(Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten
Deutschen Erbländer der Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)
Wir Franz der Erste, von Gottes Gnaden Kaiser von
Oesterreich; König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog zu Oesterreich, etc. etc.
Aus der Betrachtung, daß die bürgerlichen Gesetze, um
den Bürgern volle Beruhigung über den gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu
verschaffen, nicht nur nach den allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit;
sondern auch nach den besonderen Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer
ihnen verständlichen Sprache bekannt gemacht, und durch eine ordentliche
Sammlung in stätem Andenken erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte
Unserer Regierung unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren
Vorfahren beschlossene und unternommene Abfassung eines vollständigen,
einheimischen bürgerlichen Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.
Der während Unserer Regierung von Unserer
Hofcommission in Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf ward, so wie ehedem
der Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und schwere
Polizey-Uebertretungen, den in den verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten
Commissionen zur Beurtheilung mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in
Anwendung gesetzt.
Nachdem auf solche Art die Meinungen der
Sachverständigen, und die aus der Anwendung eingehohlten Erfahrungen zur
Berichtigung dieses so wichtigen Zweiges der Gesetzgebung benützt worden sind;
haben Wir nun beschlossen, dieses allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für Unsere
gesammten Deutschen Erbländer kund zu machen, und zu verordnen, daß dasselbe
mit dem ersten Januar 1812 zur Anwendung kommen solle.
Dadurch wird das bis jetzt angenommene gemeine Recht,
der am 1. November 1786 kund gemachte erste Theil des bürgerlichen
Gesetzbuches, das für Galizien gegebene bürgerliche Gesetzbuch, sammt allen auf
die Gegenstände dieses allgemeinen bürgerlichen Rechtes sich beziehenden
Gesetzen und Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.
Wie Wir aber in dem Gesetzbuche selbst zur allgemeinen
Vorschrift aufgestellt haben, daß die Gesetze nicht zurück wirken sollen; so
soll auch dieses Gesetzbuch auf Handlungen, die dem Tage, an welchem es
verbindliche Kraft erhält, vorhergegangen, und auf die nach den früheren
Gesetzen bereits erworbenen Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen
in zweyseitig verbindlichen Rechtsgeschäften, oder in solchen
Willenserklärungen bestehen, die von dem Erklärenden noch eigenmächtig
abgeändert, und nach den in dem gegenwärtigen Gesetzbuche enthaltenen
Vorschriften eingerichtet werden könnten.
Daher ist auch eine schon vor der Wirksamkeit dieses
Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder Verjährung nach den älteren Gesetzen zu
beurtheilen. Wollte sich jemand auf eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die
in dem neueren Gesetze auf eine kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen
bestimmt ist; so kann er auch diese kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an
welchem das gegenwärtige Gesetz verbindliche Kraft erhält, zu berechnen
anfangen.
Die Vorschriften dieses Gesetzbuches sind zwar
allgemein verbindlich; doch bestehen für den Militär-Stand und für die zum
Militär-Körper gehörigen Personen besondere, auf das Privat-Recht sich
beziehende Vorschriften, welche bey den von, oder mit ihnen vorzunehmenden
Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht ausdrücklich darauf
hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und Wechselgeschäfte
werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so fern sie von den
Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.
Auch bleiben die über politische, Cameral- oder
Finanz-Gegenstände kund gemachten, die Privat-Rechte beschränkenden, oder näher
bestimmenden Verordnungen, obschon in diesem Gesetzbuche sich darauf nicht
ausdrücklich bezogen wurde, in ihrer Kraft.
Ins besondere sind die auf Geldzahlungen sich
beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nach dem, über das zum Umlauf und zur
gemeinen Landes- (Wiener) Währung bestimmte Geld, bereits erlassenen Patente
vom 20. Hornung 1811, oder nach den noch zu erlassenden besonderen Gesetzen,
und nur bey deren Ermanglung, nach den allgemeinen Vorschriften des
Gesetzbuches zu beurtheilen.
Wir erklären zugleich den gegenwärtigen Deutschen Text
des Gesetzbuches als den Urtext, wonach die veranstalteten Uebersetzungen in
die verschiedenen Landessprachen Unserer Provinzen zu beurtheilen sind.
Gegeben in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien, den
ersten Monathstag Junius, im eintausend achthundert und eilften, Unserer Reiche
im neunzehnten Jahre.
Franz (L. S.)
Aloys Graf von und zu Ugarte,
königlich-Böhmischer oberster und
erzherzoglich-Oesterreichischer erster Kanzler.
Franz Graf von Woyna.
Nach Sr. k. k. Majestät
höchst eigenem Befehle:
Johann Nepomuk Freyh. v. Geißlern.
Inhalt.
Einleitung. Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt.
§. 1-14.
Erster Theil.
Von dem Personenrechte.
Erstes Hauptstück. Von den Rechten, welche sich auf
persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen. §. 15-43.
Zweytes Hauptstück. Von dem Eherechte. §. 44-136.
Drittes Hauptstück. Von den Rechten zwischen Eltern
und Kindern §. 137-186.
Viertes Hauptstück. Von der Obsorge einer anderen
Person §. 187-267.
Fünftes Hauptstück. Von der Sachwalterschaft, der
sonstigen gesetzlichen Vertretung und der Vorsorgemacht §. 268-284.
Zweyter Theil.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung. §.
285-308.
Erste Abtheilung
des Sachenrechtes.
Von den dinglichen Rechten.
Erstes Hauptstück. Von dem Besitze. §. 309-352.
Zweytes Hauptstück. Von dem Eigenthumsrechte. §.
353-379.
Drittes Hauptstück. Von der Erwerbung des Eigenthums
durch Zueignung. §. 380-403.
Viertes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes
durch Zuwachs. §. 404-422.
Fünftes Hauptstück. Von Erwerbung des Eigenthumes
durch Uebergabe. §. 423-446.
Sechstes Hauptstück. Von dem Pfandrechte. §. 447-471.
Siebentes Hauptstück. Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.) §. 472-530.
Achtes Hauptstück. Von dem Erbrechte. §. 531-551.
Neuntes Hauptstück. Von der Erklärung des letztes
Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere. §. 552-603.
Zehntes Hauptstück. Von Nacherben und Fideicomissen.
§. 604-646.
Eilftes Hauptstück. Von Vermächtnissen. §. 647-694.
Zwölftes Hauptstück. Von Einschränkung und Aufhebung
des letzten Willens. §. 695-726.
Dreyzehntes Hauptstück. Von der gesetzlichen Erbfolge.
§. 727-761.
Vierzehntes Hauptstück. Von dem Pflichttheile und der
Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil. §. 762-796.
Fünfzehntes Hauptstück. Von Besitznehmung der
Erbschaft. §. 797-824.
Sechzehntes Hauptstück. Von der Gemeinschaft des
Eigenthums und anderer dinglichen Rechte. §. 825-858.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück. Von Verträgen und
Rechtsgeschäften überhaupt. §. 859-937.
Achtzehntes Hauptstück. Von Schenkungen. §. 938-956.
Neunzehntes Hauptstück. Von dem Verwahrungsvertrage.
§. 957-970.
Zwanzigstes Hauptstück. Von dem Leihvertrage. §.
971-982.
Ein und zwanzigstes Hauptstück. Von dem
Darleihensvertrage. §. 983-1001.
Zwey und zwanzigstes Hauptstück. Von der
Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung. §. 1002-1044.
Drey und zwanzigstes Hauptstück. Von dem
Tauschvertrage. §. 1045-1052.
Vier und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Kaufvertrage.
§. 1053-1089.
Fünf und zwanzigstes Hauptstück. Von Bestand-
Erbpacht- und Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.
Sechs und zwanzigstes Hauptstück. Von Verträgen über
Dienstleistungen §. 1151-1174.
Sieben und zwanzigstes Hauptstück. Von dem Vertrage
über eine Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.
Acht und zwanzigstes Hauptstück. Von den Ehepacten. §.
1217-1266.
Neun und zwanzigstes Hauptstück. Von den
Glücksverträgen. §. 1267-1292.
Dreyßigstes Hauptstück. Von dem Rechte des
Schadenersatzes und der Genugthuung. §. 1293-1341.
Dritter Theil.
Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen-
und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück. Von Befestigung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.
Zweytes Hauptstück. Von Umänderung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.
Drittes Hauptstück. Von Aufhebung der Rechte und
Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.
Viertes Hauptstück. Von der Verjährung und Ersitzung.
§. 1451-1502.
Einleitung.
Von den bürgerlichen Gesetzen überhaupt.
Begriff des bürgerlichen Rechtes.
§. 1. Der Inbegriff der Gesetze, wodurch die
Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates unter sich bestimmt
werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.
§. 2. So bald ein Gesetz gehörig kund gemacht worden
ist, kann sich niemand damit entschuldigen, daß ihm dasselbe nicht bekannt
geworden sey.
Anfang der Wirksamkeit der Gesetze.
§. 3. Die Wirksamkeit eines Gesetzes und die daraus
entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich nach der Kundmachung ihren
Anfang; es wäre denn, daß in dem kund gemachten Gesetze selbst der Zeitpunct
seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes.
§. 4. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl
1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 5. Gesetze wirken nicht zurück; sie haben daher auf
vorhergegangene Handlungen und auf vorher erworbene Rechte keinen Einfluß.
Auslegung.
§. 6. Einem Gesetze darf in der Anwendung kein anderer
Verstand beygelegt werden, als welcher aus der eigenthümlichen Bedeutung der
Worte in ihrem Zusammenhange und aus der klaren Absicht des Gesetzgebers
hervorleuchtet.
§. 7. Läßt sich ein Rechtsfall weder aus den Worten,
noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes entscheiden, so muß auf ähnliche,
in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle, und auf die Gründe anderer damit
verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden. Bleibt der Rechtsfall noch
zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die sorgfältig gesammelten und
reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen Rechtsgrundsätzen entschieden
werden.
§. 8. Nur dem Gesetzgeber steht die Macht zu, ein
Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art zu erklären. Eine solche Erklärung
muß auf alle noch zu entscheidende Rechtsfälle angewendet werden, dafern der
Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß seine Erklärung bey Entscheidung solcher
Rechtsfälle, welche die vor der Erklärung unternommenen Handlungen und
angesprochenen Rechte zum Gegenstande haben, nicht bezogen werden solle.
Dauer des Gesetzes.
§. 9. Gesetze behalten so lange ihre Kraft, bis sie
von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich aufgehoben werden.
Andere Arten der Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.
§. 10. Auf Gewohnheiten kann nur in den Fällen, in
welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht genommen werden.
b) Provinzial-Statuten.
§. 11. Nur jene Statuten einzelner Provinzen und
Landesbezirke haben Gesetzeskraft, welche nach der Kundmachung dieses
Gesetzbuches von dem Landesfürsten ausdrücklich bestätiget
werden.
c) Richterliche Aussprüche.
§. 12. Die in einzelnen Fällen ergangenen Verfügungen
und die von Richterstühlen in besonderen Rechtsstreitigkeiten gefällten
Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie können auf andere Fälle oder
auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.
d) Privilegien.
§. 13. Die einzelnen Personen oder auch ganzen Körpern
verliehenen Privilegien und Befreyungen sind, so fern hierüber die politischen
Verordnungen keine besondere Bestimmung enthalten, gleich den übrigen Rechten
zu beurtheilen.
Haupteintheilung des bürgerlichen Rechtes.
§. 14. Die in dem bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen
Vorschriften haben das Personen-Recht, das Sachenrecht und die denselben
gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum Gegenstande.
Erster Theil.
Von dem Personen-Rechte.
Erstes Hauptstück.
Von den Rechten, welche sich auf persönliche
Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.
Personen-Rechte.
§. 15. Die Personen-Rechte beziehen sich theils auf
persönliche Eigenschaften und Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem
Familien-Verhältnisse.
I. Aus dem Charakter der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§. 16. Jeder Mensch hat angeborne, schon durch die
Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als eine Person zu betrachten.
Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung einer darauf sich beziehenden
Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.
Rechtliche Vermuthung derselben.
§. 17. Was den angebornen natürlichen Rechten
angemessen ist, dieses wird so lange als bestehend angenommen, als die
gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht bewiesen wird.
Erwerbliche Rechte.
§. 18. Jedermann ist unter den von den Gesetzen
vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu erwerben.
Verfolgung der Rechte.
§. 19. Jedem, der sich in seinem Rechte gekränkt zu
seyn erachtet, steht es frey, seine Beschwerde vor der durch die Gesetze
bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit Hintansetzung derselben der
eigenmächtigen Hülfe bedienet, oder, wer die Gränzen
der Nothwehre überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§. 20. Auch solche Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt
des Staates betreffen, aber auf dessen Privat-Eigenthum, oder auf die in dem
bürgerlichen Rechte gegründeten Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den
Gerichtsbehörden nach den Gesetzen zu beurtheilen.
II. Personenrechte der Minderjährigen und der sonst in
ihrer Handlungsfähigkeit Beeinträchtigten
§. 21. Minderjährige und Personen, die aus einem
anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle oder einzelne ihrer
Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen, stehen unter dem
besonderen Schutz der Gesetze.
Minderjährige sind Personen, die das achtzehnte
Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie das vierzehnte Lebensjahr noch
nicht vollendet, so sind sie unmündig.
§. 22. Selbst ungeborne Kinder haben von dem
Zeitpuncte ihrer Empfängniß an einen Anspruch auf den Schutz der Gesetze. In so
weit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten zu thun ist, werden sie
als Geborne angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird in Rücksicht auf die ihm
für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet, als wäre es nie
empfangen worden.
§. 23. In zweifelhaftem Falle, ob ein Kind lebendig
oder todt geboren worden sey, wird das Erstere vermuthet. Wer das Gegentheil
behauptet, muß es beweisen.
III. Aus dem Verhältnisse der Abwesenheit.
§. 24. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a,
dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 25. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a,
dRGBl I 1939/S. 1186.)
IV. Aus dem Verhältnisse einer moralischen Person.
§. 26. Die Rechte der Mitglieder einer erlaubten
Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag oder Zweck und die besonderen
für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt. Im Verhältnisse gegen Andere
genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel gleiche Rechte mit den einzelnen
Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als solche keine Rechte, weder gegen
die Mitglieder, noch gegen Andere, und sie sind unfähig, Rechte zu erwerben.
Unerlaubte Gesellschaften sind aber diejenigen, welche durch die politischen
Gesetze insbesondere verbothen werden, oder offenbar der Sicherheit,
öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten widerstreiten.
§. 27. In wie fern Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte
unter einer besonderen Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den
politischen Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse eines Staatsbürgers.
§. 28. Den vollen Genuß der bürgerlichen Rechte
erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. Die Staatsbürgerschaft in diesen
Erbstaaten ist Kindern eines Oesterreichischen Staatsbürgers durch die Geburt
eigen.
Wie die Staatsbürgerschaft erworben;
§. 29. Fremde erwerben die Oesterreichische
Staatsbürgerschaft durch Eintretung in einen öffentlichen Dienst; durch einen
in diesen Staaten vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen Wohnsitz, jedoch
unter der Bedingung, daß der Fremde diese Zeit hindurch sich wegen eines
Verbrechens keine Strafe zugezogen habe.
§. 30. Auch ohne Antretung eines Gewerbes oder
Handwerkes, und vor verlaufenen zehn Jahren, kann die Einbürgerung bey den
politischen Behörden angesucht, und von denselben, nachdem das Vermögen, die
Erwerbfähigkeit und das sittliche Betragen des Ansuchenden beschaffen sind,
verliehen werden.
§. 31. Durch die bloße Inhabung oder zeitliche
Benützung eines Landgutes, Hauses oder Grundstückes; durch die Anlegung eines
Handels, einer Fabrik, oder die Theilnahme an einem von beyden, ohne
persönliche Ansässigkeit in einem Lande dieser Staaten, wird die
Oesterreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben.
wie sie verloren werde
§. 32. Der Verlust der Staatsbürgerschaft durch
Auswanderung oder durch Verehelichung einer
Staatsbürgerinn an einen Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze bestimmt.
Rechte der Fremden.
§. 33. Den Fremden kommen überhaupt gleiche
bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den Eingebornen zu, wenn nicht zu
dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die Eigenschaft eines Staatsbürgers
erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um gleiches Recht mit den Eingebornen
zu genießen, in zweifelhaften Fällen beweisen, daß der Staat, dem sie
angehören, die hierländigen Staatsbürger in Rücksicht des Rechtes, wovon die
Frage ist, ebenfalls wie die seinigen behandle.
§. 34. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl
1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 35. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl
1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 36. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl
1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 37. (Anm.: Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl
1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 38. Die Gesandten, die öffentlichen Geschäftsträger
und die in ihren Diensten stehenden Personen genießen die in dem Völkerrechte
und in den öffentlichen Verträgen gegründeten Befreyungen.
VI. Personen-Rechte aus dem Religions-Verhältnisse.
§. 39. Die Verschiedenheit der Religion hat auf die
Privat-Rechte keinen Einfluß, außer in so fern dieses bey einigen Gegenständen
durch die Gesetze insbesondere angeordnet wird.
VII. Aus dem Familien-Verhältnisse.
Familie, Verwandtschaft und Schwägerschaft.
§. 40. Unter Familie werden die Stammältern mit allen
ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung zwischen diesen Personen wird
Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche zwischen einem Ehegatten und den
Verwandten des anderen Ehegatten entsteht, Schwägerschaft genannt.
§. 41. Die Grade der Verwandtschaft zwischen zwey
Personen sind nach der Zahl der Zeugungen, mittelst welcher in der geraden
Linie eine derselben von der anderen, und in der Seitenlinie beyde von ihrem
nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu bestimmen. In welcher Linie und
in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten verwandt ist, in eben der Linie
und in eben dem Grade ist er mit dem anderen Ehegatten verschwägert.
§. 42. Unter den Nahmen Aeltern werden in der Regel
ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der aufsteigenden; und unter dem
Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden Linie begriffen.
VIII. Schutz des Namens
§. 43. Wird jemandem das Recht zur Führung seines
Namens bestritten oder wird er durch unbefugten Gebrauch seines Namens
(Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung und bei Verschulden
auf Schadenersatz klagen.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eherechte.
Begriff der Ehe,
§. 44. Die Familien-Verhältnisse werden durch den
Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage erklären zwey Personen verschiedenen
Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in unzertrennlicher Gemeinschaft zu
leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und sich gegenseitig Beystand zu
leisten.
und des Eheverlöbnisses.
§. 45. Ein Eheverlöbniß oder ein vorläufiges
Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen oder Bedingungen es
gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche Verbindlichkeit nach sich,
weder zur Schließung der Ehe selbst, noch zur Leistung desjenigen, was auf den
Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.
Rechtliche Wirkung des Rücktrittes vom
Eheverlöbnisse.
§. 46. Nur bleibt dem Theile, von dessen Seite keine
gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden ist, der Anspruch auf den
Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen er aus diesem Rücktritte zu
leiden beweisen kann.
Regel über die Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.
§. 47. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Hindernisse der Ehe:
I) Abgang der Einwilligung,
a) aus Mangel des Vermögens zur Einwilligung.
§. 48. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 49. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 50. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 51. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 52. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 53. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 54. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
b) aus Mangel der wirklichen Einwilligung.
§. 55. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 56. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 57. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 58. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 59. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
II. Abgang des Vermögens zum Zwecke:
a) des physischen Vermögens;
§. 60. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
b) des sittlichen Vermögens; wegen Verurtheilung zu
einer schweren Criminalstrafe;
§. 61. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr.
131.)
wegen Ehebandes;
§. 62. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
wegen Weihe oder Gelübdes;
§. 63. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Religionsverschiedenheit;
§. 64. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Verwandtschaft;
§. 65. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
oder Schwägerschaft;
§. 66. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
wegen Ehebruchs;
§. 67. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
oder Gattenmordes.
§. 68. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
III. Abgang der wesentlichen Feyerlichkeiten.
Solche sind:
§. 69. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
a) das Aufgeboth;
§. 70. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 71. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr.
4.)
§. 72. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 73. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 74. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
b) die feyerliche Erklärung der Einwilligung.
§. 75. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 76. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 77. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr.
4.)
§. 78. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 79. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 80. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 81. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 82. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Dispensation von Ehehindernissen.
§. 83. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 84. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 85. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 86. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 87. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 88. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Persönliche Rechtswirkungen der Ehe
§. 89. Die persönlichen Rechte und Pflichten der
Ehegatten im Verhältnis zueinander sind, soweit in diesem Hauptstück nicht
anderes bestimmt ist, gleich.
§. 90. Die Ehegatten sind einander zur umfassenden
ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum gemeinsamen Wohnen, sowie zur
Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand verpflichtet.
Im Erwerb des anderen hat ein Ehegatte mitzuwirken,
soweit ihm dies zumutbar, es nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich
und nicht anderes vereinbart ist.
Jeder Ehegatte hat dem anderen in der Ausübung der
Obsorge für dessen Kinder in angemessener Weise beizustehen. Soweit es die
Umstände erfordern, vertritt er ihn auch in den Obsorgeangelegenheiten des
täglichen Lebens.
§. 91. Die Ehegatten sollen ihre eheliche
Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die Erwerbstätigkeit, die
Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter Rücksichtnahme aufeinander und
auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller Ausgewogenheit ihrer Beiträge
einvernehmlich gestalten.
Von einer einvernehmlichen Gestaltung kann ein
Ehegatte abgehen, wenn dem nicht ein wichtiges Anliegen des anderen oder der
Kinder entgegensteht oder, auch wenn ein solches Anliegen vorliegt, persönliche
Gründe des Ehegatten, besonders sein Wunsch nach Aufnahme einer
Erwerbstätigkeit, als gewichtiger anzusehen sind. In diesen Fällen haben sich
die Ehegatten um ein Einvernehmen über die Neugestaltung der ehelichen
Lebensgemeinschaft zu bemühen.
§. 92. Verlangt ein Ehegatte aus gerechtfertigten
Gründen die Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so hat der andere diesem
Verlangen zu entsprechen, es sei denn, er habe gerechtfertigte Gründe von
zumindest gleichem Gewicht, nicht mitzuziehen.
Ungeachtet des Abs. 1, kann ein Ehegatte vorübergehend
gesondert Wohnung nehmen, solange ihm ein Zusammenleben mit dem anderen
Ehegatten, besonders wegen körperlicher Bedrohung, unzumutbar oder dies aus
wichtigen persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
In den Fällen der Abs. 1 und 2 kann jeder der
Ehegatten vor oder auch nach der Verlegung der Wohnung oder der gesonderten
Wohnungsnahme die Entscheidung des Gerichtes beantragen. Das Gericht hat im
Verfahren außer Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen auf Verlegung der
gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die gesonderte
Wohnungsnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat bei der
Entscheidung auf die gesamten Umstände der Familie, besonders auf das Wohl der
Kinder, Bedacht zu nehmen.
§. 93. Die Ehegatten führen den gleichen
Familiennamen. Dieser ist der Familienname eines der Ehegatten, den die
Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich
beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt haben. Mangels
einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes gemeinsamer
Familienname.
Derjenige Verlobte, der nach Abs. l als Ehegatte den
Familiennamen des anderen als gemeinsamen Familiennamen zu führen hat, kann dem
Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder
öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, bei der Führung des gemeinsamen
Familiennamens diesem seinen bisherigen Familiennamen unter Setzung eines
Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran- oder nachzustellen. Dieser
Ehegatte ist zur Führung des Doppelnamens verpflichtet. Eine andere Person kann
ihren Namen nur vom gemeinsamen Familiennamen ableiten.
Derjenige Verlobte, der nach Abs. l mangels einer
Bestimmung den Familiennamen des anderen Ehegatten als gemeinsamen
Familiennamen zu führen hätte, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei
der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde
erklären, seinen bisherigen Familiennamen weiterzuführen; auf Grund einer
solchen Erklärung führt jeder Ehegatte seinen bisherigen Familiennamen weiter.
In diesem Fall haben die Verlobten den Familiennamen der aus der Ehe stammenden
Kinder zu bestimmen (§ 139 Abs. 2).
§. 93a. Eine Person, deren Ehe aufgelöst ist, kann dem
Standesbeamten gegenüber in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde
erklären, einen früheren Familiennamen wieder anzunehmen. Ein Familienname, der
von einem früheren Ehegatten aus einer geschiedenen oder aufgehobenen Ehe
abgeleitet wird, darf nur wieder angenommen werden, wenn aus dieser früheren
Ehe Nachkommenschaft vorhanden ist.
§. 94. Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und
gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren
Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsamen beizutragen.
Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt führt,
leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1; er hat an den anderen einen
Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen
sind. Dies gilt nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zugunsten des
bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung des
Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein Mißbrauch des Rechtes wäre. Ein
Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch zu, soweit er seinen Beitrag nach
Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
Auf Verlangen des unterhaltsberechtigten Ehegatten ist
der Unterhalt auch bei aufrechter Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in
Geld zu leisten, soweit nicht ein solches Verlangen, insbesondere im Hinblick
auf die zur Deckung der Bedürfnisse zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig
wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an sich kann im vorhinein
nicht verzichtet werden.
§. 95. Die Ehegatten haben an der Führung des
gemeinsamen Haushalts nach ihren persönlichen Verhältnissen, besonders unter
Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung, mitzuwirken. Ist jedoch ein
Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die Haushaltsführung; der andere
ist nach Maßgabe des § 91 zur Mithilfe verpflichtet.
§. 96. Der Ehegatte, der den gemeinsamen Haushalt
führt und keine Einkünfte hat, vertritt den anderen bei den Rechtsgeschäften
des täglichen Lebens, die er für den gemeinsamen Haushalt schließt und die ein
den Lebensverhältnissen der Ehegatten entsprechendes Maß nicht übersteigen.
Dies gilt nicht, wenn der andere Ehegatte dem Dritten zu erkennen gegeben hat,
daß er von seinem Ehegatten nicht vertreten sein wolle. Kann der Dritte aus den
Umständen nicht erkennen, daß der handelnde Ehegatte als Vertreter auftritt,
dann haften beide Ehegatten zur ungeteilten Hand.
§. 97. Ist ein Ehegatte über die Wohnung, die der
Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des anderen Ehegatten dient,
verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch darauf, daß der
verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre, damit der auf die
Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt nicht, wenn das
Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten durch die Umstände
erzwungen wird.
§. 98. Wirkt ein Ehegatte im Erwerb des anderen mit,
so hat er Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des
Anspruchs richtet sich nach der Art und Dauer der Leistungen; die gesamten
Lebensverhältnisse der Ehegatten, besonders auch die gewährten
Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu berücksichtigen.
§. 99. Ansprüche auf Abgeltung der Mitwirkung eines
Ehegatten im Erwerb des anderen (§ 98) sind vererblich, unter Lebenden oder von
Todes wegen übertragbar und verpfändbar, soweit sie durch Vertrag oder
Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend gemacht worden sind.
§. 100. Der § 98 berührt nicht vertragliche Ansprüche
eines Ehegatten an den anderen aus einem Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb.
Solche Ansprüche schließen einen Anspruch nach § 98 aus; bei einem
Dienstverhältnis bleibt dem Ehegatten jedoch der Anspruch nach § 98 gewahrt,
soweit er seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis übersteigt.
§. 101. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 102. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
II. Wirkliche Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit
Einverständniß;
§. 103. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 104. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 105. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 106. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 107. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
1975/Nr. 412.)
§. 108. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 109. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 110. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
1975/Nr. 412.)
b) gänzliche Trennung; bey Katholiken durch den Tod,
§. 111. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
und die Todeserklärung;
§. 112. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a,
dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 113. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a,
dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 114. (Anm.: Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a,
dRGBl I 1939/S. 1186.)
bey andern christlichen Religions-Verwandten.
§. 115. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 116. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 117. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
1975/Nr. 412.)
§. 118. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
1975/Nr. 412.)
Beschränkung und Vorsichten in Rücksicht der
Wiederverehelichung.
§. 119. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 120. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 121. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
1975/Nr. 412.)
§. 122. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Ausnahmen der Judenschaft;
§. 123. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
a) in Rücksicht der Ehehindernisse;
§. 124. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1859/Nr.
217.)
§. 125. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
b) der Verkündigung.
§. 126. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
c) der Trauung;
§. 127. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 128. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 129. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 130. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 131. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
d) der Scheidung.
§. 132. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
e) der Trennung;
§. 133. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 134. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 135. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
§. 136. (Anm.: Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S.
807 - Ehegesetz.)
Drittes Hauptstück.
Von den Rechten zwischen Eltern und Kindern
Allgemeine Rechte und Pflichten
§. 137. Die Eltern haben für die Erziehung ihrer
minderjährigen Kinder zu sorgen und überhaupt ihr Wohl zu fördern.
Eltern und Kinder haben einander beizustehen, die
Kinder ihren Eltern Achtung entgegenzubringen.
Die Rechte und Pflichten des Vaters und der Mutter
sind, soweit in diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.
Eine mit einem Elternteil und dessen minderjährigem
Kind nicht nur vorübergehend im gemeinsamen Haushalt lebende volljährige
Person, die in einem familiären Verhältnis zum Elternteil steht, hat alles den
Umständen nach Zumutbare zu tun, um das Kindeswohl zu schützen.
§. 137a. Dritte dürfen in die elterlichen Rechte nur
insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die Eltern selbst, unmittelbar auf
Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche Verfügung gestattet ist.
Abstammung des Kindes von Mutter und Vater
§. 137b. Mutter ist die Frau, die das Kind geboren
hat.
§. 138. Vater des Kindes ist der Mann,
1. der mit der Mutter im Zeitpunkt der Geburt des
Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter nicht früher als 300 Tage
vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder
2. der die Vaterschaft anerkannt hat oder
3. dessen Vaterschaft gerichtlich festgestellt ist.
Würden nach Abs. 1 Z 1 mehrere Männer als Vater in
Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater, der mit der Mutter zuletzt
die Ehe geschlossen hat.
§. 138a. Die nach diesem Gesetzbuch begründete
Abstammung und deren Änderung sowie die Feststellung der Nichtabstammung wirken
gegenüber jedermann.
Nach dem Tod der betroffenen Person können
die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder die Feststellung der
Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese begehrt werden.
§. 138b. Einsichts- und urteilsfähige Personen können,
wenn sie nicht eigenberechtigt sind, in Angelegenheiten ihrer Abstammung und
der Abstammung von ihnen rechtswirksam handeln, sofern ihr gesetzlicher
Vertreter zustimmt. Handelt in einem solchen Fall der gesetzliche Vertreter, so
bedarf er der Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen Person. Im Zweifel
wird das Vorliegen der Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen
Minderjährigen vermutet.
Der gesetzliche Vertreter hat sich vom Wohl des
Vertretenen leiten zu lassen. Seine Vertretungshandlungen in Angelegenheiten
der Abstammung bedürfen nicht der Genehmigung des Gerichtes.
Ehelichkeit
§. 138c. Ehelich ist ein Kind, das während der Ehe der
Mutter mit seinem Vater oder, wenn die Ehe durch den Tod des Ehemanns aufgelöst
wurde, innerhalb von 300 Tagen danach geboren wird; sonst ist das Kind
unehelich.
Wird die Ehe der Eltern für nichtig erklärt, so bleibt
das Kind ehelich.
§. 138d. Wird ein Kind innerhalb von 300 Tagen nach
Scheidung oder Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so wird es
ehelich, wenn der frühere Ehemann der Mutter die Vaterschaft anerkennt (§§ 163c
und 163e) oder durch das Gericht als Vater festgestellt wird (§§ 163 und 163b).
Wird ein Kind nach Ablauf von 300 Tagen nach Auflösung
oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so hat das Gericht auf Antrag des Kindes
oder des früheren Ehemanns der Mutter die Abstammung von diesem und die
Ehelichkeit des Kindes festzustellen, wenn bewiesen ist, dass das Kind während
der Ehe vom Ehemann der Mutter oder durch eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung mit dem Samen des Ehemanns oder, sofern der Ehemann dem in Form
eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, mit dem
Samen eines Dritten gezeugt wurde.
Für Kinder, die nach den vorstehenden Absätzen die
Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangen, gelten der § 161 Abs. 2 und 3
sowie die §§ 162a bis 162d entsprechend. Hinsichtlich der Obsorge gilt § 166
erster Satz entsprechend, doch können die Eltern dem Gericht eine Vereinbarung
über die Betrauung mit der Obsorge nach § 177 vorlegen; § 177a Abs. 2 gilt
entsprechend.
Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und ehelichen
Kindern
Name
§. 139. Haben die Eltern einen gemeinsamen
Familiennamen, so erhält das Kind diesen.
Haben die Eltern keinen gemeinsamen Familiennamen, so
erhält das Kind den Familiennamen, den die Eltern dem Standesbeamten gegenüber
vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter
Urkunde zum Familiennamen der aus der Ehe stammenden Kinder bestimmt haben.
Hiezu können die Eltern nur den Familiennamen eines Elternteils bestimmen.
Mangels einer Bestimmung nach Abs. 2 erhält das Kind
den Familiennamen des Vaters.
Unterhalt
§. 140. Die Eltern haben zur Deckung der ihren
Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung
seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren
Kräften anteilig beizutragen.
Der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das
Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum
Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen
Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müßte,
als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre.
Der Anspruch auf Unterhalt mindert sich insoweit, als
das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner
Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.
§. 141. Soweit die Eltern nach ihren Kräften zur
Leistung des Unterhalts nicht imstande sind, schulden ihn die Großeltern nach
den den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im
übrigen gilt der § 140 sinngemäß; der
Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die
Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein
Großelternteil nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen
Unterhalt nicht gefährdet.
§. 142. Die Schuld eines Elternteils, dem Kind den
Unterhalt zu leisten, geht bis zum Wert der Verlassenschaft auf seine Erben
über. In den Anspruch des Kindes ist alles einzurechnen, was das Kind nach dem
Erblasser durch eine vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen
Erbteil, als Pflichtteil oder durch eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche
Leistung erhält. Reicht der Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den
geschuldeten Unterhalt bis zum voraussichtlichen Eintritt der
Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so mindert sich der
Anspruch des Kindes entsprechend.
§. 143. Das Kind schuldet seinen Eltern und Großeltern
unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der
Unterhaltsberechtigte nicht imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern
er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt
hat.
Die Unterhaltspflicht der Kinder steht der eines
Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren und von Nachkommen näheren
Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach. Mehrere Kinder haben den
Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.
Der Unterhaltsanspruch eines Eltern- oder
Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die Heranziehung des Stammes
eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind nur insoweit Unterhalt zu
leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten
den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.
Obsorge
§. 144. Die Eltern haben das minderjährige Kind zu
pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie
allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und Erziehung sowie die
Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche Vertretung in diesen
Bereichen. Bei Erfüllung dieser Pflichten und Ausübung dieser Rechte sollen die
Eltern einvernehmlich vorgehen.
§. 145. Ist ein Elternteil, der mit der Obsorge für
das Kind gemeinsam mit dem anderen Elternteil betraut war, gestorben, ist sein
Aufenthalt seit mindestens sechs Monaten unbekannt, kann die Verbindung mit ihm
nicht oder nur mit unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt werden
oder ist ihm die Obsorge ganz oder teilweise entzogen, so ist der andere
Elternteil insoweit allein mit der Obsorge betraut. Ist in dieser Weise der
Elternteil, der mit der Obsorge allein betraut ist, betroffen, so hat das
Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes zu entscheiden, ob der andere
Elternteil oder ob und welches Großelternpaar (Großelternteil) oder
Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) mit der Obsorge zu betrauen ist; Letzteres
gilt auch, wenn beide Elternteile betroffen sind. Die Regelungen über die
Obsorge gelten dann für dieses Großelternpaar (diesen Großelternteil).
Auf Antrag des Elternteiles, auf den die Obsorge nach
Abs. 1 erster Satz übergegangen ist, hat das Gericht diesen Übergang
festzustellen.
Geht die Obsorge auf den anderen Elternteil über oder
überträgt das Gericht die Obsorge, so sind, sofern sich der Übergang oder die
Übertragung der Obsorge darauf bezieht, das Vermögen sowie sämtliche die Person
des Kindes betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben.
§. 145a. Solange ein Elternteil nicht voll
geschäftsfähig ist, hat er nicht das Recht und die Pflicht, das Vermögen des
Kindes zu verwalten und das Kind zu vertreten.
§. 145b. Bei Ausübung der Rechte und Erfüllung der
Pflichten nach diesem Hauptstück ist zur Wahrung des Kindeswohls alles zu
unterlassen, was das Verhältnis des Minderjährigen zu anderen Personen, denen
nach diesem Hauptstück das Kind betreffende Rechte und Pflichten zukommen,
beeinträchtigt oder die Wahrnehmung von deren Aufgaben erschwert.
§. 145c. Wird einem minderjährigen Kind ein Vermögen
zugewendet und ein Elternteil von der Verwaltung ausgeschlossen, so ist der
andere Elternteil mit der Verwaltung betraut. Sind beide Elternteile oder jener
Elternteil, der mit der Obsorge allein betraut ist, ausgeschlossen, so hat das
Gericht andere Personen mit der Verwaltung zu betrauen.
§. 146. Die Pflege des minderjährigen Kindes umfaßt
besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die
unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die Entfaltung der körperlichen,
geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die Förderung der Anlagen,
Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen
Ausbildung in Schule und Beruf.
Das Ausmaß der Pflege und Erziehung richtet sich nach
den Lebensverhältnissen der Eltern.
Die Eltern haben in Angelegenheiten der Pflege und
Erziehung auch auf den Willen des Kindes Bedacht zu nehmen, soweit dem nicht
dessen Wohl oder ihre Lebensverhältnisse entgegenstehen. Der Wille des Kindes
ist umso maßgeblicher, je mehr es den Grund und die Bedeutung einer Maßnahme
einzusehen und seinen Willen nach dieser Einsicht zu bestimmen vermag.
§. 146a. Das minderjährige Kind hat Anordnungen der
Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei ihren Anordnungen und deren
Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu
nehmen; die Anwendung von Gewalt und die Zufügung körperlichen oder seelischen
Leides sind unzulässig.
§. 146b. Soweit die Pflege und Erziehung es erfordern,
hat der hierzu berechtigte Elternteil auch das Recht, den Aufenthalt des Kindes
zu bestimmen. Hält sich das Kind woanders auf, so haben die Behörden und Organe
der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen eines berechtigten Elternteils bei der
Ermittlung des Aufenthalts, notfalls auch bei der Zurückholung des Kindes
mitzuwirken.
§. 146c. Einwilligungen in medizinische Behandlungen
kann das einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird
das Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen
vermutet. Mangelt es an der notwendigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist
die Zustimmung der Person erforderlich, die mit Pflege und Erziehung betraut
ist.
Willigt ein einsichts- und urteilsfähiges
minderjähriges Kind in eine Behandlung ein, die gewöhnlich mit einer schweren
oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der
Persönlichkeit verbunden ist, so darf die Behandlung nur vorgenommen werden,
wenn auch die Person zustimmt, die mit der Pflege und Erziehung betraut ist.
Die Einwilligung des einsichts- und urteilsfähigen
Kindes sowie die Zustimmung der Person, die mit Pflege und Erziehung betraut
ist, sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig ist,
dass der mit der Einholung der Einwilligung oder der Zustimmung verbundene
Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde oder mit der Gefahr einer
schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.
§. 146d. Weder ein minderjähriges Kind noch die Eltern
können in eine medizinische Maßnahme, die eine dauernde
Fortpflanzungsunfähigkeit des minderjährigen Kindes zum Ziel hat, einwilligen.
§. 147. Hat das mündige Kind seine Meinung über seine
Ausbildung den Eltern erfolglos vorgetragen, so kann es das Gericht anrufen. Dieses
hat nach sorgfältiger Abwägung der von den Eltern und dem Kind angeführten
Gründe die zum Wohl des Kindes angemessenen Verfügungen zu treffen.
§. 148. Lebt ein Elternteil mit dem minderjährigen
Kind nicht im gemeinsamen Haushalt, so haben das Kind und dieser Elternteil das
Recht, miteinander persönlich zu verkehren. Die Ausübung dieses Rechtes sollen
das Kind und die Eltern einvernehmlich regeln. Soweit ein solches Einvernehmen
nicht erzielt wird, hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder eines Elternteils
die Ausübung dieses Rechtes unter Bedachtnahme auf die Bedürfnisse und Wünsche
des Kindes in einer dem Wohl des Kindes gemäßen Weise zu regeln.
Das Gericht hat nötigenfalls, insbesondere wenn der
berechtigte Elternteil seine Verpflichtung aus § 145b nicht erfüllt, die
Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr einzuschränken oder zu
untersagen.
Zwischen Enkeln und ihren Großeltern gelten Abs. 1 und
2 sinngemäß. Die Ausübung des Rechtes der Großeltern ist jedoch auch so weit
einzuschränken oder zu untersagen, als sonst das Familienleben der Eltern
(eines Elternteils) oder deren Beziehung zu dem Kind gestört würde.
Wäre durch das Unterbleiben des persönlichen Verkehrs
des minderjährigen Kindes mit einem hiezu bereiten Dritten sein Wohl gefährdet,
so hat das Gericht auf Antrag des Kindes, eines Elternteils, des
Jugendwohlfahrtsträgers oder von Amts wegen die zur Regelung des persönlichen
Verkehrs nötigen Verfügungen zu treffen.
§. 149. Die Eltern haben das Vermögen eines
minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher Eltern zu verwalten. Sofern
das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert, haben sie es in seinem Bestand zu
erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; Geld ist nach den Vorschriften über
die Anlegung von Mündelgeld anzulegen.
Aus dem Vermögen sind jedenfalls die Kosten der
Verwaltung einschließlich der für die Erhaltung des Vermögens und den
ordentlichen Wirtschaftsbetrieb nötigen Aufwendungen und die fälligen Zahlungen
zu berichtigen; weiter auch die Kosten des Unterhalts, soweit das Kind nach den
§§ 140 und 141 zur Heranziehung seines Vermögens verpflichtet ist oder die
Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt sind.
§. 150. Die Eltern haben über das Vermögen des
minderjährigen Kindes dem Gericht Rechnung zu legen; über die Erträgnisse
jedoch nur, soweit sie nicht für den Unterhalt des Kindes verwendet worden
sind. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.
Das Gericht kann die Eltern von der Rechnungslegung
ganz oder zum Teil befreien, soweit keine Bedenken bestehen, daß sie das
Vermögen des Kindes ordentlich verwalten werden.
§. 151. Ein minderjähriges Kind kann ohne
ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung seines gesetzlichen Vertreters
rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.
Nach erreichter Mündigkeit kann es jedoch über Sachen,
die ihm zur freien Verfügung überlassen worden sind, und über sein Einkommen
aus eigenem Erwerb so weit verfügen und sich verpflichten, als dadurch nicht
die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse gefährdet wird.
Schließt ein minderjähriges eheliches Kind ein
Rechtsgeschäft, das von Minderjährigen seines Alters üblicherweise geschlossen
wird und eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird
dieses Rechtsgeschäft, auch wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht
vorliegen, mit der Erfüllung der das Kind treffenden Pflichten rückwirkend
rechtswirksam.
§. 152. Soweit nicht anderes bestimmt ist, kann sich
ein mündiges minderjähriges Kind selbständig durch Vertrag zu Dienstleistungen
verpflichten, ausgenommen zu Dienstleistungen auf Grund eines Lehr- oder
sonstigen Ausbildungsvertrags. Der gesetzliche Vertreter des Kindes kann das
durch den Vertrag begründete Rechtsverhältnis aus wichtigen Gründen vorzeitig
lösen.
§. 153. Soweit einem minderjährigen Kind nicht bereits
früher ein Verschulden zugerechnet werden kann (§ 1310), wird es mit der
Erreichung der Mündigkeit nach den schadenersatzrechtlichen Bestimmungen
verschuldensfähig.
§. 154. Jeder Elternteil ist für sich allein
berechtigt und verpflichtet, das Kind zu vertreten; seine Vertretungshandlung
ist selbst dann rechtswirksam, wenn der andere Elternteil mit ihr nicht
einverstanden ist.
Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines
Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des Familiennamens, den
Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den Austritt aus einer
solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer Staatsangehörigkeit
oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines Lehr-,
Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu einem
unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung
des anderen Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von
Willenserklärungen und Zustellstücken.
Vertretungshandlungen und Einwilligungen eines
Elternteils in Vermögensangelegenheiten bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der
Zustimmung des anderen Elternteils und der Genehmigung des Gerichtes, sofern
die Vermögensangelegenheit nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört.
Unter dieser Voraussetzung gehören dazu besonders die Veräußerung oder
Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der, auch erbrechtliche, Erwerb,
die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie die Änderung des Gegenstandes
eines Unternehmens, der, auch erbrechtliche, Eintritt in eine oder die
Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft, der Verzicht auf ein
Erbrecht, die unbedingte Annahme oder die Ausschlagung einer Erbschaft, die
Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder die Ablehnung eines
Schenkungsanbots, die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in den §§ 230a und
230b geregelten Arten sowie die Erhebung einer Klage und alle
verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich
betreffen. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und
Zustellstücken.
Bedarf ein Rechtsgeschäft der Einwilligung des
gesetzlichen Vertreters, der Zustimmung des anderen Elternteils oder der
Genehmigung des Pflegschaftsgerichts, so ist bei deren Fehlen das volljährig
gewordene Kind nur dann daraus wirksam verpflichtet, wenn es schriftlich
erklärt, diese Verpflichtungen als rechtswirksam anzuerkennen. Fordert der
Gläubiger den volljährig Gewordenen auf, sich nach dem ersten Satz zu erklären,
so hat er ihm dafür eine angemessene Frist zu setzen.
§. 154a. In zivilgerichtlichen Verfahren ist nur ein
Elternteil allein zur Vertretung des Kindes berechtigt; solange sich die Eltern
nicht auf den anderen Elternteil einigen oder das Gericht nach § 176 diesen
oder einen Dritten als Vertreter bestimmt, ist Vertreter derjenige Elternteil,
der die erste Verfahrenshandlung setzt.
Die nach § 154 erforderliche Zustimmung des anderen
Elternteils und Genehmigung des Gerichtes gelten für das ganze Verfahren.
§. 154b. Soweit einem Kind infolge merkbar verzögerter
Entwicklung, einer psychischen Krankheit oder einer geistigen Behinderung die
für eine einzelne oder einen Kreis von Angelegenheiten erforderliche Einsichts-
und Urteilsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit fehlt, hat das Gericht dies von
Amts wegen oder auf Antrag einer Person, die ganz oder zum Teil mit der Obsorge
betraut ist, auszusprechen. Dieser Ausspruch wirkt, sofern er nicht vom Gericht
widerrufen oder befristet wurde, längstens bis zur Volljährigkeit des Kindes.
§. 155. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 5, BGBl I
2004/Nr. 58.)
Feststellung der Nichtabstammung vom Ehemann der
Mutter
§. 156. Stammt ein Kind, das während der Ehe der
Mutter oder vor Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod des Ehemanns der Mutter
geboren worden ist, nicht von diesem ab, so hat das Gericht dies auf Antrag
festzustellen.
Der Antrag kann vom Kind gegen den Mann und von diesem
gegen das Kind gestellt werden.
§. 156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 157. Hat der Ehemann der Mutter einer medizinisch
unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten in Form eines
gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt, so kann nicht die
Feststellung begehrt werden, dass das mit dem Samen des Dritten gezeugte Kind
nicht vom Ehemann der Mutter abstammt.
§. 158. Ein Antrag auf Feststellung, dass das Kind
nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, kann binnen zwei Jahren ab Kenntnis der
hiefür sprechenden Umstände gestellt werden. Diese Frist beginnt frühestens mit
der Geburt des Kindes, im Fall einer Änderung der Abstammung frühestens mit der
Wirksamkeit der Änderung. Ein Antrag ist nicht zulässig, solange die Abstammung
des Kindes von einem anderen Mann feststeht.
Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die
antragsberechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des letzten
Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der
Antragstellung gehindert ist.
Später als 30 Jahre nach der Geburt des Kindes oder
nach einer Änderung der Abstammung kann nur das Kind die Feststellung der
Nichtabstammung begehren.
§. 159. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 159a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 159b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 160. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 1, BGBl
1983/Nr. 566.)
Legitimation der unehelichen Kinder
b) durch die nachfolgende Ehe
§. 161. Ist die Vaterschaft zum Kind festgestellt und
schließen Vater und Mutter des Kindes die Ehe, so wird das Kind zum Zeitpunkt
der Eheschließung seiner Eltern ehelich.
Wird die Vaterschaft nach der Eheschließung
festgestellt, so bleiben die vor der Feststellung für das Kind gesetzten
Vertretungshandlungen unberührt.
Die Wirkungen der Legitimation treten nur auf Grund
eines Anerkenntnisses nach § 163e Abs. 2 oder einer gerichtlichen Entscheidung
außer Kraft, die in einem für die Beseitigung der Feststellung der Abstammung
vorgesehenen Verfahren ergeht.
c) durch Begünstigung des Landesfürsten.
§. 162. Die uneheliche Geburt kann einem Kinde an
seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen keinen Abbruch thun. Zu
diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung des
Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die Aeltern
können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der
Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frey vererblichen
Vermögen theilhaft machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder
hat diese Begünstigung keine Wirkung.
§. 162a. Wird ein Kind legitimiert, so gilt § 139
entsprechend.
Wird ein bereits mündiges Kind legitimiert, so gilt
der Abs. 1 nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.
§. 162b. Wird ein Ehegatte legitimiert, so ändert sich
der gemeinsame Familienname nur, wenn beide Ehegatten der Namensänderung
zustimmen. Sonst ändert sich, unter der Voraussetzung des § 162a Abs. 2, nur
der Familienname des Legitimierten.
§. 162c. Führt ein Kind des Legitimierten einen von
diesem allein abgeleiteten Familiennamen, so geht der vom Legitimierten
erworbene Familienname auf das Kind über.
Ist das Kind des Legitimierten im Zeitpunkt der
Legitimation bereits mündig, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der
Namensänderung zustimmt.
Im übrigen gelten für das
Kind des Legitimierten die §§ 139, 162a und 162b entsprechend.
§. 162d. Eine Zustimmung nach den §§ 162a bis 162c ist
dem Standesbeamten in öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde zu
erklären; ihre namensrechtlichen Wirkungen treten ein, sobald sie dem
Standesbeamten zukommt.
Eine Zustimmung ist unwirksam, wenn sie dem
Standesbeamten später als drei Jahre nach der Verständigung des
Zustimmungsberechtigten vom Eintritt der Legitimation durch den Standesbeamten
zugekommen ist.
Feststellung der Vaterschaft
§. 163. Als Vater hat das Gericht den Mann
festzustellen, von dem das Kind abstammt. Der Antrag kann vom Kind gegen den
Mann oder von diesem gegen das Kind gestellt werden.
Auf Antrag des Kindes kann der Mann als Vater
festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von nicht mehr als 300 und
nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt hat oder mit dessen Samen
an der Mutter in diesem Zeitraum eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung
durchgeführt worden ist, es sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht von
ihm abstammt. Eine solche Feststellung ist nach Ablauf von zwei Jahren nach dem
Tod des Mannes nicht mehr möglich, es sei denn, das Kind weist nach, dass ihm
der Beweis nach Abs. 1 aus Gründen auf Seiten des Mannes nicht gelingt.
Ist an der Mutter innerhalb der im Abs. 2 genannten
Frist eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten
durchgeführt worden, so ist als Vater der Mann festzustellen, der dieser
medizinisch unterstützten Fortpflanzung in Form eines gerichtlichen Protokolls
oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, es sei denn, er weist nach, dass das
Kind nicht durch diese medizinisch unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden
ist.
Ein Dritter, dessen Samen für eine medizinisch
unterstützte Fortpflanzung verwendet wird, kann nicht als Vater des mit seinem
Samen gezeugten Kindes festgestellt werden. Dritter ist, wer seinen Samen einer
für medizinisch unterstützte Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit
dem Willen überlässt, nicht selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten
Kindes festgestellt zu werden.
§. 163a. Der gesetzliche Vertreter hat dafür zu
sorgen, daß die Vaterschaft festgestellt wird, es sei denn, daß die
Feststellung der Vaterschaft für das Wohl des Kindes nachteilig ist oder die
Mutter von ihrem Recht, den Namen des Vaters nicht bekanntzugeben, Gebrauch
macht.
Der Jugendwohlfahrtsträger hat die Mutter darauf
aufmerksam zu machen, welche Folgen es hat, wenn die Vaterschaft nicht
festgestellt wird.
§. 163b. Das Kind kann die Feststellung seiner
Abstammung auch beantragen, wenn die Vaterschaft eines anderen Mannes bereits
feststeht. In einem solchen Fall hat die Feststellung der Abstammung die vom
Gericht auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom anderen Mann abstammt.
§. 163c. Die Vaterschaft wird durch persönliche
Erklärung in inländischer öffentlicher oder öffentlich-beglaubigter Urkunde
anerkannt. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt der Erklärung, sofern die
Urkunde oder ihre öffentlich-beglaubigte Abschrift dem Standesbeamten zukommt.
Das Anerkenntnis soll eine genaue Bezeichnung des
Anerkennenden, der Mutter und des Kindes, sofern es bereits geboren ist,
enthalten.
Für Zustimmungen zum Anerkenntnis gelten die Abs. 1
und 2 entsprechend.
§. 163d. Das Kind oder die Mutter, sofern sie
einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist, können gegen das Anerkenntnis
innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis von dessen Rechtswirksamkeit bei Gericht
Widerspruch erheben.
Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange die zum
Widerspruch berechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder innerhalb des
letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares
Ereignis am Widerspruch gehindert ist.
§. 163e. Steht zum Zeitpunkt der Anerkennung bereits
die Vaterschaft eines anderen Mannes fest, so wird das Anerkenntnis erst
rechtswirksam, sobald mit allgemein verbindlicher Wirkung festgestellt ist,
dass der andere Mann nicht der Vater des betreffenden Kindes ist.
Ein zu einem Zeitpunkt, zu dem die Abstammung des
Kindes von einem anderen Mann feststand, abgegebenes Vaterschaftsanerkenntnis
wird jedoch rechtswirksam, wenn in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter
Urkunde das Kind dem Anerkenntnis zustimmt. Ist das Kind nicht eigenberechtigt,
so wird das Anerkenntnis überdies nur rechtswirksam, wenn die einsichts- und
urteilsfähige Mutter selbst den Anerkennenden in der genannten Form als Vater
bezeichnet. Das Anerkenntnis wirkt ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung, sofern
die über diese Erklärung sowie über die Zustimmung zum Anerkenntnis und, falls
erforderlich, über die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater errichteten
Urkunden oder ihre öffentlich-beglaubigten Abschriften dem Standesbeamten
zukommen.
Der Mann, der als Vater feststand, oder die Mutter,
sofern sie einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist und nicht nach Abs. 2
den Anerkennenden als Vater bezeichnet hat, kann gegen das Anerkenntnis bei
Gericht Widerspruch erheben. § 163d gilt entsprechend.
Für die Zustimmung des minderjährigen Kindes ist der
Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des Kindes.
§. 164. Das Gericht hat das Anerkenntnis für
rechtsunwirksam zu erklären
1. von Amts wegen, wenn
a) das Anerkenntnis oder – im Fall des § 163e Abs. 2 –
die Zustimmung des Kindes oder die Bezeichnung des Anerkennenden als Vater
durch die Mutter nicht den Formvorschriften entspricht oder
b) es auf Seiten des Anerkennenden oder – im Fall des
§ 163e Abs. 2 – des Kindes oder der Mutter an der Einsichts- und
Urteilsfähigkeit oder – beim Anerkennenden oder beim Kind – an der gesetzlichen
Vertretung gemangelt hat, es sei denn, der Mangel der gesetzlichen Vertretung
ist nachträglich behoben worden oder der Anerkennende hat nach Erreichung der
Eigenberechtigung das Anerkenntnis gebilligt;
2. aufgrund eines Widerspruchs, es sei denn, es ist
erwiesen, dass das Kind vom Anerkennenden abstammt oder – wenn das Kind durch
eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten gezeugt
worden ist – dass der Anerkennende dem in Form eines gerichtlichen Protokolls
oder Notariatsakts zugestimmt hat;
3. auf Antrag des Anerkennenden, wenn er beweist,
a) dass sein Anerkenntnis durch List, ungerechte und
gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlasst worden ist, dass das Kind von
ihm abstammt oder dass an der Mutter eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung mit seinem Samen oder mit seiner Zustimmung mit dem Samen eines
Dritten vorgenommen wurde oder
b) dass das Kind nicht von ihm abstammt und er erst
nachträglich von solchen Umständen Kenntnis erlangt hat, die für die Nichtabstammung
des Kindes sprechen.
Der Antrag nach Abs. 1 Z 3 kann längstens bis zum
Ablauf von zwei Jahren nach Entdeckung der Täuschung, des Irrtums oder der
genannten Umstände oder nach Wegfall der Zwangslage erhoben werden. Die Frist
beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes.
§. 164a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 164b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 164c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 164d. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I
2004/Nr. 58.)
Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und unehelichen
Kindern
§. 165. Das uneheliche Kind erhält den Familiennamen
der Mutter.
§. 165a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl
1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl
1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165c. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl
1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 166. Mit der Obsorge für das uneheliche Kind ist
die Mutter allein betraut. Im übrigen gelten, soweit
nicht anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden Bestimmungen
über den Unterhalt und die Obsorge auch für das uneheliche Kind.
§. 166a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 167. Leben die Eltern des Kindes in häuslicher
Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft beide Elternteile mit
der Obsorge betraut sind. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn
sie dem Wohl des Kindes entspricht. Hebt ein Elternteil die häusliche
Gemeinschaft nicht bloß vorübergehend auf, so sind die §§ 177 und 177a
entsprechend anzuwenden.
Leben die Eltern nicht in häuslicher Gemeinschaft, so
können sie vereinbaren, dass in Hinkunft auch der Vater ganz oder in bestimmten
Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist, wenn sie dem Gericht eine
Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil sich das Kind
hauptsächlich aufhalten soll. Soll sich das Kind hauptsächlich im Haushalt des
Vaters aufhalten, so muss auch dieser immer mit der gesamten Obsorge betraut
sein. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des
Kindes entspricht. § 177a Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
§. 168. Der Vater ist verpflichtet, der Mutter die
Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres Unterhaltes für die ersten sechs
Wochen nach der Entbindung und, falls infolge der Entbindung weitere Auslagen
notwendig werden, auch diese zu ersetzen.
Die Forderung ist mit Ablauf von drei Jahren nach der
Entbindung verjährt.
§. 169. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 169a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 170. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 15, BGBl
1989/Nr. 162 – Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 170a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 171. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
1977/Nr. 403.)
Erlöschen der Obsorge
§. 172. Die Obsorge für das Kind erlischt mit dem
Eintritt seiner Volljährigkeit.
Der gesetzliche Vertreter hat dem volljährig gewordenen
Kind dessen Vermögen sowie sämtliche dessen Person betreffenden Urkunden und
Nachweise zu übergeben.
§. 173. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 174. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 175. Ein verheiratetes minderjähriges Kind steht
hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse einem Volljährigen gleich,
solange die Ehe dauert.
Entziehung oder Einschränkung der Obsorge
§. 176. Gefährden die Eltern durch ihr Verhalten das
Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das Gericht, von wem immer es angerufen
wird, die zur Sicherung des Wohles des Kindes nötigen Verfügungen zu treffen.
Besonders darf das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise, auch
gesetzlich vorgesehene Einwilligungs- und Zustimmungsrechte, entziehen. Im
Einzelfall kann das Gericht auch eine gesetzlich erforderliche Einwilligung
oder Zustimmung ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung
vorliegen.
Solche Verfügungen können von einem Elternteil, etwa
wenn die Eltern in einer wichtigen Angelegenheit des Kindes kein Einvernehmen
erzielen, den sonstigen Verwandten in gerader aufsteigender Linie, den
Pflegeeltern (einem Pflegeelternteil), dem Jugendwohlfahrtsträger und dem
mündigen Minderjährigen, von diesem jedoch nur in Angelegenheiten seiner Pflege
und Erziehung, beantragt werden. Andere Personen können solche Verfügungen
anregen.
Die gänzliche oder teilweise Entziehung der Pflege und
Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens des Kindes schließt die Entziehung
der gesetzlichen Vertretung in dem jeweiligen Bereich mit ein; die gesetzliche
Vertretung in diesen Bereichen kann für sich allein entzogen werden, wenn die
Eltern oder der betreffende Elternteil ihre übrigen Pflichten erfüllen.
Fordert das Gesetz die Einwilligung oder Zustimmung
der mit Pflege und Erziehung betrauten Personen (Erziehungsberechtigten), so
ist die Erklärung der mit der gesetzlichen Vertretung in diesem Bereich betrauten
Person notwendig, aber auch hinreichend, sofern nicht Abweichendes bestimmt
ist.
§. 176a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 176b. Durch eine Verfügung nach § 176 darf das
Gericht die Obsorge nur so weit beschränken, als dies zur Sicherung des Wohles
des Kindes nötig ist.
§. 177. Wird die Ehe der Eltern eines minderjährigen
ehelichen Kindes geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt, so bleibt die
Obsorge beider Eltern aufrecht. Sie können jedoch dem Gericht – auch in
Abänderung einer bestehenden Regelung – eine Vereinbarung über die Betrauung
mit der Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung eines Elternteils allein oder
beider Eltern vereinbart werden kann. Im Fall der Obsorge beider Eltern kann
diejenige eines Elternteils auf bestimmte Angelegenheiten beschränkt sein.
In jedem Fall einer Obsorge beider Eltern haben sie
dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorzulegen, bei welchem Elternteil sich
das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Dieser Elternteil muss immer mit der
gesamten Obsorge betraut sein.
Das Gericht hat die Vereinbarung der Eltern zu
genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht.
§. 177a. Kommt innerhalb angemessener Frist nach
Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe der Eltern eine Vereinbarung
nach § 177 über den hauptsächlichen Aufenthalt des Kindes oder über die
Betrauung mit der Obsorge nicht zustande oder entspricht sie nicht dem Wohl des
Kindes, so hat das Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung
herbeizuführen, zu entscheiden, welcher Elternteil künftig allein mit der
Obsorge betraut ist.
Sind beide Eltern gemäß § 177 nach Scheidung,
Aufhebung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe mit der Obsorge betraut und beantragt
ein Elternteil die Aufhebung dieser Obsorge, so hat das Gericht, wenn es nicht
gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, nach Maßgabe des Kindeswohles
einen Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen.
§. 177b. Die vorstehenden Bestimmungen sind auch
anzuwenden, wenn die Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes nicht bloß
vorübergehend getrennt leben. Doch entscheidet das Gericht in einem solchen
Fall über die Obsorge nur auf Antrag eines Elternteils.
Informations- und Äußerungsrechte
§. 178. Soweit ein Elternteil nicht mit der Obsorge
betraut ist, hat er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von
demjenigen, der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten,
insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 154 Abs. 2 und 3, rechtzeitig
verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Findet
trotz Bereitschaft des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils ein
persönlicher Verkehr mit dem Kind nicht regelmäßig statt, so stehen diese Rechte
auch in minderwichtigen Angelegenheiten zu, sofern es sich dabei nicht bloß um
Angelegenheiten des täglichen Lebens handelt. Die Äußerung ist zu
berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser
entspricht.
Kommt der mit der Obsorge betraute Elternteil seinen
Pflichten nach Abs. 1 beharrlich nicht nach, so hat das Gericht auf Antrag,
sofern das Wohl des Kindes gefährdet scheint, auch von Amts wegen angemessene Verfügungen zu treffen.
Würde die Wahrnehmung der Rechte nach Abs. 1 das Wohl
des Kindes ernstlich gefährden oder nimmt sie der mit der Obsorge nicht
betraute Elternteil in rechtsmissbräuchlicher oder für den anderen in
unzumutbarer Weise in Anspruch, so hat das Gericht diese Rechte auf Antrag
einzuschränken oder ganz zu entziehen. Die Rechte nach Abs. 1 entfallen, wenn
der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil grundlos das Recht des Kindes auf
persönlichen Verkehr ablehnt.
