 1342. Sowohl Personenrechte als Sachenrechte, und daraus
entspringende Verbindlichkeiten können gleichförmig befestiget, umgeändert und
aufgehoben werden.
Arten der Befestigung eines Rechtes;
§. 1343. Die rechtlichen Arten der Sicherstellung einer
Verbindlichkeit und der Befestigung eines Rechtes, durch welche den
Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird, sind: die Verpflichtung eines
Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.
I.) durch Verpflichtung eines Dritten.
§. 1344. Ein Dritter kann sich den Gläubiger für den Schuldner auf
dreyerley Art verpflichten: Ein Mahl, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers
die Schuld als Alleinzahler übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als
Mitschuldner beytritt; endlich, wenn er sich für die Befriedigung des
Gläubigers auf den Fall verbindet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit
nicht erfülle.
§. 1345. Wenn jemand mit Einwilligung des Gläubigers die ganze
Schuld eines Andern übernimmt; so geschieht keine Befestigung, sondern eine
Umänderung der Verbindlichkeit, wovon in dem folgenden Hauptstücke gehandelt
wird.
a) Als Bürge;
§. 1346. Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf den Fall
verpflichtet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird
ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene Uebereinkommen ein
Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner noch immer der
Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu.
Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, daß die
Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben wird.
b) Als Mitschuldner;
§. 1347. Wenn jemand, ohne die den Bürgen zu Statten kommende
Bedingung, einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; so entsteht eine
Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner, deren rechtliche Folgen nach den in dem
Hauptstücke von Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zu beurtheilen sind.
(§§. 888-896.)
Entschädigungsbürge.
§. 1348. Wer dem Bürgen auf den Fall, daß derselbe durch seine
Bürgschaft zu Schaden kommen sollte, Entschädigung zusagt, heißt
Entschädigungsbürge.
Wer sich verbürgen könne.
§. 1349. Fremde Verbindlichkeiten kann ohne Unterschied des Geschlechtes
jedermann auf sich nehmen, dem die freye Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche Verbindlichkeiten.
§. 1350. Eine Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen,
sondern auch über erlaubte Handlungen und Unterlassungen in Beziehung auf den
Vortheil oder Nachtheil, welcher aus denselben für den Sichergestellten
entstehen kann, geleistet werden.
§. 1351. Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben,
oder schon aufgehoben sind, können weder übernommen, noch bekräftiget werden.
§. 1352. Wer sich für eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer
persönlichen Eigenschaft nicht verbinden kann, ist, obschon ihm diese
Eigenschaft unbekannt war, gleich einem ungetheilten Mitschuldner verpflichtet.
(§. 896.)
Umfang der Bürgschaft.
§. 1353. Die Bürgschaft kann nicht weiter ausgedehnt werden, als
sich der Bürge ausdrücklich erkläret hat. Wer sich für ein zinsbares Capital
verbürget, haftet nur für jene rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch
nicht einzutreiben berechtiget war.
§. 1354. Von der Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift
der Gesetze die Beybehaltung eines Theiles seines Vermögens zu seinem
Unterhalte zu fordern berechtiget ist, kann der Bürge
nicht Gebrauch machen.
Wirkung.
§. 1355. Der Bürge kann in der Regel erst dann belanget werden,
wenn der Hauptschuldner auf des Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche
Einmahnung seine Verbindlichkeit nicht erfüllet hat.
§. 1356. Der Bürge kann aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur
für den Fall verbürget hat, daß der Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sey,
zuerst belanget werden, wenn der Hauptschuldner in Concurs verfallen, oder wenn
er zur Zeit, als die Zahlung geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes,
und der Gläubiger keiner Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.
§. 1357. Wer sich als Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet
als ungetheilter Mitschuldner für die ganze Schuld; es hängt von der Willkühr
des Gläubigers ab, ob er zuerst den Hauptschuldner, oder den Bürgen, oder beyde
zugleich belangen wolle. (§. 891.)
§. 1358. Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich
oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers
und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern.
Zu diesem Ende ist der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle
vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern.
§. 1359. Haben für den nähmlichen ganzen Betrag mehrere Personen
Bürgschaft geleistet; so haftet jede für den ganzen Betrag. Hat aber Eine von
ihnen die ganze Schuld abgetragen; so gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§.
896.) das Recht des Rückersatzes gegen die übrigen.
§. 1360. Wenn dem Gläubiger vor, oder bey Leistung der Bürgschaft
noch außer derselben von dem Hauptschuldner, oder einem Dritten ein Pfand
gegeben wird; so steht ihm zwar noch immer frey, den Bürgen der Ordnung nach
(§. 1355.) zu belangen; aber er ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich des
Pfandes zu begeben.
§. 1361. Hat der Bürge oder Zahler den Gläubiger befriediget, ohne
sich mit dem Hauptschuldner einzuverstehen; so kann dieser Alles gegen jene
einwenden, was er gegen den Gläubiger hätte einwenden können.
§. 1362. Der Bürge kann von dem Entschädigungsbürgen nur dann
Entschädigung verlangen, wenn er sich den Schaden nicht durch sein eigenes
Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung der Bürgschaft.
§. 1363. Die Verbindlichkeit des Bürgen hört verhältnißmäßig mit
der Verbindlichkeit des Schuldners auf. Hat sich der Bürge nur auf eine gewisse
Zeit verpflichtet; so haftet er nur für diesen Zeitraum. Die Entlassung eines
Mitbürgen kommt diesem zwar gegen den Gläubiger; aber nicht gegen die übrigen
Mitbürgen zu Statten. (§. 896).
