(Allgemeines
bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der
Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)
Wir Franz der Erste,
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog
zu Oesterreich, etc. etc.
Aus der Betrachtung,
daß die bürgerlichen Gesetze, um den Bürgern volle Beruhigung über den
gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu verschaffen, nicht nur nach den
allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit; sondern auch nach den besonderen
Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer ihnen verständlichen Sprache
bekannt gemacht, und durch eine ordentliche Sammlung in stätem Andenken
erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte Unserer Regierung
unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren Vorfahren beschlossene
und unternommene Abfassung eines vollständigen, einheimischen bürgerlichen
Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.
Der während Unserer
Regierung von Unserer Hofcommission in Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf
ward, so wie ehedem der Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und schwere
Polizey-Uebertretungen, den in den verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten
Commissionen zur Beurtheilung mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in
Anwendung gesetzt.
Nachdem auf solche Art
die Meinungen der Sachverständigen, und die aus der Anwendung eingehohlten
Erfahrungen zur Berichtigung dieses so wichtigen Zweiges der Gesetzgebung
benützt worden sind; haben Wir nun beschlossen, dieses allgemeine bürgerliche
Gesetzbuch für Unsere gesammten Deutschen Erbländer kund zu machen, und zu
verordnen, daß dasselbe mit dem ersten Januar 1812 zur Anwendung kommen solle.
Dadurch wird das bis
jetzt angenommene gemeine Recht, der am 1. November 1786 kund gemachte erste
Theil des bürgerlichen Gesetzbuches, das für Galizien gegebene bürgerliche
Gesetzbuch, sammt allen auf die Gegenstände dieses allgemeinen bürgerlichen
Rechtes sich beziehenden Gesetzen und Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.
Wie Wir aber in dem
Gesetzbuche selbst zur allgemeinen Vorschrift aufgestellt haben, daß die
Gesetze nicht zurück wirken sollen; so soll auch dieses Gesetzbuch auf
Handlungen, die dem Tage, an welchem es verbindliche Kraft erhält,
vorhergegangen, und auf die nach den früheren Gesetzen bereits erworbenen
Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen in zweyseitig verbindlichen
Rechtsgeschäften, oder in solchen Willenserklärungen bestehen, die von dem
Erklärenden noch eigenmächtig abgeändert, und nach den in dem gegenwärtigen
Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften eingerichtet werden könnten.
Daher ist auch eine
schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder
Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen. Wollte sich jemand auf
eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem neueren Gesetze auf eine
kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen bestimmt ist; so kann er auch diese
kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an welchem das gegenwärtige Gesetz
verbindliche Kraft erhält, zu berechnen anfangen.
Die Vorschriften dieses
Gesetzbuches sind zwar allgemein verbindlich; doch bestehen für den
Militär-Stand und für die zum Militär-Körper gehörigen Personen besondere, auf
das Privat-Recht sich beziehende Vorschriften, welche bey den von, oder mit
ihnen vorzunehmenden Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und
Wechselgeschäfte werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so
fern sie von den Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.
Auch bleiben die über
politische, Cameral- oder Finanz-Gegenstände kund gemachten, die Privat-Rechte
beschränkenden, oder näher bestimmenden Verordnungen, obschon in diesem
Gesetzbuche sich darauf nicht ausdrücklich bezogen wurde, in ihrer Kraft.
Ins besondere sind die
auf Geldzahlungen sich beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nach dem, über
das zum Umlauf und zur gemeinen Landes- (Wiener) Währung bestimmte Geld,
bereits erlassenen Patente vom 20. Hornung 1811, oder nach den noch zu
erlassenden besonderen Gesetzen, und nur bey deren Ermanglung, nach den
allgemeinen Vorschriften des Gesetzbuches zu beurtheilen.
Wir erklären zugleich
den gegenwärtigen Deutschen Text des Gesetzbuches als den Urtext, wonach die
veranstalteten Uebersetzungen in die verschiedenen Landessprachen Unserer
Provinzen zu beurtheilen sind.
Gegeben in Unserer
Haupt- und Residenzstadt Wien, den ersten Monathstag Junius, im eintausend
achthundert und eilften, Unserer Reiche im neunzehnten Jahre.
Franz (L. S.)
Aloys Graf von und zu
Ugarte,
königlich-Böhmischer
oberster und erzherzoglich-Oesterreichischer erster Kanzler.
Franz Graf von Woyna.
Nach Sr. k. k. Majestät
höchst eigenem Befehle:
Johann Nepomuk Freyh.
v. Geißlern.
Inhalt.
Einleitung. Von den
bürgerlichen Gesetzen überhaupt. §. 1-14.
Erster Theil.
Von dem Personenrechte.
Erstes Hauptstück. Von
den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse
beziehen. §. 15-43.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eherechte. §. 44-136.
Drittes Hauptstück. Von
den Rechten zwischen Eltern und Kindern §. 137-186.
Viertes Hauptstück. Von
der Obsorge einer anderen Person §. 187-267.
Fünftes Hauptstück. Von
der Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung und der
Vorsorgemacht §. 268-284.
Zweyter Theil.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung. §. 285-308.
Erste Abtheilung
des Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück. Von
dem Besitze. §. 309-352.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eigenthumsrechte. §. 353-379.
Drittes Hauptstück. Von
der Erwerbung des Eigenthums durch Zueignung. §. 380-403.
Viertes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs. §. 404-422.
Fünftes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe. §. 423-446.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte. §. 447-471.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten. (Servituten.) §. 472-530.
Achtes Hauptstück. Von
dem Erbrechte. §. 531-551.
Neuntes Hauptstück. Von
der Erklärung des letztes Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.
§. 552-603.
Zehntes Hauptstück. Von
Nacherben und Fideicomissen. §. 604-646.
Eilftes Hauptstück. Von
Vermächtnissen. §. 647-694.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens. §. 695-726.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen Erbfolge. §. 727-761.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil. §.
762-796.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der Erbschaft. §. 797-824.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte. §. 825-858.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt. §. 859-937.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen. §. 938-956.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage. §. 957-970.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage. §. 971-982.
Ein und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Darleihensvertrage. §. 983-1001.
Zwey und zwanzigstes
Hauptstück. Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung. §.
1002-1044.
Drey und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Tauschvertrage. §. 1045-1052.
Vier und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Kaufvertrage. §. 1053-1089.
Fünf und zwanzigstes
Hauptstück. Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.
Sechs und zwanzigstes
Hauptstück. Von Verträgen über Dienstleistungen §. 1151-1174.
Sieben und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.
Acht und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Ehepacten. §. 1217-1266.
Neun und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Glücksverträgen. §. 1267-1292.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung. §. 1293-1341.
Dritter Theil.
Von den
gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück. Von
Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.
Zweytes Hauptstück. Von
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.
Drittes Hauptstück. Von
Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.
Viertes Hauptstück. Von
der Verjährung und Ersitzung. §. 1451-1502.
Einleitung.
Von den bürgerlichen
Gesetzen überhaupt.
Begriff des
bürgerlichen Rechtes.
§. 1. Der Inbegriff der
Gesetze, wodurch die Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates
unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.
§. 2. So bald ein Gesetz
gehörig kund gemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen, daß ihm
dasselbe nicht bekannt geworden sey.
Anfang der Wirksamkeit
der Gesetze.
§. 3. Die Wirksamkeit
eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich
nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre denn, daß in dem kund gemachten
Gesetze selbst der Zeitpunct seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes.
§. 4. (Anm.: Aufgehoben
durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 5. Gesetze wirken
nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher
erworbene Rechte keinen Einfluß.
Auslegung.
§. 6. Einem Gesetze
darf in der Anwendung kein anderer Verstand beygelegt werden, als welcher aus
der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der
klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§. 7. Läßt sich ein
Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes
entscheiden, so muß auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle,
und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden.
Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die
sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen
Rechtsgrundsätzen entschieden werden.
§. 8. Nur dem
Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art
zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch zu entscheidende
Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß
seine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der
Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande
haben, nicht bezogen werden solle.
Dauer des Gesetzes.
§. 9. Gesetze behalten
so lange ihre Kraft, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich
aufgehoben werden.
Andere Arten der
Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.
§. 10. Auf Gewohnheiten
kann nur in den Fällen, in welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht
genommen werden.
b) Provinzial-Statuten.
§. 11. Nur jene
Statuten einzelner Provinzen und Landesbezirke haben Gesetzeskraft, welche nach
der Kundmachung dieses Gesetzbuches von dem Landesfürsten ausdrücklich
bestätiget werden.
c) Richterliche
Aussprüche.
§. 12. Die in einzelnen
Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen
Rechtsstreitigkeiten gefällten Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie
können auf andere Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.
d) Privilegien.
§. 13. Die einzelnen
Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen Privilegien und Befreyungen sind,
so fern hierüber die politischen Verordnungen keine besondere Bestimmung
enthalten, gleich den übrigen Rechten zu beurtheilen.
Haupteintheilung des
bürgerlichen Rechtes.
§. 14. Die in dem
bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften haben das Personen-Recht, das
Sachenrecht und die denselben gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum
Gegenstande.
Erster Theil.
Von dem
Personen-Rechte.
Erstes Hauptstück.
Von den Rechten, welche
sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.
Personen-Rechte.
§. 15. Die
Personen-Rechte beziehen sich theils auf persönliche Eigenschaften und
Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem Familien-Verhältnisse.
I. Aus dem Charakter
der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§. 16. Jeder Mensch hat
angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als
eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung
einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.
Rechtliche Vermuthung
derselben.
§. 17. Was den
angebornen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als
bestehend angenommen, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht
bewiesen wird.
Erwerbliche Rechte.
§. 18. Jedermann ist
unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu
erwerben.
Verfolgung der Rechte.
§. 19. Jedem, der sich
in seinem Rechte gekränkt zu seyn erachtet, steht es frey, seine Beschwerde vor
der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit
Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hülfe bedienet, oder, wer die
Gränzen der Nothwehre überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§. 20. Auch solche
Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates betreffen, aber auf dessen
Privat-Eigenthum, oder auf die in dem bürgerlichen Rechte gegründeten
Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden nach den Gesetzen
zu beurtheilen.
II. Personenrechte der
Minderjährigen und der sonst in ihrer Handlungsfähigkeit Beeinträchtigten
§. 21. Minderjährige
und Personen, die aus einem anderen Grund als dem ihrer Minderjährigkeit alle
oder einzelne ihrer Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen nicht vermögen,
stehen unter dem besonderen Schutz der Gesetze.
Minderjährige sind
Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben; haben sie
das vierzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet, so sind sie unmündig.
§. 22. Selbst ungeborne
Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer Empfängniß an einen Anspruch auf den
Schutz der Gesetze. In so weit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten
zu thun ist, werden sie als Geborne angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird
in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet,
als wäre es nie empfangen worden.
§. 23. In zweifelhaftem
Falle, ob ein Kind lebendig oder todt geboren worden sey, wird das Erstere
vermuthet. Wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
III. Aus dem
Verhältnisse der Abwesenheit.
§. 24. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 25. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
IV. Aus dem
Verhältnisse einer moralischen Person.
§. 26. Die Rechte der
Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag
oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt.
Im Verhältnisse gegen Andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel
gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als
solche keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen Andere, und sie
sind unfähig, Rechte zu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber
diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verbothen werden,
oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten
widerstreiten.
§. 27. In wie fern
Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der
öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse
eines Staatsbürgers.
§. 28. Den vollen Genuß
der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. Die
Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern eines Oesterreichischen
Staatsbürgers durch die Geburt eigen.
Wie die
Staatsbürgerschaft erworben;
§. 29. Fremde erwerben
die Oesterreichische Staatsbürgerschaft durch Eintretung in einen öffentlichen
Dienst; durch einen in diesen Staaten vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen
Wohnsitz, jedoch unter der Bedingung, daß der Fremde diese Zeit hindurch sich
wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen habe.
§. 30. Auch ohne
Antretung eines Gewerbes oder Handwerkes, und vor verlaufenen zehn Jahren, kann
die Einbürgerung bey den politischen Behörden angesucht, und von denselben,
nachdem das Vermögen, die Erwerbfähigkeit und das sittliche Betragen des
Ansuchenden beschaffen sind, verliehen werden.
§. 31. Durch die bloße
Inhabung oder zeitliche Benützung eines Landgutes, Hauses oder Grundstückes;
durch die Anlegung eines Handels, einer Fabrik, oder die Theilnahme an einem
von beyden, ohne persönliche Ansässigkeit in einem Lande dieser Staaten, wird
die Oesterreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben.
wie sie verloren werde
§. 32. Der Verlust der
Staatsbürgerschaft durch Auswanderung oder durch Verehelichung einer
Staatsbürgerinn an einen Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze
bestimmt.
Rechte der Fremden.
§. 33. Den Fremden
kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den
Eingebornen zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die
Eigenschaft eines Staatsbürgers erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um
gleiches Recht mit den Eingebornen zu genießen, in zweifelhaften Fällen
beweisen, daß der Staat, dem sie angehören, die hierländigen Staatsbürger in
Rücksicht des Rechtes, wovon die Frage ist, ebenfalls wie die seinigen
behandle.
§. 34. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 35. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 36. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 37. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
§. 38. Die Gesandten,
die öffentlichen Geschäftsträger und die in ihren Diensten stehenden Personen
genießen die in dem Völkerrechte und in den öffentlichen Verträgen gegründeten
Befreyungen.
VI. Personen-Rechte aus
dem Religions-Verhältnisse.
§. 39. Die
Verschiedenheit der Religion hat auf die Privat-Rechte keinen Einfluß, außer in
so fern dieses bey einigen Gegenständen durch die Gesetze insbesondere
angeordnet wird.
VII. Aus dem
Familien-Verhältnisse.
Familie, Verwandtschaft
und Schwägerschaft.
§. 40. Unter Familie
werden die Stammältern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung
zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche
zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten entsteht,
Schwägerschaft genannt.
§. 41. Die Grade der
Verwandtschaft zwischen zwey Personen sind nach der Zahl der Zeugungen,
mittelst welcher in der geraden Linie eine derselben von der anderen, und in
der Seitenlinie beyde von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu
bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten
verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem anderen
Ehegatten verschwägert.
§. 42. Unter den Nahmen
Aeltern werden in der Regel ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der
aufsteigenden; und unter dem Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden
Linie begriffen.
VIII. Schutz des Namens
§. 43. Wird jemandem
das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten
Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung
und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eherechte.
Begriff der Ehe,
§. 44. Die
Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage
erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in
unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und
sich gegenseitig Beystand zu leisten.
und des
Eheverlöbnisses.
§. 45. Ein Eheverlöbniß
oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen oder
Bedingungen es gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche
Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schließung der Ehe selbst, noch zur
Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.
Rechtliche Wirkung des
Rücktrittes vom Eheverlöbnisse.
§. 46. Nur bleibt dem
Theile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden
ist, der Anspruch auf den Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen
er aus diesem Rücktritte zu leiden beweisen kann.
Regel über die
Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.
§. 47. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Hindernisse der Ehe:
I) Abgang der
Einwilligung,
a) aus Mangel des
Vermögens zur Einwilligung.
§. 48. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 49. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 50. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 51. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 52. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 53. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 54. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) aus Mangel der
wirklichen Einwilligung.
§. 55. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 56. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 57. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 58. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 59. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
II. Abgang des
Vermögens zum Zwecke:
a) des physischen
Vermögens;
§. 60. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) des sittlichen
Vermögens; wegen Verurtheilung zu einer schweren Criminalstrafe;
§. 61. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
wegen Ehebandes;
§. 62. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
wegen Weihe oder
Gelübdes;
§. 63. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Religionsverschiedenheit;
§. 64. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Verwandtschaft;
§. 65. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
oder Schwägerschaft;
§. 66. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
wegen Ehebruchs;
§. 67. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
oder Gattenmordes.
§. 68. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
III. Abgang der
wesentlichen Feyerlichkeiten.
Solche sind:
§. 69. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
a) das Aufgeboth;
§. 70. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 71. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 72. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 73. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 74. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) die feyerliche
Erklärung der Einwilligung.
§. 75. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 76. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 77. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 78. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 79. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 80. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 81. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 82. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Dispensation von
Ehehindernissen.
§. 83. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 84. (Anm.: Aufgehoben
durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 85. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 86. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 87. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 88. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Persönliche
Rechtswirkungen der Ehe
§. 89. Die persönlichen
Rechte und Pflichten der Ehegatten im Verhältnis zueinander sind, soweit in
diesem Hauptstück nicht anderes bestimmt ist, gleich.
§. 90. Die Ehegatten
sind einander zur umfassenden ehelichen Lebensgemeinschaft, besonders zum
gemeinsamen Wohnen, sowie zur Treue, zur anständigen Begegnung und zum Beistand
verpflichtet.
Im Erwerb des anderen
hat ein Ehegatte mitzuwirken, soweit ihm dies zumutbar, es nach den
Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich und nicht anderes vereinbart ist.
§. 91. Die Ehegatten
sollen ihre eheliche Lebensgemeinschaft, besonders die Haushaltsführung, die
Erwerbstätigkeit, die Leistung des Beistandes und die Obsorge, unter
Rücksichtnahme aufeinander und auf das Wohl der Kinder mit dem Ziel voller
Ausgewogenheit ihrer Beiträge einvernehmlich gestalten.
Von einer
einvernehmlichen Gestaltung kann ein Ehegatte abgehen, wenn dem nicht ein
wichtiges Anliegen des anderen oder der Kinder entgegensteht oder, auch wenn
ein solches Anliegen vorliegt, persönliche Gründe des Ehegatten, besonders sein
Wunsch nach Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, als gewichtiger anzusehen sind. In
diesen Fällen haben sich die Ehegatten um ein Einvernehmen über die
Neugestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zu bemühen.
§. 92. Verlangt ein
Ehegatte aus gerechtfertigten Gründen die Verlegung der gemeinsamen Wohnung, so
hat der andere diesem Verlangen zu entsprechen, es sei denn, er habe
gerechtfertigte Gründe von zumindest gleichem Gewicht, nicht mitzuziehen.
Ungeachtet des Abs. 1,
kann ein Ehegatte vorübergehend gesondert Wohnung nehmen, solange ihm ein
Zusammenleben mit dem anderen Ehegatten, besonders wegen körperlicher Bedrohung,
unzumutbar oder dies aus wichtigen persönlichen Gründen gerechtfertigt ist.
In den Fällen der Abs.
1 und 2 kann jeder der Ehegatten vor oder auch nach der Verlegung der Wohnung
oder der gesonderten Wohnungsnahme die Entscheidung des Gerichtes beantragen.
Das Gericht hat im Verfahren außer Streitsachen festzustellen, ob das Verlangen
auf Verlegung der gemeinsamen Wohnung oder die Weigerung mitzuziehen oder die
gesonderte Wohnungsnahme durch einen Ehegatten rechtmäßig war oder ist. Es hat
bei der Entscheidung auf die gesamten Umstände der Familie, besonders auf das
Wohl der Kinder, Bedacht zu nehmen.
§. 93. Die Ehegatten
führen den gleichen Familiennamen. Dieser ist der Familienname eines der
Ehegatten, den die Verlobten vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher
oder öffentlich beglaubigter Urkunde als gemeinsamen Familiennamen bestimmt
haben. Mangels einer solchen Bestimmung wird der Familienname des Mannes
gemeinsamer Familienname.
Derjenige Verlobte, der
nach Abs. l als Ehegatte den Familiennamen des anderen als gemeinsamen
Familiennamen zu führen hat, kann dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der
Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich beglaubigter Urkunde erklären,
bei der Führung des gemeinsamen Familiennamens diesem seinen bisherigen
Familiennamen unter Setzung eines Bindestrichs zwischen den beiden Namen voran-
oder nachzustellen. Dieser Ehegatte ist zur Führung des Doppelnamens
verpflichtet. Eine andere Person kann ihren Namen nur vom gemeinsamen
Familiennamen ableiten.
Derjenige Verlobte, der
nach Abs. l mangels einer Bestimmung den Familiennamen des anderen Ehegatten
als gemeinsamen Familiennamen zu führen hätte, kann dem Standesbeamten
gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher oder öffentlich
beglaubigter Urkunde erklären, seinen bisherigen Familiennamen weiterzuführen;
auf Grund einer solchen Erklärung führt jeder Ehegatte seinen bisherigen
Familiennamen weiter. In diesem Fall haben die Verlobten den Familiennamen der
aus der Ehe stammenden Kinder zu bestimmen (§ 139 Abs. 2).
§. 93a. Eine Person,
deren Ehe aufgelöst ist, kann dem Standesbeamten gegenüber in öffentlicher oder
öffentlich beglaubigter Urkunde erklären, einen früheren Familiennamen wieder
anzunehmen. Ein Familienname, der von einem früheren Ehegatten aus einer
geschiedenen oder aufgehobenen Ehe abgeleitet wird, darf nur wieder angenommen
werden, wenn aus dieser früheren Ehe Nachkommenschaft vorhanden ist.
§. 94. Die Ehegatten
haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft
zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsamen
beizutragen.
Der Ehegatte, der den
gemeinsamen Haushalt führt, leistet dadurch seinen Beitrag im Sinn des Abs. 1;
er hat an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte
angemessen zu berücksichtigen sind. Dies gilt nach der Aufhebung des
gemeinsamen Haushalts zugunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter,
sofern nicht die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der
Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, ein
Mißbrauch des Rechtes wäre. Ein Unterhaltsanspruch steht einem Ehegatten auch
zu, soweit er seinen Beitrag nach Abs. 1 nicht zu leisten vermag.
Auf Verlangen des
unterhaltsberechtigten Ehegatten ist der Unterhalt auch bei aufrechter
Haushaltsgemeinschaft ganz oder zum Teil in Geld zu leisten, soweit nicht ein
solches Verlangen, insbesondere im Hinblick auf die zur Deckung der Bedürfnisse
zur Verfügung stehenden Mittel, unbillig wäre. Auf den Unterhaltsanspruch an
sich kann im vorhinein nicht verzichtet werden.
§. 95. Die Ehegatten
haben an der Führung des gemeinsamen Haushalts nach ihren persönlichen
Verhältnissen, besonders unter Berücksichtigung ihrer beruflichen Belastung,
mitzuwirken. Ist jedoch ein Ehegatte nicht erwerbstätig, so obliegt diesem die
Haushaltsführung; der andere ist nach Maßgabe des § 91 zur Mithilfe
verpflichtet.
§. 96. Der Ehegatte,
der den gemeinsamen Haushalt führt und keine Einkünfte hat, vertritt den
anderen bei den Rechtsgeschäften des täglichen Lebens, die er für den
gemeinsamen Haushalt schließt und die ein den Lebensverhältnissen der Ehegatten
entsprechendes Maß nicht übersteigen. Dies gilt nicht, wenn der andere Ehegatte
dem Dritten zu erkennen gegeben hat, daß er von seinem Ehegatten nicht
vertreten sein wolle. Kann der Dritte aus den Umständen nicht erkennen, daß der
handelnde Ehegatte als Vertreter auftritt, dann haften beide Ehegatten zur
ungeteilten Hand.
§. 97. Ist ein Ehegatte
über die Wohnung, die der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des
anderen Ehegatten dient, verfügungsberechtigt, so hat dieser einen Anspruch
darauf, daß der verfügungsberechtigte Ehegatte alles unterlasse und vorkehre,
damit der auf die Wohnung angewiesene Ehegatte diese nicht verliere. Dies gilt
nicht, wenn das Handeln oder Unterlassen des verfügungsberechtigten Ehegatten
durch die Umstände erzwungen wird.
§. 98. Wirkt ein
Ehegatte im Erwerb des anderen mit, so hat er Anspruch auf angemessene
Abgeltung seiner Mitwirkung. Die Höhe des Anspruchs richtet sich nach der Art
und Dauer der Leistungen; die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten,
besonders auch die gewährten Unterhaltsleistungen, sind angemessen zu
berücksichtigen.
§. 99. Ansprüche auf
Abgeltung der Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen (§ 98) sind
vererblich, unter Lebenden oder von Todes wegen übertragbar und verpfändbar,
soweit sie durch Vertrag oder Vergleich anerkannt oder gerichtlich geltend
gemacht worden sind.
§. 100. Der § 98
berührt nicht vertragliche Ansprüche eines Ehegatten an den anderen aus einem
Mit- oder Zusammenwirken im Erwerb. Solche Ansprüche schließen einen Anspruch
nach § 98 aus; bei einem Dienstverhältnis bleibt dem Ehegatten jedoch der
Anspruch nach § 98 gewahrt, soweit er seine Ansprüche aus dem Dienstverhältnis
übersteigt.
§. 101. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 102. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
II. Wirkliche
Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit Einverständniß;
§. 103. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 104. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 105. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 106. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 107. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 108. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 109. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 110. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
b) gänzliche Trennung;
bey Katholiken durch den Tod,
§. 111. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
und die Todeserklärung;
§. 112. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 113. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
§. 114. (Anm.:
Aufgehoben durch § 55 Abs. 2 lit. a, dRGBl I 1939/S. 1186.)
bey andern christlichen
Religions-Verwandten.
§. 115. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 116. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 117. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 118. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
Beschränkung und
Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.
§. 119. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 120. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 121. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 122. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Ausnahmen der
Judenschaft;
§. 123. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
a) in Rücksicht der
Ehehindernisse;
§. 124. (Anm.: Aufgehoben
durch § 1, RGBl 1859/Nr. 217.)
§. 125. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
b) der Verkündigung.
§. 126. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
c) der Trauung;
§. 127. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 128. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 129. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 130. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 131. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
d) der Scheidung.
§. 132. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
e) der Trennung;
§. 133. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 134. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 135. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
§. 136. (Anm.:
Aufgehoben durch § 128, dRGBl I 1938/S. 807 - Ehegesetz.)
Drittes Hauptstück.
Von den Rechten
zwischen Eltern und Kindern
Allgemeine Rechte und
Pflichten
§. 137. Die Eltern
haben für die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen und überhaupt ihr
Wohl zu fördern.
Eltern und Kinder haben
einander beizustehen, die Kinder ihren Eltern Achtung entgegenzubringen.
Die Rechte und
Pflichten des Vaters und der Mutter sind, soweit in diesem Hauptstück nicht
anderes bestimmt ist, gleich.
§. 137a. Dritte dürfen
in die elterlichen Rechte nur insoweit eingreifen, als ihnen dies durch die
Eltern selbst, unmittelbar auf Grund des Gesetzes oder durch eine behördliche
Verfügung gestattet ist.
Abstammung des Kindes
von Mutter und Vater
§. 137b. Mutter ist die
Frau, die das Kind geboren hat.
§. 138. Vater des
Kindes ist der Mann,
1. der mit der Mutter im
Zeitpunkt der Geburt des Kindes verheiratet ist oder als Ehemann der Mutter
nicht früher als 300 Tage vor der Geburt des Kindes verstorben ist oder
2. der die Vaterschaft
anerkannt hat oder
3. dessen Vaterschaft
gerichtlich festgestellt ist.
Würden nach Abs. 1 Z 1
mehrere Männer als Vater in Betracht kommen, so ist derjenige von ihnen Vater,
der mit der Mutter zuletzt die Ehe geschlossen hat.
§. 138a. Die nach
diesem Gesetzbuch begründete Abstammung und deren Änderung sowie die
Feststellung der Nichtabstammung wirken gegenüber jedermann.
Nach dem Tod der
betroffenen Person können die Feststellung der Abstammung, deren Änderung oder
die Feststellung der Nichtabstammung von den Rechtsnachfolgern oder gegen diese
begehrt werden.
§. 138b. Einsichts- und
urteilsfähige Personen können, wenn sie nicht eigenberechtigt sind, in
Angelegenheiten ihrer Abstammung und der Abstammung von ihnen rechtswirksam
handeln, sofern ihr gesetzlicher Vertreter zustimmt. Handelt in einem solchen
Fall der gesetzliche Vertreter, so bedarf er der Einwilligung der einsichts-
und urteilsfähigen Person. Im Zweifel wird das Vorliegen der Einsichts- und
Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet.
Der gesetzliche
Vertreter hat sich vom Wohl des Vertretenen leiten zu lassen. Seine Vertretungshandlungen
in Angelegenheiten der Abstammung bedürfen nicht der Genehmigung des Gerichtes.
Ehelichkeit
§. 138c. Ehelich ist
ein Kind, das während der Ehe der Mutter mit seinem Vater oder, wenn die Ehe
durch den Tod des Ehemanns aufgelöst wurde, innerhalb von 300 Tagen danach
geboren wird; sonst ist das Kind unehelich.
Wird die Ehe der Eltern
für nichtig erklärt, so bleibt das Kind ehelich.
§. 138d. Wird ein Kind
innerhalb von 300 Tagen nach Scheidung oder Aufhebung oder Nichtigerklärung der
Ehe geboren, so wird es ehelich, wenn der frühere Ehemann der Mutter die
Vaterschaft anerkennt (§§ 163c und 163e) oder durch das Gericht als Vater
festgestellt wird (§§ 163 und 163b).
Wird ein Kind nach
Ablauf von 300 Tagen nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe geboren, so
hat das Gericht auf Antrag des Kindes oder des früheren Ehemanns der Mutter die
Abstammung von diesem und die Ehelichkeit des Kindes festzustellen, wenn
bewiesen ist, dass das Kind während der Ehe vom Ehemann der Mutter oder durch
eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit dem Samen des Ehemanns oder,
sofern der Ehemann dem in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines
Notariatsakts zugestimmt hat, mit dem Samen eines Dritten gezeugt wurde.
Für Kinder, die nach
den vorstehenden Absätzen die Rechtsstellung eines ehelichen Kindes erlangen,
gelten der § 161 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 162a bis 162d entsprechend.
Hinsichtlich der Obsorge gilt § 166 erster Satz entsprechend, doch können die
Eltern dem Gericht eine Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge nach §
177 vorlegen; § 177a Abs. 2 gilt entsprechend.
Rechtsverhältnisse
zwischen Eltern und ehelichen Kindern
Name
§. 139. Haben die
Eltern einen gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind diesen.
Haben die Eltern keinen
gemeinsamen Familiennamen, so erhält das Kind den Familiennamen, den die Eltern
dem Standesbeamten gegenüber vor oder bei der Eheschließung in öffentlicher
oder öffentlich beglaubigter Urkunde zum Familiennamen der aus der Ehe
stammenden Kinder bestimmt haben. Hiezu können die Eltern nur den Familiennamen
eines Elternteils bestimmen.
Mangels einer
Bestimmung nach Abs. 2 erhält das Kind den Familiennamen des Vaters.
Unterhalt
§. 140. Die Eltern
haben zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des
Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und
Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen.
Der Elternteil, der den
Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, leistet dadurch seinen Beitrag.
Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere
Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist
oder mehr leisten müßte, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen
wäre.
Der Anspruch auf
Unterhalt mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter
Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist.
§. 141. Soweit die
Eltern nach ihren Kräften zur Leistung des Unterhalts nicht imstande sind,
schulden ihn die Großeltern nach den den Lebensverhältnissen der Eltern
angemessenen Bedürfnissen des Kindes. Im übrigen gilt der § 140 sinngemäß; der
Unterhaltsanspruch eines Enkels mindert sich jedoch auch insoweit, als ihm die
Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein
Großelternteil nur insoweit Unterhalt zu leisten, als er dadurch bei
Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen
Unterhalt nicht gefährdet.
§. 142. Die Schuld
eines Elternteils, dem Kind den Unterhalt zu leisten, geht bis zum Wert der
Verlassenschaft auf seine Erben über. In den Anspruch des Kindes ist alles
einzurechnen, was das Kind nach dem Erblasser durch eine vertragliche oder
letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als Pflichtteil oder durch
eine öffentlichrechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält. Reicht der
Wert der Verlassenschaft nicht aus, um dem Kind den geschuldeten Unterhalt bis
zum voraussichtlichen Eintritt der Selbsterhaltungsfähigkeit zu sichern, so
mindert sich der Anspruch des Kindes entsprechend.
§. 143. Das Kind
schuldet seinen Eltern und Großeltern unter Berücksichtigung seiner
Lebensverhältnisse den Unterhalt, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht
imstande ist, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht
gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt hat.
Die Unterhaltspflicht
der Kinder steht der eines Ehegatten, eines früheren Ehegatten, von Vorfahren
und von Nachkommen näheren Grades des Unterhaltsberechtigten im Rang nach.
Mehrere Kinder haben den Unterhalt anteilig nach ihren Kräften zu leisten.
Der Unterhaltsanspruch
eines Eltern- oder Großelternteils mindert sich insoweit, als ihm die
Heranziehung des Stammes eigenen Vermögens zumutbar ist. Überdies hat ein Kind
nur insoweit Unterhalt zu leisten, als es dadurch bei Berücksichtigung seiner
sonstigen Sorgepflichten den eigenen angemessenen Unterhalt nicht gefährdet.
Obsorge
§. 144. Die Eltern
haben das minderjährige Kind zu pflegen und zu erziehen, sein Vermögen zu verwalten
und es in diesen sowie allen anderen Angelegenheiten zu vertreten; Pflege und
Erziehung sowie die Vermögensverwaltung umfassen auch die gesetzliche
Vertretung in diesen Bereichen. Bei Erfüllung dieser Pflichten und Ausübung
dieser Rechte sollen die Eltern einvernehmlich vorgehen.
§. 145. Ist ein
Elternteil, der mit der Obsorge für das Kind gemeinsam mit dem anderen
Elternteil betraut war, gestorben, ist sein Aufenthalt seit mindestens sechs
Monaten unbekannt, kann die Verbindung mit ihm nicht oder nur mit
unverhältnismäßig großen Schwierigkeiten hergestellt werden oder ist ihm die
Obsorge ganz oder teilweise entzogen, so ist der andere Elternteil insoweit
allein mit der Obsorge betraut. Ist in dieser Weise der Elternteil, der mit der
Obsorge allein betraut ist, betroffen, so hat das Gericht unter Beachtung des
Wohles des Kindes zu entscheiden, ob der andere Elternteil oder ob und welches
Großelternpaar (Großelternteil) oder Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) mit
der Obsorge zu betrauen ist; Letzteres gilt auch, wenn beide Elternteile
betroffen sind. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses
Großelternpaar (diesen Großelternteil).
Auf Antrag des
Elternteiles, auf den die Obsorge nach Abs. 1 erster Satz übergegangen ist, hat
das Gericht diesen Übergang festzustellen.
Geht die Obsorge auf
den anderen Elternteil über oder überträgt das Gericht die Obsorge, so sind,
sofern sich der Übergang oder die Übertragung der Obsorge darauf bezieht, das
Vermögen sowie sämtliche die Person des Kindes betreffenden Urkunden und
Nachweise zu übergeben.
§. 145a. Solange ein
Elternteil nicht voll geschäftsfähig ist, hat er nicht das Recht und die
Pflicht, das Vermögen des Kindes zu verwalten und das Kind zu vertreten.
§. 145b. Bei Ausübung
der Rechte und Erfüllung der Pflichten nach diesem Hauptstück ist zur Wahrung
des Kindeswohls alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Minderjährigen zu
anderen Personen, denen nach diesem Hauptstück das Kind betreffende Rechte und
Pflichten zukommen, beeinträchtigt oder die Wahrnehmung von deren Aufgaben
erschwert.
§. 145c. Wird einem
minderjährigen Kind ein Vermögen zugewendet und ein Elternteil von der
Verwaltung ausgeschlossen, so ist der andere Elternteil mit der Verwaltung
betraut. Sind beide Elternteile oder jener Elternteil, der mit der Obsorge
allein betraut ist, ausgeschlossen, so hat das Gericht andere Personen mit der
Verwaltung zu betrauen.
§. 146. Die Pflege des
minderjährigen Kindes umfaßt besonders die Wahrnehmung des körperlichen Wohles
und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung besonders die
Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die
Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des
Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf.
Das Ausmaß der Pflege
und Erziehung richtet sich nach den Lebensverhältnissen der Eltern.
Die Eltern haben in
Angelegenheiten der Pflege und Erziehung auch auf den Willen des Kindes Bedacht
zu nehmen, soweit dem nicht dessen Wohl oder ihre Lebensverhältnisse
entgegenstehen. Der Wille des Kindes ist umso maßgeblicher, je mehr es den
Grund und die Bedeutung einer Maßnahme einzusehen und seinen Willen nach dieser
Einsicht zu bestimmen vermag.
§. 146a. Das
minderjährige Kind hat Anordnungen der Eltern zu befolgen. Die Eltern haben bei
ihren Anordnungen und deren Durchsetzung auf Alter, Entwicklung und
Persönlichkeit des Kindes Bedacht zu nehmen; die Anwendung von Gewalt und die
Zufügung körperlichen oder seelischen Leides sind unzulässig.
§. 146b. Soweit die
Pflege und Erziehung es erfordern, hat der hierzu berechtigte Elternteil auch
das Recht, den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Hält sich das Kind woanders
auf, so haben die Behörden und Organe der öffentlichen Aufsicht auf Ersuchen
eines berechtigten Elternteils bei der Ermittlung des Aufenthalts, notfalls
auch bei der Zurückholung des Kindes mitzuwirken.
§. 146c. Einwilligungen
in medizinische Behandlungen kann das einsichts- und urteilsfähige Kind nur
selbst erteilen; im Zweifel wird das Vorliegen dieser Einsichts- und
Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet. Mangelt es an der
notwendigen Einsichts- und Urteilsfähigkeit, so ist die Zustimmung der Person
erforderlich, die mit Pflege und Erziehung betraut ist.
Willigt ein einsichts-
und urteilsfähiges minderjähriges Kind in eine Behandlung ein, die gewöhnlich
mit einer schweren oder nachhaltigen Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit oder der Persönlichkeit verbunden ist, so darf die Behandlung
nur vorgenommen werden, wenn auch die Person zustimmt, die mit der Pflege und
Erziehung betraut ist.
Die Einwilligung des
einsichts- und urteilsfähigen Kindes sowie die Zustimmung der Person, die mit
Pflege und Erziehung betraut ist, sind nicht erforderlich, wenn die Behandlung
so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der Einwilligung oder der
Zustimmung verbundene Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde oder mit
der Gefahr einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.
§. 146d. Weder ein
minderjähriges Kind noch die Eltern können in eine medizinische Maßnahme, die
eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit des minderjährigen Kindes zum Ziel hat,
einwilligen.
§. 147. Hat das mündige
Kind seine Meinung über seine Ausbildung den Eltern erfolglos vorgetragen, so kann
es das Gericht anrufen. Dieses hat nach sorgfältiger Abwägung der von den
Eltern und dem Kind angeführten Gründe die zum Wohl des Kindes angemessenen
Verfügungen zu treffen.
§. 148. Lebt ein
Elternteil mit dem minderjährigen Kind nicht im gemeinsamen Haushalt, so haben
das Kind und dieser Elternteil das Recht, miteinander persönlich zu verkehren.
Die Ausübung dieses Rechtes sollen das Kind und die Eltern einvernehmlich
regeln. Soweit ein solches Einvernehmen nicht erzielt wird, hat das Gericht auf
Antrag des Kindes oder eines Elternteils die Ausübung dieses Rechtes unter
Bedachtnahme auf die Bedürfnisse und Wünsche des Kindes in einer dem Wohl des
Kindes gemäßen Weise zu regeln.
Das Gericht hat
nötigenfalls, insbesondere wenn der berechtigte Elternteil seine Verpflichtung
aus § 145b nicht erfüllt, die Ausübung des Rechtes auf persönlichen Verkehr
einzuschränken oder zu untersagen.
Zwischen Enkeln und
ihren Großeltern gelten Abs. 1 und 2 sinngemäß. Die Ausübung des Rechtes der
Großeltern ist jedoch auch so weit einzuschränken oder zu untersagen, als sonst
das Familienleben der Eltern (eines Elternteils) oder deren Beziehung zu dem
Kind gestört würde.
Wäre durch das
Unterbleiben des persönlichen Verkehrs des minderjährigen Kindes mit einem
hiezu bereiten Dritten sein Wohl gefährdet, so hat das Gericht auf Antrag des
Kindes, eines Elternteils, des Jugendwohlfahrtsträgers oder von Amts wegen die
zur Regelung des persönlichen Verkehrs nötigen Verfügungen zu treffen.
§. 149. Die Eltern
haben das Vermögen eines minderjährigen Kindes mit der Sorgfalt ordentlicher
Eltern zu verwalten. Sofern das Wohl des Kindes nicht anderes erfordert, haben
sie es in seinem Bestand zu erhalten und nach Möglichkeit zu vermehren; Geld
ist nach den Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld anzulegen.
Aus dem Vermögen sind
jedenfalls die Kosten der Verwaltung einschließlich der für die Erhaltung des
Vermögens und den ordentlichen Wirtschaftsbetrieb nötigen Aufwendungen und die
fälligen Zahlungen zu berichtigen; weiter auch die Kosten des Unterhalts,
soweit das Kind nach den §§ 140 und 141 zur Heranziehung seines Vermögens
verpflichtet ist oder die Bedürfnisse des Kindes nicht in anderer Weise gedeckt
sind.
§. 150. Die Eltern
haben über das Vermögen des minderjährigen Kindes dem Gericht Rechnung zu
legen; über die Erträgnisse jedoch nur, soweit sie nicht für den Unterhalt des
Kindes verwendet worden sind. Näheres wird in den Verfahrensgesetzen bestimmt.
Das Gericht kann die
Eltern von der Rechnungslegung ganz oder zum Teil befreien, soweit keine
Bedenken bestehen, daß sie das Vermögen des Kindes ordentlich verwalten werden.
§. 151. Ein
minderjähriges Kind kann ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung
seines gesetzlichen Vertreters rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich
verpflichten.
Nach erreichter
Mündigkeit kann es jedoch über Sachen, die ihm zur freien Verfügung überlassen
worden sind, und über sein Einkommen aus eigenem Erwerb so weit verfügen und
sich verpflichten, als dadurch nicht die Befriedigung seiner Lebensbedürfnisse
gefährdet wird.
Schließt ein
minderjähriges eheliches Kind ein Rechtsgeschäft, das von Minderjährigen seines
Alters üblicherweise geschlossen wird und eine geringfügige Angelegenheit des
täglichen Lebens betrifft, so wird dieses Rechtsgeschäft, auch wenn die
Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen, mit der Erfüllung der das Kind
treffenden Pflichten rückwirkend rechtswirksam.
§. 152. Soweit nicht
anderes bestimmt ist, kann sich ein mündiges minderjähriges Kind selbständig
durch Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten, ausgenommen zu Dienstleistungen
auf Grund eines Lehr- oder sonstigen Ausbildungsvertrags. Der gesetzliche
Vertreter des Kindes kann das durch den Vertrag begründete Rechtsverhältnis aus
wichtigen Gründen vorzeitig lösen.
§. 153. Soweit einem
minderjährigen Kind nicht bereits früher ein Verschulden zugerechnet werden
kann (§ 1310), wird es mit der Erreichung der Mündigkeit nach den
schadenersatzrechtlichen Bestimmungen verschuldensfähig.
§. 154. Jeder
Elternteil ist für sich allein berechtigt und verpflichtet, das Kind zu
vertreten; seine Vertretungshandlung ist selbst dann rechtswirksam, wenn der
andere Elternteil mit ihr nicht einverstanden ist.
Vertretungshandlungen
und Einwilligungen eines Elternteils, die die Änderung des Vornamens oder des
Familiennamens, den Eintritt in eine Kirche oder Religionsgesellschaft und den
Austritt aus einer solchen, die Übergabe in fremde Pflege, den Erwerb einer
Staatsangehörigkeit oder den Verzicht auf eine solche, die vorzeitige Lösung eines
Lehr-, Ausbildungs- oder Dienstvertrags und die Anerkennung der Vaterschaft zu
einem unehelichen Kind betreffen, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der
Zustimmung des anderen Elternteils. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von
Willenserklärungen und Zustellstücken.
Vertretungshandlungen
und Einwilligungen eines Elternteils in Vermögensangelegenheiten bedürfen zu
ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung des anderen Elternteils und der
Genehmigung des Gerichtes, sofern die Vermögensangelegenheit nicht zum
ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört. Unter dieser Voraussetzung gehören dazu
besonders die Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften, die Gründung, der,
auch erbrechtliche, Erwerb, die Umwandlung, Veräußerung oder Auflösung sowie
die Änderung des Gegenstandes eines Unternehmens, der, auch erbrechtliche,
Eintritt in eine oder die Umwandlung einer Gesellschaft oder Genossenschaft,
der Verzicht auf ein Erbrecht, die unbedingte Annahme oder die Ausschlagung
einer Erbschaft, die Annahme einer mit Belastungen verbundenen Schenkung oder
die Ablehnung eines Schenkungsanbots, die Anlegung von Geld mit Ausnahme der in
den §§ 230a und 230b geregelten Arten sowie die Erhebung einer Klage und alle
verfahrensrechtlichen Verfügungen, die den Verfahrensgegenstand an sich
betreffen. Dies gilt nicht für die Entgegennahme von Willenserklärungen und
Zustellstücken.
Bedarf ein
Rechtsgeschäft der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, der Zustimmung des
anderen Elternteils oder der Genehmigung des Pflegschaftsgerichts, so ist bei
deren Fehlen das volljährig gewordene Kind nur dann daraus wirksam
verpflichtet, wenn es schriftlich erklärt, diese Verpflichtungen als
rechtswirksam anzuerkennen. Fordert der Gläubiger den volljährig Gewordenen
auf, sich nach dem ersten Satz zu erklären, so hat er ihm dafür eine
angemessene Frist zu setzen.
§. 154a. In
zivilgerichtlichen Verfahren ist nur ein Elternteil allein zur Vertretung des
Kindes berechtigt; solange sich die Eltern nicht auf den anderen Elternteil
einigen oder das Gericht nach § 176 diesen oder einen Dritten als Vertreter
bestimmt, ist Vertreter derjenige Elternteil, der die erste Verfahrenshandlung
setzt.
Die nach § 154
erforderliche Zustimmung des anderen Elternteils und Genehmigung des Gerichtes
gelten für das ganze Verfahren.
§. 154b. Soweit einem
Kind infolge merkbar verzögerter Entwicklung, einer psychischen Krankheit oder
einer geistigen Behinderung die für eine einzelne oder einen Kreis von
Angelegenheiten erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder Geschäftsfähigkeit
fehlt, hat das Gericht dies von Amts wegen oder auf Antrag einer Person, die
ganz oder zum Teil mit der Obsorge betraut ist, auszusprechen. Dieser Ausspruch
wirkt, sofern er nicht vom Gericht widerrufen oder befristet wurde, längstens
bis zur Volljährigkeit des Kindes.
§. 155. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 5, BGBl I 2004/Nr. 58.)
Feststellung der
Nichtabstammung vom Ehemann der Mutter
§. 156. Stammt ein
Kind, das während der Ehe der Mutter oder vor Ablauf von 300 Tagen nach dem Tod
des Ehemanns der Mutter geboren worden ist, nicht von diesem ab, so hat das
Gericht dies auf Antrag festzustellen.
Der Antrag kann vom
Kind gegen den Mann und von diesem gegen das Kind gestellt werden.
§. 156a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 157. Hat der Ehemann
der Mutter einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung mit dem Samen eines
Dritten in Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts
zugestimmt, so kann nicht die Feststellung begehrt werden, dass das mit dem Samen
des Dritten gezeugte Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt.
§. 158. Ein Antrag auf
Feststellung, dass das Kind nicht vom Ehemann der Mutter abstammt, kann binnen
zwei Jahren ab Kenntnis der hiefür sprechenden Umstände gestellt werden. Diese
Frist beginnt frühestens mit der Geburt des Kindes, im Fall einer Änderung der
Abstammung frühestens mit der Wirksamkeit der Änderung. Ein Antrag ist nicht
zulässig, solange die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststeht.
Der Lauf der Frist ist
gehemmt, solange die antragsberechtigte Person nicht eigenberechtigt ist oder
innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes oder
unabwendbares Ereignis an der Antragstellung gehindert ist.
Später als 30 Jahre
nach der Geburt des Kindes oder nach einer Änderung der Abstammung kann nur das
Kind die Feststellung der Nichtabstammung begehren.
§. 159. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 159a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 159b. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 160. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 1, BGBl 1983/Nr. 566.)
Legitimation der
unehelichen Kinder
b) durch die
nachfolgende Ehe
§. 161. Ist die
Vaterschaft zum Kind festgestellt und schließen Vater und Mutter des Kindes die
Ehe, so wird das Kind zum Zeitpunkt der Eheschließung seiner Eltern ehelich.
Wird die Vaterschaft
nach der Eheschließung festgestellt, so bleiben die vor der Feststellung für
das Kind gesetzten Vertretungshandlungen unberührt.
Die Wirkungen der
Legitimation treten nur auf Grund eines Anerkenntnisses nach § 163e Abs. 2 oder
einer gerichtlichen Entscheidung außer Kraft, die in einem für die Beseitigung
der Feststellung der Abstammung vorgesehenen Verfahren ergeht.
c) durch Begünstigung
des Landesfürsten.
§. 162. Die uneheliche
Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen
keinen Abbruch thun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung
des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die
Aeltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der
Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frey vererblichen Vermögen theilhaft
machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder hat diese
Begünstigung keine Wirkung.
§. 162a. Wird ein Kind
legitimiert, so gilt § 139 entsprechend.
Wird ein bereits
mündiges Kind legitimiert, so gilt der Abs. 1 nur, wenn das Kind der
Namensänderung zustimmt.
§. 162b. Wird ein Ehegatte
legitimiert, so ändert sich der gemeinsame Familienname nur, wenn beide
Ehegatten der Namensänderung zustimmen. Sonst ändert sich, unter der
Voraussetzung des § 162a Abs. 2, nur der Familienname des Legitimierten.
§. 162c. Führt ein Kind
des Legitimierten einen von diesem allein abgeleiteten Familiennamen, so geht
der vom Legitimierten erworbene Familienname auf das Kind über.
Ist das Kind des
Legitimierten im Zeitpunkt der Legitimation bereits mündig, so gilt der Abs. 1
nur, wenn das Kind der Namensänderung zustimmt.
Im übrigen gelten für
das Kind des Legitimierten die §§ 139, 162a und 162b entsprechend.
§. 162d. Eine
Zustimmung nach den §§ 162a bis 162c ist dem Standesbeamten in öffentlicher
oder öffentlich-beglaubigter Urkunde zu erklären; ihre namensrechtlichen
Wirkungen treten ein, sobald sie dem Standesbeamten zukommt.
Eine Zustimmung ist
unwirksam, wenn sie dem Standesbeamten später als drei Jahre nach der
Verständigung des Zustimmungsberechtigten vom Eintritt der Legitimation durch
den Standesbeamten zugekommen ist.
Feststellung der
Vaterschaft
§. 163. Als Vater hat
das Gericht den Mann festzustellen, von dem das Kind abstammt. Der Antrag kann
vom Kind gegen den Mann oder von diesem gegen das Kind gestellt werden.
Auf Antrag des Kindes
kann der Mann als Vater festgestellt werden, welcher der Mutter innerhalb von
nicht mehr als 300 und nicht weniger als 180 Tagen vor der Geburt beigewohnt
hat oder mit dessen Samen an der Mutter in diesem Zeitraum eine medizinisch
unterstützte Fortpflanzung durchgeführt worden ist, es sei denn, er weist nach,
dass das Kind nicht von ihm abstammt. Eine solche Feststellung ist nach Ablauf
von zwei Jahren nach dem Tod des Mannes nicht mehr möglich, es sei denn, das
Kind weist nach, dass ihm der Beweis nach Abs. 1 aus Gründen auf Seiten des
Mannes nicht gelingt.
Ist an der Mutter
innerhalb der im Abs. 2 genannten Frist eine medizinisch unterstützte
Fortpflanzung mit dem Samen eines Dritten durchgeführt worden, so ist als Vater
der Mann festzustellen, der dieser medizinisch unterstützten Fortpflanzung in
Form eines gerichtlichen Protokolls oder eines Notariatsakts zugestimmt hat, es
sei denn, er weist nach, dass das Kind nicht durch diese medizinisch
unterstützte Fortpflanzung gezeugt worden ist.
Ein Dritter, dessen
Samen für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet wird, kann
nicht als Vater des mit seinem Samen gezeugten Kindes festgestellt werden.
Dritter ist, wer seinen Samen einer für medizinisch unterstützte
Fortpflanzungen zugelassenen Krankenanstalt mit dem Willen überlässt, nicht
selbst als Vater eines mit diesem Samen gezeugten Kindes festgestellt zu
werden.