Berücksichtigung des Kindeswohls
§. 178a. Bei Beurteilung des Kindeswohls sind die
Persönlichkeit des Kindes und seine Bedürfnisse, besonders seine Anlagen,
Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die
Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend zu berücksichtigen.
§. 178b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Annahme an Kindesstatt.
§. 179. Eigenberechtigte Personen, die den ehelosen
Stand nicht feierlich angelobt haben, können an Kindesstatt annehmen. Durch die
Annahme an Kindesstatt wird die Wahlkindschaft begründet.
Die Annahme eines Wahlkindes durch mehr als eine
Person, sei es gleichzeitig, sei es, solange die Wahlkindschaft besteht,
nacheinander, ist nur zulässig, wenn die Annehmenden miteinander verheiratet
sind. Ehegatten dürfen in der Regel nur gemeinsam annehmen. Ausnahmen sind
zulässig, wenn das leibliche Kind des anderen Ehegatten angenommen werden soll,
wenn ein Ehegatte nicht annehmen kann, weil er die gesetzlichen Voraussetzungen
hinsichtlich der Eigenberechtigung oder des Alters nicht erfüllt, wenn sein Aufenthalt
seit mindestens einem Jahr unbekannt ist, wenn die Ehegatten seit mindestens
drei Jahren die eheliche Gemeinschaft aufgegeben haben oder wenn ähnliche und
besonders gewichtige Gründe die Annahme durch nur einen der Ehegatten
rechtfertigen.
Personen, denen die Sorge für das Vermögen des
anzunehmenden Wahlkindes durch behördliche Verfügung anvertraut ist, können
dieses so lange nicht annehmen, als sie nicht von dieser Pflicht entbunden
sind. Sie müssen vorher Rechnung gelegt und die Bewahrung des anvertrauten
Vermögens nachgewiesen haben.
Form; Eintritt der Wirksamkeit.
§. 179a. Die Annahme an Kindesstatt kommt durch
schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind und durch
gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles zustande. Sie wird im
Fall ihrer Bewilligung mit dem Zeitpunkt der vertraglichen Willenseinigung
wirksam. Stirbt der Annehmende nach diesem Zeitpunkt, so hindert dies die
Bewilligung nicht.
Das nicht eigenberechtigte Wahlkind schließt den
Vertrag durch seinen gesetzlichen Vertreter, dieser bedarf hiezu keiner
gerichtlichen Genehmigung. Verweigert der gesetzliche Vertreter seine
Einwilligung, so hat das Gericht sie auf Antrag des Annehmenden oder des
Wahlkindes zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung
vorliegen.
Alter.
§. 180. Der Wahlvater muß das dreißigste, die
Wahlmutter das achtundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben. Nehmen Ehegatten
gemeinsam an oder ist das Wahlkind ein leibliches Kind des Ehegatten des
Annehmenden, so ist eine Unterschreitung dieser Altersgrenze zulässig, wenn
zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen
leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht.
Wahlvater und Wahlmutter müssen mindestens achtzehn
Jahre älter als das Wahlkind sein; eine geringfügige Unterschreitung dieses
Zeitraums ist unbeachtlich, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind
bereits eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern
entsprechende Beziehung besteht. Ist das Wahlkind ein leibliches Kind des
Ehegatten des Annehmenden oder mit dem Annehmenden verwandt, so genügt ein
Altersunterschied von sechzehn Jahren.
Bewilligung.
§. 180a. Die Annahme eines nicht eigenberechtigten
Kindes ist zu bewilligen, wenn sie dessen Wohl dient und eine dem Verhältnis
zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht oder
hergestellt werden soll. Ist das Wahlkind eigenberechtigt, so ist die Annahme
nur zu bewilligen, wenn die Antragsteller nachweisen, dass bereits ein enges, der
Beziehung zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechendes Verhältnis
vorliegt, insbesondere wenn Wahlkind und Annehmender während fünf Jahren
entweder in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder einander in einer vergleichbar
engen Gemeinschaft Beistand geleistet haben.
Die Bewilligung ist, außer bei Fehlen der
Vorraussetzungen des Abs. 1, zu versagen, wenn ein überwiegendes Anliegen eines
leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht, insbesondere dessen Unterhalt
oder Erziehung gefährdet wäre; im übrigen sind wirtschaftliche Belange nicht zu
beachten, außer der Annehmende handelt in der ausschließlichen oder
überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen.
§. 181. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn
folgende Personen der Annahme zustimmen:
1. die Eltern des minderjährigen Wahlkindes;
2. der Ehegatte oder der eingetragene Partner des Annehmenden;
3. der Ehegatte oder der eingetragene Partner des Wahlkindes;
4. das Wahlkind ab Vollendung des 14. Lebensjahres.
Das Zustimmungsrecht nach Abs. 1 entfällt, wenn die
zustimmungsberechtigte Person als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den
Annahmevertrag geschlossen hat, wenn sie zu einer verständigen Äußerung nicht
nur vorübergehend unfähig ist oder wenn der Aufenthalt einer der in Abs. 1 Z 1
bis 3 genannten Personen seit mindestens sechs Monaten unbekannt ist.
Das Gericht hat die verweigerte Zustimmung einer der
in Abs. 1 Z 1 bis 3 genannten Personen auf Antrag eines Vertragsteiles zu
ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
§. 181a. Ein Recht auf Anhörung haben:
1. das nicht eigenberechtigte Wahlkind ab dem
vollendeten fünften Lebensjahr, außer es hat bereits seit diesem Zeitpunkt beim
Annehmenden gelebt;
2. die Eltern des volljährigen Wahlkindes;
3. die Pflegeeltern oder der Leiter des Heimes, in dem
sich das Wahlkind befindet;
4. der Jugendwohlfahrtsträger.
Das Anhörungsrecht eines im Abs. 1 genannten
Berechtigten entfällt, wenn er als gesetzlicher Vertreter des Wahlkindes den
Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn er nicht oder nur mit
unverhältnismäßigen Schwierigkeiten gehört werden könnte.
Wirkungen.
§. 182. Zwischen dem Annehmenden und dessen Nachkommen
einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits entstehen mit diesem Zeitpunkt
die gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche Abstammung begründet werden.
Wird das Wahlkind durch Ehegatten als Wahleltern
angenommen, so erlöschen mit den im § 182a bestimmten Ausnahmen die nicht bloß
in der Verwandtschaft an sich (§ 40) bestehenden familienrechtlichen
Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und
dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme
minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem Zeitpunkt. Wird das Wahlkind
nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen, so erlöschen diese
Beziehungen lediglich hinsichtlich des leiblichen Vaters (der leiblichen
Mutter) und dessen (deren) Verwandten; insoweit danach diese Beziehungen
aufrecht bleiben würden, hat das Gericht, wenn der in Frage kommende Elternteil
darin eingewilligt hat, das Erlöschen diesem Elternteil gegenüber
auszusprechen; das Erlöschen wirkt vom Zeitpunkt der Abgabe der
Einwilligungserklärung, frühestens jedoch vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahme.
§. 182a. Die im Familienrecht begründeten Pflichten
der leiblichen Eltern und deren Verwandten zur Leistung des Unterhaltes, und
der Ausstattung gegenüber dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen bleiben aufrecht.
Das gleiche gilt für die Unterhaltspflicht des
Wahlkindes gegenüber den leiblichen Eltern, sofern diese ihre Unterhaltspflicht
gegenüber dem noch nicht vierzehn Jahre alten Kinde vor dessen Annahme an
Kindesstatt nicht gröblich vernachlässigt haben.
Die nach Abs. 1 und 2 aufrecht bleibenden Pflichten
stehen jedoch den durch die Annahme begründeten gleichen Pflichten im Range
nach.
§. 182b. Die im Erbrecht begründeten Rechte zwischen
den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und
dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen
andererseits bleiben aufrecht.
Bei der gesetzlichen Erbfolge in das Vermögen des
Wahlkindes in der zweiten Linie gehen die Wahleltern und deren Nachkommen
einerseits den leiblichen Eltern und deren Nachkommen andererseits vor; ist das
Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen worden und sind
sowohl der Wahlvater (die Wahlmutter) oder dessen (deren) Nachkommen als auch
die leibliche Mutter (der eheliche Vater) oder deren (dessen) Nachkommen
vorhanden, so fällt der Nachlaß je zur Hälfte auf den Stamm des Wahlvaters (der
Wahlmutter) und den der leiblichen Mutter (des ehelichen Vaters).
§. 183. Wird das Wahlkind nur von einer Person an
Kindesstatt angenommen und erlöschen die familienrechtlichen Beziehungen zum
anderen Elternteil im Sinn des § 182 Abs. 2 zweiter Satz, so erhält das
Wahlkind den Familiennamen des Annehmenden. Die §§ 162a Abs. 2 bis 162d gelten
entsprechend.
Im übrigen gelten für die
Ableitung des Familiennamens des Wahlkindes von den Wahleltern beziehungsweise
von einem Wahlelternteil und demjenigen Elternteil, zu dem die
familienrechtlichen Beziehungen aufrecht geblieben sind, die §§ 139 sowie 162a
Abs. 2 bis 162d entsprechend.
§. 183a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl
1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
Widerruf und Aufhebung.
§. 184. Die gerichtliche Bewilligung ist vom Gericht
mit rückwirkender Kraft zu widerrufen:
1. von Amts wegen oder auf Antrag eines
Vertragsteiles, wenn beim Abschluß des Annahmevertrages der Annehmende nicht
eigenberechtigt gewesen ist, außer er hat nach der Erlangung seiner
Eigenberechtigung zu erkennen gegeben, daß er die Wahlkindschaft fortsetzen
wolle;
2. von Amts wegen oder auf Antrag eines Vertragsteiles,
wenn ein nicht eigenberechtigtes Wahlkind selbst den Annahmevertrag geschlossen
hat, außer es hat der gesetzliche Vertreter oder nach Erlangung der
Eigenberechtigung das Wahlkind nachträglich zugestimmt oder das Gericht die
verweigerte nachträgliche Zustimmung des gesetzlichen Vertreters im Sinne des §
179a Abs. 2 ersetzt;
3. von Amts wegen oder auf Antrag eines
Vertragsteiles, wenn das Wahlkind durch mehr als eine Person angenommen worden
ist, außer die Annehmenden sind im Zeitpunkt der Bewilligung miteinander
verheiratet gewesen;
4. von Amts wegen oder auf Antrag eines
Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag ausschließlich oder vorwiegend in der
Absicht geschlossen worden ist, dem Wahlkind die Führung des Familiennamens des
Wahlvaters oder der Wahlmutter zu ermöglichen oder den äußeren Schein einer
Wahlkindschaft zur Verdeckung rechtswidriger geschlechtlicher Beziehungen zu
schaffen.
5. auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der
Annahmevertrag nicht schriftlich geschlossen worden ist und seit dem Eintritt
der Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses nicht mehr als fünf Jahre
verstrichen sind.
Hat einer der Vertragsteile den Widerrufsgrund (Abs. 1
Z. 1 bis 3 und 5) bei Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt, so gilt
in seinem Verhältnis zum anderen Vertragsteil der Widerruf insoweit als
Aufhebung (§ 184a), als er dies beansprucht.
Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Gültigkeit der
Annahme an Kindesstatt vor dem Widerruf Rechte erworben hat, kann nicht
eingewendet werden, daß die Bewilligung widerrufen worden ist. Zum Nachteil
eines der Vertragsteile, der den Wiederrufsgrund bei Abschließung des
Annahmevertrages nicht gekannt hat, kann ein Dritter nicht die Wirkungen des
Widerrufes beanspruchen.
§. 184a. Die Wahlkindschaft ist vom Gericht
aufzuheben:
1. wenn die Erklärung eines Vertragteiles oder eines
Zustimmungsberechtigten durch List oder ungerechte und gegründete Furcht
veranlaßt worden ist und der Betroffene die Aufhebung binnen Jahresfrist nach
Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der Zwangslage beantragt;
2. von Amts wegen, wenn die Aufrechterhaltung der
Wahlkindschaft das Wohl des nicht eigenberechtigten Wahlkindes ernstlich
gefährden würde;
3. auf Antrag des Wahlkindes, wenn die Aufhebung nach
Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe der Wahleltern oder nach dem Tode des
Wahlvaters (der Wahlmutter) dem Wohle des Wahlkindes dient und nicht einem
gerechtfertigten Anliegen des (der) von der Aufhebung betroffenen, wenn auch
bereits verstorbenen Wahlvaters (Wahlmutter) widerspricht;
4. wenn der Wahlvater (die Wahlmutter) und das
eigenberechtigte Wahlkind die Aufhebung beantragen.
Besteht die Wahlkindschaft gegenüber einem Wahlvater
und einer Wahlmutter, so darf die Aufhebung im Sinne des Abs. 1 nur beiden
gegenüber bewilligt werden; die Aufhebung gegenüber einem von ihnen allein ist
nur im Falle der Auflösung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe zulässig.
§. 185. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des
Aufhebungsbeschlusses erlöschen die durch die Annahme zwischen dem Wahlvater
(der Wahlmutter) und dessen (deren) Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und
dessen Nachkommen andererseits begründeten Rechtsbeziehungen.
Mit diesem Zeitpunkt leben die familienrechtlichen
Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten einerseits und
dem Wahlkind und dessen Nachkommen andererseits, soweit sie nach dem § 182
erloschen sind, wieder auf.
Mit dem im Abs. 1 genannten Zeitpunkt sind
hinsichtlich des Wahlkindes und dessen minderjährigen Nachkommen die
namensrechtlichen Wirkungen der Annahme so anzusehen, als wären sie nicht
eingetreten.
§. 185a. Ein Widerruf oder eine Aufhebung aus anderen
als den in den §§ 184 und 184a angeführten Gründen ist unzulässig; ebenso eine
vertragliche Einigung oder ein Rechtsstreit über die Anfechtung des
Annahmevertrages.
2. Pflegeeltern
§. 186. Pflegeeltern sind Personen, die die Pflege und
Erziehung des Kindes ganz oder teilweise besorgen und zu denen eine dem
Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern nahe kommende Beziehung
besteht oder hergestellt werden soll. Sie haben das Recht, in den die Person
des Kindes betreffenden Verfahren Anträge zu stellen.
§. 186a. Das Gericht hat einem Pflegeelternpaar
(Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für das Kind ganz oder
teilweise zu übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur für kurze Zeit
beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes entspricht. Die
Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses Pflegeelternpaar (diesen
Pflegeelternteil).
Sind die Eltern oder Großeltern mit der Obsorge
betraut und stimmen sie der Übertragung nicht zu, so darf diese nur verfügt
werden, wenn ohne sie das Wohl des Kindes gefährdet wäre.
Die Übertragung ist aufzuheben, wenn dies dem Wohl des
Kindes entspricht. Gleichzeitig hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des
Kindes auszusprechen, auf wen die Obsorge übergeht.
Das Gericht hat vor seiner Entscheidung die Eltern,
den gesetzlichen Vertreter, weitere Erziehungsberechtigte, den Jugendwohlfahrtsträger
und jedenfalls das bereits zehnjährige Kind zu hören. § 181a Abs. 2 gilt
sinngemäß.
Viertes Hauptstück
Von der Obsorge einer anderen Person
I. Von der Obsorge einer anderen Person
§. 187. Soweit nach dem dritten Hauptstück weder
Eltern noch Großeltern oder Pflegeeltern mit der Obsorge betraut sind oder
betraut werden können und kein Fall des § 211 vorliegt,
hat das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes eine andere geeignete
Person mit der Obsorge zu betrauen.
§. 188. Bei der Auswahl einer anderen Person für die
Obsorge ist besonders auf das Wohl des Kindes Bedacht zu nehmen. Wünsche des
Kindes und der Eltern, im Falle des § 145c des Zuwendenden, sind zu
berücksichtigen, sofern sie dem Wohl des Kindes entsprechen.
Mit der Obsorge dürfen nicht betraut werden
1. nicht voll handlungsfähige Personen;
2. Personen, von denen, besonders auch wegen der durch
eine strafgerichtliche Verurteilung zutage getretenen Veranlagung oder
Eigenschaft, eine dem Wohl des minderjährigen Kindes förderliche Ausübung der
Obsorge nicht zu erwarten ist.
§. 189. Derjenige, den das Gericht mit der Obsorge
betrauen will, hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet erscheinen lassen,
dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung schuldhaft, so haftet
er für alle dem minderjährigen Kind daraus entstehenden Nachteile.
Eine besonders geeignete Person kann die Betrauung mit
der Obsorge nur ablehnen, wenn ihr diese unzumutbar wäre.
§. 190. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 191. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 192. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 193. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 194. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 195. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr.
135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 196. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 197. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 198. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 199. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 200. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 201. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 202. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 203. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 204. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 205. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 206. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 207. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99
- Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 208. (Anm.: Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99
- Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 209. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 210. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Aufgaben des Jugendwohlfahrtsträgers
§. 211. Wird ein minderjähriges Kind im Inland
gefunden und sind dessen Eltern unbekannt, so ist kraft Gesetzes der
Jugendwohlfahrtsträger mit der Obsorge betraut. Dies gilt für den Bereich der
Vermögensverwaltung und der Vertretung auch, wenn ein Kind im Inland geboren
wird und in diesem Bereich kein Elternteil mit der Obsorge betraut ist.
§. 212. Der Jugendwohlfahrtsträger hat, soweit es nach
den Umständen geboten scheint, den gesetzlichen Vertreter eines im Inland
geborenen Kindes innerhalb angemessener Frist nach der Geburt über die
elterlichen Rechte und Pflichten, besonders über den Unterhaltsanspruch des
Kindes, gegebenenfalls auch über die Feststellung der Vaterschaft, in Kenntnis
zu setzen und ihm für die Wahrnehmung der Rechte des Kindes seine Hilfe
anzubieten.
Für die Festsetzung oder Durchsetzung der
Unterhaltsansprüche des Kindes sowie gegebenenfalls in
Abstammungsangelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes,
wenn die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters
vorliegt.
Für andere Angelegenheiten ist der
Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes, wenn er sich zur Vertretung bereit
erklärt und die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters
vorliegt.
Durch die Vertretungsbefugnis des
Jugendwohlfahrtsträgers wird die Vertretungsbefugnis des sonstigen gesetzlichen
Vertreters nicht eingeschränkt, jedoch gilt § 154a sinngemäß. Der Jugendwohlfahrtsträger
und der sonstige gesetzliche Vertreter haben einander über ihre
Vertretungshandlungen in Kenntnis zu setzen.
Die Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers
endet, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter seine Zustimmung schriftlich widerruft,
der Jugendwohlfahrtsträger seine Erklärung nach Abs. 3 zurücknimmt oder das
Gericht den Jugendwohlfahrtsträger auf dessen Antrag als Vertreter enthebt,
weil er zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung der Ansprüche des Kindes
nach Lage des Falles nichts mehr beizutragen vermag.
§. 213. Ist eine andere Person mit der Obsorge für
einen Minderjährigen ganz oder teilweise zu betrauen und lassen sich dafür
Verwandte oder andere nahe stehende oder sonst besonders geeignete Personen
nicht finden, so hat das Gericht die Obsorge dem Jugendwohlfahrtsträger zu
übertragen. Gleiches gilt, wenn einem Minderjährigen ein Kurator zu bestellen
ist.
§. 214. Die §§ 216, 234, 265, 266 und 267 gelten für
den Jugendwohlfahrtsträger nicht. Dieser ist vor der Anlegung des Vermögens
eines Minderjährigen nur im Fall des § 230e verpflichtet, die Zustimmung des
Gerichtes einzuholen.
Der Jugendwohlfahrtsträger bedarf zum Abschluß von
Vereinbarungen über die Höhe gesetzlicher Unterhaltsleistungen nicht der
Genehmigung des Gerichtes. Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts
eines Minderjährigen, die vor dem Jugendwohlfahrtsträger oder von ihm
geschlossen und von ihm beurkundet werden, haben die Wirkung eines
gerichtlichen Vergleiches.
Der Jugendwohlfahrtsträger hat Personen, die ein Kind
pflegen und erziehen oder gesetzlich vertreten, über seine Vertretungstätigkeit
bezüglich dieses Kindes Auskünfte zu erteilen, soweit das Wohl des Kindes
hiedurch nicht gefährdet wird.
§. 215. Der Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung
des Wohles eines Minderjährigen erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im
Bereich der Obsorge zu beantragen. Bei Gefahr im Verzug kann er die
erforderlichen Maßnahmen der Pflege und Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis
zur gerichtlichen Entscheidung selbst treffen; er hat diese Entscheidung
unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht Tagen, zu beantragen. Im Umfang der
getroffenen Maßnahmen ist der Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge
betraut.
Eine einstweilige Verfügung nach den §§ 382b und 382e
EO sowie deren Vollzug kann der Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des
Minderjährigen beantragen, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter einen
erforderlichen Antrag nicht unverzüglich gestellt hat; § 212 Abs. 4 gilt hiefür
entsprechend.
§. 215a. Sofern nicht anderes angeordnet ist, fallen
die Aufgaben dem Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zu, in dem das
minderjährige Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt, mangels eines solchen im
Inland seinen Aufenthalt hat. Fehlt ein Aufenthalt im Inland, so ist, sofern
das minderjährige Kind österreichischer Staatsbürger ist, für im Inland zu
besorgende Aufgaben das Bundesland als Jugendwohlfahrtsträger zuständig, in dem
der Minderjährige seinen letzten Aufenthalt gehabt hat, dann dasjenige, in dem
ein Elternteil seinen Aufenthalt hat oder zuletzt gehabt hat. Wechselt das
minderjährige Kind seinen Aufenthalt in ein anderes Bundesland, so kann der
Jugendwohlfahrtsträger seine Aufgaben dem anderen mit dessen Zustimmung
übertragen. Hievon ist das Gericht zu verständigen, wenn es mit den
Angelegenheiten des minderjährigen Kindes bereits befasst war.
Besondere Pflichten und Rechte anderer mit der Obsorge
betrauter Personen
a) in Angelegenheiten der Pflege und Erziehung
§. 216. Ist eine andere Person mit der Obsorge
betraut, so hat sie, soweit nicht anderes bestimmt ist, in wichtigen, die
Person des Kindes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere in den
Angelegenheiten des § 154 Abs. 2, die Genehmigung des Gerichtes einzuholen.
Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind
unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit
einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann die mit der Obsorge
betraute Person nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt
in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass das Kind nicht über die
erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der
Behandlung zur Wahrung seines Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis
nicht vorliegt oder das Kind zu erkennen gibt, dass es die Behandlung ablehnt,
bedarf die Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt die
mit der Obsorge betraute Person die Zustimmung zu einer medizinischen
Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl des Kindes gefährdet, so kann das
Gericht die Zustimmung ersetzen oder die Obsorge an eine andere Person
übertragen.
§. 217. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 218. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 219. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 220. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 221. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 222. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 223. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 224. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 225. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 226. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 227. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 228. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
b) in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung
§. 229. Die mit der gesetzlichen Vertretung in
Angelegenheiten der Vermögensverwaltung betraute Person hat bei Antritt der
Obsorge nach gründlicher Erforschung des Vermögensstandes dem Gericht gegenüber
das Vermögen im Einzelnen anzugeben und bei Beendigung der Obsorge Rechnung zu
legen. Das Gericht hat die Tätigkeit des gesetzlichen Vertreters zur Vermeidung
einer Gefährdung des Wohls des minderjährigen Kindes zu überwachen und die dazu
notwendigen Aufträge zu erteilen. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen
bestimmt.
Auf Vertretungshandlungen und Einwilligungen in
Vermögensangelegenheiten ist § 154 Abs. 3 und 4 sinngemäß anzuwenden.
Anlegung von Mündelgeld
§. 230. Soweit Geld eines Minderjährigen nicht, dem
Gesetz entsprechend, für besondere Zwecke zu verwenden ist, ist es unverzüglich
sicher und möglichst fruchtbringend durch Spareinlagen, den Erwerb von
Wertpapieren (Forderungen), die Gewährung von Darlehen, den Erwerb von
Liegenschaften oder in anderer Weise nach den folgenden Bestimmungen anzulegen.
Ist es wirtschaftlich zweckmäßig, so ist Mündelgeld
auf mehrere dieser Arten anzulegen.
§. 230a. Spareinlagen bei einer inländischen
Kreditunternehmung, die zur Entgegennahme von Spareinlagen berechtigt ist, sind
zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sie auf den Namen des Mündels
lauten, ausdrücklich die Bezeichnung „Mündelgeld“ tragen und entweder allgemein
für die Verbindlichkeiten der Kreditunternehmung der Bund oder eines der Länder
oder für die Verzinsung und Rückzahlung der Mündelgeldspareinlagen im
besonderen ein von der Kreditunternehmung gebildeter, jederzeit mit der
jeweiligen Höhe solcher Einlagen übereinstimmender unbelasteter Deckungsstock
haftet. Dieser Deckungsstock hat ausschließlich in mündelsicheren Wertpapieren
(§ 230b), in Hypothekarforderungen mit gesetzgemäßer Sicherheit (§230c), in
Forderungen, für die der Bund oder eines der Länder haftet, oder in Bargeld zu
bestehen.
§. 230b. Der Erwerb folgender Wertpapiere und
Forderungen ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet:
1. Teilschuldverschreibungen von Anleihen, für deren
Verzinsung und Rückzahlung der Bund oder eines der Länder haftet;
2. Forderungen, die in das Hauptbuch der Staatsschuld
eingetragen sind;
3. Pfandbriefe und Kommunalschuldverschreibungen der
nach den gesetzlichen Vorschriften zur Ausgabe solcher Wertpapiere zugelassenen
inländischen Kreditunternehmungen;
4. von einer inländischen Kreditunternehmung
ausgegebene Teilschuldverschreibungen, sofern die Kreditunternehmung
verpflichtet ist, die Ansprüche aus diesen Teilschuldverschreibungen
vorzugsweise zu befriedigen und als Sicherheit für diese Befriedigung
Forderungen der Kreditunternehmung, für die der Bund haftet, Wertpapiere oder
Forderungen gemäß den Z. 1 bis 3 und 5 oder Bargeld zu bestellen, und dies auf
den Teilschuldverschreibungen ausdrücklich ersichtlich gemacht ist;
5. sonstige Wertpapiere, sofern sie durch besondere
gesetzliche Vorschriften zur Anlegung von Mündelgeld geeignet erklärt worden
sind.
§. 230c. Darlehen sind zur Anlegung von Mündelgeld
geeignet, wenn zu ihrer Sicherstellung an einer inländischen Liegenschaft eine
Hypothek bestellt wird und die Liegenschaft samt ihrem Zubehör während der
Laufzeit des Darlehens ausreichend feuerversichert ist. Liegenschaften, deren
Wert sich wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und
beträchtlich vermindert, sind nicht geeignet.
Es darf jedoch eine Liegenschaft nicht über die Hälfte
des Verkehrswertes belastet werden. Bei Weingärten, Wäldern und anderen
Liegenschaften, deren Ertrag auf ähnlichen dauernden Anpflanzungen beruht, ist
die Belastungsgrenze ohne Berücksichtigung des Wertes der Kulturgattung vom
Grundwert zu errechnen. Ebenso ist bei industriell oder gewerblich genutzten
Liegenschaften vom bloßen Grundwert auszugehen, doch sind von diesem die Kosten
der Freimachung der Liegenschaft von industriell oder gewerblich genutzten
Baulichkeiten abzuziehen. Die Art (Widmung, Nutzung) der Liegenschaft und die
maßgebende Belastungsgrenze sind durch einen allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen
festzustellen.
§. 230d. Der Erwerb inländischer Liegenschaften ist
zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sich ihr Wert nicht wegen eines
darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert oder sie
nicht ausschließlich oder überwiegend industriellen oder gewerblichen Zwecken
dienen.
Der Kaufpreis soll in der Regel den Verkehrswert nicht
übersteigen.
§. 230e. Die Anlegung von Mündelgeld in anderer Weise
als nach den vorstehenden Bestimmungen hat das Gericht, im Fall des Erwerbes
von Wertpapieren jedenfalls nach Anhörung eines Sachverständigen für das
Börsen- oder Bankwesen, zu genehmigen, wenn sie nach den Verhältnissen des
Einzelfalls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung
entspricht.
Unter diesen Voraussetzungen kommen für die Anlegung
besonders in Betracht:
1. Wertpapiere, die im § 230b nicht genannt sind,
sofern dafür vorgesorgt ist, daß die Verwaltung der Wertpapiere einschließlich
eines Verkaufes, falls er durch die Marktlage geboten sein sollte, sachkundig
vorgenommen wird;
2. Liegenschaften, die nicht geeignet im Sinn des §
230d sind, sofern ihr Erwerb dem Mündel mit Beziehung auf die gegenwärtige oder
künftige Berufsausübung oder sonst zum klaren Vorteil gereichen würde; der
Kaufpreis darf auch hier den gemeinen Wert nicht übersteigen.
§. 231. Das übrige bewegliche Vermögen, das nicht zur
Befriedigung der gegenwärtigen oder zukünftigen Bedürfnisse des minderjährigen
Kindes benötigt wird oder zumindest nicht dazu geeignet scheint, ist
bestmöglich zu verwerten. Einer gerichtlichen Genehmigung bedarf es nur, wenn
der Verkehrswert der einzelnen Sache voraussichtlich 1000 Euro oder die Summe
der Werte der zur Verwertung bestimmten Sachen voraussichtlich 10000 Euro
übersteigt.
§. 232. Ein unbewegliches Gut darf nur im Notfall oder
zum offenbaren Vorteil des minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung
veräußert werden.
§. 233. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 40, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 234. Der gesetzliche Vertreter kann 10000 Euro
übersteigende Zahlungen an das minderjährige Kind nur entgegennehmen und
darüber quittieren, wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall oder allgemein
ermächtigt wurde. Fehlt eine solche Ermächtigung, so wird der Schuldner durch
Zahlung an den Vertreter von seiner Schuld nur befreit, wenn das Gezahlte noch
im Vermögen des minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für seine Zwecke
verwendet wurde.
§. 235. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 236. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 237. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 242. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 244. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl
1989/Nr. 162 – Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 245. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 57, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 246. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl
1973/Nr. 108.)
§. 247. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 45, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 248. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl
1973/Nr. 108.)
§. 249. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 58, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Änderungen in der Obsorge
§. 250. Die Obsorge des Jugendwohlfahrtsträgers (§
211) endet, sofern der Umstand, der die Eltern von der Ausübung der Obsorge ausgeschlossen
hat, weggefallen ist; im ersten Fall des § 211 bedarf es hiezu jedoch der
Übertragung der Obsorge an die Eltern durch das Gericht.
§. 251. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 61, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 252. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl
1973/Nr. 108.)
§. 253. Das Gericht hat die Obsorge an eine andere
Person zu übertragen, wenn das Wohl des minderjährigen Kindes dies erfordert, insbesondere
wenn die mit der Obsorge betraute Person ihre Verpflichtungen aus § 145b nicht
erfüllt, einer der Umstände des § 188 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder
die Person, die bisher mit der Obsorge betraut war, stirbt.
§. 254. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 255. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 256. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 257. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 258. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 259. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 47, BGBl
1977/Nr. 403.)
§. 260. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
1973/Nr. 108.)
§. 261. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 262. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 263. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl
2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Haftung
§. 264. Die nach § 187 mit der Obsorge betrauten
Personen haften dem Kind gegenüber für jeden durch ihr Verschulden verursachten
Schaden.
Soweit sich die mit der Obsorge betraute Person zu
ihrer Ausübung rechtmäßig anderer Personen bedient, haftet sie nur insoweit,
als sie schuldhaft eine untüchtige oder gefährliche Person ausgewählt, deren
Tätigkeit nur unzureichend überwacht oder die Geltendmachung von
Ersatzansprüchen des minderjährigen Kindes gegen diese Personen schuldhaft
unterlassen hat.
§. 265. Der Richter kann die Ersatzpflicht nach § 264
insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie die mit der Obsorge betraute
Person unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des Grades des
Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem
minderjährigen Kind und der mit der Obsorge betrauten Person, unbillig hart
träfe.
Entschädigung
§. 266. Der nach § 187 mit der Obsorge betrauten
Person gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang ihrer Tätigkeit und des
damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung,
soweit dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des Kindes nicht
gefährdet wird.
Sofern das Gericht nicht aus besonderen Gründen eine
geringere Entschädigung für angemessen findet, beträgt sie fünf vom Hundert
sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden gesetzlichen
Steuern und Abgaben. Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur
Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, sind nicht als Einkünfte zu
berücksichtigen. Übersteigt der Wert des Vermögens des minderjährigen Kindes
10000 Euro, so kann das Gericht überdies pro Jahr bis zu zwei vom Hundert des
Mehrbetrags als Entschädigung gewähren, soweit sich die mit der Obsorge
betraute Person um die Erhaltung des Vermögens oder dessen Verwendung zur
Deckung von Bedürfnissen des Kindes besonders verdient gemacht hat. Betrifft
die Obsorge nur einen Teilbereich der Obsorge oder dauert die Tätigkeit der mit
der Obsorge betrauten Person nicht ein volles Jahr, so vermindert sich der
Anspruch auf Entschädigung entsprechend.
Bei besonders umfangreichen und erfolgreichen
Bemühungen der mit der Obsorge betrauten Person kann das Gericht die
Entschädigung auch höher als nach Abs. 2 erster Satz bemessen, jedoch nicht
höher als zehn vom Hundert der Einkünfte.
Entgelt und Aufwandsersatz
§. 267. Nützt die mit der Obsorge betraute Person für
Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten übertragen werden müsste,
ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat sie hiefür einen
Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer
rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim minderjährigen Kind die
Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese
Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
Zur zweckentsprechenden Ausübung der Obsorge
notwendige Barauslagen, tatsächliche Aufwendungen und die Kosten der
Versicherung der Haftpflicht nach § 264 sind der mit der Obsorge betrauten
Person vom minderjährigen Kind jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach
gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den Abs. 1 und
2 bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse
des Kindes gefährdet wäre.
Fünftes Hauptstück
Von der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen
Vertretung und der Vorsorgevollmacht
Voraussetzungen für die Bestellung eines Sachwalters
oder Kurators
a) für behinderte Personen;
§. 268. Vermag eine volljährige Person, die an einer
psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist (behinderte Person),
alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für
sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu
ein Sachwalter zu bestellen.
Die Bestellung eines Sachwalters ist unzulässig,
soweit Angelegenheiten der behinderten Person durch einen anderen gesetzlichen
Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe, besonders in der Familie, in
Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der Behindertenhilfe oder im Rahmen
sozialer oder psychosozialer Dienste, im erforderlichen Ausmaß besorgt werden.
Ein Sachwalter darf auch dann nicht bestellt werden, soweit durch eine
Vollmacht, besonders eine Vorsorgevollmacht, oder eine verbindliche
Patientenverfügung für die Besorgung der Angelegenheiten der behinderten Person
im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt ist. Ein Sachwalter darf nicht nur deshalb
bestellt werden, um einen Dritten vor der Verfolgung eines, wenn auch bloß
vermeintlichen, Anspruchs zu schützen.
Je nach Ausmaß der Behinderung sowie Art und Umfang
der zu besorgenden Angelegenheiten ist der Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung einzelner Angelegenheiten, etwa
der Durchsetzung oder der Abwehr eines Anspruchs oder der Eingehung und der
Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung eines bestimmten Kreises von
Angelegenheiten, etwa der Verwaltung eines Teiles oder des gesamten Vermögens,
oder,
3. soweit dies unvermeidlich ist, mit der Besorgung
aller Angelegenheiten der behinderten Person.
Sofern dadurch nicht das Wohl der behinderten Person
gefährdet wird, kann das Gericht auch bestimmen, dass die Verfügung oder
Verpflichtung hinsichtlich bestimmter Sachen, des Einkommens oder eines
bestimmten Teiles davon vom Wirkungsbereich des Sachwalters ausgenommen ist.
b) für Ungeborene;
§. 269. In Rücksicht auf Ungeborne wird ein Kurator
entweder für die Nachkommenschaft überhaupt, oder für eine bereits vorhandene
Leibesfrucht (§. 22) aufgestellet. Im ersten Falle hat der Kurator dafür zu
sorgen, daß die Nachkommenschaft bey einem ihr bestimmten Nachlasse nicht
verkürzet werde; im zweyten Falle aber, daß die Rechte des noch ungebornen
Kindes erhalten werden.
c) für Abwesende und für unbekannte Teilnehmer an
einem Geschäft;
§. 270. Die Bestellung eines Curators für Abwesende,
oder für die dem Gerichte zur Zeit noch unbekannten Theilnehmer an einem
Geschäfte findet dann Statt, wenn sie keinen ordentlichen Vertreter
zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte durch Verzug gefährdet,
oder die Rechte eines Anderen in ihrem Gange gehemmet würden und nicht in
anderer Weise, etwa durch die Bestellung eines Kurators in einem bestimmten
gerichtlichen Verfahren durch das dort zur Entscheidung berufene Gericht, für
die Wahrung dieser Rechte Sorge getragen werden kann. Ist der Aufenthaltsort
eines Abwesenden bekannt, so muß ihn sein Curator von der Lage seiner
Angelegenheiten unterrichten, und diese Angelegenheiten, wenn keine andere
Verfügung getroffen wird, wie jene eines Minderjährigen besorgen.
d) im Kollisionsfall
§. 271. Widerstreiten einander in einer bestimmten
Angelegenheit die Interessen einer minderjährigen oder sonst nicht voll
handlungsfähigen Person und jene ihres gesetzlichen Vertreters, so hat das
Gericht der Person zur Besorgung dieser Angelegenheiten einen besonderen
Kurator zu bestellen.
Der Bestellung eines Kurators bedarf es nicht, wenn
eine Gefährdung der Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst nicht
voll handlungsfähigen Person nicht zu besorgen ist und die Interessen des minderjährigen
Kindes oder der sonst nicht voll handlungsfähigen Person vom Gericht
ausreichend wahrgenommen werden können. Dies gilt im Allgemeinen in Verfahren
zur Durchsetzung der Rechte des Kindes nach § 140 und § 148, auch wenn es durch
den betreuenden Elternteil vertreten wird, sowie in Verfahren über Ansprüche
nach § 266 Abs. 1 und 2 oder § 267.
§. 272. Widerstreiten einander die Interessen zweier
oder mehrerer minderjähriger oder sonst nicht voll handlungsfähiger Personen,
die denselben gesetzlichen Vertreter haben, so darf dieser keine der genannten
Personen vertreten. Das Gericht hat für jede von ihnen einen besonderen Kurator
zu bestellen.
§ 271 Abs. 2 gilt entsprechend.
Bestellung
§. 273. Bei der Auswahl des Sachwalters oder Kurators
ist auf die Art der Angelegenheiten, die für die zu vertretende Person (den
Pflegebefohlenen) zu besorgen sind, zu achten.
Mit der Sachwalterschaft oder Kuratel dürfen nicht
betraut werden
1. nicht eigenberechtigte Personen;
2. Personen, von denen, besonders auch wegen einer
strafgerichtlichen Verurteilung, eine dem Wohl des Pflegebefohlenen förderliche
Ausübung der Sachwalterschaft oder Kuratel nicht zu erwarten ist.
§. 273a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl I
2006/Nr. 92 – Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006.)
§. 274. Derjenige, den das Gericht zum Sachwalter
(Kurator) bestellen will, hat alle Umstände, die ihn dafür ungeeignet
erscheinen lassen, dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese Mitteilung
schuldhaft, so haftet er für alle dem Pflegebefohlenen daraus entstehenden
Nachteile.
Ein Rechtsanwalt oder Notar kann die Übernahme einer
Sachwalterschaft (Kuratel) nur ablehnen, wenn ihm diese unter Berücksichtigung
seiner persönlichen, familiären, beruflichen und sonstigen Verhältnisse nicht
zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als fünf Sachwalterschaften
(Kuratelen) vermutet.
Rechte und Pflichten
§. 275. Die Sachwalterschaft (Kuratel) umfasst alle
Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die dem Sachwalter (Kurator)
übertragenen Angelegenheiten zu besorgen. Der Sachwalter (Kurator) hat dabei
das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.
In wichtigen, die Person des Pflegebefohlenen
betreffenden Angelegenheiten hat der Sachwalter (Kurator) die Genehmigung des
Gerichts einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder
Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im
Verzug vorliegt.
In Vermögensangelegenheiten gelten die §§ 229 bis 234
sinngemäß.
Entschädigung, Entgelt und Aufwandersatz
§. 276. Dem Sachwalter (Kurator) gebührt unter
Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit, insbesondere auch im Bereich
der Personensorge, und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und
Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese beträgt fünf Prozent sämtlicher
Einkünfte nach Abzug der hievon zu entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei
Bezüge, die kraft besonderer gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter
Aufwendungen dienen, nicht als Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders
umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die
Entschädigung auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen.
Übersteigt der Wert des Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist
darüber hinaus pro Jahr zwei Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu
gewähren. Das Gericht hat die Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus
besonderen Gründen für angemessen hält.
Nützt der Sachwalter (Kurator) für Angelegenheiten,
deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich übertragen werden müsste, seine
besonderen beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten, so hat er hiefür einen
Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch besteht für die Kosten einer
rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit beim Pflegebefohlenen die
Voraussetzungen für die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese
Kosten nach gesetzlichen Vorschriften vom Gegner ersetzt werden.
Die zur zweckentsprechenden Ausübung der
Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen Barauslagen, die tatsächlichen
Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung der Haftung nach § 277
abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem Sachwalter vom
Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach gesetzlichen
Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den vorstehenden Absätzen bestehen
insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der Lebensbedürfnisse des
Pflegebefohlenen gefährdet wäre.
Haftung
§. 277. Der Sachwalter (Kurator) haftet dem
Pflegebefohlenen für jeden durch sein Verschulden verursachten Schaden. Der
Richter kann die Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie den
Sachwalter (Kurator) unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere des
Grades des Verschuldens oder eines besonderen Naheverhältnisses zwischen dem
Pflegebefohlenen und dem Sachwalter (Kurator), unbillig hart träfe.
Änderung und Beendigung
§. 278. Das Gericht hat die Sachwalterschaft (Kuratel)
auf Antrag oder von Amts wegen einer anderen Person zu übertragen, wenn der
Sachwalter (Kurator) stirbt, nicht die erforderliche Eignung aufweist, ihm die
Ausübung des Amtes nicht zugemutet werden kann, einer der Umstände des § 273
Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder das Wohl des Pflegebefohlenen dies aus
anderen Gründen erfordert. § 145 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
Der Sachwalter (Kurator) ist auf Antrag oder von Amts
wegen zu entheben, wenn die Voraussetzungen für seine Bestellung nach den §§
268 bis 272 wegfallen; fallen diese Voraussetzungen nur für einen Teil der dem
Sachwalter (Kurator) übertragenen Angelegenheiten weg, so ist sein
Wirkungskreis einzuschränken. Sein Wirkungskreis ist zu erweitern, wenn dies
erforderlich ist. Stirbt der Pflegebefohlene, so erlischt die Sachwalterschaft
(Kuratel). § 172 Abs. 2 sind sinngemäß anzuwenden.
Das Gericht hat in angemessenen, fünf Jahre nicht
überschreitenden Zeitabständen zu prüfen, ob das Wohl des Pflegebefohlenen die
Beendigung oder Änderung der Sachwalterschaft (Kuratel) erfordert.
Besondere Vorschriften für die Sachwalterschaft
a) Auswahl des Sachwalters;
§. 279. Bei der Auswahl des Sachwalters ist besonders
auf die Bedürfnisse der behinderten Person und darauf Bedacht zu nehmen, dass
der Sachwalter nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen
engen Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen
Einrichtung steht, in der sich die behinderte Person aufhält oder von der sie
betreut wird. Wünsche der behinderten Person, insbesondere solche, die sie vor
Verlust der Geschäftsfähigkeit und Einsichts- und Urteilsfähigkeit geäußert hat
(Sachwalterverfügung), und Anregungen nahe stehender Personen sind zu
berücksichtigen, sofern sie dem Wohl der behinderten Person entsprechen.
Einer behinderten Person ist eine geeignete, ihr nahe stehende Person zum Sachwalter zu bestellen. Wird
eine behinderte Person volljährig, so ist ein bisher mit der Obsorge betrauter
Elternteil zum Sachwalter zu bestellen, sofern dies dem Wohl der behinderten
Person nicht widerspricht.
Ist eine geeignete, nahe stehende Person nicht
verfügbar, so ist ein geeigneter Verein mit dessen Zustimmung zum Sachwalter zu
bestellen. Kommt auch ein Verein nicht in Betracht, so ist nach Maßgabe des §
274 Abs. 2 ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar
(Notariatskandidat) oder eine andere geeignete Person mit deren Zustimmung zu
bestellen.
Ein Rechtsanwalt (Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar
(Notariatskandidat) ist vor allem dann zum Sachwalter zu bestellen, wenn die
Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend Rechtskenntnisse erfordert, ein
geeigneter Verein vor allem dann, wenn sonst besondere Anforderungen mit der
Sachwalterschaft verbunden sind.
Eine Person darf nur so viele Sachwalterschaften
übernehmen, wie sie unter Bedachtnahme auf die Pflichten eines Sachwalters,
insbesondere jene zur persönlichen Kontaktnahme, ordnungsgemäß besorgen kann.
Es wird vermutet, dass eine Person – ausgenommen ein geeigneter Verein –
insgesamt nicht mehr als fünf, ein Rechtsanwalt oder Notar nicht mehr als 25
Sachwalterschaften übernehmen kann; Sachwalterschaften zur Besorgung einzelner
Angelegenheiten bleiben dabei außer Betracht.
b) Geschäftsfähigkeit der behinderten Person;
§. 280. Die behinderte Person kann innerhalb des
Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche oder stillschweigende
Einwilligung rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich verpflichten.
Schließt die behinderte Person im Rahmen des
Wirkungskreises des Sachwalters ein Rechtsgeschäft, das eine geringfügige
Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft mit
der Erfüllung der die behinderte Person treffenden Pflichten rückwirkend
rechtswirksam.
c) Berücksichtigung des Willens und der Bedürfnisse
der behinderten Person;
§. 281. Der Sachwalter hat danach zu trachten, dass
die behinderte Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre
Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.
Die behinderte Person hat das Recht, von
beabsichtigten, ihre Person oder ihr Vermögen betreffenden wichtigen Maßnahmen
vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu, wie auch zu
anderen Maßnahmen, in angemessener Frist zu äußern; diese Äußerung ist zu
berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl der behinderten
Person nicht weniger entspricht.
Ist der Sachwalter mit der Verwaltung des Vermögens oder
des Einkommens der behinderten Person betraut, so hat er diese vorrangig zur
Deckung der den persönlichen Lebensverhältnissen entsprechenden Bedürfnisse der
behinderten Person zu verwenden.
Ist das Wohl der behinderten Person gefährdet, so hat
das Gericht jederzeit, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung ihres
Wohles nötigen Verfügungen zu treffen.
d) Personensorge;
§. 282. Der Sachwalter hat mit der behinderten Person
in dem nach den Umständen des Einzelfalls erforderlichen Ausmaß persönlichen
Kontakt zu halten und sich darum zu bemühen, dass der behinderten Person die
gebotene ärztliche und soziale Betreuung gewährt wird. Sofern der Sachwalter
nicht bloß zur Besorgung einzelner Angelegenheiten bestellt ist, soll der
Kontakt mindestens einmal im Monat stattfinden.
§. 283. In eine medizinische Behandlung kann eine
behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, nur selbst
einwilligen. Sonst ist die Zustimmung des Sachwalters erforderlich, dessen
Wirkungsbereich die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst.
Einer medizinischen Behandlung, die gewöhnlich mit
einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, kann der Sachwalter nur
zustimmen, wenn ein vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen
Zeugnis bestätigt, dass die behinderte Person nicht über die erforderliche
Einsichts- und Urteilsfähigkeit verfügt und die Vornahme der Behandlung zur
Wahrung ihres Wohles erforderlich ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt
oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt,
bedarf die Zustimmung der Genehmigung des Gerichts. Erteilt der
Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird
dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so kann das Gericht die
Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen
Person übertragen.
Die Einwilligung der einsichts- und urteilsfähigen
behinderten Person, die Zustimmung des Sachwalters und die Entscheidung des
Gerichts sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung so dringend notwendig
ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung, der Zustimmung oder der
gerichtlichen Entscheidung verbundene Aufschub das Leben der behinderten Person
gefährden würde oder mit der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit
verbunden wäre.
§. 284. Der Sachwalter kann einer medizinischen
Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit der behinderten Person
zum Ziel hat, nicht zustimmen, es sei denn, dass sonst wegen eines dauerhaften
körperlichen Leidens eine ernste Gefahr für das Leben oder einer schweren
Schädigung der Gesundheit der behinderten Person besteht. Ebenso kann der
Sachwalter einer Forschung, die mit einer Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit oder der Persönlichkeit der behinderten Person verbunden ist,
nicht zustimmen, es sei denn, die Forschung kann für deren Gesundheit oder
Wohlbefinden von unmittelbarem Nutzen sein. Die Zustimmung bedarf in jedem Fall
einer gerichtlichen Genehmigung.
§. 284a. Über ihren Wohnort entscheidet eine
behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig ist, selbst.
Sonst hat der Sachwalter diese Aufgabe zu besorgen,
soweit dies zur Wahrung des Wohles der behinderten Person erforderlich ist und
sein Wirkungskreis die Besorgung dieser Angelegenheit umfasst. Soll der Wohnort
der behinderten Person dauerhaft geändert werden, so bedarf dies der
gerichtlichen Genehmigung.
Vertretungsbefugnis nächster Angehöriger
§. 284b. Vermag eine volljährige Person aufgrund einer
psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen
Lebens nicht selbst zu besorgen und hat sie dafür keinen Sachwalter und auch
sonst keinen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen
Rechtsgeschäften, soweit sie ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem
nächsten Angehörigen vertreten werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur
Deckung des Pflegebedarfs sowie die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus
Anlass von Alter, Krankheit, Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von
sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und
Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen.
Der nächste Angehörige ist befugt, über laufende
Einkünfte der vertretenen Person und pflegebezogene Leistungen an diese
insoweit zu verfügen, als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte des täglichen
Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs erforderlich ist.
Die Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen
umfasst auch die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung, sofern diese
nicht gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der
körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist und der
vertretenen Person die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit fehlt.
§. 284c. Nächste Angehörige sind die Eltern, volljährige Kinder,
der im gemeinsamen Haushalt mit der vertretenen Person lebende Ehegatte oder
eingetragene Partner und der Lebensgefährte, wenn dieser mit der vertretenen
Person seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt lebt.
Sind mehrere Angehörige vertretungsbefugt, so genügt
die Erklärung einer Person. Liegen dem Erklärungsempfänger widerstreitende
Erklärungen vor, so ist keine wirksam. Für die Vertretung in zivilgerichtlichen
Verfahren gilt § 154a sinngemäß.
§. 284d. Der nächste Angehörige hat die vertretene
Person von der Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnis zu informieren.
Die Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen tritt
nicht ein oder endet, soweit ihr die vertretene Person ungeachtet des Verlusts
ihrer Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit widersprochen hat oder widerspricht.
§. 284e. Bei Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnisse
hat der nächste Angehörige das Wohl der vertretenen Person bestmöglich zu
fördern und danach zu trachten, dass sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten und
Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen
gestalten kann.
Der nächste Angehörige hat seine Vertretungsbefugnis
vor der Vornahme einer Vertretungshandlung im Österreichischen Zentralen
Vertretungsverzeichnis registrieren zu lassen. Ein Dritter darf auf die
Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen vertrauen, wenn ihm dieser bei
Vornahme einer Vertretungshandlung nach § 284b eine Bestätigung über die
Registrierung der Vertretungsbefugnis im Österreichischen Zentralen
Vertretungsverzeichnis vorlegt. Dies gilt für Geldbezüge von einem Konto der
vertretenen Person, soweit sie den erhöhten allgemeinen Grundbetrag des
Existenzminimums (§ 291a Abs. 2 Z 1 EO) monatlich nicht überschreiten. Das
Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm die mangelnde
Vertretungsbefugnis des nächsten Angehörigen bekannt oder fahrlässig unbekannt
ist.
Vorsorgevollmacht
§. 284f. Eine Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht,
die nach ihrem Inhalt dann wirksam werden soll, wenn der Vollmachtgeber die zur
Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Geschäftsfähigkeit
oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder seine Äußerungsfähigkeit verliert.
Die Angelegenheiten, zu deren Besorgung die Vollmacht erteilt wird, müssen
bestimmt angeführt sein. Der Bevollmächtigte darf nicht in einem
Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer
Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung stehen, in der sich
der Vollmachtgeber aufhält oder von der dieser betreut wird.
Die Vorsorgevollmacht muss vom Vollmachtgeber
eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Hat der Vollmachtgeber die
Vollmacht zwar eigenhändig unterschrieben, nicht aber eigenhändig geschrieben,
so muss er in Gegenwart dreier unbefangener, eigenberechtigter und
sprachkundiger Zeugen bekräftigen, dass der Inhalt der von ihm unterschriebenen
Vollmachtsurkunde seinem Willen entspricht. Die Einhaltung dieses
Formerfordernisses ist von den Zeugen unmittelbar nach der Erklärung des
Vollmachtgebers mit einem auf ihre Zeugeneigenschaft hinweisenden Zusatz auf
der Urkunde zu bestätigen. Unterschreibt der Vollmachtgeber die Vollmachtsurkunde
nicht, so muss ein Notar die Bekräftigung durch den Vollmachtgeber beurkunden.
Die Vorsorgevollmacht kann immer auch als Notariatsakt aufgenommen werden.
Soll die Vorsorgevollmacht auch Einwilligungen in
medizinische Behandlungen im Sinn des § 283 Abs. 2, Entscheidungen über
dauerhafte Änderungen des Wohnorts sowie die Besorgung von
Vermögensangelegenheiten, die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb
gehören, umfassen, so muss sie unter ausdrücklicher Bezeichnung dieser
Angelegenheiten vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder bei Gericht errichtet
werden. Dabei ist der Vollmachtgeber über die Rechtsfolgen einer solchen
Vorsorgevollmacht sowie die Möglichkeit des jederzeitigen Widerrufs zu
belehren. Der Rechtsanwalt, der Notar oder das Gericht hat die Vornahme dieser
Belehrung in der Vollmachtsurkunde unter Angabe seines Namens und seiner
Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren.
§. 284g. Eine behinderte Person, die eine
Vorsorgevollmacht erteilt hat, bedarf insoweit keines Sachwalters, es sei denn,
dass der Bevollmächtigte nicht oder nicht im Sinn des Bevollmächtigungsvertrags
tätig wird, durch seine Tätigkeit sonst ihr Wohl gefährdet oder die behinderte
Person zu erkennen gibt, dass sie vom Bevollmächtigten nicht mehr vertreten sein
will. Von der Bestellung eines Sachwalters kann auch dann abgesehen werden,
wenn eine Vollmacht zwar nicht die Voraussetzungen des § 284f erfüllt, aber auf
Grund der Umstände des Einzelfalles nicht zu befürchten ist, dass der
Bevollmächtigte seine Aufgaben zum Nachteil der behinderten Person besorgen
wird.
§. 284h. Der Bevollmächtigte hat bei Besorgung der
anvertrauten Angelegenheiten dem Willen des Vollmachtgebers, wie er in dem
Bevollmächtigungsvertrag zum Ausdruck gebracht wird, zu entsprechen. Einem Willen
des Vollmachtgebers, der nach Eintritt des Vorsorgefalls aus Äußerungen des
Vollmachtgebers oder sonst aus den Umständen des Einzelfalls hervorgeht, hat
der Bevollmächtigte Rechnung zu tragen, wenn er dem Wohl des Vollmachtgebers
nicht weniger entspricht. Mangels eines feststellbaren Willens hat der
Bevollmächtigte das Wohl des Vollmachtgebers bestmöglich zu fördern.
Ein Dritter darf auf den Eintritt des Vorsorgefalls
vertrauen, wenn ihm der Bevollmächtigte bei Vornahme einer Vertretungshandlung
eine Bestätigung über die Registrierung des Wirksamwerdens der
Vorsorgevollmacht im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis vorlegt.
Das Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm bekannt oder fahrlässig
unbekannt ist, dass der Vorsorgefall nicht eingetreten ist.
Der Bevollmächtigte kann die Vollmacht zur
Einwilligung in eine medizinische Behandlung oder zur Entscheidung über
Änderungen des Wohnorts nicht weitergeben.
Zweyter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer rechtlichen Eintheilung.
Begriff von Sachen im rechtlichen Sinne.
§. 285. Alles, was von der Person unterschieden ist,
und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im rechtlichen Sinne eine Sache
genannt.
§. 285a. Tiere sind keine Sachen; sie werden durch
besondere Gesetze geschützt. Die für Sachen geltenden Vorschriften sind auf
Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine abweichenden Regelungen bestehen.
Eintheilung der Sachen nach Verschiedenheit des
Subjectes, dem sie gehören.
§. 286. Die Sachen in dem Staatsgebiethe sind entweder
ein Staats- oder ein Privat-Gut. Das Letztere gehört einzelnen oder moralischen
Personen, kleineren Gesellschaften, oder ganzen Gemeinden.
Freystehende Sachen; öffentliches Gut und
Staatsvermögen.
§. 287. Sachen, welche allen Mitgliedern des Staates
zur Zueignung überlassen sind, heißen freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur
zum Gebrauche verstattet werden, als: Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und
Meeresufer, heißen ein allgemeines oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der
Staatsbedürfnisse bestimmt ist, als: das Münz- oder Post- und andere Regalien,
Kammergüter, Berg- und Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen
genannt.
Gemeindegut; Gemeindevermögen.
§. 288. Auf gleiche Weise machen die Sachen, welche
nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines jeden Mitgliedes einer Gemeinde
dienen, das Gemeindegut; diejenigen aber, deren Einkünfte zur Bestreitung der
Gemeindeauslagen bestimmt sind, das Gemeindevermögen aus.
Privat-Gut des Landesfürsten.
§. 289. Auch dasjenige Vermögen des Landesfürsten,
welches er nicht als Oberhaupt des Staates besitzt, wird als ein Privat-Gut
betrachtet.
Allgemeine Vorschrift in Rücksicht dieser
verschiedenen Arten der Güter.
§. 290. Die in diesem Privat-Rechte enthaltenen
Vorschriften über die Art, wie Sachen rechtmäßig erworben, erhalten und auf
Andere übertragen werden können, sind in der Regel auch von den Verwaltern der
Staats- und Gemeindegüter, oder des Staats- und Gemeindevermögens zu beobachten.
Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den Gebrauch dieser Güter sich
beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften sind in dem Staatsrechte
und in den politischen Verordnungen enthalten.
Eintheilung der Sachen nach dem Unterschiede ihrer
Beschaffenheit.
§. 291. Die Sachen werden nach dem Unterschiede ihrer
Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche und unkörperliche; in bewegliche und
unbewegliche; in verbrauchbare und unverbrauchbare; in schätzbare und
unschätzbare.
Körperliche und unkörperliche Sachen;
§. 292. Körperliche Sachen sind diejenigen, welche in
die Sinne fallen; sonst heißen sie unkörperliche; z. B. das Recht zu jagen, zu
fischen und alle andere Rechte.
bewegliche und unbewegliche.
§. 293. Sachen, welche ohne Verletzung ihrer Substanz
von einer Stelle zur anderen versetzt werden können, sind beweglich; im
entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich. Sachen, die an sich beweglich
sind, werden im rechtlichen Sinne für unbeweglich gehalten, wenn sie vermöge
des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers das Zugehör einer
unbeweglichen Sache ausmachen.
Zugehör überhaupt;
§. 294. Unter Zugehör versteht man dasjenige, was mit
einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt wird. Dahin gehören nicht nur
der Zuwachs einer Sache, so lange er von derselben nicht abgesondert ist;
sondern auch die Nebensachen, ohne welche die Hauptsache nicht gebraucht werden
kann, oder die das Gesetz oder der Eigenthümer zum fortdauernden Gebrauche der
Hauptsache bestimmt hat.
insbesondere bey Grundstücken und Teichen;
§. 295. Gras, Bäume, Früchte und alle brauchbare
Dinge, welche die Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt, bleiben so lange ein
unbewegliches Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden abgesondert worden
sind. Selbst die Fische in einem Teiche, und das Wild in einem Walde werden
erst dann ein bewegliches Gut, wenn der Teich gefischet, und das Wild gefangen
oder erlegt worden ist.
§. 296. Auch das Getreide, das Holz, das Viehfutter
und alle übrige, obgleich schon eingebrachte Erzeugnisse, so wie alles Vieh und
alle zu einem liegenden Gute gehörige Werkzeuge und Geräthschaften werden in so
fern für unbewegliche Sachen gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen
Wirthschaftsbetriebes erforderlich sind.
und bey Gebäuden.
§. 297. Eben so gehören zu den unbeweglichen Sachen
diejenigen, welche auf Grund und Boden in der Absicht aufgeführt werden, daß
sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und andere Gebäude mit dem in
senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume; ferner: nicht nur Alles, was
erd- mauer- niet- und nagelfest ist, als: Braupfannen, Branntweinkessel und
eingezimmerte Schränke, sondern auch diejenigen Dinge, die zum anhaltenden
Gebrauche eines Ganzen bestimmt sind: z. B. Brunneneimer, Seile, Ketten,
Löschgeräthe und dergleichen.
Maschinen.
§. 297a. Werden mit einer unbeweglichen Sache
Maschinen in Verbindung gebracht, so gelten sie nicht als Zugehör, wenn mit
Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft im öffentlichen Buch angemerkt
wird, daß die Maschinen Eigentum eines anderen sind. Werden sie als Ersatz an
Stelle solcher Maschinen angebracht, die als Zugehör anzusehen waren, so ist zu
dieser Anmerkung auch die Zustimmung der früher eingetragenen bücherlich
Berechtigten erforderlich. Die Anmerkung verliert mit Ablauf von fünf Jahren
nach der Eintragung ihre Wirkung; durch das Konkurs- oder
Zwangsversteigerungsverfahren wird der Ablauf der Frist gehemmt.
Rechte sind insgemein als bewegliche Sachen anzusehen;
§. 298. Rechte werden den beweglichen Sachen
beygezählt, wenn sie nicht mit dem Besitze einer unbeweglichen Sache verbunden,
oder durch die Landesverfassung für eine unbewegliche Sache erkläret sind.
auch die vorgemerkten Forderungen.
§. 299. Schuldforderungen werden durch die
Sicherstellung auf ein unbewegliches Gut nicht in ein unbewegliches Vermögen
verwandelt.
Kellereigentum
§. 300. An Räumen und Bauwerken, die sich unter der
Erdoberfläche der Liegenschaft eines anderen befinden und nicht der Fundierung
von über der Erdoberfläche errichteten Bauwerken dienen, wie Kellern, Tiefgaragen
und industriellen oder wirtschaftlichen Zwecken gewidmeten Stollen, kann mit
Einwilligung des Liegenschaftseigentümers gesondert Eigentum begründet werden.
Verbrauchbare und unverbrauchbare Sachen.
§. 301. Sachen, welche ohne ihre Zerstörung oder
Verzehrung den gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren, heißen verbrauchbare; die
von entgegengesetzter Beschaffenheit aber, unverbrauchbare Sachen.
Gesammtsache (universitas rerum).
§. 302. Ein Inbegriff von mehreren besonderen Sachen,
die als Eine Sache angesehen, und mit einem gemeinschaftlichen Nahmen
bezeichnet zu werden pflegen, macht eine Gesammtsache aus, und wird als ein
Ganzes betrachtet.