§. 1364. Durch den Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner
hätte zahlen sollen, wird der Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die
Befriedigung nicht gedrungen hat, noch nicht von seiner Bürgschaft befreyt;
allein er ist befugt, von dem Schuldner, wenn er mit dessen Einwilligung
Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er ihm Sicherheit verschaffe. Auch
der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit verantwortlich, als dieser wegen dessen
Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden
kommt.
§. 1365. Wenn gegen den Schuldner ein gegründetes Besorgniß der
Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung aus den Erbländern, für welche dieses
Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt; so steht dem Bürgen das Recht zu, von
dem Schuldner die Sicherstellung der verbürgten Schuld zu verlangen.
§. 1366. Wenn das verbürgte Geschäft beendiget ist; so kann die
Abrechnung, und die Aufhebung der Bürgschaft gefordert werden.
§. 1367. Ist der Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek,
noch durch ein Faustpfand befestiget; so erlischt er binnen drey Jahren nach
dem Tode des Bürgen, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat,
von dem Erben die verfallene Schuld gerichtlich oder außergerichtlich
einzumahnen.
II.) Durch Pfandvertrag.
§. 1368. Pfandvertrag heißt derjenige Vertrag, wodurch der
Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner auf eine Sache dem Gläubiger das
Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm das
bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher
verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein
Pfandvertrag.
Wirkung des Pfandvertrages.
§. 1369. Was bey Verträgen überhaupt Rechtens ist, gilt auch bey
dem Pfandvertrage; er ist zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer muß das
Handpfand wohl verwahren und es dem Verpfänder, so bald dieser die Befriedigung
leistet, zurück geben. Betrifft es eine Hypothek; so
muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand setzen, die Löschung
der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu können. Die mit dem
Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgebers und Pfandnehmers
sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles bestimmt worden.
§. 1370. Der Handpfandnehmer ist verbunden, dem Pfandgeber einen
Pfandschein auszustellen, und darin die unterscheidenden Kennzeichen des
Pfandes zu beschreiben. Auch können die wesentlichen Bedingungen des
Pfandvertrages in dem Pfandscheine angeführet werden.
Unerlaubte Bedingungen.
§. 1371. Alle der Natur des Pfand- und Darleihensvertrages
entgegen stehende Bedingungen und Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören
die Verabredungen: daß nach der Verfallzeit der Schuldforderung das Pfandstück
dem Gläubiger zufalle; daß er es nach Willkühr, oder in einem schon im voraus
bestimmten Preise veräußern, oder für sich behalten könne; daß der Schuldner
das Pfand niemahls einlösen, oder ein liegendes Gut keinem Andern verschreiben,
oder daß der Gläubiger nach der Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht
verlangen dürfe.
§. 1372. Der Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die Fruchtnießung der
verpfändeten Sache zustehen solle, ist ohne rechtliche Wirkung. Ist dem
Gläubiger der bloße Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes eingeräumt worden
(§. 459.), so muß diese Benützung auf eine dem Schuldner unschädliche Art
geschehen.
Auf welche Art in der Regel Sicherstellung zu leisten ist.
§. 1373. Wer verbunden ist, eine Sicherstellung zu leisten, muß
diese Verbindlichkeit durch ein Handpfand, oder durch eine Hypothek erfüllen.
Nur in dem Falle, daß er ein Pfand zu geben außer Stande ist, werden taugliche
Bürgen angenommen.
§. 1374. Niemand ist verpflichtet, eine Sache, die zur
Sicherstellung dienen soll, in einem höheren Wert als der Hälfte ihres
Verkehrswertes zum Pfand anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt und
im Inland geklagt werden kann, ist ein tauglicher Bürge.
Zweytes Hauptstück.
Von Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten;
§. 1375. Es hängt von dem Willen des Gläubigers und des Schuldners
ab, ihre gegenseitigen willkührlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern.
Die Umänderung kann ohne, oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar
entweder eines neuen Gläubigers, oder eines neuen Schuldners geschehen.
1) durch Novation;
§. 1376. Die Umänderung ohne Hinzukunft einer dritten Person
findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder wenn der Hauptgegenstand einer
Forderung verwechselt wird, folglich die alte Verbindlichkeit in eine neue
übergeht.
§. 1377. Eine solche Umänderung heißt Neuerungsvertrag (Novation).
Vermöge dieses Vertrages hört die vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue
nimmt zugleich ihren Anfang.
§. 1378. Die mit der vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften
Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte erlöschen durch den Neuerungsvertrag,
wenn die Theilnehmer nicht durch ein besonderes
Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1379. Die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon
vorhandene Verbindlichkeit erfüllet werden soll, und andere Nebenbestimmungen,
wodurch in Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung
geschieht, sind eben so wenig als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße
Ausstellung eines neuen Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen
Urkunde. Auch kann eine solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem
Dritten, welcher derselben nicht beygezogen worden ist, keine neue Last
auflegen. Im Zweifel wird die alte Verbindlichkeit nicht für aufgelöst
gehalten, so lange sie mit der neuen noch wohl bestehen kann.
2) Vergleich.
§. 1380. Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder
zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, daß jede Partey sich
wechselseitig etwas zu geben, zu thun, oder zu unterlassen verbindet, heißt
Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweyseitigen verbindlichen Verträgen,
und wird nach eben denselben Grundsätzen beurtheilet.
§. 1381. Wer dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung ein
unstreitiges oder zweifelhaftes Recht unentgeldlich erläßt, macht eine
Schenkung (§. 939).
Ungültigkeit eines Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes;
§. 1382. Es gibt zweifelhafte Fälle, welche durch einen Vergleich
nicht beygelegt werden dürfen. Dahin gehört der zwischen Eheleuten über die
Gültigkeit ihrer Ehe entstandene Streit. Diesen kann nur der durch das Gesetz
bestimmte Gerichtsstand entscheiden.