§. 163a. Der
gesetzliche Vertreter hat dafür zu sorgen, daß die Vaterschaft festgestellt
wird, es sei denn, daß die Feststellung der Vaterschaft für das Wohl des Kindes
nachteilig ist oder die Mutter von ihrem Recht, den Namen des Vaters nicht
bekanntzugeben, Gebrauch macht.
Der
Jugendwohlfahrtsträger hat die Mutter darauf aufmerksam zu machen, welche
Folgen es hat, wenn die Vaterschaft nicht festgestellt wird.
§. 163b. Das Kind kann
die Feststellung seiner Abstammung auch beantragen, wenn die Vaterschaft eines
anderen Mannes bereits feststeht. In einem solchen Fall hat die Feststellung
der Abstammung die vom Gericht auszusprechende Wirkung, dass das Kind nicht vom
anderen Mann abstammt.
§. 163c. Die
Vaterschaft wird durch persönliche Erklärung in inländischer öffentlicher oder
öffentlich-beglaubigter Urkunde anerkannt. Das Anerkenntnis wirkt ab dem
Zeitpunkt der Erklärung, sofern die Urkunde oder ihre öffentlich-beglaubigte
Abschrift dem Standesbeamten zukommt.
Das Anerkenntnis soll
eine genaue Bezeichnung des Anerkennenden, der Mutter und des Kindes, sofern es
bereits geboren ist, enthalten.
Für Zustimmungen zum
Anerkenntnis gelten die Abs. 1 und 2 entsprechend.
§. 163d. Das Kind oder
die Mutter, sofern sie einsichts- und urteilsfähig sowie am Leben ist, können
gegen das Anerkenntnis innerhalb von zwei Jahren ab Kenntnis von dessen
Rechtswirksamkeit bei Gericht Widerspruch erheben.
Der Lauf der Frist ist
gehemmt, solange die zum Widerspruch berechtigte Person nicht eigenberechtigt
ist oder innerhalb des letzten Jahres der Frist durch ein unvorhergesehenes
oder unabwendbares Ereignis am Widerspruch gehindert ist.
§. 163e. Steht zum
Zeitpunkt der Anerkennung bereits die Vaterschaft eines anderen Mannes fest, so
wird das Anerkenntnis erst rechtswirksam, sobald mit allgemein verbindlicher
Wirkung festgestellt ist, dass der andere Mann nicht der Vater des betreffenden
Kindes ist.
Ein zu einem Zeitpunkt,
zu dem die Abstammung des Kindes von einem anderen Mann feststand, abgegebenes
Vaterschaftsanerkenntnis wird jedoch rechtswirksam, wenn in öffentlicher oder
öffentlich beglaubigter Urkunde das Kind dem Anerkenntnis zustimmt. Ist das
Kind nicht eigenberechtigt, so wird das Anerkenntnis überdies nur
rechtswirksam, wenn die einsichts- und urteilsfähige Mutter selbst den
Anerkennenden in der genannten Form als Vater bezeichnet. Das Anerkenntnis
wirkt ab dem Zeitpunkt seiner Erklärung, sofern die über diese Erklärung sowie
über die Zustimmung zum Anerkenntnis und, falls erforderlich, über die
Bezeichnung des Anerkennenden als Vater errichteten Urkunden oder ihre
öffentlich-beglaubigten Abschriften dem Standesbeamten zukommen.
Der Mann, der als Vater
feststand, oder die Mutter, sofern sie einsichts- und urteilsfähig sowie am
Leben ist und nicht nach Abs. 2 den Anerkennenden als Vater bezeichnet hat,
kann gegen das Anerkenntnis bei Gericht Widerspruch erheben. § 163d gilt
entsprechend.
Für die Zustimmung des
minderjährigen Kindes ist der Jugendwohlfahrtsträger gesetzlicher Vertreter des
Kindes.
§. 164. Das Gericht hat
das Anerkenntnis für rechtsunwirksam zu erklären
1. von Amts wegen, wenn
a) das Anerkenntnis
oder – im Fall des § 163e Abs. 2 – die Zustimmung des Kindes oder die
Bezeichnung des Anerkennenden als Vater durch die Mutter nicht den
Formvorschriften entspricht oder
b) es auf Seiten des
Anerkennenden oder – im Fall des § 163e Abs. 2 – des Kindes oder der Mutter an
der Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder – beim Anerkennenden oder beim Kind –
an der gesetzlichen Vertretung gemangelt hat, es sei denn, der Mangel der
gesetzlichen Vertretung ist nachträglich behoben worden oder der Anerkennende
hat nach Erreichung der Eigenberechtigung das Anerkenntnis gebilligt;
2. aufgrund eines
Widerspruchs, es sei denn, es ist erwiesen, dass das Kind vom Anerkennenden
abstammt oder – wenn das Kind durch eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung
mit dem Samen eines Dritten gezeugt worden ist – dass der Anerkennende dem in
Form eines gerichtlichen Protokolls oder Notariatsakts zugestimmt hat;
3. auf Antrag des
Anerkennenden, wenn er beweist,
a) dass sein
Anerkenntnis durch List, ungerechte und gegründete Furcht oder Irrtum darüber veranlasst
worden ist, dass das Kind von ihm abstammt oder dass an der Mutter eine
medizinisch unterstützte Fortpflanzung mit seinem Samen oder mit seiner
Zustimmung mit dem Samen eines Dritten vorgenommen wurde oder
b) dass das Kind nicht
von ihm abstammt und er erst nachträglich von solchen Umständen Kenntnis
erlangt hat, die für die Nichtabstammung des Kindes sprechen.
Der Antrag nach Abs. 1
Z 3 kann längstens bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Entdeckung der
Täuschung, des Irrtums oder der genannten Umstände oder nach Wegfall der
Zwangslage erhoben werden. Die Frist beginnt frühestens mit der Geburt des
Kindes.
§. 164a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 164b. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 164c. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 164d. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 20, BGBl I 2004/Nr. 58.)
Rechtsverhältnisse
zwischen Eltern und unehelichen Kindern
§. 165. Das uneheliche
Kind erhält den Familiennamen der Mutter.
§. 165a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165b. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 165c. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1995/Nr. 25 - Namensrechtsänderungsgesetz.)
§. 166. Mit der Obsorge
für das uneheliche Kind ist die Mutter allein betraut. Im übrigen gelten,
soweit nicht anderes bestimmt ist, die das eheliche Kind betreffenden
Bestimmungen über den Unterhalt und die Obsorge auch für das uneheliche Kind.
§. 166a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 167. Leben die
Eltern des Kindes in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass
in Hinkunft beide Elternteile mit der Obsorge betraut sind. Das Gericht hat die
Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht. Hebt ein
Elternteil die häusliche Gemeinschaft nicht bloß vorübergehend auf, so sind die
§§ 177 und 177a entsprechend anzuwenden.
Leben die Eltern nicht
in häuslicher Gemeinschaft, so können sie vereinbaren, dass in Hinkunft auch
der Vater ganz oder in bestimmten Angelegenheiten mit der Obsorge betraut ist,
wenn sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber vorlegen, bei welchem Elternteil
sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Soll sich das Kind hauptsächlich im
Haushalt des Vaters aufhalten, so muss auch dieser immer mit der gesamten
Obsorge betraut sein. Das Gericht hat die Vereinbarung zu genehmigen, wenn sie
dem Wohl des Kindes entspricht. § 177a Abs. 2 ist entsprechend anzuwenden.
§. 168. Der Vater ist
verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres
Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge
der Entbindung weitere Auslagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen.
Die Forderung ist mit
Ablauf von drei Jahren nach der Entbindung verjährt.
§. 169. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 169a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 10, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 170. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 15, BGBl 1989/Nr. 162 –
Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 170a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 171. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1977/Nr. 403.)
Erlöschen der Obsorge
§. 172. Die Obsorge für
das Kind erlischt mit dem Eintritt seiner Volljährigkeit.
Der gesetzliche
Vertreter hat dem volljährig gewordenen Kind dessen Vermögen sowie sämtliche
dessen Person betreffenden Urkunden und Nachweise zu übergeben.
§. 173. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 174. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 175. Ein
verheiratetes minderjähriges Kind steht hinsichtlich seiner persönlichen Verhältnisse
einem Volljährigen gleich, solange die Ehe dauert.
Entziehung oder
Einschränkung der Obsorge
§. 176. Gefährden die
Eltern durch ihr Verhalten das Wohl des minderjährigen Kindes, so hat das
Gericht, von wem immer es angerufen wird, die zur Sicherung des Wohles des
Kindes nötigen Verfügungen zu treffen. Besonders darf das Gericht die Obsorge
für das Kind ganz oder teilweise, auch gesetzlich vorgesehene Einwilligungs-
und Zustimmungsrechte, entziehen. Im Einzelfall kann das Gericht auch eine gesetzlich
erforderliche Einwilligung oder Zustimmung ersetzen, wenn keine
gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
Solche Verfügungen
können von einem Elternteil, etwa wenn die Eltern in einer wichtigen
Angelegenheit des Kindes kein Einvernehmen erzielen, den sonstigen Verwandten
in gerader aufsteigender Linie, den Pflegeeltern (einem Pflegeelternteil), dem
Jugendwohlfahrtsträger und dem mündigen Minderjährigen, von diesem jedoch nur
in Angelegenheiten seiner Pflege und Erziehung, beantragt werden. Andere
Personen können solche Verfügungen anregen.
Die gänzliche oder
teilweise Entziehung der Pflege und Erziehung oder der Verwaltung des Vermögens
des Kindes schließt die Entziehung der gesetzlichen Vertretung in dem
jeweiligen Bereich mit ein; die gesetzliche Vertretung in diesen Bereichen kann
für sich allein entzogen werden, wenn die Eltern oder der betreffende
Elternteil ihre übrigen Pflichten erfüllen.
Fordert das Gesetz die
Einwilligung oder Zustimmung der mit Pflege und Erziehung betrauten Personen
(Erziehungsberechtigten), so ist die Erklärung der mit der gesetzlichen
Vertretung in diesem Bereich betrauten Person notwendig, aber auch hinreichend,
sofern nicht Abweichendes bestimmt ist.
§. 176a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 28, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 176b. Durch eine
Verfügung nach § 176 darf das Gericht die Obsorge nur so weit beschränken, als
dies zur Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist.
§. 177. Wird die Ehe
der Eltern eines minderjährigen ehelichen Kindes geschieden, aufgehoben oder
für nichtig erklärt, so bleibt die Obsorge beider Eltern aufrecht. Sie können
jedoch dem Gericht – auch in Abänderung einer bestehenden Regelung – eine
Vereinbarung über die Betrauung mit der Obsorge vorlegen, wobei die Betrauung
eines Elternteils allein oder beider Eltern vereinbart werden kann. Im Fall der
Obsorge beider Eltern kann diejenige eines Elternteils auf bestimmte
Angelegenheiten beschränkt sein.
In jedem Fall einer
Obsorge beider Eltern haben sie dem Gericht eine Vereinbarung darüber
vorzulegen, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll.
Dieser Elternteil muss immer mit der gesamten Obsorge betraut sein.
Das Gericht hat die
Vereinbarung der Eltern zu genehmigen, wenn sie dem Wohl des Kindes entspricht.
§. 177a. Kommt
innerhalb angemessener Frist nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung
der Ehe der Eltern eine Vereinbarung nach § 177 über den hauptsächlichen
Aufenthalt des Kindes oder über die Betrauung mit der Obsorge nicht zustande
oder entspricht sie nicht dem Wohl des Kindes, so hat das Gericht, wenn es
nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, zu entscheiden, welcher
Elternteil künftig allein mit der Obsorge betraut ist.
Sind beide Eltern gemäß
§ 177 nach Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung ihrer Ehe mit der Obsorge
betraut und beantragt ein Elternteil die Aufhebung dieser Obsorge, so hat das
Gericht, wenn es nicht gelingt eine gütliche Einigung herbeizuführen, nach
Maßgabe des Kindeswohles einen Elternteil allein mit der Obsorge zu betrauen.
§. 177b. Die
vorstehenden Bestimmungen sind auch anzuwenden, wenn die Eltern eines
minderjährigen ehelichen Kindes nicht bloß vorübergehend getrennt leben. Doch
entscheidet das Gericht in einem solchen Fall über die Obsorge nur auf Antrag
eines Elternteils.
Informations- und
Äußerungsrechte
§. 178. Soweit ein
Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist, hat er, außer dem Recht auf
persönlichen Verkehr, das Recht, von demjenigen, der mit der Obsorge betraut
ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen
nach § 154 Abs. 2 und 3, rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in
angemessener Frist zu äußern. Findet trotz Bereitschaft des nicht mit der
Obsorge betrauten Elternteils ein persönlicher Verkehr mit dem Kind nicht
regelmäßig statt, so stehen diese Rechte auch in minderwichtigen
Angelegenheiten zu, sofern es sich dabei nicht bloß um Angelegenheiten des
täglichen Lebens handelt. Die Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin
ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.
Kommt der mit der
Obsorge betraute Elternteil seinen Pflichten nach Abs. 1 beharrlich nicht nach,
so hat das Gericht auf Antrag, sofern das Wohl des Kindes gefährdet scheint,
auch von Amts wegen angemessene Verfügungen zu treffen.
Würde die Wahrnehmung
der Rechte nach Abs. 1 das Wohl des Kindes ernstlich gefährden oder nimmt sie
der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil in rechtsmissbräuchlicher oder
für den anderen in unzumutbarer Weise in Anspruch, so hat das Gericht diese
Rechte auf Antrag einzuschränken oder ganz zu entziehen. Die Rechte nach Abs. 1
entfallen, wenn der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil grundlos das
Recht des Kindes auf persönlichen Verkehr ablehnt.
Berücksichtigung des Kindeswohls
§. 178a. Bei
Beurteilung des Kindeswohls sind die Persönlichkeit des Kindes und seine
Bedürfnisse, besonders seine Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und
Entwicklungsmöglichkeiten, sowie die Lebensverhältnisse der Eltern entsprechend
zu berücksichtigen.
§. 178b. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Annahme an Kindesstatt.
§. 179.
Eigenberechtigte Personen, die den ehelosen Stand nicht feierlich angelobt
haben, können an Kindesstatt annehmen. Durch die Annahme an Kindesstatt wird
die Wahlkindschaft begründet.
Die Annahme eines
Wahlkindes durch mehr als eine Person, sei es gleichzeitig, sei es, solange die
Wahlkindschaft besteht, nacheinander, ist nur zulässig, wenn die Annehmenden
miteinander verheiratet sind. Ehegatten dürfen in der Regel nur gemeinsam
annehmen. Ausnahmen sind zulässig, wenn das leibliche Kind des anderen
Ehegatten angenommen werden soll, wenn ein Ehegatte nicht annehmen kann, weil
er die gesetzlichen Voraussetzungen hinsichtlich der Eigenberechtigung oder des
Alters nicht erfüllt, wenn sein Aufenthalt seit mindestens einem Jahr unbekannt
ist, wenn die Ehegatten seit mindestens drei Jahren die eheliche Gemeinschaft
aufgegeben haben oder wenn ähnliche und besonders gewichtige Gründe die Annahme
durch nur einen der Ehegatten rechtfertigen.
Personen, denen die
Sorge für das Vermögen des anzunehmenden Wahlkindes durch behördliche Verfügung
anvertraut ist, können dieses so lange nicht annehmen, als sie nicht von dieser
Pflicht entbunden sind. Sie müssen vorher Rechnung gelegt und die Bewahrung des
anvertrauten Vermögens nachgewiesen haben.
Form; Eintritt der
Wirksamkeit.
§. 179a. Die Annahme an
Kindesstatt kommt durch schriftlichen Vertrag zwischen dem Annehmenden und dem
Wahlkind und durch gerichtliche Bewilligung auf Antrag eines Vertragsteiles
zustande. Sie wird im Fall ihrer Bewilligung mit dem Zeitpunkt der
vertraglichen Willenseinigung wirksam. Stirbt der Annehmende nach diesem
Zeitpunkt, so hindert dies die Bewilligung nicht.
Das nicht
eigenberechtigte Wahlkind schließt den Vertrag durch seinen gesetzlichen
Vertreter, dieser bedarf hiezu keiner gerichtlichen Genehmigung. Verweigert der
gesetzliche Vertreter seine Einwilligung, so hat das Gericht sie auf Antrag des
Annehmenden oder des Wahlkindes zu ersetzen, wenn keine gerechtfertigten Gründe
für die Weigerung vorliegen.
Alter.
§. 180. Der Wahlvater
muß das dreißigste, die Wahlmutter das achtundzwanzigste Lebensjahr vollendet haben.
Nehmen Ehegatten gemeinsam an oder ist das Wahlkind ein leibliches Kind des
Ehegatten des Annehmenden, so ist eine Unterschreitung dieser Altersgrenze
zulässig, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem
Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung
besteht.
Wahlvater und
Wahlmutter müssen mindestens achtzehn Jahre älter als das Wahlkind sein; eine
geringfügige Unterschreitung dieses Zeitraums ist unbeachtlich, wenn zwischen
dem Annehmenden und dem Wahlkind bereits eine dem Verhältnis zwischen
leiblichen Eltern und Kindern entsprechende Beziehung besteht. Ist das Wahlkind
ein leibliches Kind des Ehegatten des Annehmenden oder mit dem Annehmenden
verwandt, so genügt ein Altersunterschied von sechzehn Jahren.
Bewilligung.
§. 180a. Die Annahme
eines nicht eigenberechtigten Kindes ist zu bewilligen, wenn sie dessen Wohl
dient und eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und Kindern
entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Ist das Wahlkind
eigenberechtigt, so ist die Annahme nur zu bewilligen, wenn die Antragsteller
nachweisen, dass bereits ein enges, der Beziehung zwischen leiblichen Eltern
und Kindern entsprechendes Verhältnis vorliegt, insbesondere wenn Wahlkind und
Annehmender während fünf Jahren entweder in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder
einander in einer vergleichbar engen Gemeinschaft Beistand geleistet haben.
Die Bewilligung ist,
außer bei Fehlen der Vorraussetzungen des Abs. 1, zu versagen, wenn ein
überwiegendes Anliegen eines leiblichen Kindes des Annehmenden entgegensteht,
insbesondere dessen Unterhalt oder Erziehung gefährdet wäre; im übrigen sind
wirtschaftliche Belange nicht zu beachten, außer der Annehmende handelt in der
ausschließlichen oder überwiegenden Absicht, ein leibliches Kind zu schädigen.
§. 181. Die Bewilligung
darf nur erteilt werden, wenn folgende Personen der Annahme zustimmen:
1. die Eltern des
minderjährigen Wahlkindes;
2. der Ehegatte des
Annehmenden;
3. der Ehegatte des
Wahlkindes.
Das Zustimmungsrecht
einer im Abs. 1 genannten Person entfällt, wenn sie als gesetzlicher Vertreter
des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn sie zu einer
verständigen Äußerung nicht nur vorübergehend unfähig oder ihr Aufenthalt seit
mindestens sechs Monaten unbekannt ist.
Das Gericht hat die
verweigerte Zustimmung auf Antrag eines Vertragsteiles zu ersetzen, wenn keine
gerechtfertigten Gründe für die Weigerung vorliegen.
§. 181a. Ein Recht auf
Anhörung haben:
1. das nicht
eigenberechtigte Wahlkind ab dem vollendeten fünften Lebensjahr, außer es hat
bereits seit diesem Zeitpunkt beim Annehmenden gelebt;
2. die Eltern des
volljährigen Wahlkindes;
3. die Pflegeeltern
oder der Leiter des Heimes, in dem sich das Wahlkind befindet;
4. der
Jugendwohlfahrtsträger.
Das Anhörungsrecht
eines im Abs. 1 genannten Berechtigten entfällt, wenn er als gesetzlicher
Vertreter des Wahlkindes den Annahmevertrag geschlossen hat; ferner, wenn er
nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Schwierigkeiten gehört werden könnte.
Wirkungen.
§. 182. Zwischen dem
Annehmenden und dessen Nachkommen einerseits und dem Wahlkind und dessen im
Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits
entstehen mit diesem Zeitpunkt die gleichen Rechte, wie sie durch die eheliche
Abstammung begründet werden.
Wird das Wahlkind durch
Ehegatten als Wahleltern angenommen, so erlöschen mit den im § 182a bestimmten
Ausnahmen die nicht bloß in der Verwandtschaft an sich (§ 40) bestehenden
familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und deren
Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des
Wirksamwerdens der Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits mit diesem
Zeitpunkt. Wird das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine Wahlmutter) angenommen,
so erlöschen diese Beziehungen lediglich hinsichtlich des leiblichen Vaters
(der leiblichen Mutter) und dessen (deren) Verwandten; insoweit danach diese
Beziehungen aufrecht bleiben würden, hat das Gericht, wenn der in Frage
kommende Elternteil darin eingewilligt hat, das Erlöschen diesem Elternteil
gegenüber auszusprechen; das Erlöschen wirkt vom Zeitpunkt der Abgabe der
Einwilligungserklärung, frühestens jedoch vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahme.
§. 182a. Die im
Familienrecht begründeten Pflichten der leiblichen Eltern und deren Verwandten
zur Leistung des Unterhaltes, des Heiratsgutes und der Ausstattung gegenüber
dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Annahme
minderjährigen Nachkommen bleiben aufrecht.
Das gleiche gilt für
die Unterhaltspflicht des Wahlkindes gegenüber den leiblichen Eltern, sofern
diese ihre Unterhaltspflicht gegenüber dem noch nicht vierzehn Jahre alten
Kinde vor dessen Annahme an Kindesstatt nicht gröblich vernachlässigt haben.
Die nach Abs. 1 und 2 aufrecht
bleibenden Pflichten stehen jedoch den durch die Annahme begründeten gleichen
Pflichten im Range nach.
§. 182b. Die im
Erbrecht begründeten Rechte zwischen den leiblichen Eltern und deren Verwandten
einerseits und dem Wahlkind und dessen im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der
Annahme minderjährigen Nachkommen andererseits bleiben aufrecht.
Bei der gesetzlichen
Erbfolge in das Vermögen des Wahlkindes in der zweiten Linie gehen die
Wahleltern und deren Nachkommen einerseits den leiblichen Eltern und deren
Nachkommen andererseits vor; ist das Wahlkind nur durch einen Wahlvater (eine
Wahlmutter) angenommen worden und sind sowohl der Wahlvater (die Wahlmutter)
oder dessen (deren) Nachkommen als auch die leibliche Mutter (der eheliche
Vater) oder deren (dessen) Nachkommen vorhanden, so fällt der Nachlaß je zur
Hälfte auf den Stamm des Wahlvaters (der Wahlmutter) und den der leiblichen
Mutter (des ehelichen Vaters).
§. 183. Wird das
Wahlkind nur von einer Person an Kindesstatt angenommen und erlöschen die familienrechtlichen
Beziehungen zum anderen Elternteil im Sinn des § 182 Abs. 2 zweiter Satz, so
erhält das Wahlkind den Familiennamen des Annehmenden. Die §§ 162a Abs. 2 bis
162d gelten entsprechend.
Im übrigen gelten für
die Ableitung des Familiennamens des Wahlkindes von den Wahleltern
beziehungsweise von einem Wahlelternteil und demjenigen Elternteil, zu dem die
familienrechtlichen Beziehungen aufrecht geblieben sind, die §§ 139 sowie 162a
Abs. 2 bis 162d entsprechend.
§. 183a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1995/Nr. 25 -
Namensrechtsänderungsgesetz.)
Widerruf und Aufhebung.
§. 184. Die
gerichtliche Bewilligung ist vom Gericht mit rückwirkender Kraft zu widerrufen:
1. von Amts wegen oder auf
Antrag eines Vertragsteiles, wenn beim Abschluß des Annahmevertrages der
Annehmende nicht eigenberechtigt gewesen ist, außer er hat nach der Erlangung
seiner Eigenberechtigung zu erkennen gegeben, daß er die Wahlkindschaft
fortsetzen wolle;
2. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn ein nicht eigenberechtigtes Wahlkind
selbst den Annahmevertrag geschlossen hat, außer es hat der gesetzliche
Vertreter oder nach Erlangung der Eigenberechtigung das Wahlkind nachträglich
zugestimmt oder das Gericht die verweigerte nachträgliche Zustimmung des
gesetzlichen Vertreters im Sinne des § 179a Abs. 2 ersetzt;
3. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn das Wahlkind durch mehr als eine Person
angenommen worden ist, außer die Annehmenden sind im Zeitpunkt der Bewilligung
miteinander verheiratet gewesen;
4. von Amts wegen oder
auf Antrag eines Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag ausschließlich oder
vorwiegend in der Absicht geschlossen worden ist, dem Wahlkind die Führung des
Familiennamens des Wahlvaters oder der Wahlmutter zu ermöglichen oder den
äußeren Schein einer Wahlkindschaft zur Verdeckung rechtswidriger
geschlechtlicher Beziehungen zu schaffen.
5. auf Antrag eines
Vertragsteiles, wenn der Annahmevertrag nicht schriftlich geschlossen worden
ist und seit dem Eintritt der Rechtskraft des Bewilligungsbeschlusses nicht
mehr als fünf Jahre verstrichen sind.
Hat einer der
Vertragsteile den Widerrufsgrund (Abs. 1 Z. 1 bis 3 und 5) bei Abschließung des
Annahmevertrages nicht gekannt, so gilt in seinem Verhältnis zum anderen
Vertragsteil der Widerruf insoweit als Aufhebung (§ 184a), als er dies
beansprucht.
Einem Dritten, der im
Vertrauen auf die Gültigkeit der Annahme an Kindesstatt vor dem Widerruf Rechte
erworben hat, kann nicht eingewendet werden, daß die Bewilligung widerrufen
worden ist. Zum Nachteil eines der Vertragsteile, der den Wiederrufsgrund bei
Abschließung des Annahmevertrages nicht gekannt hat, kann ein Dritter nicht die
Wirkungen des Widerrufes beanspruchen.
§. 184a. Die
Wahlkindschaft ist vom Gericht aufzuheben:
1. wenn die Erklärung
eines Vertragteiles oder eines Zustimmungsberechtigten durch List oder
ungerechte und gegründete Furcht veranlaßt worden ist und der Betroffene die
Aufhebung binnen Jahresfrist nach Entdeckung der Täuschung oder Wegfall der
Zwangslage beantragt;
2. von Amts wegen, wenn
die Aufrechterhaltung der Wahlkindschaft das Wohl des nicht eigenberechtigten
Wahlkindes ernstlich gefährden würde;
3. auf Antrag des
Wahlkindes, wenn die Aufhebung nach Auflösung oder Nichtigerklärung der Ehe der
Wahleltern oder nach dem Tode des Wahlvaters (der Wahlmutter) dem Wohle des
Wahlkindes dient und nicht einem gerechtfertigten Anliegen des (der) von der
Aufhebung betroffenen, wenn auch bereits verstorbenen Wahlvaters (Wahlmutter)
widerspricht;
4. wenn der Wahlvater
(die Wahlmutter) und das eigenberechtigte Wahlkind die Aufhebung beantragen.
Besteht die
Wahlkindschaft gegenüber einem Wahlvater und einer Wahlmutter, so darf die
Aufhebung im Sinne des Abs. 1 nur beiden gegenüber bewilligt werden; die
Aufhebung gegenüber einem von ihnen allein ist nur im Falle der Auflösung oder
Nichtigerklärung ihrer Ehe zulässig.
§. 185. Mit dem
Eintritt der Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses erlöschen die durch die
Annahme zwischen dem Wahlvater (der Wahlmutter) und dessen (deren) Nachkommen
einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen andererseits begründeten
Rechtsbeziehungen.
Mit diesem Zeitpunkt
leben die familienrechtlichen Beziehungen zwischen den leiblichen Eltern und
deren Verwandten einerseits und dem Wahlkind und dessen Nachkommen
andererseits, soweit sie nach dem § 182 erloschen sind, wieder auf.
Mit dem im Abs. 1
genannten Zeitpunkt sind hinsichtlich des Wahlkindes und dessen minderjährigen
Nachkommen die namensrechtlichen Wirkungen der Annahme so anzusehen, als wären
sie nicht eingetreten.
§. 185a. Ein Widerruf
oder eine Aufhebung aus anderen als den in den §§ 184 und 184a angeführten
Gründen ist unzulässig; ebenso eine vertragliche Einigung oder ein Rechtsstreit
über die Anfechtung des Annahmevertrages.
2. Pflegeeltern
§. 186. Pflegeeltern
sind Personen, die die Pflege und Erziehung des Kindes ganz oder teilweise
besorgen und zu denen eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Eltern und
Kindern nahe kommende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Sie haben
das Recht, in den die Person des Kindes betreffenden Verfahren Anträge zu
stellen.
§. 186a. Das Gericht
hat einem Pflegeelternpaar (Pflegeelternteil) auf seinen Antrag die Obsorge für
das Kind ganz oder teilweise zu übertragen, wenn das Pflegeverhältnis nicht nur
für kurze Zeit beabsichtigt ist und die Übertragung dem Wohl des Kindes
entspricht. Die Regelungen über die Obsorge gelten dann für dieses
Pflegeelternpaar (diesen Pflegeelternteil).
Sind die Eltern oder
Großeltern mit der Obsorge betraut und stimmen sie der Übertragung nicht zu, so
darf diese nur verfügt werden, wenn ohne sie das Wohl des Kindes gefährdet
wäre.
Die Übertragung ist
aufzuheben, wenn dies dem Wohl des Kindes entspricht. Gleichzeitig hat das
Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes auszusprechen, auf wen die
Obsorge übergeht.
Das Gericht hat vor
seiner Entscheidung die Eltern, den gesetzlichen Vertreter, weitere
Erziehungsberechtigte, den Jugendwohlfahrtsträger und jedenfalls das bereits
zehnjährige Kind zu hören. § 181a Abs. 2 gilt sinngemäß.
Viertes Hauptstück
Von der Obsorge einer
anderen Person
I. Von der Obsorge
einer anderen Person
§. 187. Soweit nach dem
dritten Hauptstück weder Eltern noch Großeltern oder Pflegeeltern mit der Obsorge
betraut sind oder betraut werden können und kein Fall des § 211 vorliegt, hat
das Gericht unter Beachtung des Wohles des Kindes eine andere geeignete Person
mit der Obsorge zu betrauen.
§. 188. Bei der Auswahl
einer anderen Person für die Obsorge ist besonders auf das Wohl des Kindes
Bedacht zu nehmen. Wünsche des Kindes und der Eltern, im Falle des § 145c des
Zuwendenden, sind zu berücksichtigen, sofern sie dem Wohl des Kindes
entsprechen.
Mit der Obsorge dürfen
nicht betraut werden
1. nicht voll
handlungsfähige Personen;
2. Personen, von denen,
besonders auch wegen der durch eine strafgerichtliche Verurteilung zutage
getretenen Veranlagung oder Eigenschaft, eine dem Wohl des minderjährigen
Kindes förderliche Ausübung der Obsorge nicht zu erwarten ist.
§. 189. Derjenige, den
das Gericht mit der Obsorge betrauen will, hat alle Umstände, die ihn dafür
ungeeignet erscheinen lassen, dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er diese
Mitteilung schuldhaft, so haftet er für alle dem minderjährigen Kind daraus
entstehenden Nachteile.
Eine besonders
geeignete Person kann die Betrauung mit der Obsorge nur ablehnen, wenn ihr
diese unzumutbar wäre.
§. 190. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz
2001.)
§. 191. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 192. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 193. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz
2001.)
§. 194. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 195. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 196. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 197. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 25, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 198. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 199. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 200. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz
2001.)
§. 201. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 202. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 203. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 204. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 205. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 206. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 207. (Anm.:
Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 208. (Anm.:
Aufgehoben durch § 41, BGBl 1954/S. 99 - Jugendwohlfahrtsgesetz.)
§. 209. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 210. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Aufgaben des
Jugendwohlfahrtsträgers
§. 211. Wird ein
minderjähriges Kind im Inland gefunden und sind dessen Eltern unbekannt, so ist
kraft Gesetzes der Jugendwohlfahrtsträger mit der Obsorge betraut. Dies gilt
für den Bereich der Vermögensverwaltung und der Vertretung auch, wenn ein Kind
im Inland geboren wird und in diesem Bereich kein Elternteil mit der Obsorge
betraut ist.
§. 212. Der
Jugendwohlfahrtsträger hat, soweit es nach den Umständen geboten scheint, den gesetzlichen
Vertreter eines im Inland geborenen Kindes innerhalb angemessener Frist nach
der Geburt über die elterlichen Rechte und Pflichten, besonders über den
Unterhaltsanspruch des Kindes, gegebenenfalls auch über die Feststellung der
Vaterschaft, in Kenntnis zu setzen und ihm für die Wahrnehmung der Rechte des
Kindes seine Hilfe anzubieten.
Für die Festsetzung
oder Durchsetzung der Unterhaltsansprüche des Kindes sowie gegebenenfalls in
Abstammungsangelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes,
wenn die schriftliche Zustimmung des sonstigen gesetzlichen Vertreters
vorliegt.
Für andere
Angelegenheiten ist der Jugendwohlfahrtsträger Vertreter des Kindes, wenn er
sich zur Vertretung bereit erklärt und die schriftliche Zustimmung des sonstigen
gesetzlichen Vertreters vorliegt.
Durch die
Vertretungsbefugnis des Jugendwohlfahrtsträgers wird die Vertretungsbefugnis
des sonstigen gesetzlichen Vertreters nicht eingeschränkt, jedoch gilt § 154a
sinngemäß. Der Jugendwohlfahrtsträger und der sonstige gesetzliche Vertreter
haben einander über ihre Vertretungshandlungen in Kenntnis zu setzen.
Die Vertretungsbefugnis
des Jugendwohlfahrtsträgers endet, wenn der sonstige gesetzliche Vertreter
seine Zustimmung schriftlich widerruft, der Jugendwohlfahrtsträger seine
Erklärung nach Abs. 3 zurücknimmt oder das Gericht den Jugendwohlfahrtsträger
auf dessen Antrag als Vertreter enthebt, weil er zur Wahrung der Rechte und zur
Durchsetzung der Ansprüche des Kindes nach Lage des Falles nichts mehr
beizutragen vermag.
§. 213. Ist eine andere
Person mit der Obsorge für einen Minderjährigen ganz oder teilweise zu betrauen
und lassen sich dafür Verwandte oder andere nahe stehende oder sonst besonders
geeignete Personen nicht finden, so hat das Gericht die Obsorge dem
Jugendwohlfahrtsträger zu übertragen. Gleiches gilt, wenn einem Minderjährigen
ein Kurator zu bestellen ist.
§. 214. Die §§ 216,
234, 265, 266 und 267 gelten für den Jugendwohlfahrtsträger nicht. Dieser ist
vor der Anlegung des Vermögens eines Minderjährigen nur im Fall des § 230e
verpflichtet, die Zustimmung des Gerichtes einzuholen.
Der
Jugendwohlfahrtsträger bedarf zum Abschluß von Vereinbarungen über die Höhe
gesetzlicher Unterhaltsleistungen nicht der Genehmigung des Gerichtes.
Vereinbarungen über die Leistung des Unterhalts eines Minderjährigen, die vor
dem Jugendwohlfahrtsträger oder von ihm geschlossen und von ihm beurkundet
werden, haben die Wirkung eines gerichtlichen Vergleiches.
Der
Jugendwohlfahrtsträger hat Personen, die ein Kind pflegen und erziehen oder
gesetzlich vertreten, über seine Vertretungstätigkeit bezüglich dieses Kindes
Auskünfte zu erteilen, soweit das Wohl des Kindes hiedurch nicht gefährdet
wird.
§. 215. Der
Jugendwohlfahrtsträger hat die zur Wahrung des Wohles eines Minderjährigen
erforderlichen gerichtlichen Verfügungen im Bereich der Obsorge zu beantragen.
Bei Gefahr im Verzug kann er die erforderlichen Maßnahmen der Pflege und
Erziehung vorläufig mit Wirksamkeit bis zur gerichtlichen Entscheidung selbst
treffen; er hat diese Entscheidung unverzüglich, jedenfalls innerhalb von acht
Tagen, zu beantragen. Im Umfang der getroffenen Maßnahmen ist der
Jugendwohlfahrtsträger vorläufig mit der Obsorge betraut.
Eine einstweilige
Verfügung nach § 382b EO und deren Vollzug nach § 382d EO kann der
Jugendwohlfahrtsträger als Vertreter des Minderjährigen beantragen, wenn der
sonstige gesetzliche Vertreter einen erforderlichen Antrag nicht unverzüglich
gestellt hat; § 212 Abs. 4 gilt hiefür entsprechend.
§. 215a. Sofern nicht
anderes angeordnet ist, fallen die Aufgaben dem Bundesland als
Jugendwohlfahrtsträger zu, in dem das minderjährige Kind seinen gewöhnlichen
Aufenthalt, mangels eines solchen im Inland seinen Aufenthalt hat. Fehlt ein
Aufenthalt im Inland, so ist, sofern das minderjährige Kind österreichischer
Staatsbürger ist, für im Inland zu besorgende Aufgaben das Bundesland als
Jugendwohlfahrtsträger zuständig, in dem der Minderjährige seinen letzten
Aufenthalt gehabt hat, dann dasjenige, in dem ein Elternteil seinen Aufenthalt
hat oder zuletzt gehabt hat. Wechselt das minderjährige Kind seinen Aufenthalt
in ein anderes Bundesland, so kann der Jugendwohlfahrtsträger seine Aufgaben
dem anderen mit dessen Zustimmung übertragen. Hievon ist das Gericht zu
verständigen, wenn es mit den Angelegenheiten des minderjährigen Kindes bereits
befasst war.
Besondere Pflichten und
Rechte anderer mit der Obsorge betrauter Personen
a) in Angelegenheiten
der Pflege und Erziehung
§. 216. Ist eine andere
Person mit der Obsorge betraut, so hat sie, soweit nicht anderes bestimmt ist,
in wichtigen, die Person des Kindes betreffenden Angelegenheiten, insbesondere
in den Angelegenheiten des § 154 Abs. 2, die Genehmigung des Gerichtes
einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind
unzulässig und unwirksam, sofern nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
Einer medizinischen
Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit
verbunden ist, kann die mit der Obsorge betraute Person nur zustimmen, wenn ein
vom behandelnden Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt,
dass das Kind nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung seines Wohles erforderlich
ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder das Kind zu erkennen gibt,
dass es die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der Genehmigung des
Gerichts. Erteilt die mit der Obsorge betraute Person die Zustimmung zu einer medizinischen
Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl des Kindes gefährdet, so kann das
Gericht die Zustimmung ersetzen oder die Obsorge an eine andere Person
übertragen.
§. 217. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz
2001.)
§. 218. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 219. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 220. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 221. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 222. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 223. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 224. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 225. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 226. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 227. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 35, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 228. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 39, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
b) in Angelegenheiten
der Vermögensverwaltung
§. 229. Die mit der gesetzlichen
Vertretung in Angelegenheiten der Vermögensverwaltung betraute Person hat bei
Antritt der Obsorge nach gründlicher Erforschung des Vermögensstandes dem
Gericht gegenüber das Vermögen im Einzelnen anzugeben und bei Beendigung der
Obsorge Rechnung zu legen. Das Gericht hat die Tätigkeit des gesetzlichen
Vertreters zur Vermeidung einer Gefährdung des Wohls des minderjährigen Kindes
zu überwachen und die dazu notwendigen Aufträge zu erteilen. Näheres wird in
den Verfahrensgesetzen bestimmt.
Auf Vertretungshandlungen
und Einwilligungen in Vermögensangelegenheiten ist § 154 Abs. 3 und 4 sinngemäß
anzuwenden.
Anlegung von Mündelgeld
§. 230. Soweit Geld
eines Minderjährigen nicht, dem Gesetz entsprechend, für besondere Zwecke zu
verwenden ist, ist es unverzüglich sicher und möglichst fruchtbringend durch
Spareinlagen, den Erwerb von Wertpapieren (Forderungen), die Gewährung von
Darlehen, den Erwerb von Liegenschaften oder in anderer Weise nach den
folgenden Bestimmungen anzulegen.
Ist es wirtschaftlich zweckmäßig,
so ist Mündelgeld auf mehrere dieser Arten anzulegen.
§. 230a. Spareinlagen
bei einer inländischen Kreditunternehmung, die zur Entgegennahme von
Spareinlagen berechtigt ist, sind zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn
sie auf den Namen des Mündels lauten, ausdrücklich die Bezeichnung „Mündelgeld“
tragen und entweder allgemein für die Verbindlichkeiten der Kreditunternehmung
der Bund oder eines der Länder oder für die Verzinsung und Rückzahlung der
Mündelgeldspareinlagen im besonderen ein von der Kreditunternehmung gebildeter,
jederzeit mit der jeweiligen Höhe solcher Einlagen übereinstimmender
unbelasteter Deckungsstock haftet. Dieser Deckungsstock hat ausschließlich in
mündelsicheren Wertpapieren (§ 230b), in Hypothekarforderungen mit gesetzgemäßer
Sicherheit (§230c), in Forderungen, für die der Bund oder eines der Länder
haftet, oder in Bargeld zu bestehen.
§. 230b. Der Erwerb
folgender Wertpapiere und Forderungen ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet:
1.
Teilschuldverschreibungen von Anleihen, für deren Verzinsung und Rückzahlung
der Bund oder eines der Länder haftet;
2. Forderungen, die in
das Hauptbuch der Staatsschuld eingetragen sind;
3. Pfandbriefe und
Kommunalschuldverschreibungen der nach den gesetzlichen Vorschriften zur
Ausgabe solcher Wertpapiere zugelassenen inländischen Kreditunternehmungen;
4. von einer
inländischen Kreditunternehmung ausgegebene Teilschuldverschreibungen, sofern
die Kreditunternehmung verpflichtet ist, die Ansprüche aus diesen
Teilschuldverschreibungen vorzugsweise zu befriedigen und als Sicherheit für
diese Befriedigung Forderungen der Kreditunternehmung, für die der Bund haftet,
Wertpapiere oder Forderungen gemäß den Z. 1 bis 3 und 5 oder Bargeld zu
bestellen, und dies auf den Teilschuldverschreibungen ausdrücklich ersichtlich
gemacht ist;
5. sonstige
Wertpapiere, sofern sie durch besondere gesetzliche Vorschriften zur Anlegung
von Mündelgeld geeignet erklärt worden sind.
§. 230c. Darlehen sind
zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn zu ihrer Sicherstellung an einer
inländischen Liegenschaft eine Hypothek bestellt wird und die Liegenschaft samt
ihrem Zubehör während der Laufzeit des Darlehens ausreichend feuerversichert
ist. Liegenschaften, deren Wert sich wegen eines darauf befindlichen
Abbaubetriebs ständig und beträchtlich vermindert, sind nicht geeignet.
Es darf jedoch eine
Liegenschaft nicht über die Hälfte des Verkehrswertes belastet werden. Bei
Weingärten, Wäldern und anderen Liegenschaften, deren Ertrag auf ähnlichen
dauernden Anpflanzungen beruht, ist die Belastungsgrenze ohne Berücksichtigung
des Wertes der Kulturgattung vom Grundwert zu errechnen. Ebenso ist bei
industriell oder gewerblich genutzten Liegenschaften vom bloßen Grundwert
auszugehen, doch sind von diesem die Kosten der Freimachung der Liegenschaft
von industriell oder gewerblich genutzten Baulichkeiten abzuziehen. Die Art
(Widmung, Nutzung) der Liegenschaft und die maßgebende Belastungsgrenze sind
durch einen allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen festzustellen.
§. 230d. Der Erwerb
inländischer Liegenschaften ist zur Anlegung von Mündelgeld geeignet, wenn sich
ihr Wert nicht wegen eines darauf befindlichen Abbaubetriebs ständig und
beträchtlich vermindert oder sie nicht ausschließlich oder überwiegend
industriellen oder gewerblichen Zwecken dienen.
Der Kaufpreis soll in
der Regel den Verkehrswert nicht übersteigen.
§. 230e. Die Anlegung
von Mündelgeld in anderer Weise als nach den vorstehenden Bestimmungen hat das
Gericht, im Fall des Erwerbes von Wertpapieren jedenfalls nach Anhörung eines
Sachverständigen für das Börsen- oder Bankwesen, zu genehmigen, wenn sie nach
den Verhältnissen des Einzelfalls den Grundsätzen einer wirtschaftlichen
Vermögensverwaltung entspricht.
Unter diesen
Voraussetzungen kommen für die Anlegung besonders in Betracht:
1. Wertpapiere, die im
§ 230b nicht genannt sind, sofern dafür vorgesorgt ist, daß die Verwaltung der
Wertpapiere einschließlich eines Verkaufes, falls er durch die Marktlage
geboten sein sollte, sachkundig vorgenommen wird;
2. Liegenschaften, die
nicht geeignet im Sinn des § 230d sind, sofern ihr Erwerb dem Mündel mit
Beziehung auf die gegenwärtige oder künftige Berufsausübung oder sonst zum
klaren Vorteil gereichen würde; der Kaufpreis darf auch hier den gemeinen Wert
nicht übersteigen.
§. 231. Das übrige
bewegliche Vermögen, das nicht zur Befriedigung der gegenwärtigen oder
zukünftigen Bedürfnisse des minderjährigen Kindes benötigt wird oder zumindest
nicht dazu geeignet scheint, ist bestmöglich zu verwerten. Einer gerichtlichen
Genehmigung bedarf es nur, wenn der Verkehrswert der einzelnen Sache
voraussichtlich 1000 Euro oder die Summe der Werte der zur Verwertung
bestimmten Sachen voraussichtlich 10000 Euro übersteigt.
§. 232. Ein
unbewegliches Gut darf nur im Notfall oder zum offenbaren Vorteil des
minderjährigen Kindes mit gerichtlicher Genehmigung veräußert werden.
§. 233. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 40, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 234. Der gesetzliche
Vertreter kann 10000 Euro übersteigende Zahlungen an das minderjährige Kind nur
entgegennehmen und darüber quittieren, wenn er dazu vom Gericht im Einzelfall
oder allgemein ermächtigt wurde. Fehlt eine solche Ermächtigung, so wird der
Schuldner durch Zahlung an den Vertreter von seiner Schuld nur befreit, wenn
das Gezahlte noch im Vermögen des minderjährigen Kindes vorhanden ist oder für
seine Zwecke verwendet wurde.
§. 235. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 41, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 236. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 237. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 238. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 56, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 239. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 240. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 241. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 242. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 243. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 43, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 244. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl 1989/Nr. 162 –
Kindschaftsrecht-Änderungsgesetz.)
§. 245. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 57, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 246. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 8, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 247. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 45, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 248. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 249. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 58, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Änderungen in der
Obsorge
§. 250. Die Obsorge des
Jugendwohlfahrtsträgers (§ 211) endet, sofern der Umstand, der die Eltern von
der Ausübung der Obsorge ausgeschlossen hat, weggefallen ist; im ersten Fall
des § 211 bedarf es hiezu jedoch der Übertragung der Obsorge an die Eltern
durch das Gericht.
§. 251. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 61, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 252. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 11, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 253. Das Gericht hat
die Obsorge an eine andere Person zu übertragen, wenn das Wohl des
minderjährigen Kindes dies erfordert, insbesondere wenn die mit der Obsorge
betraute Person ihre Verpflichtungen aus § 145b nicht erfüllt, einer der
Umstände des § 188 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird oder die Person, die
bisher mit der Obsorge betraut war, stirbt.
§. 254. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 255. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 256. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 257. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 – Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz
2001.)
§. 258. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 259. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 47, BGBl 1977/Nr. 403.)
§. 260. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 12, BGBl 1973/Nr. 108.)
§. 261. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 262. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 263. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 63, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
Haftung
§. 264. Die nach § 187
mit der Obsorge betrauten Personen haften dem Kind gegenüber für jeden durch
ihr Verschulden verursachten Schaden.
Soweit sich die mit der
Obsorge betraute Person zu ihrer Ausübung rechtmäßig anderer Personen bedient,
haftet sie nur insoweit, als sie schuldhaft eine untüchtige oder gefährliche
Person ausgewählt, deren Tätigkeit nur unzureichend überwacht oder die
Geltendmachung von Ersatzansprüchen des minderjährigen Kindes gegen diese
Personen schuldhaft unterlassen hat.
§. 265. Der Richter
kann die Ersatzpflicht nach § 264 insoweit mäßigen oder ganz erlassen, als sie
die mit der Obsorge betraute Person unter Berücksichtigung aller Umstände,
insbesondere des Grades des Verschuldens oder eines besonderen
Naheverhältnisses zwischen dem minderjährigen Kind und der mit der Obsorge
betrauten Person, unbillig hart träfe.
Entschädigung
§. 266. Der nach § 187 mit
der Obsorge betrauten Person gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang
ihrer Tätigkeit und des damit gewöhnlich verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe
eine jährliche Entschädigung, soweit dadurch die Befriedigung der
Lebensbedürfnisse des Kindes nicht gefährdet wird.
Sofern das Gericht
nicht aus besonderen Gründen eine geringere Entschädigung für angemessen
findet, beträgt sie fünf vom Hundert sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon
zu entrichtenden gesetzlichen Steuern und Abgaben. Bezüge, die kraft besonderer
gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, sind nicht
als Einkünfte zu berücksichtigen. Übersteigt der Wert des Vermögens des
minderjährigen Kindes 10000 Euro, so kann das Gericht überdies pro Jahr bis zu
zwei vom Hundert des Mehrbetrags als Entschädigung gewähren, soweit sich die
mit der Obsorge betraute Person um die Erhaltung des Vermögens oder dessen
Verwendung zur Deckung von Bedürfnissen des Kindes besonders verdient gemacht
hat. Betrifft die Obsorge nur einen Teilbereich der Obsorge oder dauert die
Tätigkeit der mit der Obsorge betrauten Person nicht ein volles Jahr, so
vermindert sich der Anspruch auf Entschädigung entsprechend.
Bei besonders
umfangreichen und erfolgreichen Bemühungen der mit der Obsorge betrauten Person
kann das Gericht die Entschädigung auch höher als nach Abs. 2 erster Satz
bemessen, jedoch nicht höher als zehn vom Hundert der Einkünfte.
Entgelt und
Aufwandsersatz
§. 267. Nützt die mit
der Obsorge betraute Person für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem
Dritten übertragen werden müsste, ihre besonderen beruflichen Kenntnisse und
Fähigkeiten, so hat sie hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser
Anspruch besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht,
soweit beim minderjährigen Kind die Voraussetzungen für die Bewilligung der
Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften
vom Gegner ersetzt werden.
Zur zweckentsprechenden
Ausübung der Obsorge notwendige Barauslagen, tatsächliche Aufwendungen und die
Kosten der Versicherung der Haftpflicht nach § 264 sind der mit der Obsorge
betrauten Person vom minderjährigen Kind jedenfalls zu erstatten, soweit sie
nach gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den Abs.
1 und 2 bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung der
Lebensbedürfnisse des Kindes gefährdet wäre.
Fünftes Hauptstück
Von der
Sachwalterschaft, der sonstigen gesetzlichen Vertretung und der
Vorsorgevollmacht
Voraussetzungen für die
Bestellung eines Sachwalters oder Kurators
a) für behinderte
Personen;
§. 268. Vermag eine
volljährige Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig
behindert ist (behinderte Person), alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten
nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen, so ist ihr auf
ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen.
Die Bestellung eines
Sachwalters ist unzulässig, soweit Angelegenheiten der behinderten Person durch
einen anderen gesetzlichen Vertreter oder im Rahmen einer anderen Hilfe,
besonders in der Familie, in Pflegeeinrichtungen, in Einrichtungen der
Behindertenhilfe oder im Rahmen sozialer oder psychosozialer Dienste, im
erforderlichen Ausmaß besorgt werden. Ein Sachwalter darf auch dann nicht
bestellt werden, soweit durch eine Vollmacht, besonders eine Vorsorgevollmacht,
oder eine verbindliche Patientenverfügung für die Besorgung der Angelegenheiten
der behinderten Person im erforderlichen Ausmaß vorgesorgt ist. Ein Sachwalter
darf nicht nur deshalb bestellt werden, um einen Dritten vor der Verfolgung
eines, wenn auch bloß vermeintlichen, Anspruchs zu schützen.
Je nach Ausmaß der
Behinderung sowie Art und Umfang der zu besorgenden Angelegenheiten ist der
Sachwalter zu betrauen
1. mit der Besorgung
einzelner Angelegenheiten, etwa der Durchsetzung oder der Abwehr eines
Anspruchs oder der Eingehung und der Abwicklung eines Rechtsgeschäfts,
2. mit der Besorgung
eines bestimmten Kreises von Angelegenheiten, etwa der Verwaltung eines Teiles
oder des gesamten Vermögens, oder,
3. soweit dies
unvermeidlich ist, mit der Besorgung aller Angelegenheiten der behinderten
Person.