Schätzbare und unschätzbare;
§. 303. Schätzbare Sachen sind diejenigen, deren Werth
durch Vergleichung mit anderen zum Verkehre bestimmt werden kann; darunter
gehören auch Dienstleistungen, Hand- und Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren
Werth durch keine Vergleichung mit anderen im Verkehre befindlichen Sachen
bestimmt werden kann, heißen unschätzbare.
Maßstab der gerichtlichen Schätzung.
§. 304. Der bestimmte Werth einer Sache heißt ihr
Preis. Wenn eine Sache vom Gerichte zu schätzen ist, so muß die Schätzung nach
einer bestimmten Summe Geldes geschehen.
Ordentlicher und außerordentlicher Preis.
§. 305. Wird eine Sache nach dem Nutzen geschätzt, den
sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich und allgemein leistet, so fällt
der ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt man aber auf die besonderen
Verhältnisse und auf die in zufälligen Eigenschaften der Sache gegründete
besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth ersetzt werden muß, Rücksicht, so
entsteht ein außerordentlicher Preis.
Welcher bey gerichtlichen Schätzungen zur Richtschnur
zu nehmen.
§. 306. In allen Fällen, wo nichts Anderes entweder
bedungen, oder von dem Gesetze verordnet wird, muß bey der Schätzung einer
Sache der gemeine Preis zur Richtschnur genommen werden.
Begriffe vom dinglichen und persönlichen Sachenrechte.
§. 307. Rechte, welche einer Person über eine Sache
ohne Rücksicht auf gewisse Personen zustehen, werden dingliche Rechte genannt.
Rechte, welche zu einer Sache nur gegen gewisse Personen unmittelbar aus einem
Gesetze, oder aus einer verbindlichen Handlung entstehen, heißen persönliche
Sachenrechte.
§. 308. Dingliche Sachenrechte sind das Recht des
Besitzes, des Eigenthumes, des Pfandes, der Dienstbarkeit und des Erbrechtes.
Erste Abtheilung des Sachenrechtes.
Von den dinglichen Rechten.
Erstes Hauptstück.
Von dem Besitze.
Inhaber. Besitzer.
§. 309. Wer eine Sache in seiner Macht oder Gewahrsame
hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer Sache den Willen, sie als die
seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer.
Erwerbung des Besitzes. Fähigkeit der Person zur
Besitzerwerbung.
§. 310. Kinder unter sieben Jahren und Personen über
sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, können – außer in den
Fällen des § 151 Abs. 3 und § 280 Abs. 2 – Besitz nur durch ihren gesetzlichen
Vertreter erwerben. Im übrigen ist die Fähigkeit zum
selbständigen Besitzerwerb gegeben.
Gegenstände des Besitzes.
§. 311. Alle körperliche und unkörperliche Sachen,
welche ein Gegenstand des rechtlichen Verkehres sind, können in Besitz genommen
werden.
Arten der Besitzerwerbung;
§. 312. Körperliche, bewegliche Sachen werden durch
physische Ergreifung, Wegführung oder Verwahrung; unbewegliche aber durch
Betretung, Verrainung, Einzäunung, Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz
genommen. In den Besitz unkörperlicher Sachen oder Rechte kommt man durch den
Gebrauch derselben im eigenen Nahmen.
insbesondere von einem bejahenden, verneinenden oder
einem Verbothsrechte.
§. 313. Der Gebrauch eines Rechtes wird gemacht, wenn
jemand von einem Anderen etwas als eine Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm
leistet; ferner, wenn jemand die einem Anderen gehörige Sache mit dessen
Gestattung zu seinem Nutzen anwendet; endlich, wenn auf fremdes Verboth ein
Anderer das, was er sonst zu thun befugt wäre, unterläßt.
Unmittelbare und mittelbare Erwerbungsart des
Besitzes.
§. 314. Den Besitz sowohl von Rechten, als von
körperlichen Sachen erlangt man entweder unmittelbar, wenn man freystehender
Rechte und Sachen; oder mittelbar, wenn man eines Rechtes, oder einer Sache,
die einem Anderen gehört, habhaft wird.
Umfang der Erwerbung.
§. 315. Durch die unmittelbare und durch die
mittelbare eigenmächtige Besitzergreifung erhält man nur so viel in Besitz, als
wirklich ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet, oder in Verwahrung
gebracht worden ist; bey der mittelbaren, wenn uns der Inhaber in seinem oder
eines Anderen Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt, erhält man Alles, was
der vorige Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen übergeben hat, ohne daß
es nöthig ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu übernehmen.
Rechtmäßiger, unrechtmäßiger Besitz.
§. 316. Der Besitz einer Sache heißt rechtmäßig, wenn
er auf einem gültigen Titel, das ist, auf einem zur Erwerbung tauglichen
Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle heißt
er unrechtmäßig.
Haupttitel des rechtmäßigen Besitzes.
§. 317. Der Titel liegt bey freystehenden Sachen in
der angebornen Freyheit zu Handlungen, wodurch die Rechte Anderer nicht
verletzet werden; bey Anderen in dem Willen des vorigen Besitzers, oder in dem
Ausspruche des Richters, oder endlich in dem Gesetze, wodurch jemanden das
Recht zum Besitze ertheilet wird.
Der Inhaber hat noch keinen Titel;
§. 318. Dem Inhaber, der eine Sache nicht in seinem,
sondern im Nahmen eines Anderen inne hat, kommt noch kein Rechtsgrund zur
Besitznahme dieser Sache zu.
und kann ihn nicht eigenmächtig erlangen.
§. 319. Der Inhaber einer Sache ist nicht berechtiget,
den Grund seiner Gewahrsame eigenmächtig zu verwechseln, und sich dadurch eines
Titels anzumaßen; wohl aber kann derjenige, welcher bisher eine Sache in
eigenem Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht einem Anderen überlassen, und
sie künftig in dessen Nahmen inne haben.
Wirkung des bloßen Titels.
§. 320. Durch einen gültigen Titel erhält man nur das
Recht zum Besitze einer Sache, nicht den Besitz selbst. Wer nur das Recht zum
Besitze hat, darf sich im Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz
setzen; er muß ihn von dem ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im
Wege Rechtens fordern.
Erforderung zum wirklichen Besitzrechte.
§. 321. Wo so genannte Landtafeln, Stadt- oder
Grundbücher, oder andere dergleichen öffentliche Register eingeführt sind, wird
der rechtmäßige Besitz eines dinglichen Rechtes auf unbewegliche Sachen nur
durch die ordentliche Eintragung in diese öffentlichen Bücher erlangt.
§. 322. Ist eine bewegliche Sache nach und nach
mehreren Personen übergeben worden; so gebühret das Besitzrecht derjenigen,
welche sie in ihrer Macht hat. Ist aber die Sache unbeweglich, und sind
öffentliche Bücher eingeführt; so steht das Besitzrecht ausschließlich
demjenigen zu, welcher als Besitzer derselben eingeschrieben ist.
Der Besitzer kann zur Angabe des Rechtsgrundes nicht
aufgefordert werden.
§. 323. Der Besitzer einer Sache hat die rechtliche
Vermuthung eines gültigen Titels für sich; er kann also zur Angabe desselben
nicht aufgefordert werden.
§. 324. Diese Aufforderung findet auch dann noch nicht
Statt, wenn jemand behauptet, daß der Besitz seines Gegners mit anderen
rechtlichen Vermuthungen, z. B. mit der Freyheit des Eigenthumes, sich nicht
vereinbaren lasse. In solchen Fällen muß der behauptende Gegner vor dem
ordentlichen Richter klagen, und sein vermeintliches stärkeres Recht darthun.
Im Zweifel gebührt dem Besitzer der Vorzug.
Ausnahme.
§. 325. In wie fern der Besitzer einer Sache, deren
Verkehr verbothen; oder die entwendet zu seyn scheint, den Titel seines
Besitzes anzuzeigen verbunden sey, darüber entscheiden die Straf- und
politischen Gesetze.
Redlicher und unredlicher Besitzer.
§. 326. Wer aus wahrscheinlichen Gründen die Sache,
die er besitzt, für die seinige hält, ist ein redlicher Besitzer. Ein
unredlicher Besitzer, ist derjenige, welcher weiß oder aus den Umständen
vermuthen muß, daß die in seinem Besitze befindliche Sache einem Anderen
zugehöre. Aus Irrthum in Thatsachen oder aus Unwissenheit der gesetzlichen
Vorschriften kann man ein unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein redlicher
Besitzer seyn.
Wie ein Mitbesitzer zum unredlichen oder
unrechtmäßigen Besitzer werde.
§. 327. Besitzt eine Person die Sache selbst, eine
andere aber das Recht auf alle oder auf einige Nutzungen dieser Sache; so kann
eine und dieselbe Person, wenn sie die Gränzen ihres Rechtes überschreitet, in
verschiedenen Rücksichten ein redlicher und unredlicher, ein rechtmäßiger und
unrechtmäßiger Besitzer seyn.
Entscheidung über die Redlichkeit des Besitzes.
§. 328. Die Redlichkeit oder Unredlichkeit des
Besitzes muß im Falle eines Rechtsstreites durch richterlichen Ausspruch
entschieden werden. Im Zweifel ist die Vermuthung für die Redlichkeit des
Besitzes.
Fortdauer des Besitzes. Rechte des redlichen Besitzes;
a) in Rücksicht der Substanz der Sache;
§. 329. Ein redlicher Besitzer kann schon allein aus
dem Grunde des redlichen Besitzes die Sache, die er besitzt, ohne Verantwortung
nach Belieben brauchen, verbrauchen, auch wohl vertilgen.
b) der Nutzungen;
§. 330. Dem redlichen Besitzer gehören alle aus der
Sache entspringende Früchte, so bald sie von der Sache abgesondert worden sind;
ihm gehören auch alle andere schon eingehobene Nutzungen, in so fern sie während
des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen sind.
c) des Aufwandes.
§. 331. Hat der redliche Besitzer an die Sache
entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz einen nothwendigen, oder, zur
Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen nützlichen Aufwand gemacht; so
gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen Werthe, in so fern er den
wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt.
§. 332. Von dem Aufwande, welcher nur zum Vergnügen
und zur Verschönerung gemacht worden ist, wird nur so viel ersetzt, als die
Sache dem gemeinen Werthe nach wirklich dadurch gewonnen hat; doch hat der
vorige Besitzer die Wahl, Alles für sich wegzunehmen, was davon ohne Schaden
der Substanz weggenommen werden kann.
Anspruch auf den Ersatz des Preises.
§. 333. Selbst der redliche Besitzer kann den Preis,
welchen er seinem Vormanne für die ihm überlassene Sache gegeben hat, nicht
fordern. Wer aber eine fremde Sache, die der Eigenthümer sonst schwerlich
wieder erlangt haben würde, redlicher Weise an sich gelöset, und dadurch dem
Eigenthümer einen erweislichen Nutzen verschaffet hat, kann eine angemessene
Vergütung fordern.
§. 334. Ob einem redlichen Inhaber das Recht zustehe,
seiner Forderung wegen die Sache zurück zu behalten, wird in dem Hauptstücke
vom Pfandrechte bestimmt.
Verbindlichkeit des unredlichen Besitzers.
§. 335. Der unredliche Besitzer ist verbunden, nicht
nur alle durch den Besitz einer fremden Sache erlangte Vortheile zurück zu
stellen; sondern auch diejenigen, welche der Verkürzte erlangt haben würde, und
allen durch seinen Besitz entstandenen Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß
der unredliche Besitzer durch eine in den Strafgesetzen verbothene Handlung zum
Besitze gelanget ist, erstrecket sich der Ersatz bis
zum Werthe der besonderen Vorliebe.
§. 336. Hat der unredliche Besitzer einen Aufwand auf
die Sache gemacht, so ist dasjenige anzuwenden, was in Rücksicht des von einem
Geschäftsführer ohne Auftrag gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der
Bevollmächtigung verordnet ist.
Beurtheilung der Redlichkeit des Besitzes einer
Gemeinde.
§. 337. Der Besitz einer Gemeinde wird nach der
Redlichkeit oder Unredlichkeit der im Nahmen der Mitglieder handelnden
Machthaber beurtheilet. Immer müssen jedoch die unredlichen sowohl den
redlichen Mitgliedern, als dem Eigenthümer den Schaden ersetzen.
In wie fern durch die Klage der Besitz unredlich
werde.
§. 338. Auch der redliche Besitzer, wenn er durch
richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der Sache verurtheilet wird, ist in
Rücksicht des Ersatzes der Nutzungen und des Schadens, wie auch in Rücksicht
des Aufwandes, von dem Zeitpuncte der ihm zugestellten Klage, gleich einem
unredlichen Besitzer zu behandeln; doch haftet er für den Zufall, der die Sache
bey dem Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur in dem Falle, daß er die
Zurückgabe durch einen muthwilligen Rechtsstreit verzögert hat.
Rechtsmittel des Besitzers bey einer Störung seines
Besitzes;
§. 339. Der Besitz mag von was immer für einer Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben
eigenmächtig zu stören. Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des
Eingriffes, und den Ersatz des erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.
besonders durch eine Bauführung;
§. 340. Wird der Besitzer einer unbeweglichen Sache
oder eines dinglichen Rechtes durch Führung eines neuen Gebäudes, Wasserwerkes,
oder anderen Werkes in seinen Rechten gefährdet, ohne daß sich der Bauführer
nach Vorschrift der allgemeinen Gerichtsordnung gegen ihn geschützt hat; so ist
der Gefährdete berechtiget, das Verboth einer solchen Neuerung vor Gericht zu
fordern, und das Gericht ist verbunden, die Sache auf das schleunigste zu
entscheiden.
§. 341. Bis zur Entscheidung der Sache ist die
Fortsetzung des Baues von dem Gerichte in der Regel nicht zu gestatten. Nur bey
einer nahen, offenbaren Gefahr, oder, wenn der Bauführer eine angemessene
Sicherheit leistet, daß er die Sache in den vorigen Stand setzen, und den
Schaden vergüten wolle, der Verbothsleger dagegen in dem letzteren Falle keine
ähnliche Sicherstellung für die Folgen seines Verboths leistet, ist die
einstweilige Fortsetzung des Baues zu bewilligen.
§. 342. Was in den vorhergehenden §§. in Rücksicht
einer neuen Bauführung verordnet wird, ist auch auf die Niederreißung eines
alten Gebäudes, oder anderen Werkes anzuwenden.
und bey der Gefahr eines vorhandenen Baues.
§. 343. Kann der Besitzer eines dinglichen Rechtes
beweisen, daß ein bereits vorhandener fremder Bau oder eine andere fremde Sache
dem Einsturze nahe sey, und ihm offenbarer Schaden drohe; so ist er befugt,
gerichtlich auf Sicherstellung zu dringen, wenn anders die politische Behörde
nicht bereits hinlänglich für die öffentliche Sicherheit gesorgt hat.
Rechtsmittel zur Erhaltung des Besitzstandes: a) bey
dringender Gefahr;
§. 344. Zu den Rechten des Besitzes gehört auch das
Recht, sich in seinem Besitze zu schützen, und in dem Falle, daß die
richterliche Hülfe zu spät kommen würde, Gewalt mit angemessener Gewalt
abzutreiben (§. 19). Uebrigens hat die politische Behörde für die Erhaltung der
öffentlichen Ruhe, so wie das Strafgericht für die Bestrafung öffentlicher
Gewaltthätigkeiten, zu sorgen.
b) gegen den unechten Besitzer;
§. 345. Wenn sich jemand in den Besitz eindringt, oder
durch List oder Bitte heimlich einschleicht, und das, was man ihm aus
Gefälligkeit, ohne sich einer fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen
gestattet, in ein fortwährendes Recht zu verwandeln sucht; so wird der an sich
unrechtmäßige und unredliche Besitz noch überdieß unecht; in entgegengesetzten
Fällen wird der Besitz für echt angesehen.
§. 346. Gegen jeden unechten Besitzer kann so wohl die
Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch die Schadloshaltung eingeklagt
werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher Verhandlung, selbst ohne
Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der Geklagte auf die Sache haben
könnte, verordnen.
c) beym Zweifel über die Echtheit des Besitzes.
§. 347. Zeigt es sich nicht gleich auf der Stelle, wer
sich in einem echten Besitze befinde, und in wie fern der eine oder der andere
Theil auf gerichtliche Unterstützung Anspruch habe; so wird die im Streite
verfangene Sache so lange der Gewahrsame des Gerichtes oder eines Dritten
anvertraut, bis der Streit über den Besitz verhandelt und entschieden worden
ist. Der Sachfällige kann auch nach dieser Entscheidung die Klage aus einem
vermeintlich stärkeren Rechte auf die Sache noch anhängig machen.
Verwahrungsmittel des Inhabers gegen mehrere
zusammentreffende Besitzwerber.
§. 348. Wenn der bloße Inhaber von mehreren
Besitzwerbern zugleich um die Uebergabe der Sache angegangen wird, und sich
Einer darunter befindet, in dessen Nahmen die Sache aufbewahrt wurde; so wird
sie vorzüglich diesem übergeben, und die Uebergabe den Uebrigen bekannt
gemacht. Kommt dieser Umstand Keinem zu Statten, so wird die Sache der
Gewahrsame des Richters oder eines Dritten anvertraut. Der Richter hat die
Rechtsgründe der Besitzwerber zu prüfen, und darüber zu entscheiden.
Erlöschung des Besitzes: a) körperlicher Sachen;
§. 349. Der Besitz einer körperlichen Sache geht
insgemein verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung, wieder gefunden zu werden, in
Verlust geräth; wenn sie freywillig verlassen wird; oder in fremden Besitz
kommt.
b) der in die öffentlichen Bücher eingetragenen
Rechte;
§. 350. Der Besitz derjenigen Rechte und unbeweglichen
Sachen, welche einen Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmachen, erlischt,
wenn sie aus den landtäflichen, Stadt- oder Grundbüchern gelöscht; oder, wenn
sie auf den Nahmen eines Anderen eingetragen werden.
c) anderer Rechte.
§. 351. Bey anderen Rechten hört der Besitz auf, wenn
der Gegentheil das, was er sonst geleistet hat, nicht mehr leisten zu wollen
erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes eines Anderen nicht mehr duldet;
oder, wenn er das Verboth, etwas zu unterlassen, nicht mehr achtet, der
Besitzer aber in allen diesen Fällen es dabey bewenden läßt, und die Erhaltung
des Besitzes nicht einklagt. Durch den bloßen Nichtgebrauch eines Rechtes geht
der Besitz, außer den im Gesetze bestimmten Verjährungsfällen, nicht verloren.
§. 352. So lange noch Hoffnung vorhanden ist, eine
verlorne Sache zu erhalten, kann man sich durch den bloßen Willen in ihrem
Besitze erhalten. Die Abwesenheit des Besitzers oder die eintretende
Unfähigkeit, einen Besitz zu erwerben, heben den bereits erworbenen Besitz
nicht auf.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eigenthumsrechte.
Begriff des Eigenthumes; Eigenthum im objectiven
Sinne;
§. 353. Alles, was jemanden zugehöret,
alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein Eigenthum.
im subjectiven.
§. 354. Als ein Recht betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen einer Sache
nach Willkühr zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.
objective und subjective Möglichkeit der Erwerbung des
Eigenthumes.
§. 355. Alle Sachen sind insgemein Gegenstände des
Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die Gesetze nicht ausdrücklich
ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst oder durch einen Anderen
in seinem Nahmen zu erwerben.
§. 356. Wer also behauptet, daß der Person, die etwas
erwerben will, in Rücksicht ihrer persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf
die Sache, die erworben werden soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe,
dem liegt der Beweis ob.
§. 357. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 1, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 358. Alle Arten der Beschränkungen durch das Gesetz
oder durch den Willen des Eigenthümers heben die Vollständigkeit des
Eigenthumes nicht auf.
§. 359. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 3, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 360. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 3, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
Miteigenthum.
§. 361. Wenn eine noch ungetheilte Sache mehreren
Personen zugleich zugehört; so entsteht ein gemeinschaftliches Eigenthum. In
Beziehung auf das Ganze werden die Miteigenthümer für eine einzige Person
angesehen; in so weit ihnen aber gewisse, obgleich unabgesonderte Theile
angewiesen sind, hat jeder Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm
gehörigen Theiles.
Rechte des Eigenthümers.
§. 362. Kraft des Rechtes, frey über sein Eigenthum zu
verfügen, kann der vollständige Eigenthümer in der Regel seine Sache nach
Willkühr benützen oder unbenützt lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum
Theile auf Andere übertragen, oder unbedingt sich derselben begeben, das ist,
sie verlassen.
Beschränkungen derselben.
§. 363. Eben diese Rechte genießen auch
unvollständige, sowohl Ober- als Nutzungseigenthümer; nur darf der Eine nichts
vornehmen, was mit dem Rechte des Anderen im Widerspruche steht.
§. 364. Ueberhaupt findet die Ausübung des
Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder in die Rechte eines
Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen zur Erhaltung und
Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen Einschränkungen übertreten
werden. Im Besonderen haben die Eigentümer benachbarter Grundstücke bei der
Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu nehmen.
Der Eigentümer eines Grundstückes kann dem Nachbarn
die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch Abwässer, Rauch, Gase,
Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und ähnliche insoweit untersagen, als
sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die
ortsübliche Benutzung des Grundstückes wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare
Zuleitung ist ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
Ebenso kann der Grundstückseigentümer einem Nachbarn
die von dessen Bäumen oder anderen Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den
Entzug von Licht oder Luft insoweit untersagen, als diese das Maß des Abs. 2
überschreiten und zu einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des
Grundstücks führen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über den Schutz
von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-,
Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
§. 364a. Wird jedoch die Beeinträchtigung durch eine
Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte Anlage auf dem nachbarlichen
Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise verursacht, so ist der
Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten Schadens gerichtlich zu
verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände verursacht wird, auf die bei
der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht genommen wurde.
§. 364b. Ein Grundstück darf nicht in der Weise
vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des Nachbars die erforderliche
Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des Grundstückes für eine
genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.
§. 364c. Ein vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder
Belastungsverbot hinsichtlich einer Sache oder eines dinglichen Rechtes
verpflichtet nur den ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstigen
Rechtsnachfolger. Gegen Dritte wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten,
eingetragenen Partnern, Eltern und Kindern, Wahl- oder Pflegekindern oder deren
Ehegatten oder eingetragenen Partnern begründet und im öffentlichen Buche
eingetragen wurde.
§. 365. Wenn es das allgemeine Beste erheischt, muß
ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene Schadloshaltung selbst das
vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.
Klagen aus dem Eigenthumsrechte:
a) Eigentliche Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie
gebühre?
§. 366. Mit dem Rechte des Eigenthümers jeden Anderen
von dem Besitze seiner Sache auszuschließen, ist auch das Recht verbunden,
seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch die Eigenthumsklage
gerichtlich zu fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen nicht zu, welcher
eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war,
in seinem eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben
erlangt hat.
Gutgläubiger Erwerb
§. 367. Die Eigentumsklage gegen den rechtmäßigen und
redlichen Besitzer einer beweglichen Sache ist abzuweisen, wenn er beweist,
dass er die Sache gegen Entgelt in einer öffentlichen Versteigerung, von einem
Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens oder von jemandem
erworben hat, dem sie der vorige Eigentümer anvertraut hatte. In diesen Fällen
erwirbt der rechtmäßige und redliche Besitzer das Eigentum. Der Anspruch des
vorigen Eigentümers auf Schadenersatz gegen seinen Vertrauensmann oder gegen
andere Personen bleibt unberührt.
Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so
erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums durch den rechtmäßigen und
redlichen Besitzer, es sei denn, dass dieser in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist.
§. 368. Der Besitzer ist redlich, wenn er weder weiß
noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem Veräußerer gehört. Beim Erwerb von
einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb seines Unternehmens genügt der gute
Glaube an die Befugnis des Veräußerers, über die Sache zu verfügen.
Beweist der Eigentümer, dass der Besitzer aus der
Natur der Sache, aus ihrem auffällig geringen Preis, aus den ihm bekannten
persönlichen Eigenschaften seines Vormanns, aus dessen Unternehmen oder aus
anderen Umständen einen gegründeten Verdacht hätte schöpfen müssen, so hat der
Besitzer die Sache dem Eigentümer zu überlassen.
Was dem Kläger zu beweisen obliege?
§. 369. Wer die Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis
führen, daß der Geklagte die eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß
diese Sache sein Eigenthum sey.
§. 370. Wer eine bewegliche Sache gerichtlich
zurückfordert, muß sie durch Merkmahle beschreiben, wodurch sie von allen
ähnlichen Sachen gleicher Gattung ausgezeichnet wird.
§. 371. Sachen, die sich auf diese Art nicht
unterscheiden lassen, wie bares Geld mit anderem baren Gelde vermenget, oder
auf den Ueberbringer lautende Schuldbriefe, sind also in der Regel kein
Gegenstand der Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände eintreten, aus denen
der Kläger sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus denen der Geklagte
wissen mußte, daß er die Sache sich zuzuwenden nicht berechtiget sey.
b) Eigenthumsklage aus dem rechtlich vermutheten
Eigenthume des Klägers.
Gegen welche Besitzer diese Vermuthung eintrete?
§. 372. Wenn der Kläger mit dem Beweise des erworbenen
Eigenthumes einer ihm vorenthaltenen Sache zwar nicht ausreicht, aber den
gültigen Titel, und die echte Art, wodurch er zu ihrem Besitze gelangt ist,
dargethan hat; so wird er doch in Rücksicht eines jeden Besitzers, der keinen,
oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes anzugeben vermag, für den
wahren Eigenthümer gehalten.
§. 373. Wenn also der Geklagte die Sache auf eine
unredliche oder unrechtmäßige Weise besitzt; wenn er keinen oder nur einen
verdächtigen Vormann anzugeben vermag; oder, wenn er die Sache ohne Entgeld,
der Kläger aber gegen Entgeld erhalten hat; so muß er dem Kläger weichen.
§. 374. Haben der Geklagte und der Kläger einen
gleichen Titel ihres echten Besitzes, so gebühret dem
Geklagten kraft des Besitzes der Vorzug.
§. 375. Wer eine Sache in fremdem Nahmen besitzt, kann
sich gegen die Eigenthumsklage dadurch schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft
macht, und sich darüber ausweiset.
Gesetzliche Folge: a) der Abläugnung des Besitzes;
§. 376. Wer den Besitz einer Sache vor Gericht
läugnet, und dessen überwiesen wird, muß dem Kläger deßwegen allein schon den
Besitz abtreten; doch behält er das Recht, in der Folge seine Eigenthumsklage
anzustellen.
b) des vorgegebenen Besitzes;
§. 377. Wer eine Sache, die er nicht besitzt, zu
besitzen vorgibt, und den Kläger dadurch irre führt,
haftet für allen daraus entstehenden Schaden.
c) des aufgegebenen Besitzes der streitigen Sache.
§. 378. Wer eine Sache im Besitze hatte, und nach
zugestellter Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger, wenn dieser sich nicht an
den wirklichen Inhaber halten will, auf seine Kosten zurück verschaffen, oder
den außerordentlichen Werth derselben ersetzen.
Was der Besitzer dem Eigenthümer erstatte.
§. 379. Was sowohl der redliche als unredliche
Besitzer dem Eigenthümer in Ansehung des entgangenen Nutzens, oder des
erlittenen Schadens zu ersetzen habe, ist in dem vorigen Hauptstücke bestimmt
worden.
Drittes Hauptstück.
Von der Erwerbung des Eigenthumes durch Zueignung.
Rechtliche Erfordernisse der Erwerbung.
§. 380. Ohne Titel und ohne rechtliche Erwerbungsart
kann kein Eigenthum erlangt werden.
Titel und Art der unmittelbaren Erwerbung:
Die Zueignung.
§. 381. Bey freystehenden Sachen besteht der Titel in
der angebornen Freyheit, sie in Besitz zu nehmen. Die Erwerbungsart ist die
Zueignung, wodurch man sich einer freystehenden Sache bemächtiget,
in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.
§. 382. Freystehende Sachen können von allen
Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden, in so fern dieses
Befugniß nicht durch politische Gesetze eigeschränkt ist, oder einigen
Mitgliedern das Vorrecht der Zueignung zusteht.
1) durch den Thierfang.
§. 383. Dieses gilt insbesondere von dem Thierfange.
Wem das Recht zu jagen oder zu fischen gebühre; wie der übermäßige Anwachs des
Wildes gehemmet, und der vom Wilde verursachte Schade ersetzet werde; wie der
Honigraub, der durch fremde Bienen geschieht, zu verhindern sey; ist in den
politischen Gesetzen festgesetzt. Wie Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den
Strafgesetzen bestimmt.
§. 384. Häusliche Bienenschwärme und andere zahme oder
zahm gemachte Thiere sind kein Gegenstand des freyen Thierfanges, vielmehr hat
der Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem Grunde zu verfolgen; doch soll er
dem Grundbesitzer den ihm etwa verursachten Schaden ersetzen. Im Falle, daß der
Eigenthümer des Mutterstockes den Schwarm durch zwey Tage nicht verfolgt hat;
oder, daß ein zahm gemachtes Thier durch zwey und vierzig Tage von selbst
ausgeblieben ist, kann sie auf gemeinem Grunde jedermann; auf dem seinigen der
Grundeigenthümer für sich nehmen, und behalten.
2) durch das Finden freystehender Sachen.
§. 385. Keine Privat-Person ist berechtiget, die dem
Staate durch die politischen Verordnungen vorbehaltenen Erzeugnisse sich
zuzueignen.
§. 386. Bewegliche Sachen, welche der Eigenthümer
nicht mehr als die seinigen behalten will, und daher verläßt, kann sich jedes
Mitglied des Staates eigen machen. Im Zweifel ist nicht zu vermuten, dass
jemand sein Eigentum aufgeben wolle; daher darf kein Finder eine gefundene
Sache für verlassen ansehen und sich diese zueignen.
§. 387. In wie fern Grundstücke wegen gänzlicher
Unterlassung ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der unterlassenen Herstellung
für verlassen anzusehen, oder einzuziehen seyn, bestimmen die politischen
Gesetze.
Vorschriften über das Finden
a) verlorener und vergessener Sachen
§. 388. Verloren sind bewegliche, in niemandes
Gewahrsame stehende Sachen, die ohne den Willen des Inhabers aus seiner Gewalt
gekommen sind.
Vergessen sind bewegliche Sachen, die ohne den Willen
des Inhabers an einem fremden, unter der Aufsicht eines anderen stehenden Ort
zurückgelassen worden und dadurch in fremde Gewahrsame gekommen sind.
§. 389. Finder ist, wer eine verlorene oder vergessene
Sache entdeckt und an sich nimmt.
Verlustträger sind der Eigentümer und andere zur
Innehabung der verlorenen oder vergessenen Sache berechtigte Personen.
§. 390. Der Finder hat den Fund unverzüglich der
zuständigen Fundbehörde (§ 14 Abs. 5 SPG) unter Abgabe der gefundenen Sache
anzuzeigen und über alle für die Ausforschung eines Verlustträgers maßgeblichen
Umstände Auskunft zu geben.
§. 391. Die Pflichten nach § 390 bestehen nicht, wenn
1. der Finder die gefundene Sache einem Verlustträger
vor der Anzeigeerstattung ausfolgt oder
2. der gemeine Wert der gefundenen Sache 10 Euro nicht
übersteigt, es sei denn erkennbar, dass die Wiedererlangung der Sache für einen
Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist.
§. 392. Der Finder hat gegen den, dem der
Fundgegenstand ausgefolgt wird, Anspruch auf Finderlohn und auf Ersatz des
notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwandes.
§. 393. Der Finderlohn beträgt bei verlorenen Sachen
10 vH, bei vergessenen Sachen 5 vH des gemeinen Wertes. Übersteigt der gemeine
Wert 2 000 Euro, so beträgt der Finderlohn in Rücksicht des Übermaßes die
Hälfte dieser Hundertersätze.
Bei unschätzbaren Sachen und solchen, deren
Wiedererlangung für den Verlustträger von erheblicher Bedeutung ist, ist der
Finderlohn nach billigem Ermessen festzulegen; hierbei ist auf die Grundsätze
des Abs. 1, auf die dem Finder entstandene Mühe und auf den dem Verlustträger durch
die Wiedererlangung der gefundenen Sache verschafften Vorteil Bedacht zu
nehmen.
§. 394. Ein Anspruch auf Finderlohn besteht nicht,
wenn
1. die Sache von einer Person im Rahmen ihrer privat-
oder öffentlich-rechtlichen, die Rettung der Sache umfassenden Pflicht gefunden
worden ist oder
2. der Finder die in den §§ 390 und 391 enthaltenen
Anordnungen schuldhaft verletzt hat oder
3. die vergessene Sache auch sonst ohne deren
Gefährdung wiedererlangt worden wäre.
§. 395. Wird die Sache innerhalb eines Jahres von
keinem Verlustträger angesprochen, so erwirbt der Finder das Eigentum an der in
seiner Gewahrsame befindlichen Sache mit Ablauf der Frist, an der abgegebenen
Sache mit ihrer Ausfolgung an ihn. Die Frist beginnt im Fall des § 391 Z 2 mit
dem Zeitpunkt des Findens, sonst mit der Erstattung der Anzeige (§ 390).
§. 396. Wer eine verlorene oder vergessene Sache
entdeckt, sie aber nicht an sich nehmen kann, hat Anspruch auf die Hälfte des
im § 393 bestimmten Finderlohnes, wenn er die Entdeckung einer im § 390
bezeichneten Stelle anzeigt und der Verlustträger die Sache dadurch
wiedererlangt, es sei denn, dass dieser die Sache auch sonst ohne deren
Gefährdung wiedererlangt hätte. § 394 Z 1 ist anzuwenden.
b) verborgener Gegenstände
§. 397. Werden vergrabene, eingemauerte oder sonst
verborgene Sachen eines unbekannten Eigentümers entdeckt, so gilt sinngemäß
das, was für die verlorenen Sachen bestimmt ist.
Der Finderlohn ist auch dann nicht zu entrichten, wenn
die Sache auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre.
e) eines Schatzes;
§. 398. Bestehen die entdeckten Sachen in Geld,
Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen gelegen haben,
daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann, dann heißen sie ein
Schatz. Die Entdeckung eines Schatzes ist von der Obrigkeit der Landesstelle
anzuzeigen.
§. 399. Von einem Schatz erhalten der Finder und der
Eigentümer des Grundes je die Hälfte.
§. 400. Wer sich dabey einer unerlaubten Handlung
schuldig gemacht; wer ohne Wissen und Willen des Nutzungseigenthümers den
Schatz aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat; dessen Antheil soll dem
Angeber; oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem Staate zufallen.
§. 401. Finden Arbeitsleute zufälliger Weise einen
Schatz, so gebührt ihnen als Findern ein Drittheil davon. Sind sie aber von dem
Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung eines Schatzes gedungen worden, so
müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne begnügen.
3) Von der Beute.
§. 402. Ueber das Recht der Beute und der von dem Feinde
zurück erbeuteten Sachen sind die Vorschriften in den Kriegsgesetzen enthalten.
Von dem Rechte aus der Rettung einer fremden
beweglichen Sache.
§. 403. Wer eine fremde bewegliche Sache von dem
unvermeidlichen Verluste oder Untergange rettet, ist berechtiget, von dem
rückfordernden Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und eine
verhältnißmäßige Belohnung von höchstens Zehen von Hundert zu fordern.
Viertes Hauptstück.
Von Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs.
Zuwachs.
§. 404. Zuwachs heißt Alles, was aus einer Sache
entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne daß es dem Eigenthümer von jemand
Anderen übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch Natur, durch Kunst, oder
durch beyde zugleich bewirkt.
I. Natürlicher Zuwachs:
a) an Natur-Producten;
b) Werfen der Thiere;
§. 405. Die natürlichen Früchte eines Grundes,
nähmlich solche Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu werden, hervor bringt,
als: Kräuter, Schwämme und dergleichen, wachsen dem Eigenthümer des Grundes, so
wie alle Nutzungen, welche aus einem Thiere entstehen, dem Eigenthümer des
Thieres zu.
§. 406. Der Eigenthümer eines Thieres, welches durch
das Thier eines andern befruchtet wird, ist diesem keinen Lohn schuldig, wenn
er nicht bedungen worden ist.
c) Inseln;
§. 407. Wenn in der Mitte eines Gewässers eine Insel
entsteht, so sind die Eigenthümer der nach der Länge derselben an beyden Ufern
liegenden Grundstücke ausschließend befugt, die entstandene Insel in zwey
gleichen Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der Länge ihrer Grundstücke
unter sich zu theilen. Entsteht die Insel auf der einen Hälfte des Gewässers,
so hat der Eigenthümer des näheren Uferlandes allein darauf Anspruch. Inseln
auf schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.
§. 408. Werden bloß durch die Austrocknung des
Gewässers, oder durch desselben Theilung in mehrere Arme, Inseln gebildet, oder
Grundstücke überschwemmt; so bleiben die Rechte des vorigen Eigenthumes
unverletzt.
d) vom verlassenen Wasserbeete;
§. 409. Wenn ein Gewässer sein Beet verläßt, so haben
vor Allem die Grundbesitzer, welche durch den neuen Lauf des Gewässers Schaden
leiden, das Recht, aus dem verlassenen Beete oder dessen Werthe entschädigt zu
werden.
§. 410. Außer dem Falle einer solchen Entschädigung
gehört das verlassene Beet, so wie von einer entstandenen Insel verordnet wird,
den angränzenden Uferbesitzern.
e) vom Anspühlen;
§. 411. Das Erdreich, welches ein Gewässer unmerklich
an ein Ufer anspühlt, gehört dem Eigenthümer des Ufers.
f) vom abgerissenen Lande.
§. 412. Wird aber ein merklicher Erdtheil durch die
Gewalt des Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so verliert der vorige Besitzer
sein Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn er es in einer Jahresfrist
nicht ausübt.
§. 413. Jeder Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer
gegen das Ausreißen des Flusses zu befestigen. Allein niemand darf solche Werke
oder Pflanzungen anlegen, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder
die der Schiffahrt, den Mühlen, der Fischerey oder andern fremden Rechten
nachtheilig werden könnten. Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit
Erlaubniß der politischen Behörde gemacht werden.
II. Künstlicher Zuwachs durch Verarbeitung oder
Vereinigung überhaupt;
§. 414. Wer fremde Sachen verarbeitet; wer sie mit den
seinigen vereinigt, vermengt, oder vermischt, erhält dadurch noch keinen
Anspruch auf das fremde Eigenthum.
§. 415. Können dergleichen verarbeitete Sachen in
ihren vorigen Stand zurückgebracht; vereinigte, vermengte oder vermischte
Sachen wieder abgesondert werden; so wird einem jeden Eigenthümer das Seinige
zurückgestellet, und demjenigen Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist
die Zurücksetzung in den vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so
wird die Sache den Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache
der Andere durch Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob
er den ganzen Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem
Andern ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende
Theilnehmer wird nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht
behandelt. Kann aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so
bleibt dem, dessen Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.
§. 416. Werden fremde Materialien nur zur Ausbesserung
einer Sache verwendet, so fällt die fremde Materie dem Eigenthümer der
Hauptsache zu, und dieser ist verbunden, nach Beschaffenheit seines redlichen
oder unredlichen Verfahrens, dem vorigen Eigenthümer der verbrauchten
Materialien den Werth derselben zu bezahlen.
insbesondere bey einem Baue.
§. 417. Wenn jemand auf eigenem Boden ein Gebäude
aufführet, und fremde Materialien dazu verwendet hat, so bleibt das Gebäude
zwar sein Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher Bauführer dem Beschädigten
die Materialien, wenn er sie außer den im §. 367. angeführten Verhältnissen an
sich gebracht hat, nach dem gemeinen; ein unredlicher aber muß sie nach dem
höchsten Preise, und überdieß noch allen anderweitigen Schaden ersetzen.
§. 418. Hat im entgegen gesetzten Falle jemand mit
eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des Eigenthümers auf fremdem Grunde
gebaut, so fällt das Gebäude dem Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer
kann den Ersatz der nothwendigen und nützlichen Kosten fordern; der unredliche
wird gleich einem Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer
des Grundes die Bauführung gewußt, und sie nicht sogleich dem redlichen
Bauführer untersagt, so kann er nur den gemeinen Werth für den Grund fordern.
§. 419. Ist das Gebäude auf fremden
Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in diesem Falle
das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem Grundeigenthümer
und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie in
dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer muß dem vorigen Eigenthümer
der Materialien, nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht,
den gemeinen oder den höchsten Werth ersetzen.
III. Vermischter Zuwachs.
§. 420. Was bisher wegen der mit fremden Materialien
aufgeführten Gebäude bestimmt worden ist, gilt auch für die Fälle, wenn ein
Feld mit fremden Samen besäet, oder mit fremde
Pflanzen besetzt worden ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer des
Grundes, wenn anders die Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.
§. 421. Das Eigenthum eines Baumes wird nicht nach den
Wurzeln, die sich in einem angränzenden Grunde verbreiten, sondern nach dem
Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt. Steht der Baum auf den Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum
gemein.
§. 422. Jeder Eigentümer kann die in seinen Grund
eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes oder einer anderen fremden Pflanze
aus seinem Boden entfernen und die über seinem Luftraum hängenden Äste
abschneiden oder sonst benützen. Dabei hat er aber fachgerecht vorzugehen und
die Pflanze möglichst zu schonen. Bundes- und landesgesetzliche Regelungen über
den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen, insbesondere über den
Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz, bleiben unberührt.
Die für die Entfernung der Wurzeln oder das
Abschneiden der Äste notwendigen Kosten hat der beeinträchtigte Grundeigentümer
zu tragen. Sofern diesem aber durch die Wurzeln oder Äste ein Schaden
entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer des Baumes oder der
Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.
Fünftes Hauptstück.
Von Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe.
Mittelbare Erwerbung.
§. 423. Sachen, die schon einen Eigenthümer haben,
werden mittelbar erworben, indem sie auf eine rechtliche Art von dem
Eigenthümer auf einen Andern übergehen.
Titel derselben.
§. 424. Der Titel der mittelbaren Erwerbung liegt in
einem Vertrage; in einer Verfügung auf den Todesfall; in dem richterlichen
Ausspruche; oder, in der Anordnung des Gesetzes.
Mittelbare Erwerbungsart.
§. 425. Der bloße Titel gibt noch kein Eigenthum. Das
Eigenthum und alle dingliche Rechte überhaupt können, außer den in dem Gesetze
bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche Uebergabe und Uebernahme erworben
werden.
Arten der Uebergabe:
1) bey beweglichen Sachen:
a) körperliche Uebergabe;
§. 426. Bewegliche Sachen können in der Regel nur
durch körperliche Uebergabe von Hand zu Hand an einen Andern übertragen werden.
b) Uebergabe durch Zeichen;
§. 427. Bey solchen beweglichen Sachen aber, welche
ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche Uebergabe zulassen, wie bey
Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem Waarenlager oder einer andern
Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe durch Zeichen; indem der
Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das Eigenthum dargethan wird,
oder die Werkzeuge übergibt, durch die der Uebernehmer in den Stand gesetzt
wird, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen; oder, indem man mit der
Sache ein Merkmahl verbindet, woraus jedermann deutlich erkennen kann, daß die
Sache einem Andern überlassen worden ist.
c) durch Erklärung.
§. 428. Durch Erklärung wird die Sache übergeben, wenn
der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen Willen an den Tag legt, daß er
die Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers inne habe; oder, daß der
Uebernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein dingliches Recht inne hatte,
künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle.
Folge in Rücksicht der übersendeten;
§. 429. In der Regel werden überschickte Sachen erst
dann für übergeben gehalten, wenn sie der Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß
dieser die Ueberschickungsart selbst bestimmt oder genehmiget hätte.
oder, an Mehrere veräußerten Sachen.
§. 430. Hat ein Eigenthümer eben dieselbe bewegliche
Sache an zwey verschiedene Personen, an Eine mit, an die Andere ohne Uebergabe
veräußert; so gebührt sie derjenigen, welcher sie zuerst übergeben worden ist;
doch hat der Eigenthümer dem verletzten Theile zu haften.
2. Bei unbeweglichen Sachen und Bauwerken.
§. 431. Zur Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher
Sachen muß das Erwerbungsgeschäft in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher
eingetragen werden. Diese Eintragung nennt man Einverleibung (Intabulation).
Insbesondere bei Erwerbung
a) durch Vertrag
§. 432. Zu diesem Zwecke muß über das
Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur Gültigkeit des
Geschäftes vorgeschriebenen Form oder eine öffentliche Urkunde ausgefertigt
werden.
§. 433. Die Urkunde muß die genaue Angabe der
Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen; die Liegenschaft, die
übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen; des Rechtsgrundes der Übergabe;
ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses enthalten; und es muß von
dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen Urkunde die ausdrückliche
Erklärung abgegeben werden, daß er in die Einverleibung einwillige.
§. 434. Zur Übertragung des Eigentums an
Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, muß eine mit den Erfordernissen
der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht hinterlegt werden. An die
Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die Erklärung der Einwilligung
zur Hinterlegung der Urkunde.
§. 435. Dasselbe gilt auch für die Übertragung des
Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in der Absicht aufgeführt sind,
daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne sie nicht Zugehör eines
Baurechtes sind.
b) durch Urtheil und andere gerichtliche Urkunden;
§. 436. Wenn das Eigentum unbeweglicher Sachen oder
eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen Urteils, gerichtlicher Teilung oder
Einantwortung einer Erbschaft übertragen werden soll, ist ebenfalls die
Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435)
erforderlich.
oder c) durch Vermächtniß.
§. 437. Ebenso ist es, um das Eigentum eines
vermachten unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu erwerben, notwendig, daß
die Sache dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435 übergeben werde.
Bedingte Aufzeichnung in das öffentliche Buch; oder
Vormerkung.
§. 438. Wenn derjenige, welcher das Eigenthum einer
unbeweglichen Sache anspricht, darüber zwar eine glaubwürdige, aber nicht mit
allen in den §§. 434 und 435 zur Einverleibung vorgeschriebenen Erfordernissen
versehene Urkunde besitzt; so kann er doch, damit ihm niemand ein Vorrecht
abgewinne, die bedingte Eintragung in das öffentliche Buch bewirken, welche
Vormerkung (Pränotation) genannt wird. Dadurch erhält er ein bedingtes
Eigenthumsrecht, und er wird, sobald er zu Folge richterlichen Anspruches die
Vormerkung gerechtfertiget hat, von der Zeit des nach gesetzlicher Ordnung
eingereichten Vormerkungsgesuches, für den wahren Eigenthümer gehalten.
§. 439. Die geschehene Vormerkung muß sowohl
demjenigen, der sie bewirkt hat, als auch seinem Gegner durch Zustellung zu
eigenen Handen bekannt gemacht werden. Der Vormerkungswerber muß binnen
vierzehn Tagen, vom Tage der erhaltenen Zustellung, die ordentliche Klage zum
Erweise des Eigenthumsrechtes einreichen; widrigen Falls soll die bewirkte
Vormerkung auf Ansuchen des Gegners gelöschet werden.
Vorschrift über die Collision der Einverleibungen.
§. 440. Hat der Eigenthümer eben dieselbe unbewegliche
Sache zwey verschiedenen Personen überlassen; so fällt sie derjenigen zu,
welche früher die Einverleibung angesucht hat.
Folge der Erwerbung:
a) in Rücksicht des Besitzes;
§. 441. So bald die Urkunde über das Eigenthumsrecht
in das öffentliche Buch eingetragen ist, tritt der neue Eigenthümer in den
rechtmäßigen Besitz.
b) der damit verbundenen Rechte;
§. 442. Wer das Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt
auch die damit verbundenen Rechte. Rechte, die auf die Person des Uebergebers
eingeschränkt sind, kann er nicht übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem
Andern mehr Recht abtreten, als er selbst hat.
c) Lasten.
§. 443. Mit dem Eigenthume unbeweglicher Sachen werden
auch die darauf haftenden, in den öffentlichen Büchern angemerkten Lasten
übernommen. Wer diese Bücher nicht einsieht, leidet in allen Fällen für seine
Nachlässigkeit. Andere Forderungen und Ansprüche, die jemand an den vorigen
Eigenthümer hat, gehen nicht auf den neuen Erwerbe
über.
Erlöschung des Eigenthumsrechtes.
§. 444. Das Eigenthum überhaupt kann durch den Willen
des Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch richterlichen Ausspruch verloren
gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen aber wird nur durch die Löschung
aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.
Ausdehnung dieser Vorschriften auf andere dingliche
Rechte.
§. 445. Nach den in diesem Hauptstücke über die
Erwerbungs- und Erlöschungsart des Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen
gegebenen Vorschriften hat man sich auch bey den übrigen, auf unbewegliche
Sachen sich beziehenden, dinglichen Rechten zu verhalten.
Form und Vorsichten der Einverleibungen.
§. 446. Auf was Art und mit welchen Vorsichten
überhaupt bey Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen sey, ist in den über
die Einrichtung der Landtafeln und Grundbücher bestehenden besondern
Anordnungen enthalten.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte.
Begriff von dem Pfandrechte und Pfande.
§. 447. Das Pfandrecht ist das dingliche Recht,
welches vom Gläubiger eingeräumt wird, aus einer Sache, wenn die
Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die Befriedigung zu
erlangen. Die Sache, worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht, heißt überhaupt
ein Pfand.
Arten des Pfandes.
§. 448. Als Pfand kann jede Sache dienen, die im
Verkehre steht. Ist sie beweglich, so wird sie Handpfand, oder ein Pfand in
enger Bedeutung genannt; ist sie unbeweglich, so heißt sie eine Hypothek oder
ein Grundpfand.
Titel des Pfandrechtes:
§. 449. Das Pfandrecht bezieht sich zwar immer auf
eine gültige Forderung, aber nicht jede Forderung gibt einen Titel zur
Erwerbung des Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das Gesetz; auf einen
richterlichen Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten Willen des
Eigenthümers.
§. 450. Die Fälle, in welchen das Gesetz jemanden das
Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte dieses Gesetzbuches und bey dem
Verfahren in Concurs-Fällen angegeben. In wie fern das Gericht ein Pfandrecht
einräumen könne, bestimmt die Gerichtsordnung. Soll durch die Einwilligung des
Schuldners oder eines Dritten, der seine Sache für ihn verhaftet, das
Pfandrecht erworben werden; so dienen die Vorschriften von Verträgen und
Vermächtnissen zur Richtschnur.
Erwerbungsart des Pfandrechtes:
a) durch körperliche Übergabe;
b) durch Einverleibung oder gerichtliche
Urkundenhinterlegung;
§. 451. Um das Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß
der mit einem Titel versehene Gläubiger, die verpfändete Sache, wenn sie
beweglich ist, in Verwahrung nehmen; und, wenn sie unbeweglich ist, seine
Forderung auf die zur Erwerbung des Eigenthumes liegender Güter vorgeschriebene
Art einverleiben lassen. Der Titel allein gibt nur ein persönliches Recht zu
der Sache, aber kein dingliches Recht auf die Sache.
Das Pfandrecht an bücherlich nicht eingetragenen
Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird durch die gerichtliche
Hinterlegung einer beglaubigten Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde
muß die genaue Angabe des Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer
ziffermäßig bestimmten Geldsumme, bei einer verzinslichen Forderung auch die
Höhe der Zinsen; ferner die ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der
gerichtlichen Hinterlegung enthalten.
c) durch symbolische Uebergabe;
§. 452. Bey Verpfändung derjenigen beweglichen Sachen,
welche keine körperliche Uebergabe von Hand zu Hand zulassen, muß man sich, wie
bey der Uebertragung des Eigenthumes (§. 427.), solcher Zeichen bedienen,
woraus jedermann die Verpfändung leicht erfahren kann. Wer diese Vorsicht
unterläßt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
d) durch die Vormerkung.
§. 453. Findet die Einverleibung einer Forderung in
die öffentlichen Bücher wegen Mangels gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde
nicht Statt; so kann sich der Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch
die Vormerkung erhält er ein bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung
auf die oben §§. 438 und 439. angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von
dem Zeitpuncte des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches
in ein unbedingtes übergeht.
Erwerbung eines Afterpfandes.
§. 454. Der Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit
er ein Recht darauf hat, einem Dritten wieder verpfänden, und in so fern wird
es zum Afterpfande, wenn zugleich Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die
Afterverpfändung auf das Pfandrecht in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.
§. 455. Wird der Eigenthümer von der weiteren
Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine Schuld nur mit Willen dessen, der
das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder er muß sie gerichtlich
hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des Afterpfandes verhaftet.
Verpfändung einer fremden Sache.
§. 456. Wird eine bewegliche Sache von jemandem
verpfändet, dem sie nicht gehört und der darüber auch nicht verfügen kann, so
hat der Eigentümer zwar in der Regel das Recht, sie zurückzufordern. In solchen
Fällen, in denen die Eigentumsklage gegen einen rechtmäßigen und redlichen
Besitzer abzuweisen ist (§§ 367 und 368), ist er aber verpflichtet, den
Pfandbesitzer schadlos zu halten oder das Pfand fahren zu lassen und sich mit dem
Schadenersatzanspruch gegen den Verpfänder oder dritte Personen zu begnügen.
Ist die Sache mit dem Recht eines Dritten belastet, so
geht das Pfandrecht des rechtmäßigen und redlichen Pfandbesitzers diesem Recht
vor, es sei denn, dass der Pfandbesitzer in Ansehung dieses Rechtes nicht
redlich ist (§ 368).
Objectiver Umfang des Pfandrechtes.
§. 457. Das Pfandrecht erstreckt sich auf alle zu dem
freyen Eigenthume des Verpfänders gehörige Theile, auf Zuwachs und Zugehör des
Pfandes, folglich auch auf die Früchte, in so lange sie noch nicht abgesondert
oder bezogen sind. Wenn also ein Schuldner einem Gläubiger sein Gut, und einem
andern später die Früchte desselben verpfändet; so ist die spätere Verpfändung
nur in Rücksicht auf die schon abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.
Rechte und Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:
a) bey Entdeckung eines unzureichenden Pfandes;
§. 458. Wenn der Werth eines Pfandes durch Verschulden
des Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar gewordenen Mangels der Sache zur
Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend gefunden wird; so ist der Gläubiger
berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes angemessenes Pfand zu fordern.
b) vor dem Verfalle;
§. 459. Ohne Bewilligung des Pfandgebers darf der
Gläubiger das Pfandstück nicht benützen; er muß es vielmehr genau bewahren,
und, wenn es durch sein Verschulden in Verlust geräth, dafür haften. Geht es
ohne sein Verschulden verloren, so verliert er deswegen seine Forderung nicht.
§. 460. Hat der Gläubiger das Pfand weiter verpfändet;
so haftet er selbst für einen solchen Zufall, wodurch das Pfand bey ihm nicht
zu Grunde gegangen oder verschlimmert worden wäre.
§. 460a. Wenn eine bewegliche körperliche Sache
einschließlich eines Inhaber- oder Orderpapiers als Pfand zu verderben oder erheblich
und dauernd so an Wert zu verlieren droht, dass die Sicherheit des
Pfandgläubigers gefährdet wird, kann dieser das Pfand bereits vor der
Fälligkeit seiner Forderung gemäß den §§ 466a bis 466d außergerichtlich
verwerten. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber tunlichst die Gelegenheit zur
Leistung einer anderweitigen Sicherheit einzuräumen.
Der Erlös tritt an die Stelle des Pfandes. Auf
Verlangen des Pfandgebers ist der Erlös zu hinterlegen.
c) nach dem Verfalle der Forderung.
§. 461. Wird der Pfandgläubiger nach Verlauf der
bestimmten Zeit nicht befriediget; so ist er befugt, Feilbiethung des Pfandes
gerichtlich zu verlangen. Das Gericht hat dabey nach Vorschrift der
Gerichtsordnung zu verfahren.
§. 462. Vor der Feilbiethung des Gutes ist jedem
darauf eingetragenen Pfandgläubiger die Einlösung der Forderung, wegen welcher
die Feilbiethung angesucht worden, zu gestatten.
§. 463. Schuldner haben kein Recht bey Versteigerung
einer von ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.
§. 464. Wird der Schuldbetrag aus dem Pfande nicht
gelöset, so ersetzt der Schuldner das Fehlende; ihm fällt aber auch das zu, was
über den Schuldbetrag gelöset wird.
§. 465. In wie fern ein Pfandgläubiger sich an sein
Pfand zu halten schuldig; oder, auf ein anderes Vermögen seines Schuldners zu
greifen berechtiget sey, bestimmt die Gerichtsordnung.
§. 466. Hat der Schuldner während der Verpfändungszeit
das Eigenthum der verpfändeten Sache auf einen Andern übertragen, so steht dem
Gläubiger frey, erst sein persönliches Recht gegen den Schuldner, und dann
seine volle Befriedigung an der verpfändeten Sache zu suchen.
d) außergerichtliche Pfandverwertung
§. 466a. Der Pfandgläubiger kann sich aus einer
beweglichen körperlichen Sache (§ 460a Abs. 1), die ihm verpfändet worden ist
oder an der er ein gesetzliches Pfandrecht erworben hat, auch durch den Verkauf
der Sache befriedigen.
Der Pfandgläubiger hat bei der Verwertung der Sache
angemessen auf die Interessen des Pfandgebers Bedacht zu nehmen.
Der Pfandgläubiger und der Pfandgeber können
abweichende Arten der außergerichtlichen Pfandverwertung vereinbaren. Besondere
Vorschriften über die außergerichtliche Verwertung von Sicherheiten bleiben
unberührt.
§. 466b. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber nach
Eintritt der Fälligkeit der gesicherten Forderung den Verkauf der Sache
anzudrohen, soweit dies nicht untunlich ist. Er hat dabei die Höhe der
ausstehenden Forderung anzugeben. Der Verkauf darf erst einen Monat nach dessen
Androhung oder, wenn diese untunlich war, nach Eintritt der Fälligkeit
stattfinden. Besteht an der Sache ein anderes Pfandrecht, so hat der Gläubiger
den Verkauf auch dem anderen Pfandgläubiger anzudrohen. Diesem ist die
Einlösung der Forderung zu gestatten (§ 462).
Der Verkauf ist im Wege einer öffentlichen
Versteigerung durch einen dazu befugten Unternehmer zu bewirken.
Zeit und Ort der Versteigerung sind unter allgemeiner
Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt zu machen. Der Pfandgeber und
Dritte, denen Rechte am Pfand zustehen, sind hievon zu
benachrichtigen.
Sachen mit einem Börsen- oder Marktpreis dürfen zu
diesem Preis vom Pfandgläubiger auch aus freier Hand verkauft werden.
Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, sowie Sparurkunden dürfen
nur aus freier Hand zu ihrem Preis oder Wert verkauft werden.
§. 466c. Das Pfand darf nur mit der Bestimmung
verkauft werden, dass der Erwerber den Kaufpreis sofort zu entrichten hat. Wird
die Sache dem Erwerber vor der Entrichtung des Preises übergeben, so gilt auch
der Kaufpreis als dem Pfandgläubiger übergeben.
Der Pfandgläubiger hat den Pfandgeber vom Verkauf des
Pfandes und von dessen Ergebnis unverzüglich zu verständigen.
Mit dem Verkauf erlöschen die Pfandrechte an der Sache
selbst. Das Gleiche gilt für andere dingliche Rechte, sofern diese nicht allen
Pfandrechten im Rang vorgehen.
Der Kaufpreis gebührt dem Pfandgläubiger nach Maßgabe
seines Ranges im Ausmaß der gesicherten Forderung und der angemessenen Kosten
einer zweckentsprechenden Verwertung. Im Übrigen tritt der Anspruch des
Pfandgebers auf Herausgabe des Mehrbetrags an die Stelle des Pfandes.
Wenn der Pfandgläubiger und der Pfandgeber eine
abweichende Art der Pfandverwertung vereinbaren und am Pfand einem Dritten ein
Recht zusteht, das durch die Verwertung erlischt, so bedarf die Vereinbarung zu
ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Dritten.
§. 466d. Wenn der Pfandgläubiger die Sache
außergerichtlich als Pfand verwertet, genügt für die Redlichkeit des Erwerbers
(§§ 367 und 368) der gute Glaube in die Befugnis des Pfandgläubigers, über die
Sache zu verfügen.
§. 466e. Besteht das Pfandrecht an einem Inhaber- oder
Orderpapier, so ist der Pfandgläubiger berechtigt, eine etwa erforderliche
Kündigung vorzunehmen und die Forderung aus dem Wertpapier einzuziehen.
Ist die Forderung aus dem verpfändeten Papier bereits
fällig, so kann der Pfandgläubiger diese auch dann einziehen, wenn die
gesicherte Forderung noch nicht fällig ist. In diesem Fall erwirbt der
Pfandgläubiger ein Pfandrecht an der erhaltenen Leistung. Besteht die Leistung
in Geld, so hat der Pfandgläubiger den erhaltenen Betrag nach den Bestimmungen
über die Anlegung von Mündelgeld zu veranlagen.
Erlöschung des Pfandrechtes.
§. 467. Wenn die verpfändete Sache zerstört wird; wenn
sich der Gläubiger seines Rechtes darauf gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie
dem Schuldner ohne Vorbehalt zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht,
aber die Schuldforderung besteht noch.
§. 468. Das Pfandrecht erlischt ferner mit der Zeit,
auf welche es eingeschränkt war, folglich auch mit dem zeitlichen Rechte des
Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn anders dieser Umstand dem Gläubiger
bekannt war, oder aus den öffentlichen Büchern bekannt seyn konnte.
§. 469. (Durch Tilgung der Schuld hört das Pfandrecht
auf. Der Pfandgeber ist aber die Schuld nur gegen dem zu tilgen verbunden, daß
ihm das Pfand zugleich zurückgestellt werde. Zur Aufhebung einer Hypothek ist
die Tilgung der Schuld allein nicht hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so
lange verhaftet, bis die Schuld aus den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis
dahin kann der Eigentümer des Gutes auf Grund einer Quittung oder einer
anderen, das Erlöschen der Pfandschuld dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf
eine neue Forderung übertragen, die den Betrag der eingetragenen Pfandforderung
nicht übersteigt.
§. 469a. Bei Bestellung des Pfandrechtes kann auf
dieses Verfügungsrecht nicht verzichtet werden. Ist jedoch im öffentlichen Buch
ein der Hypothek im Rang nachfolgendes oder ihr gleichrangiges,
rechtsgeschäftlich bestelltes Recht eingetragen, so kann der Eigentümer über
die Hypothek nur dann verfügen, wenn er sich das Verfügungsrecht gegenüber dem
Buchberechtigten vertraglich vorbehalten hat und dieser Vorbehalt im
öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist.
§. 470. Wird nach Tilgung der Schuld (§ 469) oder
eingetretener Vereinigung (§ 1446), bevor das Pfandrecht bücherlich gelöscht
oder die Liegenschaft oder das Pfandrecht übertragen worden ist, das
Hypothekargut zwangsweise versteigert oder dessen Zwangsverwaltung bewilligt,
so ist bei Verteilung des Erlöses auf dieses Pfandrecht keine Rücksicht zu
nehmen. Nur insoweit die durch das Pfandrecht gesicherte Forderung gegen einen
Dritten noch fortbesteht oder dem Eigentümer der Ersatz für deren Tilgung
gebührt (§ 1358), wird der darauf entfallende Teil dem Eigentümer zugewiesen.
Von dem Retentions-Rechte.
§. 471. Wer zur Herausgabe einer Sache verpflichtet
ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen Forderungen wegen des für die Sache
gemachten Aufwandes oder des durch die Sache ihm verursachten Schadens mit der
Wirkung zurückbehalten, daß er zur Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu
bewirkende Gegenleistung verurteilt werden kann.