§. 1383. Ueber den Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren
Bekanntmachung kein Vergleich errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette
wird nach den Grundsätzen von Glücksverträgen beurtheilt.
§. 1384. Vergleiche über Gesetzübertretungen sind nur in Hinsicht
auf die Privat-Genugthuung gültig; die gesetzmäßige Untersuchung und Bestrafung
kann dadurch bloß dann abgewendet werden, wenn die Uebertretungen von der Art
sind, daß die Behörde nur auf Verlangen der Parteyen ihr Amt zu handeln
angewiesen ist.
oder anderer Mängel.
§. 1385. Ein Irrthum kann den Vergleich nur in so weit ungültig
machen, als er die Wesenheit der Person, oder des Gegenstandes betrifft.
§. 1386. Aus dem Grunde einer Verletzung über die Hälfte kann ein
redlich errichteter Vergleich nicht angefochten werden.
§. 1387. Eben so wenig können neu gefundene Urkunden, wenn sie
auch den gänzlichen Mangel eines Rechtes auf Seite einer Partey entdeckten,
einen redlich eingegangenen Vergleich entkräften.
§. 1388. Ein offenbarer Rechnungsverstoß, oder ein Fehler, welcher
bey dem Abschlusse eines Vergleiches in dem Summiren oder Abziehen begangen
wird, schadet keinem der vertragmachenden Theile.
Umfang des Vergleiches.
§. 1389. Ein Vergleich, welcher über eine besondere Streitigkeit
geschlossen worden ist, erstreckt sich nicht auf andere Fälle. Selbst
allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt lautende Vergleiche sind auf
solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlichet worden sind,
oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht der Nebenverbindlichkeiten.
§. 1390. Bürgen und Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch
streitigen Rechtes gegeben worden sind, haften auch für den Theil, der durch
den Vergleich bestimmt worden ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten
Verpfänder, welche dem Vergleiche nicht beygestimmt haben, alle Einwendungen
gegen den Gläubiger vorbehalten, welche ohne geschlossenen Vergleich der
Forderung hätten entgegengesetzt werden können.
§. 1391. Der Vertrag, wodurch Parteyen zur Entscheidung streitiger
Rechte einen Schiedsrichter bestellen, erhält seine Bestimmung in der
Gerichtsordnung.
3) Cession.
§. 1392. Wenn eine Forderung von einer Person an die andere
übertragen, und von dieser angenommen wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes
mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtretung
(Cession), und kann mit, oder ohne Entgeld geschlossen werden.
Gegenstände der Cession.
§. 1393. Alle veräußerliche Rechte sind
ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person ankleben, folglich mit ihr
erlöschen, können nicht abgetreten werden. Schuldscheine, die auf den
Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe abgetreten, und bedürfen
nebst dem Besitze keines andern Beweises der Abtretung.
Wirkung.
§. 1394. Die Rechte des Uebernehmers sind mit den Rechten des
Ueberträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung eben dieselben.
§. 1395. Durch den Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem
Ueberträger (Cedent) und dem Uebernehmer der Forderung (Cessionar); nicht aber
zwischen dem Letzten und dem übernommenen Schuldner (Cessus) eine neue
Verbindlichkeit. Daher ist der Schuldner, so lange ihm der Uebernehmer nicht
bekannt wird, berechtiget, den ersten Gläubiger zu bezahlen, oder sich sonst
mit ihm abzufinden.
§. 1396. Dieses kann der Schuldner nicht mehr, so bald ihm der
Uebernehmer bekannt gemacht worden ist; allein es bleibt ihm das Recht, seine
Einwendungen gegen die Forderung anzubringen. Hat er die Forderung gegen den
redlichen Uebernehmer für richtig erkannt; so ist er verbunden, denselben als
seinen Gläubiger zu befriedigen.
Zessionsverbot
§. 1396a. Eine Vereinbarung, dass eine Geldforderung zwischen
Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften nicht abgetreten werden darf
(Zessionsverbot), ist nur verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt
worden ist und den Gläubiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles
nicht gröblich benachteiligt. Auch ein solches Zessionsverbot steht der
Wirksamkeit einer Abtretung aber nicht entgegen; sobald die Abtretung und der
Übernehmer dem Schuldner bekannt gemacht worden sind, kann dieser nicht mehr
mit schuldbefreiender Wirkung an den Überträger leisten, es sei denn, dass ihm
dabei nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Rechte des Schuldners gegen den Überträger wegen der Verletzung
eines verbindlichen Zessionsverbots bleiben unberührt, sie können aber gegen
die Forderung nicht eingewendet werden. Der Übernehmer haftet dem Schuldner
nicht allein deshalb, weil er das Zessionsverbot gekannt hat.
Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für Zessionsverbote, die zwischen
einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer von dieser
gegründeten Einrichtung und einem Förderungswerber vereinbart werden.
Haftung des Cedenten.
§. 1397. Wer eine Forderung ohne Entgeld abtritt, also verschenkt,
haftet nicht weiter für dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine
entgeldliche Art zu Stande; so haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl
für die Richtigkeit, als für die Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für
mehr, als er von dem Uebernehmer erhalten hat.
§. 1398. In so fern der Uebernehmer über die Einbringlichkeit der
Forderung aus den öffentlichen Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm
in Rücksicht der Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit
der Abtretung einbringliche, und durch einen bloßen Zufall oder durch Versehen
des Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Ueberträger
nicht.