Sofern dadurch nicht
das Wohl der behinderten Person gefährdet wird, kann das Gericht auch
bestimmen, dass die Verfügung oder Verpflichtung hinsichtlich bestimmter
Sachen, des Einkommens oder eines bestimmten Teiles davon vom Wirkungsbereich
des Sachwalters ausgenommen ist.
b) für Ungeborene;
§. 269. In Rücksicht
auf Ungeborne wird ein Kurator entweder für die Nachkommenschaft überhaupt,
oder für eine bereits vorhandene Leibesfrucht (§. 22) aufgestellet. Im ersten
Falle hat der Kurator dafür zu sorgen, daß die Nachkommenschaft bey einem ihr
bestimmten Nachlasse nicht verkürzet werde; im zweyten Falle aber, daß die
Rechte des noch ungebornen Kindes erhalten werden.
c) für Abwesende und
für unbekannte Teilnehmer an einem Geschäft;
§. 270. Die Bestellung
eines Curators für Abwesende, oder für die dem Gerichte zur Zeit noch
unbekannten Theilnehmer an einem Geschäfte findet dann Statt, wenn sie keinen
ordentlichen Vertreter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte
durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Anderen in ihrem Gange gehemmet
würden und nicht in anderer Weise, etwa durch die Bestellung eines Kurators in
einem bestimmten gerichtlichen Verfahren durch das dort zur Entscheidung
berufene Gericht, für die Wahrung dieser Rechte Sorge getragen werden kann. Ist
der Aufenthaltsort eines Abwesenden bekannt, so muß ihn sein Curator von der
Lage seiner Angelegenheiten unterrichten, und diese Angelegenheiten, wenn keine
andere Verfügung getroffen wird, wie jene eines Minderjährigen besorgen.
d) im Kollisionsfall
§. 271. Widerstreiten
einander in einer bestimmten Angelegenheit die Interessen einer minderjährigen
oder sonst nicht voll handlungsfähigen Person und jene ihres gesetzlichen
Vertreters, so hat das Gericht der Person zur Besorgung dieser Angelegenheiten
einen besonderen Kurator zu bestellen.
Der Bestellung eines
Kurators bedarf es nicht, wenn eine Gefährdung der Interessen des
minderjährigen Kindes oder der sonst nicht voll handlungsfähigen Person nicht
zu besorgen ist und die Interessen des minderjährigen Kindes oder der sonst
nicht voll handlungsfähigen Person vom Gericht ausreichend wahrgenommen werden
können. Dies gilt im Allgemeinen in Verfahren zur Durchsetzung der Rechte des
Kindes nach § 140 und § 148, auch wenn es durch den betreuenden Elternteil
vertreten wird, sowie in Verfahren über Ansprüche nach § 266 Abs. 1 und 2 oder
§ 267.
§. 272. Widerstreiten
einander die Interessen zweier oder mehrerer minderjähriger oder sonst nicht
voll handlungsfähiger Personen, die denselben gesetzlichen Vertreter haben, so
darf dieser keine der genannten Personen vertreten. Das Gericht hat für jede
von ihnen einen besonderen Kurator zu bestellen.
§ 271 Abs. 2 gilt
entsprechend.
Bestellung
§. 273. Bei der Auswahl
des Sachwalters oder Kurators ist auf die Art der Angelegenheiten, die für die
zu vertretende Person (den Pflegebefohlenen) zu besorgen sind, zu achten.
Mit der
Sachwalterschaft oder Kuratel dürfen nicht betraut werden
1. nicht
eigenberechtigte Personen;
2. Personen, von denen,
besonders auch wegen einer strafgerichtlichen Verurteilung, eine dem Wohl des
Pflegebefohlenen förderliche Ausübung der Sachwalterschaft oder Kuratel nicht
zu erwarten ist.
§. 273a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 9, BGBl I 2006/Nr. 92 –
Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006.)
§. 274. Derjenige, den
das Gericht zum Sachwalter (Kurator) bestellen will, hat alle Umstände, die ihn
dafür ungeeignet erscheinen lassen, dem Gericht mitzuteilen. Unterlässt er
diese Mitteilung schuldhaft, so haftet er für alle dem Pflegebefohlenen daraus
entstehenden Nachteile.
Ein Rechtsanwalt oder
Notar kann die Übernahme einer Sachwalterschaft (Kuratel) nur ablehnen, wenn
ihm diese unter Berücksichtigung seiner persönlichen, familiären, beruflichen
und sonstigen Verhältnisse nicht zugemutet werden kann. Dies wird bei mehr als
fünf Sachwalterschaften (Kuratelen) vermutet.
Rechte und Pflichten
§. 275. Die Sachwalterschaft
(Kuratel) umfasst alle Tätigkeiten, die erforderlich sind, um die dem
Sachwalter (Kurator) übertragenen Angelegenheiten zu besorgen. Der Sachwalter
(Kurator) hat dabei das Wohl des Pflegebefohlenen bestmöglich zu fördern.
In wichtigen, die
Person des Pflegebefohlenen betreffenden Angelegenheiten hat der Sachwalter
(Kurator) die Genehmigung des Gerichts einzuholen. Ohne Genehmigung getroffene
Maßnahmen oder Vertretungshandlungen sind unzulässig und unwirksam, sofern
nicht Gefahr im Verzug vorliegt.
In
Vermögensangelegenheiten gelten die §§ 229 bis 234 sinngemäß.
Entschädigung, Entgelt
und Aufwandersatz
§. 276. Dem Sachwalter
(Kurator) gebührt unter Bedachtnahme auf Art und Umfang seiner Tätigkeit,
insbesondere auch im Bereich der Personensorge, und des damit gewöhnlich
verbundenen Aufwands an Zeit und Mühe eine jährliche Entschädigung. Diese
beträgt fünf Prozent sämtlicher Einkünfte nach Abzug der hievon zu
entrichtenden Steuern und Abgaben, wobei Bezüge, die kraft besonderer
gesetzlicher Anordnung zur Deckung bestimmter Aufwendungen dienen, nicht als
Einkünfte zu berücksichtigen sind; bei besonders umfangreichen und
erfolgreichen Bemühungen des Sachwalters kann das Gericht die Entschädigung
auch mit bis zu zehn Prozent dieser Einkünfte bemessen. Übersteigt der Wert des
Vermögens des Pflegebefohlenen 10 000 Euro, so ist darüber hinaus pro Jahr zwei
Prozent des Mehrbetrags an Entschädigung zu gewähren. Das Gericht hat die
Entschädigung zu mindern, wenn es dies aus besonderen Gründen für angemessen
hält.
Nützt der Sachwalter
(Kurator) für Angelegenheiten, deren Besorgung sonst einem Dritten entgeltlich
übertragen werden müsste, seine besonderen beruflichen Kenntnisse und
Fähigkeiten, so hat er hiefür einen Anspruch auf angemessenes Entgelt. Dieser Anspruch
besteht für die Kosten einer rechtsfreundlichen Vertretung jedoch nicht, soweit
beim Pflegebefohlenen die Voraussetzungen für die Bewilligung der
Verfahrenshilfe gegeben sind oder diese Kosten nach gesetzlichen Vorschriften
vom Gegner ersetzt werden.
Die zur
zweckentsprechenden Ausübung der Sachwalterschaft (Kuratel) notwendigen
Barauslagen, die tatsächlichen Aufwendungen und die Kosten einer zur Deckung
der Haftung nach § 277 abgeschlossenen Haftpflichtversicherung sind dem
Sachwalter vom Pflegebefohlenen jedenfalls zu erstatten, soweit sie nach
gesetzlichen Vorschriften nicht unmittelbar von Dritten getragen werden.
Ansprüche nach den
vorstehenden Absätzen bestehen insoweit nicht, als durch sie die Befriedigung
der Lebensbedürfnisse des Pflegebefohlenen gefährdet wäre.
Haftung
§. 277. Der Sachwalter
(Kurator) haftet dem Pflegebefohlenen für jeden durch sein Verschulden
verursachten Schaden. Der Richter kann die Ersatzpflicht insoweit mäßigen oder
ganz erlassen, als sie den Sachwalter (Kurator) unter Berücksichtigung aller
Umstände, insbesondere des Grades des Verschuldens oder eines besonderen
Naheverhältnisses zwischen dem Pflegebefohlenen und dem Sachwalter (Kurator),
unbillig hart träfe.
Änderung und Beendigung
§. 278. Das Gericht hat
die Sachwalterschaft (Kuratel) auf Antrag oder von Amts wegen einer anderen
Person zu übertragen, wenn der Sachwalter (Kurator) stirbt, nicht die
erforderliche Eignung aufweist, ihm die Ausübung des Amtes nicht zugemutet
werden kann, einer der Umstände des § 273 Abs. 2 eintritt oder bekannt wird
oder das Wohl des Pflegebefohlenen dies aus anderen Gründen erfordert. § 145
Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden.
Der Sachwalter
(Kurator) ist auf Antrag oder von Amts wegen zu entheben, wenn die
Voraussetzungen für seine Bestellung nach den §§ 268 bis 272 wegfallen; fallen
diese Voraussetzungen nur für einen Teil der dem Sachwalter (Kurator)
übertragenen Angelegenheiten weg, so ist sein Wirkungskreis einzuschränken.
Sein Wirkungskreis ist zu erweitern, wenn dies erforderlich ist. Stirbt der
Pflegebefohlene, so erlischt die Sachwalterschaft (Kuratel). § 172 Abs. 2 sind
sinngemäß anzuwenden.
Das Gericht hat in
angemessenen, fünf Jahre nicht überschreitenden Zeitabständen zu prüfen, ob das
Wohl des Pflegebefohlenen die Beendigung oder Änderung der Sachwalterschaft
(Kuratel) erfordert.
Besondere Vorschriften
für die Sachwalterschaft
a) Auswahl des
Sachwalters;
§. 279. Bei der Auswahl
des Sachwalters ist besonders auf die Bedürfnisse der behinderten Person und
darauf Bedacht zu nehmen, dass der Sachwalter nicht in einem
Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen Beziehung zu einer
Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung steht, in der sich
die behinderte Person aufhält oder von der sie betreut wird. Wünsche der
behinderten Person, insbesondere solche, die sie vor Verlust der
Geschäftsfähigkeit und Einsichts- und Urteilsfähigkeit geäußert hat
(Sachwalterverfügung), und Anregungen nahe stehender Personen sind zu
berücksichtigen, sofern sie dem Wohl der behinderten Person entsprechen.
Einer behinderten
Person ist eine geeignete, ihr nahe stehende Person zum Sachwalter zu
bestellen. Wird eine behinderte Person volljährig, so ist ein bisher mit der
Obsorge betrauter Elternteil zum Sachwalter zu bestellen, sofern dies dem Wohl
der behinderten Person nicht widerspricht.
Ist eine geeignete,
nahe stehende Person nicht verfügbar, so ist ein geeigneter Verein mit dessen
Zustimmung zum Sachwalter zu bestellen. Kommt auch ein Verein nicht in
Betracht, so ist nach Maßgabe des § 274 Abs. 2 ein Rechtsanwalt
(Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) oder eine andere
geeignete Person mit deren Zustimmung zu bestellen.
Ein Rechtsanwalt
(Rechtsanwaltsanwärter) oder Notar (Notariatskandidat) ist vor allem dann zum
Sachwalter zu bestellen, wenn die Besorgung der Angelegenheiten vorwiegend
Rechtskenntnisse erfordert, ein geeigneter Verein vor allem dann, wenn sonst
besondere Anforderungen mit der Sachwalterschaft verbunden sind.
Eine Person darf nur so
viele Sachwalterschaften übernehmen, wie sie unter Bedachtnahme auf die
Pflichten eines Sachwalters, insbesondere jene zur persönlichen Kontaktnahme,
ordnungsgemäß besorgen kann. Eine Person – ausgenommen ein geeigneter Verein –
darf insgesamt nicht mehr als fünf, ein Rechtsanwalt oder Notar nicht mehr als
25 Sachwalterschaften übernehmen; Sachwalterschaften zur Besorgung einzelner
Angelegenheiten bleiben dabei außer Betracht.
b) Geschäftsfähigkeit
der behinderten Person;
§. 280. Die behinderte Person
kann innerhalb des Wirkungskreises des Sachwalters ohne dessen ausdrückliche
oder stillschweigende Einwilligung rechtsgeschäftlich weder verfügen noch sich
verpflichten.
Schließt die behinderte
Person im Rahmen des Wirkungskreises des Sachwalters ein Rechtsgeschäft, das
eine geringfügige Angelegenheit des täglichen Lebens betrifft, so wird dieses
Rechtsgeschäft mit der Erfüllung der die behinderte Person treffenden Pflichten
rückwirkend rechtswirksam.
c) Berücksichtigung des
Willens und der Bedürfnisse der behinderten Person;
§. 281. Der Sachwalter
hat danach zu trachten, dass die behinderte Person im Rahmen ihrer Fähigkeiten
und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren Wünschen und Vorstellungen
gestalten kann.
Die behinderte Person
hat das Recht, von beabsichtigten, ihre Person oder ihr Vermögen betreffenden
wichtigen Maßnahmen vom Sachwalter rechtzeitig verständigt zu werden und sich
hiezu, wie auch zu anderen Maßnahmen, in angemessener Frist zu äußern; diese
Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl
der behinderten Person nicht weniger entspricht.
Ist der Sachwalter mit
der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der behinderten Person
betraut, so hat er diese vorrangig zur Deckung der den persönlichen
Lebensverhältnissen entsprechenden Bedürfnisse der behinderten Person zu
verwenden.
Ist das Wohl der
behinderten Person gefährdet, so hat das Gericht jederzeit, von wem immer es
angerufen wird, die zur Sicherung ihres Wohles nötigen Verfügungen zu treffen.
d) Personensorge;
§. 282. Der Sachwalter
hat mit der behinderten Person in dem nach den Umständen des Einzelfalls
erforderlichen Ausmaß persönlichen Kontakt zu halten und sich darum zu bemühen,
dass der behinderten Person die gebotene ärztliche und soziale Betreuung
gewährt wird. Sofern der Sachwalter nicht bloß zur Besorgung einzelner
Angelegenheiten bestellt ist, soll der Kontakt mindestens einmal im Monat
stattfinden.
§. 283. In eine
medizinische Behandlung kann eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und
urteilsfähig ist, nur selbst einwilligen. Sonst ist die Zustimmung des
Sachwalters erforderlich, dessen Wirkungsbereich die Besorgung dieser
Angelegenheit umfasst.
Einer medizinischen
Behandlung, die gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit
verbunden ist, kann der Sachwalter nur zustimmen, wenn ein vom behandelnden
Arzt unabhängiger Arzt in einem ärztlichen Zeugnis bestätigt, dass die
behinderte Person nicht über die erforderliche Einsichts- und Urteilsfähigkeit
verfügt und die Vornahme der Behandlung zur Wahrung ihres Wohles erforderlich
ist. Wenn ein solches Zeugnis nicht vorliegt oder die behinderte Person zu
erkennen gibt, dass sie die Behandlung ablehnt, bedarf die Zustimmung der
Genehmigung des Gerichts. Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu einer
medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person
gefährdet, so kann das Gericht die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die
Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.
Die Einwilligung der
einsichts- und urteilsfähigen behinderten Person, die Zustimmung des
Sachwalters und die Entscheidung des Gerichts sind nicht erforderlich, wenn die
Behandlung so dringend notwendig ist, dass der mit der Einholung der
Einwilligung, der Zustimmung oder der gerichtlichen Entscheidung verbundene
Aufschub das Leben der behinderten Person gefährden würde oder mit der Gefahr
einer schweren Schädigung der Gesundheit verbunden wäre.
§. 284. Der Sachwalter
kann einer medizinischen Maßnahme, die eine dauernde Fortpflanzungsunfähigkeit
der behinderten Person zum Ziel hat, nicht zustimmen, es sei denn, dass sonst
wegen eines dauerhaften körperlichen Leidens eine ernste Gefahr für das Leben
oder einer schweren Schädigung der Gesundheit der behinderten Person besteht.
Ebenso kann der Sachwalter einer Forschung, die mit einer Beeinträchtigung der
körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit der behinderten Person
verbunden ist, nicht zustimmen, es sei denn, die Forschung kann für deren
Gesundheit oder Wohlbefinden von unmittelbarem Nutzen sein. Die Zustimmung
bedarf in jedem Fall einer gerichtlichen Genehmigung.
§. 284a. Über ihren
Wohnort entscheidet eine behinderte Person, soweit sie einsichts- und urteilsfähig
ist, selbst.
Sonst hat der
Sachwalter diese Aufgabe zu besorgen, soweit dies zur Wahrung des Wohles der
behinderten Person erforderlich ist und sein Wirkungskreis die Besorgung dieser
Angelegenheit umfasst. Soll der Wohnort der behinderten Person dauerhaft
geändert werden, so bedarf dies der gerichtlichen Genehmigung.
Vertretungsbefugnis
nächster Angehöriger
§. 284b. Vermag eine
volljährige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder geistigen
Behinderung Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens nicht selbst zu besorgen und
hat sie dafür keinen Sachwalter und auch sonst keinen gesetzlichen oder
gewillkürten Vertreter, so kann sie bei diesen Rechtsgeschäften, soweit sie
ihren Lebensverhältnissen entsprechen, von einem nächsten Angehörigen vertreten
werden. Gleiches gilt für Rechtsgeschäfte zur Deckung des Pflegebedarfs sowie
die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus Anlass von Alter, Krankheit,
Behinderung oder Armut zustehen, insbesondere von
sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen, Ansprüchen auf Pflegegeld und
Sozialhilfe sowie Gebührenbefreiungen und anderen Begünstigungen.
Der nächste Angehörige
ist befugt, über laufende Einkünfte der vertretenen Person und pflegebezogene
Leistungen an diese insoweit zu verfügen, als dies zur Besorgung der Rechtsgeschäfte
des täglichen Lebens und zur Deckung des Pflegebedarfs erforderlich ist.
Die Vertretungsbefugnis
des nächsten Angehörigen umfasst auch die Zustimmung zu einer medizinischen
Behandlung, sofern diese nicht gewöhnlich mit einer schweren oder nachhaltigen
Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit oder der Persönlichkeit
verbunden ist und der vertretenen Person die erforderliche Einsichts- und
Urteilsfähigkeit fehlt.
§. 284c. Nächste
Angehörige sind die Eltern, volljährige Kinder, der im gemeinsamen Haushalt mit
der vertretenen Person lebende Ehegatte und der Lebensgefährte, wenn dieser mit
der vertretenen Person seit mindestens drei Jahren im gemeinsamen Haushalt
lebt.
Sind mehrere Angehörige
vertretungsbefugt, so genügt die Erklärung einer Person. Liegen dem
Erklärungsempfänger widerstreitende Erklärungen vor, so ist keine wirksam. Für
die Vertretung in zivilgerichtlichen Verfahren gilt § 154a sinngemäß.
§. 284d. Der nächste
Angehörige hat die vertretene Person von der Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnis
zu informieren.
Die Vertretungsbefugnis
eines nächsten Angehörigen tritt nicht ein oder endet, soweit ihr die
vertretene Person ungeachtet des Verlusts ihrer Geschäftsfähigkeit oder
Einsichts- und Urteilsfähigkeit widersprochen hat oder widerspricht.
§. 284e. Bei
Wahrnehmung seiner Vertretungsbefugnisse hat der nächste Angehörige das Wohl
der vertretenen Person bestmöglich zu fördern und danach zu trachten, dass sie
im Rahmen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten ihre Lebensverhältnisse nach ihren
Wünschen und Vorstellungen gestalten kann.
Der nächste Angehörige
hat seine Vertretungsbefugnis vor der Vornahme einer Vertretungshandlung im
Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registrieren zu lassen. Ein
Dritter darf auf die Vertretungsbefugnis eines nächsten Angehörigen vertrauen,
wenn ihm dieser bei Vornahme einer Vertretungshandlung nach § 284b eine
Bestätigung über die Registrierung der Vertretungsbefugnis im Österreichischen
Zentralen Vertretungsverzeichnis vorlegt. Dies gilt für Geldbezüge von einem
Konto der vertretenen Person, soweit sie den erhöhten allgemeinen Grundbetrag
des Existenzminimums (§ 291a Abs. 2 Z 1 EO) monatlich nicht überschreiten. Das
Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt, wenn ihm die mangelnde Vertretungsbefugnis
des nächsten Angehörigen bekannt oder fahrlässig unbekannt ist.
Vorsorgevollmacht
§. 284f. Eine
Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, die nach ihrem Inhalt dann wirksam werden
soll, wenn der Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten
erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder
seine Äußerungsfähigkeit verliert. Die Angelegenheiten, zu deren Besorgung die
Vollmacht erteilt wird, müssen bestimmt angeführt sein. Der Bevollmächtigte
darf nicht in einem Abhängigkeitsverhältnis oder in einer anderen engen
Beziehung zu einer Krankenanstalt, einem Heim oder einer sonstigen Einrichtung
stehen, in der sich der Vollmachtgeber aufhält oder von der dieser betreut
wird.
Die Vorsorgevollmacht
muss vom Vollmachtgeber eigenhändig geschrieben und unterschrieben werden. Hat
der Vollmachtgeber die Vollmacht zwar eigenhändig unterschrieben, nicht aber
eigenhändig geschrieben, so muss er in Gegenwart dreier unbefangener,
eigenberechtigter und sprachkundiger Zeugen bekräftigen, dass der Inhalt der
von ihm unterschriebenen Vollmachtsurkunde seinem Willen entspricht. Die
Einhaltung dieses Formerfordernisses ist von den Zeugen unmittelbar nach der
Erklärung des Vollmachtgebers mit einem auf ihre Zeugeneigenschaft hinweisenden
Zusatz auf der Urkunde zu bestätigen. Unterschreibt der Vollmachtgeber die
Vollmachtsurkunde nicht, so muss ein Notar die Bekräftigung durch den
Vollmachtgeber beurkunden. Die Vorsorgevollmacht kann immer auch als
Notariatsakt aufgenommen werden.
Soll die
Vorsorgevollmacht auch Einwilligungen in medizinische Behandlungen im Sinn des
§ 283 Abs. 2, Entscheidungen über dauerhafte Änderungen des Wohnorts sowie die
Besorgung von Vermögensangelegenheiten, die nicht zum ordentlichen
Wirtschaftsbetrieb gehören, umfassen, so muss sie unter ausdrücklicher
Bezeichnung dieser Angelegenheiten vor einem Rechtsanwalt, einem Notar oder bei
Gericht errichtet werden. Dabei ist der Vollmachtgeber über die Rechtsfolgen
einer solchen Vorsorgevollmacht sowie die Möglichkeit des jederzeitigen
Widerrufs zu belehren. Der Rechtsanwalt, der Notar oder das Gericht hat die
Vornahme dieser Belehrung in der Vollmachtsurkunde unter Angabe seines Namens
und seiner Anschrift durch eigenhändige Unterschrift zu dokumentieren.
§. 284g. Eine behinderte
Person, die eine Vorsorgevollmacht erteilt hat, bedarf insoweit keines
Sachwalters, es sei denn, dass der Bevollmächtigte nicht oder nicht im Sinn des
Bevollmächtigungsvertrags tätig wird, durch seine Tätigkeit sonst ihr Wohl
gefährdet oder die behinderte Person zu erkennen gibt, dass sie vom
Bevollmächtigten nicht mehr vertreten sein will. Von der Bestellung eines
Sachwalters kann auch dann abgesehen werden, wenn eine Vollmacht zwar nicht die
Voraussetzungen des § 284f erfüllt, aber auf Grund der Umstände des
Einzelfalles nicht zu befürchten ist, dass der Bevollmächtigte seine Aufgaben
zum Nachteil der behinderten Person besorgen wird.
§. 284h. Der
Bevollmächtigte hat bei Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten dem Willen
des Vollmachtgebers, wie er in dem Bevollmächtigungsvertrag zum Ausdruck
gebracht wird, zu entsprechen. Einem Willen des Vollmachtgebers, der nach
Eintritt des Vorsorgefalls aus Äußerungen des Vollmachtgebers oder sonst aus
den Umständen des Einzelfalls hervorgeht, hat der Bevollmächtigte Rechnung zu
tragen, wenn er dem Wohl des Vollmachtgebers nicht weniger entspricht. Mangels
eines feststellbaren Willens hat der Bevollmächtigte das Wohl des
Vollmachtgebers bestmöglich zu fördern.
Ein Dritter darf auf
den Eintritt des Vorsorgefalls vertrauen, wenn ihm der Bevollmächtigte bei
Vornahme einer Vertretungshandlung eine Bestätigung über die Registrierung des
Wirksamwerdens der Vorsorgevollmacht im Österreichischen Zentralen
Vertretungsverzeichnis vorlegt. Das Vertrauen des Dritten ist nicht geschützt,
wenn ihm bekannt oder fahrlässig unbekannt ist, dass der Vorsorgefall nicht
eingetreten ist.
Der Bevollmächtigte
kann die Vollmacht zur Einwilligung in eine medizinische Behandlung oder zur
Entscheidung über Änderungen des Wohnorts nicht weitergeben.
Zweyter Theil des
bürgerlichen Gesetzbuches.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung.
Begriff von Sachen im
rechtlichen Sinne.
§. 285. Alles, was von
der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im
rechtlichen Sinne eine Sache genannt.
§. 285a. Tiere sind
keine Sachen; sie werden durch besondere Gesetze geschützt. Die für Sachen
geltenden Vorschriften sind auf Tiere nur insoweit anzuwenden, als keine
abweichenden Regelungen bestehen.
Eintheilung der Sachen
nach Verschiedenheit des Subjectes, dem sie gehören.
§. 286. Die Sachen in
dem Staatsgebiethe sind entweder ein Staats- oder ein Privat-Gut. Das Letztere
gehört einzelnen oder moralischen Personen, kleineren Gesellschaften, oder
ganzen Gemeinden.
Freystehende Sachen;
öffentliches Gut und Staatsvermögen.
§. 287. Sachen, welche
allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung überlassen sind, heißen
freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur zum Gebrauche verstattet werden, als:
Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und Meeresufer, heißen ein allgemeines
oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse bestimmt ist,
als: das Münz- oder Post- und andere Regalien, Kammergüter, Berg- und
Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen genannt.
Gemeindegut;
Gemeindevermögen.
§. 288. Auf gleiche
Weise machen die Sachen, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines
jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen, das Gemeindegut; diejenigen aber, deren
Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das
Gemeindevermögen aus.
Privat-Gut des
Landesfürsten.
§. 289. Auch dasjenige
Vermögen des Landesfürsten, welches er nicht als Oberhaupt des Staates besitzt,
wird als ein Privat-Gut betrachtet.
Allgemeine Vorschrift
in Rücksicht dieser verschiedenen Arten der Güter.
§. 290. Die in diesem
Privat-Rechte enthaltenen Vorschriften über die Art, wie Sachen rechtmäßig
erworben, erhalten und auf Andere übertragen werden können, sind in der Regel
auch von den Verwaltern der Staats- und Gemeindegüter, oder des Staats- und
Gemeindevermögens zu beobachten. Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den
Gebrauch dieser Güter sich beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften
sind in dem Staatsrechte und in den politischen Verordnungen enthalten.
Eintheilung der Sachen
nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit.
§. 291. Die Sachen
werden nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche
und unkörperliche; in bewegliche und unbewegliche; in verbrauchbare und
unverbrauchbare; in schätzbare und unschätzbare.
Körperliche und
unkörperliche Sachen;
§. 292. Körperliche
Sachen sind diejenigen, welche in die Sinne fallen; sonst heißen sie
unkörperliche; z. B. das Recht zu jagen, zu fischen und alle andere Rechte.
bewegliche und unbewegliche.
§. 293. Sachen, welche
ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden
können, sind beweglich; im entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich.
Sachen, die an sich beweglich sind, werden im rechtlichen Sinne für unbeweglich
gehalten, wenn sie vermöge des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers
das Zugehör einer unbeweglichen Sache ausmachen.
Zugehör überhaupt;
§. 294. Unter Zugehör
versteht man dasjenige, was mit einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt wird.
Dahin gehören nicht nur der Zuwachs einer Sache, so lange er von derselben
nicht abgesondert ist; sondern auch die Nebensachen, ohne welche die Hauptsache
nicht gebraucht werden kann, oder die das Gesetz oder der Eigenthümer zum
fortdauernden Gebrauche der Hauptsache bestimmt hat.
insbesondere bey
Grundstücken und Teichen;
§. 295. Gras, Bäume,
Früchte und alle brauchbare Dinge, welche die Erde auf ihrer Oberfläche
hervorbringt, bleiben so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von
Grund und Boden abgesondert worden sind. Selbst die Fische in einem Teiche, und
das Wild in einem Walde werden erst dann ein bewegliches Gut, wenn der Teich
gefischet, und das Wild gefangen oder erlegt worden ist.
§. 296. Auch das
Getreide, das Holz, das Viehfutter und alle übrige, obgleich schon eingebrachte
Erzeugnisse, so wie alles Vieh und alle zu einem liegenden Gute gehörige
Werkzeuge und Geräthschaften werden in so fern für unbewegliche Sachen
gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen Wirthschaftsbetriebes
erforderlich sind.
und bey Gebäuden.
§. 297. Eben so gehören
zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der
Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und
andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume;
ferner: nicht nur Alles, was erd- mauer- niet- und nagelfest ist, als:
Braupfannen, Branntweinkessel und eingezimmerte Schränke, sondern auch
diejenigen Dinge, die zum anhaltenden Gebrauche eines Ganzen bestimmt sind: z.
B. Brunneneimer, Seile, Ketten, Löschgeräthe und dergleichen.
Maschinen.
§. 297a. Werden mit
einer unbeweglichen Sache Maschinen in Verbindung gebracht, so gelten sie nicht
als Zugehör, wenn mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft im öffentlichen
Buch angemerkt wird, daß die Maschinen Eigentum eines anderen sind. Werden sie
als Ersatz an Stelle solcher Maschinen angebracht, die als Zugehör anzusehen
waren, so ist zu dieser Anmerkung auch die Zustimmung der früher eingetragenen
bücherlich Berechtigten erforderlich. Die Anmerkung verliert mit Ablauf von
fünf Jahren nach der Eintragung ihre Wirkung; durch das Konkurs- oder
Zwangsversteigerungsverfahren wird der Ablauf der Frist gehemmt.
Rechte sind insgemein
als bewegliche Sachen anzusehen;
§. 298. Rechte werden
den beweglichen Sachen beygezählt, wenn sie nicht mit dem Besitze einer
unbeweglichen Sache verbunden, oder durch die Landesverfassung für eine
unbewegliche Sache erkläret sind.
auch die vorgemerkten
Forderungen.
§. 299.
Schuldforderungen werden durch die Sicherstellung auf ein unbewegliches Gut
nicht in ein unbewegliches Vermögen verwandelt.
Nach welchen Gesetzen
die unbeweglichen; und nach welchen die beweglichen Sachen zu beurtheilen sind.
§. 300. (Anm.:
Aufgehoben durch § 51 Abs. 1 Z. 2, BGBl 1978/Nr. 304 – IPR-Gesetz.)
Verbrauchbare und
unverbrauchbare Sachen.
§. 301. Sachen, welche
ohne ihre Zerstörung oder Verzehrung den gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren,
heißen verbrauchbare; die von entgegengesetzter Beschaffenheit aber,
unverbrauchbare Sachen.
Gesammtsache
(universitas rerum).
§. 302. Ein Inbegriff
von mehreren besonderen Sachen, die als Eine Sache angesehen, und mit einem
gemeinschaftlichen Nahmen bezeichnet zu werden pflegen, macht eine Gesammtsache
aus, und wird als ein Ganzes betrachtet.
Schätzbare und
unschätzbare;
§. 303. Schätzbare
Sachen sind diejenigen, deren Werth durch Vergleichung mit anderen zum Verkehre
bestimmt werden kann; darunter gehören auch Dienstleistungen, Hand- und
Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren Werth durch keine Vergleichung mit anderen
im Verkehre befindlichen Sachen bestimmt werden kann, heißen unschätzbare.
Maßstab der
gerichtlichen Schätzung.
§. 304. Der bestimmte
Werth einer Sache heißt ihr Preis. Wenn eine Sache vom Gerichte zu schätzen
ist, so muß die Schätzung nach einer bestimmten Summe Geldes geschehen.
Ordentlicher und
außerordentlicher Preis.
§. 305. Wird eine Sache
nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich
und allgemein leistet, so fällt der ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt
man aber auf die besonderen Verhältnisse und auf die in zufälligen
Eigenschaften der Sache gegründete besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth
ersetzt werden muß, Rücksicht, so entsteht ein außerordentlicher Preis.
Welcher bey gerichtlichen
Schätzungen zur Richtschnur zu nehmen.
§. 306. In allen
Fällen, wo nichts Anderes entweder bedungen, oder von dem Gesetze verordnet
wird, muß bey der Schätzung einer Sache der gemeine Preis zur Richtschnur
genommen werden.
Begriffe vom dinglichen
und persönlichen Sachenrechte.
§. 307. Rechte, welche
einer Person über eine Sache ohne Rücksicht auf gewisse Personen zustehen,
werden dingliche Rechte genannt. Rechte, welche zu einer Sache nur gegen
gewisse Personen unmittelbar aus einem Gesetze, oder aus einer verbindlichen
Handlung entstehen, heißen persönliche Sachenrechte.
§. 308. Dingliche
Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des Eigenthumes, des Pfandes, der
Dienstbarkeit und des Erbrechtes.
Erste Abtheilung des
Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück.
Von dem Besitze.
Inhaber. Besitzer.
§. 309. Wer eine Sache
in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer
Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer.
Erwerbung des Besitzes.
Fähigkeit der Person zur Besitzerwerbung.
§. 310. Kinder unter
sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die den Gebrauch der Vernunft
nicht haben, können – außer in den Fällen des § 151 Abs. 3 und § 280 Abs. 2 –
Besitz nur durch ihren gesetzlichen Vertreter erwerben. Im übrigen ist die
Fähigkeit zum selbständigen Besitzerwerb gegeben.
Gegenstände des
Besitzes.
§. 311. Alle
körperliche und unkörperliche Sachen, welche ein Gegenstand des rechtlichen
Verkehres sind, können in Besitz genommen werden.
Arten der
Besitzerwerbung;
§. 312. Körperliche,
bewegliche Sachen werden durch physische Ergreifung, Wegführung oder
Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung, Verrainung, Einzäunung,
Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den Besitz unkörperlicher
Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Nahmen.
insbesondere von einem
bejahenden, verneinenden oder einem Verbothsrechte.
§. 313. Der Gebrauch
eines Rechtes wird gemacht, wenn jemand von einem Anderen etwas als eine
Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm leistet; ferner, wenn jemand die einem
Anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu seinem Nutzen anwendet;
endlich, wenn auf fremdes Verboth ein Anderer das, was er sonst zu thun befugt
wäre, unterläßt.
Unmittelbare und
mittelbare Erwerbungsart des Besitzes.
§. 314. Den Besitz
sowohl von Rechten, als von körperlichen Sachen erlangt man entweder
unmittelbar, wenn man freystehender Rechte und Sachen; oder mittelbar, wenn man
eines Rechtes, oder einer Sache, die einem Anderen gehört, habhaft wird.
Umfang der Erwerbung.
§. 315. Durch die
unmittelbare und durch die mittelbare eigenmächtige Besitzergreifung erhält man
nur so viel in Besitz, als wirklich ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet,
oder in Verwahrung gebracht worden ist; bey der mittelbaren, wenn uns der
Inhaber in seinem oder eines Anderen Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt,
erhält man Alles, was der vorige Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen
übergeben hat, ohne daß es nöthig ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu
übernehmen.
Rechtmäßiger,
unrechtmäßiger Besitz.
§. 316. Der Besitz
einer Sache heißt rechtmäßig, wenn er auf einem gültigen Titel, das ist, auf
einem zur Erwerbung tauglichen Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle
heißt er unrechtmäßig.
Haupttitel des
rechtmäßigen Besitzes.
§. 317. Der Titel liegt
bey freystehenden Sachen in der angebornen Freyheit zu Handlungen, wodurch die
Rechte Anderer nicht verletzet werden; bey Anderen in dem Willen des vorigen
Besitzers, oder in dem Ausspruche des Richters, oder endlich in dem Gesetze,
wodurch jemanden das Recht zum Besitze ertheilet wird.
Der Inhaber hat noch
keinen Titel;
§. 318. Dem Inhaber,
der eine Sache nicht in seinem, sondern im Nahmen eines Anderen inne hat, kommt
noch kein Rechtsgrund zur Besitznahme dieser Sache zu.
und kann ihn nicht
eigenmächtig erlangen.
§. 319. Der Inhaber
einer Sache ist nicht berechtiget, den Grund seiner Gewahrsame eigenmächtig zu
verwechseln, und sich dadurch eines Titels anzumaßen; wohl aber kann derjenige,
welcher bisher eine Sache in eigenem Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht
einem Anderen überlassen, und sie künftig in dessen Nahmen inne haben.
Wirkung des bloßen
Titels.
§. 320. Durch einen
gültigen Titel erhält man nur das Recht zum Besitze einer Sache, nicht den
Besitz selbst. Wer nur das Recht zum Besitze hat, darf sich im
Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz setzen; er muß ihn von dem
ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im Wege Rechtens fordern.
Erforderung zum
wirklichen Besitzrechte.
§. 321. Wo so genannte
Landtafeln, Stadt- oder Grundbücher, oder andere dergleichen öffentliche
Register eingeführt sind, wird der rechtmäßige Besitz eines dinglichen Rechtes auf
unbewegliche Sachen nur durch die ordentliche Eintragung in diese öffentlichen
Bücher erlangt.
§. 322. Ist eine
bewegliche Sache nach und nach mehreren Personen übergeben worden; so gebühret
das Besitzrecht derjenigen, welche sie in ihrer Macht hat. Ist aber die Sache
unbeweglich, und sind öffentliche Bücher eingeführt; so steht das Besitzrecht
ausschließlich demjenigen zu, welcher als Besitzer derselben eingeschrieben
ist.
Der Besitzer kann zur
Angabe des Rechtsgrundes nicht aufgefordert werden.
§. 323. Der Besitzer
einer Sache hat die rechtliche Vermuthung eines gültigen Titels für sich; er
kann also zur Angabe desselben nicht aufgefordert werden.
§. 324. Diese
Aufforderung findet auch dann noch nicht Statt, wenn jemand behauptet, daß der
Besitz seines Gegners mit anderen rechtlichen Vermuthungen, z. B. mit der
Freyheit des Eigenthumes, sich nicht vereinbaren lasse. In solchen Fällen muß
der behauptende Gegner vor dem ordentlichen Richter klagen, und sein
vermeintliches stärkeres Recht darthun. Im Zweifel gebührt dem Besitzer der
Vorzug.
Ausnahme.
§. 325. In wie fern der
Besitzer einer Sache, deren Verkehr verbothen; oder die entwendet zu seyn
scheint, den Titel seines Besitzes anzuzeigen verbunden sey, darüber
entscheiden die Straf- und politischen Gesetze.
Redlicher und
unredlicher Besitzer.
§. 326. Wer aus
wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält, ist
ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher Besitzer, ist derjenige, welcher weiß
oder aus den Umständen vermuthen muß, daß die in seinem Besitze befindliche
Sache einem Anderen zugehöre. Aus Irrthum in Thatsachen oder aus Unwissenheit
der gesetzlichen Vorschriften kann man ein unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein
redlicher Besitzer seyn.
Wie ein Mitbesitzer zum
unredlichen oder unrechtmäßigen Besitzer werde.
§. 327. Besitzt eine
Person die Sache selbst, eine andere aber das Recht auf alle oder auf einige
Nutzungen dieser Sache; so kann eine und dieselbe Person, wenn sie die Gränzen
ihres Rechtes überschreitet, in verschiedenen Rücksichten ein redlicher und
unredlicher, ein rechtmäßiger und unrechtmäßiger Besitzer seyn.
Entscheidung über die
Redlichkeit des Besitzes.
§. 328. Die Redlichkeit
oder Unredlichkeit des Besitzes muß im Falle eines Rechtsstreites durch
richterlichen Ausspruch entschieden werden. Im Zweifel ist die Vermuthung für
die Redlichkeit des Besitzes.
Fortdauer des Besitzes.
Rechte des redlichen Besitzes; a) in Rücksicht der Substanz der Sache;
§. 329. Ein redlicher
Besitzer kann schon allein aus dem Grunde des redlichen Besitzes die Sache, die
er besitzt, ohne Verantwortung nach Belieben brauchen, verbrauchen, auch wohl
vertilgen.
b) der Nutzungen;
§. 330. Dem redlichen
Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, so bald sie von der
Sache abgesondert worden sind; ihm gehören auch alle andere schon eingehobene
Nutzungen, in so fern sie während des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen
sind.
c) des Aufwandes.
§. 331. Hat der
redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der Substanz
einen nothwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen einen
nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm der Ersatz nach dem gegenwärtigen
Werthe, in so fern er den wirklich gemachten Aufwand nicht übersteigt.
§. 332. Von dem
Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur Verschönerung gemacht worden ist,
wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem gemeinen Werthe nach wirklich
dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige Besitzer die Wahl, Alles für sich
wegzunehmen, was davon ohne Schaden der Substanz weggenommen werden kann.
Anspruch auf den Ersatz
des Preises.
§. 333. Selbst der
redliche Besitzer kann den Preis, welchen er seinem Vormanne für die ihm
überlassene Sache gegeben hat, nicht fordern. Wer aber eine fremde Sache, die
der Eigenthümer sonst schwerlich wieder erlangt haben würde, redlicher Weise an
sich gelöset, und dadurch dem Eigenthümer einen erweislichen Nutzen verschaffet
hat, kann eine angemessene Vergütung fordern.
§. 334. Ob einem
redlichen Inhaber das Recht zustehe, seiner Forderung wegen die Sache zurück zu
behalten, wird in dem Hauptstücke vom Pfandrechte bestimmt.
Verbindlichkeit des
unredlichen Besitzers.
§. 335. Der unredliche
Besitzer ist verbunden, nicht nur alle durch den Besitz einer fremden Sache
erlangte Vortheile zurück zu stellen; sondern auch diejenigen, welche der
Verkürzte erlangt haben würde, und allen durch seinen Besitz entstandenen
Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß der unredliche Besitzer durch eine in
den Strafgesetzen verbothene Handlung zum Besitze gelanget ist, erstrecket sich
der Ersatz bis zum Werthe der besonderen Vorliebe.
§. 336. Hat der
unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache gemacht, so ist dasjenige
anzuwenden, was in Rücksicht des von einem Geschäftsführer ohne Auftrag
gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der Bevollmächtigung verordnet ist.
Beurtheilung der
Redlichkeit des Besitzes einer Gemeinde.
§. 337. Der Besitz
einer Gemeinde wird nach der Redlichkeit oder Unredlichkeit der im Nahmen der
Mitglieder handelnden Machthaber beurtheilet. Immer müssen jedoch die
unredlichen sowohl den redlichen Mitgliedern, als dem Eigenthümer den Schaden
ersetzen.
In wie fern durch die
Klage der Besitz unredlich werde.
§. 338. Auch der redliche
Besitzer, wenn er durch richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der Sache
verurtheilet wird, ist in Rücksicht des Ersatzes der Nutzungen und des
Schadens, wie auch in Rücksicht des Aufwandes, von dem Zeitpuncte der ihm
zugestellten Klage, gleich einem unredlichen Besitzer zu behandeln; doch haftet
er für den Zufall, der die Sache bey dem Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur
in dem Falle, daß er die Zurückgabe durch einen muthwilligen Rechtsstreit
verzögert hat.
Rechtsmittel des
Besitzers bey einer Störung seines Besitzes;
§. 339. Der Besitz mag
von was immer für einer Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben
eigenmächtig zu stören. Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des
Eingriffes, und den Ersatz des erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.
besonders durch eine
Bauführung;
§. 340. Wird der
Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines dinglichen Rechtes durch Führung
eines neuen Gebäudes, Wasserwerkes, oder anderen Werkes in seinen Rechten
gefährdet, ohne daß sich der Bauführer nach Vorschrift der allgemeinen
Gerichtsordnung gegen ihn geschützt hat; so ist der Gefährdete berechtiget, das
Verboth einer solchen Neuerung vor Gericht zu fordern, und das Gericht ist
verbunden, die Sache auf das schleunigste zu entscheiden.
§. 341. Bis zur
Entscheidung der Sache ist die Fortsetzung des Baues von dem Gerichte in der
Regel nicht zu gestatten. Nur bey einer nahen, offenbaren Gefahr, oder, wenn
der Bauführer eine angemessene Sicherheit leistet, daß er die Sache in den
vorigen Stand setzen, und den Schaden vergüten wolle, der Verbothsleger dagegen
in dem letzteren Falle keine ähnliche Sicherstellung für die Folgen seines
Verboths leistet, ist die einstweilige Fortsetzung des Baues zu bewilligen.
§. 342. Was in den
vorhergehenden §§. in Rücksicht einer neuen Bauführung verordnet wird, ist auch
auf die Niederreißung eines alten Gebäudes, oder anderen Werkes anzuwenden.
und bey der Gefahr
eines vorhandenen Baues.
§. 343. Kann der
Besitzer eines dinglichen Rechtes beweisen, daß ein bereits vorhandener fremder
Bau oder eine andere fremde Sache dem Einsturze nahe sey, und ihm offenbarer
Schaden drohe; so ist er befugt, gerichtlich auf Sicherstellung zu dringen,
wenn anders die politische Behörde nicht bereits hinlänglich für die öffentliche
Sicherheit gesorgt hat.
Rechtsmittel zur
Erhaltung des Besitzstandes: a) bey dringender Gefahr;
§. 344. Zu den Rechten
des Besitzes gehört auch das Recht, sich in seinem Besitze zu schützen, und in
dem Falle, daß die richterliche Hülfe zu spät kommen würde, Gewalt mit
angemessener Gewalt abzutreiben (§. 19). Uebrigens hat die politische Behörde
für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, so wie das Strafgericht für die
Bestrafung öffentlicher Gewaltthätigkeiten, zu sorgen.
b) gegen den unechten
Besitzer;
§. 345. Wenn sich
jemand in den Besitz eindringt, oder durch List oder Bitte heimlich
einschleicht, und das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne sich einer
fortdauernden Verbindlichkeit zu unterziehen gestattet, in ein fortwährendes
Recht zu verwandeln sucht; so wird der an sich unrechtmäßige und unredliche
Besitz noch überdieß unecht; in entgegengesetzten Fällen wird der Besitz für
echt angesehen.
§. 346. Gegen jeden
unechten Besitzer kann so wohl die Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch
die Schadloshaltung eingeklagt werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher
Verhandlung, selbst ohne Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der
Geklagte auf die Sache haben könnte, verordnen.
c) beym Zweifel über
die Echtheit des Besitzes.
§. 347. Zeigt es sich
nicht gleich auf der Stelle, wer sich in einem echten Besitze befinde, und in
wie fern der eine oder der andere Theil auf gerichtliche Unterstützung Anspruch
habe; so wird die im Streite verfangene Sache so lange der Gewahrsame des
Gerichtes oder eines Dritten anvertraut, bis der Streit über den Besitz
verhandelt und entschieden worden ist. Der Sachfällige kann auch nach dieser
Entscheidung die Klage aus einem vermeintlich stärkeren Rechte auf die Sache
noch anhängig machen.
Verwahrungsmittel des
Inhabers gegen mehrere zusammentreffende Besitzwerber.
§. 348. Wenn der bloße
Inhaber von mehreren Besitzwerbern zugleich um die Uebergabe der Sache
angegangen wird, und sich Einer darunter befindet, in dessen Nahmen die Sache
aufbewahrt wurde; so wird sie vorzüglich diesem übergeben, und die Uebergabe
den Uebrigen bekannt gemacht. Kommt dieser Umstand Keinem zu Statten, so wird
die Sache der Gewahrsame des Richters oder eines Dritten anvertraut. Der
Richter hat die Rechtsgründe der Besitzwerber zu prüfen, und darüber zu
entscheiden.
Erlöschung des
Besitzes: a) körperlicher Sachen;
§. 349. Der Besitz
einer körperlichen Sache geht insgemein verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung,
wieder gefunden zu werden, in Verlust geräth; wenn sie freywillig verlassen
wird; oder in fremden Besitz kommt.
b) der in die
öffentlichen Bücher eingetragenen Rechte;
§. 350. Der Besitz
derjenigen Rechte und unbeweglichen Sachen, welche einen Gegenstand der
öffentlichen Bücher ausmachen, erlischt, wenn sie aus den landtäflichen, Stadt-
oder Grundbüchern gelöscht; oder, wenn sie auf den Nahmen eines Anderen
eingetragen werden.
c) anderer Rechte.
§. 351. Bey anderen
Rechten hört der Besitz auf, wenn der Gegentheil das, was er sonst geleistet
hat, nicht mehr leisten zu wollen erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes
eines Anderen nicht mehr duldet; oder, wenn er das Verboth, etwas zu
unterlassen, nicht mehr achtet, der Besitzer aber in allen diesen Fällen es
dabey bewenden läßt, und die Erhaltung des Besitzes nicht einklagt. Durch den
bloßen Nichtgebrauch eines Rechtes geht der Besitz, außer den im Gesetze
bestimmten Verjährungsfällen, nicht verloren.
§. 352. So lange noch
Hoffnung vorhanden ist, eine verlorne Sache zu erhalten, kann man sich durch
den bloßen Willen in ihrem Besitze erhalten. Die Abwesenheit des Besitzers oder
die eintretende Unfähigkeit, einen Besitz zu erwerben, heben den bereits
erworbenen Besitz nicht auf.
Zweytes Hauptstück.
Von dem
Eigenthumsrechte.
Begriff des
Eigenthumes; Eigenthum im objectiven Sinne;
§. 353. Alles, was jemanden
zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen sein
Eigenthum.
im subjectiven.
§. 354. Als ein Recht
betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen
einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.
objective und
subjective Möglichkeit der Erwerbung des Eigenthumes.
§. 355. Alle Sachen
sind insgemein Gegenstände des Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die
Gesetze nicht ausdrücklich ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst
oder durch einen Anderen in seinem Nahmen zu erwerben.
§. 356. Wer also
behauptet, daß der Person, die etwas erwerben will, in Rücksicht ihrer
persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf die Sache, die erworben werden
soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe, dem liegt der Beweis ob.
§. 357. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 1, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 358. Alle Arten der Beschränkungen
durch das Gesetz oder durch den Willen des Eigenthümers heben die Vollständigkeit
des Eigenthumes nicht auf.
§. 359. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 3, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 360. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 3, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
Miteigenthum.
§. 361. Wenn eine noch
ungetheilte Sache mehreren Personen zugleich zugehört; so entsteht ein
gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung auf das Ganze werden die
Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in so weit ihnen aber
gewisse, obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder
Miteigenthümer das vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.
Rechte des
Eigenthümers.
§. 362. Kraft des
Rechtes, frey über sein Eigenthum zu verfügen, kann der vollständige
Eigenthümer in der Regel seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt
lassen; er kann sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere übertragen, oder
unbedingt sich derselben begeben, das ist, sie verlassen.
Beschränkungen
derselben.
§. 363. Eben diese
Rechte genießen auch unvollständige, sowohl Ober- als Nutzungseigenthümer; nur
darf der Eine nichts vornehmen, was mit dem Rechte des Anderen im Widerspruche
steht.
§. 364. Ueberhaupt
findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch
weder in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den
Gesetzen zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen
Einschränkungen übertreten werden. Im Besonderen haben die Eigentümer
benachbarter Grundstücke bei der Ausübung ihrer Rechte aufeinander Rücksicht zu
nehmen.
Der Eigentümer eines
Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen
durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und
ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen
gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes
wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen
Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
Ebenso kann der
Grundstückseigentümer einem Nachbarn die von dessen Bäumen oder anderen
Pflanzen ausgehenden Einwirkungen durch den Entzug von Licht oder Luft insoweit
untersagen, als diese das Maß des Abs. 2 überschreiten und zu einer
unzumutbaren Beeinträchtigung der Benutzung des Grundstücks führen. Bundes- und
landesgesetzliche Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen
Pflanzen, insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und
Baumschutz, bleiben unberührt.
§. 364a. Wird jedoch
die Beeinträchtigung durch eine Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte
Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise
verursacht, so ist der Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten
Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände
verursacht wird, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht
genommen wurde.