Die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes kann durch
Sicherheitsleistung abgewendet werden; Sicherheitsleistung durch Bürgen ist
ausgeschlossen.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.)
Begriff des Rechtes der Dienstbarkeit.
§. 472. Durch das Recht der Dienstbarkeit wird ein
Eigenthümer verbunden, zum Vortheile eines Andern in Rücksicht seiner Sache
etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein dingliches, gegen jeden
Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Eintheilung der Dienstbarkeiten in
Grunddienstbarkeiten und persönliche;
§. 473. Wird das Recht der Dienstbarkeit mit dem
Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren oder bequemeren Benützung
verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer dem ist die Dienstbarkeit
persönlich.
in Feld- und Haus-Servituten.
§. 474. Grunddienstbarkeiten setzen zwey Grundbesitzer
voraus, deren Einem als Verpflichteten das dienstbare; dem Andern als
Berechtigten das herrschende Gut gehört. Das herrschende Grundstück ist
entweder zur Landwirthschaft oder zu einem andern Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet
man auch die Feld- und Haus-Servituten.
Gewöhnlichere Arten: a) der Haus-Servituten;
§. 475. Die Haus-Servituten sind gewöhnlich:
1) Das Recht, eine Last seines Gebäudes auf ein
fremdes Gebäude zu setzen;
2) Einen Balken oder Sparren in eine fremde Wand
einfügen;
3) Ein Fenster in der fremden Wand zu öffnen; es sey
des Lichtes oder der Aussicht wegen;
4) Ein Dach oder einen Erker über des Nachbars
Luftraum zu bauen;
5) Den Rauch durch des Nachbars Schorstein zu führen;
6) Die Dachtraufe auf fremden Grund zu leiten;
7) Flüssigkeiten auf des Nachbars Grund zu gießen oder
durchzuführen.
Durch diese und ähnliche Haus-Servituten wird ein
Hausbesitzer befugt, etwas auf dem Grunde seines Nachbars vorzunehmen, was
dieser dulden muß.
§. 476. Durch andere Haus-Servituten
wird der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas zu unterlassen,
was ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:
8) sein Haus nicht zu erhöhen;
9) es nicht niedriger zu machen;
10) dem herrschenden Gebäude Licht und Luft;
11) oder Aussicht nicht zu benehmen;
12) die Dachtraufe seines Hauses von dem Grunde des
Nachbars, dem sie zur Bewässerung seines Gartens oder zur Füllung seiner
Zisterne, oder auf eine andere Art nützlich seyn kann, nicht abzuleiten.
b) der Feld-Servituten;
§. 477. Die vorzüglichen Feld-Servituten sind:
1) das Recht, einen Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg
auf fremden Grund und Boden zu halten.
2) das Wasser zu schöpfen, das Vieh zu tränken, das
Wasser ab- und herzuleiten;
3) Das Vieh zu hüthen und zu weiden;
4) Holz zu fällen, verdorrte Aeste und Reiser zu
sammeln, Eicheln zu lösen, Laub zu rechen;
5) zu jagen, zu fischen, Vögel zu fangen;
6) Steine zu brechen, Sand zu graben, Kalk zu brennen.
Arten der persönlichen Dienstbarkeiten.
§. 478. Die persönlichen Servituten sind: der nöthige
Gebrauch einer Sache; die Fruchtnießung; und die Wohnung.
Unregelmäßige und Schein-Servituten.
§. 479. Es können aber auch Dienstbarkeiten, welche an
sich Grunddienstbarkeiten sind, der Person allein; oder, es können Begünstigungen,
die ordentlicher Weise Servituten sind, nur bloß auf Widerrufen zugestanden
werden. Die Abweichungen von der Natur einer Servitut
werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der Beweis ob.
Erwerbung des Rechtes der Dienstbarkeit. Titel zur
Erwerbung.
§. 480. Der Titel zu einer Servitut ist auf einem
Vertrage; auf einer letzten Willenserklärung; auf einem bey der Theilung
gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruche; oder endlich, auf
Verjährung gegründet.
Erwerbungsart.
§. 481. Das dingliche Recht der Dienstbarkeit kann an
Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern eingetragen sind, nur durch die
Eintragung in diese erworben werden.
An bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§
434) oder an Bauwerken (§ 435) wird das dingliche Recht durch die gerichtliche
Hinterlegung einer über die Einräumung der Dienstbarkeit errichteten
beglaubigten Urkunde; auf andere Sachen aber durch die oben (§§ 426 bis 428)
angegebenen Arten der Übergabe erworben.
Rechtsverhältniß bey den Dienstbarkeiten.
Allgemeine Vorschriften über das Recht der
Dienstbarkeit.
§. 482. Alle Servituten kommen darin überein, daß der
Besitzer der dienstbaren Sache in der Regel nicht verbunden ist, etwas zu thun;
sondern nur einem Andern die Ausübung eines Rechtes zu gestatten, oder das zu
unterlassen, was er als Eigenthümer sonst zu thun berechtiget
wäre.
§. 483. Daher muß auch der Aufwand zur Erhaltung und
Herstellung der Sache, welche zur Dienstbarkeit bestimmt ist, in der Regel von
dem Berechtigten getragen werden. Wenn aber diese Sache auch von dem
Verpflichteten benützet wird; so muß er verhältnißmäßig zu dem Aufwande
beytragen, und nur durch die Abtretung derselben an dem Berechtigten kann er
sich, auch ohne dessen Beystimmung, von dem Beytrage befreyen.
§. 484. Der Besitzer des herrschenden Gutes kann zwar
sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben; doch dürfen Servituten nicht
erweitert, sie müssen vielmehr, in so weit es ihre Natur und der Zweck der
Bestellung gestattet, eingeschränkt werden.
§. 485. Keine Servitut läßt sich eigenmächtig von der
dienstbaren Sache absondern, noch auf eine andere Sache oder Person übertragen.
Auch wird jede Servitut insofern für unteilbar gehalten, als das auf dem
Grundstücke haftende Recht durch Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung
desselben, abgesehen von dem im § 847 bezeichneten Falle, weder verändert noch
geteilt werden kann.
§. 486. Ein Grundstück kann mehrern Personen zugleich
dienstbar seyn, wenn anders die ältern Rechte eines Dritten nicht darunter
leiden.
Anwendung auf die Grunddienstbarkeiten; insbesondere
auf das Recht, eine Last, einen Balken auf fremdem Gebäude zu haben, oder, den
Rauch durchzuführen.
§. 487. Nach den hier aufgestellten Grundsätzen sind
die Rechtsverhältnisse bey den besondern Arten der Servituten zu bestimmen. Wer
also die Last des benachbarten Gebäudes zu tragen; die Einfügung des fremden
Balkens an seiner Wand; oder, den Durchzug des fremden Rauches in seinem
Schorsteine zu dulden hat; der muß verhältnißmäßig zur Erhaltung der dazu bestimmten
Mauer, Säule, Wand oder des Schorsteines beytragen. Es kann ihm aber nicht
zugemuthet werden, daß er das herrschende Gut unterstützen oder den Schorstein
des Nachbars ausbessern lasse.
Fensterrecht.
§. 488. Das Fensterrecht gibt nur auf Licht und Luft
Anspruch; die Aussicht muß besonders bewilliget werden. Wer kein Recht zur
Aussicht hat, kann angehalten werden, das Fenster zu vergittern. Mit dem
Fensterrechte ist die Schuldigkeit verbunden, die Oeffnung zu verwahren; wer
diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den
daraus entstehenden Schaden.
Recht der Dachtraufe.
§. 489. Wer das Recht der Dachtraufe besitzt, kann das
Regenwasser auf das fremde Dach frey oder durch Rinnen abfließen lassen; er
kann auch sein Dach erhöhen; doch muß er solche Vorkehrungen treffen, daß
dadurch die Dienstbarkeit nicht lästiger werde. Eben so muß er häufig
gefallenen Schnee zeitig hinwegräumen, wie auch die zum Abflusse bestimmten
Rinnen unterhalten.
Recht der Ableitung des Regenwassers.
§. 490. Wer das Recht hat, das Regenwasser von dem
benachbarten Dache auf seinen Grund zu leiten, hat die Obliegenheit, für
Rinnen, Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten die Auslagen allein zu
bestreiten.
§. 491. Erfordern die abzuführenden Flüssigkeiten
Gräben und Canäle; so muß sie der Eigenthümer des herrschenden Grundes
errichten; er muß sie auch ordentlich decken und reinigen, und dadurch die Last
des dienstbaren Grundes erleichtern.
Recht des Fußsteiges, Viehtriebes und Fahrweges.
§. 492. Das Recht des Fußsteiges begreift das Recht in
sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von Menschen tragen, oder andere
Menschen zu sich kommen zu lassen. Mit dem Viehtriebe ist das Recht, einen
Schiebkarren zu gebrauchen; und, mit dem Fahrwege das Recht, mit Einem oder
mehrern Zügen zu fahren, verbunden.
§. 493. Hingegen kann, ohne besondere Bewilligung das
Recht zu gehen, nicht auf das Recht, zu reiten oder sich durch Thiere tragen zu
lassen; weder das Recht des Viehtriebes auf das Recht, schwere Lasten über den
dienstbaren Grund zu schleifen; noch das Recht zu fahren, auf das Recht, frey
gelassenes Vieh darüber zu treiben, ausgedehnet werden.
§. 494. Zur Erhaltung des Weges, der Brücken und Stege
tragen verhältnißmäßig alle Personen oder Grundbesitzer, denen der Gebrauch
derselben zusteht, folglich auch der Besitzer des dienstbaren Grundes, so weit
bey, als er davon Nutzen zieht.
Raum hierzu.
§. 495. Der Raum für diese drey Servituten
muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes angemessen seyn. Werden
Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen andern Zufall
unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand, wenn nicht
schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein neuer Raum
angewiesen werden.
Recht, Wasser zu schöpfen.
§. 496. Mit dem Rechte, fremdes Wasser zu schöpfen,
wird auch der Zugang zu demselben gestattet.
Recht der Wasserleitung
§. 497. Wer das Recht hat, Wasser von fremdem Grunde
auf den seinigen; oder, von seinem Grunde auf fremden zu leiten, ist auch
berechtigt, die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und Schleußen auf eigene Kosten
anzulegen. Das nicht zu überschreitende Maß dieser Anlagen wird durch das Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.
Weiderecht.
§. 498. Ist bey Erwerbung des Weiderechtes die Gattung
und die Anzahl des Triebviehes; ferner, die Zeit und das Maß des Genusses nicht
bestimmt worden; so ist der ruhige dreyßigjährige Besitz zu schützen. In
zweifelhaften Fällen dienen folgende Vorschriften zur Richtschnur.
Gesetzliche Bestimmung:
a) über die Gattung des Triebviehes;
§. 499. Das Weiderecht erstrecket sich, in so weit die
politischen und im Forstwesen gegebenen Verordnungen nicht entgegenstehen, auf
jede Gattung von Zug-, Rind- und Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh;
eben so wenig in waldigen Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes
Vieh ist stets von der Weide ausgeschlossen.
b) dessen Anzahl;
§. 500. Hat die Anzahl des Triebviehes während der
letzten dreyßig Jahre abgewechselt; so muß aus dem Triebe der drey ersten Jahre
die Mittelzahl angenommen werden. Erhellet auch diese nicht; so ist theils auf
den Umfang, theils auf die Beschaffenheit der Weide billige Rücksicht zu
nehmen, und dem Berechtigten wenigstens nicht gestattet, daß er mehr Vieh auf
der fremden Weide halte, als er mit dem auf dem herrschenden Grunde erzeugten
Futter durchwintern kann. Säugevieh wird nicht zur bestimmten Anzahl gerechnet.
c) Triftzeit;
§. 501. Die Triftzeit wird zwar überhaupt durch den in
jeder Feldmarke eingeführten unangefochtenen Gebrauch bestimmt: allein in
keinem Falle darf der vermöge politischer Bestimmungen geordnete
Wirtschaftsbetrieb durch die Behütung verhindert, oder erschweret werden.
d) Maß des Genusses.
§. 502. Der Genuß des Weiderechtes erstreckt sich auf
keine andere Benutzung. Der Berechtigte darf weder Gras mähen, noch in der
Regel den Eigenthümer des Grundstückes von der Mitweide ausschließen, am
wenigsten aber die Substanz der Weide verletzen.
Wenn ein Schade zu befürchten ist, muß er sein Vieh
von einem Hirten hüthen lassen.
Anwendung dieser Bestimmungen auf andere
Servituten.
§. 503. Was bisher in Rücksicht auf das Weiderecht
vorgeschrieben worden, ist verhältnißmäßig auch auf die Rechte des Thierfanges,
des Holzschlages, des Steinbrechens und die übrigen Servituten anzuwenden.
Glaubt jemand diese Rechte auf das Miteigenthum gründen zu können; so sind die
darüber entstehenden Streitigkeiten nach den, in dem Hauptstücke von der
Gemeinschaft des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen zu entscheiden.
Persönliche Dienstbarkeiten; insbesondere:
1) das Recht des Gebrauches;
§. 504. Die Ausübung persönlicher Servituten wird,
wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach folgenden Grundsätzen bestimmt:
Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß jemand befugt ist, eine fremde
Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu seinem Bedürfnisse zu benützen.
Bestimmung in Rücksicht der Nutzungen;
§. 505. Wer also das Gebrauchsrecht einer Sache hat,
der darf, ohne Rücksicht auf sein übriges Vermögen, den seinem Stande, seinem
Gewerbe, und seinem Hauswesen angemessenen Nutzen davon ziehen.
§. 506. Das Bedürfniß ist nach dem Zeitpuncte der
Bewilligung des Gebrauches zu bestimmen. Nachfolgende Veränderungen in dem Stande
oder Gewerbe des Berechtigten geben keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren
Gebrauch.
der Substanz;
§. 507. Der Berechtigte darf die Substanz der ihm zum
Gebrauche bewilligten Sache nicht verändern; er darf auch das Recht an keinen
Andern übertragen.
und der Lasten;
§. 508. Alle Benützungen, die sich ohne Störung des
Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen, kommen dem Eigenthümer zu
Statten. Dieser ist aber verbunden, alle ordentliche und außerordentliche, auf
der Sache haftende Lasten zu tragen, und sie auf seine Kosten in gutem Stande
zu erhalten. Nur wenn die Kosten denjenigen Nutzen übersteigen, der dem
Eigenthümer übrig bleibt, muß der Berechtigte den Ueberschuß tragen, aber vom
Gebrauche abstehen.
2) der Fruchtnießung.
§. 509. Die Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde
Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle Einschränkung zu genießen.
In wie fern sie sich auf verbrauchbare Sachen
erstrecken könne.
§. 510. Verbrauchbare Sachen sind an sich selbst kein
Gegenstand des Gebrauches oder der Fruchtnießung, sondern nur ihr Werth. Mit
dem baren Gelde kann der Berechtigte nach Belieben verfügen. Wird aber ein
bereits anliegendes Capital zum Fruchtgenusse oder Gebrauche bewilliget; so
kann der Berechtigte nur die Zinsen fordern.
Rechte und Verbindlichkeiten des Fruchtnießers.
§. 511. Der Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen,
sowohl gewöhnlichen als ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit
Beobachtung der bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von
Bergwerksantheilen, und das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz,
welcher in dem zur Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen
Anspruch.
Insbesondere:
a) in Rücksicht der auf der Sache haftenden Lasten;
§. 512. Als ein reiner Ertrag kann aber nur das
angesehen werden, was nach Abzug aller nöthigen Auslagen übrig bleibt. Der
Fruchtnießer übernimmt also alle Lasten, welche zur Zeit der bewilligten
Fruchtnießung mit der dienstbaren Sache verbunden waren, mithin auch die Zinsen
der darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen
alle ordentliche und außerordentliche, von der Sache zu leistende
Schuldigkeiten, in so fern sie aus den während der Dauer der Fruchtnießung
gezogenen Nutzungen bestritten werden können; er trägt auch die Kosten, ohne welche
die Früchte nicht erzielet werden.
b) der Erhaltung der Sache;
§. 513. Der Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare
Sache als ein guter Haushälter in dem Stande, in welchem er sie übernommen hat,
zu erhalten, und aus dem Ertrage die Ausbesserungen, Ergänzungen und
Herstellungen zu besorgen. Wird dessen ungeachtet der Werth der dienstbaren
Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuß ohne Verschulden des Fruchtnießers
verringert; so ist er dafür nicht verantwortlich.
c) der Bauführungen;
§. 514. Wenn der Eigenthümer Bauführungen, die durch
das Alter des Gebäudes, oder durch einen Zufall nothwendig gemacht werden, auf
Anzeige des Fruchtnießers auf seine Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer,
nach Maß der dadurch verbesserten Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten
Capitals zu vergüten schuldig.
§. 515. Kann oder will der Eigenthümer dazu sich nicht
verstehen; so ist der Fruchtnießer berechtigt, entweder den Bau zu führen, und
nach geendigter Fruchtnießung, gleich einem redlichen Besitzer, den Ersatz zu
fordern; oder, für die durch Unterbleibung des Baues vermißte Fruchtnießung,
eine angemessene Vergütung zu verlangen.
§. 516. Bauführungen, welche nicht nothwendig,
obgleich sonst zur Vermehrung des Ertrages gedeihlich sind, ist
der Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu gestatten.
d) der Meliorationskosten.
§. 517. Was der Fruchtnießer ohne Einwilligung des
Eigenthümers zur Vermehrung fortdauernder Nutzungen verwendet hat, kann er
zurücknehmen; eine Vergütung der aus der Verbesserung noch bestehenden
Nutzungen aber kann er nur fordern, in so fern sie ein Geschäftsführer ohne
Auftrag zu fordern berechtigt ist.
Beweismittel darüber.
§. 518. Zur Erleichterung des Beweises der
gegenseitigen Forderungen, sollen der Eigenthümer und der Fruchtnießer eine
beglaubte Beschreibung aller dienstbaren Sachen aufnehmen lassen. Ist sie
unterlassen worden; so wird vermuthet, daß der Fruchtnießer die Sache sammt
allen zur ordentlichen Benützung derselben erforderlichen Stücken in
brauchbarem Zustande von mittlerer Beschaffenheit erhalten habe.
Zutheilung der Nutzungen bey Erlöschung der
Fruchtnießung.
§. 519. Nach geendigter Fruchtnießung gehören die noch
stehenden Früchte dem Eigenthümer; doch muß er die auf deren Erzielung
verwendeten Kosten dem Fruchtnießer oder dessen Erben, gleich einem redlichen
Besitzer, ersetzen. Auf andere Nutzungen haben der Fruchtnießer oder dessen
Erben den Anspruch nach Maß der Dauer der Fruchtnießung.
In wie fern der Gebrauchsberechtigte oder der
Fruchtnießer zur Sicherstellung verbunden sey.
§. 520. In der Regel kann der Eigenthümer von dem
Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey einer sich äußernden Gefahr die
Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie nicht geleistet; so soll die
Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige Abfindung überlassen, oder
nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben werden.
Dienstbarkeit der Wohnung.
§. 521. Die Servitut der Wohnung ist das Recht, die
bewohnbaren Theile eines Hauses zu seinem Bedürfnisse
zu benützen. Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem Wohngebäude.
Werden aber jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit Schonung der
Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es eine
Fruchtnießung des Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen Vorschriften
auf das rechtliche Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem Eigenthümer
anzuwenden.
§. 522. In jedem Falle behält der Eigenthümer das
Recht, über alle Theile des Hauses, die nicht zur eigentlichen Wohnung gehören,
zu verfügen; auch darf ihm die nöthige Aufsicht über sein Haus nicht erschweret
werden.
Klagerecht in Rücksicht der Servituten.
§. 523. In Ansehung der Servituten
findet ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den Eigenthümer das Recht
der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich
über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die
Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz
derselben als eines dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung
der Servitut in seiner Sache beweisen.
Erlöschung der Dienstbarkeiten.
Im Allgemeinen.
§. 524. Die Servituten erlöschen im Allgemeinen auf
diejenigen Arten, wodurch, nach dem dritten und vierten Hauptstücke des dritten
Theiles, Rechte und Verbindlichkeiten überhaupt aufgehoben werden.
Besondere Anordnung bey deren Erlöschung:
a) durch den Untergang des dienstbaren oder
herrschenden Grundes.
§. 525. Der Untergang des dienstbaren oder des
herrschenden Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit ein; sobald aber der Grund,
oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand gesetzt ist, erhält die Servitut
wieder ihre vorige Kraft.
b) durch Vereinigung;
§. 526. Wenn das Eigenthum des dienstbaren und des
herrschenden Grundes in Einer Person vereiniget wird, hört die Dienstbarkeit
von selbst auf. Wird aber in der Folge Einer dieser vereinigten Gründe wieder
veräußert, ohne daß inzwischen in den öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit
gelöschet worden; so ist der neue Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die
Servitut auszuüben.
c) durch Zeitverlauf.
§. 527. Hat das bloß zeitliche Recht desjenigen, der
die Servitut bestellt hat, oder die Zeit, auf welche sie beschränkt worden ist,
dem Servituts-Inhaber aus öffentlichen Büchern, oder auf eine andere Art
bekannt seyn können; so hört nach Verlauf dieser Zeit die Servitut von selbst
auf.
§. 528. Eine Servitut, welche jemanden bis zur Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht,
verliehen wird, erlischt erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor
diesem Alter verstorben ist.
Erlöschung der persönlichen Servituten insbesondere.
§. 529. Persönliche Servituten hören mit dem Tode auf.
Werden sie ausdrücklich auf die Erben ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die
ersten gesetzlichen Erben darunter verstanden. Das einer Familie verliehene Recht
aber geht auf alle Mitglieder derselben über. Die von
einer Gemeinde oder einer andern moralischen Person erworbene persönliche
Servitut dauert so lange, als die moralische Person besteht.
Unanwendbarkeit auf beständige Renten.
§. 530. Beständige jährliche Renten sind keine persönliche Servitut, und können also ihrer Natur nach auf
alle Nachfolger übertragen werden.
Achtes
Hauptstück.
Von
dem Erbrechte.
Verlassenschaft.
§.
531. Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, in so fern
sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet sind, heißt desselben
Verlassenschaft oder Nachlaß.
Erbrecht
und Erbschaft.
§.
532. Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen in
Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein
Drittheil) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht,
welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam
ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft,
in Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.
Titel
zu dem Erbrechte.
§.
533. Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift erklärten
Willen des Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen Erbvertrag (§.
602), oder auf das Gesetz.
§.
534. Die erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben einander
bestehen, so daß einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter Theil
aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten aus dem
Gesetze gebührt.
Unterschied
zwischen Erbschaft und Vermächtniß.
§.
535. Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen Nachlaß
bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von gewisser
Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das Zugedachte, obschon
dessen Werth den größten Theil der Verlassenschaft ausmacht, ein Vermächtniß
(Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als ein Erbe,
sondern nur als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu betrachten.
Zeitpunct
des Erbanfalles.
§.
536. Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt ein
vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte
Erbrecht auch nicht auf seinen Erben übertragen können.
§.
537. Hat der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch vor
Uebernahme der Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine Erben
über; wenn es anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht
erloschen war.
Fähigkeit
zu erben.
Eingetragene
Partner im Erbrecht
§.
537a. Die für Ehegatten maßgebenden und auf das Eherecht Bezug nehmenden
Bestimmungen dieses Hauptstücks sowie des Neunten bis Fünfzehnten Hauptstücks
sind auf eingetragene Partner und eingetragene Partnerschaften sinngemäß anzuwenden.
§.
538. Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel auch erben.
Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf eine
bestimmte Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des Erbrechtes
überhaupt, oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig geworden.
§.
539. In wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig sind,
bestimmen die politischen Vorschriften.
Ursachen
der Unfähigkeit.
§.
540. Wer gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung, die nur
vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe
bedroht ist, begangen oder seine aus dem Rechtsverhältnis zwischen Eltern und
Kindern sich ergebenden Pflichten dem Erblasser gegenüber gröblich
vernachlässigt hat, ist so lange des Erbrechts unwürdig, als sich nicht aus den
Umständen entnehmen läßt, daß ihm der Erblasser vergeben habe.
§.
541. Bei gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen, welcher sich des
Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge berufen,
wenngleich er den Erblasser überlebt hat.
§.
542. Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen; oder
betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des letzten
Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen
unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für allen
einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§.
543. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 5, BGBl 2009/Nr. 75 –
Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§.
544. In wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die Kriegsdienste
ohne ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes verlustig werden,
bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach
welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.
§.
545. Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen Erbanfalles
bestimmet werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des Erblassers. (§.
703.)
§.
546. Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu entziehen,
was ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.
Wirkung
der Annahme der Erbschaft.
§.
547. Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in Rücksicht auf
dieselbe den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen Dritten für
Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die Verlassenschaft so
betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen würde.
§.
548. Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu leisten gehabt
hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten Geldstrafen, wozu
der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf den Erben über.
§.
549. Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die Kosten für
das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des Verstorbenen
angemessene Begräbniß.
§.
550. Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen Erbrechtes für
Eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der gerichtlichen
Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer für alle. In
wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in dem
Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
Verzicht
auf das Erbrecht.
§.
551. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt, durch
Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht zu
tun. Der Vertrag bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes
oder der Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche
Verzichtleistung wirkt, wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die
Nachkommen.
Neuntes
Hauptstück.
Von
der Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.
Erklärung
des letzten Willens.
§.
552. Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen Theil
desselben Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall überläßt,
heißt eine Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse:
I.
Innere Form.
§.
553. Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt sie
Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Zutheilung
der Erbschaft:
a)
wenn nur Ein Erbe;
§.
554. Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil der
Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den ganzen
Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze
bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu.
b)
wenn mehrere ohne Theilung;
§.
555. Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt worden, so
theilen sie zu gleichen Theilen.
c)
wenn alle in bestimmten Theilen;
§.
556. Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die aber das
Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen Nachlasse
berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er in der
Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas übergangen
hätte.
d)
wenn einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.
§.
557. Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter Theil (z. B.
ein Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes ausgemessen; so
erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.
§.
558. Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen für den
unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden, daß er
einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht worden
ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem unbestimmt
eingesetzten Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil mit ihnen
empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet hat, ist die
Theilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des Erblassers nach den
über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste erfüllt wird.
Welche
Erben als Eine Person betrachtet werden.
§.
559. Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen, wovon
einige bey der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person
angesehen werden müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des
Erblassers); so werden sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als
Eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die
Armen) werden immer nur für Eine Person gerechnet.
Recht
des Zuwachses.
§.
560. Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem allgemeinen
Ausdrucke einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und es kann,
oder will einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen; so wächst
der erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§.
561. Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne Bestimmung
des Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem einzelnen,
oder den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§.
562. Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das
Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt
ein erledigter Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil
eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§.
563. Wer den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit verknüpften
Lasten, in so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des eingesetzten Erben
eingeschränkt sind.
§.
564. Der Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen Ernennung
nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.
Die
Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.
§.
565 Der Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung eines ihm
gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit; mit
Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume
erkläret werden.
Ursachen
der Unfähigkeit zu testiren;
1)
Mangel der Besonnenheit;
§.
566. Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem die hiefür erforderliche
Besonnenheit ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen Krankheit,
einer geistigen Behinderung oder der Trunkenheit, geschehen sei, so ist sie
ungültig.
§. 567. Wenn behauptet wird, daß der Erblasser,
welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte, zur Zeit der letzten
Anordnung bey voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die Behauptung durch
Kunstverständige, oder durch obrigkeitliche Personen, die den Gemüthszustand
des Erblassers genau erforschten, oder durch andere zuverlässige Beweise außer
Zweifel gesetzt werden.
§. 568. Eine Person, für die ein Sachwalter nach § 273
bestellt ist, kann, sofern dies gerichtlich angeordnet ist, nur mündlich vor
Gericht oder Notar testieren; dies gilt nicht im Fall des § 597. Das Gericht
muss sich durch eine angemessene Erforschung zu überzeugen suchen, dass die
Erklärung des letzten Willens frei und mit Überlegung geschehe. Die Erklärung
muss in ein Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der Erforschung
ergeben hat, beigerückt werden.
3) unreifes Alter;
§. 569. Unmündige sind zu testieren unfähig. Mündige
Minderjährige können, außer im Fall des § 597, nur mündlich vor Gericht oder
Notar testieren. § 568 zweiter und dritter Satz gelten entsprechend.
4) wesentlicher Irrthum;
§. 570. Ein wesentlicher Irrthum des Erblassers macht
die Anordnung ungültig. Der Irrthum ist wesentlich, wenn der Erblasser die
Person, welche er bedenken, oder den Gegenstand,
welchen er vermachen wollte, verfehlet hat.
§. 571. Zeigt sich, daß die bedachte Person, oder die
vermachte Sache nur unrichtig benannt, oder beschrieben worden; so ist die
Verfügung gültig.
§. 572. Auch wenn der von dem Erblasser angegebene
Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die Verfügung gültig; es wäre denn
erweislich, daß der Wille des Erblassers einzig und allein auf diesem irrigen
Beweggrunde beruht habe.
5) Ordensgelübde;
§. 573. Ordenspersonen sind in der Regel nicht befugt,
zu testiren: allein, wenn der Orden eine besondere Begünstigung, daß seine
Glieder testiren können, erlangt hat; wenn Ordenspersonen die Auflösung von den
Gelübden erhalten haben; wenn sie durch Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder
Klosters aus ihrem Stande getreten sind; oder wenn sie in einem solchen Verhältnisse
angestellt sind, daß sie vermöge der politischen Verordnungen nicht mehr als
Angehörige des Ordens, Stiftes oder Klosters angesehen werden, sondern
vollständiges Eigenthum erwerben können; so ist es ihnen erlaubt, durch
Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
6) schwere Criminal-Strafe;
§. 574. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr.
131.)
Zeitpunct der Gültigkeit der Anordnung.
§. 575. Ein rechtsgültig erklärter letzter Wille kann
durch später eintretende Hindernisse seine Gültigkeit nicht verlieren.
§. 576. Einen anfänglich ungültigen letzten Willen
macht die später erfolgte Aufhebung des Hindernisses nicht gültig. Wird in
diesem Falle keine neue Verfügung getroffen; so tritt das gesetzliche Erbrecht
ein.
II.) Aeußere Form der Erklärungen des letzten Willens;
§. 577. Man kann außergerichtlich oder gerichtlich,
schriftlich oder mündlich; schriftlich aber mit, oder ohne Zeugen testiren.
1) der außergerichtlichen schriftlichen;
§. 578. Wer schriftlich, und ohne Zeugen testiren
will, der muß das Testament oder Codicill eigenhändig schreiben, und
eigenhändig mit seinem Nahmen unterfertigen. Die Beysetzung des Tages, des
Jahres, und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet wird, ist zwar nicht
nothwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten räthlich.
§. 579. Einen letzten Willen, welchen der Erblasser
von einer anderen Person niederschreiben ließ, muß er eigenhändig
unterfertigen. Er muß ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon wenigstens zwei
zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, daß der Aufsatz seinen
letzten Willen enthalte. Endlich müssen sich auch die Zeugen, entweder inwendig
oder von außen, immer aber auf der Urkunde selbst, und nicht etwa auf einem
Umschlag, mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen hinweisenden Zusatz unterschreiben.
Den Inhalt des Testaments hat der Zeuge zu wissen nicht nötig.
§. 580. Ein Erblasser, welcher nicht schreiben kann,
muß nebst Beobachtung der in dem vorigen §. vorgeschriebenen Förmlichkeiten,
anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und zwar in Gegenwart aller drey
Zeugen, eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung eines bleibenden Beweises, wer
der Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß Einer der Zeugen den Nahmen des
Erblassers als Nahmensunterfertiger beysetze.
§. 581. Wenn der Erblasser nicht lesen kann, so muß er
den Aufsatz von einem Zeugen in Gegenwart der anderen zwei Zeugen, die den
Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen, und bekräftigen, daß derselbe
seinem Willen gemäß sei. Der Schreiber des letzten Willens kann in allen Fällen
zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der Erblasser nicht lesen kann, von der
Vorlesung des Aufsatzes ausgeschlossen.
§. 582. Eine Verfügung des Erblassers durch Beziehung
auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur dann von Wirkung, wenn ein solcher
Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer letzten Willenserklärung nöthigen
Erfordernissen versehen ist. Außer dem können dergleichen von dem Erblasser
angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur Erläuterung seines Willens
angewendet werden.
§. 583. In der Regel gilt ein und derselbe Aufsatz nur
für Einen Erblasser. Die Ausnahme in Rücksicht der Ehegatten ist in dem
Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.
§. 584. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 585. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 586. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I
2004/Nr. 58.)
2. der gerichtlichen
§. 587. Der Erblasser kann auch vor einem Gerichte
schriftlich oder mündlich testiren. Die schriftliche Anordnung muß von dem
Erblasser wenigstens eigenhändig unterschrieben seyn, und dem Gerichte
persönlich übergeben werden. Das Gericht hat den Erblasser auf den Umstand, daß
seine eigenhändige Unterschrift beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen,
dann den Aufsatz gerichtlich zu versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken,
wessen letzter Wille darin enthalten sey. Ueber das Geschäft ist
ein Protokoll aufzunehmen, und der Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines
gerichtlich zu hinterlegen.
§. 588. Will der Erblasser seinen Willen mündlich
erklären; so ist die Erklärung in ein Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben
so, wie in dem vorhergehenden §. von dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden
ist, versiegelt zu hinterlegen.
§. 589. Das Gericht, welches die schriftliche oder
mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt, muß wenigstens aus zwey
eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren Einer in dem Orte, wo
die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht. Die Zeugenschaft der
zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch zwey andere Zeugen
vertreten.
§. 590. Im Notfall können sich die Gerichtspersonen
zum Erblasser begeben, um seinen letzten Willen zu Protokoll zu nehmen.
Unfähige Zeugen bey letzten Anordnungen.
§. 591. Personen unter achtzehn Jahren, Personen,
denen auf Grund einer Behinderung die Fähigkeit fehlt, entsprechend der
jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des Erblassers zu bezeugen, sowie
diejenigen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei
letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.
§. 592. (Anm.: Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr.
276 - Erste Teilnovelle.)
§. 593. (Anm.: Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)
§. 594. Ein Erbe oder Legatar ist in Rücksicht des ihm
zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und eben so wenig dessen Gatte,
Aeltern, Kinder, Geschwister, oder in eben dem Grade verschwägerte Personen und
die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser
eigenhändig geschrieben; oder, durch drey von den gedachten Personen
verschiedene Zeugen bestätiget werden.
§. 595. Wenn der Erblasser demjenigen, welcher den
letzten Willen schreibt, oder dessen Ehegatten, Kindern, Aeltern, Geschwistern
oder in eben dem Grade verschwägerten Personen einen Nachlaß bestimmt; so muß
die Anordnung auf die im vorgehenden §. erwähnte Art außer Zweifel gesetzt
seyn.
§. 596. Was von der Unbefangenheit und Fähigkeit des
Zeugen, die Person des Erblassers außer Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist
auch auf die gerichtlichen Personen, die einen letzten Willen aufnehmen,
anzuwenden.
Von den begünstigten letzten Anordnungen.
§. 597. Droht unmittelbar die Gefahr, dass der
Erblasser stirbt oder die Fähigkeit zu testieren verliert, bevor er seinen
letzten Willen auf andere Weise zu erklären vermag, so kann er auch mündlich
oder schriftlich (§ 579) unter Beiziehung zweier fähiger Zeugen testieren, die
zugleich gegenwärtig sein müssen. Ein so erklärter letzter Wille verliert drei Monate
nach Wegfall der Gefahr seine Gültigkeit.
Eine mündliche letzte Anordnung muss auf Verlangen
eines jeden, dem daran gelegen ist, durch die übereinstimmenden Aussagen der
zwei Zeugen bestätigt werden, widrigenfalls diese Erklärung des letzten Willens
ungültig ist (§ 601).
§. 598. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 599. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I
2004/Nr. 58.)
§. 600. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I
2004/Nr. 58.)
Ungültigkeit der unförmlichen letzten Anordnungen.
§. 601. Wenn der Erblasser Eines der hier
vorgeschriebenen, und nicht ausdrücklich der bloßen Vorsicht überlassenen
Erfordernisse nicht beobachtet hat; so ist die letzte Willenserklärung
ungültig.
Erbverträge sind nur unter Ehegatten gültig.
§. 602. Erbverträge über die ganze Verlassenschaft,
oder einen in Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben, können nur
unter Ehegatten gültig geschlossen werden. Die Vorschriften hierüber sind in
dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.
Von Schenkungen auf den Todesfall. Beziehung.
§. 603. In wie fern eine Schenkung auf den Todesfall
als ein Vertrag, oder als ein letzter Wille zu betrachten sey, wird in dem
Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.
Zehntes Hauptstück.
Von Nacherben und Fideicommissen.
Gemeine Substitution.
§. 604. Jeder Erblasser kann für den Fall, daß der
eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen; und, wenn auch dieser sie
nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle einen dritten, oder auch
noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt eine gemeine
Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§. 605. Hat der Erblasser aus den bestimmten Fällen,
daß der ernannte Erbe nicht Erbe seyn kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will,
nur Einen ausgedrückt; so ist der andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben.
§. 606. Die dem Erben aufgelegten Lasten werden auch
auf den an seine Stelle tretenden Nacherben ausgedehnt, wofern sie nicht durch
den ausdrücklichen Willen, oder die Beschaffenheit der Umstände, auf die Person
des Erben eingeschränkt sind.
§. 607. Sind die Miterben allein wechselseitig zu
Nacherben berufen worden; so wird angenommen, daß der Erblasser die in der
Einsetzung ausgemessenen Theile auch auf die Substitution ausdehnen wollte.
Wird aber in der Substitution, außer den Miterben, noch sonst jemand berufen,
so fällt der erledigte Erbtheil Allen zu gleichen Theilen zu.
Fideicommissarische.
§. 608. Der Erblasser kann seinen Erben verpflichten,
daß er die angetretene Erbschaft nach seinem Tode, oder in andern bestimmten
Fällen, einem zweyten ernannten Erben überlasse. Diese Anordnung wird eine
fideicommissarische Substitution genannt. Die fideicommissarische Substitution
begreift stillschweigend die gemeine in sich.
In wie fern die Aeltern ihren Kindern substituiren
dürfen.
§. 609. Auch die Aeltern können ihren Kindern, selbst
in dem Falle, daß diese zu testiren unfähig sind, nur in Rücksicht des
Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen Erben oder Nacherben ernennen.
Stillschweigende fideicommissarische Substitution.
§. 610. Hat der Erblasser dem Erben verbothen, über
den Nachlaß zu testiren; so ist es eine fideicommissarische Substitution, und
der Erbe muß den Nachlaß für seine gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth,
die Sache zu veräußern, schließt das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.
Einschränkung der fideicommissarischen Substitution.
§. 611. Die Reihe, in welcher die fideicommissarischen
Erben auf einander folgen sollen, wird, wenn sie Alle Zeitgenossen des
Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich auf den Dritten, Vierten
und noch weiter ausdehnen.
§. 612. Sind es nicht Zeitgenossen, sondern solche
Nacherben, die zur Zeit des errichteten Testamentes noch nicht geboren sind; so
kann sich die fideicommissarische Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und
andere bewegliche Sachen bis auf den zweyten Grad erstrecken. In Ansehung
unbeweglicher Güter gilt sie nur auf den ersten Grad; doch wird bey Bestimmung
der Grade nur derjenige Nacherbe gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft
gelangt ist.
Rechte des Erben bey einer
fideicommisarischen Substitution.
§. 613. Bis der Fall der fideicommissarischen
Substitution eintritt, kommt den eingesetzten Erben das eingeschränkte
Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines Fruchtnießers zu.
Auslegung der
Substitutionen.
§. 614. Ist eine Substitution zweifelhaft ausgedrückt;
so ist sie auf eine solche Art auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über
das Eigenthum zu verfügen, am mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der gemeinen und fideicommissarischen
Substitution.
§. 615. Die gemeine Substitution erlischt, sobald der
eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten hat; die fideikommissarische, wenn keiner
von den berufenen Nacherben mehr übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie
errichtet worden, aufhört.
Sofern nicht ein anderer Wille des Erblassers
anzunehmen ist, geht das Recht des fideikommissarischen Erben auch dann auf
dessen Erben über (§ 537), wenn er den Eintritt des Substitutionsfalles nicht
erlebt.
§. 616. Ins besondere verliert die einem
Testierunfähigen gemachte fideicommissarische Substitution (§§. 608-609.) ihre
Kraft, wenn bewiesen wird, daß er zur Zeit seiner letzten Anordnung bey voller
Besonnenheit war; oder, wenn ihm das Gericht wegen erlangten Verstandgebrauches
die freye Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat; und die Substitution lebt
nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder unter einen Curator
gesetzt worden ist, und in der Zwischenzeit keine letzte Anordnung errichtet
hat.
§. 617. Die von einem Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte, gemachte
Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen hat.
Fideicommiß.
§. 618. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Hauptarten der
Fideicommisse:
§. 619. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 620. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Erbfolge in denselben.
§. 621. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 622. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 623. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 624. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 625. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 626. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bedingungen zur Errichtung
eines Fideicommisses.
§. 627. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Widerruf der Errichtung.
§. 628. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Grundsatz über die Rechte der Anwärter u. des Inhabers
des Fideicommisses.
§. 629. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Besondere Rechte der
Anwärter.
§. 630. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Uneingeschränkte Rechte des
Inhabers u. Verbindlichkeiten desselben.
§. 631. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Eingeschränkte Rechte:
a) zur Verzichtung und
Verpfändung.
§. 632. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
b) zur Verwandlung,
Vertauschung oder Erbverpachtung des Fideicommiß-Gutes.
§. 633. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 634. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
c) Verschuldung.
§. 635. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bestimmung des zu
verschuldenden Drittheils,
§. 636. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
und des Werthes des
Fideicommiß-Gutes.
§. 637. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Art der Rückzahlung.
§. 638. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 639. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Haftung des Nachfolgers für
die Schulden.
§. 640. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 641. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 642. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Theilung der Früchte des
letzten Jahres.
§. 643. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Auflösung,
§. 644. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
oder Erlöschung eines
Fideicommisses.
§. 645. (Anm.: Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Unterschied eines
Fideicommisses von Stiftungen.
§. 646. Von den Substitutionen und Fideicommissen
unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch die Einkünfte von Capitalien,
Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen Anstalten, als: für geistliche
Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser; oder zum Unterhalte gewisser
Personen auf alle folgende Zeiten bestimmt werden. Die Vorschriften über
Stiftungen sind in den politischen Verordnungen enthalten.
Eilftes Hauptstück.
Von Vermächtnissen.
Von wem, wie und wem
legiret;
§. 647. Zur Gültigkeit eines Vermächtnisses (§. 535.)
ist nothwendig, daß es von einem fähigen Erblasser, einer Person, die zu erben
fähig ist, durch eine gültige letzte Willenserklärung hinterlassen werde.
§. 648. Der Erblasser kann auch Einem oder mehrern
Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in Rücksicht
desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung
des Vermächtnisses beschweret werden könne.
§. 649. Die Vermächtnisse fallen in der Regel allen
Erben, selbst in dem Falle, daß die einem Miterben gehörige Sache vermacht
worden ist, nach Maß ihres Erbtheiles zur Last. Es hängt jedoch von dem
Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats einem Miterben, oder auch einem
Legatar besonders auftragen wolle.
§. 650. Ein Legatar kann sich von der vollständigen
Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es
den Werth des ihm zugedachten Legats übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er
aber das Legat nicht an; so muß derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen, oder das ihm zugefallene Vermächtniß dem darauf
gewiesenen Vermächtnißnehmer überlassen.
§. 651. Ein Erblasser, welcher ein Legat einer
gewissen Classe von Personen, als: Verwandten, Dienstpersonen oder Armen
zugedacht hat, kann die Vertheilung, welchen aus diesen Personen, und, was jeder
zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten überlassen. Hat der Erblasser
hierüber nichts bestimmt; so bleibt die Wahl dem Erben vorbehalten.
Substitutionen bey
Vermächtnissen.
§. 652. Der Erblasser kann bey einem Vermächtnisse
eine gemeine, oder fideicommissarische Substitution anordnen; dabey sind die in
dem vorigen Hauptstücke gegebenen Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines
Vermächtnisses.
§. 653. Alles, was im gemeinen Verkehre steht: Sachen,
Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die einen Werth haben, können vermacht
werden.
§. 654. Werden Sachen vermacht, die zwar im gemeinen
Verkehre stehen, die aber der Legatar zu besitzen für seine Person unfähig ist,
so wird ihm der ordentliche Werth vergütet.
Allgemeine Auslegungsregel
bey Vermächtnissen.
§. 655. Worte werden auch bey Vermächtnissen in ihrer
gewöhnlichen Bedeutung genommen; es müßte denn bewiesen werden, daß der
Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen besondern Sinn zu verbinden
gewohnt gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über
das Vermächtniß:
a) von Sachen einer
gewissen Gattung;
§. 656. Hat der Erblasser Eine oder mehrere Sachen von
gewisser Gattung, aber ohne eine nähere Bestimmung, vermacht, und sind mehrere
solche Sachen in der Verlassenschaft vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu.
Er muß aber ein Stück wählen, wovon der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem
Legatar überlassen, Eine von den mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so
kann er auch die beste wählen.
§. 657. Wenn der Erblasser Eine oder mehrere Sachen
von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus seinem Eigenthume vermacht hat, und
es finden sich dergleichen gar nicht in der Verlassenschaft; so verliert das
Vermächtniß seine Wirkung. Finden sie sich nicht in der verordneten Menge; so
muß sich der Legatar mit den vorhandenen begnügen.
§. 658. Vermacht der Erblasser Eine oder mehrere
Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus seinem Eigenthume, und es
finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft; so muß der Erbe sie dem
Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen angemessenen, Eigenschaft
verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet den Erben zur Zahlung
derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der Verlassenschaft vorhanden sey
oder nicht.
§. 659. Der Erblasser kann die Auswahl, welche Sache
aus mehrern der Legatar haben soll, auch einem Dritten überlassen. Schlägt sie
dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl gestorben; so bestimmt die
Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den Stand und das Bedürfniß des
Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch in dem Falle ein, daß der
Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben ist.
b) das Vermächtniß einer bestimmten Sache;
§. 660. Das Vermächtniß einer bestimmten Sache kann
von dem Legatar, wenn es in Einer oder in verschiedenen Anordnungen wiederhohlt
wird, nicht zugleich in Natur, und dem Werthe nach verlangt werden. Andere
Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der nähmlichen Art oder den nähmlichen
Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so oft, als sie wiederhohlt worden sind.
§. 661. Das Vermächtniß ist ohne Wirkung, wenn das
vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon ein Eigenthum des Legatars
war. Hat er es später an sich gebracht; so wird ihm der ordentliche Werth
bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und zwar unentgeldlich
erhalten hat, ist das Vermächtniß für aufgehoben zu halten.
c) einer fremden Sache;
§. 662. Das Vermächtniß einer fremden Sache, die weder
dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar, welcher sie einem Dritten leisten
soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den erwähnten Personen ein Antheil oder
Anspruch an der Sache; so ist das Vermächtniß nur von
diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die vermachte Sache verpfändet
oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die darauf haftenden Lasten.
Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß eine bestimmte fremde Sache
gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle, der Eigenthümer hingegen sie
um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so ist dem Legatar dieser Werth zu
entrichten.
d) einer Forderung;
§. 663. Das Vermächtniß einer Forderung, die der
Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet den Erben, den
Schuldschein zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung von der Schuld
und den rückständigen Zinsen auszufertigen.
§. 664. Vermacht der Erblasser jemanden eine
Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat; so muß der Erbe die
Forderung sammt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen dem Legatar
überlassen.
§. 665. Das Vermächtniß der Schuld, die der Erblasser
dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung, daß der Erbe die von dem
Erblasser bestimmt ausgedrückte, oder von dem Legatar ausgewiesene Schuld
anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der Schuldverschreibung
enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur Abführung der
übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muß. Den gefährdeten Gläubigern
des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum Nachtheile gereichen.
§. 666. Die Erlassung der Schuld ist nur von den
gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem errichteten Vermächtnisse
entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein
Vermächtniß das Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus
nicht, daß auch die Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen
verlängert; so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§. 667. Wenn der Erblasser einer Person eine Summe
schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe vermacht; so wird nicht vermuthet, daß
er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in
diesem Falle die Summe doppelt; ein Mahl als Schuld, und dann als Vermächtniß.
§. 668. Unter dem Vermächtnisse aller ausstehenden
Forderungen sind doch weder die Forderungen aus öffentlichen Credits-Papieren,
noch auch die auf einem unbeweglichen Gute haftenden Capitalien, oder die aus
einem dinglichen Rechte entstehenden Forderungen begriffen.
§. 669. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 670. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 671. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
f) des Unterhaltes; der Erziehung; oder Kost;
§. 672. Das Vermächtniß des Unterhaltes begreift
Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen Bedürfnisse, und zwar auf
lebenslang, wie auch den nöthigen Unterricht in sich. Alles dieses wird auch
unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich mit der Volljährigkeit.
Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang begriffen.
§. 673. Das Maß der im vorstehenden §. angeführten
Vemächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen, noch aus dem
stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten Willen des
Erblassers erhellet, muß nach dem Stande bestimmt werden, welcher dem Legatar
eigen ist, oder, wozu er durch die genossene Verpflegung vorbereitet worden
ist.
g) der Mobilien; des Hausrathes;
§. 674. Unter Mobilien (Meublen) werden nur die zum
anständigen Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath oder Einrichtung zugleich die
zur Führung der Haushaltung erforderlichen Geräthschaften verstanden. Die
Werkzeuge zum Betriebe der Gewerbes sind, ohne eine
deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses;
§. 675. Ist jemanden ein Behältniß vermacht worden,
welches nicht für sich selbst bestehet, sondern nur ein Theil eines Ganzen ist;
so wird in der Regel vermuthet, daß nur diejenigen Stücke zugedacht worden
sind, welche sich bey dem Ableben des Erblassers darin vorfinden, und zu deren
Aufbewahrung das Behältniß seiner Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser
gewöhnlich verwendet worden ist.
§. 676. Ist hingegen das Behältniß beweglich, oder
doch eine für sich bestehende Sache; so hat der Legatar nur auf das Behältniß,
nicht auch auf die darin befindlichen Sachen Anspruch.
§. 677. Wird ein Schrank, ein Kasten oder eine Lade
mit allen darin befindlichen Sachen vermacht; so rechnet man dazu auch Gold und
Silber, Schmuck und bares Geld, selbst die vom Legatar dem Erblasser
ausgestellten Schuldscheine. Andere Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich
Forderungen und Rechte des Erblassers gründen, werden nur dann dazu gerechnet,
wenn sich außer denselben nichts in dem Behältnisse
befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch die zu ihrer
Verführung bestimmten Gefäße.
i) der Juwelen, des Schmuckes und Putzes;
§. 678. Unter Juwelen werden in der Regel nur
Edelsteine und gute Perlen; unter Schmuck auch die unechten Steine, und das aus
Gold oder Silber verfertigte oder damit überzogene Geschmeide, welches zur
Zierde der Person dient; und unter Putz dasjenige verstanden, was außer Schmuck,
Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung der Person gebraucht wird.
k) des Goldes oder Silbers; der Wäsche; Equipage;
§. 679. Das Vermächtniß des Goldes oder Silbers
begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch nicht das gemünzte noch auch
dasjenige in sich, was nur ein Theil oder eine Verzierung eines andern
Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose, ausmacht. Die Wäsche wird
nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur Wäsche, sondern zum Putze
gerechnet. Unter Equipage werden die zur Bequemlichkeit des Erblassers
bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu gehörigen Geschirre; nicht auch
Reitpferde und Reitzeug verstanden.
l) der Barschaft;
§. 680. Zur Barschaft gehören auch jene öffentlichen
Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe die Stelle des baren Geldes
vertreten.
m) Ueber die Benennung: Kinder;
§. 681. Unter dem Worte: Kinder, werden, wenn der
Erblasser die Kinder eines Andern bedenkt, nur die Söhne und Töchter: wenn er
aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an deren Stelle tretenden
Nachkömmlinge begriffen, welche bey dem Ableben des Erblassers schon erzeugt
waren.
n) Verwandte;
§. 682. Ein ohne nähere Bestimmung für die Verwandten
ausgesetztes Vermächtniß wird denjenigen, welche nach der gesetzlichen Erbfolge
die nächsten sind, zugewendet, und die oben in dem §. 559. über die Vertheilung
einer Erbschaft unter solchen Personen, welche für eine Person angesehen
werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse anzuwenden.
o) Dienstpersonen.
§. 683. Hat der Erblasser seinen Dienstpersonen ein
Vermächtniß hinterlassen, und sie bloß durch das Dienstverhältniß bezeichnet;
so wird vermuthet, daß es diejenigen erhalten sollen, welche zur Zeit seines
Ablebens in dem Dienstverhältnisse stehen. Doch kann in diesem, so wie in den
übrigen Fällen, die Vermuthung durch entgegengesetzte stärkere
Vermuthungsgründe aufgehoben werden.
Anfallstag bey den Vermächtnissen.
§. 684. Der Legatar erwirbt in der Regel (§. 699.)
gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und seine Nachfolger ein Recht auf
das Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die vermachte Sache aber kann nur nach
den für die Erwerbung des Eigenthumes in dem fünften Hauptstücke aufgestellten
Vorschriften erlanget werden.
Zahlungstag.
§. 685. Das Vermächtniß einzelner
Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine Belohnungen
des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich; andere aber erst
nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert werden.
§. 686. Bey dem Vermächtnisse eines einzelnen
Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch die seit dem Tode des
Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und jeder andere Zuwachs
zu Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate haftende Lasten und
selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern vermindert wird, oder
gänzlich zu Grunde geht.
§. 687. Wird jemanden ein in wiederkehrenden Fristen,
als: alle Jahre, Monathe und dergleichen zu leistender Betrag vermacht; so
erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen Betrag dieser Frist, wenn er auch
nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch kann der Betrag erst mit Ablauf der
Frist gefordert werden. Die erste Frist fängt mit dem Sterbetage des Erblassers
zu laufen an.
Recht des Legatars zur Sicherstellung.
§. 688. In allen Fällen, in welchen ein Gläubiger von
einem Schuldner Sicherstellung zu fordern berechtigt ist; kann auch ein Legatar
die Sicherstellung seines Legates verlangen. Wie die Einverleibung eines
Vermächtnisses, zur Begründung eines dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist
oben §. 437. vorgeschrieben worden.
Wem ein erledigtes Vermächtniß zufalle?
§. 689. Ein Vermächtniß, welches der Legatar nicht
annehmen kann oder will, fällt auf den Nachberufenen. (§. 652). Ist kein
Nachberufener vorhanden, und ist das ganze Vermächtniß mehrern Personen
ungetheilt oder ausdrücklich zu gleichen Theilen zugedacht; so wächst der
Antheil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen eben so, wie den
Miterben die Erbschaft zu. Außer den gedachten zwey Fällen bleibt das erledigte
Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.
Recht des Erben, wenn die Lasten die Masse erschöpfen;
§. 690. Wenn die ganze Erbschaft durch Vermächtnisse
erschöpft ist; so hat der Erbe nichts weiter, als die Vergütung seiner zum
Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen Bemühungen angemessene
Belohnung zu fordern. Will er den Nachlaß nicht selbst verwalten; so muß er um
die Aufstellung eines Curators anlangen.
§. 691. Können nicht alle Legatare aus der
Verlassenschafts-Masse befriediget werden; so wird das Legat des Unterhaltes
vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der Unterhalt von dem Tage
des Erbanfalles.
oder gar übersteigen.
§. 692. Reicht die Verlassenschaft zur Bezahlung der
Schulden, anderer pflichtmäßigen Auslagen, und zur Berichtigung aller
Vermächtnisse nicht zu; so leiden die Legatare einen verhältnißmäßigen Abzug.
Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr obwaltet, die Vermächtnisse
ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.
§. 693. Im Falle aber, daß die Legatare die
Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach dem Werthe, den das
Vermächtniß zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus gezogenen Nutzungen
bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem Vermächtnisse noch immer
frey, zur Vermeidung des Beytrages, das Vermächtniß, oder den oben erwähnten
Werth und die bezogenen Nutzungen in die Masse zurückzustellen; in Rücksicht
der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er als ein redlicher Besitzer
behandelt.
Von den gesetzlichen Beyträgen zu öffentlichen
Anstalten.
§. 694. Die Beyträge, welche ein Erblasser nach den
politischen Vorschriften zur Unterstützung der Armen-, Invaliden- und
Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem Testamente ausgesetzt
hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind eine Staatsauflage,
müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet, und können nicht nach den
Grundsätzen des Privat-Rechtes, sondern nur nach den politischen Verordnungen
beurtheilt werden.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens.
Recht des Erblassers zur Einschränkung oder Aenderung
seines letzten Willens.
§. 695. Der Erblasser kann seine Anordnung auf eine
Bedingung; auf einen Zeitpunct; durch einen Auftrag; oder, eine erklärte
Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament oder Codicill abändern, oder
es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung des letzten Willens:
1) Bedingung.
§. 696. Eine Bedingung heißt eine Ereignung, wovon ein
Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist bejahend oder verneinend, je
nachdem sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg der Ereignung bezieht. Sie
ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst nach ihrer Erfüllung zu seiner
Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das zugedachte Recht bey ihrem Eintritte
verloren geht.
Vorschriften:
a) über unverständliche;
§. 697. Ganz unverständliche Bedingungen sind für
nicht beygesetzt zu achten.
b) unmögliche oder unerlaubte;
§. 698. Die Anordnung, wodurch jemanden unter einer
aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht ertheilt wird, ist ungültig,
obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der Folge unmöglich, und die
Unmöglichkeit den Erblasser bekannt geworden wäre.
Eine auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles
dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.
c) mögliche und erlaubte Bedingungen;
§. 699. Sind die Bedingungen möglich und erlaubt; so
kann das davon abhängende Recht nur durch ihre genaue Erfüllung erworben
werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen des bedachten Erben, Legatars,
oder eines Dritten abhängen.
d) Bedingung der Nichtverehelichung;
§. 700. Die Bedingung, daß der Erbe oder der Legatar
sich, selbst nach erreichter Volljährigkeit, nicht verehelichen solle, ist als
nicht beygesetzt anzusehen. Nur eine verwitwete Person muß, wenn sie Ein oder
mehrere Kinder hat, die Bedingung erfüllen. Die Bedingung, daß der Erbe oder
Legatar eine bestimmte Person nicht heirathe, kann gültig auferlegt werden.
e) wenn die Bedingung bey dem Leben des Erblassers
erfüllet worden.
§. 701. Ist die in der letzten Willenserklärung
vorgeschriebene Bedingung schon bey dem Leben des Erblassers eingetroffen; so
muß die Erfüllung derselben nach dem Tode des Erblassers nur dann wiederhohlt
werden, wenn die Bedingung in einer Handlung des Erben oder Legatars besteht,
welche von ihm wiederhohlt werden kann.
Ob die Bedingung auch auf die Nachberufenen
auszudehnen sey.
§. 702. Eine dem Erben oder Legatar beygerückte
Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des Erblassers, auf den von dem
Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht auszudehnen.
Wirkung einer möglichen aufschiebenden Bedingung.
§. 703. Zur Erwerbung eines unter einer aufschiebenden
Bedingung zugedachten Nachlasses ist nothwendig, daß die bedachte Person die
Erfüllung der Bedingung überlebe, und bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.
2) Zeitpunct.
§. 704. Ist es ungewiß, ob der Zeitpunct, auf welchen
der Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt, kommen oder nicht kommen
werde; so wird diese Einschränkung als eine Bedingung angesehen.
§. 705. Ist der Zeitpunct von der Art, daß er kommen
muß; so wird das zugedachte Recht, wie andere unbedingte Rechte, auch auf die
Erben der bedachten Person übertragen, und nur die Uebergabe bis zum gesetzten
Termine verschoben.
§. 706. Wäre es offenbar, daß die in der letzten
Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne; so wird die Bestimmung dieser
Zeit wie die Beysetzung einer unmöglichen Bedingung angesehen. Nur in dem
Falle, daß der Erblasser wahrscheinlich bloß in der Berechnung der Zeit sich
geirret hat, wird der Zeitpunct nach dem wahrscheinlichen Willen des Erblasser zu bestimmen seyn.
Rechtsverhältniß bey einer Bedingung oder einem
Zeitpuncte zwischen der bedachten und ihr nachfolgenden Person.
§. 707. So lange das Recht des Erben oder des Legatars
wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung, oder wegen des noch nicht
gekommenen Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange finden im ersten Falle
zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im zweyten Falle zwischen
dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen Besitz und Genuß des
Nachlasses oder Legates, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten, wie bey
einer fideicommissarischen Substitution, Statt.
§. 708. Wer eine Erbschaft oder ein Vermächtniß unter
einer verneinenden oder auflösenden Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit
erhält, hat gegen den, welchem die Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym
Eintritte der Bedingung, oder des bestimmten Zeitpunctes zufällt, die nähmlichen
Rechte und Verbindlichkeiten, welche einem Erben oder Legatar gegen den
fideicommissarischen Substituten zukommen (§. 613).
3) Auftrag.
§. 709. Hat der Erblasser jemanden einen Nachlaß unter
einem Auftrage zugewendet; so ist dieser Auftrag als eine auflösende Bedingung
anzusehen, daß durch die Nichterfüllung des Auftrages der Nachlaß verwirkt
werden solle (§. 696).
§. 710. In dem Falle, daß der Auftrag nicht genau
erfüllet werden kann, muß man demselben wenigstens nach Möglichkeit nahe zu
kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen; so behält doch der Belastete,
wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das Gegentheil erhellet, den
zugedachten Nachlaß. Wer sich zur Erfüllung des Auftrages selbst unfähig
gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses verlustig.
§. 711. Wenn der Erblasser die Absicht, wozu er den
Nachlaß bestimmt, zwar ausgedrückt, aber nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann
die bedachte Person nicht angehalten werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu
verwenden.
§. 712. Die Anordnung, wodurch der Erblasser seinem
Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit dem Beysatze aufträgt, daß
er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung
einer neuen Anordnung; eines Testamentes;
§. 713. Ein früheres Testament wird durch ein späteres
gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der Erbseinsetzung, sondern auch in
Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben; dafern der Erblasser in dem
letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, daß das frühere ganz oder zum Theil
bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann, wenn in dem spätern Testamente
der Erbe nur zu einem Theile der Erbschaft berufen wird. Der übrig bleibende
Theil fällt nicht den in dem frühern Testamente eingesetzten, sondern den
gesetzlichen Erben zu.
oder Codicills;
§. 714. Durch ein späteres Codicill, deren mehrere
neben einander bestehen können, werden frühere Vermächtnisse oder Codicille nur
in so fern aufgehoben, als sie mit demselben im Widerspruche stehen.
§. 715. Kann man nicht entscheiden, welches Testament
oder Codicill das spätere sey; so gelten, in so fern sie neben einander
bestehen können, beyde, und es kommen die im Hauptstück von der Gemeinschaft
des Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
ungeachtet der früher erklärten Unabänderlichkeit.
§. 716. Der in einem Testament oder Kodizill
angehängte Beisatz: daß jede spätere Anordnung überhaupt, oder, wenn sie nicht
mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist, null und nichtig sein solle, ist
als nicht beigesetzt anzusehen.
2) durch Widerruf;
§. 717. Will der Erblasser seine Anordnung aufheben,
ohne eine neue zu errichten; so muß er sie ausdrücklich entweder mündlich, oder
schriftlich widerrufen, oder die Urkunde vertilgen.