§. 1399. Ein Versehen dieser Art begeht der Uebernehmer, wenn er
die Forderung zur Zeit, als sie aufgekündiget werden kann, nicht aufkündiget,
oder nach verfallener Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er dem Schuldner
nachsieht; wenn er die noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu
verschaffen versäumt, oder die gerichtliche Execution zu betreiben unterläßt.
4) Anweisung (Assignation).
§. 1400. Durch die Anweisung auf eine Leistung eines Dritten wird
der Empfänger der Anweisung (Assignatar) zur Einhebung der Leistung bei dem
Angewiesenen (Assignat) und der letztere zur Leistung an ersteren für Rechnung
des Anweisenden (Assignant) ermächtigt. Einen unmittelbaren Anspruch erlangt
der Anweisungsempfänger gegen den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des
Angewiesenen über die Annahme der Anweisung ihm zugekommen ist.
§. 1401. Insoweit der Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden
bereits schuldet, ist er diesem gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu
leisten. Wenn durch die Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem
Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, getilgt werden soll, ist der
Empfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.
Will der Empfänger von der Anweisung keinen Gebrauch machen oder
verweigert der Angewiesene die Annahme oder die Leistung, so hat der Empfänger
dies dem Anweisenden ohne Verzug anzuzeigen.
Die Tilgung der Schuld erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart
ist, erst durch die Leistung.
§. 1402. Hat der Angewiesene die Anweisung dem Empfänger gegenüber
angenommen, so kann er diesem nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche
die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung
oder aus seinen persönlichen Beziehungen zum Empfänger ergeben.
§. 1403. Solange der Angewiesene die Anweisung noch nicht dem
Empfänger gegenüber angenommen hat, kann sie der Anweisende widerrufen. Besteht
zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen kein anderer Rechtsgrund, so
gelten für das Rechtsverhältnis zwischen beiden die Vorschriften über den
Bevollmächtigungsvertrag; die Anweisung erlischt jedoch nicht durch den Tod des
Anweisenden oder Angewiesenen. Inwiefern die Aufhebung der Anweisung auch
gegenüber dem Empfänger rechtswirksam ist, bestimmt sich nach dem zwischen
diesem und dem Anweisenden obwaltenden Rechtsverhältnis.
Der Anspruch des Empfängers gegen den Angewiesenen verjährt in
drei Jahren.
5. Schuldübernahme
§. 1404. Wer einem Schuldner verspricht, die Leistung an dessen
Gläubiger zu bewirken (Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner dafür, daß
der Gläubiger ihn nicht in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar
kein Recht.
§. 1405. Wer einem Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen
(Schuldübernahme), tritt als Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger
einwilligt. Bis diese Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird,
haftet er wie bei Erfüllungsübernahme (§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers
kann entweder dem Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden.
§. 1406. Auch ohne Vereinbarung mit dem Schuldner kann ein Dritter
durch Vertrag mit dem Gläubiger die Schuld übernehmen.
Im Zweifel ist aber die dem Gläubiger erklärte Übernahme als
Haftung neben dem bisherigen Schuldner, nicht an dessen Stelle zu verstehen.
§. 1407. Die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten
des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld
ebendieselben. Der Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis
zwischen diesem und dem bisherigen Schuldner entspringenden Einwendungen
entgegensetzen.
Die Nebenrechte der Forderung werden durch den Schuldnerwechsel
nicht berührt. Bürgen und von dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch
nur dann fort, wenn der Bürge oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt
hat.
§. 1408. Übernimmt bei Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber
ein auf ihr haftendes Pfandrecht, so ist dies im Zweifel als Schuldübernahme zu
verstehen. Der Veräußerer kann, nach vollzogener
Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen Schuldners an
seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die Einwilligung als
erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt wird. Auf diese
Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.
§. 1409. Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so
ist er unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus
den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe
kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der
Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat,
wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.
Ist jedoch ein naher Angehöriger des Veräußerers (§ 32 KO) der
Übernehmer, so trifft ihn diese Verpflichtung, soweit er nicht beweist, daß ihm
die Schulden bei der Übergabe weder bekannt waren noch bekannt sein mußten.
Entgegenstehende Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Übernehmer
zum Nachteile der Gläubiger sind diesen gegenüber unwirksam.
§. 1409a. Wer ein Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der
Zwangsvollstreckung, des Konkurses, des Ausgleichsverfahrens (auch des
fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter
der Gläubiger erwirbt, haftet nicht nach § 1409 Abs. 1 und 2.
§. 1410. Wird der Eintritt des neuen Schuldners an Stelle des
bisherigen Schuldners in der Weise verabredet, daß an die Stelle des
aufgehobenen Schuldverhältnisses eine Verpflichtung des neuen Schuldners aus
selbständigem Rechtsgrunde oder unter Änderung des Hauptgegenstandes der
Forderung gesetzt wird, so treten nicht die Wirkungen der Schuldübernahme,
sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378) ein.
Drittes Hauptstück.
Von Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Aufhebung der Rechte u. Verbindlichkeiten.
§. 1411. Rechte und Verbindlichkeiten stehen in einem solchen
Zusammenhange, daß mit Erlöschung des Rechtes die Verbindlichkeit, und mit
Erlöschen der letzteren das Recht aufgehoben wird.
1.) Durch die Zahlung.
§. 1412. Die Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung,
das ist, durch die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöset
(§. 469).
Wie die Zahlung zu leisten.
§. 1413. Gegen seinen Willen kann weder der Gläubiger gezwungen
werden, etwas anderes anzunehmen, als er zu fordern hat, noch der Schuldner,
etwas anderes zu leisten, als er zu leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von
der Zeit, dem Orte und der Art, die Verbindlichkeit zu erfüllen.