§. 364b. Ein Grundstück
darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des
Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des
Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.
§. 364c. Ein
vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot
hinsichtlich einer Sache oder eines dingliches Rechtes verpflichtet nur den ersten
Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige Rechtsnachfolger. Gegen Dritte
wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl- oder
Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche
eingetragen wurde.
§. 365. Wenn es das
allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene
Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.
Klagen aus dem
Eigenthumsrechte:
a) Eigentliche
Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie gebühre?
§. 366. Mit dem Rechte
des Eigenthümers jeden Anderen von dem Besitze seiner Sache auszuschließen, ist
auch das Recht verbunden, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch
die Eigenthumsklage gerichtlich zu fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen
nicht zu, welcher eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war, in
seinem eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben
erlangt hat.
Gutgläubiger Erwerb
§. 367. Die
Eigentumsklage gegen den rechtmäßigen und redlichen Besitzer einer beweglichen
Sache ist abzuweisen, wenn er beweist, dass er die Sache gegen Entgelt in einer
öffentlichen Versteigerung, von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb
seines Unternehmens oder von jemandem erworben hat, dem sie der vorige Eigentümer
anvertraut hatte. In diesen Fällen erwirbt der rechtmäßige und redliche
Besitzer das Eigentum. Der Anspruch des vorigen Eigentümers auf Schadenersatz
gegen seinen Vertrauensmann oder gegen andere Personen bleibt unberührt.
Ist die Sache mit dem Recht
eines Dritten belastet, so erlischt dieses Recht mit dem Erwerb des Eigentums
durch den rechtmäßigen und redlichen Besitzer, es sei denn, dass dieser in
Ansehung dieses Rechtes nicht redlich ist.
§. 368. Der Besitzer
ist redlich, wenn er weder weiß noch vermuten muss, dass die Sache nicht dem
Veräußerer gehört. Beim Erwerb von einem Unternehmer im gewöhnlichen Betrieb
seines Unternehmens genügt der gute Glaube an die Befugnis des Veräußerers,
über die Sache zu verfügen.
Beweist der Eigentümer,
dass der Besitzer aus der Natur der Sache, aus ihrem auffällig geringen Preis,
aus den ihm bekannten persönlichen Eigenschaften seines Vormanns, aus dessen
Unternehmen oder aus anderen Umständen einen gegründeten Verdacht hätte
schöpfen müssen, so hat der Besitzer die Sache dem Eigentümer zu überlassen.
Was dem Kläger zu
beweisen obliege?
§. 369. Wer die
Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis führen, daß der Geklagte die
eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß diese Sache sein Eigenthum sey.
§. 370. Wer eine
bewegliche Sache gerichtlich zurückfordert, muß sie durch Merkmahle
beschreiben, wodurch sie von allen ähnlichen Sachen gleicher Gattung
ausgezeichnet wird.
§. 371. Sachen, die
sich auf diese Art nicht unterscheiden lassen, wie bares Geld mit anderem baren
Gelde vermenget, oder auf den Ueberbringer lautende Schuldbriefe, sind also in
der Regel kein Gegenstand der Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände
eintreten, aus denen der Kläger sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus
denen der Geklagte wissen mußte, daß er die Sache sich zuzuwenden nicht
berechtiget sey.
b) Eigenthumsklage aus
dem rechtlich vermutheten Eigenthume des Klägers.
Gegen welche Besitzer
diese Vermuthung eintrete?
§. 372. Wenn der Kläger
mit dem Beweise des erworbenen Eigenthumes einer ihm vorenthaltenen Sache zwar
nicht ausreicht, aber den gültigen Titel, und die echte Art, wodurch er zu
ihrem Besitze gelangt ist, dargethan hat; so wird er doch in Rücksicht eines
jeden Besitzers, der keinen, oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes
anzugeben vermag, für den wahren Eigenthümer gehalten.
§. 373. Wenn also der
Geklagte die Sache auf eine unredliche oder unrechtmäßige Weise besitzt; wenn
er keinen oder nur einen verdächtigen Vormann anzugeben vermag; oder, wenn er
die Sache ohne Entgeld, der Kläger aber gegen Entgeld erhalten hat; so muß er
dem Kläger weichen.
§. 374. Haben der
Geklagte und der Kläger einen gleichen Titel ihres echten Besitzes, so gebühret
dem Geklagten kraft des Besitzes der Vorzug.
§. 375. Wer eine Sache
in fremdem Nahmen besitzt, kann sich gegen die Eigenthumsklage dadurch
schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft macht, und sich darüber ausweiset.
Gesetzliche Folge: a)
der Abläugnung des Besitzes;
§. 376. Wer den Besitz
einer Sache vor Gericht läugnet, und dessen überwiesen wird, muß dem Kläger
deßwegen allein schon den Besitz abtreten; doch behält er das Recht, in der
Folge seine Eigenthumsklage anzustellen.
b) des vorgegebenen
Besitzes;
§. 377. Wer eine Sache,
die er nicht besitzt, zu besitzen vorgibt, und den Kläger dadurch irre führt,
haftet für allen daraus entstehenden Schaden.
c) des aufgegebenen
Besitzes der streitigen Sache.
§. 378. Wer eine Sache
im Besitze hatte, und nach zugestellter Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger,
wenn dieser sich nicht an den wirklichen Inhaber halten will, auf seine Kosten
zurück verschaffen, oder den außerordentlichen Werth derselben ersetzen.
Was der Besitzer dem
Eigenthümer erstatte.
§. 379. Was sowohl der
redliche als unredliche Besitzer dem Eigenthümer in Ansehung des entgangenen
Nutzens, oder des erlittenen Schadens zu ersetzen habe, ist in dem vorigen
Hauptstücke bestimmt worden.
Drittes Hauptstück.
Von der Erwerbung des
Eigenthumes durch Zueignung.
Rechtliche
Erfordernisse der Erwerbung.
§. 380. Ohne Titel und
ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigenthum erlangt werden.
Titel und Art der
unmittelbaren Erwerbung:
Die Zueignung.
§. 381. Bey
freystehenden Sachen besteht der Titel in der angebornen Freyheit, sie in
Besitz zu nehmen. Die Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer
freystehenden Sache bemächtiget, in der Absicht, sie als die seinige zu
behandeln.
§. 382. Freystehende
Sachen können von allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden,
in so fern dieses Befugniß nicht durch politische Gesetze eigeschränkt ist,
oder einigen Mitgliedern das Vorrecht der Zueignung zusteht.
1) durch den Thierfang.
§. 383. Dieses gilt
insbesondere von dem Thierfange. Wem das Recht zu jagen oder zu fischen
gebühre; wie der übermäßige Anwachs des Wildes gehemmet, und der vom Wilde
verursachte Schade ersetzet werde; wie der Honigraub, der durch fremde Bienen
geschieht, zu verhindern sey; ist in den politischen Gesetzen festgesetzt. Wie
Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den Strafgesetzen bestimmt.
§. 384. Häusliche
Bienenschwärme und andere zahme oder zahm gemachte Thiere sind kein Gegenstand
des freyen Thierfanges, vielmehr hat der Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem
Grunde zu verfolgen; doch soll er dem Grundbesitzer den ihm etwa verursachten
Schaden ersetzen. Im Falle, daß der Eigenthümer des Mutterstockes den Schwarm
durch zwey Tage nicht verfolgt hat; oder, daß ein zahm gemachtes Thier durch
zwey und vierzig Tage von selbst ausgeblieben ist, kann sie auf gemeinem Grunde
jedermann; auf dem seinigen der Grundeigenthümer für sich nehmen, und behalten.
2) durch das Finden
freystehender Sachen.
§. 385. Keine
Privat-Person ist berechtiget, die dem Staate durch die politischen
Verordnungen vorbehaltenen Erzeugnisse sich zuzueignen.
§. 386. Bewegliche
Sachen, welche der Eigenthümer nicht mehr als die seinigen behalten will, und
daher verläßt, kann sich jedes Mitglied des Staates eigen machen. Im Zweifel
ist nicht zu vermuten, dass jemand sein Eigentum aufgeben wolle; daher darf
kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und sich diese zueignen.
§. 387. In wie fern
Grundstücke wegen gänzlicher Unterlassung ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der
unterlassenen Herstellung für verlassen anzusehen, oder einzuziehen seyn,
bestimmen die politischen Gesetze.
Vorschriften über das
Finden
a) verlorener und
vergessener Sachen
§. 388. Verloren sind
bewegliche, in niemandes Gewahrsame stehende Sachen, die ohne den Willen des
Inhabers aus seiner Gewalt gekommen sind.
Vergessen sind
bewegliche Sachen, die ohne den Willen des Inhabers an einem fremden, unter der
Aufsicht eines anderen stehenden Ort zurückgelassen worden und dadurch in
fremde Gewahrsame gekommen sind.
§. 389. Finder ist, wer
eine verlorene oder vergessene Sache entdeckt und an sich nimmt.
Verlustträger sind der
Eigentümer und andere zur Innehabung der verlorenen oder vergessenen Sache
berechtigte Personen.
§. 390. Der Finder hat
den Fund unverzüglich der zuständigen Fundbehörde (§ 14 Abs. 5 SPG) unter
Abgabe der gefundenen Sache anzuzeigen und über alle für die Ausforschung eines
Verlustträgers maßgeblichen Umstände Auskunft zu geben.
§. 391. Die Pflichten
nach § 390 bestehen nicht, wenn
1. der Finder die
gefundene Sache einem Verlustträger vor der Anzeigeerstattung ausfolgt oder
2. der gemeine Wert der
gefundenen Sache 10 Euro nicht übersteigt, es sei denn erkennbar, dass die
Wiedererlangung der Sache für einen Verlustträger von erheblicher Bedeutung
ist.
§. 392. Der Finder hat
gegen den, dem der Fundgegenstand ausgefolgt wird, Anspruch auf Finderlohn und
auf Ersatz des notwendig und zweckmäßig gemachten Aufwandes.
§. 393. Der Finderlohn
beträgt bei verlorenen Sachen 10 vH, bei vergessenen Sachen 5 vH des gemeinen
Wertes. Übersteigt der gemeine Wert 2 000 Euro, so beträgt der Finderlohn in
Rücksicht des Übermaßes die Hälfte dieser Hundertersätze.
Bei unschätzbaren
Sachen und solchen, deren Wiedererlangung für den Verlustträger von erheblicher
Bedeutung ist, ist der Finderlohn nach billigem Ermessen festzulegen; hierbei
ist auf die Grundsätze des Abs. 1, auf die dem Finder entstandene Mühe und auf
den dem Verlustträger durch die Wiedererlangung der gefundenen Sache
verschafften Vorteil Bedacht zu nehmen.
§. 394. Ein Anspruch
auf Finderlohn besteht nicht, wenn
1. die Sache von einer
Person im Rahmen ihrer privat- oder öffentlich-rechtlichen, die Rettung der
Sache umfassenden Pflicht gefunden worden ist oder
2. der Finder die in
den §§ 390 und 391 enthaltenen Anordnungen schuldhaft verletzt hat oder
3. die vergessene Sache
auch sonst ohne deren Gefährdung wiedererlangt worden wäre.
§. 395. Wird die Sache
innerhalb eines Jahres von keinem Verlustträger angesprochen, so erwirbt der
Finder das Eigentum an der in seiner Gewahrsame befindlichen Sache mit Ablauf
der Frist, an der abgegebenen Sache mit ihrer Ausfolgung an ihn. Die Frist
beginnt im Fall des § 391 Z 2 mit dem Zeitpunkt des Findens, sonst mit der
Erstattung der Anzeige (§ 390).
§. 396. Wer eine
verlorene oder vergessene Sache entdeckt, sie aber nicht an sich nehmen kann,
hat Anspruch auf die Hälfte des im § 393 bestimmten Finderlohnes, wenn er die
Entdeckung einer im § 390 bezeichneten Stelle anzeigt und der Verlustträger die
Sache dadurch wiedererlangt, es sei denn, dass dieser die Sache auch sonst ohne
deren Gefährdung wiedererlangt hätte. § 394 Z 1 ist anzuwenden.
b) verborgener
Gegenstände
§. 397. Werden
vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten
Eigentümers entdeckt, so gilt sinngemäß das, was für die verlorenen Sachen bestimmt
ist.
Der Finderlohn ist auch
dann nicht zu entrichten, wenn die Sache auch sonst ohne deren Gefährdung
wiedererlangt worden wäre.
e) eines Schatzes;
§. 398. Bestehen die
entdeckten Sachen in Geld, Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die so lange im Verborgenen
gelegen haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr erfahren kann, dann
heißen sie ein Schatz. Die Entdeckung eines Schatzes ist von der Obrigkeit der
Landesstelle anzuzeigen.
§. 399. Von einem
Schatz erhalten der Finder und der Eigentümer des Grundes je die Hälfte.
§. 400. Wer sich dabey
einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht; wer ohne Wissen und Willen des
Nutzungseigenthümers den Schatz aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat;
dessen Antheil soll dem Angeber; oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem
Staate zufallen.
§. 401. Finden
Arbeitsleute zufälliger Weise einen Schatz, so gebührt ihnen als Findern ein
Drittheil davon. Sind sie aber von dem Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung
eines Schatzes gedungen worden, so müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne
begnügen.
3) Von der Beute.
§. 402. Ueber das Recht
der Beute und der von dem Feinde zurück erbeuteten Sachen sind die Vorschriften
in den Kriegsgesetzen enthalten.
Von dem Rechte aus der
Rettung einer fremden beweglichen Sache.
§. 403. Wer eine fremde
bewegliche Sache von dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange rettet, ist
berechtiget, von dem rückfordernden Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und
eine verhältnißmäßige Belohnung von höchstens Zehen von Hundert zu fordern.
Viertes Hauptstück.
Von Erwerbung des
Eigenthumes durch Zuwachs.
Zuwachs.
§. 404. Zuwachs heißt
Alles, was aus einer Sache entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne daß es
dem Eigenthümer von jemand Anderen übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch
Natur, durch Kunst, oder durch beyde zugleich bewirkt.
I. Natürlicher Zuwachs:
a) an Natur-Producten;
b) Werfen der Thiere;
§. 405. Die natürlichen
Früchte eines Grundes, nähmlich solche Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu
werden, hervor bringt, als: Kräuter, Schwämme und dergleichen, wachsen dem
Eigenthümer des Grundes, so wie alle Nutzungen, welche aus einem Thiere
entstehen, dem Eigenthümer des Thieres zu.
§. 406. Der Eigenthümer
eines Thieres, welches durch das Thier eines andern befruchtet wird, ist diesem
keinen Lohn schuldig, wenn er nicht bedungen worden ist.
c) Inseln;
§. 407. Wenn in der
Mitte eines Gewässers eine Insel entsteht, so sind die Eigenthümer der nach der
Länge derselben an beyden Ufern liegenden Grundstücke ausschließend befugt, die
entstandene Insel in zwey gleichen Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der
Länge ihrer Grundstücke unter sich zu theilen. Entsteht die Insel auf der einen
Hälfte des Gewässers, so hat der Eigenthümer des näheren Uferlandes allein
darauf Anspruch. Inseln auf schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.
§. 408. Werden bloß
durch die Austrocknung des Gewässers, oder durch desselben Theilung in mehrere
Arme, Inseln gebildet, oder Grundstücke überschwemmt; so bleiben die Rechte des
vorigen Eigenthumes unverletzt.
d) vom verlassenen
Wasserbeete;
§. 409. Wenn ein
Gewässer sein Beet verläßt, so haben vor Allem die Grundbesitzer, welche durch
den neuen Lauf des Gewässers Schaden leiden, das Recht, aus dem verlassenen
Beete oder dessen Werthe entschädigt zu werden.
§. 410. Außer dem Falle
einer solchen Entschädigung gehört das verlassene Beet, so wie von einer
entstandenen Insel verordnet wird, den angränzenden Uferbesitzern.
e) vom Anspühlen;
§. 411. Das Erdreich,
welches ein Gewässer unmerklich an ein Ufer anspühlt, gehört dem Eigenthümer
des Ufers.
f) vom abgerissenen
Lande.
§. 412. Wird aber ein
merklicher Erdtheil durch die Gewalt des Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so
verliert der vorige Besitzer sein Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn
er es in einer Jahresfrist nicht ausübt.
§. 413. Jeder
Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu
befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den
ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den Mühlen,
der Fischerey oder andern fremden Rechten nachtheilig werden könnten.
Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörde gemacht
werden.
II. Künstlicher Zuwachs
durch Verarbeitung oder Vereinigung überhaupt;
§. 414. Wer fremde
Sachen verarbeitet; wer sie mit den seinigen vereinigt, vermengt, oder
vermischt, erhält dadurch noch keinen Anspruch auf das fremde Eigenthum.
§. 415. Können
dergleichen verarbeitete Sachen in ihren vorigen Stand zurückgebracht;
vereinigte, vermengte oder vermischte Sachen wieder abgesondert werden; so wird
einem jeden Eigenthümer das Seinige zurückgestellet, und demjenigen
Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist die Zurücksetzung in den
vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so wird die Sache den
Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache der Andere durch
Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob er den ganzen
Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem Andern
ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende Theilnehmer
wird nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht behandelt.
Kann aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so bleibt dem,
dessen Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.
§. 416. Werden fremde
Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache verwendet, so fällt die fremde
Materie dem Eigenthümer der Hauptsache zu, und dieser ist verbunden, nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Verfahrens, dem vorigen
Eigenthümer der verbrauchten Materialien den Werth derselben zu bezahlen.
insbesondere bey einem
Baue.
§. 417. Wenn jemand auf
eigenem Boden ein Gebäude aufführet, und fremde Materialien dazu verwendet hat,
so bleibt das Gebäude zwar sein Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher
Bauführer dem Beschädigten die Materialien, wenn er sie außer den im §. 367.
angeführten Verhältnissen an sich gebracht hat, nach dem gemeinen; ein
unredlicher aber muß sie nach dem höchsten Preise, und überdieß noch allen
anderweitigen Schaden ersetzen.
§. 418. Hat im entgegen
gesetzten Falle jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des
Eigenthümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem
Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der nothwendigen
und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer
ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer des Grundes die Bauführung gewußt,
und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den
gemeinen Werth für den Grund fordern.
§. 419. Ist das Gebäude
auf fremden Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in
diesem Falle das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem
Grundeigenthümer und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie in dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer
muß dem vorigen Eigenthümer der Materialien, nach Beschaffenheit seiner
redlichen oder unredlichen Absicht, den gemeinen oder den höchsten Werth
ersetzen.
III. Vermischter
Zuwachs.
§. 420. Was bisher
wegen der mit fremden Materialien aufgeführten Gebäude bestimmt worden ist,
gilt auch für die Fälle, wenn ein Feld mit fremden Samen besäet, oder mit
fremde Pflanzen besetzt worden ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer
des Grundes, wenn anders die Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.
§. 421. Das Eigenthum
eines Baumes wird nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angränzenden Grunde
verbreiten, sondern nach dem Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt.
Steht der Baum auf den Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum
gemein.
§. 422. Jeder
Eigentümer kann die in seinen Grund eindringenden Wurzeln eines fremden Baumes
oder einer anderen fremden Pflanze aus seinem Boden entfernen und die über
seinem Luftraum hängenden Äste abschneiden oder sonst benützen. Dabei hat er
aber fachgerecht vorzugehen und die Pflanze möglichst zu schonen. Bundes- und landesgesetzliche
Regelungen über den Schutz von oder vor Bäumen und anderen Pflanzen,
insbesondere über den Wald-, Flur-, Feld-, Ortsbild-, Natur- und Baumschutz,
bleiben unberührt.
Die für die Entfernung
der Wurzeln oder das Abschneiden der Äste notwendigen Kosten hat der
beeinträchtigte Grundeigentümer zu tragen. Sofern diesem aber durch die Wurzeln
oder Äste ein Schaden entstanden ist oder offenbar droht, hat der Eigentümer
des Baumes oder der Pflanze die Hälfte der notwendigen Kosten zu ersetzen.
Fünftes Hauptstück.
Von Erwerbung des
Eigenthumes durch Uebergabe.
Mittelbare Erwerbung.
§. 423. Sachen, die
schon einen Eigenthümer haben, werden mittelbar erworben, indem sie auf eine
rechtliche Art von dem Eigenthümer auf einen Andern übergehen.
Titel derselben.
§. 424. Der Titel der
mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage; in einer Verfügung auf den
Todesfall; in dem richterlichen Ausspruche; oder, in der Anordnung des
Gesetzes.
Mittelbare
Erwerbungsart.
§. 425. Der bloße Titel
gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum und alle dingliche Rechte überhaupt
können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche
Uebergabe und Uebernahme erworben werden.
Arten der Uebergabe:
1) bey beweglichen
Sachen:
a) körperliche
Uebergabe;
§. 426. Bewegliche
Sachen können in der Regel nur durch körperliche Uebergabe von Hand zu Hand an
einen Andern übertragen werden.
b) Uebergabe durch
Zeichen;
§. 427. Bey solchen
beweglichen Sachen aber, welche ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche Uebergabe
zulassen, wie bey Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem Waarenlager oder
einer andern Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe durch Zeichen;
indem der Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das Eigenthum
dargethan wird, oder die Werkzeuge übergibt, durch die der Uebernehmer in den
Stand gesetzt wird, ausschließend den Besitz der Sache zu ergreifen; oder,
indem man mit der Sache ein Merkmahl verbindet, woraus jedermann deutlich
erkennen kann, daß die Sache einem Andern überlassen worden ist.
c) durch Erklärung.
§. 428. Durch Erklärung
wird die Sache übergeben, wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen
Willen an den Tag legt, daß er die Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers
inne habe; oder, daß der Uebernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein
dingliches Recht inne hatte, künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle.
Folge in Rücksicht der
übersendeten;
§. 429. In der Regel
werden überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der
Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die Ueberschickungsart selbst
bestimmt oder genehmiget hätte.
oder, an Mehrere
veräußerten Sachen.
§. 430. Hat ein
Eigenthümer eben dieselbe bewegliche Sache an zwey verschiedene Personen, an
Eine mit, an die Andere ohne Uebergabe veräußert; so gebührt sie derjenigen,
welcher sie zuerst übergeben worden ist; doch hat der Eigenthümer dem
verletzten Theile zu haften.
2. Bei unbeweglichen
Sachen und Bauwerken.
§. 431. Zur
Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen muß das Erwerbungsgeschäft in
die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung
nennt man Einverleibung (Intabulation).
Insbesondere bei
Erwerbung
a) durch Vertrag
§. 432. Zu diesem
Zwecke muß über das Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur
Gültigkeit des Geschäftes vorgeschriebenen Form oder eine öffentliche Urkunde
ausgefertigt werden.
§. 433. Die Urkunde muß
die genaue Angabe der Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen; die
Liegenschaft, die übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen; des
Rechtsgrundes der Übergabe; ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses
enthalten; und es muß von dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen
Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben werden, daß er in die
Einverleibung einwillige.
§. 434. Zur Übertragung
des Eigentums an Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, muß
eine mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht
hinterlegt werden. An die Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die
Erklärung der Einwilligung zur Hinterlegung der Urkunde.
§. 435. Dasselbe gilt
auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in
der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne
sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind.
b) durch Urtheil und
andere gerichtliche Urkunden;
§. 436. Wenn das
Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen
Urteils, gerichtlicher Teilung oder Einantwortung einer Erbschaft übertragen
werden soll, ist ebenfalls die Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die
Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435) erforderlich.
oder c) durch
Vermächtniß.
§. 437. Ebenso ist es,
um das Eigentum eines vermachten unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu
erwerben, notwendig, daß die Sache dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435
übergeben werde.
Bedingte Aufzeichnung
in das öffentliche Buch; oder Vormerkung.
§. 438. Wenn derjenige,
welcher das Eigenthum einer unbeweglichen Sache anspricht, darüber zwar eine
glaubwürdige, aber nicht mit allen in den §§. 434 und 435 zur Einverleibung
vorgeschriebenen Erfordernissen versehene Urkunde besitzt; so kann er doch,
damit ihm niemand ein Vorrecht abgewinne, die bedingte Eintragung in das
öffentliche Buch bewirken, welche Vormerkung (Pränotation) genannt wird.
Dadurch erhält er ein bedingtes Eigenthumsrecht, und er wird, sobald er zu
Folge richterlichen Anspruches die Vormerkung gerechtfertiget hat, von der Zeit
des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches, für den wahren
Eigenthümer gehalten.
§. 439. Die geschehene
Vormerkung muß sowohl demjenigen, der sie bewirkt hat, als auch seinem Gegner
durch Zustellung zu eigenen Handen bekannt gemacht werden. Der
Vormerkungswerber muß binnen vierzehn Tagen, vom Tage der erhaltenen
Zustellung, die ordentliche Klage zum Erweise des Eigenthumsrechtes einreichen;
widrigen Falls soll die bewirkte Vormerkung auf Ansuchen des Gegners gelöschet
werden.
Vorschrift über die
Collision der Einverleibungen.
§. 440. Hat der
Eigenthümer eben dieselbe unbewegliche Sache zwey verschiedenen Personen
überlassen; so fällt sie derjenigen zu, welche früher die Einverleibung
angesucht hat.
Folge der Erwerbung:
a) in Rücksicht des
Besitzes;
§. 441. So bald die
Urkunde über das Eigenthumsrecht in das öffentliche Buch eingetragen ist, tritt
der neue Eigenthümer in den rechtmäßigen Besitz.
b) der damit
verbundenen Rechte;
§. 442. Wer das
Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt auch die damit verbundenen Rechte.
Rechte, die auf die Person des Uebergebers eingeschränkt sind, kann er nicht
übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem Andern mehr Recht abtreten, als er
selbst hat.
c) Lasten.
§. 443. Mit dem
Eigenthume unbeweglicher Sachen werden auch die darauf haftenden, in den öffentlichen
Büchern angemerkten Lasten übernommen. Wer diese Bücher nicht einsieht, leidet
in allen Fällen für seine Nachlässigkeit. Andere Forderungen und Ansprüche, die
jemand an den vorigen Eigenthümer hat, gehen nicht auf den neuen Erwerbe über.
Erlöschung des
Eigenthumsrechtes.
§. 444. Das Eigenthum
überhaupt kann durch den Willen des Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch
richterlichen Ausspruch verloren gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen
aber wird nur durch die Löschung aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.
Ausdehnung dieser
Vorschriften auf andere dingliche Rechte.
§. 445. Nach den in
diesem Hauptstücke über die Erwerbungs- und Erlöschungsart des
Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen gegebenen Vorschriften hat man sich auch
bey den übrigen, auf unbewegliche Sachen sich beziehenden, dinglichen Rechten
zu verhalten.
Form und Vorsichten der
Einverleibungen.
§. 446. Auf was Art und
mit welchen Vorsichten überhaupt bey Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen
sey, ist in den über die Einrichtung der Landtafeln und Grundbücher bestehenden
besondern Anordnungen enthalten.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte.
Begriff von dem
Pfandrechte und Pfande.
§. 447. Das Pfandrecht
ist das dingliche Recht, welches vom Gläubiger eingeräumt wird, aus einer
Sache, wenn die Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die
Befriedigung zu erlangen. Die Sache, worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht,
heißt überhaupt ein Pfand.
Arten des Pfandes.
§. 448. Als Pfand kann
jede Sache dienen, die im Verkehre steht. Ist sie beweglich, so wird sie
Handpfand, oder ein Pfand in enger Bedeutung genannt; ist sie unbeweglich, so
heißt sie eine Hypothek oder ein Grundpfand.
Titel des Pfandrechtes:
§. 449. Das Pfandrecht
bezieht sich zwar immer auf eine gültige Forderung, aber nicht jede Forderung
gibt einen Titel zur Erwerbung des Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das
Gesetz; auf einen richterlichen Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten
Willen des Eigenthümers.
§. 450. Die Fälle, in
welchen das Gesetz jemanden das Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte
dieses Gesetzbuches und bey dem Verfahren in Concurs-Fällen angegeben. In wie
fern das Gericht ein Pfandrecht einräumen könne, bestimmt die Gerichtsordnung.
Soll durch die Einwilligung des Schuldners oder eines Dritten, der seine Sache
für ihn verhaftet, das Pfandrecht erworben werden; so dienen die Vorschriften
von Verträgen und Vermächtnissen zur Richtschnur.
Erwerbungsart des
Pfandrechtes:
a) durch körperliche
Übergabe;
b) durch Einverleibung
oder gerichtliche Urkundenhinterlegung;
§. 451. Um das
Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß der mit einem Titel versehene Gläubiger,
die verpfändete Sache, wenn sie beweglich ist, in Verwahrung nehmen; und, wenn
sie unbeweglich ist, seine Forderung auf die zur Erwerbung des Eigenthumes
liegender Güter vorgeschriebene Art einverleiben lassen. Der Titel allein gibt
nur ein persönliches Recht zu der Sache, aber kein dingliches Recht auf die
Sache.
Das Pfandrecht an
bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435)
wird durch die gerichtliche Hinterlegung einer beglaubigten
Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde muß die genaue Angabe des
Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer ziffermäßig bestimmten Geldsumme,
bei einer verzinslichen Forderung auch die Höhe der Zinsen; ferner die
ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der gerichtlichen Hinterlegung
enthalten.
c) durch symbolische
Uebergabe;
§. 452. Bey Verpfändung
derjenigen beweglichen Sachen, welche keine körperliche Uebergabe von Hand zu
Hand zulassen, muß man sich, wie bey der Uebertragung des Eigenthumes (§.
427.), solcher Zeichen bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht
erfahren kann. Wer diese Vorsicht unterläßt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
d) durch die
Vormerkung.
§. 453. Findet die
Einverleibung einer Forderung in die öffentlichen Bücher wegen Mangels
gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde nicht Statt; so kann sich der
Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch die Vormerkung erhält er ein
bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung auf die oben §§. 438 und 439.
angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von dem Zeitpuncte des nach
gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches in ein unbedingtes
übergeht.
Erwerbung eines
Afterpfandes.
§. 454. Der
Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht darauf hat, einem Dritten
wieder verpfänden, und in so fern wird es zum Afterpfande, wenn zugleich
Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die Afterverpfändung auf das Pfandrecht
in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.
§. 455. Wird der
Eigenthümer von der weiteren Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine
Schuld nur mit Willen dessen, der das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen, oder
er muß sie gerichtlich hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des
Afterpfandes verhaftet.
Verpfändung einer
fremden Sache.
§. 456. Wird eine
bewegliche Sache von jemandem verpfändet, dem sie nicht gehört und der darüber
auch nicht verfügen kann, so hat der Eigentümer zwar in der Regel das Recht,
sie zurückzufordern. In solchen Fällen, in denen die Eigentumsklage gegen einen
rechtmäßigen und redlichen Besitzer abzuweisen ist (§§ 367 und 368), ist er
aber verpflichtet, den Pfandbesitzer schadlos zu halten oder das Pfand fahren
zu lassen und sich mit dem Schadenersatzanspruch gegen den Verpfänder oder
dritte Personen zu begnügen.
Ist die Sache mit dem
Recht eines Dritten belastet, so geht das Pfandrecht des rechtmäßigen und
redlichen Pfandbesitzers diesem Recht vor, es sei denn, dass der Pfandbesitzer
in Ansehung dieses Rechtes nicht redlich ist (§ 368).
Objectiver Umfang des
Pfandrechtes.
§. 457. Das Pfandrecht
erstreckt sich auf alle zu dem freyen Eigenthume des Verpfänders gehörige
Theile, auf Zuwachs und Zugehör des Pfandes, folglich auch auf die Früchte, in
so lange sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind. Wenn also ein Schuldner
einem Gläubiger sein Gut, und einem andern später die Früchte desselben
verpfändet; so ist die spätere Verpfändung nur in Rücksicht auf die schon
abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:
a) bey Entdeckung eines
unzureichenden Pfandes;
§. 458. Wenn der Werth
eines Pfandes durch Verschulden des Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar
gewordenen Mangels der Sache zur Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend
gefunden wird; so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes
angemessenes Pfand zu fordern.
b) vor dem Verfalle;
§. 459. Ohne
Bewilligung des Pfandgebers darf der Gläubiger das Pfandstück nicht benützen;
er muß es vielmehr genau bewahren, und, wenn es durch sein Verschulden in
Verlust geräth, dafür haften. Geht es ohne sein Verschulden verloren, so
verliert er deswegen seine Forderung nicht.
§. 460. Hat der
Gläubiger das Pfand weiter verpfändet; so haftet er selbst für einen solchen
Zufall, wodurch das Pfand bey ihm nicht zu Grunde gegangen oder verschlimmert
worden wäre.
§. 460a. Wenn eine
bewegliche körperliche Sache einschließlich eines Inhaber- oder Orderpapiers
als Pfand zu verderben oder erheblich und dauernd so an Wert zu verlieren
droht, dass die Sicherheit des Pfandgläubigers gefährdet wird, kann dieser das
Pfand bereits vor der Fälligkeit seiner Forderung gemäß den §§ 466a bis 466d außergerichtlich
verwerten. Der Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber tunlichst die Gelegenheit zur
Leistung einer anderweitigen Sicherheit einzuräumen.
Der Erlös tritt an die
Stelle des Pfandes. Auf Verlangen des Pfandgebers ist der Erlös zu hinterlegen.
c) nach dem Verfalle
der Forderung.
§. 461. Wird der
Pfandgläubiger nach Verlauf der bestimmten Zeit nicht befriediget; so ist er
befugt, Feilbiethung des Pfandes gerichtlich zu verlangen. Das Gericht hat
dabey nach Vorschrift der Gerichtsordnung zu verfahren.
§. 462. Vor der
Feilbiethung des Gutes ist jedem darauf eingetragenen Pfandgläubiger die
Einlösung der Forderung, wegen welcher die Feilbiethung angesucht worden, zu
gestatten.
§. 463. Schuldner haben
kein Recht bey Versteigerung einer von ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.
§. 464. Wird der
Schuldbetrag aus dem Pfande nicht gelöset, so ersetzt der Schuldner das
Fehlende; ihm fällt aber auch das zu, was über den Schuldbetrag gelöset wird.
§. 465. In wie fern ein
Pfandgläubiger sich an sein Pfand zu halten schuldig; oder, auf ein anderes
Vermögen seines Schuldners zu greifen berechtiget sey, bestimmt die
Gerichtsordnung.
§. 466. Hat der
Schuldner während der Verpfändungszeit das Eigenthum der verpfändeten Sache auf
einen Andern übertragen, so steht dem Gläubiger frey, erst sein persönliches
Recht gegen den Schuldner, und dann seine volle Befriedigung an der
verpfändeten Sache zu suchen.
d) außergerichtliche
Pfandverwertung
§. 466a. Der
Pfandgläubiger kann sich aus einer beweglichen körperlichen Sache (§ 460a Abs.
1), die ihm verpfändet worden ist oder an der er ein gesetzliches Pfandrecht
erworben hat, auch durch den Verkauf der Sache befriedigen.
Der Pfandgläubiger hat
bei der Verwertung der Sache angemessen auf die Interessen des Pfandgebers
Bedacht zu nehmen.
Der Pfandgläubiger und
der Pfandgeber können abweichende Arten der außergerichtlichen Pfandverwertung
vereinbaren. Besondere Vorschriften über die außergerichtliche Verwertung von
Sicherheiten bleiben unberührt.
§. 466b. Der
Pfandgläubiger hat dem Pfandgeber nach Eintritt der Fälligkeit der gesicherten
Forderung den Verkauf der Sache anzudrohen, soweit dies nicht untunlich ist. Er
hat dabei die Höhe der ausstehenden Forderung anzugeben. Der Verkauf darf erst
einen Monat nach dessen Androhung oder, wenn diese untunlich war, nach Eintritt
der Fälligkeit stattfinden. Besteht an der Sache ein anderes Pfandrecht, so hat
der Gläubiger den Verkauf auch dem anderen Pfandgläubiger anzudrohen. Diesem
ist die Einlösung der Forderung zu gestatten (§ 462).
Der Verkauf ist im Wege
einer öffentlichen Versteigerung durch einen dazu befugten Unternehmer zu
bewirken.
Zeit und Ort der
Versteigerung sind unter allgemeiner Bezeichnung des Pfandes öffentlich bekannt
zu machen. Der Pfandgeber und Dritte, denen Rechte am Pfand zustehen, sind
hievon zu benachrichtigen.
Sachen mit einem
Börsen- oder Marktpreis dürfen zu diesem Preis vom Pfandgläubiger auch aus
freier Hand verkauft werden. Wertpapiere, die einen Börsen- oder Marktpreis
haben, sowie Sparurkunden dürfen nur aus freier Hand zu ihrem Preis oder Wert
verkauft werden.
§. 466c. Das Pfand darf
nur mit der Bestimmung verkauft werden, dass der Erwerber den Kaufpreis sofort
zu entrichten hat. Wird die Sache dem Erwerber vor der Entrichtung des Preises übergeben,
so gilt auch der Kaufpreis als dem Pfandgläubiger übergeben.
Der Pfandgläubiger hat
den Pfandgeber vom Verkauf des Pfandes und von dessen Ergebnis unverzüglich zu
verständigen.
Mit dem Verkauf
erlöschen die Pfandrechte an der Sache selbst. Das Gleiche gilt für andere
dingliche Rechte, sofern diese nicht allen Pfandrechten im Rang vorgehen.
Der Kaufpreis gebührt
dem Pfandgläubiger nach Maßgabe seines Ranges im Ausmaß der gesicherten
Forderung und der angemessenen Kosten einer zweckentsprechenden Verwertung. Im
Übrigen tritt der Anspruch des Pfandgebers auf Herausgabe des Mehrbetrags an
die Stelle des Pfandes.
Wenn der Pfandgläubiger
und der Pfandgeber eine abweichende Art der Pfandverwertung vereinbaren und am
Pfand einem Dritten ein Recht zusteht, das durch die Verwertung erlischt, so
bedarf die Vereinbarung zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Dritten.
§. 466d. Wenn der
Pfandgläubiger die Sache außergerichtlich als Pfand verwertet, genügt für die
Redlichkeit des Erwerbers (§§ 367 und 368) der gute Glaube in die Befugnis des
Pfandgläubigers, über die Sache zu verfügen.
§. 466e. Besteht das
Pfandrecht an einem Inhaber- oder Orderpapier, so ist der Pfandgläubiger
berechtigt, eine etwa erforderliche Kündigung vorzunehmen und die Forderung aus
dem Wertpapier einzuziehen.
Ist die Forderung aus
dem verpfändeten Papier bereits fällig, so kann der Pfandgläubiger diese auch
dann einziehen, wenn die gesicherte Forderung noch nicht fällig ist. In diesem
Fall erwirbt der Pfandgläubiger ein Pfandrecht an der erhaltenen Leistung.
Besteht die Leistung in Geld, so hat der Pfandgläubiger den erhaltenen Betrag
nach den Bestimmungen über die Anlegung von Mündelgeld zu veranlagen.
Erlöschung des
Pfandrechtes.
§. 467. Wenn die
verpfändete Sache zerstört wird; wenn sich der Gläubiger seines Rechtes darauf
gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie dem Schuldner ohne Vorbehalt
zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht, aber die Schuldforderung besteht
noch.
§. 468. Das Pfandrecht
erlischt ferner mit der Zeit, auf welche es eingeschränkt war, folglich auch
mit dem zeitlichen Rechte des Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn
anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war, oder aus den öffentlichen
Büchern bekannt seyn konnte.
§. 469. (Durch Tilgung
der Schuld hört das Pfandrecht auf. Der Pfandgeber ist aber die Schuld nur
gegen dem zu tilgen verbunden, daß ihm das Pfand zugleich zurückgestellt werde.
Zur Aufhebung einer Hypothek ist die Tilgung der Schuld allein nicht
hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so lange verhaftet, bis die Schuld aus
den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis dahin kann der Eigentümer des Gutes
auf Grund einer Quittung oder einer anderen, das Erlöschen der Pfandschuld
dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf eine neue Forderung übertragen, die den
Betrag der eingetragenen Pfandforderung nicht übersteigt.
§. 469a. Bei Bestellung
des Pfandrechtes kann auf dieses Verfügungsrecht nicht verzichtet werden. Ist
jedoch im öffentlichen Buch ein der Hypothek im Rang nachfolgendes oder ihr
gleichrangiges, rechtsgeschäftlich bestelltes Recht eingetragen, so kann der
Eigentümer über die Hypothek nur dann verfügen, wenn er sich das
Verfügungsrecht gegenüber dem Buchberechtigten vertraglich vorbehalten hat und
dieser Vorbehalt im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist.
§. 470. Wird nach
Tilgung der Schuld (§ 469) oder eingetretener Vereinigung (§ 1446), bevor das
Pfandrecht bücherlich gelöscht oder die Liegenschaft oder das Pfandrecht
übertragen worden ist, das Hypothekargut zwangsweise versteigert oder dessen
Zwangsverwaltung bewilligt, so ist bei Verteilung des Erlöses auf dieses
Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen. Nur insoweit die durch das Pfandrecht
gesicherte Forderung gegen einen Dritten noch fortbesteht oder dem Eigentümer
der Ersatz für deren Tilgung gebührt (§ 1358), wird der darauf entfallende Teil
dem Eigentümer zugewiesen.
Von dem
Retentions-Rechte.
§. 471. Wer zur
Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen
Forderungen wegen des für die Sache gemachten Aufwandes oder des durch die
Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zurückbehalten, daß er zur
Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt
werden kann.
Die Ausübung des
Zurückbehaltungsrechtes kann durch Sicherheitsleistung abgewendet werden;
Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.)
Begriff des Rechtes der
Dienstbarkeit.
§. 472. Durch das Recht
der Dienstbarkeit wird ein Eigenthümer verbunden, zum Vortheile eines Andern in
Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein
dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Eintheilung der
Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und persönliche;
§. 473. Wird das Recht
der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren
oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer
dem ist die Dienstbarkeit persönlich.
in Feld- und
Haus-Servituten.
§. 474. Grunddienstbarkeiten
setzen zwey Grundbesitzer voraus, deren Einem als Verpflichteten das
dienstbare; dem Andern als Berechtigten das herrschende Gut gehört. Das
herrschende Grundstück ist entweder zur Landwirthschaft oder zu einem andern
Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet man auch die Feld- und Haus-Servituten.
Gewöhnlichere Arten: a)
der Haus-Servituten;
§. 475. Die
Haus-Servituten sind gewöhnlich:
1) Das Recht, eine Last
seines Gebäudes auf ein fremdes Gebäude zu setzen;
2) Einen Balken oder Sparren
in eine fremde Wand einfügen;
3) Ein Fenster in der
fremden Wand zu öffnen; es sey des Lichtes oder der Aussicht wegen;
4) Ein Dach oder einen
Erker über des Nachbars Luftraum zu bauen;
5) Den Rauch durch des
Nachbars Schorstein zu führen;
6) Die Dachtraufe auf
fremden Grund zu leiten;
7) Flüssigkeiten auf
des Nachbars Grund zu gießen oder durchzuführen.
Durch diese und
ähnliche Haus-Servituten wird ein Hausbesitzer befugt, etwas auf dem Grunde
seines Nachbars vorzunehmen, was dieser dulden muß.
§. 476. Durch andere
Haus-Servituten wird der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas
zu unterlassen, was ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:
8) sein Haus nicht zu
erhöhen;
9) es nicht niedriger
zu machen;
10) dem herrschenden
Gebäude Licht und Luft;
11) oder Aussicht nicht
zu benehmen;
12) die Dachtraufe
seines Hauses von dem Grunde des Nachbars, dem sie zur Bewässerung seines
Gartens oder zur Füllung seiner Zisterne, oder auf eine andere Art nützlich
seyn kann, nicht abzuleiten.
b) der Feld-Servituten;
§. 477. Die
vorzüglichen Feld-Servituten sind:
1) das Recht, einen
Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg auf fremden Grund und Boden zu halten.
2) das Wasser zu
schöpfen, das Vieh zu tränken, das Wasser ab- und herzuleiten;
3) Das Vieh zu hüthen
und zu weiden;
4) Holz zu fällen,
verdorrte Aeste und Reiser zu sammeln, Eicheln zu lösen, Laub zu rechen;
5) zu jagen, zu
fischen, Vögel zu fangen;
6) Steine zu brechen,
Sand zu graben, Kalk zu brennen.
Arten der persönlichen
Dienstbarkeiten.
§. 478. Die
persönlichen Servituten sind: der nöthige Gebrauch einer Sache; die
Fruchtnießung; und die Wohnung.
Unregelmäßige und
Schein-Servituten.
§. 479. Es können aber
auch Dienstbarkeiten, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, der Person
allein; oder, es können Begünstigungen, die ordentlicher Weise Servituten sind,
nur bloß auf Widerrufen zugestanden werden. Die Abweichungen von der Natur
einer Servitut werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der
Beweis ob.
Erwerbung des Rechtes
der Dienstbarkeit. Titel zur Erwerbung.
§. 480. Der Titel zu
einer Servitut ist auf einem Vertrage; auf einer letzten Willenserklärung; auf
einem bey der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruche;
oder endlich, auf Verjährung gegründet.
Erwerbungsart.
§. 481. Das dingliche
Recht der Dienstbarkeit kann an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern
eingetragen sind, nur durch die Eintragung in diese erworben werden.
An bücherlich nicht eingetragenen
Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird das dingliche Recht durch
die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung der Dienstbarkeit
errichteten beglaubigten Urkunde; auf andere Sachen aber durch die oben (§§ 426
bis 428) angegebenen Arten der Übergabe erworben.
Rechtsverhältniß bey
den Dienstbarkeiten.
Allgemeine Vorschriften
über das Recht der Dienstbarkeit.
§. 482. Alle Servituten
kommen darin überein, daß der Besitzer der dienstbaren Sache in der Regel nicht
verbunden ist, etwas zu thun; sondern nur einem Andern die Ausübung eines
Rechtes zu gestatten, oder das zu unterlassen, was er als Eigenthümer sonst zu
thun berechtiget wäre.
§. 483. Daher muß auch
der Aufwand zur Erhaltung und Herstellung der Sache, welche zur Dienstbarkeit
bestimmt ist, in der Regel von dem Berechtigten getragen werden. Wenn aber
diese Sache auch von dem Verpflichteten benützet wird; so muß er
verhältnißmäßig zu dem Aufwande beytragen, und nur durch die Abtretung
derselben an dem Berechtigten kann er sich, auch ohne dessen Beystimmung, von
dem Beytrage befreyen.
§. 484. Der Besitzer
des herrschenden Gutes kann zwar sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben;
doch dürfen Servituten nicht erweitert, sie müssen vielmehr, in so weit es ihre
Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden.
§. 485. Keine Servitut
läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine
andere Sache oder Person übertragen. Auch wird jede Servitut insofern für
unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke haftende Recht durch
Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben, abgesehen von dem im §
847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt werden kann.
§. 486. Ein Grundstück
kann mehrern Personen zugleich dienstbar seyn, wenn anders die ältern Rechte
eines Dritten nicht darunter leiden.
Anwendung auf die
Grunddienstbarkeiten; insbesondere auf das Recht, eine Last, einen Balken auf
fremdem Gebäude zu haben, oder, den Rauch durchzuführen.
§. 487. Nach den hier
aufgestellten Grundsätzen sind die Rechtsverhältnisse bey den besondern Arten
der Servituten zu bestimmen. Wer also die Last des benachbarten Gebäudes zu
tragen; die Einfügung des fremden Balkens an seiner Wand; oder, den Durchzug
des fremden Rauches in seinem Schorsteine zu dulden hat; der muß
verhältnißmäßig zur Erhaltung der dazu bestimmten Mauer, Säule, Wand oder des
Schorsteines beytragen. Es kann ihm aber nicht zugemuthet werden, daß er das
herrschende Gut unterstützen oder den Schorstein des Nachbars ausbessern lasse.
Fensterrecht.
§. 488. Das
Fensterrecht gibt nur auf Licht und Luft Anspruch; die Aussicht muß besonders
bewilliget werden. Wer kein Recht zur Aussicht hat, kann angehalten werden, das
Fenster zu vergittern. Mit dem Fensterrechte ist die Schuldigkeit verbunden,
die Oeffnung zu verwahren; wer diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den
daraus entstehenden Schaden.
Recht der Dachtraufe.
§. 489. Wer das Recht
der Dachtraufe besitzt, kann das Regenwasser auf das fremde Dach frey oder
durch Rinnen abfließen lassen; er kann auch sein Dach erhöhen; doch muß er
solche Vorkehrungen treffen, daß dadurch die Dienstbarkeit nicht lästiger
werde. Eben so muß er häufig gefallenen Schnee zeitig hinwegräumen, wie auch
die zum Abflusse bestimmten Rinnen unterhalten.
Recht der Ableitung des
Regenwassers.
§. 490. Wer das Recht
hat, das Regenwasser von dem benachbarten Dache auf seinen Grund zu leiten, hat
die Obliegenheit, für Rinnen, Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten
die Auslagen allein zu bestreiten.
§. 491. Erfordern die
abzuführenden Flüssigkeiten Gräben und Canäle; so muß sie der Eigenthümer des
herrschenden Grundes errichten; er muß sie auch ordentlich decken und reinigen,
und dadurch die Last des dienstbaren Grundes erleichtern.
Recht des Fußsteiges,
Viehtriebes und Fahrweges.
§. 492. Das Recht des
Fußsteiges begreift das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von
Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Mit dem
Viehtriebe ist das Recht, einen Schiebkarren zu gebrauchen; und, mit dem
Fahrwege das Recht, mit Einem oder mehrern Zügen zu fahren, verbunden.
§. 493. Hingegen kann,
ohne besondere Bewilligung das Recht zu gehen, nicht auf das Recht, zu reiten
oder sich durch Thiere tragen zu lassen; weder das Recht des Viehtriebes auf
das Recht, schwere Lasten über den dienstbaren Grund zu schleifen; noch das
Recht zu fahren, auf das Recht, frey gelassenes Vieh darüber zu treiben,
ausgedehnet werden.
§. 494. Zur Erhaltung
des Weges, der Brücken und Stege tragen verhältnißmäßig alle Personen oder
Grundbesitzer, denen der Gebrauch derselben zusteht, folglich auch der Besitzer
des dienstbaren Grundes, so weit bey, als er davon Nutzen zieht.
Raum hierzu.
§. 495. Der Raum für
diese drey Servituten muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes
angemessen seyn. Werden Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen
andern Zufall unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand,
wenn nicht schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein neuer
Raum angewiesen werden.
Recht, Wasser zu
schöpfen.
§. 496. Mit dem Rechte,
fremdes Wasser zu schöpfen, wird auch der Zugang zu demselben gestattet.
Recht der Wasserleitung
§. 497. Wer das Recht
hat, Wasser von fremdem Grunde auf den seinigen; oder, von seinem Grunde auf
fremden zu leiten, ist auch berechtigt, die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und
Schleußen auf eigene Kosten anzulegen. Das nicht zu überschreitende Maß dieser
Anlagen wird durch das Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.
Weiderecht.
§. 498. Ist bey
Erwerbung des Weiderechtes die Gattung und die Anzahl des Triebviehes; ferner,
die Zeit und das Maß des Genusses nicht bestimmt worden; so ist der ruhige
dreyßigjährige Besitz zu schützen. In zweifelhaften Fällen dienen folgende Vorschriften
zur Richtschnur.
Gesetzliche Bestimmung:
a) über die Gattung des
Triebviehes;
§. 499. Das Weiderecht
erstrecket sich, in so weit die politischen und im Forstwesen gegebenen
Verordnungen nicht entgegenstehen, auf jede Gattung von Zug-, Rind- und
Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh; eben so wenig in waldigen
Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes Vieh ist stets von der
Weide ausgeschlossen.
b) dessen Anzahl;
§. 500. Hat die Anzahl
des Triebviehes während der letzten dreyßig Jahre abgewechselt; so muß aus dem
Triebe der drey ersten Jahre die Mittelzahl angenommen werden. Erhellet auch
diese nicht; so ist theils auf den Umfang, theils auf die Beschaffenheit der
Weide billige Rücksicht zu nehmen, und dem Berechtigten wenigstens nicht
gestattet, daß er mehr Vieh auf der fremden Weide halte, als er mit dem auf dem
herrschenden Grunde erzeugten Futter durchwintern kann. Säugevieh wird nicht
zur bestimmten Anzahl gerechnet.
c) Triftzeit;
§. 501. Die Triftzeit
wird zwar überhaupt durch den in jeder Feldmarke eingeführten unangefochtenen
Gebrauch bestimmt: allein in keinem Falle darf der vermöge politischer
Bestimmungen geordnete Wirtschaftsbetrieb durch die Behütung verhindert, oder
erschweret werden.
d) Maß des Genusses.