§. 718. Der Widerruf kann nur in einem solchen
Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten Willen zu erklären fähig
ist.
a) einen ausdrücklichen;
§. 719. Ein mündlicher Widerruf einer gerichtlichen
oder außergerichtlichen letzten Anordnung erfordert so viele und solche Zeugen,
als zur Gültigkeit eines mündlichen Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher
aber, eine von dem Erblasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder
wenigstens von ihm und den zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen
Zeugen unterfertigte Erklärung.
§. 720. Eine Anordnung des Erblassers, wodurch er dem
Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung eines Vortheiles verbiethet,
den letzten Willen zu bestreiten, soll für den Fall, daß nur die Echtheit oder
der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie von einer Wirkung seyn.
b) stillschweigenden;
§. 721. Wer in seinem Testamente oder Codicille die
Unterschrift durchschneidet; sie durchstreicht; oder, den ganzen Inhalt
auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren gleichlautenden Urkunden nur Eine
vertilgt worden; so kann man daraus auf keinen Widerruf schließen.
§. 722. Sind die gedachten Verletzungen der Urkunde
nur zufällig geschehen; oder, ist die Urkunde in Verlust geraten; so verliert
der letzte Wille seine Wirkung nicht; wenn anders der Zufall und der Inhalt der
Urkunde erwiesen wird.
§. 723. Hat ein Erblasser eine spätere Anordnung
vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung aber unversehrt gelassen; so
kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft. Eine mündliche frühere
Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.
oder c) vermutheten.
§. 724. Ein Legat wird für widerrufen angesehen, wenn
der Erblasser die vermachte Forderung eingetrieben und erhoben; wenn er die
jemanden zugedachte Sache veräußert, und nicht wieder zurück erhalten; oder
wenn er sie auf eine solche Art in eine andere verwandelt hat, daß die Sache
ihre vorige Gestalt und ihren vorigen Rahmen verliert.
§. 725. Wenn aber der Schuldner die Forderung aus
eigenem Antriebe berichtiget hat; wenn die Veräußerung des Legats auf
gerichtliche Anordnung geschehen; wenn die Sache ohne Einwilligung des
Erblassers verwandelt worden ist; so besteht das Legat.
3) durch Entsagung der Erben.
§. 726. Will oder kann weder ein Erbe, noch ein
Nacherbe die Verlassenschaft annehmen; so fällt das Erbrecht auf die
gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen Verfügungen des
Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so werden die Legatare
verhältnißmäßig als Erben betrachtet.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen Erbfolge.
Fälle der gesetzlichen Erbfolge.
§. 727. Wenn der Verstorbene keine gültige Erklärung
des letzten Willens hinterlassen; wenn er in derselben nicht über sein ganzen
Vermögen verfüget; wenn er die Personen, denen er kraft des Gesetzes einen
Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht gehörig bedacht hat; oder, wenn
die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht annehmen können oder wollen; so
findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum Theile Statt.
§. 728. In Ermangelung einer gültigen Erklärung des
letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft des Verstorbenen den
gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des letzten Willens
vorhanden; so kommt ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in derselben Niemanden
zugedacht ist.
Vorschrift für den Fall des verkürzten Pflichttheiles.
§. 729. Ist eine Person, welcher der Erblasser kraft
der Gesetze einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, durch eine letzte
Willenserklärung verkürzt worden; so kann sie sich auf die Vorschrift des
Gesetzes berufen, und den nach Maßgabe des folgenden Hauptstückes ihr
gebührenden Erbtheil gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben
§. 730. Gesetzliche Erben sind der Ehegatte und
diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in nächster Linie verwandt sind.
I. Gesetzliches Erbrecht der Verwandten
§. 731. Zur ersten Linie gehören diejenigen, welche
sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme, vereinigen, nämlich: seine Kinder und
ihre Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie gehören des Erblassers Vater und
Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter Vater und Mutter vereinigen,
nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie gehören die Großeltern samt den Geschwistern
der Eltern und ihren Nachkömmlingen.
Von der vierten Linie sind nur des Erblassers erste
Urgroßeltern zur Erbfolge berufen.
1. Linie: Die Kinder;
§. 732. Wenn der Erblasser Kinder des ersten Grades
hat, so fällt ihnen die ganze Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder
weiblichen Geschlechtes; sie mögen bey Lebzeiten des Erblassers oder nach
seinem Tode geboren seyn. Mehrere Kinder theilen die Erbschaft nach ihrer Zahl
in gleiche Theile. Enkel von noch lebenden Kindern,
und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur Erbfolge.
§. 733. Ist
ein Kind des Erblassers vor ihm gestorben, und sind von demselben Ein oder
mehrere Enkel vorhanden; so fällt der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde
gebührt hätte, diesem nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu
gleichen Theilen zu. Ist von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat
Urenkel nachgelassen; so wird auf die nähmliche Art der Antheil des
verstorbenen Enkels unter die Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser
noch entferntere Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig
nach der eben gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§. 734. Auf
diese Art wird eine Erbschaft nicht nur dann getheilet, wenn Enkel von
verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern, oder entferntere Nachkömmlinge
mit nähern Nachkömmlingen des Erblassers zusammentreffen; sondern auch dann,
wenn die Erbschaft bloß zwischen Enkeln von verschiedenen Kindern; oder
zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu theilen ist. Es können also die
von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem Enkel nachgelassenen
Urenkel, ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr und nie weniger erhalten, als
das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten hätten, wenn sie am
Leben geblieben wären.
2. Linie: Die Aeltern und ihre Nachkömmlinge:
§. 735. Ist Niemand vorhanden, der von dem Erblasser
selbst abstammt; so fällt die Erbschaft auf diejenigen, die mit ihm durch die
zweyte Linie verwandt sind, nähmlich: auf seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge.
Leben noch beyde Aeltern; so gebührt ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen
Theilen. Ist Eines dieser Aeltern verstorben; so treten dessen nachgelassene
Kinder oder Nachkömmlinge in sein Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem
Verstorbenen gebührt hätte, unter sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche
in den §§. 732-734 wegen Theilung der Erbschaft zwischen Kindern und
entferntern Nachkömmlingen des Erblassers festgesetzt worden sind.
§. 736. Wenn beyde Aeltern des
Erblassers verstorben sind, so wird jene Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater
zugefallen wäre, unter seine hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge;
die andere Hälfte aber, welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und
derselben Nachkömmlinge nach den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen
Aeltern keine andere als von ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder
derselben Nachkömmlinge vorhanden; so theilen sie die beyden Hälften unter sich
gleich. Sind aber außer diesen noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder
von der Mutter, oder von einem und der andern in einer andern Ehe erzeugt
worden sind; so erhalten die von dem Vater und der Mutter gemeinschaftlich
erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge sowohl an der väterlichen, als an der
mütterlichen Hälfte ihren gebührenden, mit den einseitigen Geschwistern
gleichen Antheil.
§. 737. Wenn Eines der
verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder, noch Nachkömmlinge
hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern noch lebenden
Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so wird die ganze
Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den bereits angeführten
Grundsätzen vertheilet.
3. Linie: Die Großältern und
ihre Nachkommenschaft.
§. 738. Sind die Aeltern des
Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so kommt die Erbschaft auf die dritte
Linie, nähmlich: auf des Erblassers Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die
Erbschaft wird dann in zwey gleiche Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den
Aeltern des Vaters und ihren Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter
und ihren Nachkömmlingen.
§. 739. Jede dieser Hälften
wird unter den Großältern der einen und der anderen Seite, wenn sie beyde noch
leben, gleich getheilt. Ist eines der Großältern, oder sind beyde von der einen
oder anderen Seite gestorben; so wird die dieser Seite zugefallene Hälfte
zwischen den Kindern und Nachkömmlingen dieser Großältern nach jenen
Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten Linie die ganze Erbschaft
zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern des Erblassers getheilt
werden muß. (§§. 735-737.)
§. 740. Sind von der
väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde Großältern verstorben, und
weder von dem Großvater, noch von der Großmutter dieser Seite Nachkömmlinge
vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch lebenden Großältern, oder,
nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern und Nachkömmlingen die ganze
Erbschaft zu.
Vierte Linie: Die
Urgroßeltern.
§. 741. Nach gänzlicher
Erlöschung der dritten Linie sind die Urgroßeltern des Erblassers zur
gesetzlichen Erbfolge berufen. Auf die Großeltern des Vaters des Erblassers
entfällt die eine Hälfte der Erbschaft, auf die Großeltern der Mutter die
andere Hälfte. In jede Hälfte der Erbschaft teilen sich die beiden
Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist ein Teil eines Großelternpaares nicht
vorhanden, so fällt das auf diesen Teil entfallende Achtel der Erbschaft an den
überlebenden Teil dieses Großelternpaares. Fehlt ein Großelternpaar, so ist zu
seinem Viertel das andere Großelternpaar desselben Elternteiles des Erblassers
berufen.
Fehlen die Großelternpaare
des einen Elternteiles des Erblassers, so sind zu der auf sie entfallenden
Nachlaßhälfte die Großelternpaare des anderen Elternteiles in demselben Ausmaß
wie zu der ihnen unmittelbar zufallenden Nachlaßhälfte berufen.
§. 742. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 743. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
5. Linie: Die zweyten Urgroßältern
und ihre Nachkömmlinge.
§. 744. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 745. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 746. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 747. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
6. Linie: Die dritten
Urgroßältern u. ihre Nachkommenschaft.
§. 748. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 749. (Anm.: Aufgehoben
durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 750. Wenn jemand mit dem
Erblasser von mehr als einer Seite verwandt ist; so genießt er von jeder Seite
dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem Verwandten von dieser Seite ins
besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)
Ausschließung der entferntern Verwandten.
§. 751. Auf diese vier
Linien der Verwandtschaft wird das Recht der Erbfolge in Ansehung eines frei
vererblichen Vermögens eingeschränkt.
§. 752. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 753. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 754. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755a. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 756. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
II. Gesetzliches Erbrecht des Ehegatten
§. 757. Der Ehegatte des
Erblassers ist neben Kindern des Erblassers und deren Nachkommen zu einem
Drittel des Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern des Erblassers oder neben
Großeltern zu zwei Dritteln des Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben
Großeltern Nachkommen verstorbener Großeltern vorhanden, so erhält überdies der
Ehegatte von dem restlichen Drittel des Nachlasses den Teil, der den Nachkommen
der verstorbenen Großeltern zufallen würde. Gleiches gilt für jene Erbteile,
die den Nachkommen verstorbener Geschwister zufallen würden. In den übrigen
Fällen erhält der Ehegatte den ganzen Nachlass.
In den Erbteil des Ehegatten
ist alles einzurechnen, was dieser durch Ehepakt oder Erbvertrag aus dem
Vermögen des Erblassers erhält.
§. 758. Sofern der Ehegatte
nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren ihm als gesetzliches
Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehewohnung weiter zu wohnen, und die zum
ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit sie zu dessen
Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen erforderlich sind.
§. 759. Ein aus seinem
Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein gesetzliches Erbrecht und keinen
Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis.
Das gesetzliche Erbrecht und der Anspruch auf das
gesetzliche Vorausvermächtnis ist dem überlebenden Ehegatten auch dann versagt,
wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe
gemäß dem Ehegesetz vom 6. Juli 1938 (Reichsgesetzbl. I S. 807) zu klagen
berechtigt war und die Klage erhoben hatte, sofern im Falle der Scheidung oder
Aufhebung der Ehegatte als schuldig anzusehen wäre.
Erblose Verlassenschaft.
§. 760. Wenn kein zur
Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn niemand die Erbschaft erwirbt,
fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut dem Staate anheim.
Abweichungen von der allgemeinen Erbfolgeordnung.
§. 761. Die Abweichungen von
der in diesem Hauptstücke bestimmten gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf
Bauerngüter, und die Verlassenschaft geistlicher Personen sind in den
politischen Gesetzen enthalten.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den
Pflicht- oder Erbtheil.
Welchen Personen als Notherben ein Pflichttheil
gebühre.
§. 762. Die Personen, die der Erblasser in der letzten
Anordnung bedenken muß, sind seine Kinder, in Ermangelung solcher seine Eltern,
und der Ehegatte.
§. 763. Unter dem Nahmen Kinder werden nach der
allgemeinen Regeln (§. 42.) auch Enkel und Urenkel; und unter dem Nahmen
Aeltern alle Großältern begriffen. Es findet hier zwischen dem männlichen und
weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und unehelicher Geburt kein
Unterschied Statt, sobald für diese Person das Recht und die Ordnung der
gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.
§. 764. Der Erbtheil, welchen diese Personen zu
fordern berechtigt sind, heißt: Pflichttheil; sie selbst werden in dieser
Rücksicht Notherben genannt.
In welchem Betrage,
§. 765. Als Pflichtteil gebührt jedem Kind und dem
Ehegatten die Hälfte dessen, was ihm nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen
wäre.
§. 766. In der aufsteigenden Linie gebührt jedem
Notherben als Pflichttheil ein Drittheil dessen, was er nach der gesetzlichen
Erbfolge erhalten haben würde.
und unter was für Beschränkungen.
§. 767. Wer auf das Erbrecht Verzicht geleistet hat;
wer nach den in dem achten Hauptstücke enthaltenen Vorschriften von dem
Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem Erblasser rechtmäßig enterbet
worden ist; hat auf einen Pflichttheil einen Anspruch, und wird bey der
Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar nicht vorhanden wäre.
Eine Pflichtteilsminderung nach § 773a erhöht den
Pflichtteil der übrigen Noterben nicht.
Erfordernisse einer rechtmäßigen Enterbung.
§. 768. Ein Kind kann enterbt werden:
1) (Anm.: Aufgehoben durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)
2) wenn es den Erblasser im Nothstande hülflos
gelassen hat;
3) wenn es wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz
begangener strafbarer Handlungen zu einer lebenslangen oder zwanzigjährigen
Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;
4) wenn es eine gegen die öffentliche Sittlichkeit
anstößige Lebensart beharrlich führet.
§. 769. Aus den gleichen Gründen können auch der
Ehegatte und die Eltern enterbt werden; der Ehegatte außerdem dann, wenn er
seine Beistandspflicht gröblich vernachlässigt hat.
§. 770. Ueberhaupt kann einem Notherben auch solcher
Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§. 540-542. des Erbrechtes unwürdig
machen, durch die letzte Willenserklärung der Pflichttheil entzogen werden.
§. 771. Die Enterbungsursache muß immer, sie mag von
dem Erblasser ausgedrückt seyn oder nicht, von dem Erben erwiesen werden, und
in den Worten, und dem Sinne des Gesetzes gegründet seyn.
§. 772. Die Enterbung wird nur durch einen
ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf aufgehoben.
§. 773. Wenn bey einem sehr verschuldeten oder
verschwenderischen Notherben das wahrscheinliche Besorgniß obwaltet, daß der
ihm gebührende Pflichttheil ganz oder größten Theils seinen Kindern entgehen
würde; so kann ihm der Pflichttheil von dem Erblasser, jedoch nur dergestalt
entzogen werden, daß solcher den Kindern des Notherben zugewendet werde.
Pflichtteilsminderung
§. 773a. Standen der Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte
zu keiner Zeit in einem Naheverhältnis, wie es in der Familie zwischen solchen
Verwandten gewöhnlich besteht, so kann der Erblasser den Pflichtteil auf die
Hälfte mindern.
Die §§ 771 und 772 gelten sinngemäß für die
Pflichtteilsminderung.
Das Recht auf Pflichtteilsminderung steht nicht zu,
wenn der Erblasser die Ausübung des Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem
Pflichtteilsberechtigten grundlos abgelehnt hat.
Wie der Pflichttheil zu hinterlassen.
§. 774. Der Pflichttheil kann in Gestalt eines
Erbtheiles oder Vermächtnisses, auch ohne ausdrückliche Benennung des
Pflichttheiles hinterlassen werden. Er muß aber dem Notherben ganz frey
bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder Belastung ist ungültig.
Wird dem Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so kann sie nur auf den
Theil, welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen werden.
Rechtsmittel des Notherben:
a) bey einer widerrechtlichen Enterbung oder
Verkürzung in dem Pflichttheile;
§. 775. Ein Notherbe, welcher ohne die in den §§.
768-773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt worden, kann den ihm gebührenden
vollen Pflichttheil; und, wenn er in dem reinen Betrage des Pflichttheils
verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben fordern.
b) bey einer gänzlichen Uebergehung.
§. 776. Wenn aus mehrern Kindern, deren Daseyn dem
Erblasser bekannt war, Eines ganz mit Stillschweigen übergangen wird; so kann
es ebenfalls nur den Pflichttheil fordern.
§. 777. Wenn aber aus den Umständen erwiesen werden
kann, daß die Uebergehung Eines aus mehrern Kindern nur daher rühre, weil dem
Erblasser das Daseyn desselben unbekannt war, so ist der Uebergangene nicht
schuldig, sich mit dem Pflichttheile zu begnügen; sondern er kann den Erbtheil,
welcher für den am mindesten begünstigten Notherben ausfällt; wofern aber der
einzige noch übrige Notherbe eingesetzt wird, oder alle übrige zu gleichen
Theilen berufen sind, einen gleichen Erbtheil verlangen.
§. 778. Hat der Erblasser einen einzigen Notherben,
und er übergeht ihn aus oben gedachtem Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält
ein kinderloser Erblasser erst nach Erklärung seines letzten Willens einen
Notherben, für den keine Vorsehung getroffen ist; so werden nur die zu
öffentlichen Anstalten, zur Belohnung geleisteter Dienste, oder zu frommen
Absichten bestimmten Vermächtnisse in einem, den vierten Theil der reinen
Verlassenschaft nicht übersteigenden, Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle
übrige Anordnungen den letzten Willens aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen
jedoch, wenn der Notherbe vor dem Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§. 779. Wenn ein Kind vor dem Erblasser stirbt und
Abstämmlinge hinterläßt; so treten diese mit Stillschweigen übergangenen
Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die Stelle des Kindes.
Die Nachkommen eines vorverstorbenen Noterben, dessen
Pflichtteil gemindert worden ist, können nur den geminderten Pflichtteil
fordern.
§. 780. Die Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind
bloß befugt, den Pflichtteil zu verlangen, dies aber auch, wenn der Enterbte
den Erblasser überlebt hat.
§. 781. Werden der Ehegatte oder die Eltern mit
Stillschweigen übergangen, so können sie nur den Pflichtteil fordern.
§. 782. Wenn der Erbe beweisen kann, daß ein mit
Stillschweigen übergangener Notherbe sich einer der in den §§. 768-770. angeführten
Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird die Uebergehung als eine
stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
Wer zur Entrichtung des Erb- oder Pflichttheils
beyzutragen habe.
§. 783. In allen Fällen, wo einem Noterben der
gebührende Erb- oder Pflichtteil gar nicht oder nicht vollständig ausgemessen
worden ist, müssen sowohl die eingesetzten Erben als auch die Legatare, nicht
jedoch der Ehegatte mit dem gesetzlichen Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur
vollständigen Entrichtung beitragen.
Art der Ausmessung und Berechnung des Pflichttheiles.
§. 784. Um den Pflichtteil richtig ausmessen zu
können, werden alle zur Verlassenschaft gehörigen beweglichen und unbeweglichen
Sachen, alle Rechte und Forderungen, welche der Erblasser auf seine Nachfolger
frei zu vererben befugt war, selbst alles, was ein Erbe oder Legatar in die
Masse schuldig ist, genau beschrieben und geschätzt. Den Noterben steht frei,
der Schätzung beizuwohnen und ihre Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine
Feilbietung der Verlassenschaftsstücke zur Erhebung des wahren Wertes kann von
ihnen nicht gedrungen werden. Schulden und andere Lasten, welche schon bei
Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen hafteten, werden von der Masse
abgerechnet.
§. 785. Auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten
Kindes oder des pflichtteilsberechtigten Ehegatten sind bei der Berechnung des
Nachlasses Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Der Gegenstand
der Schenkung ist dem Nachlaß mit dem Wert hinzuzurechnen, der für die Anrechnung
nach § 794 maßgebend ist.
Das Recht nach Abs. 1 steht einem Kind nur
hinsichtlich solcher Schenkungen zu, die der Erblasser zu einer Zeit gemacht
hat, zu der er ein pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat, dem Ehegatten nur
hinsichtlich solcher Schenkungen, die während seiner Ehe mit dem Erblasser
gemacht worden sind.
In jedem Fall bleiben Schenkungen unberücksichtigt,
die der Erblaser aus Einkünften ohne Schmälerung seines Stammvermögens, zu
gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer sittlichen Pflicht oder aus
Rücksichten des Anstandes gemacht hat. Gleiches gilt für Schenkungen, die
früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an nicht
pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind.
§. 786. Der Pflichttheil wird ohne Rücksicht auf
Vermächtnisse, und andere aus dem letzten Willen entspringenden Lasten
berechnet. Bis zur wirklichen Zutheilung ist die Verlassenschaft, in Ansehung
des Gewinnes und der Nachtheile, als ein zwischen den Haupt- und Notherben
verhältnißmäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum Pflichttheile.
§. 787. Alles, was die Notherben durch Legate oder
andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der Verlassenschaft erhalten,
wird bey Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung gebracht.
Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in
Anschlag zu bringen sind, muß sich jeder Noterbe auf die dadurch bewirkte
Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum Nachlasse hinzuzurechnenden
Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom Erblasser erhalten hat.
§. 788. Was der Erblasser bei
Lebzeiten einem Kind zur Ausstattung oder unmittelbar zum Antritt eines Amtes
oder eines Gewerbes gegeben oder zur Bezahlung der Schulden eines volljährigen
Kindes verwendet hat, wird in den Pflichtteil eingerechnet.
§. 789. Überhaupt sind in den Pflichtteil die als
Vorschuß darauf geleisteten Zuwendungen des Erblassers unter Lebenden
einzurechnen; in den Pflichtteil des Ehegatten außerdem alles, was er als
gesetzliches Vorausvermächtnis (§ 758) erhält.
oder zum Erbtheile bey der gesetzlichen Erbfolge.
§. 790. Die Anrechnung bey der Erbfolge der Kinder aus
einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn sie von dem Erblasser
ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muß auch bey der gesetzlichen Erbfolge ein
Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bey dessen Lebenszeit zu den oben
(§. 788.) erwähnten Zwecken empfangen hat, anrechnen lassen. Einem Enkel wird
nicht nur das, was er unmittelbar selbst; sondern auch, was seine Aeltern, in
deren Stelle er tritt, auf solche Arte empfangen haben, in den Erbtheil
eingerechnet.
§. 791. Was Aeltern außer den erwähnten Fällen einem
Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern nicht ausdrücklich die
Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung gehalten, und nicht
angerechnet.
§. 792. Die Aeltern können einem Kinde die Anrechnung
auch bey der gesetzlichen Erbfolge ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige
Erziehung der übrigen Kinder weder aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der
Aeltern bestritten werden könnte; so muß das Kind dasjenige, was es zu den im
§. 788. erwähnten Zwecken in voraus empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen
lassen, als es zur Erziehung für die Geschwister nothwendig ist.
§. 793. Die Anrechnung des Empfangenen zum Erbtheile
geschieht dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen Betrag noch vor der Theilung
erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht hinreichend; so kann zwar das früher
begünstigte Kind keinen Erbtheil ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung
angehalten werden.
§. 794. Bey jeder Anrechnung wird, wenn das Empfangene
nicht in barem Gelde; sondern in andern beweglichen oder unbeweglichen Sachen
bestand, der Werth der letztern nach dem Zeitpuncte des Empfanges; der erstern
dagegen nach dem Zeitpuncte des Erbanlasses bestimmt.
Anspruch des Notherben auf den nothwendigen,
§. 795. Einem Notherben, der von seinem Pflichttheile
selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird, muß doch immer der nothwendige
Unterhalt ausgemessen werden.
und des Ehegatten auf den Unterhalt
§. 796. Der Ehegatte hat, außer in den Fällen der §§
759 und 795, solange er sich nicht wiederverehelicht, an die Erben bis zum Wert
der Verlassenschaft einen Anspruch auf Unterhalt nach den sinngemäß
anzuwendenden Grundsätzen des § 94. In diesen Anspruch ist alles einzurechnen,
was der Ehegatte nach dem Erblasser durch vertragliche oder letztwillige
Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil, durch
öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält; desgleichen
eigenes Vermögen des Ehegatten oder Erträgnisse einer von ihm tatsächlich
ausgeübten oder einer solchen Erwerbstätigkeit, die von ihm den Umständen nach
erwartet werden kann.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der Erbschaft.
Bedingungen zur rechtlichen Besitznehmung einer
Erbschaft.
§. 797. Niemand darf eine Erbschaft eigenmächtig in
Besitz nehmen. Das Erbrecht muß vor Gericht verhandelt und von demselben die
Einantwortung des Nachlasses, das ist, die Uebergabe in den rechtlichen Besitz,
bewirket werden.
§. 798. Wie weit das Gericht nach einem Todesfalle von
Amts wegen vorzugehen habe, und welche Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem
Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn, bestimmen die besondern, über das
gerichtliche Verfahren bestehenden, Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was
dem Erben oder demjenigen, der sonst einen Anspruch an die Verlassenschaft hat,
zu thun obliege, um zu dem Besitze dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.
§. 798a. Überlässt das Gericht eine überschuldete
Verlassenschaft an Zahlungs statt, so bildet der Überlassungsbeschluss einen
Titel zum Erwerb.
Ausweisung des Rechtstitels: Erbantrittserklärung.
§. 799. Wer eine Erbschaft in Besitz nehmen will, muß
den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer letzten Anordnung; aus einem gültigen
Erbvertrage; oder aus dem Gesetze zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich
ausdrücklich erklären, daß er die Erbschaft annehme.
§. 800. Die Antretung der Erbschaft oder die
Erbantrittserklärung muß zugleich enthalten, ob sie unbedingt, oder mit
Vorbehalt der Rechtswohlthat des Inventariums geschehe.
Wirkung der unbedingten,
§. 801. Die unbedingte Erbantrittserklärung hat zur
Folge, daß der Erbe allen Gläubigern des Erblassers für ihre Forderungen, und
allen Legataren für ihre Vermächtnisse haften muß, wenn gleich die
Verlassenschaft nicht hinreichet.
und der bedingten Erklärung.
§. 802. Wird die Erbschaft mit Vorbehalt der
rechtlichen Wohlthat des Inventariums angetreten; so ist sogleich vom Gerichte
das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen. Ein solcher Erbe wird den
Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als die Verlassenschaft für
ihre, und auch seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm zustehenden, Forderungen
hinreicht.
Berechtigung zur bedingten oder unbedingten Antretung
oder Ausschlagung der Erbschaft.
§. 803. Der Erblasser kann dem Erben den Vorbehalt
dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch die Errichtung eines
Inventariums verbiethen. Selbst die in einem
Erbvertrage zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner
Wirkung.
§. 804. Die Errichtung des Inventariums kann auch von
demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichttheil gebühret.
§. 805. Wer seine Rechte selbst verwalten kann, dem
steht frey, die Erbschaft unbedingt, oder mit Vorbehalt der obigen
Rechtswohlthat anzutreten oder auch auszuschlagen.
§. 806. Der Erbe kann seine gerichtliche
Erbantrittserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die unbedingte abändern,
und sich die Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.
§. 807. Wenn aus mehrern Miterben einige unbedingt;
andere aber, oder auch nur Einer aus ihnen mit Vorbehalt der erwähnten
Rechtswohlthat sich zu Erben erklären; so ist ein Inventarium zu errichten und
die auf diesen Vorbehalt beschränkte Erbantrittserklärung der
Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In diesem, so wie in allen
Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden muß, genießt auch
derjenige, welcher einer unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben hat, so
lange ihm die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die rechtliche Wohlthat
des Inventariums.
§. 808. Wird jemand zum Erben eingesetzt, dem auch
ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder zum Theile gebührt hätte;
so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche Erbfolge zu berufen und
dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln. Er muß die Erbschaft
entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz entsagen. Personen
aber, denen ein Pflichttheil gebühret, können die
Erbschaft mit Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.
Uebertragung des Erbrechtes.
§. 809. Stirbt der Erbe ehe, als er die angefallene
Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat; so treten seine Erben, wenn der
Erblasser diese nicht ausgeschlossen, oder nicht andere Nacherben bestimmt hat,
in das Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder auszuschlagen. (§. 537.)
Vorkehrungen vor Einantwortung der Erbschaft:
a) Verwaltung;
§. 810. Der Erbe, der bei Antretung der Erbschaft sein
Erbrecht hinreichend ausweist, hat das Recht, das Verlassenschaftsvermögen zu
benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft zu vertreten, solange das
Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet. Trifft dies auf mehrere
Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus, soweit sie nichts anderes
vereinbaren.
Verwaltungs- und Vertretungshandlungen vor Abgabe von
Erbantrittserklärungen zur gesamten Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen
von Gegenständen aus dem Verlassenschaftsvermögen bedürfen der Genehmigung des
Verlassenschaftsgerichts, wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb
gehören. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Handlung für die
Verlassenschaft offenbar nachteilig wäre.
Ist nach der Aktenlage die Errichtung eines Inventars
zu erwarten, so dürfen Vermögensgegenstände, deren Veräußerung nicht zum
ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, erst veräußert werden, nachdem sie in
ein Inventar (Teilinventar) aufgenommen worden sind.
b) Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger;
§. 811. Für die Sicherstellung oder Befriedigung der
Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte nicht weiter gesorgt, als sie selbst
verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht schuldig, eine Erbantrittserklärung
abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider die Masse anbringen, und begehren:
daß zur Vertretung derselben ein Curator bestellt werde, gegen welchen sie ihre
Forderungen ausführen können.
c) Absonderung der Verlassenschaft von dem Vermögen
des Erben;
§. 812. Besorget ein Erbschaftsgläubiger, ein Legatar,
oder ein Notherbe, daß er durch Vermengung der Verlassenschaft mit dem Vermögen
des Erben für seine Forderung Gefahr laufen könne; so kann er vor der
Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von dem Vermögen des Erben
abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem Curator verwaltet, sein
Anspruch darauf vorgemerkt und berichtiget werde. In einem solchen Falle hat
ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als Erbe erkläret hätte, aus
eigenem Vermögen nicht
mehr zu haften.
d) Einberufung der Verlassenschaftsgläubiger.
§. 813. Dem Erben oder dem aufgestellten
Verlassenschafts-Curator steht es frey, zur Erforschung des Schuldenstandes die
Ausfertigung eines Edictes, wodurch alle Gläubiger zur Anmeldung und Darthuung
ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene Zeit einberufen werden,
nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der Befriedigung der
Gläubiger inne zu halten.
Wirkung der Einberufung;
§. 814. Die Wirkung dieser gerichtlichen Einberufung
ist, daß den Gläubigern, welche sich binnen der bestimmten Zeitfrist nicht
gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie durch die Bezahlung der
angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein weiterer Anspruch zusteht,
als in so fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.
oder, der Unterlassung derselben.
§. 815. Unterläßt der Erbe die ihm bewilligte Vorsicht
der gerichtlichen Einberufung; oder befriediget er sogleich einige der sich
anmeldenden Gläubiger, ohne auf die Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und
bleiben einige Gläubiger aus Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so
haftet er ihnen, ungeachtet der bedingten Erbantrittserklärung, mit seinem
ganzen Vermögen in dem Maße, als sie die Zahlung erhalten haben würden, wenn
die Verlassenschaft nach der gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der
Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die Erfüllung des letzten Willens,
entweder von dem Testaments-Executor;
§. 816. Hat der Erblasser einen Vollzieher (Executor)
seines letzten Willens ernannt; so hängt es von dessen Willkühr ab, dieses
Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es übernommen, so ist er schuldig, entweder
als ein Machthaber die Anordnungen des Erblassers selbst zu vollziehen, oder
den saumseligen Erben zur Vollziehung derselben zu betreiben.
oder dem Erben.
§. 817. Ist kein Vollzieher der letzten Willens
ernannt, oder unterzieht sich der ernannte dem Geschäfte nicht; so liegt dem
Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers so viel möglich zu erfüllen,
oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich gegen das Gericht darüber
auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er bloß darzuthun, daß er
denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse Nachricht gegeben habe (§.
688.)
§. 818. Was der Erbe, ehe er zum Besitze der Erbschaft
gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und im Falle, daß sein Erblasser gegen
das Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden ist, hierwegen auszuweisen habe,
darüber enthalten die politischen Verordnungen die besondere Vorschrift.
Wann die Erbschaft einzuantworten.
§. 819. Sobald über die eingebrachte
Erbantrittserklärung der rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt, und von
demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die
Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der Erbe
um die Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die
Vorschrift des §. 436. zu befolgen.
Haftung der gemeinschaftlichen Erben.
§. 820. Mehrere Erben, welche eine gemeinschaftliche
Erbschaft ohne die rechtliche Wohlthat des Inventariums angetreten haben,
haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren, selbst nach der Einantwortung,
Alle für Einen und Einer für Alle. Unter sich aber sind sie nach Verhältniß
ihrer Erbtheile beyzutragen schuldig.
§. 821. Haben die gemeinschaftlichen Erben von der
rechtlichen Wohlthat des Inventariums Gebrauch gemacht; so sind sie vor der
Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und Legataren nach dem §. 550. zu haften
verbunden. Nach der erfolgten Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für
die, die Erbschafts-Masse nicht übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß
seines Erbtheiles.
Sicherheitsmittel der Gläubiger des Erben.
§. 822. Vor der Einantwortung können Gläubiger des
Erben nur auf die einzelnen Bestandteile des Nachlasses Exekution führen, über
welche dem Erben vom Nachlaßgerichte die freie Verfügung überlassen worden ist.
Erbschaftsklagen.
§. 823. Auch nach erhaltener Einantwortung kann der
Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches Erbrecht zu haben
behauptet, auf Abtretung oder Theilung der Erbschaft belangt werden. Das
Eigenthum einzelner Erbschaftstücke wird nicht mit der Erbschafts-, sondern der
Eigenthumsklage verfolgt.
Wirkung derselben.
§. 824. Wenn der Beklagte zur Abtretung der
Verlassenschaft ganz oder zum Theile verhalten wird; so sind die Ansprüche auf
die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen Früchte; oder auf die
Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten Kosten nach jenen
Grundsätzen zu beurtheilen, welche in Rücksicht auf den redlichen oder
unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt festgesetzt sind.
Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der Zwischenzeit erworbenen
Erbstücke niemanden verantwortlich.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer
dinglichen Rechte.
Ursprung einer Gemeinschaft.
§. 825. So oft das Eigenthum der nähmlichen Sache, oder
ein und dasselbe Recht mehreren Personen ungetheilt zukommt; besteht eine
Gemeinschaft. Sie gründet sich auf eine zufällige Ereignung; auf ein Gesetz;
auf eine letzte Willenserklärung; oder auf einen Vertrag.
§. 826. Nach Verschiedenheit der Quellen, aus denen
eine Gemeinschaft entspringt, erhalten auch die Rechte und Pflichten der
Theilhaber ihre nähere Bestimmung. Die besondern Vorschriften über eine durch
Vertrag entstehende Gemeinschaft der Güter sind in dem sieben und zwanzigsten
Hauptstücke enthalten.
§. 827. Wer einen Antheil an einer gemeinschaftlichen
Sache anspricht, der muß sein Recht, wenn es von den übrigen Theilnehmern
widersprochen wird, beweisen.
Gemeinschaftliche Rechte der Theilhaber.
§. 828. So lange alle Theilhaber einverstanden sind, stellen
sie nur Eine Person vor, und haben das Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache
nach Belieben zu schalten. Sobald sie uneinig sind, kann kein Theilhaber in der
gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung vornehmen, wodurch über den Antheil
des Andern verfügt würde.
Eine gerichtliche oder vertraglich vereinbarte
Benützungsregelung zwischen den Teilhabern einer unbeweglichen Sache wirkt auch
für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im Grundbuch angemerkt ist.
Rechte des Theilhabers auf seinen Antheil.
§. 829. Jeder Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer
seines Antheiles. In so fern er die Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt,
kann er denselben, oder die Nutzungen davon willkührlich und unabhängig
verpfänden, vermachen, oder sonst veräußern. (§. 361.)
§. 830. Jeder Theilhaber ist befugt, auf Ablegung der
Rechnung und auf Vertheilung des Ertrages zu dringen. Er kann in der Regel auch
die Aufhebung der Gemeinschaft verlangen; doch nicht zur Unzeit, oder zum
Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich daher einen, den Umständen angemessenen,
nicht wohl vermeidlichen Aufschub gefallen lassen.
§. 831. Hat sich ein Theilhaber zur Fortsetzung der
Gemeinschaft verbunden, so kann er zwar vor Verlauf der Zeit nicht austreten;
allein diese Verbindlichkeit wird, wie andere Verbindlichkeiten, aufgehoben,
und erstreckt sich nicht auf die Erben, wenn diese nicht selbst dazu
eingewilliget haben.
§. 832. Auch die Anordnung eines Dritten, wodurch eine
Sache zur Gemeinschaft bestimmt wird, muß zwar von den ersten Theilhabern,
nicht auch von ihren Erben befolgt werden. Eine Verbindlichkeit zu einer
immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen.
Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:
a) In Rücksicht des Hauptstammes.
§. 833. Der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen
Sache kommt allen Theilhabern insgesammt zu. In
Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des
Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach
den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet
werden.
§. 834. Bey wichtigen Veränderungen aber, welche zur
Erhaltung oder bessern Benützung des Hauptstammes vorgeschlagen werden, können
die Ueberstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden; oder, wenn diese
verweigert wird, den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.
§. 835. Wollen sie nicht austreten; oder geschähe der
Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein Schiedsmann, oder, wofern sie sich
darüber nicht einhellig vereinigen, der Richter entscheiden, ob die Veränderung
unbedingt oder gegen Sicherstellung Statt finden soll oder nicht. Diese Arten
der Entscheidung treten auch bey gleichen Stimmen der Mitglieder ein.
§. 836. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen
Sachen zu bestellen; so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der
Stimmen, und in deren Abgang der Richter.
§. 837. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes
wird als ein Machthaber angesehen. Er ist einerseits verbunden, ordentliche
Rechnung abzulegen; andererseits aber befugt, alle nützlich gemachte Auslagen
in Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in dem Falle, daß ein Theilgenosse
ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der übrigen Theilnehmer verwaltet.
§. 838. Wird die Verwaltung Mehrern überlassen; so
entscheidet auch unter ihnen die Mehrheit der Stimmen.
§. 838a. Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über
die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar
zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind im Verfahren außer Streitsachen zu
entscheiden.
b) der Nutzungen und Lasten.
§. 839. Die gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten
werden nach Verhältniß der Antheile ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil
gleich groß angesehen; wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
§. 840. Ordentlicher Weise sind die erzielten
Nutzungen in Natur zu theilen. Ist aber diese Vertheilung nicht thunlich; so
ist jeder berechtigt, auf die öffentliche Feilbiethung zu dringen. Der gelöste
Werth wird den Theilhabern verhältnißmäßig entrichtet.
c) der Theilung.
§. 841. Bey der nach aufgehobener Gemeinschaft
vorzunehmenden Theilung der gemeinschaftlichen Sache gilt keine Mehrheit der
Stimmen. Die Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden Sachgenossen
vorgenommen werden. Können sie nicht einig werden; so entscheidet das Los, oder
ein Schiedsmann, oder, wenn sie sich über die Bestimmung der einen oder andern
dieser Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der Richter.
§. 842. Ein Schiedsmann oder der Richter entscheidet
auch, ob bey der Theilung liegender Gründe oder Gebäude ein Theilgenosse, zur
Benützung seines Antheiles, einer Servitut bedürfe, und unter welcher Bedingung
sie ihm zu verwilligen sey.
§. 843. Kann eine gemeinschaftliche Sache entweder gar
nicht, oder nicht ohne beträchtliche Verminderung des Werthes getheilt werden,
so ist sie, und zwar wenn auch nur Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst
gerichtlicher Feilbiethung zu verkaufen, und der Kaufschilling unter die
Theilhaber zu vertheilen.
§. 844. Servituten, Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen
Gebrauche nötigen Urkunden sind keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn
sonst nichts im Wege steht, bei dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die
übrigen erhalten auf ihre Kosten beglaubigte Abschriften. Die
Grunddienstbarkeiten bestehen mangels Vereinbarung zugunsten aller Teile fort;
jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht erweitert oder für das dienstbare
Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung der Dienstbarkeit nur einzelnen
Teilen zugute, so erlischt das Recht hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 845. Bei Teilungen der Grundstücke sind die
gegenseitigen Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen auf eine deutliche und
unwandelbare Art zu bezeichnen.
§. 846. Ueber die gemachte Theilung sind Urkunden zu
errichten. Ein Theilhaber einer unbeweglichen Sache erhält auch erst dadurch
ein dingliches Recht auf seinen Antheil, daß die darüber errichtete Urkunde den
öffentlichen Büchern einverleibt wird. (§. 436.)
§. 847. Die bloße Teilung was immer für eines gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht zum
Nachteile gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen
dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die
Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 848. Auch persönliche Rechte, die einem Dritten
gegen eine Gemeinschaft zustehen, haben ungeachtet des erfolgten Austrittes
ihre vorige Kraft. Ebenso kann derjenige, welcher an eine Gemeinschaft schuldig
ist, die Zahlung nicht an einzelne Teilnehmer entrichten. Solche Schulden
müssen an die ganze Gemeinschaft oder an jenen, der sie ordentlich vorstellt,
abgetragen werden.
§. 848a. Gewährt eine Dienstbarkeit oder eine andere
dingliche Last einen Anspruch auf Nutzungen, so kann bei Teilung des
herrschenden Grundstückes jeder Berechtigte und bei Teilung des belasteten
Grundstückes jeder Belastete eine gerichtliche Regelung der Ausübung begehren.
Die Ausübung ist mit Rücksicht auf die Natur und Zweckbestimmung des Rechtes
sowie auf das Größenverhältnis und die wirtschaftliche Besonderheit der
einzelnen Liegenschaftsteile ohne Erschwerung der Last so zu regeln, wie es
allen Interessen billigerweise entspricht.
§. 849. Was bisher von der Gemeinschaft überhaupt
bestimmt worden ist, läßt sich auch auf die einer Familie, als einer
Gemeinschaft, zustehenden Rechte und Sachen, z. B. Stiftungen, Fideicommisse u.
dgl. anwenden.
Erneuerung und Berichtigung der Grenzen
§. 850. Wenn die Grenzzeichen zwischen zwei
Grundstücken durch was immer für Umstände so verletzt worden sind, daß sie ganz
unkenntlich werden könnten, oder wenn die Grenzen wirklich unkennbar oder
streitig sind, so hat jeder der Nachbarn das Recht, die gerichtliche Erneuerung
oder Berichtigung der Grenze zu verlangen. Zu diesem Behufe sind die Nachbarn
zu einer Verhandlung im Verfahren außer Streitsachen mit dem Bedeuten zu laden,
daß trotz Ausbleibens des Geladenen die Grenze festgesetzt und vermarkt werden
wird.
§. 851. Sind die Grenzen wirklich unkennbar geworden
oder streitig, so werden sie nach dem letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt.
Läßt sich dieser nicht feststellen, so hat das Gericht die streitige Fläche
nach billigem Ermessen zu verteilen.
Jeder Partei bleibt es vorbehalten, ihr besseres Recht
im Prozeßweg geltend zu machen.
§. 852. Die wichtigsten Behelfe bey einer
Gränzberichtigung sind: die Ausmessung und Beschreibung, oder auch die
Abzeichnung des streitigen Grundes; dann, die sich darauf beziehenden
öffentlichen Bücher und andere Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger
Zeugen, und das von Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene
Gutachten.
§. 853. Die Kosten des Verfahrens sind von den
Nachbarn nach Maß ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der Antragsteller hat die
Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der Verhandlung ergibt, daß die
Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht notwendig war, weil die Grenze
nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich gewesen ist, oder weil die anderen
Beteiligten zur außergerichtlichen Vermarkung bereit waren.
Wenn das Verfahren durch Störung des ruhigen Besitzes
veranlaßt wurde, kann das Gericht die Kosten ganz oder teilweise der Partei
auferlegen, die den Streit veranlaßt hat.
Vermuthete Gemeinschaft.
§. 853a. Für Grenzen von Grundstücken, die im
Grenzkataster enthalten sind, finden die Bestimmungen der §§ 850 bis 853 keine
Anwendung.
§. 854. Erdfurchen, Zäune, Hecken, Planken, Mauern,
Privat-Bäche, Canäle, Plätze und andere dergleichen Scheidewände, die sich
zwischen benachbarten Grundstücken befinden, werden für ein gemeinschaftliches
Eigenthum angesehen; wenn nicht Wapen, Auf- oder Inschriften, oder andere
Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil beweisen.
§. 855. Jeder Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche
Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in der Dicke benützen, auch Blindthüren
und Wandschränke dort anbringen, wo auf der entgegengesetzten Seite noch keine
angebracht sind. Doch darf das Gebäude durch einen Schorstein, Feuerherd oder
andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt, und der Nachbar auf keine Art in dem
Gebrauche seines Antheiles gehindert werden.
§. 856. Alle Miteigenthümer tragen zur Erhaltung
solcher gemeinschaftlichen Scheidewände verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt
vorhanden sind; oder das Eigenthum getheilt ist, bestreitet jeder die
Unterhaltungskosten für das, was ihm allein gehört.
§. 857. Ist die Stellung einer Scheidewand von der
Art, daß die Ziegel, Latten oder Steine nur auf einer Seite vorlaufen oder
abhängen; oder sind die Pfeiler, Säulen, Ständer, Bachställe auf einer Seite
eingegraben; so ist im Zweifel auf dieser Seite das ungetheilte Eigenthum der
Scheidewand, wenn nicht aus einer beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus
andern Kennzeichen, oder sonstigen Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch
derjenige wird für den ausschließenden Besitzer einer Mauer gehalten, welcher
eine in der Richtung gleich fortlaufende Mauer von gleicher Höhe und Dicke
unstreitig besitzt.
§. 858. In der Regel ist der ausschließende Besitzer
nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder Planke neu aufzuführen; nur dann
muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn durch die Oeffung für den
Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist aber jeder Eigenthümer
verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges für die nöthige
Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem fremden Raume zu
sorgen.
Zweyter Theil.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen
Sachenrechte.
§. 859. Die persönlichen
Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer andern zu einer Leistung
verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein Gesetz; oder auf ein
Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.
Auslobung
§. 860. Die nicht an
bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung für eine Leistung oder
einen Erfolg (Auslobung) wird durch die öffentliche Bekanntmachung verbindlich.
Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum Gegenstande hat, ist nur gültig,
wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die Bewerbung bestimmt ist.
§. 860a. Bis zur Vollendung
der Leistung kann die Auslobung in derselben Form, in welcher sie bekannt
gemacht war, oder einer gleich wirksamen Form, oder durch besondere Mitteilung
widerrufen werden, wenn anders darauf in der Bekanntmachung nicht ausdrücklich
oder durch Bestimmung einer Frist verzichtet ist. Der Widerruf ist aber
unwirksam gegenüber demjenigen, der die Leistung im Hinblick auf die Auslobung
vollbracht hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm zu dieser Zeit ohne sein
Verschulden nicht bekannt geworden war.
§. 860b. Ist die Leistung
von mehreren Personen vollbracht worden, so gebührt, falls nicht aus der
Auslobung ein anderer Wille hervorgeht, die Belohnung demjenigen, der die
Leistung zuerst vollbracht hat, und bei gleichzeitiger Vollendung allen zu
gleichen Teilen.
Abschließung des Vertrages.
§. 861. Wer sich erkläret, daß
er jemanden sein Recht übertragen, daß heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas
geben, daß er für ihn etwas thun, oder seinetwegen etwas unterlassen wolle,
macht ein Versprechen; nimmt aber der Andere das Versprechen gültig an, so
kommt durch den übereinstimmenden Willen beyder Theile ein Vertrag zu Stande.
So lange die Unterhandlungen dauern, und das Versprechen noch nicht gemacht,
oder weder zum voraus, noch nachher angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§. 862. Das Versprechen
(Antrag) muß innerhalb der vom Antragsteller bestimmten Frist angenommen
werden. In Ermanglung einer solchen muß der einem Anwesenden oder mittels
Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag sogleich, der sonst einem
Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem Zeitpunkte angenommen werden,
in welchem der Antragsteller unter der Voraussetzung, daß sein Antrag rechtzeitig
angekommen sei, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort
deren Eintreffen erwarten darf; widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor
Ablauf der Annahmefrist kann der Antrag nicht zurückgenommen werden. Er
erlischt auch nicht, wenn ein Teil während der Annahmefrist stirbt oder
handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille des Antragstellers aus
den Umständen hervorgeht.
§. 862a. Als rechtzeitig
gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb der Annahmefrist dem
Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt jedoch der Vertrag
zustande, wenn der Antragsteller erkennen mußte, daß die Annahmeerklärung
rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt dem andern nicht
unverzüglich anzeigt.
§. 863. Man kann seinen
Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und allgemein angenommene Zeichen;
sondern auch stillschweigend durch solche Handlungen erklären, welche mit
Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund, daran zu zweifeln, übrig
lassen.
In bezug auf die Bedeutung
und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen ist auf die im redlichen Verkehr
geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.
§. 864. Ist eine
ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des Geschäftes oder der
Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag zustande, wenn dem Antrag
innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen angemessenen Frist
tatsächlich entsprochen worden ist.
Das Behalten, Verwenden oder
Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger ohne seine Veranlassung übersandt
worden ist, gilt nicht als Annahme eines Antrags. Der Empfänger ist nicht
verpflichtet, die Sache zu verwahren oder zurückzuleiten, er darf sich ihrer
auch entledigen. Muß ihm jedoch nach den Umständen auffallen, daß die Sache irrtümlich
an ihn gelangt ist, so hat er in angemessener Frist dies dem Absender
mitzuteilen oder die Sache an den Absender zurückzuleiten.
§. 864a. Bestimmungen
ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder
Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht
Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen
auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der
Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den
anderen besonders darauf hingewiesen.
Erfordernisse eines gültigen
Vertrages:
1) Fähigkeiten der Personen;
§. 865. Kinder unter sieben
Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft nicht
haben, sind – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 – unfähig, ein Versprechen
zu machen oder es anzunehmen. Andere Minderjährige oder Personen, denen ein
Sachwalter bestellt ist, können zwar ein bloß zu ihrem Vorteil gemachtes
Versprechen annehmen; wenn sie aber eine damit verknüpfte Last übernehmen oder
selbst etwas versprechen, hängt – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und des
§ 280 Abs. 2 – die Gültigkeit des Vertrages nach den in dem dritten und vierten
Hauptstück des ersten Teiles gegebenen Vorschriften in der Regel von der Einwilligung
des Vertreters oder zugleich des Gerichtes ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil
nicht zurücktreten, aber eine angemessene Frist zur Erklärung verlangen.
§. 866. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 1, Z. 83, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 867. Was zur Gültigkeit
eines Vertrages mit einer unter der besondern Vorsorge der öffentlichen
Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren einzelnen Gliedern und
Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung derselben und den
politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)
§. 868. (Anm.: Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr.
131.)
2) wahre Einwilligung.
§. 869. Die Einwilligung in
einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt und verständlich erkläret werden.
Ist die Erklärung unverständlich; ganz unbestimmt; oder erfolgt die Annahme
unter andern Bestimmungen, als unter welchen das Versprechen geschehen ist; so
entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen Andern zu bevortheilen, undeutlicher
Ausdrücke bedient, oder ein Scheinhandlung unternimmt,
leistet Genugthuung.
§. 870. Wer von dem anderen
Teile durch List oder durch ungerechte und gegründete Furcht (§ 55) zu einem
Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten nicht verbunden.
§. 871. War ein Teil über
den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem anderen zugegangenen Erklärung in
einem Irrtum befangen, der die Hauptsache oder eine wesentliche Beschaffenheit
derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich gerichtet und erklärt wurde,
so entsteht für ihn keine Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen
veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch
rechtzeitig aufgeklärt wurde.
Ein Irrtum eines Teiles über
einen Umstand, über den ihn der andere nach geltenden Rechtsvorschriften
aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum über den Inhalt des Vertrages
und nicht bloß als solcher über den Bewegungsgrund oder den Endzweck (§ 901).
§. 872. Betrifft aber der
Irrthum weder die Hauptsache, noch eine wesentliche Beschaffenheit derselben,
sondern einen Nebenumstand; so bleibt der Vertrag, in so fern beyde Theile in
den Hauptgegenstand gewilliget, und den Nebenumstand nicht als vorzügliche
Absicht erkläret haben, noch immer gültig: allein dem Irregeführten ist von dem
Urheber des Irrthumes die angemessene Vergütung zu leisten.
§. 873. Eben diese Grundsätze
sind auch auf den Irrthum in der Person desjenigen, welchem ein Versprechen
gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern ohne den Irrthum der Vertrag
entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art errichtet worden wäre. Als
Irrtum in der Person gilt jedenfalls der Irrtum über das Vorhandensein einer
erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur Erbringung der Leistung.
§. 874. In jedem Falle muß
derjenige, welcher einen Vertrag durch List oder ungerechte Furcht bewirket
hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung leisten.
§. 875. Ist einer der
Vertragschließenden von einem Dritten durch List oder durch ungerechte und
gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu einer irrtümlichen
Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur in dem Falle, daß
der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von derselben
offenbar wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.
§. 876. Die vorstehenden
Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden entsprechende Anwendung auf sonstige
Willenserklärungen, welche einer anderen Person gegenüber abzugeben sind.
§. 877. Wer die Aufhebung eines
Vertrages aus Mangel der Einwilligung verlangt, muß dagegen auch Alles
zurückstellen, was es aus einem solchen Vertrage zu seinem Vortheile erhalten
hat.
3) Möglichkeit der Leistung.
§. 878. Was geradezu
unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen Vertrages werden. Ist
Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen, so bleibt der Vertrag in ersterem
Teile gültig, wenn anders aus dem Vertrage nicht hervorgeht, daß kein Punkt von
dem anderen abgesondert werden könne. Wer bei Abschließung des Vertrages die
Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, hat dem anderen Teile, falls von diesem
nicht dasselbe gilt, den Schaden zu ersetzen, den er durch das Vertrauen auf
die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat.
§. 879. Ein Vertrag, der
gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Insbesondere sind folgende
Verträge nichtig:
1. wenn etwas für die
Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;
1a. wenn etwas für die
Vermittlung einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung bedungen wird;
2. wenn ein Rechtsfreund eine ihm anvertraute
Streitsache ganz oder teilweise an sich löst oder sich einen bestimmten Teil
des Betrages versprechen läßt, der der Partei zuerkannt wird;
3. wenn eine Erbschaft oder ein Vermächtnis, die man
von einer dritten Person erhofft, noch bei Lebzeiten derselben veräußert wird;
4. wenn jemand den Leichtsinn, die Zwangslage,
Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder Gemütsaufregung eines anderen dadurch
ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten für eine Leistung eine Gegenleistung
versprechen oder gewähren läßt, deren Vermögenswert zu dem Werte der Leistung
in auffallendem Mißverhältnisse steht.
Eine in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung,
die nicht eine der beiderseitigen Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls
nichtig, wenn sie unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil
gröblich benachteiligt.
§. 880. Wird der Gegenstand,
worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor dessen Uebergabe dem Verkehre
entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man den Vertrag nicht geschlossen
hätte.
§. 880a. Hat jemand einem
andern eine Leistung eines Dritten versprochen, so gilt dies als Zusage seiner
Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den Erfolg eingestanden, so haftet
er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des Dritten ausbleibt.
Verträge zugunsten Dritter
§. 881. Hat sich jemand eine
Leistung an einen Dritten versprechen lassen, so kann er fordern, daß an den
Dritten geleistet werde.
Ob und in welchem Zeitpunkt
auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom
Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und der Natur und
dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der Dritte dieses
Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll.
Das Recht auf die bei einer
Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines Dritten versprochenen Leistungen
gilt mangels anderer Vereinbarungen dem Dritten als mit der Übergabe des Gutes
erworben.
§. 882. Weist der Dritte das
aus dem Vertrag erworbene Recht zurück, so gilt das Recht als nicht erworben.
Einwendungen aus dem
Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegen den Dritten zu.
Form der Verträge.
§. 883. Ein Vertrag kann
mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder außerhalb desselben; mit oder ohne
Zeugen errichtet werden. Diese Verschiedenheit der Form macht, außer den im
Gesetze bestimmten Fällen, in Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§. 884. Haben die Parteien
für einen Vertrag die Anwendung einer bestimmten Form vorbehalten, so wird
vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser Form nicht gebunden sein wollen.
§. 885. Ist zwar noch nicht die förmliche Urkunde,
aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte errichtet und von den Parteien
unterfertigt worden (Punktation), so gründet auch schon ein solcher Aufsatz
diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche darin ausgedrückt sind.
§. 886. Ein Vertrag, für den Gesetz oder Parteiwille
Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die Unterschrift der Parteien oder, falls
sie des Schreibens unkundig oder wegen Gebrechens unfähig sind, durch
Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens oder
Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen, deren einer den Namen der Partei
unterfertigt, zustande. Der schriftliche Abschluß des Vertrages wird durch
gerichtliche oder notarielle Beurkundung ersetzt. Eine Nachbildung der
eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege ist nur da genügend, wo sie im
Geschäftsverkehr üblich ist.
§. 887. (Anm.: Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69
- Dritte Teilnovelle.)
Gemeinschaftliche
Verbindlichkeit oder Berechtigung.
§. 888. Wenn zwey oder mehrere Personen jemanden eben
dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder es von ihm annehmen; so wird
sowohl die Forderung, als die Schuld nach den Grundsätzen der Gemeinschaft des
Eigenthumes getheilt.
§. 889. Außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen
haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer theilbaren Sache jeder nur für
seinen Antheil, und eben so muß von mehrern Mitgenossen einer theilbaren Sache,
jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile begnügen.
§. 890. Betrifft es hingegen untheilbare Sachen; so
kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist, solche von einem jeden
Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und nur Ein Schuldner da
sind; so ist dieser die Sache einem einzelnen Mitgläubiger, ohne Sicherstellung
heraus zu geben, nicht verpflichtet; er kann auf die Uebereinkunft aller
Mitgläubiger dringen, oder die gerichtliche Verwahrung der Sache verlangen.
Correalität.
§. 891. Versprechen mehrere Personen ein und dasselbe
Ganze zur ungetheilten Hand dergestalt, daß sich Einer für Alle, und Alle für
Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede einzelne Person für das Ganze. Es
hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von allen, oder von einigen
Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten Antheilen, oder ob er es
von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach erhobener Klage bleibt ihm, wenn
er von derselben absteht, diese Wahl vorbehalten; und, wenn er von einem oder
dem andern Mitschuldner nur zum Theile befriediget wird; so kann er das
Rückständige von den übrigen fordern.
§. 892. Hat hingegen einer mehrern Personen eben
dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese ausdrücklich berechtiget worden, es zur
ungetheilten Hand fordern zu können; so muß der Schuldner das Ganze demjenigen
dieser Gläubiger entrichten, der ihn zuerst darum angeht.
§. 893. Sobald ein Mitschuldner dem Gläubiger das
Ganze entrichtet hat, darf dieser von den übrigen Mitschuldnern nichts mehr
fordern; und sobald ein Mitgläubiger von dem Schuldner ganz befriediget worden
ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen Anspruch mehr.
§. 894. Ein Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem
Gläubiger lästigere Bedingungen eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen,
und die Nachsicht oder Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person
erhält, kommt den übrigen nicht zu Statten.
§. 895. Wie weit aus mehrern Mitgläubigern, welchen
eben dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand zugesagt worden ist, derjenige, welcher
die ganze Forderung für sich erhalten hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß
aus den besondern, zwischen den Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen
Verhältnissen bestimmt werden. Besteht kein solches Verhältniß; so ist einer
dem andern keine Rechenschaft schuldig.
§. 896. Ein Mitschuldner zur ungetheilten Hand,
welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen hat, ist berechtiget, auch
ohne geschehene Rechtsabtretung, von den übrigen den Ersatz, und zwar, wenn
kein anderes besonderes Verhältniß unter ihnen besteht, zu gleichen Theilen zu
fordern. War einer aus ihnen unfähig, sich zu verpflichten, oder ist er
unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu leisten; so muß ein solcher
ausfallender Antheil ebenfalls von allen Mitverpflichteten übernommen werden.
Die erhaltene Befreyung eines Mitverpflichteten kann den übrigen bey der
Forderung des Ersatzes nicht nachtheilig seyn. (§. 894.)
Nebenbestimmungen bey
Verträgen:
1) Bedingungen;
§. 897. In Ansehung der Bedingungen bey Verträgen
gelten überhaupt die nähmlichen Vorschriften, welche über die den Erklärungen
des letzten Willens beygesetzten Bedingungen aufgestellt worden sind.
§. 898. Verabredungen unter solchen Bedingungen,
welche bey einem letzten Willen für nicht beigesetzt angesehen werden, sind ungültig.
§. 899. Ist die in einem Vertrage vorgeschriebene
Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen; so muß sie nach dem Vertrage nur
dann wiederhohlet werden, wenn sie in einer Handlung dessen, der das Recht
erwerben soll, besteht und von ihm wiederhohlet werden kann.
2) Bewegungsgrund;
§. 900. Ein unter einer aufschiebenden Bedingung
zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.
§. 901. Haben die Parteyen den Bewegungsgrund, oder
den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich zur Bedingung gemacht; so wird der
Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere Bedingung angesehen. Außer dem
haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit entgeldlicher Verträge keinen
Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die bey den letzten Anordnungen
gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3) Zeit, Ort und Art der
Erfüllung;
§. 902. Eine durch Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist
ist vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu berechnen, daß bei einer nach Tagen
bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt wird, in welchen das Ereignis fällt,
von dem der Fristenlauf beginnt.
Das Ende einer nach Wochen, Monaten oder Jahren
bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag der letzten Woche oder des letzten
Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl dem Tage des Ereignisses
entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn aber dieser Tag in dem
letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Unter einem halben Monate sind fünfzehn Tage zu
verstehen, unter der Mitte eines Monats der fünfzehnte dieses Monats.
§. 903. Ein Recht, dessen Erwerbung an einen
bestimmten Tag gebunden ist, wird mit dem Anfang dieses Tages erworben. Die
Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder eines Versäumnisses
treten erst mit dem Ablauf des letzten Tages der Frist ein. Fällt der für die
Abgabe einer Erklärung oder für eine Leistung bestimmte letzte Tag auf einen
Sonntag oder anerkannten Feiertag, so tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich
gegenteiliger Vereinbarung, der nächstfolgende Werktag.
§. 904. Ist keine gewisse Zeit für die Erfüllung des
Vertrages bestimmt worden; so kann sie sogleich, nähmlich ohne unnöthigen
Aufschub, gefordert werden. Hat der Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner
Willkühr vorbehalten; so muß man entweder seinen Tod abwarten, und sich an die
Erben halten; oder, wenn es um eine bloß persönliche, nicht vererbliche,
Pflicht zu thun ist, die Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit
festsetzen lassen. Letzteres findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die
Erfüllung, nach Möglichkeit, oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens
müssen die Vorschriften, welche oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten
Anordnungen beygerückten Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet
werden.
§. 905. Kann der Erfüllungsort weder aus der
Verabredung noch aus der Natur oder dem Zwecke des Geschäftes bestimmt werden,
so ist an dem Orte zu leisten, wo der Schuldner zur Zeit des
Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die Verbindlichkeit im
Betriebe des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens des Schuldners
entstand, am Orte der Niederlassung. In Ansehung des Maßes, des Gewichtes und
der Geldsorten ist auf den Ort der Erfüllung zu sehen.
Geldzahlungen hat der Schuldner im Zweifel auf seine
Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen Wohnsitz (Niederlassung) zu
übermachen. Hat sich dieser nach der Entstehung der Forderung geändert, so
trägt der Gläubiger die dadurch bewirkte Erhöhung der Gefahr und der Kosten.