§. 1414. Wird, weil der Gläubiger und der Schuldner einverstanden
sind, oder weil die Zahlung selbst unmöglich ist, etwas Anderes an
Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als ein entgeldliches Geschäft zu
betrachten.
§. 1415. Der Gläubiger ist nicht schuldig, die Zahlung einer
Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag anzunehmen. Sind aber verschiedene
Posten zu zahlen; so wird diejenige für abgetragen gehalten, welche der
Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers tilgen zu wollen, sich ausdrücklich
erkläret hat.
§. 1416. Wird die Willensmeinung des Schuldners bezweifelt, oder
von dem Gläubiger widersprochen; so sollen zuerst die Zinsen, dann das Capital,
von mehreren Capitalien aber dasjenige, welches schon eingefordert, oder
wenigstens fällig ist, und nach diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben
dem Schuldner am meisten beschwerlich fällt, abgerechnet werden.
wann;
§. 1417. Wenn die Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist; so
tritt die Verbindlichkeit, die Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an
welchem die Einmahnung geschehen ist. (§. 904.)
§. 1418. In gewissen Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur
der Sache bestimmt. Alimente werden wenigstens auf einen Monath voraus bezahlt.
Stirbt der Verpflegte während dieser Zeit; so sind dessen Erben nicht schuldig,
etwas von der Vorausbezahlung zurück zu geben.
§. 1419. Hat der Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen; so
fallen die widrigen Folgen auf ihn.
§. 1420. Wenn der Ort und die Art der Leistung nicht bestimmt
sind, so müssen die oben (§ 905) aufgestellten Vorschriften angewendet werden.
von wem;
§. 1421. Auch eine Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu
verwalten, kann eine richtige und verfallene Schuld rechtmäßig abtragen, und
sich ihrer Verbindlichkeit entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse, oder
nicht verfallene Schuld abgetragen, so sind die mit der Obsorge betrauten
Personen, ihr Sachwalter oder Kurator berechtigt, das Geleistete
zurückzufordern.
§. 1422. Wer die Schuld eines anderen, für die er nicht haftet (§
1358), bezahlt, kann vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die Abtretung
seiner Rechte verlangen; hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als Einlösung
der Forderung.
§. 1423. Wird die Einlösung mit Einverständnis des Schuldners
angeboten, so muß der Gläubiger die Zahlung annehmen; doch hat er außer dem
Falle des Betruges für die Einbringlichkeit und die Richtigkeit der Forderung
nicht zu haften. Ohne Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger von einem
Dritten in der Regel (§ 462) die Zahlung nicht aufgedrängt werden.
an wen;
§. 1424. Der Schuldbetrag muß dem Gläubiger oder dessen zum Empfange
geeigneten Machthaber, oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als
Eigenthümer der Forderung anerkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat,
die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu
zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen
des Empfängers verwendet worden ist.
Gerichtliche Hinterlegung der Schuld.
§. 1425. Kann eine Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger
unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebothenen unzufrieden ist, oder aus andern
wichtigen Gründen nicht bezahlt werden; so steht dem Schuldner bevor, die
abzutragende Sache bey dem Gerichte zu hinterlegen; oder, wenn sie dazu nicht
geeignet ist, die gerichtliche Einleitung zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede
dieser Handlungen, wenn sie rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt
gemacht worden ist, befreyt den Schuldner von seiner Verbindlichkeit, und wälzt
die Gefahr der geleisteten Sache auf den Gläubiger.
Quittungen;
§. 1426. (Der Zahler ist in allen Fällen berechtiget, von dem
Befriedigten eine Quittung, nähmlich ein schriftliches Zeugniß der erfüllten
Verbindlichkeit, zu verlangen. In der Quittung muß der Nahme des Schuldners und
des Gläubigers, so wie der Ort, die Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld
ausgedrückt, und sie muß von dem Gläubiger, oder dessen Machthaber
unterschrieben werden.) Die Kosten der Quittung hat,
wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.
§. 1427. Eine Quittung über das bezahlte Capital gründet die
Vermuthung, daß auch die Zinsen davon bezahlt worden seyn.
§. 1428. Besitzt der Gläubiger von dem Schuldner einen
Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verbunden, denselben
zurück zu geben, oder die allenfalls geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldschein
selbst abschreiben zu lassen. Der zurück erhaltene Schuldschein ohne Quittung
gründet für den Schuldner die rechtliche Vermuthung der geleisteten Zahlung; er
schließt aber den Gegenbeweis nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in Verlust gerathen; so ist der
Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern, oder den Betrag gerichtlich zu
hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger die Tödtung des Schuldscheines
der Gerichtsordnung gemäß bewirke.
§. 1429. Eine Quittung, die der Gläubiger dem Schuldner für eine
abgetragene neuere Schuldpost ausgestellt hat, beweiset zwar nicht, daß auch
andere ältere Posten abgetragen worden seyn: wenn es aber gewisse Gefälle,
Renten, oder solche Zahlungen betrifft, welche, wie Geld- Grund- Haus- oder
Capitals-Zinsen, aus eben demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet
werden sollen; so wird vermuthet, daß derjenige, welcher sich mit der Quittung
des letzt verfallenen Termines ausweiset, auch die früher verfallenen berichtiget
habe.
§. 1430. Eben so wird von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit
ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen Fristen die Rechnung abzuschließen
pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über die Rechnung aus einer späteren
Frist quittirt haben, auch die früheren Rechnungen bezahlt seyn.
Zahlung einer Nichtschuld.
§. 1431. Wenn jemand aus einem Irrthume, wäre es auch ein
Rechtsirrthum, eine Sache oder eine Handlung geleistet worden, wozu er gegen
den Leistenden kein Recht hat; so kann in der Regel im ersten Falle die Sache
zurückgefordert, im zweyten aber ein dem verschafften Nutzen angemessener Lohn
verlangt werden.