§. 502. Der Genuß des
Weiderechtes erstreckt sich auf keine andere Benutzung. Der Berechtigte darf
weder Gras mähen, noch in der Regel den Eigenthümer des Grundstückes von der
Mitweide ausschließen, am wenigsten aber die Substanz der Weide verletzen.
Wenn ein Schade zu
befürchten ist, muß er sein Vieh von einem Hirten hüthen lassen.
Anwendung dieser
Bestimmungen auf andere Servituten.
§. 503. Was bisher in
Rücksicht auf das Weiderecht vorgeschrieben worden, ist verhältnißmäßig auch
auf die Rechte des Thierfanges, des Holzschlages, des Steinbrechens und die
übrigen Servituten anzuwenden. Glaubt jemand diese Rechte auf das Miteigenthum
gründen zu können; so sind die darüber entstehenden Streitigkeiten nach den, in
dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen
zu entscheiden.
Persönliche
Dienstbarkeiten; insbesondere:
1) das Recht des
Gebrauches;
§. 504. Die Ausübung
persönlicher Servituten wird, wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach
folgenden Grundsätzen bestimmt: Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß
jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu
seinem Bedürfnisse zu benützen.
Bestimmung in Rücksicht
der Nutzungen;
§. 505. Wer also das
Gebrauchsrecht einer Sache hat, der darf, ohne Rücksicht auf sein übriges
Vermögen, den seinem Stande, seinem Gewerbe, und seinem Hauswesen angemessenen
Nutzen davon ziehen.
§. 506. Das Bedürfniß
ist nach dem Zeitpuncte der Bewilligung des Gebrauches zu bestimmen.
Nachfolgende Veränderungen in dem Stande oder Gewerbe des Berechtigten geben
keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren Gebrauch.
der Substanz;
§. 507. Der Berechtigte
darf die Substanz der ihm zum Gebrauche bewilligten Sache nicht verändern; er
darf auch das Recht an keinen Andern übertragen.
und der Lasten;
§. 508. Alle
Benützungen, die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache
schöpfen lassen, kommen dem Eigenthümer zu Statten. Dieser ist aber verbunden,
alle ordentliche und außerordentliche, auf der Sache haftende Lasten zu tragen,
und sie auf seine Kosten in gutem Stande zu erhalten. Nur wenn die Kosten
denjenigen Nutzen übersteigen, der dem Eigenthümer übrig bleibt, muß der
Berechtigte den Ueberschuß tragen, aber vom Gebrauche abstehen.
2) der Fruchtnießung.
§. 509. Die Fruchtnießung
ist das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne alle
Einschränkung zu genießen.
In wie fern sie sich
auf verbrauchbare Sachen erstrecken könne.
§. 510. Verbrauchbare
Sachen sind an sich selbst kein Gegenstand des Gebrauches oder der Fruchtnießung,
sondern nur ihr Werth. Mit dem baren Gelde kann der Berechtigte nach Belieben
verfügen. Wird aber ein bereits anliegendes Capital zum Fruchtgenusse oder
Gebrauche bewilliget; so kann der Berechtigte nur die Zinsen fordern.
Rechte und Verbindlichkeiten
des Fruchtnießers.
§. 511. Der
Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen, sowohl gewöhnlichen als
ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit Beobachtung der
bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von Bergwerksantheilen, und
das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz, welcher in dem zur
Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen Anspruch.
Insbesondere:
a) in Rücksicht der auf
der Sache haftenden Lasten;
§. 512. Als ein reiner Ertrag
kann aber nur das angesehen werden, was nach Abzug aller nöthigen Auslagen
übrig bleibt. Der Fruchtnießer übernimmt also alle Lasten, welche zur Zeit der
bewilligten Fruchtnießung mit der dienstbaren Sache verbunden waren, mithin
auch die Zinsen der darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen alle
ordentliche und außerordentliche, von der Sache zu leistende Schuldigkeiten, in
so fern sie aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen
bestritten werden können; er trägt auch die Kosten, ohne welche die Früchte
nicht erzielet werden.
b) der Erhaltung der
Sache;
§. 513. Der
Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare Sache als ein guter Haushälter in
dem Stande, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten, und aus dem Ertrage
die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu besorgen. Wird dessen
ungeachtet der Werth der dienstbaren Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuß
ohne Verschulden des Fruchtnießers verringert; so ist er dafür nicht
verantwortlich.
c) der Bauführungen;
§. 514. Wenn der
Eigenthümer Bauführungen, die durch das Alter des Gebäudes, oder durch einen
Zufall nothwendig gemacht werden, auf Anzeige des Fruchtnießers auf seine
Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer, nach Maß der dadurch verbesserten
Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten Capitals zu vergüten schuldig.
§. 515. Kann oder will
der Eigenthümer dazu sich nicht verstehen; so ist der Fruchtnießer berechtigt,
entweder den Bau zu führen, und nach geendigter Fruchtnießung, gleich einem
redlichen Besitzer, den Ersatz zu fordern; oder, für die durch Unterbleibung
des Baues vermißte Fruchtnießung, eine angemessene Vergütung zu verlangen.
§. 516. Bauführungen,
welche nicht nothwendig, obgleich sonst zur Vermehrung des Ertrages gedeihlich
sind, ist der Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu
gestatten.
d) der
Meliorationskosten.
§. 517. Was der
Fruchtnießer ohne Einwilligung des Eigenthümers zur Vermehrung fortdauernder
Nutzungen verwendet hat, kann er zurücknehmen; eine Vergütung der aus der
Verbesserung noch bestehenden Nutzungen aber kann er nur fordern, in so fern
sie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu fordern berechtigt ist.
Beweismittel darüber.
§. 518. Zur
Erleichterung des Beweises der gegenseitigen Forderungen, sollen der Eigenthümer
und der Fruchtnießer eine beglaubte Beschreibung aller dienstbaren Sachen
aufnehmen lassen. Ist sie unterlassen worden; so wird vermuthet, daß der
Fruchtnießer die Sache sammt allen zur ordentlichen Benützung derselben
erforderlichen Stücken in brauchbarem Zustande von mittlerer Beschaffenheit
erhalten habe.
Zutheilung der
Nutzungen bey Erlöschung der Fruchtnießung.
§. 519. Nach geendigter
Fruchtnießung gehören die noch stehenden Früchte dem Eigenthümer; doch muß er
die auf deren Erzielung verwendeten Kosten dem Fruchtnießer oder dessen Erben,
gleich einem redlichen Besitzer, ersetzen. Auf andere Nutzungen haben der
Fruchtnießer oder dessen Erben den Anspruch nach Maß der Dauer der
Fruchtnießung.
In wie fern der
Gebrauchsberechtigte oder der Fruchtnießer zur Sicherstellung verbunden sey.
§. 520. In der Regel
kann der Eigenthümer von dem Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey
einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie
nicht geleistet; so soll die Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige
Abfindung überlassen, oder nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben
werden.
Dienstbarkeit der
Wohnung.
§. 521. Die Servitut
der Wohnung ist das Recht, die bewohnbaren Theile eines Hauses zu seinem
Bedürfnisse zu benützen. Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem
Wohngebäude. Werden aber jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit
Schonung der Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es
eine Fruchtnießung des Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen
Vorschriften auf das rechtliche Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem
Eigenthümer anzuwenden.
§. 522. In jedem Falle
behält der Eigenthümer das Recht, über alle Theile des Hauses, die nicht zur
eigentlichen Wohnung gehören, zu verfügen; auch darf ihm die nöthige Aufsicht
über sein Haus nicht erschweret werden.
Klagerecht in Rücksicht
der Servituten.
§. 523. In Ansehung der
Servituten findet ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den
Eigenthümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich
über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die
Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz derselben als eines
dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung der Servitut in seiner
Sache beweisen.
Erlöschung der
Dienstbarkeiten.
Im Allgemeinen.
§. 524. Die Servituten
erlöschen im Allgemeinen auf diejenigen Arten, wodurch, nach dem dritten und
vierten Hauptstücke des dritten Theiles, Rechte und Verbindlichkeiten überhaupt
aufgehoben werden.
Besondere Anordnung bey
deren Erlöschung:
a) durch den Untergang
des dienstbaren oder herrschenden Grundes.
§. 525. Der Untergang
des dienstbaren oder des herrschenden Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit
ein; sobald aber der Grund, oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand
gesetzt ist, erhält die Servitut wieder ihre vorige Kraft.
b) durch Vereinigung;
§. 526. Wenn das
Eigenthum des dienstbaren und des herrschenden Grundes in Einer Person vereiniget
wird, hört die Dienstbarkeit von selbst auf. Wird aber in der Folge Einer
dieser vereinigten Gründe wieder veräußert, ohne daß inzwischen in den
öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit gelöschet worden; so ist der neue
Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die Servitut auszuüben.
c) durch Zeitverlauf.
§. 527. Hat das bloß
zeitliche Recht desjenigen, der die Servitut bestellt hat, oder die Zeit, auf
welche sie beschränkt worden ist, dem Servituts-Inhaber aus öffentlichen
Büchern, oder auf eine andere Art bekannt seyn können; so hört nach Verlauf
dieser Zeit die Servitut von selbst auf.
§. 528. Eine Servitut,
welche jemanden bis zur Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht,
verliehen wird, erlischt erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor
diesem Alter verstorben ist.
Erlöschung der
persönlichen Servituten insbesondere.
§. 529. Persönliche
Servituten hören mit dem Tode auf. Werden sie ausdrücklich auf die Erben
ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben darunter
verstanden. Das einer Familie verliehene Recht aber geht auf alle Mitglieder
derselben über. Die von einer Gemeinde oder einer andern moralischen Person
erworbene persönliche Servitut dauert so lange, als die moralische Person
besteht.
Unanwendbarkeit auf
beständige Renten.
§. 530. Beständige
jährliche Renten sind keine persönliche Servitut, und können also ihrer Natur
nach auf alle Nachfolger übertragen werden.
Achtes Hauptstück.
Von dem Erbrechte.
Verlassenschaft.
§. 531. Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines
Verstorbenen, in so fern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet
sind, heißt desselben Verlassenschaft oder Nachlaß.
Erbrecht und Erbschaft.
§. 532. Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen in
Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein
Drittheil) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht,
welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam
ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft,
in Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.
Titel zu dem Erbrechte.
§. 533. Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift
erklärten Willen des Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen
Erbvertrag (§. 602), oder auf das Gesetz.
§. 534. Die erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben
einander bestehen, so daß einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter
Theil aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten
aus dem Gesetze gebührt.
Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtniß.
§. 535. Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen
Nachlaß bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von
gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das
Zugedachte, obschon dessen Werth den größten Theil der Verlassenschaft
ausmacht, ein Vermächtniß (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden,
ist nicht als ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu
betrachten.
Zeitpunct des Erbanfalles.
§. 536. Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt
ein vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte
Erbrecht auch nicht auf seinen Erben übertragen können.
§. 537. Hat der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch
vor Uebernahme der Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine
Erben über; wenn es anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht
erloschen war.
Fähigkeit zu erben.
§. 538. Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel
auch erben. Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf
eine bestimmte Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des
Erbrechtes überhaupt, oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig
geworden.
§. 539. In wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig
sind, bestimmen die politischen Vorschriften.
Ursachen der Unfähigkeit.
§. 540. Wer gegen den Erblasser eine gerichtlich strafbare Handlung, die
nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger
Freiheitsstrafe bedroht ist, begangen oder seine aus dem Rechtsverhältnis
zwischen Eltern und Kindern sich ergebenden Pflichten dem Erblasser gegenüber
gröblich vernachlässigt hat, ist so lange des Erbrechts unwürdig, als sich
nicht aus den Umständen entnehmen läßt, daß ihm der Erblasser vergeben habe.
§. 541. Bei gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen,
welcher sich des Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge
berufen, wenngleich er den Erblasser überlebt hat.
§. 542. Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen;
oder betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des letzten
Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten Willen
unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für allen
einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§. 543. Personen, welche des Ehebruches, oder der Blutschande
gerichtlich geständig, oder überwiesen sind, werden unter sich von dem
Erbrechte aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen.
§. 544. In wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die
Kriegsdienste ohne ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes
verlustig werden, bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.
§. 545. Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen
Erbanfalles bestimmet werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des
Erblassers. (§. 703.)
§. 546. Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu
entziehen, was ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.
Wirkung der Annahme der Erbschaft.
§. 547. Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in
Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen
Dritten für Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die
Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen
würde.
§. 548. Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu
leisten gehabt hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten
Geldstrafen, wozu der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf
den Erben über.
§. 549. Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die
Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des
Verstorbenen angemessene Begräbniß.
§. 550. Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen
Erbrechtes für Eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der
gerichtlichen Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer
für alle. In wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in
dem Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
Verzicht auf das Erbrecht.
§. 551. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt,
durch Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtleistung wirkt,
wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen.
Neuntes Hauptstück.
Von der Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins
besondere.
Erklärung des letzten Willens.
§. 552. Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen
Theil desselben Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall
überläßt, heißt eine Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse:
I. Innere Form.
§. 553. Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt
sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Zutheilung der Erbschaft:
a) wenn nur Ein Erbe;
§. 554. Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil
der Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den
ganzen Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze
bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den gesetzlichen
Erben zu.
b) wenn mehrere ohne Theilung;
§. 555. Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt
worden, so theilen sie zu gleichen Theilen.
c) wenn alle in bestimmten Theilen;
§. 556. Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die
aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen
Theile den gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen
Nachlasse berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er
in der Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas
übergangen hätte.
d) wenn einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.
§. 557. Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter Theil
(z. B. ein Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes
ausgemessen; so erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.
§. 558. Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen
für den unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden,
daß er einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht
worden ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem
unbestimmt eingesetzten Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil
mit ihnen empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet
hat, ist die Theilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des
Erblassers nach den über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste
erfüllt wird.
Welche Erben als Eine Person betrachtet werden.
§. 559. Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen,
wovon einige bey der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person
angesehen werden müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des
Erblassers); so werden sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als
Eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die
Armen) werden immer nur für Eine Person gerechnet.
Recht des Zuwachses.
§. 560. Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem
allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und
es kann, oder will einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen;
so wächst der erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§. 561. Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne
Bestimmung des Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem
einzelnen, oder den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§. 562. Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das
Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt
ein erledigter Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil
eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§. 563. Wer den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit
verknüpften Lasten, in so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des
eingesetzten Erben eingeschränkt sind.
§. 564. Der Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen
Ernennung nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.
Die Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.
§. 565 Der Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung
eines ihm gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit;
mit Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume
erkläret werden.
Ursachen der Unfähigkeit zu testiren;
1) Mangel der Besonnenheit;
§. 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung in einem die hiefür
erforderliche Besonnenheit ausschließenden Zustand, wie dem einer psychischen
Krankheit, einer geistigen Behinderung oder der Trunkenheit, geschehen sei, so
ist sie ungültig.
§. 567. Wenn behauptet
wird, daß der Erblasser, welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte,
zur Zeit der letzten Anordnung bey voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die
Behauptung durch Kunstverständige, oder durch obrigkeitliche Personen, die den
Gemüthszustand des Erblassers genau erforschten, oder durch andere zuverlässige
Beweise außer Zweifel gesetzt werden.
§. 568. Eine Person,
für die ein Sachwalter nach § 273 bestellt ist, kann, sofern dies gerichtlich
angeordnet ist, nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren; dies gilt nicht
im Fall des § 597. Das Gericht muss sich durch eine angemessene Erforschung zu
überzeugen suchen, dass die Erklärung des letzten Willens frei und mit
Überlegung geschehe. Die Erklärung muss in ein Protokoll aufgenommen, und
dasjenige, was sich aus der Erforschung ergeben hat, beigerückt werden.
3) unreifes Alter;
§. 569. Unmündige sind
zu testieren unfähig. Mündige Minderjährige können, außer im Fall des § 597,
nur mündlich vor Gericht oder Notar testieren. § 568 zweiter und dritter Satz
gelten entsprechend.
4) wesentlicher
Irrthum;
§. 570. Ein
wesentlicher Irrthum des Erblassers macht die Anordnung ungültig. Der Irrthum
ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person, welche er bedenken, oder den
Gegenstand, welchen er vermachen wollte, verfehlet hat.
§. 571. Zeigt sich, daß
die bedachte Person, oder die vermachte Sache nur unrichtig benannt, oder
beschrieben worden; so ist die Verfügung gültig.
§. 572. Auch wenn der
von dem Erblasser angegebene Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die
Verfügung gültig; es wäre denn erweislich, daß der Wille des Erblassers einzig
und allein auf diesem irrigen Beweggrunde beruht habe.
5) Ordensgelübde;
§. 573. Ordenspersonen
sind in der Regel nicht befugt, zu testiren: allein, wenn der Orden eine
besondere Begünstigung, daß seine Glieder testiren können, erlangt hat; wenn
Ordenspersonen die Auflösung von den Gelübden erhalten haben; wenn sie durch
Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder Klosters aus ihrem Stande getreten sind;
oder wenn sie in einem solchen Verhältnisse angestellt sind, daß sie vermöge
der politischen Verordnungen nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder
Klosters angesehen werden, sondern vollständiges Eigenthum erwerben können; so
ist es ihnen erlaubt, durch Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
6) schwere
Criminal-Strafe;
§. 574. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
Zeitpunct der
Gültigkeit der Anordnung.
§. 575. Ein
rechtsgültig erklärter letzter Wille kann durch später eintretende Hindernisse
seine Gültigkeit nicht verlieren.
§. 576. Einen anfänglich
ungültigen letzten Willen macht die später erfolgte Aufhebung des Hindernisses
nicht gültig. Wird in diesem Falle keine neue Verfügung getroffen; so tritt das
gesetzliche Erbrecht ein.
II.) Aeußere Form der
Erklärungen des letzten Willens;
§. 577. Man kann
außergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich oder mündlich; schriftlich aber
mit, oder ohne Zeugen testiren.
1) der
außergerichtlichen schriftlichen;
§. 578. Wer
schriftlich, und ohne Zeugen testiren will, der muß das Testament oder Codicill
eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem Nahmen unterfertigen. Die
Beysetzung des Tages, des Jahres, und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet
wird, ist zwar nicht nothwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten
räthlich.
§. 579. Einen letzten
Willen, welchen der Erblasser von einer anderen Person niederschreiben ließ,
muß er eigenhändig unterfertigen. Er muß ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon
wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, daß
der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte. Endlich müssen sich auch die
Zeugen, entweder inwendig oder von außen, immer aber auf der Urkunde selbst,
und nicht etwa auf einem Umschlag, mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen
hinweisenden Zusatz unterschreiben. Den Inhalt des Testaments hat der Zeuge zu
wissen nicht nötig.
§. 580. Ein Erblasser,
welcher nicht schreiben kann, muß nebst Beobachtung der in dem vorigen §.
vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und
zwar in Gegenwart aller drey Zeugen, eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung
eines bleibenden Beweises, wer der Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß
Einer der Zeugen den Nahmen des Erblassers als Nahmensunterfertiger beysetze.
§. 581. Wenn der
Erblasser nicht lesen kann, so muß er den Aufsatz von einem Zeugen in Gegenwart
der anderen zwei Zeugen, die den Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen,
und bekräftigen, daß derselbe seinem Willen gemäß sei. Der Schreiber des
letzten Willens kann in allen Fällen zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der
Erblasser nicht lesen kann, von der Vorlesung des Aufsatzes ausgeschlossen.
§. 582. Eine Verfügung
des Erblassers durch Beziehung auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur
dann von Wirkung, wenn ein solcher Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer
letzten Willenserklärung nöthigen Erfordernissen versehen ist. Außer dem können
dergleichen von dem Erblasser angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur
Erläuterung seines Willens angewendet werden.
§. 583. In der Regel
gilt ein und derselbe Aufsatz nur für Einen Erblasser. Die Ausnahme in
Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.
§. 584. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 585. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 586. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 29, BGBl I 2004/Nr. 58.)
2. der gerichtlichen
§. 587. Der Erblasser
kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder mündlich testiren. Die
schriftliche Anordnung muß von dem Erblasser wenigstens eigenhändig
unterschrieben seyn, und dem Gerichte persönlich übergeben werden. Das Gericht
hat den Erblasser auf den Umstand, daß seine eigenhändige Unterschrift
beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz gerichtlich zu
versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter Wille darin
enthalten sey. Ueber das Geschäft ist ein Protokoll aufzunehmen, und der
Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines gerichtlich zu hinterlegen.
§. 588. Will der
Erblasser seinen Willen mündlich erklären; so ist die Erklärung in ein
Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem vorhergehenden §. von
dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist, versiegelt zu hinterlegen.
§. 589. Das Gericht,
welches die schriftliche oder mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt,
muß wenigstens aus zwey eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren
Einer in dem Orte, wo die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht.
Die Zeugenschaft der zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch
zwey andere Zeugen vertreten.
§. 590. Im Notfall
können sich die Gerichtspersonen zum Erblasser begeben, um seinen letzten
Willen zu Protokoll zu nehmen.
Unfähige Zeugen bey
letzten Anordnungen.
§. 591. Personen unter
achtzehn Jahren, Personen, denen auf Grund einer Behinderung die Fähigkeit
fehlt, entsprechend der jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des
Erblassers zu bezeugen, sowie diejenigen, welche die Sprache des Erblassers
nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen nicht Zeugen sein.
§. 592. (Anm.:
Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 593. (Anm.:
Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)
§. 594. Ein Erbe oder
Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und
eben so wenig dessen Gatte, Aeltern, Kinder, Geschwister, oder in eben dem
Grade verschwägerte Personen und die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung
muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben; oder, durch
drey von den gedachten Personen verschiedene Zeugen bestätiget werden.
§. 595. Wenn der
Erblasser demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen
Ehegatten, Kindern, Aeltern, Geschwistern oder in eben dem Grade verschwägerten
Personen einen Nachlaß bestimmt; so muß die Anordnung auf die im vorgehenden §.
erwähnte Art außer Zweifel gesetzt seyn.
§. 596. Was von der
Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die Person des Erblassers außer
Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die gerichtlichen Personen, die
einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.
Von den begünstigten
letzten Anordnungen.
§. 597. Droht
unmittelbar die Gefahr, dass der Erblasser stirbt oder die Fähigkeit zu
testieren verliert, bevor er seinen letzten Willen auf andere Weise zu erklären
vermag, so kann er auch mündlich oder schriftlich (§ 579) unter Beiziehung
zweier fähiger Zeugen testieren, die zugleich gegenwärtig sein müssen. Ein so
erklärter letzter Wille verliert drei Monate nach Wegfall der Gefahr seine
Gültigkeit.
Eine mündliche letzte
Anordnung muss auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch die
übereinstimmenden Aussagen der zwei Zeugen bestätigt werden, widrigenfalls
diese Erklärung des letzten Willens ungültig ist (§ 601).
§. 598. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 599. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)
§. 600. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 33, BGBl I 2004/Nr. 58.)
Ungültigkeit der
unförmlichen letzten Anordnungen.
§. 601. Wenn der
Erblasser Eines der hier vorgeschriebenen, und nicht ausdrücklich der bloßen
Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht beobachtet hat; so ist die letzte
Willenserklärung ungültig.
Erbverträge sind nur
unter Ehegatten gültig.
§. 602. Erbverträge
über die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf das Ganze
bestimmten Theil derselben, können nur unter Ehegatten gültig geschlossen
werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten
enthalten.
Von Schenkungen auf den
Todesfall. Beziehung.
§. 603. In wie fern
eine Schenkung auf den Todesfall als ein Vertrag, oder als ein letzter Wille zu
betrachten sey, wird in dem Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.
Zehntes Hauptstück.
Von Nacherben und
Fideicommissen.
Gemeine Substitution.
§. 604. Jeder Erblasser
kann für den Fall, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen;
und, wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle
einen dritten, oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt
eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§. 605. Hat der
Erblasser aus den bestimmten Fällen, daß der ernannte Erbe nicht Erbe seyn
kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will, nur Einen ausgedrückt; so ist der
andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben.
§. 606. Die dem Erben
aufgelegten Lasten werden auch auf den an seine Stelle tretenden Nacherben
ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen Willen, oder die
Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben eingeschränkt sind.
§. 607. Sind die
Miterben allein wechselseitig zu Nacherben berufen worden; so wird angenommen,
daß der Erblasser die in der Einsetzung ausgemessenen Theile auch auf die
Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in der Substitution, außer den
Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der erledigte Erbtheil Allen zu
gleichen Theilen zu.
Fideicommissarische.
§. 608. Der Erblasser
kann seinen Erben verpflichten, daß er die angetretene Erbschaft nach seinem
Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem zweyten ernannten Erben überlasse.
Diese Anordnung wird eine fideicommissarische Substitution genannt. Die
fideicommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in sich.
In wie fern die Aeltern
ihren Kindern substituiren dürfen.
§. 609. Auch die
Aeltern können ihren Kindern, selbst in dem Falle, daß diese zu testiren
unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen
Erben oder Nacherben ernennen.
Stillschweigende
fideicommissarische Substitution.
§. 610. Hat der
Erblasser dem Erben verbothen, über den Nachlaß zu testiren; so ist es eine
fideicommissarische Substitution, und der Erbe muß den Nachlaß für seine
gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth, die Sache zu veräußern, schließt
das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.
Einschränkung der
fideicommissarischen Substitution.
§. 611. Die Reihe, in
welcher die fideicommissarischen Erben auf einander folgen sollen, wird, wenn
sie Alle Zeitgenossen des Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich
auf den Dritten, Vierten und noch weiter ausdehnen.
§. 612. Sind es nicht
Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die zur Zeit des errichteten
Testamentes noch nicht geboren sind; so kann sich die fideicommissarische
Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und andere bewegliche Sachen bis auf den
zweyten Grad erstrecken. In Ansehung unbeweglicher Güter gilt sie nur auf den
ersten Grad; doch wird bey Bestimmung der Grade nur derjenige Nacherbe gezählt,
welcher zum Besitze der Erbschaft gelangt ist.
Rechte des Erben bey einer fideicommisarischen Substitution.
§. 613. Bis der Fall
der fideicommissarischen Substitution eintritt, kommt den eingesetzten Erben
das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines
Fruchtnießers zu.
Auslegung der Substitutionen.
§. 614. Ist eine
Substitution zweifelhaft ausgedrückt; so ist sie auf eine solche Art
auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über das Eigenthum zu verfügen, am
mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der
gemeinen und fideicommissarischen Substitution.
§. 615. Die gemeine
Substitution erlischt, sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten
hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr
übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört.
Sofern nicht ein anderer
Wille des Erblassers anzunehmen ist, geht das Recht des fideikommissarischen
Erben auch dann auf dessen Erben über (§ 537), wenn er den Eintritt des
Substitutionsfalles nicht erlebt.
§. 616. Ins besondere
verliert die einem Testierunfähigen gemachte fideicommissarische Substitution
(§§. 608-609.) ihre Kraft, wenn bewiesen wird, daß er zur Zeit seiner letzten
Anordnung bey voller Besonnenheit war; oder, wenn ihm das Gericht wegen
erlangten Verstandgebrauches die freye Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat;
und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder
unter einen Curator gesetzt worden ist, und in der Zwischenzeit keine letzte
Anordnung errichtet hat.
§. 617. Die von einem
Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte,
gemachte Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen
hat.
Fideicommiß.
§. 618. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Hauptarten der Fideicommisse:
§. 619. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 620. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Erbfolge in denselben.
§. 621. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 622. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 623. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 624. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 625. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 626. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bedingungen zur Errichtung eines Fideicommisses.
§. 627. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Widerruf der Errichtung.
§. 628. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Grundsatz über die
Rechte der Anwärter u. des Inhabers des Fideicommisses.
§. 629. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Besondere Rechte der Anwärter.
§. 630. (Anm.: Aufgehoben
durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Uneingeschränkte Rechte des Inhabers u. Verbindlichkeiten desselben.
§. 631. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Eingeschränkte Rechte:
a) zur Verzichtung und Verpfändung.
§. 632. (Anm.: Aufgehoben
durch dRGBl I 1938/S. 825.)
b) zur Verwandlung, Vertauschung oder Erbverpachtung des
Fideicommiß-Gutes.
§. 633. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 634. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
c) Verschuldung.
§. 635. (Anm.: Aufgehoben
durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Bestimmung des zu verschuldenden Drittheils,
§. 636. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
und des Werthes des Fideicommiß-Gutes.
§. 637. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Art der Rückzahlung.
§. 638. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 639. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Haftung des Nachfolgers für die Schulden.
§. 640. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 641. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
§. 642. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Theilung der Früchte des letzten Jahres.
§. 643. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Auflösung,
§. 644. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
oder Erlöschung eines Fideicommisses.
§. 645. (Anm.:
Aufgehoben durch dRGBl I 1938/S. 825.)
Unterschied eines Fideicommisses von Stiftungen.
§. 646. Von den
Substitutionen und Fideicommissen unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch
die Einkünfte von Capitalien, Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen
Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser;
oder zum Unterhalte gewisser Personen auf alle folgende Zeiten bestimmt werden.
Die Vorschriften über Stiftungen sind in den politischen Verordnungen
enthalten.
Eilftes Hauptstück.
Von Vermächtnissen.
Von wem, wie und wem legiret;
§. 647. Zur Gültigkeit
eines Vermächtnisses (§. 535.) ist nothwendig, daß es von einem fähigen Erblasser,
einer Person, die zu erben fähig ist, durch eine gültige letzte
Willenserklärung hinterlassen werde.
§. 648. Der Erblasser
kann auch Einem oder mehrern Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in
Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung des Vermächtnisses beschweret werden könne.
§. 649. Die
Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in dem Falle, daß die
einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Maß ihres Erbtheiles
zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats
einem Miterben, oder auch einem Legatar besonders auftragen wolle.
§. 650. Ein Legatar
kann sich von der vollständigen Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern
Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es den Werth des ihm zugedachten Legats
übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat nicht an; so muß
derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen, oder das ihm zugefallene
Vermächtniß dem darauf gewiesenen Vermächtnißnehmer überlassen.
§. 651. Ein Erblasser,
welcher ein Legat einer gewissen Classe von Personen, als: Verwandten,
Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Vertheilung, welchen aus
diesen Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten
überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt; so bleibt die Wahl dem
Erben vorbehalten.
Substitutionen bey Vermächtnissen.
§. 652. Der Erblasser
kann bey einem Vermächtnisse eine gemeine, oder fideicommissarische
Substitution anordnen; dabey sind die in dem vorigen Hauptstücke gegebenen
Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines Vermächtnisses.
§. 653. Alles, was im
gemeinen Verkehre steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die
einen Werth haben, können vermacht werden.
§. 654. Werden Sachen
vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre stehen, die aber der Legatar zu
besitzen für seine Person unfähig ist, so wird ihm der ordentliche Werth
vergütet.
Allgemeine Auslegungsregel bey Vermächtnissen.
§. 655. Worte werden
auch bey Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung genommen; es müßte denn
bewiesen werden, daß der Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen
besondern Sinn zu verbinden gewohnt gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß
sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über das Vermächtniß:
a) von Sachen einer gewissen Gattung;
§. 656. Hat der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, aber ohne eine nähere
Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche Sachen in der Verlassenschaft
vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu. Er muß aber ein Stück wählen, wovon
der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar überlassen, Eine von den
mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so kann er auch die beste wählen.
§. 657. Wenn der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus
seinem Eigenthume vermacht hat, und es finden sich dergleichen gar nicht in der
Verlassenschaft; so verliert das Vermächtniß seine Wirkung. Finden sie sich
nicht in der verordneten Menge; so muß sich der Legatar mit den vorhandenen
begnügen.
§. 658. Vermacht der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus
seinem Eigenthume, und es finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft;
so muß der Erbe sie dem Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen
angemessenen, Eigenschaft verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet
den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der
Verlassenschaft vorhanden sey oder nicht.
§. 659. Der Erblasser
kann die Auswahl, welche Sache aus mehrern der Legatar haben soll, auch einem
Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl
gestorben; so bestimmt die Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den
Stand und das Bedürfniß des Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch
in dem Falle ein, daß der Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben
ist.
b) das Vermächtniß
einer bestimmten Sache;
§. 660. Das Vermächtniß
einer bestimmten Sache kann von dem Legatar, wenn es in Einer oder in verschiedenen
Anordnungen wiederhohlt wird, nicht zugleich in Natur, und dem Werthe nach
verlangt werden. Andere Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der nähmlichen
Art oder den nähmlichen Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so oft, als sie
wiederhohlt worden sind.
§. 661. Das Vermächtniß
ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon
ein Eigenthum des Legatars war. Hat er es später an sich gebracht; so wird ihm
der ordentliche Werth bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und
zwar unentgeldlich erhalten hat, ist das Vermächtniß für aufgehoben zu halten.
c) einer fremden Sache;
§. 662. Das Vermächtniß
einer fremden Sache, die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar,
welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den
erwähnten Personen ein Antheil oder Anspruch an der Sache; so ist das
Vermächtniß nur von diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die
vermachte Sache verpfändet oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die
darauf haftenden Lasten. Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß
eine bestimmte fremde Sache gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle,
der Eigenthümer hingegen sie um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so
ist dem Legatar dieser Werth zu entrichten.
d) einer Forderung;
§. 663. Das Vermächtniß
einer Forderung, die der Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet
den Erben, den Schuldschein zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung
von der Schuld und den rückständigen Zinsen auszufertigen.
§. 664. Vermacht der
Erblasser jemanden eine Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat; so
muß der Erbe die Forderung sammt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen
dem Legatar überlassen.
§. 665. Das Vermächtniß
der Schuld, die der Erblasser dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung,
daß der Erbe die von dem Erblasser bestimmt ausgedrückte, oder von dem Legatar
ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der
Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur
Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muß. Den
gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum
Nachtheile gereichen.
§. 666. Die Erlassung der
Schuld ist nur von den gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem
errichteten Vermächtnisse entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein
Vermächtniß das Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus
nicht, daß auch die Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen
verlängert; so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§. 667. Wenn der
Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe
vermacht; so wird nicht vermuthet, daß er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe
tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die Summe doppelt; ein Mahl als
Schuld, und dann als Vermächtniß.
§. 668. Unter dem
Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen sind doch weder die Forderungen
aus öffentlichen Credits-Papieren, noch auch die auf einem unbeweglichen Gute
haftenden Capitalien, oder die aus einem dinglichen Rechte entstehenden
Forderungen begriffen.
e) des Heirathsgutes;
§. 669. Das Heirathsgut
kann vermacht werden, entweder um den Gatten von der Zurückzahlung desselben zu
befreyen; oder, um den Erben zu verpflichten, daß er der Gattinn die als
Heirathsgut eingebrachte Summe oder Sache ohne Beweis, und ohne Abzug der
darauf verwendeten Kosten abführe. Hier gelten die für andere vermachte
Forderungen gegebenen Vorschriften.
§. 670. Vermacht der
Erblasser einer dritten Person ein unbestimmtes Heiratsgut, so versteht man
darunter, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Vermögen, ein solches Heiratsgut, das
die Eltern dieser Person zu geben schuldig wären, wenn sie ein ihren
Lebensverhältnissen entsprechendes durchschnittliches Vermögen hätten.
§. 671. Vermachen
Aeltern den Töchtern ein Heirathsgut; so wird dasselbe, wofern es nicht
ausdrücklich als ein Vorausvermächtniß erkläret worden, in den gesetzlichen
oder letztwilligen Erbtheil eingerechnet.
f) des Unterhaltes; der
Erziehung; oder Kost;
§. 672. Das Vermächtniß
des Unterhaltes begreift Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen
Bedürfnisse, und zwar auf lebenslang, wie auch den nöthigen Unterricht in sich.
Alles dieses wird auch unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich
mit der Volljährigkeit. Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang
begriffen.
§. 673. Das Maß der im
vorstehenden §. angeführten Vemächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen,
noch aus dem stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten
Willen des Erblassers erhellet, muß nach dem Stande bestimmt werden, welcher
dem Legatar eigen ist, oder, wozu er durch die genossene Verpflegung
vorbereitet worden ist.
g) der Mobilien; des
Hausrathes;
§. 674. Unter Mobilien
(Meublen) werden nur die zum anständigen Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath
oder Einrichtung zugleich die zur Führung der Haushaltung erforderlichen
Geräthschaften verstanden. Die Werkzeuge zum Betriebe der Gewerbes sind, ohne
eine deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses;
§. 675. Ist jemanden
ein Behältniß vermacht worden, welches nicht für sich selbst bestehet, sondern
nur ein Theil eines Ganzen ist; so wird in der Regel vermuthet, daß nur
diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche sich bey dem Ableben des
Erblassers darin vorfinden, und zu deren Aufbewahrung das Behältniß seiner
Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser gewöhnlich verwendet worden ist.
§. 676. Ist hingegen das
Behältniß beweglich, oder doch eine für sich bestehende Sache; so hat der
Legatar nur auf das Behältniß, nicht auch auf die darin befindlichen Sachen
Anspruch.
§. 677. Wird ein
Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen darin befindlichen Sachen vermacht;
so rechnet man dazu auch Gold und Silber, Schmuck und bares Geld, selbst die
vom Legatar dem Erblasser ausgestellten Schuldscheine. Andere Schuldscheine
oder Urkunden, worauf sich Forderungen und Rechte des Erblassers gründen,
werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich außer denselben nichts in dem
Behältnisse befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch die
zu ihrer Verführung bestimmten Gefäße.
i) der Juwelen, des
Schmuckes und Putzes;
§. 678. Unter Juwelen
werden in der Regel nur Edelsteine und gute Perlen; unter Schmuck auch die
unechten Steine, und das aus Gold oder Silber verfertigte oder damit überzogene
Geschmeide, welches zur Zierde der Person dient; und unter Putz dasjenige
verstanden, was außer Schmuck, Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung
der Person gebraucht wird.
k) des Goldes oder
Silbers; der Wäsche; Equipage;
§. 679. Das Vermächtniß
des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch
nicht das gemünzte noch auch dasjenige in sich, was nur ein Theil oder eine
Verzierung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose,
ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur
Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die zur
Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu
gehörigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.
l) der Barschaft;
§. 680. Zur Barschaft
gehören auch jene öffentlichen Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe
die Stelle des baren Geldes vertreten.
m) Ueber die Benennung:
Kinder;
§. 681. Unter dem
Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die Kinder eines Andern bedenkt, nur
die Söhne und Töchter: wenn er aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an
deren Stelle tretenden Nachkömmlinge begriffen, welche bey dem Ableben des
Erblassers schon erzeugt waren.
n) Verwandte;
§. 682. Ein ohne nähere
Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes Vermächtniß wird denjenigen, welche
nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten sind, zugewendet, und die oben in
dem §. 559. über die Vertheilung einer Erbschaft unter solchen Personen, welche
für eine Person angesehen werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse
anzuwenden.
o) Dienstpersonen.
§. 683. Hat der
Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtniß hinterlassen, und sie bloß
durch das Dienstverhältniß bezeichnet; so wird vermuthet, daß es diejenigen
erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens in dem Dienstverhältnisse
stehen. Doch kann in diesem, so wie in den übrigen Fällen, die Vermuthung durch
entgegengesetzte stärkere Vermuthungsgründe aufgehoben werden.
Anfallstag bey den
Vermächtnissen.
§. 684. Der Legatar
erwirbt in der Regel (§. 699.) gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und
seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die
vermachte Sache aber kann nur nach den für die Erwerbung des Eigenthumes in dem
fünften Hauptstücke aufgestellten Vorschriften erlanget werden.
Zahlungstag.
§. 685. Das Vermächtniß
einzelner Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine
Belohnungen des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich;
andere aber erst nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert
werden.
§. 686. Bey dem Vermächtnisse
eines einzelnen Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch die seit dem
Tode des Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und jeder andere
Zuwachs zu Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate haftende Lasten
und selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern vermindert wird,
oder gänzlich zu Grunde geht.
§. 687. Wird jemanden
ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle Jahre, Monathe und dergleichen zu
leistender Betrag vermacht; so erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen
Betrag dieser Frist, wenn er auch nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch
kann der Betrag erst mit Ablauf der Frist gefordert werden. Die erste Frist
fängt mit dem Sterbetage des Erblassers zu laufen an.
Recht des Legatars zur
Sicherstellung.
§. 688. In allen
Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem Schuldner Sicherstellung zu fordern
berechtigt ist; kann auch ein Legatar die Sicherstellung seines Legates
verlangen. Wie die Einverleibung eines Vermächtnisses, zur Begründung eines
dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist oben §. 437. vorgeschrieben worden.
Wem ein erledigtes
Vermächtniß zufalle?
§. 689. Ein
Vermächtniß, welches der Legatar nicht annehmen kann oder will, fällt auf den
Nachberufenen. (§. 652). Ist kein Nachberufener vorhanden, und ist das ganze
Vermächtniß mehrern Personen ungetheilt oder ausdrücklich zu gleichen Theilen
zugedacht; so wächst der Antheil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen
eben so, wie den Miterben die Erbschaft zu. Außer den gedachten zwey Fällen bleibt
das erledigte Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.
Recht des Erben, wenn
die Lasten die Masse erschöpfen;
§. 690. Wenn die ganze
Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist; so hat der Erbe nichts weiter, als
die Vergütung seiner zum Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen
Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern. Will er den Nachlaß nicht selbst
verwalten; so muß er um die Aufstellung eines Curators anlangen.
§. 691. Können nicht
alle Legatare aus der Verlassenschafts-Masse befriediget werden; so wird das
Legat des Unterhaltes vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der
Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.
oder gar übersteigen.
§. 692. Reicht die
Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden, anderer pflichtmäßigen Auslagen, und
zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht zu; so leiden die Legatare einen
verhältnißmäßigen Abzug. Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr
obwaltet, die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.
§. 693. Im Falle aber,
daß die Legatare die Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach
dem Werthe, den das Vermächtniß zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus
gezogenen Nutzungen bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem
Vermächtnisse noch immer frey, zur Vermeidung des Beytrages, das Vermächtniß,
oder den oben erwähnten Werth und die bezogenen Nutzungen in die Masse
zurückzustellen; in Rücksicht der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er
als ein redlicher Besitzer behandelt.
Von den gesetzlichen
Beyträgen zu öffentlichen Anstalten.
§. 694. Die Beyträge,
welche ein Erblasser nach den politischen Vorschriften zur Unterstützung der
Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem
Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind
eine Staatsauflage, müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet, und
können nicht nach den Grundsätzen des Privat-Rechtes, sondern nur nach den
politischen Verordnungen beurtheilt werden.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und
Aufhebung des letzten Willens.
Recht des Erblassers
zur Einschränkung oder Aenderung seines letzten Willens.
§. 695. Der Erblasser
kann seine Anordnung auf eine Bedingung; auf einen Zeitpunct; durch einen
Auftrag; oder, eine erklärte Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament
oder Codicill abändern, oder es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung
des letzten Willens:
1) Bedingung.
§. 696. Eine Bedingung
heißt eine Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist
bejahend oder verneinend, je nachdem sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg
der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst
nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das
zugedachte Recht bey ihrem Eintritte verloren geht.
Vorschriften:
a) über
unverständliche;
§. 697. Ganz
unverständliche Bedingungen sind für nicht beygesetzt zu achten.
b) unmögliche oder
unerlaubte;
§. 698. Die Anordnung, wodurch
jemanden unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht ertheilt
wird, ist ungültig, obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der Folge
unmöglich, und die Unmöglichkeit den Erblasser bekannt geworden wäre. Eine
auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles
dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.
c) mögliche und
erlaubte Bedingungen;
§. 699. Sind die
Bedingungen möglich und erlaubt; so kann das davon abhängende Recht nur durch
ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen
des bedachten Erben, Legatars, oder eines Dritten abhängen.
d) Bedingung der
Nichtverehelichung;
§. 700. Die Bedingung,
daß der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach erreichter Volljährigkeit, nicht
verehelichen solle, ist als nicht beygesetzt anzusehen. Nur eine verwitwete
Person muß, wenn sie Ein oder mehrere Kinder hat, die Bedingung erfüllen. Die
Bedingung, daß der Erbe oder Legatar eine bestimmte Person nicht heirathe, kann
gültig auferlegt werden.
e) wenn die Bedingung
bey dem Leben des Erblassers erfüllet worden.
§. 701. Ist die in der
letzten Willenserklärung vorgeschriebene Bedingung schon bey dem Leben des
Erblassers eingetroffen; so muß die Erfüllung derselben nach dem Tode des
Erblassers nur dann wiederhohlt werden, wenn die Bedingung in einer Handlung
des Erben oder Legatars besteht, welche von ihm wiederhohlt werden kann.
Ob die Bedingung auch
auf die Nachberufenen auszudehnen sey.
§. 702. Eine dem Erben
oder Legatar beygerückte Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des
Erblassers, auf den von dem Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht
auszudehnen.
Wirkung einer möglichen
aufschiebenden Bedingung.
§. 703. Zur Erwerbung
eines unter einer aufschiebenden Bedingung zugedachten Nachlasses ist
nothwendig, daß die bedachte Person die Erfüllung der Bedingung überlebe, und
bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.
2) Zeitpunct.
§. 704. Ist es ungewiß,
ob der Zeitpunct, auf welchen der Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt,
kommen oder nicht kommen werde; so wird diese Einschränkung als eine Bedingung
angesehen.
§. 705. Ist der
Zeitpunct von der Art, daß er kommen muß; so wird das zugedachte Recht, wie
andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der bedachten Person übertragen,
und nur die Uebergabe bis zum gesetzten Termine verschoben.
§. 706. Wäre es
offenbar, daß die in der letzten Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne;
so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die Beysetzung einer unmöglichen
Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, daß der Erblasser wahrscheinlich bloß in
der Berechnung der Zeit sich geirret hat, wird der Zeitpunct nach dem
wahrscheinlichen Willen des Erblasser zu bestimmen seyn.
Rechtsverhältniß bey
einer Bedingung oder einem Zeitpuncte zwischen der bedachten und ihr
nachfolgenden Person.
§. 707. So lange das
Recht des Erben oder des Legatars wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung,
oder wegen des noch nicht gekommenen Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange
finden im ersten Falle zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im
zweyten Falle zwischen dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen
Besitz und Genuß des Nachlasses oder Legates, die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie bey einer fideicommissarischen Substitution, Statt.
§. 708. Wer eine
Erbschaft oder ein Vermächtniß unter einer verneinenden oder auflösenden
Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit erhält, hat gegen den, welchem die
Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym Eintritte der Bedingung, oder des
bestimmten Zeitpunctes zufällt, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten,
welche einem Erben oder Legatar gegen den fideicommissarischen Substituten
zukommen (§. 613).
3) Auftrag.
§. 709. Hat der
Erblasser jemanden einen Nachlaß unter einem Auftrage zugewendet; so ist dieser
Auftrag als eine auflösende Bedingung anzusehen, daß durch die Nichterfüllung
des Auftrages der Nachlaß verwirkt werden solle (§. 696).
§. 710. In dem Falle,
daß der Auftrag nicht genau erfüllet werden kann, muß man demselben wenigstens
nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen; so
behält doch der Belastete, wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das
Gegentheil erhellet, den zugedachten Nachlaß. Wer sich zur Erfüllung des
Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses
verlustig.
§. 711. Wenn der
Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlaß bestimmt, zwar ausgedrückt, aber
nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die bedachte Person nicht angehalten
werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu verwenden.
§. 712. Die Anordnung,
wodurch der Erblasser seinem Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit
dem Beysatze aufträgt, daß er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem
Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der
Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung einer neuen Anordnung; eines
Testamentes;
§. 713. Ein früheres
Testament wird durch ein späteres gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der
Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben;
dafern der Erblasser in dem letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, daß das
frühere ganz oder zum Theil bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann,
wenn in dem spätern Testamente der Erbe nur zu einem Theile der Erbschaft
berufen wird. Der übrig bleibende Theil fällt nicht den in dem frühern
Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.
oder Codicills;
§. 714. Durch ein
späteres Codicill, deren mehrere neben einander bestehen können, werden frühere
Vermächtnisse oder Codicille nur in so fern aufgehoben, als sie mit demselben
im Widerspruche stehen.
§. 715. Kann man nicht
entscheiden, welches Testament oder Codicill das spätere sey; so gelten, in so
fern sie neben einander bestehen können, beyde, und es kommen die im Hauptstück
von der Gemeinschaft des Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
ungeachtet der früher
erklärten Unabänderlichkeit.
§. 716. Der in einem
Testament oder Kodizill angehängte Beisatz: daß jede spätere Anordnung überhaupt,
oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist, null und
nichtig sein solle, ist als nicht beigesetzt anzusehen.
2) durch Widerruf;
§. 717. Will der
Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine neue zu errichten; so muß er sie
ausdrücklich entweder mündlich, oder schriftlich widerrufen, oder die Urkunde
vertilgen.
§. 718. Der Widerruf
kann nur in einem solchen Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten
Willen zu erklären fähig ist.
a) einen
ausdrücklichen;
§. 719. Ein mündlicher
Widerruf einer gerichtlichen oder außergerichtlichen letzten Anordnung
erfordert so viele und solche Zeugen, als zur Gültigkeit eines mündlichen
Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher aber, eine von dem Erblasser
eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder wenigstens von ihm und den
zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Zeugen unterfertigte
Erklärung.
§. 720. Eine Anordnung
des Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung
eines Vortheiles verbiethet, den letzten Willen zu bestreiten, soll für den
Fall, daß nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie
von einer Wirkung seyn.
b) stillschweigenden;
§. 721. Wer in seinem
Testamente oder Codicille die Unterschrift durchschneidet; sie durchstreicht;
oder, den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren
gleichlautenden Urkunden nur Eine vertilgt worden; so kann man daraus auf
keinen Widerruf schließen.
§. 722. Sind die
gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig geschehen; oder, ist die
Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte Wille seine Wirkung nicht;
wenn anders der Zufall und der Inhalt der Urkunde erwiesen wird.
§. 723. Hat ein
Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung
aber unversehrt gelassen; so kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft.
Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.
oder c) vermutheten.
§. 724. Ein Legat wird
für widerrufen angesehen, wenn der Erblasser die vermachte Forderung
eingetrieben und erhoben; wenn er die jemanden zugedachte Sache veräußert, und
nicht wieder zurück erhalten; oder wenn er sie auf eine solche Art in eine
andere verwandelt hat, daß die Sache ihre vorige Gestalt und ihren vorigen
Rahmen verliert.
§. 725. Wenn aber der
Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe berichtiget hat; wenn die
Veräußerung des Legats auf gerichtliche Anordnung geschehen; wenn die Sache
ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden ist; so besteht das Legat.
3) durch Entsagung der
Erben.
§. 726. Will oder kann
weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die Verlassenschaft annehmen; so fällt das
Erbrecht auf die gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen
Verfügungen des Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so
werden die Legatare verhältnißmäßig als Erben betrachtet.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen
Erbfolge.
Fälle der gesetzlichen
Erbfolge.
§. 727. Wenn der
Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten Willens hinterlassen; wenn er in
derselben nicht über sein ganzen Vermögen verfüget; wenn er die Personen, denen
er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht
gehörig bedacht hat; oder, wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht
annehmen können oder wollen; so findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum
Theile Statt.
§. 728. In Ermangelung
einer gültigen Erklärung des letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft
des Verstorbenen den gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des
letzten Willens vorhanden; so kommt ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in
derselben Niemanden zugedacht ist.
Vorschrift für den Fall
des verkürzten Pflichttheiles.
§. 729. Ist eine
Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze einen Erbtheil zu hinterlassen
schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung verkürzt worden; so kann sie
sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und den nach Maßgabe des
folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbtheil gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben
§. 730. Gesetzliche
Erben sind der Ehegatte und diejenigen Personen, die mit dem Erblasser in
nächster Linie verwandt sind.
I. Gesetzliches
Erbrecht der Verwandten
§. 731. Zur ersten
Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme,
vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie
gehören des Erblassers Vater und Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter
Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie gehören
die Großeltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren Nachkömmlingen.
Von der vierten Linie
sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern zur Erbfolge berufen.
1. Linie: Die Kinder;
§. 732. Wenn der
Erblasser Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen die ganze Erbschaft zu;
sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie mögen bey Lebzeiten des
Erblassers oder nach seinem Tode geboren seyn. Mehrere Kinder theilen die
Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche Theile. Enkel von noch lebenden Kindern,
und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur Erbfolge.