Aus der Übernahme der Kosten der Versendung durch den
Schuldner allein folgt noch nicht, dass der Ort, an den die Versendung zu
erfolgen hat, für den Schuldner als Erfüllungsort zu gelten hat.
§. 905a. Ist eine in ausländischer Währung
ausgedrückte Geldschuld im Inland zu zahlen, so kann die Zahlung in
inländischer Währung erfolgen, es sei denn, dass die Zahlung in ausländischer
Währung ausdrücklich bedungen worden ist.
Die Umrechnung erfolgt nach dem zur Zeit der Zahlung
am Zahlungsort maßgeblichen Kurswert. Wenn der Schuldner die Zahlung verzögert,
hat der Gläubiger die Wahl zwischen dem bei Fälligkeit und dem zur Zeit der
Zahlung maßgeblichen Kurswert.
§. 905b. Wird eine nur der Gattung nach bestimmte
Sache geschuldet, so ist diese in mittlerer Art und Güte zu leisten.
§. 906. Kann das Versprechen auf mehrere Arten erfüllt
werden, so hat der Schuldner die Wahl. Er kann aber von der einmal getroffenen
Wahl für sich allein nicht abgehen.
Hat der Gläubiger die Wahl und ist er mit ihr in
Verzug, so kann der Schuldner die Wahl an Stelle des Gläubigers treffen oder
nach den §§ 918 und 919 vorgehen. Wenn er die Wahl an Stelle des Gläubigers
trifft, hat er diesen davon zu verständigen und ihm zugleich eine angemessene
Frist zur Vornahme einer anderen Wahl zu setzen. Trifft der Gläubiger keine
solche Wahl, so ist die Wahl des Schuldners maßgebend. In jedem Fall gebührt
dem Schuldner der Ersatz des Schadens.
§. 907. Wird ein Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt
der Wahl geschlossen, und dieselbe durch zufälligen Untergang eines oder
mehrerer Wahlstücke vereitelt; so ist der Theil, dem die Wahl zusteht, an den
Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein Verschulden des Verpflichteten; so
muß er dem Berechtigten für die Vereitlung der Wahl haften.
4) Angeld;
§. 908. Was bey Abschließung eines Vertrages voraus
gegeben wird, ist, außer dem Falle einer besondern Verabredung, nur als ein
Zeichen der Abschließung, oder als eine Sicherstellung für die Erfüllung des
Vertrages zu betrachten, und heißt Angeld. Wird der Vertrag durch Schuld einer
Partey nicht erfüllet; so kann die schuldlose Partey das von ihr empfangene
Angeld behalten, oder den doppelten Betrag des von ihr gegebenen Angeldes
zurückfordern. Will sie sich aber damit nicht begnügen, so kann sie auf die
Erfüllung; oder, wenn diese nicht mehr möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5) Reugeld;
§. 909. Wird bey Schließung eines Vertrages ein Betrag
bestimmt, welchen ein oder der andere Theil in dem Falle, daß er von dem
Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten will, entrichten muß; so wird der
Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem Falle muß entweder der Vertrag
erfüllt, oder das Reugeld bezahlet werden. Wer den Vertrag auch nur zum Theile
erfüllet; oder das, was von dem Andern auch nur zum Theile zur Erfüllung
geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst gegen Entrichtung des
Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§. 910. Wenn ein Angeld gegeben, und zugleich das
Befugniß des Rücktrittes ohne Bestimmung eines besondern Reugeldes bedungen
wird; so vertritt das Angeld die Stelle des Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes
verliert also der Geber das Angeld; oder der Empfänger stellt das Doppelte
zurück.
§. 911. Wer nicht durch bloßen Zufall, sondern durch
sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages verhindert wird, muß ebenfalls
das Reugeld entrichten.
6) Nebengebühren.
§. 912. Der Gläubiger ist von seinem Schuldner außer
der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu fordern berechtiget. Sie
bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der Hauptsache; in den bestimmten
oder in den Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze des verursachten Schadens;
oder dessen, was dem Andern daran liegt, daß die Verbindlichkeit nicht gehörig
erfüllet worden; endlich in dem Betrage, welchen ein Theil sich auf diesen Fall
bedungen hat.
§. 913. In wie weit mit einem dinglichen Rechte das
Recht auf den Zuwachs, oder auf die Früchte verbunden sey, ist in dem ersten
und vierten Hauptstücke des zweyten Theiles bestimmet worden. Wegen eines bloß
persönlichen Rechtes hat der Berechtigte noch keinen Anspruch auf
Nebengebühren. In wie weit dem Gläubiger ein Recht auf diese zukomme, ist
theils aus den besondern Arten und Bestimmungen der Verträge; theils aus dem
Hauptstücke, von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung, zu
entnehmen.
Auslegungsregeln bey
Verträgen.
§. 914. Bei Auslegung von Verträgen ist nicht an dem
buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien
zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen
Verkehrs entspricht.
§. 915. Bey einseitig verbindlichen Verträgen wird im
Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete eher die geringere als die
schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig verbindlichen wird eine
undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen erkläret, der sich derselben
bedienet hat. (§. 869.)
§. 916. Eine Willenserklärung, die einem anderen
gegenüber mit dessen Einverständnis zum Schein abgegeben wird, ist nichtig.
Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen werden, so ist dieses nach seiner
wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
Einem Dritten, der im Vertrauen auf die Erklärung
Rechte erworben hat, kann die Einrede des Scheingeschäftes nicht
entgegengesetzt werden.
Allgemeine Bestimmungen über entgeltliche Verträge und
Geschäfte
§. 917. Bei einem entgeltlichen Vertrage werden
entweder Sachen mit Sachen, oder Handlungen, worunter auch die Unterlassungen
gehören, mit Handlungen, oder endlich Sachen mit Handlungen und Handlungen mit
Sachen vergolten.
§. 917a. Ist zum Schutz eines Vertragspartners
gesetzlich bestimmt, daß kein höheres oder kein niedrigeres als ein bestimmtes
Entgelt vereinbart werden darf, so ist eine Entgeltvereinbarung soweit
unwirksam, als sie dieses Höchstmaß über- beziehungsweise dieses Mindestmaß
unterschreitet. Im zweiten Fall gilt das festgelegte Mindestentgelt als
vereinbart.
§. 918. Wenn ein entgeltlicher Vertrag von einem Teil
entweder nicht zur gehörigen Zeit, am gehörigen Ort oder auf die bedungene
Weise erfüllt wird, kann der andere entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen
der Verspätung begehren oder unter Festsetzung einer angemessenen Frist zur
Nachholung den Rücktritt vom Vertrag erklären.
Ist die Erfüllung für beide Seiten teilbar, so kann
wegen Verzögerung einer Teilleistung der Rücktritt nur hinsichtlich der
einzelnen oder auch aller noch ausstehenden Teilleistungen erklärt werden.
§. 919. Ist die Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit
oder binnen einer festbestimmten Frist bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß
der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf der Erfüllung bestehen will, das nach
Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug anzeigen; unterläßt er dies, so kann er
später nicht mehr auf der Erfüllung bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des
Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen
läßt, daß die verspätete Leistung oder, im Falle der Verspätung einer
Teilleistung, die noch übrigen Leistungen für den Empfänger kein Interesse
haben.
§. 920. Wird die Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten
oder einen von ihm zu vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil
entweder Schadenersatz wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage
zurücktreten. Bei teilweiser Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die
Natur des Geschäftes oder der dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung
entnehmen läßt, daß die teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§. 921. Der Rücktritt vom Vertrage läßt den Anspruch
auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung verursachten Schadens unberührt.
Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche Art zurückzustellen oder zu
vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen Gewinn
zieht.
Gewährleistung
§. 922. Wer einem anderen eine Sache gegen Entgelt
überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem Vertrag entspricht. Er haftet also
dafür, dass die Sache die bedungenen oder gewöhnlich vorausgesetzten
Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung, einer Probe oder einem Muster
entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes oder der getroffenen Verabredung
gemäß verwendet werden kann.
Ob die Sache dem Vertrag entspricht, ist auch danach
zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund der über sie gemachten öffentlichen
Äußerungen des Übergebers oder des Herstellers, vor allem in der Werbung und in
den der Sache beigefügten Angaben, erwarten kann; das gilt auch für öffentliche
Äußerungen einer Person, die die Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum
eingeführt hat oder die sich durch die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke
oder eines anderen Kennzeichens an der Sache als Hersteller bezeichnet. Solche
öffentlichen Äußerungen binden den Übergeber jedoch nicht, wenn er sie weder
kannte noch kennen konnte, wenn sie beim Abschluss des Vertrags berichtigt
waren oder wenn sie den Vertragsabschluss nicht beeinflusst haben konnten.
Fälle der Gewährleistung.
§. 923. Wer also der Sache Eigenschaften beylegt, die
sie nicht hat, und die ausdrücklich oder vermöge der Natur des Geschäftes
stillschweigend bedungen worden sind; wer ungewöhnliche Mängel, oder Lasten
derselben verschweigt; wer eine nicht mehr vorhandene, oder eine fremde Sache
als die seinige veräußert; wer fälschlich vorgibt, daß die Sache zu einem
bestimmten Gebrauche tauglich; oder daß sie auch von den gewöhnlichen Mängeln
und Lasten frey sey; der hat, wenn das Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
Vermutung der Mangelhaftigkeit
§. 924. Der Übergeber leistet Gewähr für Mängel, die
bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis zum Beweis des Gegenteils
vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten nach der Übergabe
hervorkommt. Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der Art der Sache oder
des Mangels unvereinbar ist.
§. 925. Durch Verordnung wird bestimmt, inwiefern die
Vermutung eintritt, daß ein Tier schon vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn
innerhalb bestimmter Fristen gewisse Krankheiten und Mängel hervorkommen.
§. 926. Von der rechtlichen Vermutung, daß der Mangel
schon vor der Übergabe des Tieres vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur
dann Gebrauch machen, wenn er dem Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem
Gemeindevorsteher sogleich von dem bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das
Tier durch einen Sachverständigen untersuchen läßt oder die gerichtliche
Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises beantragt.
§. 927. Vernachlässigt der Übernehmer diese Vorsicht,
so liegt ihm der Beweis ob, daß das Tier schon vor der Übergabe mangelhaft war.
Immer steht aber auch dem Übergeber der Beweis offen, daß der gerügte Mangel
erst nach der Übergabe eingetreten sei.
§. 928. Fallen die Mängel einer Sache in die Augen
oder sind die auf der Sache haftenden Lasten aus den öffentlichen Büchern zu
ersehen, so findet außer dem Falle arglistigen Verschweigens des Mangels oder
einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von allen Fehlern und Lasten frei
sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden und Rückstände, welche auf
der Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§. 929. Wer eine fremde Sache wissentlich an sich
bringt, hat eben so wenig Anspruch auf eine Gewährleistung, als derjenige, welcher
ausdrücklich darauf Verzicht gethan hat.
§. 930. Werden Sachen in Pausch und Bogen, nähmlich
so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und Gewicht übergeben; so ist der
Uebergeber, außer dem Falle, daß eine von ihm fälschlich vorgegebene, oder von dem
Empfänger bedungene Beschaffenheit mangelt, für die daran entdeckten Fehler
nicht verantwortlich.
Bedingung der
Gewährleistung.
§. 931. Wenn der Übernehmer wegen eines von einem
Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches von der Gewährleistung Gebrauch
machen will, so muß er seinem Vormann den Streit verkündigen. Unterläßt er
dies, so verliert er zwar noch nicht das Recht der Schadloshaltung, aber sein
Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt gebliebenen Einwendungen
entgegensetzen und sich dadurch von der Entschädigung in dem Maße befreien, als
erkannt wird, daß diese Einwendungen, wenn von ihnen der gehörige Gebrauch
gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den Dritten veranlaßt haben
würden.
Rechte aus der Gewährleistung
§. 932. Der Übernehmer kann wegen eines Mangels die
Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des Fehlenden), den Austausch der
Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts (Preisminderung) oder die
Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern.
Zunächst kann der Übernehmer nur die Verbesserung oder
den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der
Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen
Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der
Fall ist, richtet sich auch nach dem Wert der mangelfreien Sache, der Schwere
des Mangels und den mit der anderen Abhilfe für den Übernehmer verbundenen
Unannehmlichkeiten.
Die Verbesserung oder der Austausch ist in
angemessener Frist und mit möglichst geringen Unannehmlichkeiten für den
Übernehmer zu bewirken, wobei die Art der Sache und der mit ihr verfolgte Zweck
zu berücksichtigen sind.
Sind sowohl die Verbesserung als auch der Austausch
unmöglich oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand
verbunden, so hat der Übernehmer das Recht auf Preisminderung oder, sofern es
sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt, das Recht auf Wandlung.
Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch
verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für
den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie
ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar
sind.
§. 932a. Während des Rechtsstreites
über die Aufhebung des Vertrages wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf
Antrag einer der Parteien, sobald die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist,
durch einstweilige Verfügung den gerichtlichen Verkauf des Tieres und die
gerichtliche Hinterlegung des Erlöses anzuordnen.
Verjährung
§. 933. Das Recht auf die Gewährleistung muss, wenn es
unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen
betrifft, binnen zwei Jahren gerichtlich geltend gemacht werden. Die Frist
beginnt mit dem Tag der Ablieferung der Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit
dem Tag, an dem der Mangel dem Übernehmer bekannt wird. Die Parteien können
eine Verkürzung oder Verlängerung dieser Frist vereinbaren.
Bei Viehmängeln beträgt die Frist sechs Wochen. Sie
beginnt bei Mängeln, für die eine Vermutungsfrist besteht, erst nach deren
Ablauf.
In jedem Fall bleibt dem Übernehmer die Geltendmachung
durch Einrede vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem Übergeber den Mangel
anzeigt.
Schadenersatz
§. 933a. Hat der Übergeber den Mangel verschuldet, so
kann der Übernehmer auch Schadenersatz fordern.
Wegen des Mangels selbst kann der Übernehmer auch als
Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch verlangen. Er
kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl die Verbesserung als auch der
Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber mit einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die
Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist
vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen
Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen, in der
Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Nach Ablauf von zehn Jahren ab der Übergabe der Sache
obliegt für einen Ersatzanspruch wegen der Mangelhaftigkeit selbst und wegen
eines durch diese verursachten weiteren Schadens dem Übernehmer der Beweis des
Verschuldens des Übergebers.
Besonderer Rückgriff
§. 933b. Hat ein Unternehmer einem Verbraucher Gewähr
geleistet, so kann er von seinem Vormann, wenn auch dieser Unternehmer ist,
auch nach Ablauf der Fristen des § 933 die Gewährleistung fordern. Dasselbe
gilt für frühere Übergeber im Verhältnis zu ihren Vormännern, wenn sie selbst
wegen der Gewährleistungsrechte des letzten Käufers ihrem Nachmann Gewähr
geleistet haben. Der Anspruch ist mit der Höhe des eigenen Aufwandes
beschränkt.
Ansprüche nach Abs. 1 sind innerhalb von zwei Monaten
ab Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht gerichtlich geltend zu machen.
Die Haftung eines Rückgriffspflichtigen verjährt jedenfalls in fünf Jahren nach
Erbringung seiner Leistung. Die Frist wird durch eine Streitverkündigung für
die Dauer des Rechtsstreits gehemmt.
Schadloshaltung wegen
Verkürzung über die Hälfte.
§. 934. Hat bey zweyseitig verbindlichen Geschäften
ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen, was er dem andern gegeben hat, von
diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so räumt das Gesetz dem verletzten
Theile das Recht ein, die Aufhebung und die Herstellung in den vorigen Stand zu
fordern. Dem andern Theile steht aber bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu
erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen Werthe zu
ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes
wird nach dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§. 935. Die Anwendung des § 934 kann vertraglich nicht
ausgeschlossen werden; er ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn jemand erklärt
hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um einen außerordentlichen Werth zu
übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre Werth bekannt war, sich dennoch zu
dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden hat; ferner, wenn aus dem
Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie einen, aus einem
entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag schließen wollten; wenn
sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt; endlich wenn die Sache von
dem Gerichte versteigert worden ist.
Von der Verabredung eine
künftigen Vertrages.
§. 936. Die Verabredung, künftig erst einen Vertrag
schließen zu wollen, ist nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit der
Abschließung, als die wesentlichen Stücke des Vertrages bestimmt, und die
Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert worden sind, daß dadurch der
ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen hervorleuchtende Zweck
vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder andern Theiles verloren wird.
Ueberhaupt muß auf die Vollziehung solcher Zusagen längstens in einem Jahre
nach dem bedungenen Zeitpuncte gedrungen werden; widrigen Falls ist das Recht
erloschen.
Von dem Verzicht auf
Einwendungen.
§. 937. Allgemeine, unbestimmte Verzichtleistungen auf
Einwendungen gegen die Gültigkeit eines Vertrages sind ohne Wirkung.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen.
Schenkung.
§. 938. Ein Vertrag, wodurch eine Sache jemanden
unentgeldlich überlassen wird, heißt eine Schenkung.
In wie fern eine Verzichtleistung eine Schenkung sey.
§. 939. Wer auf ein gehofftes, oder wirklich
angefallenes, oder zweifelhaftes Recht Verzicht thut, ohne es einem Andern
ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten mit dessen Einwilligung
zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung.
§. 940. Es verändert die Wesenheit der Schenkung
nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit; oder in Rücksicht auf die Verdienste des
Beschenkten; oder als eine besondere Belohnung desselben gemacht worden ist;
nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt haben.
§. 941. Hat der Beschenkte ein Klagerecht auf die
Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter den Parteyen schon bedungen, oder
durch das Gesetz vorgeschrieben war; so hört das Geschäft auf, eine Schenkung
zu seyn, und ist als ein entgeldlicher Vertrag anzusehen.
Wechselseitige Schenkungen.
§. 942. Sind Schenkungen vorher dergestalt bedungen,
das der Schenkende wieder beschenkt werden muß; so entsteht keine wahre
Schenkung im Ganzen; sondern nur in Ansehung des übersteigenden Werthes.
Form des Schenkungsvertrages,
§. 943. Aus einem bloß mündlichen, ohne wirkliche
Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst dem Geschenknehmer kein
Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche Urkunde begründet werden.
und Maß einer Schenkung.
§. 944. Ein unbeschränkter Eigenthümer kann mit
Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes gegenwärtiges
Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch das künftige Vermögen
verschenket wird, besteht nur in so weit, als er die Hälfte diese Vermögens
nicht übersteigt.
In wie fern der Geber für das Geschenkte hafte.
§. 945. Wer wissentlich eine fremde Sache verschenkt,
und dem Geschenknehmer diesen Umstand verschweigt, haftet für die nachtheiligen
Folgen.
Unwiderruflichkeit der Schenkungen.
§. 946. Schenkungsverträge dürfen in der Regel nicht
widerrufen werden.
Ausnahmen:
1) wegen Dürftigkeit;
§. 947. Geräth der Geschenkgeber in der Folge in
solche Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen Unterhalte gebricht; so ist er
befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die gesetzlichen Zinsen, in so
weit die geschenkte Sache, oder derselben Werth noch vorhanden ist, und ihm der
nöthige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu fordern, wenn sich anders
dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen befindet. Aus mehrern
Geschenknehmern ist der frühere nur in so weit verbunden, als die Beyträge der
spätern zum Unterhalte nicht zureichen.
2) Undanks;
§. 948. Wenn der Beschenkte sich gegen seinen
Wohlthäter eines groben Undankes schuldig macht, kann die Schenkung widerrufen
werden. Unter groben Undanke wird eine Verletzung am Leibe, an Ehre, an
Freyheit, oder am Vermögen verstanden, welche von der Art ist, daß gegen den
Verletzer von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten nach dem
Strafgesetze verfahren werden kann.
§. 949. Der Undank macht den Undankbaren für seine
Person zum unredlichen Besitzer, und gibt selbst dem Erben, des Verletzten, in
so fern der letztere den Undank nicht verziehen hat, und noch etwas von dem
Geschenke in Natur oder Werthe vorhanden ist, ein Recht zur Widerrufungsklage
auch gegen den Erben des Verletzers.
3) Verkürzung des schuldigen Unterhalts;
§. 950. Wer jemanden den Unterhalt zu reichen schuldig
ist, kann dessen Recht durch Beschenkung eines Dritten nicht verletzen. Der auf
solche Art Verkürzte ist befugt, den Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu
belangen, was ihm der Schenkende nun nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern
Geschenknehmern ist die obige (§. 947.) Vorschrift anzuwenden.
4) des Pflichttheils;
§. 951. Wenn bei Bestimmung des Pflichtteiles
Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785), der Nachlaß aber zu dessen
Deckung nicht ausreicht, kann der verkürzte Noterbe vom Beschenkten die
Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages verlangen. Der
Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden.
Ist der Beschenkte selbst pflichtteilsberechtigt, so
haftet er dem andern nur so weit, als er infolge der Schenkung mehr als den ihm
bei Einrechnung der Schenkungen gebührenden Pflichtteil erhalten würde.
Unter mehreren Beschenkten haftet der früher
Beschenkte nur in dem Maße, als der später Beschenkte zur Herausgabe nicht
verpflichtet oder nicht imstande ist. Gleichzeitig Beschenkte haften
verhältnismäßig.
§. 952. Besitzt der Beschenkte die geschenkte Sache
oder ihren Werth nicht mehr; so haftet er nur in so fern, als er sie
unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.
5) der Gläubiger;
§. 953. Unter eben dieser (§. 952.) Beschränkung
können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert werden, wodurch die zur Zeit
der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt worden sind. Auf Gläubiger,
deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung, erstreckt sich dieses Recht
nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen Einverständnisses überwiesen
werden kann.
6) wegen nachgeborner Kinder.
§. 954. Dadurch, daß einem kinderlosen Geschenkgeber
nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder geboren werden, erwächst weder
ihm, noch den nachgebornen Kindern das Recht, die Schenkung zu widerrufen. Doch
kann er, oder das nachgeborne Kind, im Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten,
als gegen dessen Erben das oben angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen
des geschenkten Betrages geltend machen. (§. 947.)
Welche Schenkungen auf die Erben nicht übergehen.
§. 955. Hat der Geschenkgeber dem Beschenkten eine
Unterstützung in gewissen Fristen zugesichert, so erwächst für die Erben derselben
weder ein Recht, noch eine Verbindlichkeit; es müßte denn in dem
Schenkungsvertrage ausdrücklich anders bedungen worden seyn.
Schenkung auf den Todesfall.
§. 956. Eine Schenkung, deren Erfüllung erst nach dem
Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit Beobachtung der vorgeschriebenen
Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur dann
ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der
Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat,
und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage.
Verwahrungsvertrag.
§. 957. Wenn jemand eine fremde Sache in seine Obsorge
übernimmt; so entsteht ein Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen,
eine fremde, noch nicht übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht
zwar den versprechenden Theil verbindlich; es ist aber noch kein
Verwahrungsvertrag.
§. 958. Durch den Verwahrungsvertrag erwirbt der
Uebernehmer weder Eigenthum, noch Besitz, noch Gebrauchsrecht; er ist bloßer
Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute Sache vor Schaden zu sichern.
Wann er in einen Darleihens- oder Leihvertrag;
§. 959. Wird dem Verwahrer auf sein Verlangen, oder
durch freywilliges Anerbiethen des Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört
im ersten Falle der Vertrag gleich nach der Verwilligung; im zweyten aber von
dem Augenblicke, da das Anerbiethen angenommen, oder von der hinterlegten Sache
wirklich Gebrauch gemacht worden ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er
wird bey verbrauchbaren Sachen in einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in
einen Leihvertrag umgeändert, und es treten die damit verbundenen Rechte und
Pflichten ein.
oder in eine Bevollmächtigung übergehe.
§. 960. Es können bewegliche und unbewegliche Sachen
in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem Uebernehmer zugleich ein anderes, auf
die anvertraute Sache sich beziehendes, Geschäft aufgetragen; so wird er als
ein Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte des Verwahrers;
§. 961. Die Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm
anvertraute Sache durch die bestimmte Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach
Verlauf derselben dem Hinterleger in eben dem Zustande, in welchem er sie
übernommen hat, und mit allem Zuwachse zurückzustellen.
§. 962. Der Verwahrer muß dem Hinterleger auf
Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit zurückstellen, und kann nur
den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens begehren. Er kann hingegen die
ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben; es wäre denn, daß ein
unvorhergesehener Umstand ihn außer Stand setzte, die Sache mit Sicherheit oder
ohne seinen eigenen Nachtheil zu verwahren.
§. 963. Ist die Verwahrungszeit weder ausdrücklich
bestimmt worden, noch sonst aus Nebenumständen abzunehmen; so kann die
Verwahrung nach Belieben aufgekündet werden.
§. 964. Der Verwahrer haftet dem Hinterleger für den
aus der Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge verursachten Schaden, aber
nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die anvertraute, obschon
kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte retten können.
§. 965. Hat aber der Verwahrer von der hinterlegten
Sache Gebrauch gemacht; hat er sie ohne Noth und ohne Erlaubniß des
Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder die Zurückstellung
verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bey dem Hinterleger
nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er keinen Zufall vorschützen, und die
Beschädigung wird ihm zugerechnet.
§. 966. Wenn Sachen verschlossen oder versiegelt
hinterlegt, und in der Folge das Schloß oder Siegel verletzt worden; so ist der
Hinterleger, wenn er eine Abgang behauptet, zur Beschwörung seiner Schadens, in
so fern derselbe nach seinem Stande, Gewerbe, Vermögen und den übrigen
Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift der Gerichtsordnung zuzulassen;
es wäre denn, daß der Verwahrer beweisen könnte, daß die Verletzung des
Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden geschehen sey. Das Nähmliche hat
auch dann zu gelten, wenn sämmtliche auf solche Art hinterlegte Sachen in
Verlust gerathen sind.
und des Hinterlegers.
§. 967. Der Hinterleger ist verpflichtet, dem
Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und die zur Erhaltung der
verwahrten Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden Nutzungen verwendeten
Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um das hinterlegte Gut zu
retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er einen angemessenen Ersatz
fordern. Die wechselseitigen Forderungen des Verwahrers und Hinterlegers einer
beweglichen Sache können aber nur binnen dreyßig Tagen von Zeit der
Zurückstellung angebracht werden.
Sequester.
§. 968. Wird eine in Anspruch genommene Sache von den
streitenden Parteyen oder vom Gerichte jemanden in Verwahrung gegeben; so heißt
der Verwahrer, Sequester. Die Rechte und Verbindlichkeiten des Sequesters
werden nach den hier festgesetzten Grundsätzen beurtheilt.
Ob dem Verwahrer ein Lohn gebühre.
§. 969. Ein Lohn kann für die Aufbewahrung nur dann
gefordert werden, wenn er ausdrücklich, oder nach dem Stande des Aufbewahrers
stillschweigend bedungen worden ist.
Gastaufnahme
§. 970. Gastwirte, die Fremde beherbergen, haften als
Verwahrer für die von den aufgenommenen Gästen eingebrachten Sache, sofern sie
nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie oder einen ihrer Leute
verschuldet noch durch fremde, in dem Hause aus- und eingehende Personen
verursacht ist. Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des
Beschädigten mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen zu entscheiden,
ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
Als eingebracht gelten die Sachen, die dem Wirte oder
einem seiner Leute übergeben oder an einen von diesen angewiesenen oder hierzu
bestimmten Ort gebracht sind. Ebenso haften Unternehmer, die Stallungen und
Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrzeuge
und die auf diesen befindlichen Sachen.
Den Wirten werden gleichgehalten die Besitzer von
Badeanstalten in Rücksicht auf die üblicherweise eingebrachten Sachen der
Badegäste. 4 8
§. 970a. Ablehnung der Haftung durch Anschlag ist ohne
rechtliche Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und Wertpapiere haftet der Gastwirt
nur bis zum Betrage von 550 Euro, es sei denn, daß er diese Sachen in Kenntnis
ihrer Beschaffenheit zur Aufbewahrung übernommen hat oder daß der Schaden von
ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.
§. 970b. Der Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme
erlischt, wenn der Beschädigte nach erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht
ohne Verzug dem Wirte die Anzeige macht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die
Sachen vom Wirte zur Aufbewahrung übernommen waren.
§. 970c. Den im § 970 bezeichneten Personen steht das
Recht zu, zur Sicherung ihrer Forderungen aus der Beherbergung und Verpflegung
sowie ihrer Auslagen für die Gäste die eingebrachten Sachen zurückzuhalten.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage.
Leihvertrag.
§. 971. Wenn jemanden eine unverbrauchbare Sache bloß
zum unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte Zeit übergeben wird; so
entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man jemanden eine Sache zu
leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar verbindlich, aber noch kein
Leihvertrag.
Rechte und Pflichten des Entlehners:
1) in Rücksicht des Verbrauches;
§. 972. Der Entlehner erwirbt das Recht, den
ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der Sache zu machen. Nach
Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache zurückzustellen.
2) der Zurückstellung;
§. 973. Wenn keine Zeit zur Zurückgabe festgesetzt,
wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt worden ist; so ist der Entlehner
verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern, und die Sache so bald als möglich
zurück zu geben.
§. 974. Hat man weder die Dauer, noch die Absicht des
Gebrauches bestimmt; so entsteht kein wahrer Vertrag, sondern ein
unverbindliches Bittleihen (Precarium), und der Verleiher kann die entlehnte
Sache nach Willkühr zurückfordern.
§. 975. Bey einem Streite über die Dauer des
Gebrauches muß der Entlehner das Recht auf den längern Gebrauch beweisen.
§. 976. Wenn gleich die verlehnte Sache vor Verlauf
der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher selbst unentbehrlich wird;
so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein Recht, die Sache früher
zurück zu nehmen.
§. 977. Der Entlehner ist zwar in der Regel
berechtiget, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten Zeit zurück zu geben:
fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher beschwerlich, so kann sie wider
seinen Willen nicht Statt finden.
3) der Beschädigung;
§. 978. Wenn der Entlehner die geliehene Sache anders
gebraucht, als es bedungen war, oder den Gebrauch derselben eigenmächtig einem
Dritten gestattet; so ist er dem Verleiher verantwortlich, und dieser auch
berechtiget, die Sache sogleich zurück zu fordern.
§. 979. Wird die geliehene Sache beschädiget, oder zu
Grunde gerichtet; so muß der Entlehner nicht nur den zunächst durch sein
Verschulden verursachten, sondern auch den zufälligen Schaden, den er durch
eine widerrechtliche Handlung veranlaßt hat, so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen.
(§. 965.)
§. 980. Dadurch, daß der Entlehner für ein verlornes
Lehnstück den Werth erlegt, hat er noch kein Recht, dasselbe, wenn es wieder
gefunden wird, gegen den Willen des Eigenthümers für sich zu behalten, wenn
dieser bereit ist, den empfangenen Werth zurück zu geben.
4) der Erhaltungskosten.
§. 981. Die mit dem Gebrauche ordentlicher Weise
verbunden Kosten muß der Entlehner selbst bestreiten. Die außerordentlichen
Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die Sache dem Verleiher nicht zur
eigenen Besorgung überlassen kann oder will, inzwischen vorzuschießen; doch
werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer vergütet.
Beschädigung der wechselseitigen Klagen.
§. 982. Wenn der Verleiher nach der Zurücknahme des
Lehnstückes dessen Mißbrauch, oder übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig
Tagen nicht gerüget; oder, wenn der Entlehner nach der Zurückgabe von den auf
die Sache verwendeten außerordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume
keine Meldung gemacht hat; so ist die Klage erloschen.
Ein u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Darleihensvertrage.
Darleihen.
§. 983. Wenn jemanden verbrauchbare Sachen unter der
Bedingung übergeben werden, daß er zwar willkührlich darüber verfügen könne,
aber nach einer gewissen Zeit eben so viel von derselben Gattung und Güte
zurück geben soll; so entsteht ein Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich
ebenfalls verbindlichen Vertrage (§. 936), ein Darleihen künftig zu geben,
nicht zu verwechseln.
Arten desselben.
§. 984. Ein Darleihen wird entweder in Geld oder in anderen
verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne, oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren
Falle nennet man es auch einen Zinsenvertrag.
Gelddarleihen.
§. 985. Ein Gelddarleihen kann klingende Münze, oder
Papiergeld, oder öffentliche Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande
haben.
a) in klingender Münze, oder Papiergeld;
§. 986. In wie fern ein Darleihen in klingender Münze
überhaupt geschlossen werden könne, und in welcher Währung (Valuta) ein solches
Darleihen, oder ein Darleihen in Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die
darüber bestehenden besonderen Vorschriften.
§. 987. Wenn ein Darleiher sich die Zahlungen in der
besonderen, von ihm gegebenen, Münz-Sorte bedungen hat; so muß die Zahlung in eben
dieser Münz-Sorte geleistet werden.
§. 988. Gesetzliche Münzveränderungen ohne Veränderung
des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des Darleihers. Er empfängt die Zahlung
in der bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z. B. von 1000 Stücken kaiserlicher
Ducaten, oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken ohne Rücksicht, ob deren äußerer
Werth in der Zwischenzeit erhöht oder vermindert worden ist. Wird aber der
innere Werth geändert; so ist die Zahlung im
Verhältniß zu dem inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des
Darleihens hatte, zu leisten.
§. 989. Sind zur Zeit der Rückzahlung dergleichen
Münz-Sorten im Staate nicht im Umlaufe; so muß der Schuldner den Gläubiger mit
zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und Art befriedigen, daß
derselbe den zur Zeit des Darleihens bestandenen innern Werth dessen, was er
gegeben hat, erhalte.
b) in Schuldscheinen.
§. 990. In öffentlichen Schuldscheinen können
Darleihen in der Art gültig geschlossen werden, daß die Tilgung der Schuld
entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen Schuldscheine, wie der
dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem Werthe, welchen der
Schuldschein zur Zeit des Darleihens hatte, zurückgezahlt werde.
§. 991. Wenn statt Geldes ein Privat-Schuldschein oder
Waaren gegeben worden sind; so ist der Schuldner nur verbunden, entweder den
Schuldschein oder die empfangenen Waaren unbeschädigt zurück zu stellen, oder
dem Gläubiger den von diesem zu erweisenden Schaden zu ersetzen.
c) Darleihen in anderen verbrauchbaren Gegenständen.
§. 992. Bey Darleihen, die nicht über Geld, sondern
über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen werden, macht es, dafern nur
die Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte und Menge bedungen worden,
keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am Werthe gestiegen oder
gefallen sind.
Zinsen.
§. 993. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 994. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 995. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 996. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 997. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 998. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
§. 999. Zinsen von Gelddarleihen sind in der
nähmlichen Währung (Valuta), wie das Capital selbst zu entrichten.
§. 1000. An Zinsen, die ohne Bestimmung der Höhe
vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren, sind, sofern gesetzlich
nicht anderes bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein Jahr zu entrichten.
Der Gläubiger einer Geldforderung kann Zinsen von
Zinsen verlangen, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben. Sonst
kann er, sofern fällige Zinsen eingeklagt werden, Zinseszinsen vom Tag der
Streitanhängigkeit an fordern. Wurde über die Höhe der Zinseszinsen keine
Vereinbarung getroffen, so sind ebenfalls vier vom Hundert auf ein Jahr zu
entrichten.
Haben die Parteien über die Frist zur Zahlung der
Zinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind diese bei der Zurückzahlung des
Kapitals oder, sofern der Vertrag auf mehrere Jahre abgeschlossen worden ist,
jährlich zu zahlen.
§. 1001. Damit ein Schuldschein über einen
Darleihensvertrag einen vollständigen Beweis mache, müssen darin der
eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der eigentliche Anleiher oder
Schuldner; der Gegenstand und Betrag des Darleihens; und, wenn es in Geld
gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die Zahlung der
Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich beziehende
Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äußere, zur Beweiskraft
nöthige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.
Zwey u. zwanzigstes Hauptstück.
Von der Bevollmächtigung und andern Arten der
Geschäftsführung.
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1002. Der Vertrag, wodurch jemand ein ihm
aufgetragenes Geschäft im Nahmen des Andern zur Besorgung übernimmt, heißt
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1003. Personen, welche zur Besorgung bestimmter
Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind schuldig, über einen darauf sich
beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den Auftragenden sich ausdrücklich zu
erklären, ob sie denselben annehmen oder nicht; widrigen Falls bleiben sie dem
Auftragenden für den dadurch veranlaßten Nachtheil verantwortlich.
Eintheilung der Bevollmächtigung in eine
unentgeldliche oder entgeldliche;
§. 1004. Wird für die Besorgung eines fremden
Geschäftes entweder ausdrücklich, oder nach dem Stande des Geschäftsträgers
auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so gehört der Vertrag zu den
entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.
mündliche oder schriftliche;
§. 1005. Bevollmächtigungsverträge können mündlich
oder schriftlich geschlossen werden. Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber
hierüber ausgestellte Urkunde wird Vollmacht genannt.
allgemeine oder besondere;
§. 1006. Es gibt allgemeine und besondere Vollmachten,
je nachdem jemanden die Besorgung aller, oder nur einiger Geschäfte anvertraut
wird. Die besonderen Vollmachten können bloß gerichtliche oder bloß
außergerichtliche Geschäfte überhaupt; oder sie können einzelne Angelegenheiten
der einen oder andern Gattung zum Gegenstande haben.
Unumschränkte, oder beschränkte;
§. 1007. Vollmachten werden entweder mit
unumschränkter oder mit beschränkter Freyheit zu handeln ertheilet. Durch die
erstere wird der Gewalthaber berechtiget, das Geschäft nach seinem besten
Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber werden ihm die Gränzen,
wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll, vorgeschrieben.
§. 1008. Folgende Geschäfte: Wenn im Nahmen eines
Andern Sachen veräußert, oder entgeldlich übernommen; Anleihen oder Darleihen
geschlossen; Geld oder Geldeswerth erhoben; Processe anhängig gemacht; Eide
aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben, oder Vergleiche getroffen werden
sollen, erfordern eine besondere, auf diese Gattungen der Geschäfte lautende
Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt angenommen oder ausgeschlagen;
Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen gemacht; das Befugniß, einen
Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte unentgeldlich aufgegeben werden
sollen; ist eine besondere, auf das einzelne Geschäft ausgestellte Vollmacht
nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte Vollmachten sind in diesen Fällen
nur hinreichend, wenn die Gattung des Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt
worden ist.
Rechte und Verbindlichkeiten des Gewalthabers;
§. 1009. Der Gewalthaber ist verpflichtet, das
Geschäft seinem Versprechen und der erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und
redlich zu besorgen, und allen aus dem Geschäfte entspringenden Nutzen dem
Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er gleich eine beschränkte Vollmacht hat,
berechtiget, alle Mittel anzuwenden, die mit der Natur des Geschäftes
nothwendig verbunden, oder der erklärten Absicht des Machtgebers gemäß sind.
Ueberschreitet er aber die Gränzen der Vollmacht; so haftet er für die Folgen.
§. 1010. Trägt der Gewalthaber das Geschäft ohne Noth
einem Dritten auf; so haftet er ganz allein für den Erfolg. Wird ihm aber die
Bestellung eines Stellvertreters in der Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder
durch die Umstände unvermeidlich; so verantwortet er nur ein bey der Auswahl
der Person begangenes Verschulden.
§. 1011. Wird mehrern Bevollmächtigten zugleich ein
Geschäft aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller zur Gültigkeit des
Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers nothwendig; wenn nicht
ausdrücklich Einem oder Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der Vollmacht
ertheilt worden ist.
§. 1012. Der Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber
den durch sein Verschulden verursachten Schaden zu ersetzen, und die bey dem
Geschäfte vorkommenden Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.
§. 1013. Gewalthaber sind, außer dem im §. 1004.
enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung wegen eine Belohnung zu
fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des Machtgebers in Rücksicht
auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten Geschenke anzunehmen. Die
erhaltenen werden zur Armen-Casse eingezogen.
des Gewaltgebers;
§. 1014. Der Gewaltgeber ist verbunden, dem
Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes nothwendig oder nützlich
gemachten Aufwand, selbst bey fehlgeschlagenem Erfolge, zu ersetzen, und ihm
auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen auch einen angemessenen
Vorschuß zu leisten; er muß ferner allen durch sein Verschulden entstandenen,
oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen Schaden vergüten.
§. 1015. Leidet der Gewalthaber bey der
Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden; so kann er in dem Falle, daß er
das Geschäft unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen solchen Betrag fordern,
welcher ihm bey einem entgeldlichen Vertrage zur Vergütung der Bemühung nach
dem höchsten Schätzungswerthe gebührt haben würde.
§. 1016. Ueberschreitet der Gewalthaber die Gränzen
seiner Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so fern verbunden, als er das
Geschäft genehmiget, oder den aus dem Geschäfte entstandenen Vortheil sich
zuwendet.
in Rücksicht eines Dritten.
§. 1017. In so fern der Gewalthaber nach dem Inhalte
der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er ihm Rechte erwerben und
Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der Gränzen der offenen
Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen; so kommen die dadurch
gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und dem Dritten; nicht
aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber ertheilte geheime Vollmacht hat
auf die Rechte des Dritten keinen Einfluß.
§. 1018. Auch in dem Falle, daß der Gewaltgeber einen
solchen Gewalthaber, der sich selbst zu verbinden unfähig ist, aufgestellt hat,
sind die innerhalb der Gränzen der Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für
den Gewaltgeber, als für den Dritten verbindlich.
§. 1019. Ist der Gewalthaber zu dem von ihm
geschlossenen Geschäft nicht oder nicht ausreichend bevollmächtigt, so ist er,
wenn der Gewaltgeber weder das Geschäft genehmigt noch sich den aus dem
Geschäft entstandenen Vorteil zuwendet (§ 1016), dem anderen Teil zum Ersatz
des Schadens verpflichtet, den dieser im Vertrauen auf die Vertretungsmacht
erleidet. Der Gewalthaber haftet jedoch nicht über den Betrag des Interesses
hinaus, das der andere Teil an der Wirksamkeit des Vertrages hat.
Auflösung des Vertrages durch den Widerruf.
§. 1020. Es steht dem Machtgeber frey, die Vollmacht
nach Belieben zu widerrufen; doch muß er dem Gewalthaber nicht nur die in der
Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst erlittenen Schaden ersetzen; sondern
auch einen der Bemühung angemessenen Theil der Belohnung entrichten. Dieses
findet auch dann Statt, wenn die Vollendung des Geschäftes durch einen Zufall
verhindert worden ist.
die Aufkündung;
§. 1021. Auch der Machthaber kann die angenommene
Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor Vollendung des ihm insbesondere
aufgetragenen, oder vermöge der allgemeinen Vollmacht angefangenen Geschäftes
aufkündet; so muß er, dafern nicht ein unvorgesehenes und unvermeidliches
Hinderniß eingetreten ist, allen daraus entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod.
§. 1022. In der Regel wird die Vollmacht sowohl durch
den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers aufgehoben. Läßt sich aber das
angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachtheil der
Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den
Sterbefall des Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht,
das Geschäft zu vollenden.
§. 1023. Die von einem Körper (Gemeinschaft)
ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch die Erlöschung der
Gemeinschaft aufgehoben.
oder Concurs.
§. 1024. Verfällt der Machtgeber in Concurs; so sind
alle Handlungen, die der Gewalthaber nach Kundmachung des Concurses im Nahmen
des Concurs-Schuldners unternommen hat, ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die
Verhängung des Concurses über das Vermögen des Machthabers schon an und für
sich die ertheilte Vollmacht für aufgehoben.
In wie fern die Verbindlichkeit fortdauere.
§. 1025. Wird die Vollmacht durch Widerruf,
Aufkündung, oder durch den Tod des Gewaltgebers oder Gewalthabers aufgehoben;
so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub leiden, so lange
fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben eine andere Verfügung
getroffen worden ist, oder füglich getroffen werden konnte.
§. 1026. Auch bleiben die mit einem Dritten, dem die
Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt war, geschlossenen
Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bey dem Gewalthaber,
der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens erhohlen.
Stillschweigende Bevollmächtigung der Dienstpersonen.
§. 1027. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen
Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die Eigenthümer einer Handlung, eines
Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes, welche die Verwaltung einem Factor,
Schiffer, Ladendiener oder andern Geschäftsträgern anvertrauen.
§. 1028. Die Rechte solcher Geschäftsführer sind
vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung, dergleichen unter Handelsleuten
das ordentlich kundgemachte Befugniß der Unterzeichnung (Firma) ist, zu
beurtheilen.
§. 1029. Ist die Vollmacht nicht schriftlich gegeben
worden; so wird ihr Umfang aus dem Gegenstande, und aus der Natur des
Geschäftes beurtheilet. Wer einem Andern eine Verwaltung anvertraut hat, von
dem wird vermuthet, daß er ihm auch die Macht eingeräumt habe, alles dasjenige
zu thun, was die Verwaltung selbst erfordert und was gewöhnlich damit verbunden
ist. (§. 1009.)
Der Überbringer einer Quittung gilt als ermächtigt,
die Leistung zu empfangen, sofern nicht dem Leistenden bekannte Umstände der
Annahme einer solchen Ermächtigung entgegenstehen.
§. 1030. Gestattet der Eigenthümer einer Handlung,
oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge, Waaren im Laden oder außer
demselben zu verkaufen; so wird vermuthet, daß sie bevollmächtigt seyn, die
Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen auszustellen.
§. 1031. Die Vollmacht, Waaren im Nahmen des
Eigenthümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf das Recht, in seinem
Nahmen Waaren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den Werth der ihnen
anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es nicht
ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§. 1032. Dienstgeber und Familienhäupter sind nicht
verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen oder andern Hausgenossen in ihrem
Nahmen auf Borg genommen wird, zu bezahlen. Der Borger muß in solchen Fällen
den gemachten Auftrag erweisen.
§. 1033. Besteht aber zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber
ein ordentliches Einschreibebuch, worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet
werden; so gilt die Vermuthung, daß der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu nehmen.
Gerichtliche und gesetzliche Bevollmächtigung.
§. 1034. Das Recht der Großeltern, der Pflegeeltern,
anderer mit der Obsorge betrauter Personen, der Sachwalter und Kuratoren, die
Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten, gründet sich auf die Anordnung
des Gerichts. Die Eltern (ein Elternteil) werden unmittelbar durch das Gesetz
mit der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder betraut; Gleiches gilt nach
Maßgabe der §§ 211, 212 und 215 Abs. 1 letzter Satz für Jugendwohlfahrtsträger
und nach Maßgabe der §§ 284b bis 284e für nächste Angehörige.
Geschäftsführung ohne Auftrag;
§. 1035. Wer weder durch ausdrücklichen oder
stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus dem Gesetze das Befugniß
erhalten hat, darf der Regel nach sich in das Geschäft eines Andern nicht
mengen. Hätte er sich dessen angemaßt; so ist er für alle Folgen
verantwortlich.
im Nothfalle;
§. 1036. Wer, obgleich unberufen, ein fremdes Geschäft
zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem ist derjenige, dessen
Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen und zweckmäßig gemachten Aufwand zu
ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung ohne Verschulden fruchtlos
geblieben ist. (§. 403.)
oder zum Nutzen des Andern;
§. 1037. Wer fremde Geschäfte bloß, um den Nutzen des
Andern zu befördern, übernehmen will, soll sich um dessen Einwilligung
bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese Vorschrift unterlassen, aber das
Geschäft auf seine Kosten zu des Andern klarem, überwiegenden Vortheile
geführet; so müssen ihm von diesem die darauf verwendeten Kosten ersetzt
werden.
§. 1038. Ist aber der überwiegende Vortheil nicht
klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so wichtige Veränderungen in
einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem Andern zu dem Zwecke, wozu
er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist dieser zu keinem Ersatze
verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der Geschäftsführer auf eigene
Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze, oder, wenn das nicht möglich
ist, ihm volle Genugthuung leiste.
§. 1039. Wer ein fremdes Geschäft ohne Auftrag auf
sich genommen hat, muß es bis zur Vollendung fortsetzen, und gleich einem
Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.
gegen den Willen des Andern.
§. 1040. Wenn jemand gegen den gültig erklärten Willen
des Eigenthümers sich eines fremden Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen
Bevollmächtigten durch eine solche Einmengung an der Besorgung des Geschäftes
verhindert; so verantwortet er nicht nur den hieraus erwachsenen Schaden und
entgangenen Gewinn, sondern er verliert auch den gemachten Aufwand, in so fern
er nicht in Natur zurück genommen werden kann.
Verwendung einer Sache zum Nutzen des Andern.
§. 1041. Wenn ohne Geschäftsführung eine Sache zum
Nutzen eines Anderen verwendet worden ist; kann der Eigenthümer sie in Natur,
oder, wenn dieß nicht mehr geschehen kann, den Werth verlangen, den sie zur
Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der Nutzen in der Folge vereitelt
worden ist.
§. 1042. Wer für einen Andern einen Aufwand macht, den
dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen müssen, hat das Recht, den Ersatz
zu fordern.
§. 1043. Hat jemand in einem Nothfalle, um einen
größern Schaden von sich und Andern abzuwenden, sein Eigenthum aufgeopfert; so
müssen ihn Alle, welche daraus Vortheil zogen, verhältnißmäßig entschädigen.
Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift auf Seegefahren ist ein
Gegenstand der Seegesetze.
§. 1044. Die Vertheilung der Kriegsschäden wird nach
besondern Vorschriften von den politischen Behörden bestimmt.
Drey u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Tauschvertrage.
Tausch.
§. 1045. Der Tausch ist ein Vertrag, wodurch eine
Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die wirkliche Uebergabe ist
nicht zur Errichtung; sondern nur zur Erfüllung des Tauschvertrages, und zur
Erwerbung des Eigenthumes nothwendig.
§. 1046. Das Geld ist kein Gegenstand des
Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine Waare und selbst als
Münz-Sorten in so weit vertauschen, als sie nur gegen andere Münz-Sorten,
goldene nähmlich gegen silberne, kleinere gegen größere Stücke verwechselt werden
sollen.
Rechte und Pflichten der Tauschenden
§. 1047. Tauschende sind vermöge des Vertrages
verpflichtet, die vertauschten Sachen der Verabredung gemäß mit ihren
Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter Zeit, am gehörigen Ort und in
eben dem Zustand, in welchem sie sich bei Schließung des Vertrages befunden
haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu übernehmen.
insbesondere in Rücksicht der Gefahr
§. 1048. Ist keine Zeit bedungen, zu welcher die
Uebergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit entweder die vertauschte
bestimmte Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt, oder zufälliger Weise
ganz, oder doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde gerichtet, so ist der
Tausch für nicht geschlossen anzusehen.
§. 1049. Andere in dieser Zwischenzeit durch Zufall
erfolgte Verschlimmerungen der Sache und Lasten gehen auf die Rechnung des
Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und Bogen behandelt worden; so trägt
der Uebernehmer den zufälligen Untergang einzelner Stücke, wenn anders
hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am Werthe verändert worden ist.
und der Nutzungen vor der Uebergabe.
§. 1050. Dem Besitzer gebühren die Nutzungen der
vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der Uebergabe. Von dieser Zeit an
gebühren sie, sammt dem Zuwachse, dem Uebernehmer, obgleich die Sache noch
nicht übergeben worden ist.
§. 1051. Ist keine Zeit zur Uebergabe der bestimmten
Sache bedungen, und fällt keinem Theile ein Versehen zur Last; so sind die
obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen (§§. 1048-1050) auf den
Zeitpunct der Uebergabe selbst anzuwenden; in so fern die Parteyen nicht etwas
Anderes festgesetzt haben.
§. 1052. Wer auf die Übergabe dringen will, muß seine
Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu erfüllen bereit sein. Auch der zur
Vorausleistung Verpflichtete kann seine Leistung bis zur Bewirkung oder
Sicherstellung der Gegenleistung verweigern, wenn diese durch schlechte
Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet ist, die ihm zur Zeit des
Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.
Vier u. zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Kaufvertrage.
Kaufvertrag.
§. 1053. Durch den Kaufvertrag wird eine Sache um eine
bestimmte Summe Geldes einem Andern überlassen. Er gehört, wie der Tausch zu
den Titeln ein Eigenthum zu erwerben. Die Erwerbung erfolgt erst durch die
Uebergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Uebergabe behält der Verkäufer das
Eigenthumsrecht.
Erfordernisse des Kaufvertrages.
§. 1054. Wie die Einwilligung des Käufers und
Verkäufers beschaffen seyn müssen, und welche Sache gekauft und verkauft werden
dürfen, dieses wird nach den Regeln des Verträge überhaupt bestimmt. Der
Kaufpreis muß im baren Gelde bestehen, und darf weder unbestimmt, noch
gesetzwidrig seyn.
Der Kaufpreis muß
a) im baren Gelde bestehen;
§. 1055. Wird eine Sache theils gegen Geld; theils
gegen eine andere Sache veräußert; so wird der Vertrag, je nachdem der Werth am
Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Werth der gegebenen Sache beträgt, zum
Kaufe oder Tausche, und bey gleichem Werthe der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt;
§. 1056. Käufer und Verkäufer können die Festsetzung
des Preises auch einer dritten bestimmten Person überlassen. Wird von dieser in
dem bedungenen Zeitraume nichts festgesetzt; oder will im Falle, daß kein
Zeitraum bedungen worden ist, ein Theil vor der Bestimmung des Preises
zurücktreten; so wird der Kaufvertrag als nicht geschlossen angesehen.
§. 1057. Wird die Bestimmung des Preises mehreren
Personen überlassen, so entscheidet die Mehrheit der Stimmen. Fallen die
Stimmen so verschieden aus, daß der Preis nicht einmahl durch wirkliche
Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird; so ist der Kauf für nicht eingegangen zu
achten.
§. 1058. Auch der Werth, welcher bey einer frühern
Veräußerung bedungen worden ist, kann zur Bestimmung des Preises dienen. Hat
man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde gelegt, so wird der mittlere
Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in welcher der Vertrag erfüllet
werden muß, angenommen.
c) nicht gesetzwidrig seyn.
§. 1059. (Anm.: Aufgehoben durch § 33 Z. 7, BGBl
1979/Nr. 140 - Konsumentenschutzgesetz.)
§. 1060. Außer diesem Falle kann der Kauf sowohl von
dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung über die Hälfte bestritten werden
(§§. 934-935). Diese Beschwerde findet auch dann Statt, wenn der Ausspruch des
Kaufpreises einem Dritten überlassen worden ist.
Pflichten des Verkäufers,
§. 1061. Der Verkäufer ist schuldig, die Sache bis zur
Zeit der Uebergabe sorgfältig zu verwahren und sie dem Käufer nach eben den
Vorschriften zu übergeben, welche oben bey dem Tausche (§. 1047) aufgestellt
worden sind.
und des Käufers.
§. 1062. Der Käufer hingegen ist verbunden, die Sache
sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu übernehmen, zugleich aber auch das
Kaufgeld bar abzuführen; widrigen Falls ist der Verkäufer ihm die Uebergabe der
Sache zu verweigern berechtiget.
§. 1063. Wird die Sache dem Käufer von dem Verkäufer
ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist die Sache auf Borg verkauft,
und das Eigenthum derselben geht gleich auf den Käufer über.
§. 1063a. Die Kosten der Übergabe der verkauften Ware,
insbesondere die Kosten des Messens und des Wägens, fallen dem Verkäufer zur
Last, die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache an einen anderen Ort
als den Erfüllungsort aber dem Käufer.
§. 1063b. Wenn dem Käufer beim Kauf einer beweglichen
Sache die nähere Bestimmung der Form, des Maßes oder ähnlicher Verhältnisse
vorbehalten ist, ist er verpflichtet, die vorbehaltene Bestimmung zu treffen.
Im Übrigen gilt § 906 Abs. 2 sinngemäß.
Gefahr und Nutzen des Kaufgegenstandes.
§. 1064. In Rücksicht der Gefahr und Nutzungen einer
zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen Sache gelten die nähmlichen
Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben worden sind. (§§. 1048-1051.)
Kauf einer gehofften Sache.
§. 1065. Wenn Sachen, die noch zu erwarten stehen,
gekauft werden; so sind die in dem Hauptstücke von gewagten Geschäften
gegebenen Anordnungen anzuwenden.
Allgemeine Vorschrift.
§. 1066. In allen bey einem Kaufvertrag vorkommenden
Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich entschieden werden, sind die
in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und von dem Tauschvertrage
insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
Besondere Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages.
§. 1067. Besondere Arten oder Nebenverträge eines
Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des
Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der Verkauf mit Vorbehalt eines bessern
Käufers; und der Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt des Wiederkaufes.
§. 1068. Das Recht eine verkaufte Sache wieder
einzulösen, heißt das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses Recht dem Verkäufer
überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird von einer Seite das
Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande; von der andern Seite aber
das erlegte Kaufgeld zurück gegeben, und die inzwischen beyderseits aus dem
Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen einander aufgehoben.
§. 1069. Hat der Käufer das Kaufstück aus dem Seinigen
verbessert; oder zu dessen Erhaltung außerordentliche Kosten verwendet, so
gebührt ihm gleich einem redlichen Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch
dafür, wenn durch sein Verschulden der Werth verändert, oder die Zurückgabe
vereitelt worden ist.
§. 1070. Der Vorbehalt des Wiederkaufes findet nur bei
unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem Verkäufer nur für seine Lebenszeit.
Er kann sein Recht weder auf die Erben noch auf einen anderen übertragen. Ist
das Recht in die öffentlichen Bücher einverleibt, so kann die Sache auch einem
Dritten abgefordert werden und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen
oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf mit Vorbehalt des Rückverkaufes.
§. 1071. Den nähmlichen Beschränkungen unterliegt das
von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem Verkäufer wieder zurück zu
verkaufen; und es sind auf dasselbe die für den Wiederkauf ertheilten
Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des Wiederverkaufs oder
Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht oder ein Borggeschäft
zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift des §. 916 ein.
Vorbehalt des Vorkaufsrechtes.
§. 1072. Wer eine Sache mit der Bedingung verkauft,
daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen will, ihm die Einlösung anbiethen
soll, der hat das Vorkaufsrecht.
§. 1073. Das Vorkaufsrecht ist in der Regel ein
persönliches Recht. In Rücksicht auf unbewegliche Güter kann es durch
Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein dingliches verwandelt werden.
§. 1074. Auch kann das Vorkaufsrecht weder einem
Dritten abgetreten, noch auf die Erben des Berechtigten übertragen werden.
§. 1075. Der Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen
vier und zwanzig Stunden; unbewegliche aber binnen dreyßig Tagen, nach der
geschehenen Anbiethung, wirklich einlösen. Nach Verlauf dieser Zeit ist das
Vorkaufsrecht erloschen.
§. 1076. Das Vorkaufsrecht hat im Falle einer
gerichtlichen Feilbiethung der mit diesem Rechte belasteten Sache keine andere
Wirkung, als daß der den öffentlichen Büchern einverleibte Berechtigte zur
Feilbiethung insbesondere vorgeladen werden muß.
§. 1077. Der zur Einlösung Berechtigte muß außer dem
Falle einer andern Verabredung, den vollständigen Preis, welcher von einem
Dritten angebothen worden ist, entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen
Kaufpreise angebothenen Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich
auch durch einen Schätzungswerth nicht ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht
nicht ausgeübt werden.
§. 1078. Das Vorkaufsrecht läßt sich auf andere
Veräußerungsarten ohne eine besondere Verabredung nicht ausdehnen.
§. 1079. Hat der Besitzer dem Berechtigten die
Einlösung nicht angebothen, so muß er ihm für allen Schaden haften. Im Falle
eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die veräußerte Sache dem Dritten
abgefordert werden, und dieser wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder
unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf auf die Probe.
§. 1080. Der Kauf auf Probe ist unter der im Belieben
des Käufers stehenden Bedingung geschlossen, daß er die Ware genehmige. Die
Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der Käufer ist vor der Genehmigung
an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört auf, gebunden zu sein, wenn der
Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht genehmigt.
§. 1081. Ist die Sache zum Zwecke der Besichtigung
oder Probe bereits übergeben, so gilt Stillschweigen des Käufers bis nach
Ablauf der Probezeit als Genehmigung.
§. 1082. Ist bei einem Kauf auf Probe keine Probezeit
vereinbart worden, so kann der Verkäufer dem Käufer eine angemessene Frist als
Probezeit setzen.
§. 1083. Wird das Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte
verabredet, daß der Verkäufer, wenn sich binnen einer bestimmten Zeit ein
besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt sey; so bleibt in dem
Falle, daß das Kaufstück nicht übergeben worden, die Wirklichkeit des Vertrages
bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§. 1084. Ist das Kaufstück übergeben worden, so ist
der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber durch den Eintritt der Bedingung
wieder aufgelöset. Bey dem Mangel einer ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der
bey dem Kaufe auf die Probe angenommene Zeitraum vermuthet.
§. 1085. Ob der neue Käufer besser sey, beurtheilet
der Verkäufer. Er kann den zweyten Käufer, wenn der erste auch noch mehr zahlen
wollte, vorziehen. Bey der Auflösung des Vertrages heben sich die Nutzungen der
Sache und des Geldes gegen einander auf. In Rücksicht der Verbesserungen oder
Verschlimmerungen wird der Käufer gleich einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag.
§. 1086. Wenn jemand seine bewegliche Sache einem
Andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe übergibt, mit der Bedingung, daß
ihm der Uebernehmer binnen einer festgesetzten Zeit entweder das bestimmte
Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll; so ist der Uebergeber vor
Verlauf der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht berechtiget; der Uebernehmer
aber muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld entrichten.
§.
1087. Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber Eigenthümer. Der
Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden verursachten Schaden, und
es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche Kosten vergütet, die dem
Uebergeber zum Nutzen gereichen.
§.
1088. Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die Zahlungsfrist
nicht bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber angesehen. In
keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten, welcher sie
von dem Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat, abgefordert werden.
(§. 367.)
§.
1089. Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und den
Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der Regel
Statt; in so fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung eigene
Anordnungen enthalten sind.
Fünf u. zwanzigstes Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen.
Bestandvertrag.
§. 1090. Der Vertrag, wodurch jemand den Gebrauch
einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten
Preis erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.
I.) Mieth- und Pachtvertrag.
§. 1091. Der Bestandvertrag wird, wenn sich die in
Bestand gegebene Sache ohne weitere Bearbeitung gebrauchen läßt, ein
Miethvertrag; wenn sie aber nur durch Fleiß und Mühe benützt werden kann, ein
Pachtvertrag genannt. Werden durch einen Vertrag Sachen von der ersten und
zweyten Art zugleich in Bestand gegeben; so ist der Vertrag nach der
Beschaffenheit der Hauptsache zu beurtheilen.
Erfordernisse.
§. 1092. Mieth- und Pachtverträge können über die
nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art, als der Kaufvertrag
geschlossen werden. Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn keine andere
Uebereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§. 1093. Der Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen
und unbeweglichen Sachen, als seine Rechte in Bestand geben; er kann aber auch
in den Fall kommen, den Gebrauch seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten
gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung.
§. 1094. Sind die vertragschließenden Theile über das
Wesentliche des Bestandes, nähmlich über die Sache und den Preis,
übereingekommen; so ist der Vertrag vollkommen abgeschlossen, und der Gebrauch
der Sache für gekauft anzusehen.
§. 1095. Wenn ein Bestandvertrag in die öffentlichen
Bücher eingetragen ist; so ist das Recht des Bestandnehmers als ein dingliches
Recht zu betrachten, welches sich auch der nachfolgende Besitzer auf die noch
übrige Zeit gefallen lassen muß.
Wechselseitige Rechte:
1) In Hinsicht auf Ueberlassung, Erhaltung, Benützung.
§. 1096. Vermieter und Verpächter sind verpflichtet,
das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem Stande zu übergeben und zu
erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen Gebrauche oder Genusse nicht
zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe derart mangelhaft oder wird es
während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft, daß
es zu dem bedungenen Gebrauche nicht taugt, so ist der Bestandnehmer für die
Dauer und in dem Maße der Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses
befreit. Auf diese Befreiung kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.