§. 1432. Doch können Zahlungen einer verjährten, oder einer
solchen Schuld, welche nur aus Mangel der Förmlichkeiten ungültig ist, oder zu
deren Eintreibung das Gesetz bloß das Klagerecht versagt, eben so wenig
zurückgefordert werden, als wenn jemand eine Zahlung leistet, von der er weiß,
daß er sie nicht schuldig ist.
§. 1433. Diese Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den Fall, in
welchem ein Pflegebefohlener, oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht
frey über ihr Eigenthum verfügen kann, nicht angewendet werden.
§. 1434. Die Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehret
werden, wenn die Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiß ist;
oder wenn sie noch von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung abhängt. Die
Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld kann aber deßwegen nicht
zurückgefordert werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.
§. 1435. Auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit gegeben
worden sind, kann der Geber von dem Empfänger zurück fordern, wenn der
rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.
§. 1436. War jemand verbunden, aus zwey Sachen nur Eine nach
seiner Willkühr zu geben, und hat er aus Irrthum beyde gegeben; so hängt es von
ihm ab, die eine, oder die andere zurück zu fordern.
§. 1437. Der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld wird als ein
redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den Irrthum des
Gebers gewußt hat, oder aus den Umständen vermuthen mußte, oder nicht.
2) Compensation.
§. 1438. Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die
richtig, gleichartig, und so beschaffen sind, daß eine Sache, die dem Einen als
Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem Andern entrichtet werden
kann; so entsteht, in so weit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen,
eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeit (Compensation), welche schon
für sich die gegenseitige Zahlung bewirket.
§. 1439. Zwischen einer richtigen und nicht richtigen, so wie
zwischen einer fälligen und noch nicht fälligen Forderung findet die
Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine Concurs-Masse die Compensation
Statt finde, wird in der Gerichtsordnung bestimmt.
§. 1440. Ebenso lassen sich Forderungen, welche ungleichartige
oder bestimmte und unbestimmte Sachen zum Gegenstande haben, gegeneinander
nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig entzogene, entlehnte, in Verwahrung
oder in Bestand genommene Stücke sind überhaupt kein Gegenstand der
Zurückbehaltung oder der Kompensation.
§. 1441. Ein Schuldner kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in
Aufrechnung bringen, was dieser einem Dritten und der Dritte dem Schuldner zu
zahlen hat. Selbst eine Summe, die jemand an eine Staats-Casse zu fordern hat,
kann gegen eine Zahlung, die er an eine andere Staats-Casse leisten muß, nicht
abgerechnet werden.
§. 1442. Wenn eine Forderung allmählich auf mehrere übertragen
wird; so kann der Schuldner zwar die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung
an den ersten Inhaber derselben hatte, so wie auch jene, die ihm gegen den
letzten Inhaber zusteht, in Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige,
welche ihm an einen der Zwischeninhaber zustand.
§. 1443. Gegen eine den öffentlichen Büchern einverleibte
Forderung kann die Einwendung der Compensation einem Cessionar nur dann
entgegengesetzt werden, wenn die Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der
Forderung selbst eingetragen, oder dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern
bekannt gemacht worden ist.
3.) Entsagung.
§. 1444. In allen Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu begeben, kann er
demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und hierdurch die
Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4) Vereinigung.
§. 1445. So oft auf was immer für eine Art das Recht mit der
Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt wird, erlöschen beyde; außer, wenn es
dem Gläubiger noch frey steht, eine Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§.
802 und 812), oder wenn Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten.
Daher wird durch die Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft seines
Gläubigers in den Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare,
und durch die Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers
nichts geändert.
§. 1446. Rechte und Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen
Büchern einverleibt sind, werden durch die Vereinigung nicht aufgehoben, bis die
Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist (§ 526). Bis dahin kann das
eingetragene Pfandrecht vom Eigentümer oder im Wege der Zwangsvollstreckung auf
einen Dritten übertragen werden (§§ 469 bis 470).
5.) Untergang der Sache.
§1447. Der zufällige gänzliche Untergang einer bestimmten Sache
hebt alle Verbindlichkeit, selbst die, den Werth derselben zu vergüten, auf.
Dieser Grundsatz gilt auch für diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der
Verbindlichkeit, oder die Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall
unmöglich wird. In jedem Falle muß aber der Schuldner das, was er um die
Verbindlichkeit in Erfüllung zu bringen erhalten hat, zwar gleich einem
redlichen Besitzer, jedoch auf solche Art zurückstellen oder vergüten, daß er
aus dem Schaden des Andern keinen Gewinn zieht.
6.) Tod.
§. 1448. Durch den Tod erlöschen nur solche Rechte und
Verbindlichkeiten, welche auf die Person eingeschränkt sind, oder die bloß
persönliche Handlungen des Verstorbenen betreffen.
7) Verlauf der Zeit.
§. 1449. Rechte und Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den
Verlauf der Zeit, worauf sie durch einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen
Ausspruch, oder durch das Gesetz beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die
vom Gesetze bestimmte Verjährung aufgehoben werden, wird in dem folgenden
Hauptstücke festgesetzt.
Von der Einsetzung in den vorigen Stand.
§. 1450. Die bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche
Handlungen und Geschäfte, wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar
bestritten werden können, gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die
zum gerichtlichen Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand
sind in der Gerichtsordnung bestimmt.
Viertes Hauptstück.
Von der Verjährung und Ersitzung.
Verjährung.
§. 1451. Die Verjährung ist der Verlust eines Rechtes, welches
während der von dem Gesetze bestimmten Zeit nicht ausgeübt worden ist.