§. 733. Ist ein Kind des Erblassers vor ihm
gestorben, und sind von demselben Ein oder mehrere Enkel vorhanden; so fällt
der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte, diesem
nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu gleichen Theilen zu. Ist
von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat Urenkel nachgelassen; so
wird auf die nähmliche Art der Antheil des verstorbenen Enkels unter die
Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere
Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig nach der eben
gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§. 734. Auf diese Art wird eine Erbschaft nicht nur
dann getheilet, wenn Enkel von verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern,
oder entferntere Nachkömmlinge mit nähern Nachkömmlingen des Erblassers
zusammentreffen; sondern auch dann, wenn die Erbschaft bloß zwischen Enkeln von
verschiedenen Kindern; oder zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu theilen
ist. Es können also die von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem
Enkel nachgelassenen Urenkel, ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr und nie
weniger erhalten, als das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten
hätten, wenn sie am Leben geblieben wären.
2. Linie: Die Aeltern
und ihre Nachkömmlinge:
§. 735. Ist Niemand
vorhanden, der von dem Erblasser selbst abstammt; so fällt die Erbschaft auf
diejenigen, die mit ihm durch die zweyte Linie verwandt sind, nähmlich: auf
seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge. Leben noch beyde Aeltern; so gebührt
ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Theilen. Ist Eines dieser Aeltern
verstorben; so treten dessen nachgelassene Kinder oder Nachkömmlinge in sein
Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen gebührt hätte, unter
sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche in den §§. 732-734 wegen Theilung
der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern Nachkömmlingen des Erblassers
festgesetzt worden sind.
§. 736. Wenn beyde Aeltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene
Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine
hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber,
welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge
nach den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen Aeltern keine andere als von
ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder derselben Nachkömmlinge vorhanden;
so theilen sie die beyden Hälften unter sich gleich. Sind aber außer diesen
noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter, oder von einem
und der andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind; so erhalten die von dem
Vater und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge
sowohl an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden,
mit den einseitigen Geschwistern gleichen Antheil.
§. 737. Wenn Eines der verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder,
noch Nachkömmlinge hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern
noch lebenden Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so
wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den
bereits angeführten Grundsätzen vertheilet.
3. Linie: Die Großältern und ihre Nachkommenschaft.
§. 738. Sind die Aeltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so
kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nähmlich: auf des Erblassers
Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwey gleiche
Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den Aeltern des Vaters und ihren
Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.
§. 739. Jede dieser Hälften wird unter den Großältern der einen und der
anderen Seite, wenn sie beyde noch leben, gleich getheilt. Ist eines der
Großältern, oder sind beyde von der einen oder anderen Seite gestorben; so wird
die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen
dieser Großältern nach jenen Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten
Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern
des Erblassers getheilt werden muß. (§§. 735-737.)
§. 740. Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde
Großältern verstorben, und weder von dem Großvater, noch von der Großmutter
dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch
lebenden Großältern, oder, nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern
und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.
Vierte Linie: Die Urgroßeltern.
§. 741. Nach gänzlicher Erlöschung der dritten Linie sind die
Urgroßeltern des Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge berufen. Auf die
Großeltern des Vaters des Erblassers entfällt die eine Hälfte der Erbschaft,
auf die Großeltern der Mutter die andere Hälfte. In jede Hälfte der Erbschaft
teilen sich die beiden Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist ein Teil eines
Großelternpaares nicht vorhanden, so fällt das auf diesen Teil entfallende
Achtel der Erbschaft an den überlebenden Teil dieses Großelternpaares. Fehlt
ein Großelternpaar, so ist zu seinem Viertel das andere Großelternpaar
desselben Elternteiles des Erblassers berufen.
Fehlen die Großelternpaare des einen Elternteiles des Erblassers, so sind
zu der auf sie entfallenden Nachlaßhälfte die Großelternpaare des anderen
Elternteiles in demselben Ausmaß wie zu der ihnen unmittelbar zufallenden
Nachlaßhälfte berufen.
§. 742. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 743. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
5. Linie: Die zweyten Urgroßältern und ihre Nachkömmlinge.
§. 744. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 745. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 746. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 747. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
6. Linie: Die dritten Urgroßältern u. ihre Nachkommenschaft.
§. 748. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 749. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 750. Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt
ist; so genießt er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem
Verwandten von dieser Seite ins besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)
Ausschließung der
entferntern Verwandten.
§. 751. Auf diese vier Linien der Verwandtschaft wird das Recht der
Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen Vermögens eingeschränkt.
§. 752.
(Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl
1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 753. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 –
Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 754. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 –
Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 –
Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 755a. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 –
Erbrechtsänderungsgesetz 1989.)
§. 756. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 6, BGBl 1989/Nr. 656 – Erbrechtsänderungsgesetz
1989.)
II. Gesetzliches
Erbrecht des Ehegatten
§. 757. Der Ehegatte des Erblassers ist neben Kindern des Erblassers und
deren Nachkommen zu einem Drittel des Nachlasses, neben Eltern und Geschwistern
des Erblassers oder neben Großeltern zu zwei Dritteln des Nachlasses
gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern Nachkommen verstorbener Großeltern
vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von dem restlichen Drittel des
Nachlasses den Teil, der den Nachkommen der verstorbenen Großeltern zufallen
würde. Gleiches gilt für jene Erbteile, die den Nachkommen verstorbener
Geschwister zufallen würden. In den übrigen Fällen erhält der Ehegatte den
ganzen Nachlass.
In den Erbteil des Ehegatten ist alles einzurechnen, was dieser durch
Ehepakt oder Erbvertrag aus dem Vermögen des Erblassers erhält.
§. 758. Sofern der Ehegatte nicht rechtmäßig enterbt worden ist, gebühren
ihm als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht, in der Ehewohnung weiter zu
wohnen, und die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen, soweit
sie zu dessen Fortführung entsprechend den bisherigen Lebensverhältnissen
erforderlich sind.
§. 759. Ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein
gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis.
Das gesetzliche
Erbrecht und der Anspruch auf das gesetzliche Vorausvermächtnis ist dem
überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der Erblasser zur Zeit seines
Todes auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe gemäß dem Ehegesetz vom 6. Juli 1938
(Reichsgesetzbl. I S. 807) zu klagen berechtigt war und die Klage erhoben
hatte, sofern im Falle der Scheidung oder Aufhebung der Ehegatte als schuldig
anzusehen wäre.
Erblose
Verlassenschaft.
§. 760. Wenn kein zur Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn
niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut
dem Staate anheim.
Abweichungen von der
allgemeinen Erbfolgeordnung.
§. 761. Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten
gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter, und die Verlassenschaft
geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile
und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil.
Welchen Personen als
Notherben ein Pflichttheil gebühre.
§. 762. Die Personen,
die der Erblasser in der letzten Anordnung bedenken muß, sind seine Kinder, in
Ermangelung solcher seine Eltern, und der Ehegatte.
§. 763. Unter dem
Nahmen Kinder werden nach der allgemeinen Regeln (§. 42.) auch Enkel und
Urenkel; und unter dem Nahmen Aeltern alle Großältern begriffen. Es findet hier
zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und
unehelicher Geburt kein Unterschied Statt, sobald für diese Person das Recht
und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.
§. 764. Der Erbtheil,
welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heißt: Pflichttheil; sie
selbst werden in dieser Rücksicht Notherben genannt.
In welchem Betrage,
§. 765. Als Pflichtteil
gebührt jedem Kind und dem Ehegatten die Hälfte dessen, was ihm nach der
gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§. 766. In der
aufsteigenden Linie gebührt jedem Notherben als Pflichttheil ein Drittheil
dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.
und unter was für
Beschränkungen.
§. 767. Wer auf das
Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den in dem achten Hauptstücke
enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem
Erblasser rechtmäßig enterbet worden ist; hat auf einen Pflichttheil einen
Anspruch, und wird bey der Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar
nicht vorhanden wäre.
Eine
Pflichtteilsminderung nach § 773a erhöht den Pflichtteil der übrigen Noterben
nicht.
Erfordernisse einer
rechtmäßigen Enterbung.
§. 768. Ein Kind kann enterbt
werden:
1) (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)
2) wenn es den
Erblasser im Nothstande hülflos gelassen hat;
3) wenn es wegen einer
oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbarer Handlungen zu einer
lebenslangen oder zwanzigjährigen Freiheitsstrafe verurteilt worden ist;
4) wenn es eine gegen
die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führet.
§. 769. Aus den
gleichen Gründen können auch der Ehegatte und die Eltern enterbt werden; der
Ehegatte außerdem dann, wenn er seine Beistandspflicht gröblich vernachlässigt
hat.
§. 770. Ueberhaupt kann
einem Notherben auch solcher Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§.
540-542. des Erbrechtes unwürdig machen, durch die letzte Willenserklärung der
Pflichttheil entzogen werden.
§. 771. Die
Enterbungsursache muß immer, sie mag von dem Erblasser ausgedrückt seyn oder
nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten, und dem Sinne des
Gesetzes gegründet seyn.
§. 772. Die Enterbung
wird nur durch einen ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf
aufgehoben.
§. 773. Wenn bey einem
sehr verschuldeten oder verschwenderischen Notherben das wahrscheinliche
Besorgniß obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichttheil ganz oder größten
Theils seinen Kindern entgehen würde; so kann ihm der Pflichttheil von dem
Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, daß solcher den Kindern des
Notherben zugewendet werde.
Pflichtteilsminderung
§. 773a. Standen der
Erblasser und der Pflichtteilsberechtigte zu keiner Zeit in einem Naheverhältnis,
wie es in der Familie zwischen solchen Verwandten gewöhnlich besteht, so kann
der Erblasser den Pflichtteil auf die Hälfte mindern.
Die §§ 771 und 772
gelten sinngemäß für die Pflichtteilsminderung.
Das Recht auf
Pflichtteilsminderung steht nicht zu, wenn der Erblasser die Ausübung des
Rechts auf persönlichen Verkehr mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos
abgelehnt hat.
Wie der Pflichttheil zu
hinterlassen.
§. 774. Der
Pflichttheil kann in Gestalt eines Erbtheiles oder Vermächtnisses, auch ohne
ausdrückliche Benennung des Pflichttheiles hinterlassen werden. Er muß aber dem
Notherben ganz frey bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder
Belastung ist ungültig. Wird dem Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so
kann sie nur auf den Theil, welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen
werden.
Rechtsmittel des
Notherben:
a) bey einer
widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem Pflichttheile;
§. 775. Ein Notherbe,
welcher ohne die in den §§. 768-773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt
worden, kann den ihm gebührenden vollen Pflichttheil; und, wenn er in dem
reinen Betrage des Pflichttheils verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben
fordern.
b) bey einer gänzlichen
Uebergehung.
§. 776. Wenn aus
mehrern Kindern, deren Daseyn dem Erblasser bekannt war, Eines ganz mit
Stillschweigen übergangen wird; so kann es ebenfalls nur den Pflichttheil
fordern.
§. 777. Wenn aber aus
den Umständen erwiesen werden kann, daß die Uebergehung Eines aus mehrern
Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das Daseyn desselben unbekannt war,
so ist der Uebergangene nicht schuldig, sich mit dem Pflichttheile zu begnügen;
sondern er kann den Erbtheil, welcher für den am mindesten begünstigten
Notherben ausfällt; wofern aber der einzige noch übrige Notherbe eingesetzt
wird, oder alle übrige zu gleichen Theilen berufen sind, einen gleichen
Erbtheil verlangen.
§. 778. Hat der
Erblasser einen einzigen Notherben, und er übergeht ihn aus oben gedachtem
Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält ein kinderloser Erblasser erst nach
Erklärung seines letzten Willens einen Notherben, für den keine Vorsehung
getroffen ist; so werden nur die zu öffentlichen Anstalten, zur Belohnung
geleisteter Dienste, oder zu frommen Absichten bestimmten Vermächtnisse in
einem, den vierten Theil der reinen Verlassenschaft nicht übersteigenden,
Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle übrige Anordnungen den letzten Willens
aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen jedoch, wenn der Notherbe vor dem
Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§. 779. Wenn ein Kind
vor dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge hinterläßt; so treten diese mit
Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die
Stelle des Kindes.
Die Nachkommen eines
vorverstorbenen Noterben, dessen Pflichtteil gemindert worden ist, können nur
den geminderten Pflichtteil fordern.
§. 780. Die
Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind bloß befugt, den Pflichtteil zu
verlangen, dies aber auch, wenn der Enterbte den Erblasser überlebt hat.
§. 781. Werden der
Ehegatte oder die Eltern mit Stillschweigen übergangen, so können sie nur den
Pflichtteil fordern.
§. 782. Wenn der Erbe
beweisen kann, daß ein mit Stillschweigen übergangener Notherbe sich einer der in
den §§. 768-770. angeführten Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so wird
die Uebergehung als eine stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
Wer zur Entrichtung des
Erb- oder Pflichttheils beyzutragen habe.
§. 783. In allen
Fällen, wo einem Noterben der gebührende Erb- oder Pflichtteil gar nicht oder
nicht vollständig ausgemessen worden ist, müssen sowohl die eingesetzten Erben
als auch die Legatare, nicht jedoch der Ehegatte mit dem gesetzlichen
Vorausvermächtnis, verhältnismäßig zur vollständigen Entrichtung beitragen.
Art der Ausmessung und
Berechnung des Pflichttheiles.
§. 784. Um den
Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden alle zur Verlassenschaft
gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, alle Rechte und Forderungen,
welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben befugt war, selbst
alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist, genau beschrieben
und geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung beizuwohnen und ihre
Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der Verlassenschaftsstücke
zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht gedrungen werden. Schulden
und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen
hafteten, werden von der Masse abgerechnet.
§. 785. Auf Verlangen
eines pflichtteilsberechtigten Kindes oder des pflichtteilsberechtigten
Ehegatten sind bei der Berechnung des Nachlasses Schenkungen des Erblassers in
Anschlag zu bringen. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlaß mit dem Wert
hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 maßgebend ist.
Das Recht nach Abs. 1
steht einem Kind nur hinsichtlich solcher Schenkungen zu, die der Erblasser zu
einer Zeit gemacht hat, zu der er ein pflichtteilsberechtigtes Kind gehabt hat,
dem Ehegatten nur hinsichtlich solcher Schenkungen, die während seiner Ehe mit
dem Erblasser gemacht worden sind.
In jedem Fall bleiben
Schenkungen unberücksichtigt, die der Erblaser aus Einkünften ohne Schmälerung
seines Stammvermögens, zu gemeinnützigen Zwecken, in Entsprechung einer
sittlichen Pflicht oder aus Rücksichten des Anstandes gemacht hat. Gleiches
gilt für Schenkungen, die früher als zwei Jahre vor dem Tod des Erblassers an
nicht pflichtteilsberechtigte Personen gemacht worden sind.
§. 786. Der
Pflichttheil wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse, und andere aus dem letzten
Willen entspringenden Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zutheilung ist die
Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachtheile, als ein zwischen
den Haupt- und Notherben verhältnißmäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum
Pflichttheile.
§. 787. Alles, was die
Notherben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der
Verlassenschaft erhalten, wird bey Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung
gebracht.
Wenn bei Bestimmung des
Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu bringen sind, muß sich jeder Noterbe
auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum
Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom Erblasser
erhalten hat.
§. 788. Was der
Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelinn zum Heirathsgute; seinem
Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes,
oder was immer für eines Gewerbes gegeben; oder zur Bezahlung der Schulden
eines volljährigen Kindes verwendet hat, wird in den Pflichttheil eingerechnet.
§. 789. Überhaupt sind
in den Pflichtteil die als Vorschuß darauf geleisteten Zuwendungen des
Erblassers unter Lebenden einzurechnen; in den Pflichtteil des Ehegatten außerdem
alles, was er als gesetzliches Vorausvermächtnis (§ 758) erhält.
oder zum Erbtheile bey
der gesetzlichen Erbfolge.
§. 790. Die Anrechnung
bey der Erbfolge der Kinder aus einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn
sie von dem Erblasser ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muß auch bey der
gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bey
dessen Lebenszeit zu den oben (§. 788.) erwähnten Zwecken empfangen hat,
anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur das, was er unmittelbar selbst;
sondern auch, was seine Aeltern, in deren Stelle er tritt, auf solche Arte
empfangen haben, in den Erbtheil eingerechnet.
§. 791. Was Aeltern
außer den erwähnten Fällen einem Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern
nicht ausdrücklich die Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung
gehalten, und nicht angerechnet.
§. 792. Die Aeltern
können einem Kinde die Anrechnung auch bey der gesetzlichen Erbfolge
ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige Erziehung der übrigen Kinder weder
aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Aeltern bestritten werden könnte;
so muß das Kind dasjenige, was es zu den im §. 788. erwähnten Zwecken in voraus
empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen lassen, als es zur Erziehung für die
Geschwister nothwendig ist.
§. 793. Die Anrechnung
des Empfangenen zum Erbtheile geschieht dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen
Betrag noch vor der Theilung erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht
hinreichend; so kann zwar das früher begünstigte Kind keinen Erbtheil
ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten werden.
§. 794. Bey jeder
Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in barem Gelde; sondern in andern
beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand, der Werth der letztern nach dem
Zeitpuncte des Empfanges; der erstern dagegen nach dem Zeitpuncte des
Erbanlasses bestimmt.
Anspruch des Notherben
auf den nothwendigen,
§. 795. Einem
Notherben, der von seinem Pflichttheile selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird,
muß doch immer der nothwendige Unterhalt ausgemessen werden.
und des Ehegatten auf
den Unterhalt
§. 796. Der Ehegatte
hat, außer in den Fällen der §§ 759 und 795, solange er sich nicht
wiederverehelicht, an die Erben bis zum Wert der Verlassenschaft einen Anspruch
auf Unterhalt nach den sinngemäß anzuwendenden Grundsätzen des § 94. In diesen
Anspruch ist alles einzurechnen, was der Ehegatte nach dem Erblasser durch
vertragliche oder letztwillige Zuwendung, als gesetzlichen Erbteil, als
Pflichtteil, durch öffentlich-rechtliche oder privatrechtliche Leistung erhält;
desgleichen eigenes Vermögen des Ehegatten oder Erträgnisse einer von ihm
tatsächlich ausgeübten oder einer solchen Erwerbstätigkeit, die von ihm den
Umständen nach erwartet werden kann.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der
Erbschaft.
Bedingungen zur
rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft.
§. 797. Niemand darf
eine Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muß vor Gericht
verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die
Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirket werden.
§. 798. Wie weit das
Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen vorzugehen habe, und welche
Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn,
bestimmen die besondern, über das gerichtliche Verfahren bestehenden,
Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben oder demjenigen, der sonst
einen Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu thun obliege, um zu dem Besitze
dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.
§. 798a. Überlässt das
Gericht eine überschuldete Verlassenschaft an Zahlungs statt, so bildet der
Überlassungsbeschluss einen Titel zum Erwerb.
Ausweisung des
Rechtstitels: Erbantrittserklärung.
§. 799. Wer eine
Erbschaft in Besitz nehmen will, muß den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer
letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrage; oder aus dem Gesetze
zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, daß er die
Erbschaft annehme.
§. 800. Die Antretung
der Erbschaft oder die Erbantrittserklärung muß zugleich enthalten, ob sie
unbedingt, oder mit Vorbehalt der Rechtswohlthat des Inventariums geschehe.
Wirkung der
unbedingten,
§. 801. Die unbedingte
Erbantrittserklärung hat zur Folge, daß der Erbe allen Gläubigern des
Erblassers für ihre Forderungen, und allen Legataren für ihre Vermächtnisse
haften muß, wenn gleich die Verlassenschaft nicht hinreichet.
und der bedingten
Erklärung.
§. 802. Wird die
Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohlthat des Inventariums angetreten;
so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen.
Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als
die Verlassenschaft für ihre, und auch seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm
zustehenden, Forderungen hinreicht.
Berechtigung zur
bedingten oder unbedingten Antretung oder Ausschlagung der Erbschaft.
§. 803. Der Erblasser
kann dem Erben den Vorbehalt dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch
die Errichtung eines Inventariums verbiethen. Selbst die in einem Erbvertrage
zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.
§. 804. Die Errichtung
des Inventariums kann auch von demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichttheil
gebühret.
§. 805. Wer seine
Rechte selbst verwalten kann, dem steht frey, die Erbschaft unbedingt, oder mit
Vorbehalt der obigen Rechtswohlthat anzutreten oder auch auszuschlagen.
§. 806. Der Erbe kann
seine gerichtliche Erbantrittserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die
unbedingte abändern, und sich die Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.
§. 807. Wenn aus
mehrern Miterben einige unbedingt; andere aber, oder auch nur Einer aus ihnen
mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohlthat sich zu Erben erklären; so ist ein
Inventarium zu errichten und die auf diesen Vorbehalt beschränkte
Erbantrittserklärung der Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In
diesem, so wie in allen Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden
muß, genießt auch derjenige, welcher einer unbedingte Erbantrittserklärung
abgegeben hat, so lange ihm die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die
rechtliche Wohlthat des Inventariums.
§. 808. Wird jemand zum
Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder
zum Theile gebührt hätte; so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche
Erbfolge zu berufen und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln.
Er muß die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz
entsagen. Personen aber, denen ein Pflichttheil gebühret, können die Erbschaft
mit Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.
Uebertragung des
Erbrechtes.
§. 809. Stirbt der Erbe
ehe, als er die angefallene Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat; so
treten seine Erben, wenn der Erblasser diese nicht ausgeschlossen, oder nicht
andere Nacherben bestimmt hat, in das Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder
auszuschlagen. (§. 537.)
Vorkehrungen vor
Einantwortung der Erbschaft:
a) Verwaltung;
§. 810. Der Erbe, der
bei Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweist, hat das Recht,
das Verlassenschaftsvermögen zu benützen, zu verwalten und die Verlassenschaft
zu vertreten, solange das Verlassenschaftsgericht nichts anderes anordnet.
Trifft dies auf mehrere Personen zu, so üben sie dieses Recht gemeinsam aus,
soweit sie nichts anderes vereinbaren.
Verwaltungs- und
Vertretungshandlungen vor Abgabe von Erbantrittserklärungen zur gesamten
Verlassenschaft sowie alle Veräußerungen von Gegenständen aus dem
Verlassenschaftsvermögen bedürfen der Genehmigung des Verlassenschaftsgerichts,
wenn sie nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehören. Die Genehmigung ist
zu versagen, wenn die Handlung für die Verlassenschaft offenbar nachteilig
wäre.
Ist nach der Aktenlage
die Errichtung eines Inventars zu erwarten, so dürfen Vermögensgegenstände,
deren Veräußerung nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb gehört, erst
veräußert werden, nachdem sie in ein Inventar (Teilinventar) aufgenommen worden
sind.
b) Sicherstellung oder
Befriedigung der Gläubiger;
§. 811. Für die
Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte
nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht
schuldig, eine Erbantrittserklärung abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider
die Masse anbringen, und begehren: daß zur Vertretung derselben ein Curator
bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können.
c) Absonderung der
Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben;
§. 812. Besorget ein
Erbschaftsgläubiger, ein Legatar, oder ein Notherbe, daß er durch Vermengung
der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr
laufen könne; so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von
dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem
Curator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtiget werde. In
einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als
Erbe erkläret hätte, aus eigenem Vermögen nicht
mehr zu haften.
d) Einberufung der
Verlassenschaftsgläubiger.
§. 813. Dem Erben oder
dem aufgestellten Verlassenschafts-Curator steht es frey, zur Erforschung des
Schuldenstandes die Ausfertigung eines Edictes, wodurch alle Gläubiger zur
Anmeldung und Darthuung ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene Zeit
einberufen werden, nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der
Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.
Wirkung der
Einberufung;
§. 814. Die Wirkung
dieser gerichtlichen Einberufung ist, daß den Gläubigern, welche sich binnen
der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie
durch die Bezahlung der angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein
weiterer Anspruch zusteht, als in so fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.
oder, der Unterlassung
derselben.
§. 815. Unterläßt der
Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der gerichtlichen Einberufung; oder
befriediget er sogleich einige der sich anmeldenden Gläubiger, ohne auf die
Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und bleiben einige Gläubiger aus
Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so haftet er ihnen, ungeachtet
der bedingten Erbantrittserklärung, mit seinem ganzen Vermögen in dem Maße, als
sie die Zahlung erhalten haben würden, wenn die Verlassenschaft nach der
gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die
Erfüllung des letzten Willens, entweder von dem Testaments-Executor;
§. 816. Hat der
Erblasser einen Vollzieher (Executor) seines letzten Willens ernannt; so hängt
es von dessen Willkühr ab, dieses Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es
übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des
Erblassers selbst zu vollziehen, oder den saumseligen Erben zur Vollziehung
derselben zu betreiben.
oder dem Erben.
§. 817. Ist kein
Vollzieher der letzten Willens ernannt, oder unterzieht sich der ernannte dem
Geschäfte nicht; so liegt dem Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers
so viel möglich zu erfüllen, oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich
gegen das Gericht darüber auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er
bloß darzuthun, daß er denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse
Nachricht gegeben habe (§. 688.)
§. 818. Was der Erbe,
ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und
im Falle, daß sein Erblasser gegen das Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden
ist, hierwegen auszuweisen habe, darüber enthalten die politischen Verordnungen
die besondere Vorschrift.
Wann die Erbschaft
einzuantworten.
§. 819. Sobald über die
eingebrachte Erbantrittserklärung der rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt,
und von demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm
die Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der
Erbe um die Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die
Vorschrift des §. 436. zu befolgen.
Haftung der
gemeinschaftlichen Erben.
§. 820. Mehrere Erben,
welche eine gemeinschaftliche Erbschaft ohne die rechtliche Wohlthat des
Inventariums angetreten haben, haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren,
selbst nach der Einantwortung, Alle für Einen und Einer für Alle. Unter sich
aber sind sie nach Verhältniß ihrer Erbtheile beyzutragen schuldig.
§. 821. Haben die
gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen Wohlthat des Inventariums Gebrauch
gemacht; so sind sie vor der Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und
Legataren nach dem §. 550. zu haften verbunden. Nach der erfolgten
Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die Erbschafts-Masse nicht
übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß seines Erbtheiles.
Sicherheitsmittel der
Gläubiger des Erben.
§. 822. Vor der
Einantwortung können Gläubiger des Erben nur auf die einzelnen Bestandteile des
Nachlasses Exekution führen, über welche dem Erben vom Nachlaßgerichte die
freie Verfügung überlassen worden ist.
Erbschaftsklagen.
§. 823. Auch nach
erhaltener Einantwortung kann der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder
gleiches Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Theilung der Erbschaft
belangt werden. Das Eigenthum einzelner Erbschaftstücke wird nicht mit der
Erbschafts-, sondern der Eigenthumsklage verfolgt.
Wirkung derselben.
§. 824. Wenn der
Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz oder zum Theile verhalten wird;
so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen
Früchte; oder auf die Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten
Kosten nach jenen Grundsätzen zu beurtheilen, welche in Rücksicht auf den
redlichen oder unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt
festgesetzt sind. Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der
Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemanden verantwortlich.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft
des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte.
Ursprung einer Gemeinschaft.
§. 825. So oft das
Eigenthum der nähmlichen Sache, oder ein und dasselbe Recht mehreren Personen
ungetheilt zukommt; besteht eine Gemeinschaft. Sie gründet sich auf eine
zufällige Ereignung; auf ein Gesetz; auf eine letzte Willenserklärung; oder auf
einen Vertrag.
§. 826. Nach
Verschiedenheit der Quellen, aus denen eine Gemeinschaft entspringt, erhalten
auch die Rechte und Pflichten der Theilhaber ihre nähere Bestimmung. Die
besondern Vorschriften über eine durch Vertrag entstehende Gemeinschaft der
Güter sind in dem sieben und zwanzigsten Hauptstücke enthalten.
§. 827. Wer einen
Antheil an einer gemeinschaftlichen Sache anspricht, der muß sein Recht, wenn
es von den übrigen Theilnehmern widersprochen wird, beweisen.
Gemeinschaftliche
Rechte der Theilhaber.
§. 828. So lange alle
Theilhaber einverstanden sind, stellen sie nur Eine Person vor, und haben das
Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache nach Belieben zu schalten. Sobald sie uneinig
sind, kann kein Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache eine Veränderung
vornehmen, wodurch über den Antheil des Andern verfügt würde.
Eine gerichtliche oder
vertraglich vereinbarte Benützungsregelung zwischen den Teilhabern einer
unbeweglichen Sache wirkt auch für deren Rechtsnachfolger, wenn sie im
Grundbuch angemerkt ist.
Rechte des Theilhabers
auf seinen Antheil.
§. 829. Jeder
Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer seines Antheiles. In so fern er die
Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben, oder die Nutzungen
davon willkührlich und unabhängig verpfänden, vermachen, oder sonst veräußern.
(§. 361.)
§. 830. Jeder
Theilhaber ist befugt, auf Ablegung der Rechnung und auf Vertheilung des
Ertrages zu dringen. Er kann in der Regel auch die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen; doch nicht zur Unzeit, oder zum Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich
daher einen, den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub
gefallen lassen.
§. 831. Hat sich ein
Theilhaber zur Fortsetzung der Gemeinschaft verbunden, so kann er zwar vor
Verlauf der Zeit nicht austreten; allein diese Verbindlichkeit wird, wie andere
Verbindlichkeiten, aufgehoben, und erstreckt sich nicht auf die Erben, wenn
diese nicht selbst dazu eingewilliget haben.
§. 832. Auch die
Anordnung eines Dritten, wodurch eine Sache zur Gemeinschaft bestimmt wird, muß
zwar von den ersten Theilhabern, nicht auch von ihren Erben befolgt werden.
Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen.
Rechte der Theilhaber
in der gemeinschaftlichen Sache:
a) In Rücksicht des
Hauptstammes.
§. 833. Der Besitz und
die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt
zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des
Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach
den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet
werden.
§. 834. Bey wichtigen
Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des
Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für
künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der
Gemeinschaft verlangen.
§. 835. Wollen sie
nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein
Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der
Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung
Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey
gleichen Stimmen der Mitglieder ein.
§. 836. Ist ein
Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über
dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.
§. 837. Der Verwalter
des gemeinschaftlichen Gutes wird als ein Machthaber angesehen. Er ist
einerseits verbunden, ordentliche Rechnung abzulegen; andererseits aber befugt,
alle nützlich gemachte Auslagen in Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in
dem Falle, daß ein Theilgenosse ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der
übrigen Theilnehmer verwaltet.
§. 838. Wird die
Verwaltung Mehrern überlassen; so entscheidet auch unter ihnen die Mehrheit der
Stimmen.
§. 838a. Streitigkeiten
zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der
gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten
sind im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden.
b) der Nutzungen und
Lasten.
§. 839. Die
gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach Verhältniß der Antheile
ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß angesehen; wer das
Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
§. 840. Ordentlicher
Weise sind die erzielten Nutzungen in Natur zu theilen. Ist aber diese
Vertheilung nicht thunlich; so ist jeder berechtigt, auf die öffentliche Feilbiethung
zu dringen. Der gelöste Werth wird den Theilhabern verhältnißmäßig entrichtet.
c) der Theilung.
§. 841. Bey der nach
aufgehobener Gemeinschaft vorzunehmenden Theilung der gemeinschaftlichen Sache
gilt keine Mehrheit der Stimmen. Die Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden
Sachgenossen vorgenommen werden. Können sie nicht einig werden; so entscheidet
das Los, oder ein Schiedsmann, oder, wenn sie sich über die Bestimmung der
einen oder andern dieser Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der
Richter.
§. 842. Ein Schiedsmann
oder der Richter entscheidet auch, ob bey der Theilung liegender Gründe oder
Gebäude ein Theilgenosse, zur Benützung seines Antheiles, einer Servitut
bedürfe, und unter welcher Bedingung sie ihm zu verwilligen sey.
§. 843. Kann eine
gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder nicht ohne beträchtliche
Verminderung des Werthes getheilt werden, so ist sie, und zwar wenn auch nur
Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher Feilbiethung zu
verkaufen, und der Kaufschilling unter die Theilhaber zu vertheilen.
§. 844. Servituten,
Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen Gebrauche nötigen Urkunden sind
keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn sonst nichts im Wege steht, bei
dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die übrigen erhalten auf ihre Kosten
beglaubigte Abschriften. Die Grunddienstbarkeiten bestehen mangels Vereinbarung
zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht
erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung
der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 845. Bei Teilungen
der Grundstücke sind die gegenseitigen Grenzen durch entsprechende Grenzzeichen
auf eine deutliche und unwandelbare Art zu bezeichnen.
§. 846. Ueber die
gemachte Theilung sind Urkunden zu errichten. Ein Theilhaber einer
unbeweglichen Sache erhält auch erst dadurch ein dingliches Recht auf seinen
Antheil, daß die darüber errichtete Urkunde den öffentlichen Büchern einverleibt
wird. (§. 436.)
§. 847. Die bloße
Teilung was immer für eines gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht
zum Nachteile gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen
dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die
Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 848. Auch
persönliche Rechte, die einem Dritten gegen eine Gemeinschaft zustehen, haben
ungeachtet des erfolgten Austrittes ihre vorige Kraft. Ebenso kann derjenige,
welcher an eine Gemeinschaft schuldig ist, die Zahlung nicht an einzelne
Teilnehmer entrichten. Solche Schulden müssen an die ganze Gemeinschaft oder an
jenen, der sie ordentlich vorstellt, abgetragen werden.
§. 848a. Gewährt eine
Dienstbarkeit oder eine andere dingliche Last einen Anspruch auf Nutzungen, so
kann bei Teilung des herrschenden Grundstückes jeder Berechtigte und bei
Teilung des belasteten Grundstückes jeder Belastete eine gerichtliche Regelung
der Ausübung begehren. Die Ausübung ist mit Rücksicht auf die Natur und
Zweckbestimmung des Rechtes sowie auf das Größenverhältnis und die
wirtschaftliche Besonderheit der einzelnen Liegenschaftsteile ohne Erschwerung
der Last so zu regeln, wie es allen Interessen billigerweise entspricht.
§. 849. Was bisher von
der Gemeinschaft überhaupt bestimmt worden ist, läßt sich auch auf die einer
Familie, als einer Gemeinschaft, zustehenden Rechte und Sachen, z. B.
Stiftungen, Fideicommisse u. dgl. anwenden.
Erneuerung und Berichtigung
der Grenzen
§. 850. Wenn die
Grenzzeichen zwischen zwei Grundstücken durch was immer für Umstände so
verletzt worden sind, daß sie ganz unkenntlich werden könnten, oder wenn die
Grenzen wirklich unkennbar oder streitig sind, so hat jeder der Nachbarn das
Recht, die gerichtliche Erneuerung oder Berichtigung der Grenze zu verlangen.
Zu diesem Behufe sind die Nachbarn zu einer Verhandlung im Verfahren außer
Streitsachen mit dem Bedeuten zu laden, daß trotz Ausbleibens des Geladenen die
Grenze festgesetzt und vermarkt werden wird.
§. 851. Sind die
Grenzen wirklich unkennbar geworden oder streitig, so werden sie nach dem
letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt. Läßt sich dieser nicht feststellen,
so hat das Gericht die streitige Fläche nach billigem Ermessen zu verteilen.
Jeder Partei bleibt es
vorbehalten, ihr besseres Recht im Prozeßweg geltend zu machen.
§. 852. Die wichtigsten
Behelfe bey einer Gränzberichtigung sind: die Ausmessung und Beschreibung, oder
auch die Abzeichnung des streitigen Grundes; dann, die sich darauf beziehenden
öffentlichen Bücher und andere Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger
Zeugen, und das von Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene
Gutachten.
§. 853. Die Kosten des
Verfahrens sind von den Nachbarn nach Maß ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der
Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der
Verhandlung ergibt, daß die Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht
notwendig war, weil die Grenze nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich
gewesen ist, oder weil die anderen Beteiligten zur außergerichtlichen
Vermarkung bereit waren.
Wenn das Verfahren
durch Störung des ruhigen Besitzes veranlaßt wurde, kann das Gericht die Kosten
ganz oder teilweise der Partei auferlegen, die den Streit veranlaßt hat.
Vermuthete
Gemeinschaft.
§. 853a. Für Grenzen
von Grundstücken, die im Grenzkataster enthalten sind, finden die Bestimmungen
der §§ 850 bis 853 keine Anwendung.
§. 854. Erdfurchen,
Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privat-Bäche, Canäle, Plätze und andere
dergleichen Scheidewände, die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden,
werden für ein gemeinschaftliches Eigenthum angesehen; wenn nicht Wapen, Auf-
oder Inschriften, oder andere Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil beweisen.
§. 855. Jeder
Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in
der Dicke benützen, auch Blindthüren und Wandschränke dort anbringen, wo auf
der entgegengesetzten Seite noch keine angebracht sind. Doch darf das Gebäude
durch einen Schorstein, Feuerherd oder andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt,
und der Nachbar auf keine Art in dem Gebrauche seines Antheiles gehindert
werden.
§. 856. Alle
Miteigenthümer tragen zur Erhaltung solcher gemeinschaftlichen Scheidewände
verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt vorhanden sind; oder das Eigenthum getheilt
ist, bestreitet jeder die Unterhaltungskosten für das, was ihm allein gehört.
§. 857. Ist die
Stellung einer Scheidewand von der Art, daß die Ziegel, Latten oder Steine nur
auf einer Seite vorlaufen oder abhängen; oder sind die Pfeiler, Säulen,
Ständer, Bachställe auf einer Seite eingegraben; so ist im Zweifel auf dieser
Seite das ungetheilte Eigenthum der Scheidewand, wenn nicht aus einer
beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus andern Kennzeichen, oder sonstigen
Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch derjenige wird für den ausschließenden
Besitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung gleich fortlaufende
Mauer von gleicher Höhe und Dicke unstreitig besitzt.
§. 858. In der Regel
ist der ausschließende Besitzer nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder
Planke neu aufzuführen; nur dann muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn
durch die Oeffung für den Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist
aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges
für die nöthige Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem
fremden Raume zu sorgen.
Zweyter Theil.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und
Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen Sachenrechte.
§. 859. Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer
andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein
Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.
Auslobung
§. 860. Die nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung
für eine Leistung oder einen Erfolg (Auslobung) wird durch die öffentliche
Bekanntmachung verbindlich. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum
Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die
Bewerbung bestimmt ist.
§. 860a. Bis zur Vollendung der Leistung kann die Auslobung in derselben
Form, in welcher sie bekannt gemacht war, oder einer gleich wirksamen Form,
oder durch besondere Mitteilung widerrufen werden, wenn anders darauf in der
Bekanntmachung nicht ausdrücklich oder durch Bestimmung einer Frist verzichtet
ist. Der Widerruf ist aber unwirksam gegenüber demjenigen, der die Leistung im
Hinblick auf die Auslobung vollbracht hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm
zu dieser Zeit ohne sein Verschulden nicht bekannt geworden war.
§. 860b. Ist die Leistung von mehreren Personen vollbracht worden, so
gebührt, falls nicht aus der Auslobung ein anderer Wille hervorgeht, die
Belohnung demjenigen, der die Leistung zuerst vollbracht hat, und bei
gleichzeitiger Vollendung allen zu gleichen Teilen.
Abschließung des Vertrages.
§. 861. Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, daß
heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder
seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der
Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen
beyder Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und
das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher
angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§. 862. Das Versprechen (Antrag) muß innerhalb der vom Antragsteller bestimmten
Frist angenommen werden. In Ermanglung einer solchen muß der einem Anwesenden
oder mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag sogleich, der
sonst einem Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem Zeitpunkte
angenommen werden, in welchem der Antragsteller unter der Voraussetzung, daß
sein Antrag rechtzeitig angekommen sei, bei rechtzeitiger und ordnungsmäßiger
Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf; widrigenfalls ist der
Antrag erloschen. Vor Ablauf der Annahmefrist kann der Antrag nicht
zurückgenommen werden. Er erlischt auch nicht, wenn ein Teil während der
Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein anderer Wille
des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht.
§. 862a. Als rechtzeitig gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb
der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt
jedoch der Vertrag zustande, wenn der Antragsteller erkennen mußte, daß die
Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt
dem andern nicht unverzüglich anzeigt.
§. 863. Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und
allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche
Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen
Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
In bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen
ist auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht
zu nehmen.
§. 864. Ist eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des
Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag
zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen
angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist.
Das Behalten, Verwenden oder Verbrauchen einer Sache, die dem Empfänger
ohne seine Veranlassung übersandt worden ist, gilt nicht als Annahme eines
Antrags. Der Empfänger ist nicht verpflichtet, die Sache zu verwahren oder
zurückzuleiten, er darf sich ihrer auch entledigen. Muß ihm jedoch nach den
Umständen auffallen, daß die Sache irrtümlich an ihn gelangt ist, so hat er in
angemessener Frist dies dem Absender mitzuteilen oder die Sache an den Absender
zurückzuleiten.
§. 864a. Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet
hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig
sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren
Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine
Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.
Erfordernisse eines gültigen Vertrages:
1) Fähigkeiten der Personen;
§. 865. Kinder unter sieben Jahren und Personen über sieben Jahre, die
den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind – außer in den Fällen des § 151
Abs. 3 – unfähig, ein Versprechen zu machen oder es anzunehmen. Andere
Minderjährige oder Personen, denen ein Sachwalter bestellt ist, können zwar ein
bloß zu ihrem Vorteil gemachtes Versprechen annehmen; wenn sie aber eine damit
verknüpfte Last übernehmen oder selbst etwas versprechen, hängt – außer in den
Fällen des § 151 Abs. 3 und des § 280 Abs. 2 – die Gültigkeit des Vertrages
nach den in dem dritten und vierten Hauptstück des ersten Teiles gegebenen
Vorschriften in der Regel von der Einwilligung des Vertreters oder zugleich des
Gerichtes ab. Bis diese Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil nicht
zurücktreten, aber eine angemessene Frist zur Erklärung verlangen.
§. 866. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 1, Z. 83, BGBl 2000/Nr. 135 –
Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001.)
§. 867. Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern
Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren
einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung
derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)
§. 868. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
2) wahre Einwilligung.
§. 869. Die Einwilligung in einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt
und verständlich erkläret werden. Ist die Erklärung unverständlich; ganz
unbestimmt; oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter
welchen das Versprechen geschehen ist; so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um
einen Andern zu bevortheilen, undeutlicher Ausdrücke bedient, oder ein
Scheinhandlung unternimmt, leistet Genugthuung.
§. 870. Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und gegründete
Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten nicht
verbunden.
§. 871. War ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem
anderen zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen, der die Hauptsache
oder eine wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht
vorzüglich gerichtet und erklärt wurde, so entsteht für ihn keine
Verbindlichkeit, falls der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem
aus den Umständen offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt
wurde.
Ein Irrtum eines Teiles über einen Umstand, über den ihn der andere nach
geltenden Rechtsvorschriften aufzuklären gehabt hätte, gilt immer als Irrtum
über den Inhalt des Vertrages und nicht bloß als solcher über den Bewegungsgrund
oder den Endzweck (§ 901).
§. 872. Betrifft aber der Irrthum weder die Hauptsache, noch eine
wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand; so bleibt der
Vertrag, in so fern beyde Theile in den Hauptgegenstand gewilliget, und den
Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erkläret haben, noch immer gültig:
allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrthumes die angemessene
Vergütung zu leisten.
§. 873. Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrthum in der Person
desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern
ohne den Irrthum der Vertrag entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art
errichtet worden wäre. Als Irrtum in der Person gilt jedenfalls der Irrtum über
das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur
Erbringung der Leistung.
§. 874. In jedem Falle muß derjenige, welcher einen Vertrag durch List
oder ungerechte Furcht bewirket hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung
leisten.
§. 875. Ist einer der Vertragschließenden von einem Dritten durch List
oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu
einer irrtümlichen Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur
in dem Falle, daß der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von
derselben offenbar wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.
§. 876. Die vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden
entsprechende Anwendung auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen
Person gegenüber abzugeben sind.
§. 877. Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung
verlangt, muß dagegen auch Alles zurückstellen, was es aus einem solchen
Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat.
3) Möglichkeit der Leistung.
§. 878. Was geradezu unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen
Vertrages werden. Ist Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen, so bleibt
der Vertrag in ersterem Teile gültig, wenn anders aus dem Vertrage nicht
hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert werden könne. Wer bei
Abschließung des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, hat dem
anderen Teile, falls von diesem nicht dasselbe gilt, den Schaden zu ersetzen,
den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat.
§. 879. Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die
guten Sitten verstößt, ist nichtig.
Insbesondere sind folgende Verträge nichtig:
1. wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;
1a. wenn etwas für die Vermittlung einer medizinisch unterstützten
Fortpflanzung bedungen wird;
2. wenn ein
Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich löst
oder sich einen bestimmten Teil des Betrages versprechen läßt, der der Partei
zuerkannt wird;
3. wenn eine Erbschaft
oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei
Lebzeiten derselben veräußert wird;
4. wenn jemand den
Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder
Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten
für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren
Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.
Eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern
enthaltene Vertragsbestimmung, die nicht eine der beiderseitigen
Hauptleistungen festlegt, ist jedenfalls nichtig, wenn sie unter
Berücksichtigung aller Umstände des Falles einen Teil gröblich benachteiligt.
§. 880. Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor
dessen Uebergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man
den Vertrag nicht geschlossen hätte.
§. 880a. Hat jemand einem andern eine Leistung eines Dritten versprochen,
so gilt dies als Zusage seiner Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den
Erfolg eingestanden, so haftet er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des
Dritten ausbleibt.
Verträge zugunsten Dritter
§. 881. Hat sich jemand eine Leistung an einen Dritten versprechen
lassen, so kann er fordern, daß an den Dritten geleistet werde.
Ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht
erwirbt, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und
der Natur und dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der
Dritte dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen
soll.
Das Recht auf die bei einer Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines
Dritten versprochenen Leistungen gilt mangels anderer Vereinbarungen dem
Dritten als mit der Übergabe des Gutes erworben.
§. 882. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht zurück, so
gilt das Recht als nicht erworben.
Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegen den
Dritten zu.
Form der Verträge.
§. 883. Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder
außerhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese
Verschiedenheit der Form macht, außer den im Gesetze bestimmten Fällen, in
Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§. 884. Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer
bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser
Form nicht gebunden sein wollen.
§. 885. Ist zwar noch
nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte
errichtet und von den Parteien unterfertigt worden (Punktation), so gründet
auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche
darin ausgedrückt sind.
§. 886. Ein Vertrag,
für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die
Unterschrift der Parteien oder, falls sie des Schreibens unkundig oder wegen
Gebrechens unfähig sind, durch Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell
beglaubigten Handzeichens oder Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen,
deren einer den Namen der Partei unterfertigt, zustande. Der schriftliche
Abschluß des Vertrages wird durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung
ersetzt. Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege
ist nur da genügend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist.
§. 887. (Anm.:
Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung.
§. 888. Wenn zwey oder
mehrere Personen jemanden eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder
es von ihm annehmen; so wird sowohl die Forderung, als die Schuld nach den
Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes getheilt.
§. 889. Außer den in
dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer theilbaren
Sache jeder nur für seinen Antheil, und eben so muß von mehrern Mitgenossen
einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile begnügen.
§. 890. Betrifft es
hingegen untheilbare Sachen; so kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist, solche
von einem jeden Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und nur Ein
Schuldner da sind; so ist dieser die Sache einem einzelnen Mitgläubiger, ohne
Sicherstellung heraus zu geben, nicht verpflichtet; er kann auf die
Uebereinkunft aller Mitgläubiger dringen, oder die gerichtliche Verwahrung der
Sache verlangen.
Correalität.
§. 891. Versprechen
mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand dergestalt, daß
sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede
einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von
allen, oder von einigen Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten
Antheilen, oder ob er es von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach
erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl
vorbehalten; und, wenn er von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Theile
befriediget wird; so kann er das Rückständige von den übrigen fordern.
§. 892. Hat hingegen
einer mehrern Personen eben dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese
ausdrücklich berechtiget worden, es zur ungetheilten Hand fordern zu können; so
muß der Schuldner das Ganze demjenigen dieser Gläubiger entrichten, der ihn
zuerst darum angeht.
§. 893. Sobald ein
Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet hat, darf dieser von den
übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern; und sobald ein Mitgläubiger von dem
Schuldner ganz befriediget worden ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen
Anspruch mehr.
§. 894. Ein
Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem Gläubiger lästigere Bedingungen
eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen, und die Nachsicht oder
Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält, kommt den übrigen
nicht zu Statten.
§. 895. Wie weit aus
mehrern Mitgläubigern, welchen eben dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand
zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze Forderung für sich erhalten
hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß aus den besondern, zwischen den
Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen bestimmt werden. Besteht
kein solches Verhältniß; so ist einer dem andern keine Rechenschaft schuldig.
§. 896. Ein
Mitschuldner zur ungetheilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen abgetragen
hat, ist berechtiget, auch ohne geschehene Rechtsabtretung, von den übrigen den
Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältniß unter ihnen besteht,
zu gleichen Theilen zu fordern. War einer aus ihnen unfähig, sich zu
verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu leisten;
so muß ein solcher ausfallender Antheil ebenfalls von allen Mitverpflichteten
übernommen werden. Die erhaltene Befreyung eines Mitverpflichteten kann den
übrigen bey der Forderung des Ersatzes nicht nachtheilig seyn. (§. 894.)
Nebenbestimmungen bey Verträgen:
1) Bedingungen;
§. 897. In Ansehung der
Bedingungen bey Verträgen gelten überhaupt die nähmlichen Vorschriften, welche
über die den Erklärungen des letzten Willens beygesetzten Bedingungen aufgestellt
worden sind.
§. 898. Verabredungen
unter solchen Bedingungen, welche bey einem letzten Willen für nicht beigesetzt
angesehen werden, sind ungültig.
§. 899. Ist die in
einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen; so
muß sie nach dem Vertrage nur dann wiederhohlet werden, wenn sie in einer
Handlung dessen, der das Recht erwerben soll, besteht und von ihm wiederhohlet
werden kann.
2) Bewegungsgrund;
§. 900. Ein unter einer
aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.
§. 901. Haben die
Parteyen den Bewegungsgrund, oder den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich
zur Bedingung gemacht; so wird der Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere
Bedingung angesehen. Außer dem haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit
entgeldlicher Verträge keinen Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die
bey den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3) Zeit, Ort und Art der Erfüllung;
§. 902. Eine durch
Vertrag oder Gesetz bestimmte Frist ist vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu
berechnen, daß bei einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt
wird, in welchen das Ereignis fällt, von dem der Fristenlauf beginnt.
Das Ende einer nach
Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag der
letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl
dem Tage des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn
aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Unter einem halben
Monate sind fünfzehn Tage zu verstehen, unter der Mitte eines Monats der
fünfzehnte dieses Monats.
§. 903. Ein Recht,
dessen Erwerbung an einen bestimmten Tag gebunden ist, wird mit dem Anfang
dieses Tages erworben. Die Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer
Verbindlichkeit oder eines Versäumnisses treten erst mit dem Ablauf des letzten
Tages der Frist ein. Fällt der für die Abgabe einer Erklärung oder für eine
Leistung bestimmte letzte Tag auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag, so
tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung, der
nächstfolgende Werktag.
§. 904. Ist keine
gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden; so kann sie
sogleich, nähmlich ohne unnöthigen Aufschub, gefordert werden. Hat der
Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkühr vorbehalten; so muß man
entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben halten; oder, wenn es um
eine bloß persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu thun ist, die
Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Letzteres
findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach Möglichkeit,
oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens müssen die Vorschriften, welche
oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten Anordnungen beygerückten
Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet werden.
§. 905. Kann der
Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zwecke des
Geschäftes bestimmt werden, so ist an dem Orte zu leisten, wo der Schuldner zur
Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die
Verbindlichkeit im Betriebe des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens
des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung. In Ansehung des Maßes, des
Gewichtes und der Geldsorten ist auf den Ort der Erfüllung zu sehen.
Geldzahlungen hat der
Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen
Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hat sich dieser nach der Entstehung der
Forderung geändert, so trägt der Gläubiger die dadurch bewirkte Erhöhung der
Gefahr und der Kosten.
Aus der Übernahme der
Kosten der Versendung durch den Schuldner allein folgt noch nicht, dass der
Ort, an den die Versendung zu erfolgen hat, für den Schuldner als Erfüllungsort
zu gelten hat.
§. 905a. Ist eine in
ausländischer Währung ausgedrückte Geldschuld im Inland zu zahlen, so kann die
Zahlung in inländischer Währung erfolgen, es sei denn, dass die Zahlung in
ausländischer Währung ausdrücklich bedungen worden ist.