Der Pächter hat die gewöhnlichen Ausbesserungen der
Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu tragen, als sie mit den Materialien
des Gutes und den Diensten, die er nach der Beschaffenheit des Gutes zu fordern
berechtigt ist, bestritten werden können.
§. 1097. Werden Ausbesserungen nötig, welche dem
Bestandgeber obliegen, so ist der Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz
verpflichtet, dem Bestandgeber ohne Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer
wird als ein Geschäftsführer ohne Auftrag betrachtet, wenn er auf das
Bestandstück einen dem Bestandgeber obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen
nützlichen Aufwand (§ 1037) gemacht hat; er muß aber den Ersatz längstens
binnen sechs Monaten nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich
fordern, sonst ist die Klage erloschen.
§. 1098. Mieter und Pächter sind berechtiget, die
Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch die bestimmte Zeit zu gebrauchen
und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu geben, wenn es ohne Nachteil des
Eigentümers geschehen kann und im Vertrage nicht ausdrücklich untersagt worden
ist.
2) Lasten;
§. 1099. Bey Vermiethungen trägt alle Lasten und
Abgaben der Vermiether. Bey eigentlichen Pachtungen, wenn sie in Pausch und
Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit Ausschluß der eingetragenen
Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die Pachtung nach einem Anschlage
geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von dem Ertrage abgezogen worden
sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von dem Grunde selbst entrichtet
werden müssen.
3) Zins.
§. 1100. Ist nichts anderes vereinbart oder
ortsüblich, so ist der Zins, wenn eine Sache auf ein oder mehrere Jahre in
Bestand genommen wird, halbjährlich, bei einer kürzeren Bestandzeit hingegen
nach Verlauf derselben zu entrichten.
§. 1101. Zur Sicherstellung des Bestandzinses hat der
Vermieter einer unbeweglichen Sache das Pfandrecht an den eingebrachten, dem
Mieter oder seinen mit ihm in gemeinschaftlichem Haushalte lebenden
Familienmitgliedern gehörigen Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie
nicht der Pfändung entzogen sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände
vor ihrer pfandweisen Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies
infolge einer gerichtlichen Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei
Tagen nach dem Vollzuge sein Recht bei Gericht anmeldet.
Zieht der Mieter aus oder werden Sachen verschleppt,
ohne daß der Zins entrichtet oder sichergestellt ist, so kann der Vermieter die
Sachen auf eigene Gefahr zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die
pfandweise Beschreibung ansuchen oder die Sachen herausgeben.
Dem Verpächter eines Grundstückes steht in gleichem
Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht an dem auf dem Pachtgute
vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und den darauf noch
befindlichen Früchten zu.
§. 1102. Der Bestandgeber kann sich zwar die
Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat aber der Bestandnehmer mehr als
eine Fristzahlung voraus geleistet, so kann er dieselbe einem später
eingetragenen Gläubiger oder neuen Eigentümer nur dann entgegensetzen, wenn sie
in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist.
Zins in Früchten.
§. 1103. Wenn der Eigenthümer sein Gut mit der
Bedingung überläßt, daß der Uebernehmer die Wirthschaft betreiben, und dem
Uebergeber einen auf die ganze Nutzung sich beziehenden Theil, z. B. ein
Drittheil oder die Hälfte der Früchte geben solle; so entsteht kein Pacht-,
sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den darüber aufgestellten Regeln
beurtheilet wird.
Fälle und Bedingungen einer Erlassung des Zinses.
§. 1104. Wenn die in Bestand genommene Sache wegen
außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche, großer Überschwemmungen,
Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar nicht gebraucht oder
benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht
verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins zu entrichten.
§. 1105. Behält der Mieter trotz eines solchen Zufalls
einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes, so wird ihm auch ein
verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem Pächter gebührt ein Erlaß
an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche Zufälle die Nutzungen des nur
auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die Hälfte des gewöhnlichen Ertrages
gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu erlassen schuldig, als durch
diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.
§. 1106. Hat der Bestandnehmer unbestimmt alle
Gefahren auf sich genommen; so werden darunter nur die Feuer-, Wasserschäden
und Wetterschläge verstanden. Andere außerordentliche Unglücksfälle kommen
nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich aber ausdrücklich, auch alle andere
außerordentliche Unglücksfälle zu tragen; so wird deßwegen noch nicht
vermuthet, daß er auch für den zufälligen Untergang des ganzen Pachtstückes
haften wolle.
§. 1107. Wird der Gebrauch oder Genuß des
Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder sonst entstandener
Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer zugestoßenen Hindernisse
oder Unglücksfalle vereitelt, oder waren zur Zeit der Beschädigung die Früchte
von dem Grunde schon abgesondert, so fällt die widrige Ereignung dem
Bestandnehmer allein zur Last. Er muß den Zins doch entrichten. Der Bestandgeber
muß sich aber den ersparten Aufwand und die Vorteile, die er durch anderweitige
Verwertung des Bestandstückes erlangt, anrechnen.
§. 1108. Behauptet der Pächter den Erlaß des ganzen
Pachtzinses oder eines Theiles davon entweder aus dem Vertrage oder aus dem
Gesetze; so muß er dem Verpächter ohne Zeitverlust den geschehenen Unglücksfall
anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht landkundig ist, gerichtlich, oder
wenigstens durch zwey sachkundige Männer erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird
er nicht angehört.
4) Zurückstellung;
§. 1109. Nach geendigtem Bestandvertrage muß der
Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten Inventarium gemäß oder doch in dem
Zustand, in welchem er sie übernommen hat, gepachtete Grundstücke aber mit
Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der Pacht geendigt worden ist, in
gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur zurückstellen. Weder ein
Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der Kompensation noch selbst des
früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der Zurückstellung schützen.
§. 1110. Wenn bey dem Bestandvertrage kein Inventarium
errichtet worden ist; so tritt die nähmliche Vermuthung, wie bey der
Fruchtnießung (§. 518) ein.
§. 1111. Wird das Mieth- oder Pachtstück beschädiget,
oder durch Mißbrauch abgenützt; so haften Miether und Pächter sowohl für ihr
eigenes, als des Afterbestandnehmers Verschulden, nicht aber für den Zufall.
Doch muß der Bestandgeber den Ersatz aus dieser Haftung längstens binnen Einem
Jahre nach Zurückstellung des Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das
Recht erloschen.
5) Auflösung des Bestandvertrages:
a) durch Untergang der Sache;
§. 1112. Der Bestandvertrag löset
sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde geht. Geschieht dieß
aus Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern Ersatz; geschieht es
durch einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit;
§. 1113. Der Bestandvertrag erlischt auch durch den
Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich oder stillschweigend, entweder durch den
nach einem gewissen Zeitraume ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag-
Wochen- und Monathzimmern, oder durch die erklärte, oder aus dem Umständen
hervorleuchtende Absicht des Bestandnehmers bedungen worden ist.
wenn keine Erneuerung geschieht;
§. 1114. Der Bestandvertrag kann aber nicht nur
ausdrücklich; sondern auch stillschweigend erneuert werden. Ist in dem Vertrage
eine vorläufige Aufkündigung bedungen worden; so wird der Vertrag durch die
Unterlassung der gehörigen Aufkündigung stillschweigend erneuert. Ist keine
Aufkündigung bedungen worden; so geschieht eine stillschweigende Erneuerung,
wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der Bestandzeit fortfährt, die Sache zu
gebrauchen oder zu benützen, und der Bestandgeber es dabey bewenden läßt.
§. 1115. Die stillschweigende Erneuerung des
Bestandvertrages geschieht unter den nähmlichen Bedingungen, unter welchen er
vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich bey Pachtung nur auf Ein Jahr;
wenn aber der ordentliche Genuß erst in einem spätern Zeitraume erfolgen kann,
auf eine so lange Zeit als nothwendig ist, um die Nutzungen einmahl beziehen zu
können. Miethungen, wofür man den Zins erst nach einem ganzen oder halben Jahre
zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes Jahr; alle kürzere Miethungen aber
auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert, welche vorher durch den
Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederhohlten Erneuerungen gilt das Nähmliche,
was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung;
§. 1116. In so fern die Dauer eines Bestandvertrages
weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch durch besondere Vorschriften
bestimmt ist, muß derjenige, welcher den Vertrag aufheben will, dem Andern die
Pachtung sechs Monathe; die Miethung einer unbeweglichen Sache vierzehn Tage;
und einer beweglichen vier und zwanzig Stunden vorher aufkündigen, als die
Abtretung erfolgen soll.
§. 1116a. Durch den Tod eines der vertragschließenden
Teile wird der Bestandvertrag nicht aufgeschoben. Wohnungsmieten können jedoch,
wenn der Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die vereinbarte Dauer sowohl von den
Erben des Mieters wie von dem Vermieter unter Einhaltung der gesetzlichen
Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1117. Der Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor
Verlauf der bedungenen Zeit von dem Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das
Bestandstück in einem Zustand übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand
geraten ist, der es zu dem bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein
beträchtlicher Teil durch Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder
unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der Gesundheitsschädlichkeit gemieteter
Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch dann zu, wenn er im Vertrage
darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der Räume beim Vertragsabschluß
gekannt hat.
§. 1118. Der Bestandgeber kann seinerseits die frühere
Aufhebung des Vertrages fordern, wenn der Bestandnehmer der Sache einen
erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon macht; wenn er nach geschehener
Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses dergestalt säumig ist, daß er mit
Ablauf des Termines den rückständigen Bestandzins nicht vollständig entrichtet
hat; oder, wenn ein vermiethetes Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine
nützlichere Bauführung ist der Miether zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht
schuldig, wohl aber nothwendige Ausbesserungen.
§. 1119. Wenn dem Vermiether die Nothwendigkeit der
neuen Bauführung schon zur Zeit des geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte;
oder, wenn die Nothwendigkeit der durch längere Zeit fortzusetzenden
Ausbesserungen aus Vernachlässigung der kleinern Ausbesserungen entstanden ist;
so muß dem Miether für den vermißten Gebrauch eine angemessene Entschädigung
geleistet werden.
d) Veräußerung der Sache.
§. 1120. Hat der Eigenthümer das Bestandstück an einen
Andern veräußert, und ihm bereits übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn
sein Recht nicht in die öffentlichen Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der
gehörigen Aufkündigung dem neuen Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht auf den
erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung zu
fordern.
§. 1121. Bei einer zwangsweisen gerichtlichen
Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die öffentlichen Bücher
eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu
behandeln. Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm
der Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.
§. 1122. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1123. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1124. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1125. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1126. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1127. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1128. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1129. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1130. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1131. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1132. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1133. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1134. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1135. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1136. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1137. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1138. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1139. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1140. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1141. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1142. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1143. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1144. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1145. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1146. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr.
113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1147. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1148. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1149. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1150. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 4, BGBl I
2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
Sechs u. zwanzigstes Hauptstück.
Von Verträgen über Dienstleistungen
Dienst- und Werkvertrag.
§. 1151. Wenn jemand sich auf eine gewisse Zeit zur
Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so entsteht ein Dienstvertrag;
wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, ein
Werkvertrag.
Insoweit damit eine Geschäftsbesorgung (§ 1002)
verbunden ist, müssen auch die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag
beobachtet werden.
§. 1152. Ist im Vertrage kein Entgelt bestimmt und
auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so gilt ein angemessenes Entgelt als
bedungen.
1. Dienstvertrag.
§. 1153. Wenn sich aus dem Dienstvertrage oder aus den
Umständen nichts anderes ergibt, hat der Dienstnehmer die Dienste in eigener
Person zu leisten und ist der Anspruch auf die Dienste nicht übertragbar.
Soweit über Art und Umfang der Dienste nichts vereinbart ist, sind die den
Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten.
Anspruch auf das Entgelt.
§. 1154. Wenn nichts anderes vereinbart oder bei
Diensten der betreffenden Art üblich ist, ist das Entgelt nach Leistung der
Dienste zu entrichten.
Ist das Entgelt nach Monaten oder kürzeren Zeiträumen
bemessen, so ist es am Schlusse des einzelnen Zeitraumes; ist es nach längeren
Zeiträumen bemessen, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten. Ein
nach Stunden, nach Stück oder Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die
schon vollendeten Leistungen am Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es
sich jedoch um Dienste höherer Art handelt, am Schlusse eines jeden
Kalendermonats zu entrichten.
In jedem Falle wird das bereits verdiente Entgelt mit
der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
§. 1154a. Der nach Stück oder Einzelleistungen
entlohnte Dienstnehmer kann einen den geleisteten Diensten und seinen Auslagen
entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des Entgelts verlangen.
§. 1154b. Der Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf
das Entgelt, wenn er nach Antritt des Dienstes durch Krankheit oder
Unglücksfall an der Dienstleistung verhindert ist, ohne dies vorsätzlich oder
durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet zu haben, bis zur Dauer von sechs
Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von acht Wochen,
wenn das Dienstverhältnis fünf Jahre, von zehn Wochen, wenn es 15 Jahre und von
zwölf Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Durch jeweils weitere
vier Wochen behält der Dienstnehmer den Anspruch auf das halbe Entgelt.
Bei wiederholter Dienstverhinderung durch Krankheit
(Unglücksfall) innerhalb eines Arbeitsjahres besteht ein Anspruch auf
Fortzahlung des Entgelts nur insoweit, als die Dauer des Anspruchs gemäß Abs. 1
noch nicht erschöpft ist.
Wird ein Dienstnehmer durch Arbeitsunfall oder
Berufskrankheit im Sinne der Vorschriften über die gesetzliche
Unfallversicherung an der Leistung seiner Dienste verhindert, ohne dass er die
Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit herbeigeführt hat, so
behält er seinen Anspruch auf das Entgelt ohne Rücksicht auf andere Zeiten
einer Dienstverhinderung bis zur Dauer von acht Wochen. Der Anspruch auf das
Entgelt erhöht sich auf die Dauer von zehn Wochen, wenn das Dienstverhältnis 15
Jahre ununterbrochen gedauert hat. Bei wiederholten Dienstverhinderungen, die
im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit einem Arbeitsunfall oder einer
Berufskrankheit stehen, besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts
innerhalb eines Dienstjahres nur insoweit, als die Dauer des Anspruchs nach dem
ersten oder zweiten Satz noch nicht erschöpft ist. Ist ein Dienstnehmer
gleichzeitig bei mehreren Dienstgebern beschäftigt, so entsteht ein Anspruch
nach diesem Absatz nur gegenüber jenem Dienstgeber, bei dem die
Dienstverhinderung im Sinne dieses Absatzes eingetreten ist; gegenüber den
anderen Dienstgebern entstehen Ansprüche nach Abs. 1.
Kur- und Erholungsaufenthalte, Aufenthalte in Heil-
und Pflegeanstalten, Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen, die
wegen eines Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit von einem Träger der
Sozialversicherung, dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen gemäß § 12 Abs. 4 Opferfürsorgegesetz, einem Bundesamt für
Soziales und Behindertenwesen oder einer Landesregierung auf Grund eines
Behindertengesetzes auf deren Rechnung bewilligt oder angeordnet werden, sind
einer Dienstverhinderung gemäß Abs. 3 gleichzuhalten.
Der Dienstnehmer behält ferner den Anspruch auf das
Entgelt, wenn er durch andere wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne
sein Verschulden während einer verhältnismäßig kurzen Zeit an der
Dienstleistung verhindert wird.
Durch Kollektivvertrag können von Abs. 5 abweichende
Regelungen getroffen werden. Bestehende Kollektivverträge gelten als
abweichende Regelungen.
§. 1155. Auch für Dienstleistungen, die nicht zustande
gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer das Entgelt, wenn er zur Leistung
bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran
gehindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge
Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung
erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust
bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.
Erlöschen der Ansprüche.
§. 1156. Die dem Dienstgeber nach § 1154b obliegenden
Verpflichtungen erlöschen, wenn das Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit,
für die es eingegangen wurde, oder infolge einer früheren Kündigung oder einer
Entlassung endet, die nicht durch die Erkrankung oder sonstige die Person des
Dienstnehmers betreffende wichtige Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist.
Wird der Dienstnehmer wegen der Verhinderung entlassen oder wird ihm während
der Verhinderung gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des
Dienstverhältnisses in Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.
§. 1156a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl
2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)
Erlöschen der Ansprüche.
§. 1156b. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl
2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2000.)
Fürsorgepflicht des Dienstgebers.
§. 1157. Der Dienstgeber hat die Dienstleistungen so
zu regeln und bezüglich der von ihm beizustellenden oder beigestellten Räume
und Gerätschaften auf seine Kosten dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit
des Dienstnehmers, soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist,
geschützt werden.
Ist der Dienstnehmer in die Hausgemeinschaft des
Dienstgebers aufgenommen, so hat dieser in Ansehung des Wohn- und Schlafraumes,
der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit die mit Rücksicht auf
Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des Dienstnehmers erforderlichen
Anordnungen zu treffen.
Endigung des Dienstverhältnisses.
§. 1158. Das Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe
der Zeit, für die es eingegangen wurde.
Ein auf Probe oder nur für die Zeit eines
vorübergehenden Bedarfes vereinbartes Dienstverhältnis kann während des ersten
Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
Ein für die Lebenszeit einer Person oder für länger
als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann von dem Dienstnehmer nach
Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten
gelöst werden.
Ist das Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung
eingegangen oder fortgesetzt worden, so kann es durch Kündigung nach folgenden
Bestimmungen gelöst werden.
Kündigungsfristen.
§. 1159. Eine Kündigung ist zulässig:
wenn bei einem Dienstverhältnisse, das keine Dienste
höherer Art zum Gegenstande hat, das Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach
Stück oder Einzelleistungen bemessen ist, jederzeit für den folgenden Tag; wenn
ein solches Dienstverhältnis die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers
hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat oder wenn
das Entgelt nach Wochen bemessen ist, spätestens am ersten Werktage für den
Schluß der Kalenderwoche. Die Wirkung der Kündigung tritt im Falle der Entlohnung
nach Stück oder Einzelleistungen keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der
Kündigung in Ausführung begriffenen Leistungen ein.
§. 1159a. Wenn ein Dienstverhältnis, das Dienste
höherer Art zum Gegenstande hat, die Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich
in Anspruch nimmt und schon drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf
die Art der Bemessung des Entgelts eine mindestens vierwöchentliche
Kündigungsfrist einzuhalten.
Dasselbe gilt überhaupt, wenn das Entgelt nach Jahren
bemessen ist.
§. 1159b. In allen anderen Fällen kann das
Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens vierzehntägigen
Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1159c. Die Kündigungsfrist muß immer für beide
Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen vereinbart, so gilt für beide Teile
die längere Frist.
Freizeit während der Kündigungsfrist
§. 1160. Bei Kündigung durch den Dienstgeber ist dem
Dienstnehmer während der Kündigungsfrist auf sein Verlangen wöchentlich
mindestens ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne
Schmälerung des Entgelts freizugeben.
Ansprüche nach Abs. 1 bestehen nicht, wenn der
Dienstnehmer einen Anspruch auf eine Pension aus der gesetzlichen
Pensionsversicherung hat, sofern eine Bescheinigung über die vorläufige
Krankenversicherung vom Pensionsversicherungsträger ausgestellt wurde.
Abs. 2 gilt nicht bei Kündigung wegen Inanspruchnahme
einer Gleitpension gemäß § 253c ASVG.
Durch Kollektivvertrag können abweichende Regelungen
getroffen werden.
Konkurs.
§. 1161. Welche Wirkungen die Eröffnung des Konkurses
über das Vermögen des Dienstgebers auf das Dienstverhältnis hat, bestimmt die
Konkursordnung.
Vorzeitige Auflösung.
§. 1162. Das Dienstverhältnis kann, wenn es für
bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor Ablauf dieser Zeit, sonst aber ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teile aus wichtigen Gründen gelöst
werden.
§. 1162a. Wenn der Dienstnehmer ohne wichtigen Grund
vorzeitig austritt, kann der Dienstgeber entweder dessen Wiedereintritt zur
Dienstleistung nebst Schadenersatz oder Schadenersatz wegen Nichterfüllung des
Vertrages verlangen. Wird der Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig
entlassen, so hat er Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu
leisten. Für die schon bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig
ist, steht dem Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des
Entgelts nur insoweit zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des
Dienstverhältnisses für den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil
eingebüßt haben.
§. 1162b. Wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer ohne
wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn ihn ein Verschulden an dem
vorzeitigen Austritte des Dienstnehmers trifft, behält dieser, unbeschadet
weitergehenden Schadenersatzes, seine vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt
für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf
der Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen,
unter Anrechnung dessen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung
erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben
absichtlich versäumt hat. Soweit jedoch der oben genannte Zeitraum drei Monate
nicht übersteigt, kann der Dienstnehmer das ganze für diese Zeit gebührende
Entgelt ohne Abzug sofort fordern.
§. 1162c. Trifft beide Teile ein Verschulden an der
vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat der Richter nach freiem
Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
§. 1162d. Ansprüche wegen vorzeitigen Austrittes oder
vorzeitiger Entlassung im Sinne der §§ 1162a und 1162b müssen bei sonstigem
Ausschlusse binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages, an dem sie erhoben
werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden.
Zeugnis.
§. 1163. Bei Beendigung des Dienstverhältnisses ist
dem Dienstnehmer auf sein Verlangen ein schriftliches Zeugnis über die Dauer
und Art der Dienstleistung auszustellen. Verlangt der Dienstnehmer während der
Dauer des Dienstverhältnisses ein Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine
Kosten auszustellen. Eintragungen und Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem
Dienstnehmer die Erlangung einer neuen Stellung erschwert wird, sind
unzulässig.
Zeugnisse des Dienstnehmers, die sich in Verwahrung
des Dienstgebers befinden, sind dem Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit
auszufolgen.
Zwingende Vorschriften
§. 1164. Die Berechtigungen des Dienstnehmers, die
sich aus den Bestimmungen der §§ 1154 Abs. 3, 1154b Abs. 1 bis 4, 1156 bis
1159b, 1160 und 1162a bis 1163 ergeben, können durch den Dienstvertrag oder
durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung nicht aufgehoben oder beschränkt
werden.
Die §§ 1154b, 1156 und 1164 in der Fassung des
Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 sind auf Dienstverhinderungen anzuwenden,
die in nach dem 31. Dezember 2000 begonnenen Arbeitsjahren eingetreten sind.
Die verlängerte Anspruchsdauer nach § 1154b Abs. 1 in
der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 bewirkt keine Verlängerung
einer in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Dienstverträgen
vorgesehenen längeren Anspruchsdauer. Sehen Normen der kollektiven
Rechtsgestaltung oder Dienstverträge einen zusätzlichen Anspruch im Anschluss
an den Anspruch nach § 1154b Abs. 1 vor, wird die Gesamtdauer der Ansprüche
nicht verlängert.
Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes
BGBl. I Nr. 44/2000 für die Dienstnehmer günstigere Regelungen in
Dienstverträgen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung werden durch
die Neuregelung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 nicht berührt.
Dienstzettel für das freie Dienstverhältnis
§. 1164a. Liegt ein freies Dienstverhältnis (§ 4 Abs.
4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils
geltenden Fassung) vor, so hat der Dienstgeber dem freien Dienstnehmer unverzüglich
nach dessen Beginn eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte
und Pflichten aus dem freien Dienstvertrag (Dienstzettel) auszuhändigen. Solche
Aufzeichnungen sind von Stempel- und unmittelbaren Gebühren befreit. Der
Dienstzettel hat folgende Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift des Dienstgebers,
2. Name und Anschrift des freien Dienstnehmers,
3. Beginn des freien Dienstverhältnisses,
4. bei freien Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit
das Ende des freien Dienstverhältnisses,
5. Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin,
6. vorgesehene Tätigkeit,
7. Entgelt, Fälligkeit des Entgelts.
Hat der freie Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als
einen Monat im Ausland zu verrichten, so hat der vor der Aufnahme der
Auslandstätigkeit auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche freie
Dienstvertrag zusätzlich folgende Angaben zu enthalten:
1. voraussichtliche Dauer der Auslandstätigkeit,
2. Währung, in der das Entgelt auszuzahlen ist, sofern
es nicht in Euro auszuzahlen ist,
3. allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach
Österreich und
4. allfällige zusätzliche Vergütung für die
Auslandstätigkeit.
Keine Verpflichtung zur Aushändigung eines
Dienstzettels besteht, wenn
1. die Dauer des freien Dienstverhältnisses höchstens
einen Monat beträgt oder
2. ein schriftlicher freier Dienstvertrag ausgehändigt
wurde, der alle in Abs. 1 und 2 genannten Angaben enthält, oder
3. bei Auslandstätigkeit die in Abs. 2 genannten
Angaben in anderen schriftlichen Unterlagen enthalten sind.
Jede Änderung der Angaben gemäß Abs. 1 und 2 ist dem
freien Dienstnehmer unverzüglich, spätestens jedoch einen Monat nach ihrer
Wirksamkeit schriftlich mitzuteilen, es sei denn, die Änderung erfolgte durch
Änderung von Gesetzen.
Hat das freie Dienstverhältnis bereits am 1. Juli 2004
bestanden, so ist dem freien Dienstnehmer auf sein Verlangen binnen zwei
Monaten ein Dienstzettel gemäß Abs. 1 auszuhändigen. Eine solche Verpflichtung
des Dienstgebers besteht nicht, wenn ein früher ausgestellter Dienstzettel oder
ein schriftlicher Vertrag über das freie Dienstverhältnis alle nach diesem
Bundesgesetz erforderlichen Angaben enthält.
Die Bestimmungen der Abs. 1 bis 5 können durch den
freien Dienstvertrag weder aufgehoben noch beschränkt werden.
2. Werkvertrag.
§. 1165. Der Unternehmer ist verpflichtet, das Werk
persönlich auszuführen oder unter seiner persönlichen Verantwortung ausführen
zu lassen.
§. 1166. Hat derjenige, der die Verfertigung einer
Sache übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so ist der Vertrag im Zweifel
als Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den Stoff, im Zweifel als
Werkvertrag zu betrachten.
Gewährleistung
§. 1167. Bei Mängeln des Werkes kommen die für
entgeltliche Verträge überhaupt geltenden Bestimmungen (§§ 922 bis 933b) zur
Anwendung.
Vereitlung der Ausführung.
§. 1168. Unterbleibt die Ausführung des Werkes, so
gebührt dem Unternehmer gleichwohl das vereinbarte Entgelt, wenn er zur
Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Besteller liegen
daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge
Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben
oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Wurde er infolge solcher Umstände
durch Zeitverlust bei der Ausführung des Werkes verkürzt, so gebührt ihm
angemessene Entschädigung.
Unterbleibt eine zur Ausführung des Werkes
erforderliche Mitwirkung des Bestellers, so ist der Unternehmer auch
berechtigt, ihm zur Nachholung eine angemessene Frist zu setzen mit der
Erklärung, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der Vertrag als
aufgehoben gelte.
§. 1168a. Geht das Werk vor seiner Übernahme durch
einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer kein Entgelt verlangen.
Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat.
Mißlingt aber das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller
gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist
der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht
gewarnt hat.
Fürsorgepflicht.
§. 1169. Die Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der
die Regelung der Dienstleistungen und die Arbeits- und Erholungszeit
betreffenden, finden auf den Werkvertrag sinngemäße Anwendung.
Entrichtung des Entgelts.
§. 1170. In der Regel ist das Entgelt nach vollendetem
Werk zu entrichten. Wird aber das Werk in gewissen Abteilungen verrichtet oder
sind Auslagen damit verbunden, die der Unternehmer nicht auf sich genommen hat,
so ist dieser befugt, einen verhältnismäßigen Teil des Entgelts und den Ersatz
der gemachten Auslagen schon vorher zu fordern.
§. 1170a. Ist dem Vertrage ein Kostenvoranschlag unter
ausdrücklicher Gewährleistung für seine Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann
der Unternehmer auch bei unvorhergesehener Größe oder Kostspieligkeit der
voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des Entgelts fordern.
Ist ein Voranschlag ohne Gewährleistung zugrunde
gelegt und erweist sich eine beträchtliche Überschreitung als unvermeidlich, so
kann der Besteller unter angemessener Vergütung der vom Unternehmer geleisteten
Arbeit vom Vertrage zurücktreten. Sobald sich eine solche Überschreitung als
unvermeidlich herausstellt, hat der Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich
anzuzeigen, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert.
Sicherstellung bei Bauverträgen
§. 1170b. Der Unternehmer eines Bauwerks, einer
Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teils hievon kann vom Besteller ab
Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt eine Sicherstellung bis zur
Höhe eines Fünftels des vereinbarten Entgelts, bei Verträgen, die innerhalb von
drei Monaten zu erfüllen sind, aber bis zur Höhe von zwei Fünfteln des
vereinbarten Entgelts, verlangen. Dieses Recht kann nicht abbedungen werden.
Als Sicherstellung können Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher, Bankgarantien oder
Versicherungen dienen. Die Kosten der Sicherstellung hat der Sicherungsnehmer
zu tragen, soweit sie pro Jahr zwei von Hundert der Sicherungssumme nicht
übersteigen. Die Kostentragungspflicht entfällt, wenn die Sicherheit nur mehr
wegen Einwendungen des Bestellers gegen den Entgeltanspruch aufrechterhalten
werden muss und die Einwendungen sich als unbegründet erweisen.
Sicherstellungen nach Abs. 1 sind binnen angemessener,
vom Unternehmer festzusetzender Frist zu leisten. Kommt der Besteller dem
Verlangen des Unternehmers auf Leistung einer Sicherstellung nicht, nicht
ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann der Unternehmer seine Leistung
verweigern und unter Setzung einer angemessenen Nachfrist die Vertragsaufhebung
erklären (§ 1168 Abs. 2).
Abs. 1 und 2 gelten nicht, wenn der Werkbesteller eine
juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein Verbraucher im Sinne des §
1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG ist.
Erlöschen durch Tod.
§. 1171. Ein Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es
auf die besonderen persönlichen Eigenschaften des Unternehmers ankommt,
erlischt durch dessen Tod und seine Erben können nur den Preis für den
zubereiteten brauchbaren Stoff und einen dem Werte der geleisteten Arbeit
angemessenen Teil des Entgelts fordern. Stirbt der Besteller, so bleiben die
Erben an den Vertrag gebunden.
3. Verlagsvertrag.
§. 1172. Durch den Verlagsvertrag verpflichtet sich
der Urheber eines Werkes der Literatur, der Tonkunst oder der bildenden Künste
oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem anderen zur Vervielfältigung und
Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, dieser (der Verleger) dagegen,
das Werk zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.
§. 1173. Wurde über die Anzahl der Auflagen nichts
bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage berechtigt. Vor dem Absatze
der Auflage darf der Urheber über das Werk nur dann anderweitig verfügen, wenn
er dem Verleger eine angemessene Schadloshaltung leistet.
4. Leistung zu unerlaubtem Zweck.
§. 1174. Was jemand wissentlich zur Bewirkung einer
unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben hat, kann er nicht wieder
zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen berechtigt sei, bestimmen
die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur Verhinderung einer unerlaubten
Handlung demjenigen der diese Handlung begehen wollte, gegeben worden, so
findet die Zurückforderung statt.
Ein zum Zweck eines verbotenen Spieles gegebenes
Darlehen kann nicht zurückgefordert werden.
Sieben u. zwanzigst. Hauptstück.
Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter.
Entstehung einer Erwerbsgesellschaft.
Begriff.
§. 1175. Durch einen Vertrag, vermöge dessen zwey oder
mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder
auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird eine
Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.
Eintheilung.
§. 1176. Je nachdem die Mitglieder einer Gesellschaft
nur einzelne Sachen, oder Summen; oder eine ganze Gattung von Sachen, z. B.
alle Waaren, alle Früchte, alle liegende Gründe, oder endlich ihr ganzes
Vermögen ohne Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch die Arten der
Gesellschaft verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder weniger
ausgedehnt.
§. 1177. Wenn ein Gesellschaftsvertrag auf das ganze
Vermögen lautet; so wird doch nur das gegenwärtige darunter verstanden. Wird
aber auch das künftige Vermögen mit begriffen; so versteht man darunter nur das
erworbene, nicht das ererbte; außer es wäre beydes ausdrücklich bedungen
worden.
Form der Errichtung.
§. 1178. Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf
das gegenwärtige, oder nur auf das zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig,
wenn das von dem einen und dem andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich
beschrieben, und verzeichnet worden ist.
§. 1179. Wie der gesellschaftliche Vertrag unter
Handelsleuten zu errichten, in die gehörigen Register einzutragen und
öffentlich bekannt zu machen sey, bestimmen die besondern Handels- und
politischen Gesetze. Werden nur einzelne Geschäfte gemeinschaftlich betrieben;
so ist genug, wenn der darüber errichtete Vertrag in den Handlungsbüchern
erscheint.
§. 1180. Der Vertrag über eine Gemeinschaft des ganzen
sowohl gegenwärtigen als künftigen Vermögens, welcher gewöhnlich nur zwischen
Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach den in dem Hauptstücke von den
Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu beurtheilen. Die gegenwärtigen
Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten der durch Vertrag errichteten
Gütergemeinschaft.
Wirkung des Vertrages und des wirklichen Beytrages.
§. 1181. Der Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter
die Titel, ein Eigenthum zu erwerben; die Erwerbung selbst aber, und die
Gemeinschaft der Güter oder Sachen kommt nur durch die Uebergabe derselben zu
Stande.
Hauptstamm.
§. 1182. Alles, was ausdrücklich zum Betriebe des
gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden ist, macht das Capital, oder den
Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige, was jedes Mitglied besitzt, wird
als ein abgesondertes Gut betrachtet.
§. 1183. Wenn Geld, verbrauchbare, oder zwar
unverbrauchbare, jedoch in Geldwerth angeschlagene Sachen eingelegt werden; so
ist nicht nur der daraus verschaffte Nutzen, sondern auch der Hauptstamm in
Rücksicht der Mitglieder, welche hierzu beygetragen haben, als ein
gemeinschaftlichen Eigenthum anzusehen. Wer nur seine Mühe zum
gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden verspricht, hat zwar auf den Gewinn,
nicht aber auf den Hauptstamm einen Anspruch. (§. 1192.)
Rechte und Pflichten der Mitglieder:
Beytrag zum Hauptstamme; (Fond)
§. 1184. Jedes Mitglied ist, außer dem Falle einer
besonderen Verabredung, verbunden, einen gleichen Antheil zum
gemeinschaftlichen Hauptstamme beyzutragen.
Mitwirkung;
§. 1185. In der Regel sind alle Mitglieder verbunden,
ohne Rücksicht auf ihren größern oder geringern Antheil, zu dem
gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken.
§. 1186. Kein Mitglied ist befugt, die Mitwirkung
einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die Gesellschaft aufzunehmen;
oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft zu unternehmen.
§. 1187. Die Pflichten der Mitglieder werden durch den
Vertrag genauer bestimmt. Wer sich bloß zur Arbeit verbunden hat, der ist
keinen Beytrag schuldig. Wer lediglich einen Geld- oder andern Beytrag
verheißen hat, der hat weder die Verbindlichkeit, noch das Recht, auf eine
andere Art zu dem gemeinschaftlichen Erwerbe mitzuwirken.
§. 1188. Bey der Berathschlagung und Entscheidung über
die gesellschaftlichen Angelegenheiten sind, wenn keine andere Verabredung
besteht, die in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen
Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)
Nachschuß zum Hauptstamme;
§. 1189. Die Mitglieder können zu einem mehreren
Beytrage, als wozu sie sich verpflichtet haben, nicht gezwungen werden. Fände
jedoch bey veränderten Umständen ohne Vermehrung des Beytrages die Erreichung
des gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so kann das sich weigernde
Mitglied austreten, oder zum Austritte verhalten werden.
Betrieb der anvertrauten Geschäfte;
§. 1190. Wird Einem oder einigen Mitgliedern der
Betrieb der Geschäfte anvertraut; so sind sie als Bevollmächtigte zu
betrachten. Auf ihre Berathschlagungen und Entscheidungen über gesellschaftliche
Angelegenheiten sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842) erwähnten Vorschriften
anzuwenden.
Haftung für den Schaden;
§. 1191. Jedes Mitglied haftet für den Schaden, den es
der Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt hat. Dieser Schaden läßt sich
mit dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst verschaffte, nicht ausgleichen.
Hat aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig unternommenes neues Geschäft der
Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von der andern Nutzen verursacht; so
soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt finden.
Vertheilung des Gewinnes;
§. 1192. Das Vermögen, welches nach Abzug aller Kosten
und erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm zurück bleibt, ist der Gewinn.
Der Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum derjenigen, welche dazu beygetragen
haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten zum Capitale geschlagen und alles
als ein gemeinschaftliches Gut erklärt worden.
§. 1193. Der Gewinn wird nach Verhältniß der
Capitals-Beyträge vertheilt, und die von allen Mitgliedern geleisteten Arbeiten
heben sich gegen einander auf. Wenn ein oder einige Mitglieder bloß arbeiten,
oder nebst dem Capitals–Beytrage zugleich Arbeiten leisten; so wird für die
Bemühungen, wenn keine Verabredung besteht, und die Gesellschafter sich nicht
vereinigen können, der Betrag mit Rücksicht auf die Wichtigkeit des Geschäftes,
die angewendete Mühe und den verschafften Nutzen vom Gerichte bestimmt.
§. 1194. Besteht der Gewinn nicht in barem Gelde,
sondern in andern Arten der Nutzungen; so geschieht die Theilung nach der in
dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes enthaltenen Vorschrift.
(§§. 840–843.)
§. 1195. Die Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner
vorzüglichen Eigenschaften oder Bemühungen wegen, einen größern Gewinn
bewilligen, als ihm nach seinem Antheile zukäme; nur dürfen dergleichen
Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen oder Verkürzungen ausarten.
§. 1196. (Anm.: Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr.
62.)
Vertheilung des Verlustes;
§. 1197. Hat die Gesellschaft ihre Einlage ganz oder
zum Theile verloren; so wird der Verlust in dem Verhältnisse vertheilet, wie im
entgegengesetzten Falle der Gewinn vertheilt worden wäre. Wer kein Capital
gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.
Rechnungslegung;
§. 1198. Die Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut
ist, sind verbunden, über den gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin
gehörigen Einnahmen und Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.
§. 1199. Die Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes
oder Verlustes kann vor Vollendung des Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn
aber Geschäfte betrieben werden, die durch mehrere Jahre fortdauern und einen
jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so können die Mitglieder, wenn anders das
Hauptgeschäft nicht darunter leidet, jährlich sowohl die Rechnung, als die
Vertheilung des Gewinnes verlangen. Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit
auf seine Kosten die Rechnungen einsehen.
§. 1200. Wer sich mit der bloßen Vorlegung des
Abschlusses (Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte, Rechnung zu fordern,
entsagt hat, kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem Theile der Verwaltung
beweiset, sowohl für den vergangenen Fall, als für alle künftige Fälle auf eine
vollständige Rechnung dringen.
Verhältniß gegen Nichtmitglieder.
§. 1201. Ohne die ausdrückliche oder stillschweigende,
rechtliche Einwilligung der Mitglieder oder ihrer Bevollmächtigten kann die
Gesellschaft einem Dritten nicht verbindlich gemacht werden. Bey Handelsleuten
begreift das kund gemachte, Einem oder mehreren Mitgliedern ertheilte Recht,
die Firma zu führen, nähmlich alle Urkunden und Schriften im Nahmen der
Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine allseitige Vollmacht in sich. (§.
1028.)
§. 1202. Ein Mitglied, welches nur mit einem Theile
seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann ein von dem gemeinschaftlichen
abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach Belieben zu verfügen
berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein Dritter gegen die
Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und Verbindlichkeiten gegen einzelne
Mitglieder unterschieden werden.
§. 1203. Was also jemand an ein einzelnes Mitglied,
und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder zu zahlen hat, kann er auch nur
an das einzelne Mitglied, und nicht an die Gesellschaft fordern oder bezahlen.
Eben so hat aber bey gesellschaftlichen Forderungen oder Schulden jedes
Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder eine Verbindlichkeit zur
Zahlung, außer in dem Falle, welcher bey Handelsleuten vermuthet wird, daß Alle
für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder angenommen haben.
§. 1204. Die geheimen Mitglieder einer
Handlungsgesellschaft; solche nähmlich, welche ihr einen Theil des Fonds auf
Gewinn und Verlust dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder angekündiget
worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem dargeliehenen
Capitale. Die kund gemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen Vermögen.
Auflösung der Gesellschaft, und Austritt aus
derselben.
§. 1205. Die Gesellschaft löset sich von selbst auf,
wenn das unternommene Geschäft vollendet; oder nicht mehr fortzuführen; wenn
der ganze gemeinschaftliche Hauptstamm zu Grunde gegangen; oder wenn die zur
Dauer der Gesellschaft festgesetzte Zeit verflossen ist.
§. 1206. Die gesellschaftlichen Rechte und
Verbindlichkeiten gehen in der Regel nicht auf die Erben eines Mitgliedes über.
Doch sind diese, wenn mit ihnen die Gesellschaft nicht fortgesetzt wird,
berechtiget, die Rechnungen bis auf den Tod des Erblassers zu fordern und
berichtigen zu lassen. Sie sind aber im entgegengesetzten Falle auch verbunden,
Rechnungen zu legen, und zu berichtigen.
§. 1207. Besteht die Gesellschaft nur aus zwey
Personen; so erlischt sie durch das Absterben der Einen. Besteht sie aus
mehreren; so wird von den übrigen Mitgliedern vermuthet, daß sie die
Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermuthung gilt auch
überhaupt von den Erben der Handelsleute.
§. 1208. Lautet der von Personen, die keine
Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag ausdrücklich auch auf ihrer
Erben; so sind diese, wenn sie die Erbschaft antreten, verpflichtet, sich nach
dem Willen des Erblassers zu fügen; allein auf die Erbeserben erstreckt sich
dieser Wille nicht; noch weniger vermag er eine immerwährende Gesellschaft zu
begründen. (§. 832.)
§. 1209. Wenn der Erbe die von dem Verstorbenen für
die Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen nicht im Stande ist; so muß
er sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem ausgemessenen Antheile
unterziehen.
§. 1210. Wenn ein Mitglied die wesentlichen
Bedingungen der Vertrages nicht erfüllet; wenn es in Concurs verfällt; wenn es
durch eine oder mehrere gerichtlich strafbare Handlungen, die nur vorsätzlich
begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht
sind das Vertrauen verliert; so kann es vor Verlauf der Zeit von der
Gesellschaft ausgeschlossen werden.
§. 1211. Man kann den Gesellschaftsvertrag vor Verlauf
der Zeit aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied, von welchem der Betrieb des
Geschäftes vorzüglich abhing, gestorben oder ausgetreten ist.
§. 1212. Wenn die Zeit zur Dauer der Gesellschaft
weder ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der Natur des Geschäftes
bestimmt werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag nach Willkühr
aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit geschehen. (§. 830.)
§. 1213. Die Wirkungen einer zwar bestrittenen, aber
in der Folge für rechtmäßig erklärten Ausschließung oder Aufkündung werden auf
den Tag, wo sie geschehen sind, zurück gezogen.
§. 1214. Die Aufhebung einer Handlungsgesellschaft;
die Aufnahme und der Austritt ihrer öffentlichen Mitglieder, muß eben so, wie
die Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden. Aus dieser Bekanntmachung
wird auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten beurtheilt.
Theilung des gesellschaftlichen Vermögens.
§. 1215. Bey der nach Auflösung einer Gesellschaft
vorzunehmenden Theilung des gesellschaftlichen Vermögens sind nebst den obigen
Bestimmungen die nähmlichen Vorschriften zu beobachten, welche in dem
Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes über die Theilung einer
gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellet worden sind.
§. 1216. Die in diesem Hauptstücke enthaltenen
Anordnungen sind auch auf die Handlungsgesellschaften anzuwenden; in so fern
hierüber nicht besondere Vorschriften bestehen.
Achtundzwanzigstes Hauptstück
Von den Ehepakten und dem Anspruch auf Ausstattung
Ehepakte
§. 1217. Ehepakte heißen diejenigen Verträge, welche
in der Absicht auf die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen
werden. Sie haben vorzüglich die Gütergemeinschaft und den Erbvertrag zum
Gegenstand.
Die Bestimmungen dieses Hauptstücks sind auf
eingetragene Partner sinngemäß anzuwenden.
§. 1218. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1219. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
Ausstattung
§. 1220. Besitzt ein Kind kein eigenes, zu einer
angemessenen Ausstattung hinlängliches Vermögen, so sind Eltern oder Großeltern
nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt
der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den Kindern oder Enkelkindern bei
ihrer Verehelichung eine Ausstattung zu geben oder dazu verhältnismäßig
beizutragen.
§. 1221. Berufen sich Eltern oder Großeltern auf ihr
Unvermögen zur Bestellung einer angemessenen Ausstattung, so hat das Gericht
auf Antrag des Ausstattungsberechtigten, jedoch ohne strenge Untersuchung des
Vermögensstands, darüber zu entscheiden.
§. 1222. Wenn ein Kind ohne Wissen oder gegen den
Willen seiner Eltern geheiratet hat und das Gericht die Ursache der
Missbilligung begründet findet, sind die Eltern selbst in dem Falle, dass sie
in der Folge die Ehe genehmigen, nicht schuldig, ihm eine Ausstattung zu geben.
§. 1223. Hat ein Kind seine Ausstattung schon erhalten
und sie, wenn auch ohne sein Verschulden, verloren, so ist es nicht mehr –
selbst nicht bei Eingehung einer weiteren Ehe – berechtigt, eine neue zu
fordern.
§. 1224. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1225. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1226. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1227. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1228. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1229. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1230. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1231. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1232. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
Gütergemeinschaft
§. 1233. Die eheliche Verbindung allein begründet noch
keine Gemeinschaft der Güter zwischen den Eheleuten. Dazu wird ein besonderer
Vertrag erfordert, dessen Umfang und rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178
des vorigen Hauptstückes beurtheilt wird.
§. 1234. Die Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in
der Regel nur auf den Todesfall verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht
auf die Hälfte dessen, was von den der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen
Gütern nach Ableben des andern Ehegatten noch vorhanden seyn wird.
§. 1235. Bey einer Gemeinschaft, die sich auf das
ganze Vermögen bezieht, sind vor der Theilung alle Schulden ohne Ausnahme; bey
einer Gemeinschaft aber, die bloß das gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen
zum Gegenstande hat, nur diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des
gemeinschaftlichen Gutes verwendet worden sind.
§. 1236. Besitzt ein Ehegatte ein unbewegliches Gut,
und wird das Recht des andern Ehegatten zur Gemeinschaft in die öffentlichen
Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die Eintragung auf die Hälfte der
Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge dessen der eine Ehegatte über
diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die Nutzungen aber während der
Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen Anspruch. Nach dem Tode des
Ehegatten gebührt dem überlebenden Theile sogleich das freye Eigenthum seines
Antheiles. Doch kann eine solche Einverleibung den auf das Gut früher
eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.
Gesetzlicher ehelicher Güterstand
§. 1237. Haben Eheleute über die Verwendung ihres
Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so behält jeder Ehegatte
sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder Theil während der Ehe
erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat der andere, solange die
Ehe besteht, keinen Anspruch.
§. 1238. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl
1978/Nr. 280.)
§. 1239. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl
1978/Nr. 280.)
§. 1240. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl
1978/Nr. 280.)
§. 1241. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl
1978/Nr. 280.)
§. 1242. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 16, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1243. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 4, BGBl
1975/Nr. 412.)
§. 1244. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 16, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1245. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 16, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
Schenkungen unter Ehegatten und Verlobten;
§. 1246. Die Gültigkeit oder Ungültigkeit der
Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die Schenkungen überhaupt
bestehenden Gesetzen beurtheilt.
§. 1247. Was ein Mann seiner
Ehegattinn an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze gegeben
hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt angesehen. Wenn
aber ein verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem einen oder
andern Theile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder schenket;
so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht erfolgt, die
Schenkung widerrufen werden.
Wechselseitige Testamente;
§. 1248. Den Ehegatten ist gestattet, in einem und dem
nähmlichen Testamente sich gegenseitig, oder auch andere Personen als Erben
einzusetzen. Auch ein solches Testament ist widerruflich; es kann aber aus der
Widerrufung des einen Theiles auf die Widerrufung des andern Theiles nicht
geschlossen werden. (§. 583.)
Erbverträge.
Erfordernisse zur Gültigkeit des Erbvertrages.
§. 1249. Zwischen Ehegatten kann auch ein Erbvertrag,
wodurch der künftige Nachlaß, oder ein Theil desselben versprochen, und das
Versprechen angenommen wird, geschlossen werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines
solchen Vertrages ist jedoch nothwendig, daß er schriftlich mit allen
Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes errichtet werde.
§. 1250. Ein pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die
ihm versprochene, unnachtheilige Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung
über seine eigene Verlassenschaft kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur
in so fern bestehen, als sie ein gültiges Testament ist.
Vorschrift über die eingerückten Bedingungen.
§. 1251. Was von Bedingungen bey Verträgen überhaupt
gesagt worden ist, muß auch auf Erbverträge zwischen Ehegatten angewendet
werden.
Wirkung des Erbvertrages.
§. 1252. Ein selbst den öffentlichen Büchern
einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit seinem Vermögen, so
lange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht, welches daraus entsteht,
setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem Vertragserben, wenn er den
Erblasser nicht überlebt, weder auf Andere übertragen, noch der künftigen
Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert werden.
§. 1253. Durch den Erbvertrag kann ein Ehegatte auf
das Recht, zu testiren, nicht gänzlich Verzicht thun. Ein reiner Viertheil,
worauf weder der jemanden gebührende Pflichttheil, noch eine andere Schuld
haften darf, bleibt kraft des Gesetzes zur freyen letzten Anordnung immer
vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht verfüget; so fällt er doch nicht
dem Vertragserben, obschon die ganze Verlassenschaft versprochen worden wäre,
sondern den gesetzlichen Erben zu.
Erlöschung desselben.
§. 1254. Der Erbvertrag kann zum Nachtheile des andern
Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht widerrufen; sondern nur nach
Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den Notherben bleiben ihre Rechte,
wie gegen eine andere letzte Anordnung vorbehalten.
§. 1255. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1256. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1257. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1258. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1259. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1260. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1261. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1262. Ist zwischen den Ehegatten eine Gemeinschaft
der Güter bedungen; so hört dieselbe durch den Concurs des ein oder des andern
Ehegatten auf, und das zwischen ihnen gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey
dem Tode, getheilt.
§. 1263. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
§. 1264. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 17, BGBl
2009/Nr. 75 – Familienrechts-Änderungsgesetz 2009.)
Nichtigerklärung der Ehe
§. 1265. Wird eine Ehe für ungültig erklärt; so
zerfallen auch die Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in so fern es vorhanden ist,
in den vorigen Stand zurück. Der Schuldtragende Theil hat aber dem schuldlosen
Theile Entschädigung zu leisten.
Scheidung oder Aufhebung der Ehe
§. 1266. Im Fall einer Scheidung oder Aufhebung der
Ehe mit gleichteiligem oder ohne Verschulden oder einer Scheidung im
Einvernehmen sind die Ehepakte für beide Teile erloschen, sofern keine andere
Vereinbarung getroffen wurde. Ansonsten gebührt dem schuldlosen oder
minderschuldigen Ehegatten nicht nur volle Genugtuung, sondern ab dem Zeitpunkt
der Scheidung alles dasjenige, was ihm in den Ehepakten auf den Fall des
Überlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft
bestanden hat, wird wie im Falle des Todes geteilt, und das Recht aus einem
Erbvertrag bleibt dem Schuldlosen oder Minderschuldigen auf den Todesfall
vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§ 757 - 759) kann ein geschiedener,
obgleich schuldloser oder minderschuldiger Ehegatte nicht ansprechen.
Neun u. zwanzigstes Hauptstück.
Von den Glücksverträgen.
Glücksverträge.
§. 1267. Ein Vertrag, wodurch die Hoffnung eines noch
ungewissen Vortheiles versprochen und angenommen wird, ist ein Glücksvertrag.
Er gehört, je nachdem etwas dagegen versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen
oder unentgeldlichen Verträgen.
§. 1268. Bey Glücksverträgen findet das Rechtsmittel
wegen Verkürzung über die Hälfte des Werthes nicht Statt.
Arten der Glücksverträge.
§. 1269. Glücksverträge sind: die Wette; das Spiel und
das Los; alle über gehoffte Rechte, oder über künftige noch unbestimmte Sachen
errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner, die Leibrenten; die
gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die Versicherungs- und
Bodmereyverträge.
1) die Wette;
§. 1270. Wenn über ein beyden Theilen noch unbekanntes
Ereigniß ein bestimmter Preis zwischen ihnen für denjenigen, dessen Behauptung
der Erfolg entspricht, verabredet wird; so entsteht eine Wette. Hatte der
gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und verheimlichte er sie dem
andern Theile; so macht er sich einer Arglist schuldig, und die Wette ist
ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der Ausgang vorher bekannt war, ist
als Geschenkgeber anzusehen.
§. 1271. Redliche und sonst erlaubte Wetten sind in so
weit verbindlich, als der bedungene Preis nicht bloß versprochen; sondern
wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden ist. Gerichtlich kann der Preis
nicht gefordert werden.
2) das Spiel;
§. 1272. Jedes Spiel ist eine Art von Wette. Die für
Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für Spiele. Welche Spiele überhaupt,
oder für besondere Classen verbothen; wie Personen, die verbothene Spiele
treiben, und diejenigen, die ihnen dazu Unterschleif geben, zu bestrafen sind,
bestimmen die politischen Gesetze.
3) Los;
§. 1273. Ein zwischen Privat-Personen auf eine Wette
oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den für Wetten und Spiele
festgesetzten Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine Theilung, eine Wahl,
oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden; so treten dabey die
Rechte der übrigen Verträge ein.
§. 1274. Staats-Lotterien sind nicht nach der
Eigenschaft der Wette und des Spieles; sondern nach den jedes Mahl darüber kund
gemachten Planen, zu beurtheilen.
4) Hoffnungskauf.
§. 1275. Wer für ein bestimmtes Maß von einem
künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis
verspricht, schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.
§. 1276. Wer die künftigen Nutzungen einer Sache in
Pausch und Bogen; oder wer die Hoffnung derselben in einem bestimmten Preise
kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er trägt die Gefahr der ganz vereitelten
Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle ordentliche erzielte Nutzungen.
insbesondere eines Kuxes;
§. 1277. Der Antheil an einem Bergwerke heißt Kux. Der
Kauf eines Kuxes gehört zu den gewagten Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für
die Richtigkeit des Kuxes, und der Käufer hat sich nach den Gesetzen über den
Bergbau zu benehmen.
oder einer Erbschaft.
§. 1278. Der Käufer einer von dem Verkäufer
angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen Erbschaft tritt nicht allein in
die Rechte; sondern auch in die Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein,
in so weit diese nicht bloß persönlich sind. Wenn also bey dem Kaufe kein
Inventarium zum Grunde gelegt wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes
Geschäft.
Der Erbschaftskauf bedarf zu seiner Gültigkeit der
Aufnahme eines Notariatsaktes oder der Beurkundung durch gerichtliches
Protokoll.
§. 1279. Auf Sachen, die dem Verkäufer nicht als
Erben; sondern aus einem andern Grunde, z. B. als Vorausvermächtniß, als
Fideicommiß, als Substitution, als Schuldforderung aus der Verlassenschaft
gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat der Erbschaftskäufer
keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der Erbschaft selbst zuwächst, es
sey durch den Abgang eines Legatars, oder eines Miterben, oder auf was immer
für eine andere Art, in so weit der Verkäufer darauf Anspruch gehabt hätte.
§. 1280. Alles, was der Erbe aus dem Erbrechte erhält,
wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen, wird mit zur Masse gerechnet;
alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die Antretung der Erbschaft, oder
auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von der Masse abgezogen. Dahin
gehören die bezahlten Schulden; die schon abgeführten Vermächtnisse, Abgaben
und Gerichtsgebühren; und wenn es nicht ausdrücklich anders verabredet worden
ist, auch die Begräbnißkosten.
§. 1281. In so weit der Verkäufer die Verlassenschaft
vor der Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem Käufer dafür, wie ein anderer
Geschäftsträger.
§. 1282. Die Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer
aber können sich ihrer Befriedigung wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft,
als an den Erben selbst halten. Ihre Rechte, so wie jene der
Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der Erbschaft nicht geändert, und
die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für den Andern.
§. 1283. Hat man bey dem Verkaufe der Erbschaft ein
Inventarium zum Grunde gelegt; so haftet der Verkäufer für dasselbe. Ist der
Kauf ohne ein solches Verzeichniß geschehen; so haftet er für die Richtigkeit
seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und für allen dem Käufer durch sein
Verschulden zugefügten Schaden.
5) Leibrente;
§. 1284. Wird jemanden für Geld, oder gegen eine für
Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer gewissen Person eine bestimmte
jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein Leibrentenvertrag.
§. 1285. Die Dauer der Leibrente kann von dem Leben
des einen oder andern Theiles, oder auch eines Dritten abhängen. Sie wird im
Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet; und nimmt in allen Fällen mit dem
Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet, ihr
Ende.
§. 1286. Weder die Gläubiger, noch die Kinder
desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt, sind
berechtiget, den Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre
Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung
eines entbehrlichen Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem
Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.
6) gesellschaftliche Versorgungsanstalten;
§. 1287. Der Vertrag, wodurch vermittelst einer
Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfond für die Mitglieder, ihre
Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur und dem Zwecke einer
solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten Bedingungen, zu beurtheilen.
7) Versicherungsvertrag;
§. 1288. Wenn jemand die Gefahr des Schadens, welcher
einen Andern ohne dessen Verschulden treffen könnte, auf sich nimmt, und ihm
gegen einen gewissen Preis den bedungenen Ersatz zu leisten verspricht; so
entsteht der Versicherungsvertrag. Der Versicherer haftet dabey für den
zufälligen Schaden, und der Versicherte für den versprochenen Preis.
§. 1289. Der gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages
sind Waaren, die zu Wasser oder zu Lande verführt werden. Es können aber auch
andere Sachen, z. B. Häuser und Grundstücke gegen Feuer- Wasser- und andere
Gefahren versichert werden.
§. 1290. Ereignet sich der zufällige Schade, wofür die
Entschädigung versichert worden ist; so muß der Versicherte, wenn kein
unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts anderes verabredet
worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen Orte befinden, binnen
drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon Nachricht geben, welche
zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem Abwesenden gemachten
Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er die Anzeige; kann er
den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer beweisen, daß der Schade aus
Verschulden des Versicherten entstanden ist; so hat dieser auch keinen Anspruch
auf die versicherte Summe.
§. 1291. Wenn der Untergang der Sache dem
Versicherten; oder der gefahrlose Zustand derselben dem Versicherer zur Zeit
des geschlossenen Vertrages schon bekannt war; so ist der Vertrag ungültig.
8) Bodmerey- und See-Assecurancen.
§. 1292. Die Bestimmungen in Rücksicht der
Versicherungen zur See; so wie die Vorschriften über den Bodmerey-Vertrag sind
ein Gegenstand der Seegesetze.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des Schadensersatzes und der
Genugthuung.
Schade.
§. 1293. Schade heißt jeder Nachtheil, welcher
jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person zugefügt worden ist. Davon
unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den jemand nach dem gewöhnlichen
Laufe der Dinge zu erwarten hat.
Quellen der Beschädigung.
§. 1294. Der Schade entspringt entweder aus einer
widerrechtlichen Handlung, oder Unterlassung eines Andern; oder aus einem
Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird entweder willkührlich, oder
unwillkührlich zugefügt. Die willkührliche Beschädigung aber gründet sich
theils in einer bösen Absicht, wenn der Schade mit Wissen und Willen; theils in
einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit, oder aus Mangel der
gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes verursacht worden ist.
Beydes wird ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit zum Schadensersatze:
1) von dem Schaden aus Verschulden;
§. 1295. Jedermann ist berechtigt, von dem Beschädiger
den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, zu
fordern; der Schade mag durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne
Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Auch wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden
Weise absichtlich Schaden zufügt, ist dafür verantwortlich, jedoch falls dies
in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann, wenn die Ausübung des Rechtes
offenbar den Zweck hatte, den anderen zu schädigen.
§. 1296. Im Zweifel gilt die Vermuthung, daß ein
Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden sey.
§. 1297. Es wird aber auch vermuthet, daß jeder,
welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines solchen Grades des Fleißes und
der Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet
werden kann. Wer bey Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines Andern
entsteht, diesen Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich
eines Versehen schuldig.
§. 1298. Wer vorgibt, daß er an der Erfüllung seiner
vertragsmäßigen oder gesetzlichen Verbindlichkeit ohne sein Verschulden
verhindert worden sey, dem liegt der Beweis ob. Soweit er auf Grund
vertraglicher Vereinbarung nur für grobe Fahrlässigkeit haftet, muß er auch
beweisen, daß es an dieser Voraussetzung fehlt.
insbesondere a) der Sachverständigen,
§. 1299. Wer sich zu einem Amte, zu einer Kunst, zu
einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich bekennet; oder wer ohne Noth freywillig
ein Geschäft übernimmt, dessen Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen
nicht gewöhnlichen Fleiß erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den
nothwendigen Fleiß und die erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse
zutraue; er muß daher den Mangel derselben vertreten. Hat aber derjenige,
welcher ihm das Geschäft überließ, die Unerfahrenheit desselben gewußt; oder,
bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen können, so fällt zugleich dem Letzteren
Versehen zur Last.
§. 1300. Ein Sachverständiger ist auch dann
verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in Angelegenheiten seiner Kunst oder
Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen Rath ertheilet. Außer diesem
Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden, welchen er wissentlich durch
Ertheilung des Rathes dem Andern verursachet hat.
oder b) mehrerer Theilnehmer.
§. 1301. Für einen widerrechtlich zugefügten Schaden
können mehrere Personen verantwortlich werden, indem sie gemeinschaftlich,
unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch Verleiten, Drohen, Befehlen,
Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch Unterlassung der besonderen
Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu beygetragen haben.
§. 1302. In einem solchen Falle verantwortet, wenn die
Beschädigung in einem Versehen gegründet ist, und die Antheile sich bestimmen
lassen, jeder nur den durch sein Versehen verursachten Schaden. Wenn aber der
Schade vorsätzlich zugefügt worden ist; oder, wenn die Antheile der Einzelnen
an der Beschädigung sich nicht bestimmen lassen; so haften Alle für Einen und
Einer für Alle; doch bleibt demjenigen, welcher den Schaden ersetzt hat, der
Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.
§. 1303. In wie weit mehrere Mitschuldner bloß aus der
unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit zu haften haben, ist aus der
Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.
§. 1304. Wenn bey einer Beschädigung zugleich ein
Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so trägt er mit dem
Beschädiger den Schaden verhältnißmäßig; und, wenn sich das Verhältniß nicht
bestimmen läßt, zu gleichen Theilen.
2) aus dem Gebrauche des Rechtes;
§. 1305. Wer von seinem Rechte innerhalb der
rechtlichen Schranken (§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht, hat den für einen
anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3) aus einer schuldlosen oder unwillkührlichen
Handlung;
§. 1306. Den Schaden, welchen jemand ohne Verschulden
oder durch eine unwillkührliche Handlung verursacht hat, ist er in der Regel zu
ersetzen nicht schuldig.
§. 1306a. Wenn jemand im Notstand einen Schaden
verursacht, um eine unmittelbar drohende Gefahr von sich oder anderen
abzuwenden, hat der Richter unter Erwägung, ob der Beschädigte die Abwehr aus
Rücksicht auf die dem anderen drohende Gefahr unterlassen hat, sowie des
Verhältnisses der Größe der Beschädigung zu dieser Gefahr oder endlich des
Vermögens des Beschädigers und des Beschädigten zu erkennen, ob und in welchem
Umfange der Schaden zu ersetzen ist.