Ersitzung.
§. 1452. Wird das verjährte Recht vermöge des gesetzlichen
Besitzes zugleich auf jemand Andern übertragen; so heißt es ein ersessenes
Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.
Wer verjähren und ersitzen kann.
§. 1453. Jeder, der sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein
Eigenthum oder andere Rechte durch Ersitzung erwerben.
Gegen wen?
§. 1454. Die Verjährung und Ersitzung kann gegen alle
Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst auszuüben fähig sind, Statt finden.
Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen Kirchen, Gemeinden und andere
moralische Körper; gegen Verwalter des öffentlichen Vermögens und gegen
diejenigen, welche ohne ihr Verschulden abwesend sind, wird sie nur unter den
unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände.
§. 1455. Was sich erwerben läßt, kann auch ersessen werden. Sachen
hingegen, welche man vermöge ihrer wesentlichen Beschaffenheit, oder vermöge
der Gesetze nicht besitzen kann; ferner, Sachen und Rechte, welche
schlechterdings unveräußerlich sind, sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§. 1456. Aus diesem Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte
als solchen allein zukommenden Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen
zu prägen, Steuern auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch
Ersitzung erworben, noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten
verjährt werden.
§. 1457. Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend
vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können
zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem
gewöhnlichen Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.
§. 1458. Die Rechte eines Ehegatten, der Eltern, eines Kindes und andere
Personen-Rechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen,
welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit
zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zu Statten.
§. 1459. Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein
Eigenthum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein
Wasser zu benutzen, unterliegen, außer dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen
einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben
verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung
eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran verhindert; so fängt der Besitz
des Untersagungsrechtes von Seite der Einen gegen die Freyheit der Andern von
dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbothe, oder der Verhinderung gefüget
hat, und es wird dadurch, wenn alle übrige Erfordernisse eintreffen, die
Verjährung oder die Ersitzung bewirket. (§. 313 u. 351.)
Erfordernisse zur Ersitzung:
1) Besitz.
§. 1460. Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des
Gegenstandes erfordert: daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art
erworben werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich
und echt sey, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt
werde. (§. 309, 316, 326 und 345.)
Und zwar a) ein rechtmäßiger;
§. 1461. Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welche zur
Uebernahme des Eigenthumes, wenn solches dem Uebergeber gebührt hätte,
hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig und zur Ersitzung hinreichend.
Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die Schenkung, das Darleihen, der Kauf
und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s. w.
§. 1462. Verpfändete, geliehene, in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung
gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder
Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen Titels, niemahls ersessen werden.
Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und haben nicht mehr Titel als dieselben.
Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zu Statten
kommen.
b) redlicher;
§. 1463. Der Besitz muß redlich seyn. Die Unredlichkeit des vorigen
Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die
Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen. (§. 1493.)
c) echter.
§. 1464. Der Besitz muß auch echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit
Gewalt oder List bemächtiget, oder in den Besitz heimlich einschleicht, oder
eine Sache nur bittweise besitzt; so kann weder er selbst, noch können seine
Erben dieselbe verjähren.
2) Verlauf der Zeit.
§. 1465. Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze
vorgeschriebene Verlauf der Zeit nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für
einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen
Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es
kommt dabey sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der
Personen an.
Ersitzungszeit. Ordentliche;
§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist,
wird durch einen dreyjährigen rechtlichen Besitz ersessen.
§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1468. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind,
und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern
Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der
die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung
erst nach dreyßig Jahren vollendet.
§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1470. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein
solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber
erst nach dreyßig Jahren ersitzen.
§. 1471. Bey Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bey dem
Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bey Herstellung einer Brücke zum
Beytrage anzuhalten, muß derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst
einem Verlaufe von dreyßig Jahren, zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung
binnen dieser Zeit wenigstens drey Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses
Recht ausgeübt habe.
Außerordentliche.
§. 1472. Gegen den Fiscus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und
des Staatsvermögens, in so weit die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u.
1456-1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und
anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht
zu. Der Besitz beweglicher Sachen, so wie auch der Besitz der unbeweglichen,
oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den
Nahmen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs
Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers
in die öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte
lassen sich gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur
durch den Besitz von vierzig Jahren erwerben.
§. 1473. Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit
begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung
zu Statten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen
andere, darin ebenfalls begünstigte, Personen ihre Wirkung.
§. 1474. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 5, BGBl I 2006/Nr. 113 –
Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1475. Der Aufenthalt des Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich
die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit
entgegen, daß die Zeit einer willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur
Hälfte, folglich Ein Jahr nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf
kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen
gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als
bis auf dreyßig Jahre zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit
genießt keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.
§. 1476. Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von
einem unechten, oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder
seinen Vormann anzugeben nicht vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen
Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§. 1477. Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig
Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn
erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schließt aber auch in diesem längeren
Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit. Allgemeine.
§. 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden
beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur
eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an
sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
§. 1479. Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen
Büchern einverleibt seyn oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens
durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch, oder durch ein so lange Zeit
beobachtetes Stillschweigen.
§. 1480. Forderungen von rückständigen
jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen,
Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten
erlöschen in drei Jahren; das Recht selbst wird durch einen Nichtgebrauch von
dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen.
§. 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte
gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt
zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459.) angeführten
Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die
Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die Gränzbestimmung
vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§. 1482. Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem
fremden Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten ausüben
konnte, bloß dadurch, daß er es durch noch so lange Zeit nur auf einem Theile
des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte nicht
eingeschränkt; sondern die Beschränkung muß durch Erwerbung oder Ersitzung des
Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.) Eben dieses ist
auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle Mitglieder einer
Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder derselben
ausgeübt hat.