Die Umrechnung erfolgt
nach dem zur Zeit der Zahlung am Zahlungsort maßgeblichen Kurswert. Wenn der
Schuldner die Zahlung verzögert, hat der Gläubiger die Wahl zwischen dem bei
Fälligkeit und dem zur Zeit der Zahlung maßgeblichen Kurswert.
§. 905b. Wird eine nur
der Gattung nach bestimmte Sache geschuldet, so ist diese in mittlerer Art und
Güte zu leisten.
§. 906. Kann das
Versprechen auf mehrere Arten erfüllt werden, so hat der Schuldner die Wahl. Er
kann aber von der einmal getroffenen Wahl für sich allein nicht abgehen.
Hat der Gläubiger die
Wahl und ist er mit ihr in Verzug, so kann der Schuldner die Wahl an Stelle des
Gläubigers treffen oder nach den §§ 918 und 919 vorgehen. Wenn er die Wahl an
Stelle des Gläubigers trifft, hat er diesen davon zu verständigen und ihm
zugleich eine angemessene Frist zur Vornahme einer anderen Wahl zu setzen.
Trifft der Gläubiger keine solche Wahl, so ist die Wahl des Schuldners
maßgebend. In jedem Fall gebührt dem Schuldner der Ersatz des Schadens.
§. 907. Wird ein
Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl geschlossen, und dieselbe durch
zufälligen Untergang eines oder mehrerer Wahlstücke vereitelt; so ist der
Theil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein
Verschulden des Verpflichteten; so muß er dem Berechtigten für die Vereitlung
der Wahl haften.
4) Angeld;
§. 908. Was bey
Abschließung eines Vertrages voraus gegeben wird, ist, außer dem Falle einer
besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der Abschließung, oder als eine
Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten, und heißt Angeld.
Wird der Vertrag durch Schuld einer Partey nicht erfüllet; so kann die
schuldlose Partey das von ihr empfangene Angeld behalten, oder den doppelten
Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit
nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung; oder, wenn diese nicht mehr
möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5) Reugeld;
§. 909. Wird bey
Schließung eines Vertrages ein Betrag bestimmt, welchen ein oder der andere
Theil in dem Falle, daß er von dem Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten
will, entrichten muß; so wird der Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem
Falle muß entweder der Vertrag erfüllt, oder das Reugeld bezahlet werden. Wer
den Vertrag auch nur zum Theile erfüllet; oder das, was von dem Andern auch nur
zum Theile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst
gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§. 910. Wenn ein Angeld
gegeben, und zugleich das Befugniß des Rücktrittes ohne Bestimmung eines besondern
Reugeldes bedungen wird; so vertritt das Angeld die Stelle des Reugeldes. Im
Falle des Rücktrittes verliert also der Geber das Angeld; oder der Empfänger
stellt das Doppelte zurück.
§. 911. Wer nicht durch
bloßen Zufall, sondern durch sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages
verhindert wird, muß ebenfalls das Reugeld entrichten.
6) Nebengebühren.
§. 912. Der Gläubiger
ist von seinem Schuldner außer der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu
fordern berechtiget. Sie bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der
Hauptsache; in den bestimmten oder in den Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze
des verursachten Schadens; oder dessen, was dem Andern daran liegt, daß die
Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllet worden; endlich in dem Betrage, welchen
ein Theil sich auf diesen Fall bedungen hat.
§. 913. In wie weit mit
einem dinglichen Rechte das Recht auf den Zuwachs, oder auf die Früchte
verbunden sey, ist in dem ersten und vierten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmet worden. Wegen eines bloß persönlichen Rechtes hat der Berechtigte
noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. In wie weit dem Gläubiger ein Recht auf
diese zukomme, ist theils aus den besondern Arten und Bestimmungen der
Verträge; theils aus dem Hauptstücke, von dem Rechte des Schadenersatzes und
der Genugthuung, zu entnehmen.
Auslegungsregeln bey Verträgen.
§. 914. Bei Auslegung
von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften,
sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen,
wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
§. 915. Bey einseitig
verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete
eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig
verbindlichen wird eine undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen
erkläret, der sich derselben bedienet hat. (§. 869.)
§. 916. Eine
Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum
Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen
werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
Einem Dritten, der im
Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des
Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.
Allgemeine Bestimmungen
über entgeltliche Verträge und Geschäfte
§. 917. Bei einem
entgeltlichen Vertrage werden entweder Sachen mit Sachen, oder Handlungen,
worunter auch die Unterlassungen gehören, mit Handlungen, oder endlich Sachen
mit Handlungen und Handlungen mit Sachen vergolten.
§. 917a. Ist zum Schutz
eines Vertragspartners gesetzlich bestimmt, daß kein höheres oder kein
niedrigeres als ein bestimmtes Entgelt vereinbart werden darf, so ist eine
Entgeltvereinbarung soweit unwirksam, als sie dieses Höchstmaß über-
beziehungsweise dieses Mindestmaß unterschreitet. Im zweiten Fall gilt das
festgelegte Mindestentgelt als vereinbart.
§. 918. Wenn ein
entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am
gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere
entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter
Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag
erklären.
Ist die Erfüllung für
beide Seiten teilbar, so kann wegen Verzögerung einer Teilleistung der
Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder auch aller noch ausstehenden
Teilleistungen erklärt werden.
§. 919. Ist die
Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist
bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf
der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug
anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht mehr auf der Erfüllung
bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des Geschäftes oder der dem
Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die verspätete
Leistung oder, im Falle der Verspätung einer Teilleistung, die noch übrigen
Leistungen für den Empfänger kein Interesse haben.
§. 920. Wird die
Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu
vertretenden Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz
wegen Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage zurücktreten. Bei teilweiser
Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die Natur des Geschäftes oder der
dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die
teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§. 921. Der Rücktritt
vom Vertrage läßt den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung
verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche
Art zurückzustellen oder zu vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen
Gewinn zieht.
Gewährleistung
§. 922. Wer einem
anderen eine Sache gegen Entgelt überlässt, leistet Gewähr, dass sie dem
Vertrag entspricht. Er haftet also dafür, dass die Sache die bedungenen oder
gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften hat, dass sie seiner Beschreibung,
einer Probe oder einem Muster entspricht und dass sie der Natur des Geschäftes
oder der getroffenen Verabredung gemäß verwendet werden kann.
Ob die Sache dem
Vertrag entspricht, ist auch danach zu beurteilen, was der Übernehmer auf Grund
der über sie gemachten öffentlichen Äußerungen des Übergebers oder des
Herstellers, vor allem in der Werbung und in den der Sache beigefügten Angaben,
erwarten kann; das gilt auch für öffentliche Äußerungen einer Person, die die
Sache in den Europäischen Wirtschaftsraum eingeführt hat oder die sich durch
die Anbringung ihres Namens, ihrer Marke oder eines anderen Kennzeichens an der
Sache als Hersteller bezeichnet. Solche öffentlichen Äußerungen binden den
Übergeber jedoch nicht, wenn er sie weder kannte noch kennen konnte, wenn sie
beim Abschluss des Vertrags berichtigt waren oder wenn sie den
Vertragsabschluss nicht beeinflusst haben konnten.
Fälle der Gewährleistung.
§. 923. Wer also der
Sache Eigenschaften beylegt, die sie nicht hat, und die ausdrücklich oder
vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind; wer
ungewöhnliche Mängel, oder Lasten derselben verschweigt; wer eine nicht mehr
vorhandene, oder eine fremde Sache als die seinige veräußert; wer fälschlich
vorgibt, daß die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich; oder daß sie
auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frey sey; der hat, wenn das
Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
Vermutung der
Mangelhaftigkeit
§. 924. Der Übergeber
leistet Gewähr für Mängel, die bei der Übergabe vorhanden sind. Dies wird bis
zum Beweis des Gegenteils vermutet, wenn der Mangel innerhalb von sechs Monaten
nach der Übergabe hervorkommt. Die Vermutung tritt nicht ein, wenn sie mit der
Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist.
§. 925. Durch
Verordnung wird bestimmt, inwiefern die Vermutung eintritt, daß ein Tier schon
vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb bestimmter Fristen gewisse
Krankheiten und Mängel hervorkommen.
§. 926. Von der
rechtlichen Vermutung, daß der Mangel schon vor der Übergabe des Tieres
vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur dann Gebrauch machen, wenn er dem
Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem Gemeindevorsteher sogleich von dem
bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das Tier durch einen Sachverständigen
untersuchen läßt oder die gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des Beweises
beantragt.
§. 927. Vernachlässigt
der Übernehmer diese Vorsicht, so liegt ihm der Beweis ob, daß das Tier schon
vor der Übergabe mangelhaft war. Immer steht aber auch dem Übergeber der Beweis
offen, daß der gerügte Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei.
§. 928. Fallen die
Mängel einer Sache in die Augen oder sind die auf der Sache haftenden Lasten
aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so findet außer dem Falle arglistigen
Verschweigens des Mangels oder einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von
allen Fehlern und Lasten frei sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden
und Rückstände, welche auf der Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§. 929. Wer eine fremde
Sache wissentlich an sich bringt, hat eben so wenig Anspruch auf eine
Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich darauf Verzicht gethan hat.
§. 930. Werden Sachen
in Pausch und Bogen, nähmlich so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und
Gewicht übergeben; so ist der Uebergeber, außer dem Falle, daß eine von ihm
fälschlich vorgegebene, oder von dem Empfänger bedungene Beschaffenheit
mangelt, für die daran entdeckten Fehler nicht verantwortlich.
Bedingung der Gewährleistung.
§. 931. Wenn der
Übernehmer wegen eines von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches von
der Gewährleistung Gebrauch machen will, so muß er seinem Vormann den Streit
verkündigen. Unterläßt er dies, so verliert er zwar noch nicht das Recht der
Schadloshaltung, aber sein Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt
gebliebenen Einwendungen entgegensetzen und sich dadurch von der Entschädigung
in dem Maße befreien, als erkannt wird, daß diese Einwendungen, wenn von ihnen
der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den
Dritten veranlaßt haben würden.
Rechte aus der
Gewährleistung
§. 932. Der Übernehmer
kann wegen eines Mangels die Verbesserung (Nachbesserung oder Nachtrag des
Fehlenden), den Austausch der Sache, eine angemessene Minderung des Entgelts
(Preisminderung) oder die Aufhebung des Vertrags (Wandlung) fordern.
Zunächst kann der
Übernehmer nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei
denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den
Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig
hohen Aufwand verbunden wäre. Ob dies der Fall ist, richtet sich auch nach dem
Wert der mangelfreien Sache, der Schwere des Mangels und den mit der anderen
Abhilfe für den Übernehmer verbundenen Unannehmlichkeiten.
Die Verbesserung oder
der Austausch ist in angemessener Frist und mit möglichst geringen
Unannehmlichkeiten für den Übernehmer zu bewirken, wobei die Art der Sache und
der mit ihr verfolgte Zweck zu berücksichtigen sind.
Sind sowohl die
Verbesserung als auch der Austausch unmöglich oder für den Übergeber mit einem
unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden, so hat der Übernehmer das Recht auf
Preisminderung oder, sofern es sich nicht um einen geringfügigen Mangel handelt,
das Recht auf Wandlung. Dasselbe gilt, wenn der Übergeber die Verbesserung oder
den Austausch verweigert oder nicht in angemessener Frist vornimmt, wenn diese
Abhilfen für den Übernehmer mit erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären
oder wenn sie ihm aus triftigen, in der Person des Übergebers liegenden Gründen
unzumutbar sind.
§. 932a. Während des Rechtsstreites über die Aufhebung des Vertrages
wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien, sobald
die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist, durch einstweilige Verfügung den
gerichtlichen Verkauf des Tieres und die gerichtliche Hinterlegung des Erlöses
anzuordnen.
Verjährung
§. 933. Das Recht auf
die Gewährleistung muss, wenn es unbewegliche Sachen betrifft, binnen drei
Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen zwei Jahren gerichtlich
geltend gemacht werden. Die Frist beginnt mit dem Tag der Ablieferung der
Sache, bei Rechtsmängeln aber erst mit dem Tag, an dem der Mangel dem
Übernehmer bekannt wird. Die Parteien können eine Verkürzung oder Verlängerung
dieser Frist vereinbaren.
Bei Viehmängeln beträgt
die Frist sechs Wochen. Sie beginnt bei Mängeln, für die eine Vermutungsfrist
besteht, erst nach deren Ablauf.
In jedem Fall bleibt
dem Übernehmer die Geltendmachung durch Einrede vorbehalten, wenn er innerhalb
der Frist dem Übergeber den Mangel anzeigt.
Schadenersatz
§. 933a. Hat der
Übergeber den Mangel verschuldet, so kann der Übernehmer auch Schadenersatz
fordern.
Wegen des Mangels
selbst kann der Übernehmer auch als Schadenersatz zunächst nur die Verbesserung
oder den Austausch verlangen. Er kann jedoch Geldersatz verlangen, wenn sowohl
die Verbesserung als auch der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber
mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre. Dasselbe gilt, wenn
der Übergeber die Verbesserung oder den Austausch verweigert oder nicht in
angemessener Frist vornimmt, wenn diese Abhilfen für den Übernehmer mit
erheblichen Unannehmlichkeiten verbunden wären oder wenn sie ihm aus triftigen,
in der Person des Übergebers liegenden Gründen unzumutbar sind.
Nach Ablauf von zehn
Jahren ab der Übergabe der Sache obliegt für einen Ersatzanspruch wegen der
Mangelhaftigkeit selbst und wegen eines durch diese verursachten weiteren
Schadens dem Übernehmer der Beweis des Verschuldens des Übergebers.
Besonderer Rückgriff
§. 933b. Hat ein
Unternehmer einem Verbraucher Gewähr geleistet, so kann er von seinem Vormann,
wenn auch dieser Unternehmer ist, auch nach Ablauf der Fristen des § 933 die
Gewährleistung fordern. Dasselbe gilt für frühere Übergeber im Verhältnis zu
ihren Vormännern, wenn sie selbst wegen der Gewährleistungsrechte des letzten
Käufers ihrem Nachmann Gewähr geleistet haben. Der Anspruch ist mit der Höhe
des eigenen Aufwandes beschränkt.
Ansprüche nach Abs. 1
sind innerhalb von zwei Monaten ab Erfüllung der eigenen Gewährleistungspflicht
gerichtlich geltend zu machen. Die Haftung eines Rückgriffspflichtigen verjährt
jedenfalls in fünf Jahren nach Erbringung seiner Leistung. Die Frist wird durch
eine Streitverkündigung für die Dauer des Rechtsstreits gehemmt.
Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte.
§. 934. Hat bey
zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen,
was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so
räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die
Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber
bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum gemeinen
Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach dem
Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§. 935. Die Anwendung
des § 934 kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden; er ist jedoch dann
nicht anzuwenden, wenn jemand erklärt hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um
einen außerordentlichen Werth zu übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre
Werth bekannt war, sich dennoch zu dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden
hat; ferner, wenn aus dem Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie
einen, aus einem entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag
schließen wollten; wenn sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt;
endlich wenn die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist.
Von der Verabredung eine künftigen Vertrages.
§. 936. Die
Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen, ist nur dann
verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als die wesentlichen Stücke
des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert
worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen
hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder andern
Theiles verloren wird. Ueberhaupt muß auf die Vollziehung solcher Zusagen
längstens in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpuncte gedrungen werden;
widrigen Falls ist das Recht erloschen.
Von dem Verzicht auf Einwendungen.
§. 937. Allgemeine,
unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines
Vertrages sind ohne Wirkung.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen.
Schenkung.
§. 938. Ein Vertrag,
wodurch eine Sache jemanden unentgeldlich überlassen wird, heißt eine
Schenkung.
In wie fern eine
Verzichtleistung eine Schenkung sey.
§. 939. Wer auf ein gehofftes,
oder wirklich angefallenes, oder zweifelhaftes Recht Verzicht thut, ohne es
einem Andern ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten mit dessen
Einwilligung zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung.
§. 940. Es verändert
die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit; oder in
Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten; oder als eine besondere Belohnung
desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt
haben.
§. 941. Hat der
Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter
den Parteyen schon bedungen, oder durch das Gesetz vorgeschrieben war; so hört
das Geschäft auf, eine Schenkung zu seyn, und ist als ein entgeldlicher Vertrag
anzusehen.
Wechselseitige
Schenkungen.
§. 942. Sind
Schenkungen vorher dergestalt bedungen, das der Schenkende wieder beschenkt
werden muß; so entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen; sondern nur in
Ansehung des übersteigenden Werthes.
Form des Schenkungsvertrages,
§. 943. Aus einem bloß
mündlichen, ohne wirkliche Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst
dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche
Urkunde begründet werden.
und Maß einer
Schenkung.
§. 944. Ein unbeschränkter
Eigenthümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften auch sein ganzes
gegenwärtiges Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch das künftige
Vermögen verschenket wird, besteht nur in so weit, als er die Hälfte diese
Vermögens nicht übersteigt.
In wie fern der Geber
für das Geschenkte hafte.
§. 945. Wer wissentlich
eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer diesen Umstand
verschweigt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
Unwiderruflichkeit der
Schenkungen.
§. 946. Schenkungsverträge
dürfen in der Regel nicht widerrufen werden.
Ausnahmen:
1) wegen Dürftigkeit;
§. 947. Geräth der
Geschenkgeber in der Folge in solche Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen
Unterhalte gebricht; so ist er befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die
gesetzlichen Zinsen, in so weit die geschenkte Sache, oder derselben Werth noch
vorhanden ist, und ihm der nöthige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu
fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen
befindet. Aus mehrern Geschenknehmern ist der frühere nur in so weit verbunden,
als die Beyträge der spätern zum Unterhalte nicht zureichen.
2) Undanks;
§. 948. Wenn der
Beschenkte sich gegen seinen Wohlthäter eines groben Undankes schuldig macht,
kann die Schenkung widerrufen werden. Unter groben Undanke wird eine Verletzung
am Leibe, an Ehre, an Freyheit, oder am Vermögen verstanden, welche von der Art
ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten
nach dem Strafgesetze verfahren werden kann.
§. 949. Der Undank
macht den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer, und gibt
selbst dem Erben, des Verletzten, in so fern der letztere den Undank nicht
verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in Natur oder Werthe vorhanden
ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den Erben des Verletzers.
3) Verkürzung des
schuldigen Unterhalts;
§. 950. Wer jemanden
den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann dessen Recht durch Beschenkung
eines Dritten nicht verletzen. Der auf solche Art Verkürzte ist befugt, den
Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu belangen, was ihm der Schenkende nun
nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern Geschenknehmern ist die obige (§.
947.) Vorschrift anzuwenden.
4) des Pflichttheils;
§. 951. Wenn bei Bestimmung
des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785), der Nachlaß
aber zu dessen Deckung nicht ausreicht, kann der verkürzte Noterbe vom
Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages
verlangen. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages
abwenden.
Ist der Beschenkte
selbst pflichtteilsberechtigt, so haftet er dem andern nur so weit, als er
infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Einrechnung der Schenkungen
gebührenden Pflichtteil erhalten würde.
Unter mehreren
Beschenkten haftet der früher Beschenkte nur in dem Maße, als der später
Beschenkte zur Herausgabe nicht verpflichtet oder nicht imstande ist.
Gleichzeitig Beschenkte haften verhältnismäßig.
§. 952. Besitzt der Beschenkte
die geschenkte Sache oder ihren Werth nicht mehr; so haftet er nur in so fern,
als er sie unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.
5) der Gläubiger;
§. 953. Unter eben
dieser (§. 952.) Beschränkung können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert
werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt
worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung,
erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen
Einverständnisses überwiesen werden kann.
6) wegen nachgeborner
Kinder.
§. 954. Dadurch, daß
einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder
geboren werden, erwächst weder ihm, noch den nachgebornen Kindern das Recht,
die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er, oder das nachgeborne Kind, im
Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen dessen Erben das oben
angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend
machen. (§. 947.)
Welche Schenkungen auf
die Erben nicht übergehen.
§. 955. Hat der
Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung in gewissen Fristen
zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein Recht, noch eine
Verbindlichkeit; es müßte denn in dem Schenkungsvertrage ausdrücklich anders bedungen
worden seyn.
Schenkung auf den
Todesfall.
§. 956. Eine Schenkung,
deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit
Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur
dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der
Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat,
und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage.
Verwahrungsvertrag.
§. 957. Wenn jemand
eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt; so entsteht ein
Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde, noch nicht
übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den versprechenden
Theil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.
§. 958. Durch den
Verwahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder Eigenthum, noch Besitz, noch
Gebrauchsrecht; er ist bloßer Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute
Sache vor Schaden zu sichern.
Wann er in einen
Darleihens- oder Leihvertrag;
§. 959. Wird dem
Verwahrer auf sein Verlangen, oder durch freywilliges Anerbiethen des
Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört im ersten Falle der Vertrag gleich
nach der Verwilligung; im zweyten aber von dem Augenblicke, da das Anerbiethen
angenommen, oder von der hinterlegten Sache wirklich Gebrauch gemacht worden
ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er wird bey verbrauchbaren Sachen in
einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in einen Leihvertrag umgeändert, und es
treten die damit verbundenen Rechte und Pflichten ein.
oder in eine
Bevollmächtigung übergehe.
§. 960. Es können
bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem
Uebernehmer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich beziehendes,
Geschäft aufgetragen; so wird er als ein Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte
des Verwahrers;
§. 961. Die
Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute Sache durch die bestimmte
Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf derselben dem Hinterleger in eben
dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit allem Zuwachse
zurückzustellen.
§. 962. Der Verwahrer
muß dem Hinterleger auf Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit
zurückstellen, und kann nur den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens
begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben;
es wäre denn, daß ein unvorhergesehener Umstand ihn außer Stand setzte, die
Sache mit Sicherheit oder ohne seinen eigenen Nachtheil zu verwahren.
§. 963. Ist die
Verwahrungszeit weder ausdrücklich bestimmt worden, noch sonst aus
Nebenumständen abzunehmen; so kann die Verwahrung nach Belieben aufgekündet
werden.
§. 964. Der Verwahrer
haftet dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge
verursachten Schaden, aber nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die
anvertraute, obschon kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte
retten können.
§. 965. Hat aber der
Verwahrer von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht; hat er sie ohne Noth und
ohne Erlaubniß des Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder die
Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bey
dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er keinen Zufall
vorschützen, und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.
§. 966. Wenn Sachen
verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und in der Folge das Schloß oder
Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger, wenn er eine Abgang behauptet,
zur Beschwörung seiner Schadens, in so fern derselbe nach seinem Stande,
Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift
der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, daß der Verwahrer beweisen
könnte, daß die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden
geschehen sey. Das Nähmliche hat auch dann zu gelten, wenn sämmtliche auf
solche Art hinterlegte Sachen in Verlust gerathen sind.
und des Hinterlegers.
§. 967. Der Hinterleger
ist verpflichtet, dem Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und
die zur Erhaltung der verwahrten Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden
Nutzungen verwendeten Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um
das hinterlegte Gut zu retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er
einen angemessenen Ersatz fordern. Die wechselseitigen Forderungen des
Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen Sache können aber nur binnen
dreyßig Tagen von Zeit der Zurückstellung angebracht werden.
Sequester.
§. 968. Wird eine in Anspruch
genommene Sache von den streitenden Parteyen oder vom Gerichte jemanden in
Verwahrung gegeben; so heißt der Verwahrer, Sequester. Die Rechte und
Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier festgesetzten Grundsätzen
beurtheilt.
Ob dem Verwahrer ein
Lohn gebühre.
§. 969. Ein Lohn kann
für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden, wenn er ausdrücklich, oder nach
dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend bedungen worden ist.
Gastaufnahme
§. 970. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, haften als Verwahrer für die von den aufgenommenen Gästen
eingebrachten Sache, sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie
oder einen ihrer Leute verschuldet noch durch fremde, in dem Hause aus- und
eingehende Personen verursacht ist. Hat bei der Entstehung des Schadens ein
Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen
zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
Als eingebracht gelten
die Sachen, die dem Wirte oder einem seiner Leute übergeben oder an einen von
diesen angewiesenen oder hierzu bestimmten Ort gebracht sind. Ebenso haften
Unternehmer, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrzeuge und die auf diesen befindlichen Sachen.
Den Wirten werden gleichgehalten
die Besitzer von Badeanstalten in Rücksicht auf die üblicherweise eingebrachten
Sachen der Badegäste. 4 8
§. 970a. Ablehnung der
Haftung durch Anschlag ist ohne rechtliche Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und
Wertpapiere haftet der Gastwirt nur bis zum Betrage von 550 Euro, es sei denn,
daß er diese Sachen in Kenntnis ihrer Beschaffenheit zur Aufbewahrung
übernommen hat oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten
verschuldet ist.
§. 970b. Der
Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme erlischt, wenn der Beschädigte nach
erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht ohne Verzug dem Wirte die Anzeige
macht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Sachen vom Wirte zur Aufbewahrung
übernommen waren.
§. 970c. Den im § 970
bezeichneten Personen steht das Recht zu, zur Sicherung ihrer Forderungen aus
der Beherbergung und Verpflegung sowie ihrer Auslagen für die Gäste die
eingebrachten Sachen zurückzuhalten.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage.
Leihvertrag.
§. 971. Wenn jemanden
eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte
Zeit übergeben wird; so entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man
jemanden eine Sache zu leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar
verbindlich, aber noch kein Leihvertrag.
Rechte und Pflichten
des Entlehners:
1) in Rücksicht des
Verbrauches;
§. 972. Der Entlehner
erwirbt das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der
Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache
zurückzustellen.
2) der Zurückstellung;
§. 973. Wenn keine Zeit
zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt
worden ist; so ist der Entlehner verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern,
und die Sache so bald als möglich zurück zu geben.
§. 974. Hat man weder
die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt; so entsteht kein wahrer
Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Precarium), und der Verleiher
kann die entlehnte Sache nach Willkühr zurückfordern.
§. 975. Bey einem
Streite über die Dauer des Gebrauches muß der Entlehner das Recht auf den
längern Gebrauch beweisen.
§. 976. Wenn gleich die
verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher
selbst unentbehrlich wird; so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein
Recht, die Sache früher zurück zu nehmen.
§. 977. Der Entlehner
ist zwar in der Regel berechtiget, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten
Zeit zurück zu geben: fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher
beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen nicht Statt finden.
3) der Beschädigung;
§. 978. Wenn der
Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht, als es bedungen war, oder den
Gebrauch derselben eigenmächtig einem Dritten gestattet; so ist er dem
Verleiher verantwortlich, und dieser auch berechtiget, die Sache sogleich
zurück zu fordern.
§. 979. Wird die
geliehene Sache beschädiget, oder zu Grunde gerichtet; so muß der Entlehner
nicht nur den zunächst durch sein Verschulden verursachten, sondern auch den
zufälligen Schaden, den er durch eine widerrechtliche Handlung veranlaßt hat,
so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen. (§. 965.)
§. 980. Dadurch, daß
der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den Werth erlegt, hat er noch kein
Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des
Eigenthümers für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen
Werth zurück zu geben.
4) der
Erhaltungskosten.
§. 981. Die mit dem
Gebrauche ordentlicher Weise verbunden Kosten muß der Entlehner selbst bestreiten.
Die außerordentlichen Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die Sache dem
Verleiher nicht zur eigenen Besorgung überlassen kann oder will, inzwischen
vorzuschießen; doch werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer vergütet.
Beschädigung der
wechselseitigen Klagen.
§. 982. Wenn der
Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen Mißbrauch, oder
übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig Tagen nicht gerüget; oder, wenn der
Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten außerordentlichen
Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht hat; so ist die Klage
erloschen.
Ein u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem
Darleihensvertrage.
Darleihen.
§. 983. Wenn jemanden
verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, daß er zwar
willkührlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel
von derselben Gattung und Güte zurück geben soll; so entsteht ein
Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage
(§. 936), ein Darleihen künftig zu geben, nicht zu verwechseln.
Arten desselben.
§. 984. Ein Darleihen
wird entweder in Geld oder in anderen verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne,
oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren Falle nennet man es auch einen
Zinsenvertrag.
Gelddarleihen.
§. 985. Ein
Gelddarleihen kann klingende Münze, oder Papiergeld, oder öffentliche
Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.
a) in klingender Münze,
oder Papiergeld;
§. 986. In wie fern ein
Darleihen in klingender Münze überhaupt geschlossen werden könne, und in
welcher Währung (Valuta) ein solches Darleihen, oder ein Darleihen in
Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die darüber bestehenden besonderen
Vorschriften.
§. 987. Wenn ein
Darleiher sich die Zahlungen in der besonderen, von ihm gegebenen, Münz-Sorte
bedungen hat; so muß die Zahlung in eben dieser Münz-Sorte geleistet werden.
§. 988. Gesetzliche
Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des
Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z.
B. von 1000 Stücken kaiserlicher Ducaten, oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken
ohne Rücksicht, ob deren äußerer Werth in der Zwischenzeit erhöht oder
vermindert worden ist. Wird aber der innere Werth geändert; so ist die Zahlung
im Verhältniß zu dem inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des
Darleihens hatte, zu leisten.
§. 989. Sind zur Zeit
der Rückzahlung dergleichen Münz-Sorten im Staate nicht im Umlaufe; so muß der
Schuldner den Gläubiger mit zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und
Art befriedigen, daß derselbe den zur Zeit des Darleihens bestandenen innern
Werth dessen, was er gegeben hat, erhalte.
b) in Schuldscheinen.
§. 990. In öffentlichen
Schuldscheinen können Darleihen in der Art gültig geschlossen werden, daß die
Tilgung der Schuld entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen
Schuldscheine, wie der dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem
Werthe, welchen der Schuldschein zur Zeit des Darleihens hatte, zurückgezahlt
werde.
§. 991. Wenn statt
Geldes ein Privat-Schuldschein oder Waaren gegeben worden sind; so ist der
Schuldner nur verbunden, entweder den Schuldschein oder die empfangenen Waaren
unbeschädigt zurück zu stellen, oder dem Gläubiger den von diesem zu
erweisenden Schaden zu ersetzen.
c) Darleihen in anderen
verbrauchbaren Gegenständen.
§. 992. Bey Darleihen,
die nicht über Geld, sondern über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen
werden, macht es, dafern nur die Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte
und Menge bedungen worden, keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am
Werthe gestiegen oder gefallen sind.
Zinsen.
§. 993. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 994. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 995. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 996. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 997. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 998. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 999. Zinsen von Gelddarleihen
sind in der nähmlichen Währung (Valuta), wie das Capital selbst zu entrichten.
§. 1000. An Zinsen, die
ohne Bestimmung der Höhe vereinbart worden sind oder aus dem Gesetz gebühren,
sind, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, vier vom Hundert auf ein
Jahr zu entrichten.
Der Gläubiger einer
Geldforderung kann Zinsen von Zinsen verlangen, wenn die Parteien dies
ausdrücklich vereinbart haben. Sonst kann er, sofern fällige Zinsen eingeklagt
werden, Zinseszinsen vom Tag der Streitanhängigkeit an fordern. Wurde über die
Höhe der Zinseszinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind ebenfalls vier vom
Hundert auf ein Jahr zu entrichten.
Haben die Parteien über
die Frist zur Zahlung der Zinsen keine Vereinbarung getroffen, so sind diese
bei der Zurückzahlung des Kapitals oder, sofern der Vertrag auf mehrere Jahre
abgeschlossen worden ist, jährlich zu zahlen.
§. 1001. Damit ein
Schuldschein über einen Darleihensvertrag einen vollständigen Beweis mache,
müssen darin der eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der
eigentliche Anleiher oder Schuldner; der Gegenstand und Betrag des Darleihens;
und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die
Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich
beziehende Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äußere, zur
Beweiskraft nöthige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.
Zwey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von der
Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung.
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1002. Der Vertrag,
wodurch jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Nahmen des Andern zur
Besorgung übernimmt, heißt Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1003. Personen,
welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind
schuldig, über einen darauf sich beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den
Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob sie denselben annehmen oder
nicht; widrigen Falls bleiben sie dem Auftragenden für den dadurch veranlaßten
Nachtheil verantwortlich.
Eintheilung der
Bevollmächtigung in eine unentgeldliche oder entgeldliche;
§. 1004. Wird für die
Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich, oder nach dem Stande
des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so
gehört der Vertrag zu den entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.
mündliche oder
schriftliche;
§. 1005.
Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder schriftlich geschlossen werden.
Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber hierüber ausgestellte Urkunde wird
Vollmacht genannt.
allgemeine oder
besondere;
§. 1006. Es gibt
allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem jemanden die Besorgung aller,
oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die besonderen Vollmachten können
bloß gerichtliche oder bloß außergerichtliche Geschäfte überhaupt; oder sie
können einzelne Angelegenheiten der einen oder andern Gattung zum Gegenstande
haben.
Unumschränkte, oder
beschränkte;
§. 1007. Vollmachten
werden entweder mit unumschränkter oder mit beschränkter Freyheit zu handeln
ertheilet. Durch die erstere wird der Gewalthaber berechtiget, das Geschäft
nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber
werden ihm die Gränzen, wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll,
vorgeschrieben.
§. 1008. Folgende
Geschäfte: Wenn im Nahmen eines Andern Sachen veräußert, oder entgeldlich
übernommen; Anleihen oder Darleihen geschlossen; Geld oder Geldeswerth erhoben;
Processe anhängig gemacht; Eide aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben,
oder Vergleiche getroffen werden sollen, erfordern eine besondere, auf diese
Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt
angenommen oder ausgeschlagen; Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen
gemacht; das Befugniß, einen Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte
unentgeldlich aufgegeben werden sollen; ist eine besondere, auf das einzelne
Geschäft ausgestellte Vollmacht nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte
Vollmachten sind in diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des
Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt worden ist.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Gewalthabers;
§. 1009. Der
Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der
erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen, und allen aus dem
Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er
gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtiget, alle Mittel anzuwenden, die
mit der Natur des Geschäftes nothwendig verbunden, oder der erklärten Absicht
des Machtgebers gemäß sind. Ueberschreitet er aber die Gränzen der Vollmacht;
so haftet er für die Folgen.
§. 1010. Trägt der
Gewalthaber das Geschäft ohne Noth einem Dritten auf; so haftet er ganz allein
für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der
Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder durch die Umstände unvermeidlich; so
verantwortet er nur ein bey der Auswahl der Person begangenes Verschulden.
§. 1011. Wird mehrern
Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller
zur Gültigkeit des Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers nothwendig;
wenn nicht ausdrücklich Einem oder Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der
Vollmacht ertheilt worden ist.
§. 1012. Der
Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch sein Verschulden
verursachten Schaden zu ersetzen, und die bey dem Geschäfte vorkommenden
Rechnungen, so oft dieser es verlangt, vorzulegen.
§. 1013. Gewalthaber
sind, außer dem im §. 1004. enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung
wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des
Machtgebers in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten
Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen werden zur Armen-Casse eingezogen.
des Gewaltgebers;
§. 1014. Der
Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes
nothwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bey fehlgeschlagenem
Erfolge, zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen
auch einen angemessenen Vorschuß zu leisten; er muß ferner allen durch sein
Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen
Schaden vergüten.
§. 1015. Leidet der
Gewalthaber bey der Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden; so kann er in
dem Falle, daß er das Geschäft unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen
solchen Betrag fordern, welcher ihm bey einem entgeldlichen Vertrage zur
Vergütung der Bemühung nach dem höchsten Schätzungswerthe gebührt haben würde.
§. 1016. Ueberschreitet
der Gewalthaber die Gränzen seiner Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so
fern verbunden, als er das Geschäft genehmiget, oder den aus dem Geschäfte
entstandenen Vortheil sich zuwendet.
in Rücksicht eines
Dritten.
§. 1017. In so fern der
Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er
ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der
Gränzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen; so
kommen die dadurch gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und
dem Dritten; nicht aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber ertheilte
geheime Vollmacht hat auf die Rechte des Dritten keinen Einfluß.
§. 1018. Auch in dem
Falle, daß der Gewaltgeber einen solchen Gewalthaber, der sich selbst zu
verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind die innerhalb der Gränzen der
Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den Gewaltgeber, als für den
Dritten verbindlich.
§. 1019. Ist der
Gewalthaber zu dem von ihm geschlossenen Geschäft nicht oder nicht ausreichend
bevollmächtigt, so ist er, wenn der Gewaltgeber weder das Geschäft genehmigt
noch sich den aus dem Geschäft entstandenen Vorteil zuwendet (§ 1016), dem
anderen Teil zum Ersatz des Schadens verpflichtet, den dieser im Vertrauen auf
die Vertretungsmacht erleidet. Der Gewalthaber haftet jedoch nicht über den
Betrag des Interesses hinaus, das der andere Teil an der Wirksamkeit des
Vertrages hat.
Auflösung des Vertrages
durch den Widerruf.
§. 1020. Es steht dem
Machtgeber frey, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen; doch muß er dem
Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst
erlittenen Schaden ersetzen; sondern auch einen der Bemühung angemessenen Theil
der Belohnung entrichten. Dieses findet auch dann Statt, wenn die Vollendung
des Geschäftes durch einen Zufall verhindert worden ist.
die Aufkündung;
§. 1021. Auch der
Machthaber kann die angenommene Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor
Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen, oder vermöge der allgemeinen
Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet; so muß er, dafern nicht ein
unvorgesehenes und unvermeidliches Hinderniß eingetreten ist, allen daraus
entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod.
§. 1022. In der Regel
wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers
aufgehoben. Läßt sich aber das angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachtheil
der Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den
Sterbefall des Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht,
das Geschäft zu vollenden.
§. 1023. Die von einem
Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch
die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.
oder Concurs.
§. 1024. Verfällt der
Machtgeber in Concurs; so sind alle Handlungen, die der Gewalthaber nach
Kundmachung des Concurses im Nahmen des Concurs-Schuldners unternommen hat,
ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die Verhängung des Concurses über das
Vermögen des Machthabers schon an und für sich die ertheilte Vollmacht für
aufgehoben.
In wie fern die
Verbindlichkeit fortdauere.
§. 1025. Wird die
Vollmacht durch Widerruf, Aufkündung, oder durch den Tod des Gewaltgebers oder
Gewalthabers aufgehoben; so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub
leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben
eine andere Verfügung getroffen worden ist, oder füglich getroffen werden
konnte.
§. 1026. Auch bleiben
die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden unbekannt
war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann sich nur bey
dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines Schadens
erhohlen.
Stillschweigende
Bevollmächtigung der Dienstpersonen.
§. 1027. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die
Eigenthümer einer Handlung, eines Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes,
welche die Verwaltung einem Factor, Schiffer, Ladendiener oder andern
Geschäftsträgern anvertrauen.
§. 1028. Die Rechte
solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung,
dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich kundgemachte Befugniß der
Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurtheilen.
§. 1029. Ist die
Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden; so wird ihr Umfang aus dem
Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes beurtheilet. Wer einem Andern
eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermuthet, daß er ihm auch die
Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun, was die Verwaltung selbst erfordert
und was gewöhnlich damit verbunden ist. (§. 1009.)
Der Überbringer einer
Quittung gilt als ermächtigt, die Leistung zu empfangen, sofern nicht dem
Leistenden bekannte Umstände der Annahme einer solchen Ermächtigung
entgegenstehen.
§. 1030. Gestattet der
Eigenthümer einer Handlung, oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge,
Waaren im Laden oder außer demselben zu verkaufen; so wird vermuthet, daß sie
bevollmächtigt seyn, die Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen
auszustellen.
§. 1031. Die Vollmacht,
Waaren im Nahmen des Eigenthümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf
das Recht, in seinem Nahmen Waaren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den
Werth der ihnen anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es
nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§. 1032. Dienstgeber
und Familienhäupter sind nicht verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen
oder andern Hausgenossen in ihrem Nahmen auf Borg genommen wird, zu bezahlen.
Der Borger muß in solchen Fällen den gemachten Auftrag erweisen.
§. 1033. Besteht aber
zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein ordentliches Einschreibebuch,
worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet werden; so gilt die Vermuthung, daß
der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu
nehmen.
Gerichtliche und
gesetzliche Bevollmächtigung.
§. 1034. Das Recht der
Großeltern, der Pflegeeltern, anderer mit der Obsorge betrauter Personen, der
Sachwalter und Kuratoren, die Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten,
gründet sich auf die Anordnung des Gerichts. Die Eltern (ein Elternteil) werden
unmittelbar durch das Gesetz mit der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder
betraut; Gleiches gilt nach Maßgabe der §§ 211, 212 und 215 Abs. 1 letzter Satz
für Jugendwohlfahrtsträger und nach Maßgabe der §§ 284b bis 284e für nächste
Angehörige.
Geschäftsführung ohne
Auftrag;
§. 1035. Wer weder
durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch aus
dem Gesetze das Befugniß erhalten hat, darf der Regel nach sich in das Geschäft
eines Andern nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt; so ist er für alle
Folgen verantwortlich.
im Nothfalle;
§. 1036. Wer, obgleich
unberufen, ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens
besorgt, dem ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen
und zweckmäßig gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung
ohne Verschulden fruchtlos geblieben ist. (§. 403.)
oder zum Nutzen des
Andern;
§. 1037. Wer fremde
Geschäfte bloß, um den Nutzen des Andern zu befördern, übernehmen will, soll
sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese
Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des Andern
klarem, überwiegenden Vortheile geführet; so müssen ihm von diesem die darauf
verwendeten Kosten ersetzt werden.
§. 1038. Ist aber der
überwiegende Vortheil nicht klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so
wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem
Andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist
dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der
Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze,
oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugthuung leiste.
§. 1039. Wer ein
fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen hat, muß es bis zur Vollendung
fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.
gegen den Willen des
Andern.
§. 1040. Wenn jemand
gegen den gültig erklärten Willen des Eigenthümers sich eines fremden
Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen Bevollmächtigten durch eine solche
Einmengung an der Besorgung des Geschäftes verhindert; so verantwortet er nicht
nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn, sondern er verliert
auch den gemachten Aufwand, in so fern er nicht in Natur zurück genommen werden
kann.
Verwendung einer Sache
zum Nutzen des Andern.
§. 1041. Wenn ohne
Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines Anderen verwendet worden ist; kann
der Eigenthümer sie in Natur, oder, wenn dieß nicht mehr geschehen kann, den
Werth verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der
Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.
§. 1042. Wer für einen
Andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen
müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.
§. 1043. Hat jemand in
einem Nothfalle, um einen größern Schaden von sich und Andern abzuwenden, sein
Eigenthum aufgeopfert; so müssen ihn Alle, welche daraus Vortheil zogen,
verhältnißmäßig entschädigen. Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift
auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.
§. 1044. Die
Vertheilung der Kriegsschäden wird nach besondern Vorschriften von den
politischen Behörden bestimmt.
Drey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Tauschvertrage.
Tausch.
§. 1045. Der Tausch ist
ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die
wirkliche Uebergabe ist nicht zur Errichtung; sondern nur zur Erfüllung des
Tauschvertrages, und zur Erwerbung des Eigenthumes nothwendig.
§. 1046. Das Geld ist
kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine
Waare und selbst als Münz-Sorten in so weit vertauschen, als sie nur gegen
andere Münz-Sorten, goldene nähmlich gegen silberne, kleinere gegen größere
Stücke verwechselt werden sollen.
Rechte und Pflichten
der Tauschenden
§. 1047. Tauschende
sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die vertauschten Sachen der
Verabredung gemäß mit ihren Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter
Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem sie sich bei
Schließung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu
übernehmen.
insbesondere in
Rücksicht der Gefahr
§. 1048. Ist keine Zeit
bedungen, zu welcher die Uebergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit
entweder die vertauschte bestimmte Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt,
oder zufälliger Weise ganz, oder doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde
gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.
§. 1049. Andere in
dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und
Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und
Bogen behandelt worden; so trägt der Uebernehmer den zufälligen Untergang
einzelner Stücke, wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am
Werthe verändert worden ist.
und der Nutzungen vor
der Uebergabe.
§. 1050. Dem Besitzer
gebühren die Nutzungen der vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der
Uebergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie, sammt dem Zuwachse, dem
Uebernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben worden ist.
§. 1051. Ist keine Zeit
zur Uebergabe der bestimmten Sache bedungen, und fällt keinem Theile ein
Versehen zur Last; so sind die obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen
(§§. 1048-1050) auf den Zeitpunct der Uebergabe selbst anzuwenden; in so fern
die Parteyen nicht etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1052. Wer auf die
Übergabe dringen will, muß seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu
erfüllen bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine
Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern,
wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet
ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.
Vier u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Kaufvertrage.
Kaufvertrag.
§. 1053. Durch den
Kaufvertrag wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem Andern
überlassen. Er gehört, wie der Tausch zu den Titeln ein Eigenthum zu erwerben.
Die Erwerbung erfolgt erst durch die Uebergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur
Uebergabe behält der Verkäufer das Eigenthumsrecht.
Erfordernisse des
Kaufvertrages.
§. 1054. Wie die
Einwilligung des Käufers und Verkäufers beschaffen seyn müssen, und welche
Sache gekauft und verkauft werden dürfen, dieses wird nach den Regeln des
Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muß im baren Gelde bestehen, und
darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig seyn.
Der Kaufpreis muß
a) im baren Gelde
bestehen;
§. 1055. Wird eine
Sache theils gegen Geld; theils gegen eine andere Sache veräußert; so wird der
Vertrag, je nachdem der Werth am Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Werth
der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder Tausche, und bey gleichem Werthe
der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt;
§. 1056. Käufer und
Verkäufer können die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten
Person überlassen. Wird von dieser in dem bedungenen Zeitraume nichts
festgesetzt; oder will im Falle, daß kein Zeitraum bedungen worden ist, ein
Theil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten; so wird der Kaufvertrag als
nicht geschlossen angesehen.
§. 1057. Wird die
Bestimmung des Preises mehreren Personen überlassen, so entscheidet die
Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so verschieden aus, daß der Preis
nicht einmahl durch wirkliche Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird; so ist der
Kauf für nicht eingegangen zu achten.
§. 1058. Auch der
Werth, welcher bey einer frühern Veräußerung bedungen worden ist, kann zur
Bestimmung des Preises dienen. Hat man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde
gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in
welcher der Vertrag erfüllet werden muß, angenommen.
c) nicht gesetzwidrig
seyn.
§. 1059. (Anm.:
Aufgehoben durch § 33 Z. 7, BGBl 1979/Nr. 140 - Konsumentenschutzgesetz.)
§. 1060. Außer diesem
Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung
über die Hälfte bestritten werden (§§. 934-935). Diese Beschwerde findet auch
dann Statt, wenn der Ausspruch des Kaufpreises einem Dritten überlassen worden
ist.
Pflichten des
Verkäufers,
§. 1061. Der Verkäufer
ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der Uebergabe sorgfältig zu verwahren und
sie dem Käufer nach eben den Vorschriften zu übergeben, welche oben bey dem
Tausche (§. 1047) aufgestellt worden sind.
und des Käufers.
§. 1062. Der Käufer
hingegen ist verbunden, die Sache sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu
übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; widrigen Falls ist
der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu verweigern berechtiget.
§. 1063. Wird die Sache
dem Käufer von dem Verkäufer ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist
die Sache auf Borg verkauft, und das Eigenthum derselben geht gleich auf den
Käufer über.
§. 1063a. Die Kosten
der Übergabe der verkauften Ware, insbesondere die Kosten des Messens und des
Wägens, fallen dem Verkäufer zur Last, die Kosten der Abnahme und der
Versendung der Sache an einen anderen Ort als den Erfüllungsort aber dem
Käufer.
§. 1063b. Wenn dem
Käufer beim Kauf einer beweglichen Sache die nähere Bestimmung der Form, des
Maßes oder ähnlicher Verhältnisse vorbehalten ist, ist er verpflichtet, die
vorbehaltene Bestimmung zu treffen. Im Übrigen gilt § 906 Abs. 2 sinngemäß.
Gefahr und Nutzen des
Kaufgegenstandes.
§. 1064. In Rücksicht
der Gefahr und Nutzungen einer zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen
Sache gelten die nähmlichen Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben
worden sind. (§§. 1048-1051.)
Kauf einer gehofften
Sache.
§. 1065. Wenn Sachen,
die noch zu erwarten stehen, gekauft werden; so sind die in dem Hauptstücke von
gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen anzuwenden.
Allgemeine Vorschrift.
§. 1066. In allen bey
einem Kaufvertrag vorkommenden Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich
entschieden werden, sind die in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und von
dem Tauschvertrage insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
Besondere Arten oder
Nebenverträge eines Kaufvertrages.
§. 1067. Besondere
Arten oder Nebenverträge eines Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des
Wiederkaufes, des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der
Verkauf mit Vorbehalt eines bessern Käufers; und der Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt
des Wiederkaufes.
§. 1068. Das Recht eine
verkaufte Sache wieder einzulösen, heißt das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses
Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird
von einer Seite das Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande; von der
andern Seite aber das erlegte Kaufgeld zurück gegeben, und die inzwischen
beyderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen
einander aufgehoben.
§. 1069. Hat der Käufer
das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert; oder zu dessen Erhaltung
außerordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm gleich einem redlichen
Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn durch sein Verschulden der
Werth verändert, oder die Zurückgabe vereitelt worden ist.
§. 1070. Der Vorbehalt
des Wiederkaufes findet nur bei unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem
Verkäufer nur für seine Lebenszeit. Er kann sein Recht weder auf die Erben noch
auf einen anderen übertragen. Ist das Recht in die öffentlichen Bücher
einverleibt, so kann die Sache auch einem Dritten abgefordert werden und dieser
wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf mit Vorbehalt des
Rückverkaufes.
§. 1071. Den nähmlichen
Beschränkungen unterliegt das von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem
Verkäufer wieder zurück zu verkaufen; und es sind auf dasselbe die für den
Wiederkauf ertheilten Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des
Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht
oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift
des §. 916 ein.
Vorbehalt des
Vorkaufsrechtes.
§. 1072. Wer eine Sache
mit der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen
will, ihm die Einlösung anbiethen soll, der hat das Vorkaufsrecht.
§. 1073. Das
Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches Recht. In Rücksicht auf
unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein
dingliches verwandelt werden.
§. 1074. Auch kann das
Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des
Berechtigten übertragen werden.
§. 1075. Der
Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen vier und zwanzig Stunden; unbewegliche
aber binnen dreyßig Tagen, nach der geschehenen Anbiethung, wirklich einlösen.
Nach Verlauf dieser Zeit ist das Vorkaufsrecht erloschen.
§. 1076. Das
Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen Feilbiethung der mit diesem
Rechte belasteten Sache keine andere Wirkung, als daß der den öffentlichen
Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbiethung insbesondere vorgeladen
werden muß.
§. 1077. Der zur
Einlösung Berechtigte muß außer dem Falle einer andern Verabredung, den
vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angebothen worden ist,
entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen Kaufpreise angebothenen
Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich auch durch einen
Schätzungswerth nicht ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt
werden.
§. 1078. Das
Vorkaufsrecht läßt sich auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere
Verabredung nicht ausdehnen.
§. 1079. Hat der
Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht angebothen, so muß er ihm für
allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die
veräußerte Sache dem Dritten abgefordert werden, und dieser wird nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf auf die Probe.
§. 1080. Der Kauf auf
Probe ist unter der im Belieben des Käufers stehenden Bedingung geschlossen,
daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der
Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört
auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht
genehmigt.
§. 1081. Ist die Sache
zum Zwecke der Besichtigung oder Probe bereits übergeben, so gilt
Stillschweigen des Käufers bis nach Ablauf der Probezeit als Genehmigung.
§. 1082. Ist bei einem
Kauf auf Probe keine Probezeit vereinbart worden, so kann der Verkäufer dem
Käufer eine angemessene Frist als Probezeit setzen.
§. 1083. Wird das
Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, daß der Verkäufer, wenn sich binnen
einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt
sey; so bleibt in dem Falle, daß das Kaufstück nicht übergeben worden, die
Wirklichkeit des Vertrages bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§. 1084. Ist das
Kaufstück übergeben worden, so ist der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber
durch den Eintritt der Bedingung wieder aufgelöset. Bey dem Mangel einer
ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bey dem Kaufe auf die Probe angenommene
Zeitraum vermuthet.
§. 1085. Ob der neue
Käufer besser sey, beurtheilet der Verkäufer. Er kann den zweyten Käufer, wenn
der erste auch noch mehr zahlen wollte, vorziehen. Bey der Auflösung des
Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache und des Geldes gegen einander auf.
In Rücksicht der Verbesserungen oder Verschlimmerungen wird der Käufer gleich
einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag.