§. 1307. Wenn sich jemand aus eigenem Verschulden in
einen Zustand der Sinnesverwirrung oder in einen Notstand versetzt hat, so ist
auch der in demselben verursachte Schade seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben
dieses gilt auch von einem Dritten, der durch sein Verschulden diese Lage bei
dem Beschädiger veranlaßt hat.
§. 1308. Wenn Personen, die den Gebrauch der Vernunft
nicht haben, oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein
Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz
ansprechen.
§. 1309. Außer diesem Falle gebührt ihm der Ersatz von
denjenigen Personen, denen der Schade wegen Vernachlässigung der ihnen über
solche Personen anvertrauten Obsorge beygemessen werden kann.
§. 1310. Kann der Beschädigte auf solche Art den
Ersatz nicht erhalten; so soll der Richter mit Erwägung des Umstandes, ob dem
Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines Verstandes nicht mächtig ist, in
dem bestimmten Falle nicht dennoch ein Verschulden zur Last liege; oder, ob der
Beschädigte aus Schonung des Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe;
oder endlich, mit Rücksicht auf das Vermögen des Beschädigers und des
Beschädigten; auf den ganzen Ersatz oder doch einen billigen Theil desselben
erkennen.
4) durch Zufall.
§. 1311. Der bloße Zufall trifft denjenigen, in dessen
Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat aber jemand den Zufall durch ein
Verschulden veranlaßt; hat er ein Gesetz, das den zufälligen Beschädigungen
vorzubeugen sucht, übertreten; oder sich ohne Noth in fremde Geschäfte gemengt;
so haftet er für allen Nachtheil, welcher außer dem nicht erfolgt wäre.
§. 1312. Wer in einem Nothfalle jemanden einen Dienst
geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er nicht verhütet hat, nicht
zugerechnet; es wäre denn, daß er einen Andern, der noch mehr geleistet haben
würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte. Aber auch in diesem Falle
kann er den sicher verschaften Nutzen gegen den verursachten Schaden in
Rechnung bringen.
5) durch fremde Handlungen.
§. 1313. Für fremde, widerrechtliche Handlungen, woran
jemand keinen Theil genommen hat, ist er in der Regel auch nicht
verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das Gegentheil anordnen,
bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden
vorbehalten.
§. 1313a. Wer einem andern zu einer Leistung
verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden seines gesetzlichen Vertreters
sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung bedient, wie für sein eigenes.
§. 1314. Wer eine Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt
oder wissentlich eine durch ihre Leibes- oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche
Person im Dienste behält oder ihr Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den
Hausgenossen für den Ersatz des durch die gefährliche Beschaffenheit dieser
Personen verursachten Schadens.
§. 1315. Überhaupt haftet derjenige, welcher sich
einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung
seiner Angelegenheiten bedient, für den Schaden, den sie in dieser Eigenschaft
einem Dritten zufügt.
§. 1316. Gastwirte, die Fremde beherbergen, sowie die
anderen in § 970 bezeichneten Personen, ferner Fuhrleute haften für den
Schaden, welchen ihre eigenen oder die von ihnen zugewiesenen Dienstpersonen an
den eingebrachten oder übernommenen Sachen einem Gast oder Reisenden in ihrem
Hause, ihrer Anstalt oder ihrem Fahrzeuge verursachen.
§. 1317. In wie fern bey öffentlichen
Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen werden, bestimmen
die besondern Vorschriften.
§. 1318. Wird jemand durch das Herabfallen einer
gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache; oder, durch Herauswerfen oder
Herausgießen aus einer Wohnung beschädiget; so haftet derjenige, aus dessen
Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die Sache herabgefallen ist, für
den Schaden.
6. Durch ein Bauwerk
§. 1319. Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen
eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes
jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des
Gebäudes oder Werkes zum Ersatze verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der
mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle
zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe.
6a. durch einen Weg;
§. 1319a. Wird durch den mangelhaften Zustand eines
Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder an seiner Gesundheit verletzt
oder eine Sache beschädigt, so haftet derjenige für den Ersatz des Schadens,
der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als Halter verantwortlich ist,
sofern er oder einer seiner Leute den Mangel vorsätzlich oder grobfahrlässig
verschuldet hat. Ist der Schaden bei einer unerlaubten, besonders auch
widmungswidrigen, Benützung des Weges entstanden und ist die Unerlaubtheit dem
Benützer entweder nach der Art des Weges oder durch entsprechende
Verbotszeichen, eine Abschrankung oder eine sonstige Absperrung des Weges
erkennbar gewesen, so kann sich der Geschädigte auf den mangelhaften Zustand
des Weges nicht berufen.
Ein Weg im Sinn des Abs. 1 ist eine Landfläche, die
von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den Verkehr jeder Art oder für
bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf, auch wenn sie nur für einen
eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist; zu einem Weg gehören auch die in
seinem Zug befindlichen und dem Verkehr dienenden Anlagen, wie besonders
Brücken, Stützmauern, Futtermauern, Durchlässe, Gräben und Pflanzungen. Ob der
Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich danach, was nach der Art des
Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine Anlage und Betreuung angemessen
und zumutbar ist.
Ist der mangelhafte Zustand durch Leute des
Haftpflichtigen verschuldet worden, so haften auch sie nur bei Vorsatz oder
grober Fahrlässigkeit.
7. Durch ein Tier
§. 1320. Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist
derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu
verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich,
wenn er nicht beweist, daß er für die erforderliche Verwahrung oder
Beaufsichtigung gesorgt hatte.
§. 1321. Wer auf seinem Grund und Boden fremdes Vieh
antrifft, ist deßwegen noch nicht berechtigt, es zu tödten. Er kann es durch
anpassende Gewalt verjagen; oder, wenn er dadurch Schaden gelitten hat, das
Recht der Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes ausüben, als zu seiner
Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen sich mit dem Eigenthümer
abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen;
widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.
§. 1322. Das gepfändete Vieh muß auch zurückgestellt
werden, wenn der Eigenthümer eine andere angemessene Sicherheit leistet.
Arten des Schadensersatzes.
§. 1323. Um den Ersatz eines verursachten Schadens zu
leisten, muß alles in den vorigen Stand zurück versetzet, oder, wenn dieses
nicht thunlich ist, der Schätzungswerth vergütet werden. Betrifft der Ersatz
nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich eine Schadloshaltung; wofern
er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und die Tilgung der verursachten
Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.
§. 1324. In dem Falle eines aus böser Absicht, oder
aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten Schadens ist der Beschädigte
volle Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur die eigentliche
Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den Fällen, wo im
Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurtheilen, welche Art
des Ersatzes zu leisten sey.
Insbesondere 1) bey Verletzungen an dem Körper;
§. 1325. Wer jemanden an seinem Körper verletzt,
bestreitet die Heilungskosten des Verletzten; ersetzt ihm den entgangenen,
oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig wird, auch den künftig
entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen überdieß ein den erhobenen
Umständen angemessenes Schmerzensgeld.
§. 1326. Ist die verletzte Person durch die
Mißhandlung verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn sie weiblichen
Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht genommen werden, als
ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.
§. 1327. Erfolgt aus einer körperlichen Verletzung der
Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern auch den Hinterbliebenen, für
deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu sorgen hatte, das, was ihnen
dadurch entgangen ist, ersetzt werden.
1a. an der geschlechtlichen Selbstbestimmung
§. 1328. Wer jemanden durch eine strafbare Handlung
oder sonst durch Hinterlist, Drohung oder Ausnutzung eines Abhängigkeits- oder
Autoritätsverhältnisses zur Beiwohnung oder sonst zu geschlechtlichen
Handlungen mißbraucht, hat ihm den erlittenen Schaden und den entgangenen
Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene Entschädigung für die erlittene
Beeinträchtigung zu leisten.
1b. am Recht auf Wahrung der Privatsphäre
§. 1328a. Wer rechtswidrig und schuldhaft in die
Privatsphäre eines Menschen eingreift oder Umstände aus der Privatsphäre eines
Menschen offenbart oder verwertet, hat ihm den dadurch entstandenen Schaden zu
ersetzen. Bei erheblichen Verletzungen der Privatsphäre, etwa wenn Umstände
daraus in einer Weise verwertet werden, die geeignet ist, den Menschen in der
Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der Ersatzanspruch auch eine
Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Abs. 1 ist nicht anzuwenden, sofern eine Verletzung
der Privatsphäre nach besonderen Bestimmungen zu beurteilen ist. Die
Verantwortung für Verletzungen der Privatsphäre durch Medien richtet sich
allein nach den Bestimmungen des Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, in der
jeweils geltenden Fassung.
2) an der persönlichen Freyheit;
§. 1329. Wer jemanden durch gewaltsame Entführung,
durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch einen widerrechtlichen
Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem Verletzten die vorige
Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten. Kann er ihm die
Freiheit nicht mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen, wie bei der
Tötung, Ersatz leisten.
3) an der Ehre;
§. 1330. Wenn jemandem durch Ehrenbeleidigung ein
wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes verursacht worden ist, so ist er
berechtigt, den Ersatz zu fordern.
Dies gilt auch, wenn jemand Tatsachen verbreitet, die
den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen eines anderen gefährden und deren
Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In diesem Falle kann auch der Widerruf
und die Veröffentlichung desselben verlangt werden. Für eine nicht öffentlich
vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der Mitteilende nicht kennt, haftet
er nicht, wenn er oder der Empfänger der Mitteilung an ihr ein berechtigtes
Interesse hatte.
4) an dem Vermögen.
§. 1331. Wird jemand an seinem Vermögen vorsätzlich
oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern beschädiget; so ist er auch
den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade vermittelst einer durch ein
Strafgesetz verbothenen Handlung, oder aus Muthwillen und Schadenfreude
verursachet worden ist, den Werth der besondern Vorliebe zu fordern
berechtiget.
§. 1332. Der Schade, welcher aus einem mindern Grade
des Versehens oder der Nachlässigkeit verursacht worden ist, wird nach dem
gemeinen Werthe, den die Sache zur Zeit der Beschädigung hatte, ersetzt.
§. 1332a. Wird ein Tier verletzt, so gebühren die
tatsächlich aufgewendeten Kosten der Heilung oder der versuchten Heilung auch
dann, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit auch ein verständiger
Tierhalter in der Lage des Geschädigten diese Kosten aufgewendet hätte.
Besonders durch die Verzögerung der Zahlung.
Gesetzliche Zinsen und weitere Schäden
§. 1333. Der Schaden, den der Schuldner seinem Gläubiger
durch die Verzögerung der Zahlung einer Geldforderung zugefügt hat, wird durch
die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1) vergütet.
Der Gläubiger kann außer den gesetzlichen Zinsen auch
den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden
geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender
außergerichtlicher Betreibungs- oder Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in
einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen.
§. 1334. Eine Verzögerung fällt einem Schuldner zur
Last, wenn er den durch Gesetz oder Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht
einhält. Sofern die Parteien nicht anderes vereinbart haben, hat der Schuldner
seine Leistung bei vertragsgemäßer Erbringung der Gegenleistung ohne unnötigen
Aufschub nach der Erfüllung durch den Gläubiger oder, wenn die Parteien ein
solches Verfahren vereinbart haben, nach der Abnahme oder Überprüfung der
Leistung des Gläubigers oder, wenn die Forderung der Höhe nach noch nicht
feststeht, nach dem Eingang der Rechnung oder einer gleichwertigen
Zahlungsaufforderung zu erbringen. Ist die Zahlungszeit sonst nicht bestimmt,
so trägt der Schuldner die Folgen der Zahlungsverzögerung, wenn er sich nach
dem Tag der gerichtlichen oder außergerichtlichen Einmahnung nicht mit dem
Gläubiger abgefunden hat.
§. 1335. Hat der Gläubiger die Zinsen ohne
gerichtliche Einmahnung bis auf den Betrag der Hauptschuld steigen lassen, so
erlischt das Recht, vom Kapital weitere Zinsen zu fordern. Vom Tag der
Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen verlangt werden.
Bedingung des Vergütungsvertrages
(Conventional-Strafe).
§. 1336. Die vertragschließenden Teile können eine
besondere Übereinkunft treffen, daß auf den Fall des entweder gar nicht oder
nicht auf gehörige Art oder zu spät erfüllten Versprechens ein bestimmter Geld-
oder anderer Betrag entrichtet werden solle (§ 912). Der Schuldner erlangt
mangels besonderer Vereinbarung nicht das Recht, sich durch Bezahlung des
Vergütungsbetrages von der Erfüllung zu befreien. Wurde die Konventionalstrafe
für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes
versprochen, so kann sie neben der Erfüllung gefordert werden.
In allen Fällen ist der Vergütungsbetrag, wenn er vom
Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem Richter, allenfalls nach
Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.
Der Gläubiger kann neben einer Konventionalstrafe den
Ersatz eines diese übersteigenden Schadens geltend machen. Ist der Schuldner
ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG, so muss dies im
Einzelnen ausgehandelt werden.
Verbindlichkeit der Erben des Beschädigers.
§. 1337. Die Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens,
und des entgangenen Gewinnes, oder zur Entrichtung des bedungenen
Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen, und geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der Entschädigung.
§. 1338. Das Recht zum Schadensersatze muß in der
Regel, wie jedes andere Privat-Recht, bey dem ordentlichen Richter angebracht
werden. Hat der Beschädiger zugleich ein Strafgesetz übertreten; so trifft ihn
auch die verhängte Strafe. Die Verhandlung über den Schadensersatz aber gehört
auch in diesem Falle, in so fern sie nicht durch die Strafgesetze dem
Strafgerichte oder der politischen Behörde aufgetragen ist, zu dem Civil-Gerichte.
§. 1339. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl
1974/Nr. 496.)
§. 1340. Diese Behörden haben in dem Falle, daß sich
die Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt, sogleich darüber nach den in
diesem Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu erkennen. Wenn aber der Ersatz
des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden kann, ist in dem
Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die
Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist
auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen
dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung
des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§. 1341. Gegen das Verschulden eines Richters
beschwert man sich bey der höhern Behörde. Diese untersucht und beurtheilt die
Beschwerde von Amts wegen.
Dritter Theil des bürgerlichen Gesetzbuches.
Von den gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen-
und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück.
Von Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Gemeinschaftliche Bestimmungen der Rechte.
§. 1342. Sowohl Personenrechte als Sachenrechte, und
daraus entspringende Verbindlichkeiten können gleichförmig befestiget,
umgeändert und aufgehoben werden.
Arten der Befestigung eines Rechtes;
§. 1343. Die rechtlichen Arten der Sicherstellung
einer Verbindlichkeit und der Befestigung eines Rechtes, durch welche den
Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird, sind: die Verpflichtung eines
Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.
I.) durch Verpflichtung eines Dritten.
§. 1344. Ein Dritter kann sich den Gläubiger für den
Schuldner auf dreyerley Art verpflichten: Ein Mahl, wenn er mit Einwilligung
des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler übernimmt; dann, wenn er der
Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; endlich, wenn er sich für die
Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verbindet, daß der erste Schuldner die
Verbindlichkeit nicht erfülle.
§. 1345. Wenn jemand mit Einwilligung des Gläubigers
die ganze Schuld eines Andern übernimmt; so geschieht keine Befestigung,
sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon in dem folgenden Hauptstücke
gehandelt wird.
a) Als Bürge;
§. 1346. Wer sich zur Befriedigung des Gläubigers auf
den Fall verpflichtet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle,
wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem Gläubiger getroffene
Uebereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt der erste Schuldner
noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als Nachschuldner hinzu.
Zur Gültigkeit des Bürgschaftsvertrages ist
erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des Bürgen schriftlich abgegeben
wird.
b) Als Mitschuldner;
§. 1347. Wenn jemand, ohne die den Bürgen zu Statten
kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt; so entsteht
eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner, deren rechtliche Folgen nach den in
dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zu beurtheilen
sind. (§§. 888-896.)
Entschädigungsbürge.
§. 1348. Wer dem Bürgen auf den Fall, daß derselbe durch
seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte, Entschädigung zusagt, heißt
Entschädigungsbürge.
Wer sich verbürgen könne.
§. 1349. Fremde Verbindlichkeiten kann ohne
Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich nehmen, dem die freye
Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche Verbindlichkeiten.
§. 1350. Eine Bürgschaft kann nicht nur über Summen
und Sachen, sondern auch über erlaubte Handlungen und Unterlassungen in
Beziehung auf den Vortheil oder Nachtheil, welcher aus denselben für den
Sichergestellten entstehen kann, geleistet werden.
§. 1351. Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht
bestanden haben, oder schon aufgehoben sind, können weder übernommen, noch
bekräftiget werden.
§. 1352. Wer sich für eine Person verbürgt, die sich
vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht verbinden kann, ist, obschon ihm
diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem ungetheilten Mitschuldner
verpflichtet. (§. 896.)
Umfang der Bürgschaft.
§. 1353. Die Bürgschaft kann nicht weiter ausgedehnt
werden, als sich der Bürge ausdrücklich erkläret hat. Wer sich für ein
zinsbares Capital verbürget, haftet nur für jene rückständigen Zinsen, welche
der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtiget war.
§. 1354. Von der Einwendung, wodurch ein Schuldner
nach Vorschrift der Gesetze die Beybehaltung eines Theiles seines Vermögens zu
seinem Unterhalte zu fordern berechtiget ist, kann der
Bürge nicht Gebrauch machen.
Wirkung.
§. 1355. Der Bürge kann in der Regel erst dann
belanget werden, wenn der Hauptschuldner auf des Gläubigers gerichtliche oder
außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit nicht erfüllet hat.
§. 1356. Der Bürge kann aber, selbst wenn er sich
ausdrücklich nur für den Fall verbürget hat, daß der Hauptschuldner zu zahlen
unvermögend sey, zuerst belanget werden, wenn der Hauptschuldner in Concurs
verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung geleistet werden sollte,
unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner Nachlässigkeit zu
beschuldigen ist.
§. 1357. Wer sich als Bürge und Zahler verpflichtet
hat, haftet als ungetheilter Mitschuldner für die ganze Schuld; es hängt von
der Willkühr des Gläubigers ab, ob er zuerst den Hauptschuldner, oder den
Bürgen, oder beyde zugleich belangen wolle. (§. 891.)
§. 1358. Wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er
persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des
Gläubigers und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu
fordern. Zu diesem Ende ist der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler
alle vorhandenen Rechtsbehelfe und Sicherungsmittel auszuliefern.
§. 1359. Haben für den nähmlichen ganzen Betrag
mehrere Personen Bürgschaft geleistet; so haftet jede für den ganzen Betrag.
Hat aber Eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen; so gebührt ihr gleich dem
Mitschuldner (§. 896.) das Recht des Rückersatzes gegen die übrigen.
§. 1360. Wenn dem Gläubiger vor, oder bey Leistung der
Bürgschaft noch außer derselben von dem Hauptschuldner, oder einem Dritten ein
Pfand gegeben wird; so steht ihm zwar noch immer frey, den Bürgen der Ordnung
nach (§. 1355.) zu belangen; aber er ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich
des Pfandes zu begeben.
§. 1361. Hat der Bürge oder Zahler den Gläubiger
befriediget, ohne sich mit dem Hauptschuldner einzuverstehen; so kann dieser
Alles gegen jene einwenden, was er gegen den Gläubiger hätte einwenden können.
§. 1362. Der Bürge kann von dem Entschädigungsbürgen
nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den Schaden nicht durch sein
eigenes Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung der Bürgschaft.
§. 1363. Die Verbindlichkeit des Bürgen hört
verhältnißmäßig mit der Verbindlichkeit des Schuldners auf. Hat sich der Bürge
nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet; so haftet er nur für diesen Zeitraum.
Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem zwar gegen den Gläubiger; aber
nicht gegen die übrigen Mitbürgen zu Statten. (§. 896).
§. 1364. Durch den Verlauf der Zeit, binnen welcher
der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der Bürge, wenn auch der Gläubiger auf
die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch nicht von seiner Bürgschaft befreyt;
allein er ist befugt, von dem Schuldner, wenn er mit dessen Einwilligung
Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er ihm Sicherheit verschaffe. Auch
der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit verantwortlich, als dieser wegen dessen
Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden
kommt.
§. 1365. Wenn gegen den Schuldner ein gegründetes
Besorgniß der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung aus den Erbländern, für
welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt; so steht dem Bürgen das
Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der verbürgten Schuld zu
verlangen.
§. 1366. Wenn das verbürgte Geschäft beendiget ist; so
kann die Abrechnung, und die Aufhebung der Bürgschaft gefordert werden.
§. 1367. Ist der Bürgschaftsvertrag weder durch eine
Hypothek, noch durch ein Faustpfand befestiget; so erlischt er binnen drey
Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn der Gläubiger in der Zwischenzeit
unterlassen hat, von dem Erben die verfallene Schuld gerichtlich oder
außergerichtlich einzumahnen.
II.) Durch Pfandvertrag.
§. 1368. Pfandvertrag heißt derjenige Vertrag, wodurch
der Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner auf eine Sache dem Gläubiger das
Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm das
bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher
verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein
Pfandvertrag.
Wirkung des Pfandvertrages.
§. 1369. Was bey Verträgen überhaupt Rechtens ist,
gilt auch bey dem Pfandvertrage; er ist zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer
muß das Handpfand wohl verwahren und es dem Verpfänder, so bald dieser die
Befriedigung leistet, zurück geben. Betrifft es eine
Hypothek; so muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand setzen,
die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu können.
Die mit dem Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des
Pfandgebers und Pfandnehmers sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmt worden.
§. 1370. Der Handpfandnehmer ist verbunden, dem
Pfandgeber einen Pfandschein auszustellen, und darin die unterscheidenden
Kennzeichen des Pfandes zu beschreiben. Auch können die wesentlichen
Bedingungen des Pfandvertrages in dem Pfandscheine angeführet werden.
Unerlaubte Bedingungen.
§. 1371. Alle der Natur des Pfand- und
Darleihensvertrages entgegen stehende Bedingungen und Nebenverträge sind
ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der Verfallzeit der
Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es nach Willkühr,
oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder für sich
behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder ein
liegendes Gut keinem Andern verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der
Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.
§. 1372. Der Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die
Fruchtnießung der verpfändeten Sache zustehen solle, ist ohne rechtliche
Wirkung. Ist dem Gläubiger der bloße Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes
eingeräumt worden (§. 459.), so muß diese Benützung auf eine dem Schuldner
unschädliche Art geschehen.
Auf welche Art in der Regel Sicherstellung zu leisten
ist.
§. 1373. Wer verbunden ist, eine Sicherstellung zu
leisten, muß diese Verbindlichkeit durch ein Handpfand, oder durch eine
Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, daß er ein Pfand zu geben außer Stande
ist, werden taugliche Bürgen angenommen.
§. 1374. Niemand ist verpflichtet, eine Sache, die zur
Sicherstellung dienen soll, in einem höheren Wert als der Hälfte ihres
Verkehrswertes zum Pfand anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt und
im Inland geklagt werden kann, ist ein tauglicher Bürge.
Zweytes Hauptstück.
Von Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten;
§. 1375. Es hängt von dem Willen des Gläubigers und
des Schuldners ab, ihre gegenseitigen willkührlichen Rechte und
Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann ohne, oder mit Hinzukunft
einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen Gläubigers, oder eines
neuen Schuldners geschehen.
1) durch Novation;
§. 1376. Die Umänderung ohne Hinzukunft einer dritten
Person findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder wenn der Hauptgegenstand einer
Forderung verwechselt wird, folglich die alte Verbindlichkeit in eine neue
übergeht.
§. 1377. Eine solche Umänderung heißt Neuerungsvertrag
(Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die vorige Hauptverbindlichkeit auf,
und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.
§. 1378. Die mit der vorigen Hauptverbindlichkeit
verknüpften Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte erlöschen durch den
Neuerungsvertrag, wenn die Theilnehmer nicht durch ein
besonderes Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1379. Die näheren Bestimmungen, wo, wann und wie
eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllet werden soll, und andere
Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den Hauptgegenstand oder
Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind eben so wenig als ein
Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße Ausstellung eines neuen
Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine
solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben
nicht beygezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte
Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch
wohl bestehen kann.
2) Vergleich.
§. 1380. Ein Neuerungsvertrag, durch welchen
streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, daß jede Partey
sich wechselseitig etwas zu geben, zu thun, oder zu unterlassen verbindet,
heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweyseitigen verbindlichen
Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurtheilet.
§. 1381. Wer dem Verpflichteten mit dessen
Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes Recht unentgeldlich erläßt,
macht eine Schenkung (§. 939).
Ungültigkeit eines Vergleiches in Rücksicht des
Gegenstandes;
§. 1382. Es gibt zweifelhafte Fälle, welche durch
einen Vergleich nicht beygelegt werden dürfen. Dahin gehört der zwischen
Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene Streit. Diesen kann nur der
durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand entscheiden.
§. 1383. Ueber den Inhalt einer letzten Anordnung kann
vor deren Bekanntmachung kein Vergleich errichtet werden. Die hierüber
entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von Glücksverträgen beurtheilt.
§. 1384. Vergleiche über Gesetzübertretungen sind nur
in Hinsicht auf die Privat-Genugthuung gültig; die gesetzmäßige Untersuchung
und Bestrafung kann dadurch bloß dann abgewendet werden, wenn die
Uebertretungen von der Art sind, daß die Behörde nur auf Verlangen der Parteyen
ihr Amt zu handeln angewiesen ist.
oder anderer Mängel.
§. 1385. Ein Irrthum kann den Vergleich nur in so weit
ungültig machen, als er die Wesenheit der Person, oder des Gegenstandes
betrifft.
§. 1386. Aus dem Grunde einer Verletzung über die
Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht angefochten werden.
§. 1387. Eben so wenig können neu gefundene Urkunden,
wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines Rechtes auf Seite einer Partey
entdeckten, einen redlich eingegangenen Vergleich entkräften.
§. 1388. Ein offenbarer Rechnungsverstoß, oder ein
Fehler, welcher bey dem Abschlusse eines Vergleiches in dem Summiren oder
Abziehen begangen wird, schadet keinem der vertragmachenden Theile.
Umfang des Vergleiches.
§. 1389. Ein Vergleich, welcher über eine besondere
Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich nicht auf andere Fälle.
Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt lautende Vergleiche sind
auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich verheimlichet worden
sind, oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht der Nebenverbindlichkeiten.
§. 1390. Bürgen und Pfänder, welche zur Sicherheit des
ganzen noch streitigen Rechtes gegeben worden sind, haften auch für den Theil,
der durch den Vergleich bestimmt worden ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem
dritten Verpfänder, welche dem Vergleiche nicht beygestimmt haben, alle
Einwendungen gegen den Gläubiger vorbehalten, welche ohne geschlossenen
Vergleich der Forderung hätten entgegengesetzt werden können.
§. 1391. Der Vertrag, wodurch Parteyen zur
Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter bestellen, erhält seine
Bestimmung in der Gerichtsordnung.
3) Cession.
§. 1392. Wenn eine Forderung von einer Person an die
andere übertragen, und von dieser angenommen wird; so entsteht die Umänderung
des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers. Eine solche Handlung heißt
Abtretung (Cession), und kann mit, oder ohne Entgeld geschlossen werden.
Gegenstände der Cession.
§. 1393. Alle veräußerliche Rechte sind
ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person ankleben, folglich mit ihr
erlöschen, können nicht abgetreten werden. Schuldscheine, die auf den
Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe abgetreten, und bedürfen
nebst dem Besitze keines andern Beweises der Abtretung.
Wirkung.
§. 1394. Die Rechte des Uebernehmers sind mit den
Rechten des Ueberträgers in Rücksicht auf die überlassene Forderung eben
dieselben.
§. 1395. Durch den Abtretungsvertrag entsteht nur
zwischen dem Ueberträger (Cedent) und dem Uebernehmer der Forderung
(Cessionar); nicht aber zwischen dem Letzten und dem übernommenen Schuldner
(Cessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der Schuldner, so lange ihm der
Uebernehmer nicht bekannt wird, berechtiget, den ersten Gläubiger zu bezahlen,
oder sich sonst mit ihm abzufinden.
§. 1396. Dieses kann der Schuldner nicht mehr, so bald
ihm der Uebernehmer bekannt gemacht worden ist; allein es bleibt ihm das Recht,
seine Einwendungen gegen die Forderung anzubringen. Hat er die Forderung gegen
den redlichen Uebernehmer für richtig erkannt; so ist er verbunden, denselben
als seinen Gläubiger zu befriedigen.
Zessionsverbot
§. 1396a. Eine Vereinbarung, dass eine Geldforderung
zwischen Unternehmern aus unternehmerischen Geschäften nicht abgetreten werden
darf (Zessionsverbot), ist nur verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt
worden ist und den Gläubiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles
nicht gröblich benachteiligt. Auch ein solches Zessionsverbot steht der
Wirksamkeit einer Abtretung aber nicht entgegen; sobald die Abtretung und der
Übernehmer dem Schuldner bekannt gemacht worden sind, kann dieser nicht mehr
mit schuldbefreiender Wirkung an den Überträger leisten, es sei denn, dass ihm
dabei nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Rechte des Schuldners gegen den Überträger wegen der
Verletzung eines verbindlichen Zessionsverbots bleiben unberührt, sie können
aber gegen die Forderung nicht eingewendet werden. Der Übernehmer haftet dem
Schuldner nicht allein deshalb, weil er das Zessionsverbot gekannt hat.
Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für Zessionsverbote, die
zwischen einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer von
dieser gegründeten Einrichtung und einem Förderungswerber vereinbart werden.
Haftung des Cedenten.
§. 1397. Wer eine Forderung ohne Entgeld abtritt, also
verschenkt, haftet nicht weiter für dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine
entgeldliche Art zu Stande; so haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl
für die Richtigkeit, als für die Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für
mehr, als er von dem Uebernehmer erhalten hat.
§. 1398. In so fern der Uebernehmer über die
Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen Pfandbüchern sich belehren
konnte, gebührt ihm in Rücksicht der Uneinbringlichkeit keine Entschädigung.
Auch für eine zur Zeit der Abtretung einbringliche, und durch einen bloßen
Zufall oder durch Versehen des Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung
haftet der Ueberträger nicht.
§. 1399. Ein Versehen dieser Art begeht der
Uebernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie aufgekündiget werden kann,
nicht aufkündiget, oder nach verfallener Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er
dem Schuldner nachsieht; wenn er die noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit
sich zu verschaffen versäumt, oder die gerichtliche Execution zu betreiben
unterläßt.
4) Anweisung (Assignation).
§. 1400. Durch die Anweisung auf eine Leistung eines
Dritten wird der Empfänger der Anweisung (Assignatar) zur Einhebung der
Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der letztere zur Leistung an
ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant) ermächtigt. Einen
unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen den Angewiesenen
erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der Anweisung ihm
zugekommen ist.
§. 1401. Insoweit der Angewiesene das zu Leistende dem
Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem gegenüber verpflichtet, der
Anweisung Folge zu leisten. Wenn durch die Anweisung eine Schuld des
Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung angenommen hat, getilgt werden
soll, ist der Empfänger verpflichtet, den Angewiesenen zur Leistung
aufzufordern.
Will der Empfänger von der Anweisung keinen Gebrauch
machen oder verweigert der Angewiesene die Annahme oder die Leistung, so hat
der Empfänger dies dem Anweisenden ohne Verzug anzuzeigen.
Die Tilgung der Schuld erfolgt, wenn nichts anderes
vereinbart ist, erst durch die Leistung.
§. 1402. Hat der Angewiesene die Anweisung dem
Empfänger gegenüber angenommen, so kann er diesem nur solche Einwendungen
entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme betreffen oder sich aus dem
Inhalte der Anweisung oder aus seinen persönlichen Beziehungen zum Empfänger
ergeben.
§. 1403. Solange der Angewiesene die Anweisung noch
nicht dem Empfänger gegenüber angenommen hat, kann sie der Anweisende
widerrufen. Besteht zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen kein anderer
Rechtsgrund, so gelten für das Rechtsverhältnis zwischen beiden die
Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag; die Anweisung erlischt jedoch
nicht durch den Tod des Anweisenden oder Angewiesenen. Inwiefern die Aufhebung
der Anweisung auch gegenüber dem Empfänger rechtswirksam ist, bestimmt sich
nach dem zwischen diesem und dem Anweisenden obwaltenden Rechtsverhältnis.
Der Anspruch des Empfängers gegen den Angewiesenen
verjährt in drei Jahren.
5. Schuldübernahme
§. 1404. Wer einem Schuldner verspricht, die Leistung
an dessen Gläubiger zu bewirken (Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner
dafür, daß der Gläubiger ihn nicht in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst
daraus unmittelbar kein Recht.
§. 1405. Wer einem Schuldner erklärt, seine Schuld zu
übernehmen (Schuldübernahme), tritt als Schuldner an dessen Stelle, wenn der
Gläubiger einwilligt. Bis diese Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert
wird, haftet er wie bei Erfüllungsübernahme (§ 1404). Die Einwilligung des
Gläubigers kann entweder dem Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden.
§. 1406. Auch ohne Vereinbarung mit dem Schuldner kann
ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger die Schuld übernehmen.
Im Zweifel ist aber die dem Gläubiger erklärte
Übernahme als Haftung neben dem bisherigen Schuldner, nicht an dessen Stelle zu
verstehen.
§. 1407. Die Verbindlichkeiten des Übernehmers sind
mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in Rücksicht auf die
übernommene Schuld ebendieselben. Der Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem
Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem bisherigen Schuldner entspringenden
Einwendungen entgegensetzen.
Die Nebenrechte der Forderung werden durch den
Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von dritten Personen bestellte
Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge oder Verpfänder dem
Schuldnerwechsel zugestimmt hat.
§. 1408. Übernimmt bei Veräußerung einer Liegenschaft
der Erwerber ein auf ihr haftendes Pfandrecht, so ist dies im Zweifel als
Schuldübernahme zu verstehen. Der Veräußerer kann,
nach vollzogener Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen
Schuldners an seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die
Einwilligung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt
wird. Auf diese Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.
§. 1409. Übernimmt jemand ein Vermögen oder ein
Unternehmen, so ist er unbeschadet der fortdauernden Haftung des Veräußerers
den Gläubigern aus den zum Vermögen oder Unternehmen gehörigen Schulden, die er
bei der Übergabe kannte oder kennen mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird
aber von der Haftung insoweit frei, als er an solchen Schulden schon so viel
berichtigt hat, wie der Wert des übernommenen Vermögens oder Unternehmens
beträgt.
Ist jedoch ein naher Angehöriger des Veräußerers (§ 32
KO) der Übernehmer, so trifft ihn diese Verpflichtung, soweit er nicht beweist,
daß ihm die Schulden bei der Übergabe weder bekannt waren noch bekannt sein
mußten.
Entgegenstehende Vereinbarungen zwischen Veräußerer
und Übernehmer zum Nachteile der Gläubiger sind diesen gegenüber unwirksam.
§. 1409a. Wer ein Vermögen oder ein Unternehmen im Weg
der Zwangsvollstreckung, des Konkurses, des Ausgleichsverfahrens (auch des
fortgesetzten Verfahrens) oder der Überwachung des Schuldners durch Sachwalter
der Gläubiger erwirbt, haftet nicht nach § 1409 Abs. 1 und 2.
§. 1410. Wird der Eintritt des neuen Schuldners an
Stelle des bisherigen Schuldners in der Weise verabredet, daß an die Stelle des
aufgehobenen Schuldverhältnisses eine Verpflichtung des neuen Schuldners aus
selbständigem Rechtsgrunde oder unter Änderung des Hauptgegenstandes der
Forderung gesetzt wird, so treten nicht die Wirkungen der Schuldübernahme,
sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378) ein.
Drittes Hauptstück.
Von Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten.
Aufhebung der Rechte u. Verbindlichkeiten.
§. 1411. Rechte und Verbindlichkeiten stehen in einem
solchen Zusammenhange, daß mit Erlöschung des Rechtes die Verbindlichkeit, und
mit Erlöschen der letzteren das Recht aufgehoben wird.
1.) Durch die Zahlung.
§. 1412. Die Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die
Zahlung, das ist, durch die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist,
aufgelöset (§. 469).
Wie die Zahlung zu leisten.
§. 1413. Gegen seinen Willen kann weder der Gläubiger
gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als er zu fordern hat, noch der
Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu leisten verbunden ist. Dieses
gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die Verbindlichkeit zu erfüllen.
§. 1414. Wird, weil der Gläubiger und der Schuldner
einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst unmöglich ist, etwas Anderes
an Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als ein entgeldliches Geschäft
zu betrachten.
§. 1415. Der Gläubiger ist nicht schuldig, die Zahlung
einer Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag anzunehmen. Sind aber
verschiedene Posten zu zahlen; so wird diejenige für abgetragen gehalten,
welche der Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers tilgen zu wollen, sich
ausdrücklich erkläret hat.
§. 1416. Wird die Willensmeinung des Schuldners
bezweifelt, oder von dem Gläubiger widersprochen; so sollen zuerst die Zinsen,
dann das Capital, von mehreren Capitalien aber dasjenige, welches schon
eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach diesem dasjenige, welches
schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten beschwerlich fällt, abgerechnet
werden.
wann;
§. 1417. Wenn die Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt
ist; so tritt die Verbindlichkeit, die Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein,
an welchem die Einmahnung geschehen ist. (§. 904.)
§. 1418. In gewissen Fällen wird die Zahlungsfrist
durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente werden wenigstens auf einen Monath
voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte während dieser Zeit; so sind dessen Erben
nicht schuldig, etwas von der Vorausbezahlung zurück zu geben.
§. 1419. Hat der Gläubiger gezögert, die Zahlung
anzunehmen; so fallen die widrigen Folgen auf ihn.
§. 1420. Wenn der Ort und die Art der Leistung nicht
bestimmt sind, so müssen die oben (§ 905) aufgestellten Vorschriften angewendet
werden.
von wem;
§. 1421. Auch eine Person, die sonst unfähig ist, ihr
Vermögen zu verwalten, kann eine richtige und verfallene Schuld rechtmäßig
abtragen, und sich ihrer Verbindlichkeit entledigen. Hätte sie aber eine noch
ungewisse, oder nicht verfallene Schuld abgetragen, so sind die mit der Obsorge
betrauten Personen, ihr Sachwalter oder Kurator berechtigt, das Geleistete
zurückzufordern.
§. 1422. Wer die Schuld eines anderen, für die er
nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der Zahlung vom Gläubiger die
Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan, so wirkt die Zahlung als
Einlösung der Forderung.
§. 1423. Wird die Einlösung mit Einverständnis des
Schuldners angeboten, so muß der Gläubiger die Zahlung annehmen; doch hat er
außer dem Falle des Betruges für die Einbringlichkeit und die Richtigkeit der
Forderung nicht zu haften. Ohne Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger
von einem Dritten in der Regel (§ 462) die Zahlung nicht aufgedrängt werden.
an wen;
§. 1424. Der Schuldbetrag muß dem Gläubiger oder
dessen zum Empfange geeigneten Machthaber, oder demjenigen geleistet werden,
den das Gericht als Eigenthümer der Forderung anerkannt hat. Was jemand an eine
Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht selbst verwalten darf, ist er in so
weit wieder zu zahlen verbunden, als das Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder
zum Nutzen des Empfängers verwendet worden ist.
Gerichtliche Hinterlegung der Schuld.
§. 1425. Kann eine Schuld aus dem Grunde, weil der
Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebothenen unzufrieden ist, oder
aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt werden; so steht dem Schuldner
bevor, die abzutragende Sache bey dem Gerichte zu hinterlegen; oder, wenn sie
dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche Einleitung zu deren Verwahrung
anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie rechtmäßig geschehen und dem
Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreyt den Schuldner von seiner
Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten Sache auf den Gläubiger.
Quittungen;
§. 1426. (Der Zahler ist in allen Fällen berechtiget,
von dem Befriedigten eine Quittung, nähmlich ein schriftliches Zeugniß der
erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der Quittung muß der Nahme des
Schuldners und des Gläubigers, so wie der Ort, die Zeit und der Gegenstand der
getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muß von dem Gläubiger, oder dessen
Machthaber unterschrieben werden.) Die Kosten der Quittung hat,
wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.
§. 1427. Eine Quittung über das bezahlte Capital
gründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen davon bezahlt worden seyn.
§. 1428. Besitzt der Gläubiger von dem Schuldner einen
Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung einer Quittung verbunden, denselben
zurück zu geben, oder die allenfalls geleistete Abschlagszahlung auf dem
Schuldschein selbst abschreiben zu lassen. Der zurück erhaltene Schuldschein
ohne Quittung gründet für den Schuldner die rechtliche Vermuthung der
geleisteten Zahlung; er schließt aber den Gegenbeweis nicht aus. Ist der
Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in
Verlust gerathen; so ist der Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern,
oder den Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger
die Tödtung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäß bewirke.
§. 1429. Eine Quittung, die der Gläubiger dem
Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost ausgestellt hat, beweiset zwar
nicht, daß auch andere ältere Posten abgetragen worden seyn: wenn es aber
gewisse Gefälle, Renten, oder solche Zahlungen betrifft, welche, wie Geld-
Grund- Haus- oder Capitals-Zinsen, aus eben demselben Titel und zu einer
gewissen Zeit geleistet werden sollen; so wird vermuthet, daß derjenige,
welcher sich mit der Quittung des letzt verfallenen Termines ausweiset, auch
die früher verfallenen berichtiget habe.
§. 1430. Eben so wird von Handels- und Gewerbsleuten,
welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen Fristen die Rechnung
abzuschließen pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über die Rechnung aus
einer späteren Frist quittirt haben, auch die früheren Rechnungen bezahlt seyn.
Zahlung einer Nichtschuld.
§. 1431. Wenn jemand aus einem Irrthume, wäre es auch
ein Rechtsirrthum, eine Sache oder eine Handlung geleistet worden, wozu er
gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann in der Regel im ersten Falle die
Sache zurückgefordert, im zweyten aber ein dem verschafften Nutzen angemessener
Lohn verlangt werden.
§. 1432. Doch können Zahlungen einer verjährten, oder
einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel der Förmlichkeiten ungültig ist,
oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloß das Klagerecht versagt, eben so wenig
zurückgefordert werden, als wenn jemand eine Zahlung leistet, von der er weiß,
daß er sie nicht schuldig ist.
§. 1433. Diese Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den
Fall, in welchem ein Pflegebefohlener, oder eine andere Person bezahlt hat,
welche nicht frey über ihr Eigenthum verfügen kann, nicht angewendet werden.
§. 1434. Die Zurückstellung des Bezahlten kann auch
dann begehret werden, wenn die Schuldforderung auf was immer für eine Art noch
ungewiß ist; oder wenn sie noch von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung
abhängt. Die Bezahlung einer richtigen und unbedingten Schuld kann aber
deßwegen nicht zurückgefordert werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht
verfallen ist.
§. 1435. Auch Sachen, die als eine wahre Schuldigkeit
gegeben worden sind, kann der Geber von dem Empfänger zurück fordern, wenn der
rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört hat.
§. 1436. War jemand verbunden, aus zwey Sachen nur
Eine nach seiner Willkühr zu geben, und hat er aus Irrthum beyde gegeben; so
hängt es von ihm ab, die eine, oder die andere zurück zu fordern.
§. 1437. Der Empfänger einer bezahlten Nichtschuld
wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen, je nachdem er den
Irrthum des Gebers gewußt hat, oder aus den Umständen vermuthen mußte, oder
nicht.
2) Compensation.
§. 1438. Wenn Forderungen gegenseitig zusammentreffen,
die richtig, gleichartig, und so beschaffen sind, daß eine Sache, die dem Einen
als Gläubiger gebührt, von diesem auch als Schuldner dem Andern entrichtet
werden kann; so entsteht, in so weit die Forderungen sich gegen einander
ausgleichen, eine gegenseitige Aufhebung der Verbindlichkeit (Compensation),
welche schon für sich die gegenseitige Zahlung bewirket.
§. 1439. Zwischen einer richtigen und nicht richtigen,
so wie zwischen einer fälligen und noch nicht fälligen Forderung findet die
Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine Concurs-Masse die Compensation
Statt finde, wird in der Gerichtsordnung bestimmt.
§. 1440. Ebenso lassen sich Forderungen, welche
ungleichartige oder bestimmte und unbestimmte Sachen zum Gegenstande haben,
gegeneinander nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig entzogene, entlehnte, in
Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke sind überhaupt kein Gegenstand der
Zurückbehaltung oder der Kompensation.
§. 1441. Ein Schuldner kann seinem Gläubiger dasjenige
nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem Dritten und der Dritte dem
Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die jemand an eine Staats-Casse zu
fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an eine andere Staats-Casse
leisten muß, nicht abgerechnet werden.
§. 1442. Wenn eine Forderung allmählich auf mehrere
übertragen wird; so kann der Schuldner zwar die Forderung, welche er zur Zeit
der Abtretung an den ersten Inhaber derselben hatte, so wie auch jene, die ihm
gegen den letzten Inhaber zusteht, in Abrechnung bringen; nicht aber auch
diejenige, welche ihm an einen der Zwischeninhaber zustand.
§. 1443. Gegen eine den öffentlichen Büchern
einverleibte Forderung kann die Einwendung der Compensation einem Cessionar nur
dann entgegengesetzt werden, wenn die Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der
Forderung selbst eingetragen, oder dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern
bekannt gemacht worden ist.
3.) Entsagung.
§. 1444. In allen Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu begeben, kann er
demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und hierdurch die
Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4) Vereinigung.
§. 1445. So oft auf was immer für eine Art das Recht
mit der Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt wird, erlöschen beyde; außer,
wenn es dem Gläubiger noch frey steht, eine Absonderung seiner Rechte zu
verlangen (§§. 802 und 812), oder wenn Verhältnisse von ganz verschiedener Art
eintreten. Daher wird durch die Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft
seines Gläubigers in den Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder
Legatare, und durch die Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des
Gläubigers nichts geändert.
§. 1446. Rechte und Verbindlichkeiten, welche den
öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden durch die Vereinigung nicht
aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen Büchern erfolgt ist (§ 526).
Bis dahin kann das eingetragene Pfandrecht vom Eigentümer oder im Wege der
Zwangsvollstreckung auf einen Dritten übertragen werden (§§ 469 bis 470).
5.) Untergang der Sache.
§1447. Der zufällige gänzliche Untergang einer
bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst die, den Werth derselben zu
vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für diejenigen Fälle, in welchen die
Erfüllung der Verbindlichkeit, oder die Zahlung einer Schuld durch einen andern
Zufall unmöglich wird. In jedem Falle muß aber der Schuldner das, was er um die
Verbindlichkeit in Erfüllung zu bringen erhalten hat, zwar gleich einem
redlichen Besitzer, jedoch auf solche Art zurückstellen oder vergüten, daß er
aus dem Schaden des Andern keinen Gewinn zieht.
6.) Tod.
§. 1448. Durch den Tod erlöschen nur solche Rechte und
Verbindlichkeiten, welche auf die Person eingeschränkt sind, oder die bloß
persönliche Handlungen des Verstorbenen betreffen.
7) Verlauf der Zeit.
§. 1449. Rechte und Verbindlichkeiten erlöschen auch
durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch einen letzten Willen, Vertrag,
richterlichen Ausspruch, oder durch das Gesetz beschränkt sind. Auf welche Art
sie durch die vom Gesetze bestimmte Verjährung aufgehoben werden, wird in dem
folgenden Hauptstücke festgesetzt.
Von der Einsetzung in den vorigen Stand.
§. 1450. Die bürgerlichen Gesetze, nach welchen
widerrechtliche Handlungen und Geschäfte, wenn die Verjährung nicht im Wege
steht, unmittelbar bestritten werden können, gestatten keine Einsetzung in den
vorigen Stand. Die zum gerichtlichen Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung
in den vorigen Stand sind in der Gerichtsordnung bestimmt.
Viertes Hauptstück.
Von der Verjährung und Ersitzung.
Verjährung.
§. 1451. Die Verjährung ist der Verlust eines Rechtes,
welches während der von dem Gesetze bestimmten Zeit nicht ausgeübt worden ist.
Ersitzung.
§. 1452. Wird das verjährte Recht vermöge des
gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Andern übertragen; so heißt es ein
ersessenes Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.
Wer verjähren und ersitzen kann.
§. 1453. Jeder, der sonst zu erwerben fähig ist, kann
auch ein Eigenthum oder andere Rechte durch Ersitzung erwerben.
Gegen wen?
§. 1454. Die Verjährung und Ersitzung kann gegen alle
Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst auszuüben fähig sind, Statt finden.
Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen Kirchen, Gemeinden und andere
moralische Körper; gegen Verwalter des öffentlichen Vermögens und gegen
diejenigen, welche ohne ihr Verschulden abwesend sind, wird sie nur unter den
unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände.
§. 1455. Was sich erwerben läßt, kann auch ersessen
werden. Sachen hingegen, welche man vermöge ihrer wesentlichen Beschaffenheit,
oder vermöge der Gesetze nicht besitzen kann; ferner, Sachen und Rechte, welche
schlechterdings unveräußerlich sind, sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§. 1456. Aus diesem Grunde können weder die dem
Staatsoberhaupte als solchen allein zukommenden Rechte, z. B. das Recht, Zölle
anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte
(Regalien) durch Ersitzung erworben, noch die diesen Rechten entsprechenden
Schuldigkeiten verjährt werden.
§. 1457. Andere dem
Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend vorbehaltene Rechte, z.
B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können zwar überhaupt von
andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem gewöhnlichen
Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.
§. 1458. Die Rechte eines
Ehegatten, eines eingetragenen Partners, der Eltern, eines Kindes und andere
Personenrechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen,
welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit
zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zustatten.
§. 1459. Die Rechte eines
Menschen über seine Handlungen und über sein Eigenthum, z. B. eine Ware da oder
dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein Wasser zu benutzen, unterliegen, außer
dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen einem Zeitraume unterlassenen Ausübung
ausdrücklich den Verlust derselben verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine
Person der andern die Ausübung eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran
verhindert; so fängt der Besitz des Untersagungsrechtes von Seite der Einen
gegen die Freyheit der Andern von dem Augenblicke an, als sich diese dem
Verbothe, oder der Verhinderung gefüget hat, und es wird dadurch, wenn alle
übrige Erfordernisse eintreffen, die Verjährung oder die Ersitzung bewirket.
(§. 313 u. 351.)
Erfordernisse zur Ersitzung:
1) Besitz.
§. 1460. Zur Ersitzung wird
nebst der Fähigkeit der Person und des Gegenstandes erfordert: daß jemand die
Sache oder das Recht, die auf diese Art erworben werden sollen, wirklich
besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich und echt sey, und durch die ganze
von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt werde. (§. 309, 316, 326 und 345.)
Und zwar a) ein
rechtmäßiger;
§. 1461. Jeder Besitz, der sich
auf einen solchen Titel gründet, welche zur Uebernahme des Eigenthumes, wenn
solches dem Uebergeber gebührt hätte, hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig
und zur Ersitzung hinreichend. Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die
Schenkung, das Darleihen, der Kauf und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s.
w.
§. 1462. Verpfändete, geliehene,
in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung gegebene Sachen können von Gläubigern,
Entlehnern und Verwahrern oder Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen
Titels, niemahls ersessen werden. Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und
haben nicht mehr Titel als dieselben. Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer
kann die Ersitzungszeit zu Statten kommen.
b) redlicher;
§. 1463. Der Besitz muß redlich
seyn. Die Unredlichkeit des vorigen Besitzers hindert aber einen redlichen
Nachfolger oder Erben nicht, die Ersitzung von dem Tage seines Besitzes
anzufangen. (§. 1493.)
c) echter.
§. 1464. Der Besitz muß auch
echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit Gewalt oder List bemächtiget, oder
in den Besitz heimlich einschleicht, oder eine Sache nur bittweise besitzt; so
kann weder er selbst, noch können seine Erben dieselbe verjähren.
2) Verlauf der Zeit.
§. 1465. Zur Ersitzung und
Verjährung ist auch der in dem Gesetze vorgeschriebene Verlauf der Zeit
nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für einige besondere Fälle
festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen Fällen zur Ersitzung
oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es kommt dabey sowohl auf
die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der Personen an.
Ersitzungszeit. Ordentliche;
§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen
Gegenstand eine bewegliche Sache ist, wird durch einen dreyjährigen rechtlichen
Besitz ersessen.
§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch
§ 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
§. 1468. Wo noch keine
ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind, und die Erwerbung
unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern Urkunden zu erweisen
ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der die Besitzrechte
darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung erst nach dreyßig
Jahren vollendet.
§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch
§ 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
§. 1470. Wo noch keine
ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein solches Recht denselben
nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber erst nach dreyßig Jahren
ersitzen.
§. 1471. Bey Rechten, die selten
ausgeübt werden können, z. B. bey dem Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder
jemanden bey Herstellung einer Brücke zum Beytrage anzuhalten, muß derjenige,
welcher die Ersitzung behauptet, nebst einem Verlaufe von dreyßig Jahren,
zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung binnen dieser Zeit wenigstens drey
Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses Recht ausgeübt habe.
Außerordentliche.
§. 1472. Gegen den Fiscus, das
ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und des Staatsvermögens, in so weit
die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u. 1456-1457), ferner gegen die
Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und anderer erlaubten Körper, reicht
die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht zu. Der Besitz beweglicher Sachen,
so wie auch der Besitz der unbeweglichen, oder der darauf ausgeübten
Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den Nahmen des Besitzers den
öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs Jahre fortgesetzt
werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers in die
öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte lassen sich
gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur durch den
Besitz von vierzig Jahren erwerben.
§. 1473. Wer mit einer von dem
Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit begünstigten Person in Gemeinschaft
steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung zu Statten. Begünstigungen der
längeren Verjährungsfrist haben auch gegen andere, darin ebenfalls begünstigte,
Personen ihre Wirkung.
§. 1474. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 5, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1475. Der Aufenthalt des
Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich die Sache befindet, steht der
ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit entgegen, daß die Zeit einer
willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur Hälfte, folglich Ein Jahr
nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf kurze Zeiträume der
Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen gedauert haben, nicht
Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als bis auf dreyßig Jahre
zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit genießt keine Ausnahme von
der ordentlichen Verjährungszeit.
§. 1476. Auch derjenige, welcher
eine bewegliche Sache unmittelbar von einem unechten, oder von einem
unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder seinen Vormann anzugeben nicht
vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§. 1477. Wer die Ersitzung auf
einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des
rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn erwiesene Unredlichkeit des Besitzes
schließt aber auch in diesem längeren Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit. Allgemeine.
§. 1478. In so fern jede Ersitzung
eine Verjährung in sich begreift, werden beyde mit den vorgeschriebenen
Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur eigentlichen Verjährung aber
ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an sich schon hätte ausgeübt
werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
§. 1479. Alle Rechte gegen einen
Dritten, sie mögen den öffentlichen Büchern einverleibt seyn oder nicht,
erlöschen also in der Regel längstens durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch,
oder durch ein so lange Zeit beobachtetes Stillschweigen.
§. 1480. Forderungen von
rückständigen jährlichen Leistungen, insbesondere Zinsen, Renten,
Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie zur Kapitalstilgung
vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht selbst wird durch
einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen.
§. 1481. Die in dem Familien-
und überhaupt in dem Personen-Rechte gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den
Kindern den unentbehrlichen Unterhalt zu verschaffen, so wie diejenigen, welche
dem oben (§. 1459.) angeführten Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten,
zusagen, z. B. die Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache
oder die Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§. 1482. Auf gleiche Weise wird
derjenige, welcher ein Recht auf einem fremden Grunde in Ansehung des Ganzen
oder auf verschiedene beliebige Arten ausüben konnte, bloß dadurch, daß er es
durch noch so lange Zeit nur auf einem Theile des Grundes oder nur auf eine
bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte nicht eingeschränkt; sondern die
Beschränkung muß durch Erwerbung oder Ersitzung des Untersagungs- oder
Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.) Eben dieses ist auch auf den Fall
anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle Mitglieder einer Gemeinde zustehendes
Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder derselben ausgeübt hat.
§. 1483. So lange der Gläubiger
das Pfand in Händen hat, kann ihm die unterlassene Ausübung des Pfandrechtes
nicht eingewendet und das Pfandrecht nicht verjährt werden. Auch das Recht des
Schuldners, sein Pfand einzulösen, bleibt unverjährt. In so fern aber die
Forderung den Werth des Pfandes übersteigt, kann sie inzwischen durch
Verjährung erlöschen.
§. 1484. Zur Verjährung solcher
Rechte, die nur selten ausgeübt werden können, wird erfordert, daß während der
Verjährungszeit von dreyßig Jahren von drey Gelegenheiten, ein solches Recht
auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden sey. (§. 1471.)
§. 1485. In Rücksicht der in
dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie zur Ersitzung, also auch zur
Verjährung, vierzig Jahre erfordert.
Die allgemeine Regel, daß
ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach Verlauf von dreißig oder vierzig
Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen Fälle anwendbar, für welche das
Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum ausgemessen hat (§ 1465).
Besondere Verjährungszeit
§. 1486. In drei Jahren sind
verjährt: die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen
oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen,
kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betriebe;
2. für Lieferung land- und forstwirtschaftlicher
Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme zur Beköstigung, Pflege, Heilung,
zur Erziehung oder zum Unterricht durch Personen, die sich damit befassen, oder
in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer wegen des Entgelts und des
Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von Hilfsarbeitern, Taglöhnern,
Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der Dienstgeber wegen der auf
solche Forderungen gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte, Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer,
der Advokaten, Notare, Patentanwälte und aller anderen zur Besorgung gewisser
Angelegenheiten öffentlich bestellten Personen wegen Entlohnung ihrer
Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie der Parteien wegen der Vorschüsse
an diese Personen;
7. von Ausstattungen.
§. 1486a. Der Anspruch eines
Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98) verjährt
in sechs Jahren vom Ende des Monats, in dem die Leistung erbracht worden ist.
§. 1487. Die Rechte, eine
Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den Pflichtteil oder dessen Ergänzung
zu fordern; eine Schenkung wegen Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen
oder den Beschenkten wegen Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen;
einen entgeltlichen Vertrag wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder
die vorgenommene Teilung eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die
Forderung wegen einer bei dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums,
wobei sich der andere vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat,
müssen binnen drei Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind
sie verjährt.
§. 1488. Das Recht der
Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt, wenn sich der
verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der Berechtigte
durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat.
§. 1489. Jede Entschädigungsklage
ist in drei Jahren von der Zeit an verjährt, zu welcher der Schade und die
Person des Beschädigers dem Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch
Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag
verursacht worden sein. Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des
Beschädigers nicht bekannt geworden oder ist der Schade aus einer oder mehreren
gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können
und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind entstanden, so
erlischt das Klagerecht nur nach dreißig Jahren.
§. 1490. Klagen über
Ehrenbeleidigungen, die lediglich in Beschimpfungen durch Worte, Schriften oder
Geberden bestehen, können nach Verlauf eines Jahres nicht mehr erhoben werden. Besteht
aber die Beleidigung in Tätlichkeiten, so dauert das Klagerecht auf Genugtuung
durch drei Jahre.
Auf Schadenersatzklagen
wegen Gefährdung des Kredits, des Erwerbes oder des Fortkommens eines andern
durch Verbreitung unwahrer Tatsachen sind die Vorschriften des § 1489
anzuwenden.
§. 1491. Einige Rechte sind von
den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit eingeschränkt. Hierüber kommen die
Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte abgehandelt werden, vor.
§. 1492. Wie lange das
Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme, ist in der Wechselordnung
bestimmt.
Einrechnung der
Verjährungszeit des Vorfahrers.
§. 1493. Wer eine Sache von
einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer redlich übernimmt, der ist als
Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit seines Vorfahrers mit einzurechnen
(§. 1463). Eben dieses gilt auch von der Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung
von dreyßig oder vierzig Jahren findet diese Einrechnung auch ohne einen
rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen Verjährung selbst ohne guten
Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.
Hemmung der Verjährung.
§. 1494. Gegen solche Personen,
welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre Rechte selbst zu verwalten unfähig
sind, wie gegen Minderjährige oder Personen, die den Gebrauch der Vernunft
nicht haben, kann die Ersitzungs- oder Verjährungszeit, dafern diesen Personen
keine gesetzlichen Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die
ein Mahl angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit läuft zwar fort;
sie kann aber nie früher als binnen zwey Jahren nach den gehobenen Hindernissen
vollendet werden.
§. 1495. Auch zwischen Ehegatten
oder eingetragenen Partnern sowie zwischen Minderjährigen oder anderen
Pflegebefohlenen und den mit der Obsorge betrauten Personen, Sachwaltern oder
Kuratoren kann, solange die Ehe oder eingetragene Partnerschaft aufrecht ist
oder die Obsorge, Sachwalterschaft oder Kuratel durch dieselbe Person andauert,
die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen noch fortgesetzt werden. Das
gilt nicht für die Ansprüche eines Ehegatten oder eines eingetragenen Partners
auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen Teils, doch wird die Verjährung
so lange gehemmt, als zwischen den Ehegatten oder eingetragenen Partnern ein
gerichtliches Verfahren zur Entscheidung über einen Anspruch auf Abgeltung anhängig
ist und gehörig fortgesetzt wird.
§. 1496. Durch Abwesenheit in
Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch gänzlichen Stillstand der Rechtspflege,
z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses Hinderniß dauert, auch die Fortsetzung der Ersitzung
oder Verjährung gehemmet.
Unterbrechung der
Verjährung.
§. 1497. Die Ersitzung sowohl,
als die Verjährung wird unterbrochen, wenn derjenige, welcher sich auf dieselbe
berufen will, vor dem Verlaufe der Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder
stillschweigend das Recht des Andern anerkannt hat, oder wenn er von dem
Berechtigten belangt, und die Klage gehörig fortgesetzt wird. Wird aber die
Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für unstatthaft erklärt; so ist die
Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder
Verjährung.
§. 1498. Wer eine Sache oder ein
Recht ersessen hat, kann gegen den bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die
Zuerkennung des Eigenthumes ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen
Gegenstand der öffentlichen Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§. 1499. Auf gleiche Art kann
nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete die Löschung seiner in den
öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit, oder die Nichtigerklärung
des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und der darüber ausgestellten
Urkunden erwirken.
§. 1500. Das aus der Ersitzung
oder Verjährung erworbene Recht kann aber demjenigen, welcher im Vertrauen auf
die öffentlichen Bücher noch vor der Einverleibung desselben eine Sache oder
ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem Nachtheile gereichen.
§. 1501. Auf die Verjährung ist,
ohne Einwendung der Parteyen, von Amts wegen kein
Bedacht zu nehmen.
Entsagung oder Verlängerung
der Verjährung.
§. 1502. Der Verjährung kann
weder im voraus entsagt, noch kann eine längere
Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.
1 Entfallen
2 Entfallen
3 Entfallen
4 Beachte BGBl 1921/Nr. 638, § 1.:
„Die im § 970, Absatz 1 und 3, a.b.G.B. den Gastwirten
und Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung wird bis auf weiteres auf den
Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei denn, daß die Sachen dem
Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben worden sind oder daß der Schaden
von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet ist.
Auf die Haftung von Unternehmern, die Stallungen und
Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen eingestellten Tiere und Fahrnisse
und die auf diesen befindlichen Sachen (§ 970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die
Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“
5 Entfallen
6 Entfallen
7 Entfallen
8 Beachte BGBl 1951/Nr. 259, § 1.:
„Der im § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 16. November
1921, BGBl. Nr. 638, festgesetzte Höchstbetrag wird auf 3000 S, der im § 2
desselben Bundesgesetzes vorgesehene Höchstbetrag auf 1500 S erhöht.“