§. 1483. So lange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die
unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht
nicht verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen,
bleibt unverjährt. In so fern aber die Forderung den Werth des Pfandes
übersteigt, kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.
§. 1484. Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden
können, wird erfordert, daß während der Verjährungszeit von dreyßig Jahren von
drey Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden
sey. (§. 1471.)
§. 1485. In Rücksicht der in dem § 1472
begünstigten Personen werden, wie zur Ersitzung, also auch zur Verjährung,
vierzig Jahre erfordert.
Die allgemeine Regel, daß ein Recht
wegen des Nichtgebrauches erst nach Verlauf von dreißig oder vierzig Jahren
verloren gehe, ist nur auf diejenigen Fälle anwendbar, für welche das Gesetz
nicht einen kürzeren Zeitraum ausgemessen hat (§ 1465).
Besondere Verjährungszeit
§. 1486. In drei Jahren sind verjährt:
die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen oder
Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen,
kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betriebe;
2. für Lieferung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in
einem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur
Erziehung oder zum Unterricht durch Personen, die sich damit befassen, oder in
Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes
aus den Dienstverträgen von Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen
Privatbediensteten, sowie der Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen
gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte, Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der
Advokaten, Notare, Patentanwälte und aller anderen zur Besorgung gewisser
Angelegenheiten öffentlich bestellten Personen wegen Entlohnung ihrer
Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie der Parteien wegen der Vorschüsse
an diese Personen.
§. 1486a. Der Anspruch eines Ehegatten
auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98) verjährt in sechs
Jahren vom Ende des Monats, in dem die Leistung erbracht worden ist.
§. 1487. Die Rechte, eine Erklärung des
letzten Willens umzustoßen; den Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern;
eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen oder den
Beschenkten wegen Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen; einen
entgeltlichen Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die
vorgenommene Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die
Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums,
wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat,
müssen binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind
sie verjährt.
§. 1488. Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt,
wenn sich der verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der
Berechtigte durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend
gemacht hat.
§. 1489. Jede Entschädigungsklage ist in
drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die Person des
Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung
einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden
sein. Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht
bekannt geworden oder ist der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind entstanden, so erlischt das Klagerecht
nur nach dreißig Jahren.
§. 1490. Klagen über Ehrenbeleidigungen,
die lediglich in Beschimpfungen durch Worte, Schriften oder Geberden bestehen,
können nach Verlauf eines Jahres nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die
Beleidigung in Tätlichkeiten, so dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch
drei Jahre.
Auf Schadenersatzklagen wegen Gefährdung
des Kredits, des Erwerbes oder des Fortkommens eines andern durch Verbreitung
unwahrer Tatsachen sind die Vorschriften des § 1489 anzuwenden.
§. 1491. Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit
eingeschränkt. Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte
abgehandelt werden, vor.
§. 1492. Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme,
ist in der Wechselordnung bestimmt.
Einrechnung der Verjährungszeit des
Vorfahrers.
§. 1493. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer
redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit
seines Vorfahrers mit einzurechnen (§. 1463). Eben dieses gilt auch von der
Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung von dreyßig oder vierzig Jahren findet diese
Einrechnung auch ohne einen rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen
Verjährung selbst ohne guten Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.
Hemmung der Verjährung.
§. 1494. Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre
Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Minderjährige oder Personen,
die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, kann die Ersitzungs- oder
Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt
sind, nicht anfangen. Die ein Mahl angefangene
Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als
binnen zwey Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.
§. 1495. Auch zwischen Ehegatten sowie zwischen Minderjährigen oder anderen
Pflegebefohlenen und den mit der Obsorge betrauten Personen, Sachwaltern oder
Kuratoren kann, solange die Ehe aufrecht ist oder die Obsorge, Sachwalterschaft
oder Kuratel durch dieselbe Person andauert, die Ersitzung oder Verjährung
weder angefangen, noch fortgesetzt werden. Das gilt nicht für die Ansprüche
eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98);
doch wird die Verjährung so lange gehemmt, als zwischen den Ehegatten ein
gerichtliches Verfahren zur Entscheidung über einen Anspruch im Sinn des § 100
anhängig ist und gehörig fortgesetzt wird.
§. 1496. Durch Abwesenheit in Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch
gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird
nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses
Hinderniß dauert, auch die Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmet.
Unterbrechung der Verjährung.
§. 1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn
derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der
Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern
anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig
fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für
unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder Verjährung.
§. 1498. Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den
bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die Zuerkennung des Eigenthumes ansuchen,
und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen Bücher
ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§. 1499. Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete
die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit,
oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und
der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.
§. 1500. Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber
demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der
Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu
keinem Nachtheile gereichen.
§. 1501. Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteyen, von Amts wegen kein Bedacht zu nehmen.
Entsagung oder Verlängerung der
Verjährung.
§. 1502. Der Verjährung kann weder im voraus
entsagt, noch kann eine längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze
bestimmt ist, bedungen werden.
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Beachte BGBl 1921/Nr. 638, § 1.:
„Die im § 970, Absatz 1 und 3, a.b.G.B. den Gastwirten und
Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung wird bis auf weiteres auf den
Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei denn, daß die Sachen dem
Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben worden sind oder daß der
Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.
Auf die Haftung von Unternehmern, die Stallungen und
Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrnisse
und die auf diesen befindlichen Sachen (§ 970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die
Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“
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Beachte BGBl 1951/Nr. 259, § 1.:
„Der im § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. November 1921, BGBl.
Nr. 638, festgesetzte Höchstbetrag wird auf 3000 S, der im § 2 desselben
Bundesgesetzes vorgesehene Höchstbetrag auf 1500 S erhöht.“