§. 1086. Wenn jemand
seine bewegliche Sache einem Andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe
übergibt, mit der Bedingung, daß ihm der Uebernehmer binnen einer festgesetzten
Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll;
so ist der Uebergeber vor Verlauf der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht
berechtiget; der Uebernehmer aber muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld
entrichten.
§. 1087. Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber
Eigenthümer. Der Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden
verursachten Schaden, und es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche
Kosten vergütet, die dem Uebergeber zum Nutzen gereichen.
§. 1088. Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die
Zahlungsfrist nicht bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber
angesehen. In keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten,
welcher sie von dem Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat,
abgefordert werden. (§. 367.)
§. 1089. Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und
den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der
Regel Statt; in so fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung
eigene Anordnungen enthalten sind.
Fünf u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht-
und Erbzins-Verträgen.
Bestandvertrag.
§. 1090. Der Vertrag,
wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit
und gegen einen bestimmten Preis erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.
I.) Mieth- und
Pachtvertrag.
§. 1091. Der
Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere
Bearbeitung gebrauchen läßt, ein Miethvertrag; wenn sie aber nur durch Fleiß
und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt. Werden durch einen
Vertrag Sachen von der ersten und zweyten Art zugleich in Bestand gegeben; so
ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der Hauptsache zu beurtheilen.
Erfordernisse.
§. 1092. Mieth- und
Pachtverträge können über die nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art,
als der Kaufvertrag geschlossen werden. Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn
keine andere Uebereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§. 1093. Der
Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen und unbeweglichen Sachen, als seine
Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in den Fall kommen, den Gebrauch
seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung.
§. 1094. Sind die
vertragschließenden Theile über das Wesentliche des Bestandes, nähmlich über
die Sache und den Preis, übereingekommen; so ist der Vertrag vollkommen
abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft anzusehen.
§. 1095. Wenn ein
Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist; so ist das Recht des
Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der
nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muß.
Wechselseitige Rechte:
1) In Hinsicht auf
Ueberlassung, Erhaltung, Benützung.
§. 1096. Vermieter und
Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem
Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen
Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe
derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des
Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauche nicht
taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der
Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf diese Befreiung
kann bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.
Der Pächter hat die
gewöhnlichen Ausbesserungen der Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu
tragen, als sie mit den Materialien des Gutes und den Diensten, die er nach der
Beschaffenheit des Gutes zu fordern berechtigt ist, bestritten werden können.
§. 1097. Werden
Ausbesserungen nötig, welche dem Bestandgeber obliegen, so ist der
Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Bestandgeber ohne
Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer wird als ein Geschäftsführer ohne
Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber
obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037) gemacht
hat; er muß aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach Zurückstellung
des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage erloschen.
§. 1098. Mieter und
Pächter sind berechtiget, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch
die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu
geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrage
nicht ausdrücklich untersagt worden ist.
2) Lasten;
§. 1099. Bey
Vermiethungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermiether. Bey eigentlichen
Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit
Ausschluß der eingetragenen Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die
Pachtung nach einem Anschlage geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von
dem Ertrage abgezogen worden sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von
dem Grunde selbst entrichtet werden müssen.
3) Zins.
§. 1100. Ist nichts
anderes vereinbart oder ortsüblich, so ist der Zins, wenn eine Sache auf ein
oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird, halbjährlich, bei einer kürzeren
Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu entrichten.
§. 1101. Zur
Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter einer unbeweglichen Sache das
Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm in
gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen
Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung entzogen
sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen
Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen
Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein
Recht bei Gericht anmeldet.
Zieht der Mieter aus
oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der Zins entrichtet oder
sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf eigene Gefahr
zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise Beschreibung
ansuchen oder die Sachen herausgeben.
Dem Verpächter eines
Grundstückes steht in gleichem Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht
an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und
den darauf noch befindlichen Früchten zu.
§. 1102. Der
Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat
aber der Bestandnehmer mehr als eine Fristzahlung voraus geleistet, so kann er
dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder neuen Eigentümer nur dann
entgegensetzen, wenn sie in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist.
Zins in Früchten.
§. 1103. Wenn der
Eigenthümer sein Gut mit der Bedingung überläßt, daß der Uebernehmer die
Wirthschaft betreiben, und dem Uebergeber einen auf die ganze Nutzung sich beziehenden
Theil, z. B. ein Drittheil oder die Hälfte der Früchte geben solle; so entsteht
kein Pacht-, sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den darüber
aufgestellten Regeln beurtheilet wird.
Fälle und Bedingungen
einer Erlassung des Zinses.
§. 1104. Wenn die in
Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder
Seuche, großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen
Mißwachses gar nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der
Bestandgeber zur Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet-
oder Pachtzins zu entrichten.
§. 1105. Behält der
Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes,
so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem
Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche
Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die
Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu
erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.
§. 1106. Hat der
Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich genommen; so werden darunter
nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge verstanden. Andere
außerordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich
aber ausdrücklich, auch alle andere außerordentliche Unglücksfälle zu tragen;
so wird deßwegen noch nicht vermuthet, daß er auch für den zufälligen Untergang
des ganzen Pachtstückes haften wolle.
§. 1107. Wird der
Gebrauch oder Genuß des Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder
sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer
zugestoßenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt, oder waren zur Zeit der
Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon abgesondert, so fällt die widrige
Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last. Er muß den Zins doch entrichten.
Der Bestandgeber muß sich aber den ersparten Aufwand und die Vorteile, die er
durch anderweitige Verwertung des Bestandstückes erlangt, anrechnen.
§. 1108. Behauptet der
Pächter den Erlaß des ganzen Pachtzinses oder eines Theiles davon entweder aus
dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muß er dem Verpächter ohne Zeitverlust
den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht
landkundig ist, gerichtlich, oder wenigstens durch zwey sachkundige Männer
erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht angehört.
4) Zurückstellung;
§. 1109. Nach
geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten
Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat,
gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der
Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur
zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der
Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der
Zurückstellung schützen.
§. 1110. Wenn bey dem
Bestandvertrage kein Inventarium errichtet worden ist; so tritt die nähmliche
Vermuthung, wie bey der Fruchtnießung (§. 518) ein.
§. 1111. Wird das
Mieth- oder Pachtstück beschädiget, oder durch Mißbrauch abgenützt; so haften
Miether und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers
Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz
aus dieser Haftung längstens binnen Einem Jahre nach Zurückstellung des
Bestandstückes gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.
5) Auflösung des
Bestandvertrages:
a) durch Untergang der
Sache;
§. 1112. Der
Bestandvertrag löset sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde
geht. Geschieht dieß aus Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern
Ersatz; geschieht es durch einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern
dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit;
§. 1113. Der
Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich
oder stillschweigend, entweder durch den nach einem gewissen Zeitraume
ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag- Wochen- und Monathzimmern, oder
durch die erklärte, oder aus dem Umständen hervorleuchtende Absicht des
Bestandnehmers bedungen worden ist.
wenn keine Erneuerung
geschieht;
§. 1114. Der
Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich; sondern auch stillschweigend
erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine vorläufige Aufkündigung bedungen
worden; so wird der Vertrag durch die Unterlassung der gehörigen Aufkündigung
stillschweigend erneuert. Ist keine Aufkündigung bedungen worden; so geschieht
eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der
Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der
Bestandgeber es dabey bewenden läßt.
§. 1115. Die
stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages geschieht unter den nähmlichen
Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich
bey Pachtung nur auf Ein Jahr; wenn aber der ordentliche Genuß erst in einem
spätern Zeitraume erfolgen kann, auf eine so lange Zeit als nothwendig ist, um
die Nutzungen einmahl beziehen zu können. Miethungen, wofür man den Zins erst
nach einem ganzen oder halben Jahre zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes
Jahr; alle kürzere Miethungen aber auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert,
welche vorher durch den Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederhohlten
Erneuerungen gilt das Nähmliche, was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung
vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung;
§. 1116. In so fern die
Dauer eines Bestandvertrages weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch
durch besondere Vorschriften bestimmt ist, muß derjenige, welcher den Vertrag
aufheben will, dem Andern die Pachtung sechs Monathe; die Miethung einer
unbeweglichen Sache vierzehn Tage; und einer beweglichen vier und zwanzig
Stunden vorher aufkündigen, als die Abtretung erfolgen soll.
§. 1116a. Durch den Tod
eines der vertragschließenden Teile wird der Bestandvertrag nicht aufgeschoben.
Wohnungsmieten können jedoch, wenn der Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die
vereinbarte Dauer sowohl von den Erben des Mieters wie von dem Vermieter unter
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1117. Der
Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem
Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand
übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem
bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch
Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der
Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter auch
dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der
Räume beim Vertragsabschluß gekannt hat.
§. 1118. Der
Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn
der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon
macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses
dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den rückständigen
Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes Gebäude
neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether zu
seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige
Ausbesserungen.
§. 1119. Wenn dem
Vermiether die Nothwendigkeit der neuen Bauführung schon zur Zeit des
geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte; oder, wenn die Nothwendigkeit der
durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen aus Vernachlässigung der
kleinern Ausbesserungen entstanden ist; so muß dem Miether für den vermißten
Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet werden.
d) Veräußerung der
Sache.
§. 1120. Hat der
Eigenthümer das Bestandstück an einen Andern veräußert, und ihm bereits
übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen
Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen
Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht
auf den erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung
zu fordern.
§. 1121. Bei einer
zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die
öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln.
Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der
Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.
§. 1122. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1123. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1124. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1125. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1126. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1127. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1128. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1129. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1130. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1131. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1132. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1133. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1134. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1135. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1136. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1137. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1138. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1139. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1140. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1141. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1142. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1143. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1144. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1145. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1146. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1147. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1148. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1149. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1150. (Anm.: Aufgehoben durch
Art. 9, Z. 4, BGBl I 2006/Nr. 113 – Deregulierungsgesetz 2006.)
Sechs u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Verträgen über
Dienstleistungen
Dienst- und
Werkvertrag.
§. 1151. Wenn jemand
sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so
entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen
Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.
Insoweit damit eine
Geschäftsbesorgung (§ 1002) verbunden ist, müssen auch die Vorschriften über
den Bevollmächtigungsvertrag beobachtet werden.
§. 1152. Ist im
Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so
gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen.
1. Dienstvertrag.
§. 1153. Wenn sich aus
dem Dienstvertrage oder aus den Umständen nichts anderes ergibt, hat der Dienstnehmer
die Dienste in eigener Person zu leisten und ist der Anspruch auf die Dienste
nicht übertragbar. Soweit über Art und Umfang der Dienste nichts vereinbart
ist, sind die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten.
Anspruch auf das Entgelt.
§. 1154. Wenn nichts
anderes vereinbart oder bei Diensten der betreffenden Art üblich ist, ist das
Entgelt nach Leistung der Dienste zu entrichten.
Ist das Entgelt nach
Monaten oder kürzeren Zeiträumen bemessen, so ist es am Schlusse des einzelnen
Zeitraumes; ist es nach längeren Zeiträumen bemessen, am Schlusse eines jeden
Kalendermonats zu entrichten. Ein nach Stunden, nach Stück oder
Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die schon vollendeten Leistungen am
Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es sich jedoch um Dienste höherer Art
handelt, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten.
In jedem Falle wird das
bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
§. 1154a. Der nach
Stück oder Einzelleistungen entlohnte Dienstnehmer kann einen den geleisteten
Diensten und seinen Auslagen entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des
Entgelts verlangen.
§. 1154b. Der
Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf das Entgelt, wenn er nach Antritt des
Dienstes durch Krankheit oder Unglücksfall an der Dienstleistung verhindert
ist, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verschuldet zu
haben, bis zur Dauer von sechs Wochen. Der Anspruch auf das Entgelt erhöht sich
auf die Dauer von acht Wochen, wenn das Dienstverhältnis fünf Jahre, von zehn
Wochen, wenn es 15 Jahre und von zwölf Wochen, wenn es 25 Jahre ununterbrochen
gedauert hat. Durch jeweils weitere vier Wochen behält der Dienstnehmer den
Anspruch auf das halbe Entgelt.
Bei wiederholter
Dienstverhinderung durch Krankheit (Unglücksfall) innerhalb eines Arbeitsjahres
besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nur insoweit, als die Dauer
des Anspruchs gemäß Abs. 1 noch nicht erschöpft ist.
Wird ein Dienstnehmer
durch Arbeitsunfall oder Berufskrankheit im Sinne der Vorschriften über die
gesetzliche Unfallversicherung an der Leistung seiner Dienste verhindert, ohne
dass er die Verhinderung vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit
herbeigeführt hat, so behält er seinen Anspruch auf das Entgelt ohne Rücksicht
auf andere Zeiten einer Dienstverhinderung bis zur Dauer von acht Wochen. Der
Anspruch auf das Entgelt erhöht sich auf die Dauer von zehn Wochen, wenn das
Dienstverhältnis 15 Jahre ununterbrochen gedauert hat. Bei wiederholten
Dienstverhinderungen, die im unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang mit einem
Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit stehen, besteht ein Anspruch auf
Fortzahlung des Entgelts innerhalb eines Dienstjahres nur insoweit, als die
Dauer des Anspruchs nach dem ersten oder zweiten Satz noch nicht erschöpft ist.
Ist ein Dienstnehmer gleichzeitig bei mehreren Dienstgebern beschäftigt, so
entsteht ein Anspruch nach diesem Absatz nur gegenüber jenem Dienstgeber, bei
dem die Dienstverhinderung im Sinne dieses Absatzes eingetreten ist; gegenüber den
anderen Dienstgebern entstehen Ansprüche nach Abs. 1.
Kur- und
Erholungsaufenthalte, Aufenthalte in Heil- und Pflegeanstalten,
Rehabilitationszentren und Rekonvaleszentenheimen, die wegen eines
Arbeitsunfalles oder einer Berufskrankheit von einem Träger der
Sozialversicherung, dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und
Generationen gemäß § 12 Abs. 4 Opferfürsorgegesetz, einem Bundesamt für
Soziales und Behindertenwesen oder einer Landesregierung auf Grund eines
Behindertengesetzes auf deren Rechnung bewilligt oder angeordnet werden, sind
einer Dienstverhinderung gemäß Abs. 3 gleichzuhalten.
Der Dienstnehmer behält
ferner den Anspruch auf das Entgelt, wenn er durch andere wichtige, seine
Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden während einer verhältnismäßig
kurzen Zeit an der Dienstleistung verhindert wird.
Durch Kollektivvertrag
können von Abs. 5 abweichende Regelungen getroffen werden. Bestehende
Kollektivverträge gelten als abweichende Regelungen.
§. 1155. Auch für
Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer
das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite
des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden ist; er muß sich jedoch
anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge
solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt
ihm angemessene Entschädigung.
Erlöschen der
Ansprüche.
§. 1156. Die dem
Dienstgeber nach § 1154b obliegenden Verpflichtungen erlöschen, wenn das
Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit, für die es eingegangen wurde, oder
infolge einer früheren Kündigung oder einer Entlassung endet, die nicht durch
die Erkrankung oder sonstige die Person des Dienstnehmers betreffende wichtige
Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist. Wird der Dienstnehmer wegen der
Verhinderung entlassen oder wird ihm während der Verhinderung gekündigt, so
bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des Dienstverhältnisses in
Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.
§. 1156a. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 2, BGBl 2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz
2000.)
Erlöschen der
Ansprüche.
§. 1156b. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 2000/Nr. 44 – Arbeitsrechtsänderungsgesetz
2000.)
Fürsorgepflicht des
Dienstgebers.
§. 1157. Der
Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm
beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten
dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der
Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.
Ist der Dienstnehmer in
die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen, so hat dieser in Ansehung des
Wohn- und Schlafraumes, der Verpflegung sowie der Arbeits- und Erholungszeit
die mit Rücksicht auf Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des Dienstnehmers
erforderlichen Anordnungen zu treffen.
Endigung des
Dienstverhältnisses.
§. 1158. Das
Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen wurde.
Ein auf Probe oder nur
für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes vereinbartes Dienstverhältnis kann
während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
Ein für die Lebenszeit
einer Person oder für länger als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann
von dem Dienstnehmer nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von sechs Monaten gelöst werden.
Ist das
Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so
kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen gelöst werden.
Kündigungsfristen.
§. 1159. Eine Kündigung
ist zulässig:
wenn bei einem
Dienstverhältnisse, das keine Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, das
Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach Stück oder Einzelleistungen bemessen ist,
jederzeit für den folgenden Tag; wenn ein solches Dienstverhältnis die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat oder wenn das Entgelt nach Wochen bemessen ist,
spätestens am ersten Werktage für den Schluß der Kalenderwoche. Die Wirkung der
Kündigung tritt im Falle der Entlohnung nach Stück oder Einzelleistungen
keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der Kündigung in Ausführung begriffenen
Leistungen ein.
§. 1159a. Wenn ein
Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf die Art der Bemessung des
Entgelts eine mindestens vierwöchentliche Kündigungsfrist einzuhalten.
Dasselbe gilt
überhaupt, wenn das Entgelt nach Jahren bemessen ist.
§. 1159b. In allen
anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens
vierzehntägigen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1159c. Die
Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen
vereinbart, so gilt für beide Teile die längere Frist.
Freizeit während der
Kündigungsfrist
§. 1160. Bei Kündigung
durch den Dienstgeber ist dem Dienstnehmer während der Kündigungsfrist auf sein
Verlangen wöchentlich mindestens ein Fünftel der regelmäßigen wöchentlichen
Arbeitszeit ohne Schmälerung des Entgelts freizugeben.
Ansprüche nach Abs. 1
bestehen nicht, wenn der Dienstnehmer einen Anspruch auf eine Pension aus der
gesetzlichen Pensionsversicherung hat, sofern eine Bescheinigung über die
vorläufige Krankenversicherung vom Pensionsversicherungsträger ausgestellt
wurde.
Abs. 2 gilt nicht bei
Kündigung wegen Inanspruchnahme einer Gleitpension gemäß § 253c ASVG.
Durch Kollektivvertrag
können abweichende Regelungen getroffen werden.
Konkurs.
§. 1161. Welche
Wirkungen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Dienstgebers auf
das Dienstverhältnis hat, bestimmt die Konkursordnung.
Vorzeitige Auflösung.
§. 1162. Das
Dienstverhältnis kann, wenn es für bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor Ablauf
dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teile
aus wichtigen Gründen gelöst werden.
§. 1162a. Wenn der
Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, kann der Dienstgeber
entweder dessen Wiedereintritt zur Dienstleistung nebst Schadenersatz oder
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen. Wird der
Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten. Für die schon
bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig ist, steht dem
Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des Entgelts nur insoweit
zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses für
den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben.
§. 1162b. Wenn der
Dienstgeber den Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn
ihn ein Verschulden an dem vorzeitigen Austritte des Dienstnehmers trifft,
behält dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine
vertragsgemäßen Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur
Beendigung des Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch
ordnungsmäßige Kündigung hätte verstreichen müssen, unter Anrechnung dessen,
was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Soweit
jedoch der oben genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, kann der
Dienstnehmer das ganze für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort
fordern.
§. 1162c. Trifft beide
Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat
der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein
Ersatz gebührt.
§. 1162d. Ansprüche
wegen vorzeitigen Austrittes oder vorzeitiger Entlassung im Sinne der §§ 1162a
und 1162b müssen bei sonstigem Ausschlusse binnen sechs Monaten nach Ablauf des
Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden.
Zeugnis.
§. 1163. Bei Beendigung
des Dienstverhältnisses ist dem Dienstnehmer auf sein Verlangen ein
schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen.
Verlangt der Dienstnehmer während der Dauer des Dienstverhältnisses ein
Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine Kosten auszustellen. Eintragungen und
Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem Dienstnehmer die Erlangung einer neuen
Stellung erschwert wird, sind unzulässig.
Zeugnisse des
Dienstnehmers, die sich in Verwahrung des Dienstgebers befinden, sind dem
Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit auszufolgen.
Zwingende Vorschriften
§. 1164. Die Berechtigungen
des Dienstnehmers, die sich aus den Bestimmungen der §§ 1154 Abs. 3, 1154b Abs.
1 bis 4, 1156 bis 1159b, 1160 und 1162a bis 1163 ergeben, können durch den
Dienstvertrag oder durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung nicht
aufgehoben oder beschränkt werden.
Die §§ 1154b, 1156 und
1164 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 sind auf
Dienstverhinderungen anzuwenden, die in nach dem 31. Dezember 2000 begonnenen
Arbeitsjahren eingetreten sind.
Die verlängerte
Anspruchsdauer nach § 1154b Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I
Nr. 44/2000 bewirkt keine Verlängerung einer in Normen der kollektiven
Rechtsgestaltung oder Dienstverträgen vorgesehenen längeren Anspruchsdauer.
Sehen Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder Dienstverträge einen
zusätzlichen Anspruch im Anschluss an den Anspruch nach § 1154b Abs. 1 vor,
wird die Gesamtdauer der Ansprüche nicht verlängert.
Im Zeitpunkt des
Inkrafttretens des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 44/2000 für die Dienstnehmer
günstigere Regelungen in Dienstverträgen oder in Normen der kollektiven
Rechtsgestaltung werden durch die Neuregelung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr.
44/2000 nicht berührt.
Dienstzettel für das
freie Dienstverhältnis
§. 1164a. Liegt ein
freies Dienstverhältnis (§ 4 Abs. 4 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz,
BGBl. Nr. 189/1955, in der jeweils geltenden Fassung) vor, so hat der
Dienstgeber dem freien Dienstnehmer unverzüglich nach dessen Beginn eine
schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem
freien Dienstvertrag (Dienstzettel) auszuhändigen. Solche Aufzeichnungen sind
von Stempel- und unmittelbaren Gebühren befreit. Der Dienstzettel hat folgende
Angaben zu enthalten:
1. Name und Anschrift
des Dienstgebers,
2. Name und Anschrift
des freien Dienstnehmers,
3. Beginn des freien
Dienstverhältnisses,
4. bei freien
Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des freien Dienstverhältnisses,
5. Dauer der
Kündigungsfrist, Kündigungstermin,
6. vorgesehene
Tätigkeit,
7. Entgelt, Fälligkeit
des Entgelts.
Hat der freie
Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als einen Monat im Ausland zu verrichten,
so hat der vor der Aufnahme der Auslandstätigkeit auszuhändigende Dienstzettel
oder schriftliche freie Dienstvertrag zusätzlich folgende Angaben zu enthalten:
1. voraussichtliche
Dauer der Auslandstätigkeit,
2. Währung, in der das
Entgelt auszuzahlen ist, sofern es nicht in Euro auszuzahlen ist,
3. allenfalls
Bedingungen für die Rückführung nach Österreich und
4. allfällige
zusätzliche Vergütung für die Auslandstätigkeit.
Keine Verpflichtung zur
Aushändigung eines Dienstzettels besteht, wenn
1. die Dauer des freien
Dienstverhältnisses höchstens einen Monat beträgt oder
2. ein schriftlicher
freier Dienstvertrag ausgehändigt wurde, der alle in Abs. 1 und 2 genannten
Angaben enthält, oder
3. bei
Auslandstätigkeit die in Abs. 2 genannten Angaben in anderen schriftlichen
Unterlagen enthalten sind.
Jede Änderung der
Angaben gemäß Abs. 1 und 2 ist dem freien Dienstnehmer unverzüglich, spätestens
jedoch einen Monat nach ihrer Wirksamkeit schriftlich mitzuteilen, es sei denn,
die Änderung erfolgte durch Änderung von Gesetzen.
Hat das freie
Dienstverhältnis bereits am 1. Juli 2004 bestanden, so ist dem freien
Dienstnehmer auf sein Verlangen binnen zwei Monaten ein Dienstzettel gemäß Abs.
1 auszuhändigen. Eine solche Verpflichtung des Dienstgebers besteht nicht, wenn
ein früher ausgestellter Dienstzettel oder ein schriftlicher Vertrag über das
freie Dienstverhältnis alle nach diesem Bundesgesetz erforderlichen Angaben
enthält.
Die Bestimmungen der
Abs. 1 bis 5 können durch den freien Dienstvertrag weder aufgehoben noch
beschränkt werden.
2. Werkvertrag.
§. 1165. Der
Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner
persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.
§. 1166. Hat derjenige,
der die Verfertigung einer Sache übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so
ist der Vertrag im Zweifel als Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den
Stoff, im Zweifel als Werkvertrag zu betrachten.
Gewährleistung
§. 1167. Bei Mängeln
des Werkes kommen die für entgeltliche Verträge überhaupt geltenden
Bestimmungen (§§ 922 bis 933b) zur Anwendung.
Vereitlung der
Ausführung.
§. 1168. Unterbleibt
die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer gleichwohl das
vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die
auf Seite des Besteller liegen daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch
anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des
Werkes verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.
Unterbleibt eine zur
Ausführung des Werkes erforderliche Mitwirkung des Bestellers, so ist der
Unternehmer auch berechtigt, ihm zur Nachholung eine angemessene Frist zu
setzen mit der Erklärung, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der
Vertrag als aufgehoben gelte.
§. 1168a. Geht das Werk
vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der
Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen
Teil, der ihn beigestellt hat. Mißlingt aber das Werk infolge offenbarer
Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger
Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden
verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.
Fürsorgepflicht.
§. 1169. Die
Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der die Regelung der Dienstleistungen und
die Arbeits- und Erholungszeit betreffenden, finden auf den Werkvertrag
sinngemäße Anwendung.
Entrichtung des
Entgelts.
§. 1170. In der Regel
ist das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Wird aber das Werk in
gewissen Abteilungen verrichtet oder sind Auslagen damit verbunden, die der
Unternehmer nicht auf sich genommen hat, so ist dieser befugt, einen
verhältnismäßigen Teil des Entgelts und den Ersatz der gemachten Auslagen schon
vorher zu fordern.
§. 1170a. Ist dem
Vertrage ein Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung für seine
Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann der Unternehmer auch bei unvorhergesehener
Größe oder Kostspieligkeit der voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des
Entgelts fordern.
Ist ein Voranschlag
ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und erweist sich eine beträchtliche
Überschreitung als unvermeidlich, so kann der Besteller unter angemessener
Vergütung der vom Unternehmer geleisteten Arbeit vom Vertrage zurücktreten.
Sobald sich eine solche Überschreitung als unvermeidlich herausstellt, hat der
Unternehmer dies dem Besteller unverzüglich anzuzeigen, widrigenfalls er jeden
Anspruch wegen der Mehrarbeiten verliert.
Sicherstellung bei
Bauverträgen
§. 1170b. Der
Unternehmer eines Bauwerks, einer Außenanlage zu einem Bauwerk oder eines Teils
hievon kann vom Besteller ab Vertragsabschluss für das noch ausstehende Entgelt
eine Sicherstellung bis zur Höhe eines Fünftels des vereinbarten Entgelts, bei
Verträgen, die innerhalb von drei Monaten zu erfüllen sind, aber bis zur Höhe
von zwei Fünfteln des vereinbarten Entgelts, verlangen. Dieses Recht kann nicht
abbedungen werden. Als Sicherstellung können Bargeld, Bareinlagen, Sparbücher,
Bankgarantien oder Versicherungen dienen. Die Kosten der Sicherstellung hat der
Sicherungsnehmer zu tragen, soweit sie pro Jahr zwei von Hundert der
Sicherungssumme nicht übersteigen. Die Kostentragungspflicht entfällt, wenn die
Sicherheit nur mehr wegen Einwendungen des Bestellers gegen den Entgeltanspruch
aufrechterhalten werden muss und die Einwendungen sich als unbegründet
erweisen.
Sicherstellungen nach
Abs. 1 sind binnen angemessener, vom Unternehmer festzusetzender Frist zu
leisten. Kommt der Besteller dem Verlangen des Unternehmers auf Leistung einer
Sicherstellung nicht, nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig nach, so kann
der Unternehmer seine Leistung verweigern und unter Setzung einer angemessenen
Nachfrist die Vertragsaufhebung erklären (§ 1168 Abs. 2).
Abs. 1 und 2 gelten
nicht, wenn der Werkbesteller eine juristische Person des öffentlichen Rechts
oder ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 und Abs. 3 KSchG ist.
Erlöschen durch Tod.
§. 1171. Ein
Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es auf die besonderen persönlichen
Eigenschaften des Unternehmers ankommt, erlischt durch dessen Tod und seine
Erben können nur den Preis für den zubereiteten brauchbaren Stoff und einen dem
Werte der geleisteten Arbeit angemessenen Teil des Entgelts fordern. Stirbt der
Besteller, so bleiben die Erben an den Vertrag gebunden.
3. Verlagsvertrag.
§. 1172. Durch den
Verlagsvertrag verpflichtet sich der Urheber eines Werkes der Literatur, der
Tonkunst oder der bildenden Künste oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem
anderen zur Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen,
dieser (der Verleger) dagegen, das Werk zu vervielfältigen und die
Vervielfältigungsstücke zu verbreiten.
§. 1173. Wurde über die
Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage
berechtigt. Vor dem Absatze der Auflage darf der Urheber über das Werk nur dann
anderweitig verfügen, wenn er dem Verleger eine angemessene Schadloshaltung
leistet.
4. Leistung zu
unerlaubtem Zweck.
§. 1174. Was jemand
wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben
hat, kann er nicht wieder zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen
berechtigt sei, bestimmen die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur
Verhinderung einer unerlaubten Handlung demjenigen der diese Handlung begehen
wollte, gegeben worden, so findet die Zurückforderung statt.
Ein zum Zweck eines
verbotenen Spieles gegebenes Darlehen kann nicht zurückgefordert werden.
Sieben u. zwanzigst.
Hauptstück.
Von dem Vertrage über
eine Gemeinschaft der Güter.
Entstehung einer
Erwerbsgesellschaft.
Begriff.
§. 1175. Durch einen Vertrag,
vermöge dessen zwey oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe allein, oder
auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird eine
Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.
Eintheilung.
§. 1176. Je nachdem die
Mitglieder einer Gesellschaft nur einzelne Sachen, oder Summen; oder eine ganze
Gattung von Sachen, z. B. alle Waaren, alle Früchte, alle liegende Gründe, oder
endlich ihr ganzes Vermögen ohne Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch
die Arten der Gesellschaft verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder
weniger ausgedehnt.
§. 1177. Wenn ein
Gesellschaftsvertrag auf das ganze Vermögen lautet; so wird doch nur das
gegenwärtige darunter verstanden. Wird aber auch das künftige Vermögen mit
begriffen; so versteht man darunter nur das erworbene, nicht das ererbte; außer
es wäre beydes ausdrücklich bedungen worden.
Form der Errichtung.
§. 1178.
Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf das gegenwärtige, oder nur auf das
zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig, wenn das von dem einen und dem
andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich beschrieben, und verzeichnet
worden ist.
§. 1179. Wie der
gesellschaftliche Vertrag unter Handelsleuten zu errichten, in die gehörigen
Register einzutragen und öffentlich bekannt zu machen sey, bestimmen die
besondern Handels- und politischen Gesetze. Werden nur einzelne Geschäfte
gemeinschaftlich betrieben; so ist genug, wenn der darüber errichtete Vertrag
in den Handlungsbüchern erscheint.
§. 1180. Der Vertrag
über eine Gemeinschaft des ganzen sowohl gegenwärtigen als künftigen Vermögens,
welcher gewöhnlich nur zwischen Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach
den in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu
beurtheilen. Die gegenwärtigen Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten
der durch Vertrag errichteten Gütergemeinschaft.
Wirkung des Vertrages
und des wirklichen Beytrages.
§. 1181. Der
Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter die Titel, ein Eigenthum zu erwerben;
die Erwerbung selbst aber, und die Gemeinschaft der Güter oder Sachen kommt nur
durch die Uebergabe derselben zu Stande.
Hauptstamm.
§. 1182. Alles, was
ausdrücklich zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden
ist, macht das Capital, oder den Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige,
was jedes Mitglied besitzt, wird als ein abgesondertes Gut betrachtet.
§. 1183. Wenn Geld,
verbrauchbare, oder zwar unverbrauchbare, jedoch in Geldwerth angeschlagene
Sachen eingelegt werden; so ist nicht nur der daraus verschaffte Nutzen,
sondern auch der Hauptstamm in Rücksicht der Mitglieder, welche hierzu
beygetragen haben, als ein gemeinschaftlichen Eigenthum anzusehen. Wer nur
seine Mühe zum gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden verspricht, hat zwar auf
den Gewinn, nicht aber auf den Hauptstamm einen Anspruch. (§. 1192.)
Rechte und Pflichten
der Mitglieder:
Beytrag zum
Hauptstamme; (Fond)
§. 1184. Jedes Mitglied
ist, außer dem Falle einer besonderen Verabredung, verbunden, einen gleichen
Antheil zum gemeinschaftlichen Hauptstamme beyzutragen.
Mitwirkung;
§. 1185. In der Regel
sind alle Mitglieder verbunden, ohne Rücksicht auf ihren größern oder geringern
Antheil, zu dem gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken.
§. 1186. Kein Mitglied
ist befugt, die Mitwirkung einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die
Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft
zu unternehmen.
§. 1187. Die Pflichten
der Mitglieder werden durch den Vertrag genauer bestimmt. Wer sich bloß zur
Arbeit verbunden hat, der ist keinen Beytrag schuldig. Wer lediglich einen
Geld- oder andern Beytrag verheißen hat, der hat weder die Verbindlichkeit,
noch das Recht, auf eine andere Art zu dem gemeinschaftlichen Erwerbe
mitzuwirken.
§. 1188. Bey der
Berathschlagung und Entscheidung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten
sind, wenn keine andere Verabredung besteht, die in dem Hauptstücke von der
Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)
Nachschuß zum
Hauptstamme;
§. 1189. Die Mitglieder
können zu einem mehreren Beytrage, als wozu sie sich verpflichtet haben, nicht
gezwungen werden. Fände jedoch bey veränderten Umständen ohne Vermehrung des
Beytrages die Erreichung des gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so
kann das sich weigernde Mitglied austreten, oder zum Austritte verhalten
werden.
Betrieb der
anvertrauten Geschäfte;
§. 1190. Wird Einem
oder einigen Mitgliedern der Betrieb der Geschäfte anvertraut; so sind sie als
Bevollmächtigte zu betrachten. Auf ihre Berathschlagungen und Entscheidungen
über gesellschaftliche Angelegenheiten sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842)
erwähnten Vorschriften anzuwenden.
Haftung für den
Schaden;
§. 1191. Jedes Mitglied
haftet für den Schaden, den es der Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt
hat. Dieser Schaden läßt sich mit dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst
verschaffte, nicht ausgleichen. Hat aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig
unternommenes neues Geschäft der Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von
der andern Nutzen verursacht; so soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt
finden.
Vertheilung des
Gewinnes;
§. 1192. Das Vermögen,
welches nach Abzug aller Kosten und erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm
zurück bleibt, ist der Gewinn. Der Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum
derjenigen, welche dazu beygetragen haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten
zum Capitale geschlagen und alles als ein gemeinschaftliches Gut erklärt
worden.
§. 1193. Der Gewinn wird
nach Verhältniß der Capitals-Beyträge vertheilt, und die von allen Mitgliedern
geleisteten Arbeiten heben sich gegen einander auf. Wenn ein oder einige
Mitglieder bloß arbeiten, oder nebst dem Capitals–Beytrage zugleich Arbeiten
leisten; so wird für die Bemühungen, wenn keine Verabredung besteht, und die
Gesellschafter sich nicht vereinigen können, der Betrag mit Rücksicht auf die
Wichtigkeit des Geschäftes, die angewendete Mühe und den verschafften Nutzen
vom Gerichte bestimmt.
§. 1194. Besteht der Gewinn
nicht in barem Gelde, sondern in andern Arten der Nutzungen; so geschieht die
Theilung nach der in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes
enthaltenen Vorschrift. (§§. 840–843.)
§. 1195. Die
Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner vorzüglichen Eigenschaften oder
Bemühungen wegen, einen größern Gewinn bewilligen, als ihm nach seinem Antheile
zukäme; nur dürfen dergleichen Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen
oder Verkürzungen ausarten.
§. 1196. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
Vertheilung des
Verlustes;
§. 1197. Hat die
Gesellschaft ihre Einlage ganz oder zum Theile verloren; so wird der Verlust in
dem Verhältnisse vertheilet, wie im entgegengesetzten Falle der Gewinn
vertheilt worden wäre. Wer kein Capital gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.
Rechnungslegung;
§. 1198. Die
Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut ist, sind verbunden, über den
gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin gehörigen Einnahmen und
Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.
§. 1199. Die
Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes oder Verlustes kann vor Vollendung des
Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn aber Geschäfte betrieben werden, die
durch mehrere Jahre fortdauern und einen jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so
können die Mitglieder, wenn anders das Hauptgeschäft nicht darunter leidet,
jährlich sowohl die Rechnung, als die Vertheilung des Gewinnes verlangen.
Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit auf seine Kosten die Rechnungen
einsehen.
§. 1200. Wer sich mit
der bloßen Vorlegung des Abschlusses (Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte,
Rechnung zu fordern, entsagt hat, kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem
Theile der Verwaltung beweiset, sowohl für den vergangenen Fall, als für alle
künftige Fälle auf eine vollständige Rechnung dringen.
Verhältniß gegen
Nichtmitglieder.
§. 1201. Ohne die
ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche Einwilligung der Mitglieder
oder ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft einem Dritten nicht
verbindlich gemacht werden. Bey Handelsleuten begreift das kund gemachte, Einem
oder mehreren Mitgliedern ertheilte Recht, die Firma zu führen, nähmlich alle
Urkunden und Schriften im Nahmen der Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine
allseitige Vollmacht in sich. (§. 1028.)
§. 1202. Ein Mitglied,
welches nur mit einem Theile seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann
ein von dem gemeinschaftlichen abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach
Belieben zu verfügen berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein
Dritter gegen die Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und
Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder unterschieden werden.
§. 1203. Was also
jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder
zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die
Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so hat aber bey gesellschaftlichen
Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder
eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Falle, welcher bey Handelsleuten
vermuthet wird, daß Alle für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder
angenommen haben.
§. 1204. Die geheimen
Mitglieder einer Handlungsgesellschaft; solche nähmlich, welche ihr einen Theil
des Fonds auf Gewinn und Verlust dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder
angekündiget worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem
dargeliehenen Capitale. Die kund gemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen
Vermögen.
Auflösung der
Gesellschaft, und Austritt aus derselben.
§. 1205. Die
Gesellschaft löset sich von selbst auf, wenn das unternommene Geschäft
vollendet; oder nicht mehr fortzuführen; wenn der ganze gemeinschaftliche
Hauptstamm zu Grunde gegangen; oder wenn die zur Dauer der Gesellschaft
festgesetzte Zeit verflossen ist.
§. 1206. Die
gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten gehen in der Regel nicht auf
die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn mit ihnen die
Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtiget, die Rechnungen bis auf den
Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind aber im
entgegengesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu
berichtigen.
§. 1207. Besteht die
Gesellschaft nur aus zwey Personen; so erlischt sie durch das Absterben der
Einen. Besteht sie aus mehreren; so wird von den übrigen Mitgliedern vermuthet,
daß sie die Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermuthung
gilt auch überhaupt von den Erben der Handelsleute.
§. 1208. Lautet der von
Personen, die keine Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag
ausdrücklich auch auf ihrer Erben; so sind diese, wenn sie die Erbschaft
antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des Erblassers zu fügen; allein
auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille nicht; noch weniger vermag er
eine immerwährende Gesellschaft zu begründen. (§. 832.)
§. 1209. Wenn der Erbe
die von dem Verstorbenen für die Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen
nicht im Stande ist; so muß er sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem
ausgemessenen Antheile unterziehen.
§. 1210. Wenn ein
Mitglied die wesentlichen Bedingungen der Vertrages nicht erfüllet; wenn es in
Concurs verfällt; wenn es durch eine oder mehrere gerichtlich strafbare
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind das Vertrauen verliert; so kann es vor
Verlauf der Zeit von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
§. 1211. Man kann den
Gesellschaftsvertrag vor Verlauf der Zeit aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied,
von welchem der Betrieb des Geschäftes vorzüglich abhing, gestorben oder
ausgetreten ist.
§. 1212. Wenn die Zeit
zur Dauer der Gesellschaft weder ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der
Natur des Geschäftes bestimmt werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag
nach Willkühr aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit
geschehen. (§. 830.)
§. 1213. Die Wirkungen
einer zwar bestrittenen, aber in der Folge für rechtmäßig erklärten
Ausschließung oder Aufkündung werden auf den Tag, wo sie geschehen sind, zurück
gezogen.
§. 1214. Die Aufhebung
einer Handlungsgesellschaft; die Aufnahme und der Austritt ihrer öffentlichen
Mitglieder, muß eben so, wie die Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden.
Aus dieser Bekanntmachung wird auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten
beurtheilt.
Theilung des
gesellschaftlichen Vermögens.
§. 1215. Bey der nach
Auflösung einer Gesellschaft vorzunehmenden Theilung des gesellschaftlichen
Vermögens sind nebst den obigen Bestimmungen die nähmlichen Vorschriften zu
beobachten, welche in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes über
die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellet worden sind.
§. 1216. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Anordnungen sind auch auf die Handlungsgesellschaften
anzuwenden; in so fern hierüber nicht besondere Vorschriften bestehen.
Acht u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den Ehe-Pacten.
Ehe-Pacte.
§. 1217. Ehe-Pacte
heißen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf die eheliche Verbindung über das
Vermögen geschlossen werden, und haben vorzüglich das Heirathsgut; die
Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft; Verwaltung und Fruchtnießung des
eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf den Todesfall bestimmte
lebenslange Fruchtnießung des Vermögens, und den Witwengehalt zum Gegenstande.
1) Heirathsgut.
§. 1218. Unter
Heirathsgut versteht man dasjenige Vermögen, welches von der Ehegattinn, oder
für sie von einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen
Gesellschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.
Dessen Bestellung;
§. 1219. Wenn die Braut
eigenes Vermögen besitzt, und volljährig ist; so hängt es von ihr und dem
Bräutigame ab, wie sie sich wegen des Heirathsgutes, und wegen anderer
wechselseitigen Gaben mit einander verstehen wollen. Ist aber die Braut noch
minderjährig, so muß der Vertrag von ihrem gesetzlichen Vertreter geschlossen
werden.
§. 1220. Besitzt die
Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen, so
sind Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach
denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den
Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben oder
dazu verhältnismäßig beizutragen.
§. 1221. Berufen sich
Aeltern oder Großältern auf ihr Unvermögen zur Bestellung eines anständigen
Heirathsgutes; so soll auf Ansuchen der Brautperson das Gericht die Umstände,
jedoch ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach
ein angemessenes Heirathsgut bestimmen, oder die Aeltern und Großältern davon
freysprechen.
§. 1222. Wenn eine
Tochter ohne Wissen, oder gegen den Willen ihrer Aeltern sich verehelichet hat,
und das Gericht die Ursache der Mißbilligung gegründet findet; so sind die
Aeltern selbst in dem Falle, daß sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht
schuldig, ihr ein Heirathsgut zu geben.
§. 1223. Hat eine
Tochter ihr Heirathsgut schon erhalten, und es, obschon ohne ihr Verschulden,
verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht im Falle einer zweyten Ehe,
berechtiget, ein neues zu fordern.
§. 1224. Im Zweifel, ob
das Heirathsgut von dem Vermögen der Aeltern oder der Braut ausgesetzt worden
sey, wird das Letztere angenommen. Haben aber Aeltern das Heirathsgut ihrer
minderjährigen Tochter ohne obervormundschaftliche Genehmigung bereits
ausgezahlt; so wird vermuthet, daß es die Aeltern aus eigenem Vermögen gethan
haben.
Uebergabe,
§. 1225. Hat sich der
Ehemann vor geschlossener Ehe kein Heirathsgut bedungen; so ist er auch keines
zu fordern berechtiget. Die Uebergabe des bedungenen Heirathsgutes kann, wenn
keine andere Zeit festgesetzt worden ist, gleich nach geschlossener Ehe
begehret werden.
und Beweis derselben.
§. 1226. Wenn über das
Vermögen des Ehemannes ein Concurs verhängt wird; so macht seine vor Ausbruch
des Concurses geschehene schriftliche oder mündliche Bestätigung, daß er das
Heirathsgut empfangen habe, gegen jedermann einen Beweis. Erfolgt aber die
Bestätigung erst nach ausgebrochenem Concurse; so hat sie gegen die Gläubiger
keine Beweiseskraft.
Gegenstand des
Heirathsgutes und Rechte des Ehemannes und der Ehefrau in Rücksicht desselben.
§. 1227. Alles, was
sich veräußern und nutzen läßt, ist zum Heirathsgute geeignet. So lange die
eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird, gehört die Fruchtnießung des
Heirathsgutes, und dessen, was demselben zuwächst, dem Manne. Besteht das
Heirathsgut in barem Gelde, in abgetretenen Schuldforderungen oder
verbrauchbaren Sachen; so gebührt ihm das vollständige Eigenthum.
§. 1228. Besteht das
Heirathsgut in unbeweglichen Gütern, in Rechten oder Fahrnissen, welche mit
Schonung der Substanz benutzt werden können; so wird die Ehegattinn so lange
als Eigenthümerinn und der Mann als Fruchtnießer desselben angesehen, bis
bewiesen wird, daß der Ehemann das Heirathsgut für einen bestimmten Preis
übernommen, und sich nur zur Zurückgabe dieses Geldbetrages verbunden hat.
§. 1229. Nach dem
Gesetze fällt das Heirathsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattinn, und
wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll sie oder ihre Erben davon
ausgeschlossen seyn; so muß dieses ausdrücklich bestimmt werden. Wer das
Heirathsgut freywillig bestellet, kann sich ausbedingen, daß es nach dem Tode
des Mannes auf ihn zurückfalle.
2) Widerlage.
§. 1230. Was der Bräutigam
oder ein Dritter der Braut zur Vermehrung des Heirathsgutes aussetzt, heißt
Widerlage. Hiervon gebührt zwar der Ehegattinn während der Ehe kein Genuß;
allein wenn sie den Mann überlebt, gebührt ihr ohne besondere Uebereinkunft
auch das freye Eigenthum, obgleich dem Manne auf den Fall seines Ueberlebens
das Heirathsgut nicht verschrieben worden ist.
§. 1231. Weder der
Bräutigam, noch seine Aeltern sind verbunden, eine Widerlage zu bestimmen. Doch
in eben der Art, in welcher die Aeltern der Braut schuldig sind, ihr ein
Heirathsgut auszusetzen, liegt auch den Aeltern des Bräutigams ob, ihm eine
ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben. (§§. 1220-1223).
3) Morgengabe.
§. 1232. Das Geschenk,
welches der Mann seiner Gattinn am ersten Morgen zu geben verspricht, heißt
Morgengabe. Ist dieselbe versprochen worden; so wird im Zweifel vermuthet, daß
sie binnen den ersten drey Jahren der Ehe schon überreicht worden sey.
4) Gütergemeinschaft.
§. 1233. Die eheliche
Verbindung allein begründet noch keine Gemeinschaft der Güter zwischen den
Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag erfordert, dessen Umfang und
rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178 des vorigen Hauptstückes beurtheilt
wird.
§. 1234. Die Gütergemeinschaft
unter Ehegatten wird in der Regel nur auf den Todesfall verstanden. Sie gibt
dem Ehegatten das Recht auf die Hälfte dessen, was von den der Gemeinschaft
wechselseitig unterzogenen Gütern nach Ableben des andern Ehegatten noch
vorhanden seyn wird.
§. 1235. Bey einer
Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen bezieht, sind vor der Theilung
alle Schulden ohne Ausnahme; bey einer Gemeinschaft aber, die bloß das
gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen zum Gegenstande hat, nur
diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des gemeinschaftlichen Gutes
verwendet worden sind.
§. 1236. Besitzt ein
Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das Recht des andern Ehegatten zur
Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die
Eintragung auf die Hälfte der Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge
dessen der eine Ehegatte über diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die
Nutzungen aber während der Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen
Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten gebührt dem überlebenden Theile sogleich
das freye Eigenthum seines Antheiles. Doch kann eine solche Einverleibung den
auf das Gut früher eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.
5. Gesetzlicher
ehelicher Güterstand
§. 1237. Haben Eheleute
über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so
behält jeder Ehegatte sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder
Theil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat
der andere keinen Anspruch.
§. 1238. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1239. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1240. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
§. 1241. (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 1, Z. 13, BGBl 1978/Nr. 280.)
6) Witwengehalt;
§. 1242. Das, was einer
Gattinn auf den Fall des Witwenstandes zum Unterhalte bestimmt wird, heißt
Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich nach dem Tode des Mannes, und
soll immer auf drey Monathe vorhinein entrichtet werden.
§. 1243. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 4, BGBl 1975/Nr. 412.)
§. 1244. Wenn die Witwe
sich verehelichet; so verliert sie das Recht auf den Witwengehalt.
Sicherstellung des
Heirathsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes;
§. 1245. Wer das
Heirathsgut übergibt, ist berechtiget, bey der Uebergabe; oder wenn in der
Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es empfängt, eine angemessene
Sicherstellung zu fordern.
Schenkungen unter
Ehegatten und Verlobten;
§. 1246. Die Gültigkeit
oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die
Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen beurtheilt.
§. 1247. Was ein Mann
seiner Ehegattinn an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze
gegeben hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt
angesehen. Wenn aber ein verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem
einen oder andern Theile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder
schenket; so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht
erfolgt, die Schenkung widerrufen werden.
Wechselseitige
Testamente;
§. 1248. Den Ehegatten
ist gestattet, in einem und dem nähmlichen Testamente sich gegenseitig, oder
auch andere Personen als Erben einzusetzen. Auch ein solches Testament ist
widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung des einen Theiles auf die
Widerrufung des andern Theiles nicht geschlossen werden. (§. 583.)
Erbverträge.
Erfordernisse zur
Gültigkeit des Erbvertrages.
§. 1249. Zwischen
Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der künftige Nachlaß, oder ein
Theil desselben versprochen, und das Versprechen angenommen wird, geschlossen
werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages ist jedoch nothwendig,
daß er schriftlich mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes
errichtet werde.
§. 1250. Ein
pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm versprochene, unnachtheilige
Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung über seine eigene Verlassenschaft
kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur in so fern bestehen, als sie ein
gültiges Testament ist.
Vorschrift über die
eingerückten Bedingungen.
§. 1251. Was von
Bedingungen bey Verträgen überhaupt gesagt worden ist, muß auch auf Erbverträge
zwischen Ehegatten angewendet werden.
Wirkung des
Erbvertrages.
§. 1252. Ein selbst den
öffentlichen Büchern einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit
seinem Vermögen, so lange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht,
welches daraus entsteht, setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem
Vertragserben, wenn er den Erblasser nicht überlebt, weder auf Andere
übertragen, noch der künftigen Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert
werden.
§. 1253. Durch den
Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu testiren, nicht gänzlich
Verzicht thun. Ein reiner Viertheil, worauf weder der jemanden gebührende
Pflichttheil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt kraft des Gesetzes
zur freyen letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht
verfüget; so fällt er doch nicht dem Vertragserben, obschon die ganze
Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den gesetzlichen Erben zu.
Erlöschung desselben.
§. 1254. Der Erbvertrag
kann zum Nachtheile des andern Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht
widerrufen; sondern nur nach Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den
Notherben bleiben ihre Rechte, wie gegen eine andere letzte Anordnung
vorbehalten.
Fruchtnießung auf den
Todesfall. (Advitalitäts-Recht.)
§. 1255. Wenn ein
Ehegatte dem andern die Fruchtnießung seines Vermögens auf den Fall des
Ueberlebens ertheilet; so wird er dadurch in der freyen Verfügung durch
Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht der Fruchtnießung (§§.
509-520.) bezieht sich nur auf den Nachlaß des frey vererblichen Vermögens.
§. 1256. Wird aber die
Fruchtnießung eines unbeweglichen Gutes mit Einwilligung des Verleihers den
öffentlichen Büchern einverleibt; so kann dieselbe in Hinsicht dieses Gutes
nicht mehr verkürzt werden.
§. 1257. In dem Falle,
daß der überlebende Theil sich wieder verehelichet, oder die Fruchtnießung
einem Andern abtreten will, haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das
Recht zu verlangen, daß ihnen dieselbe gegen einen angemessenen jährlichen
Betrag überlassen werde.
§. 1258. Ein Ehegatte,
welcher auf die Fruchtnießung der ganzen Verlassenschaft des andern Ehegatten,
oder eines Theiles derselben Anspruch macht, hat kein Recht, den ihm in dem
Falle der gesetzlichen Erbfolge von dem Gesetze ausgemessenen Antheil zu
fordern. (§§. 757–759.)
Einkindschaft.
§. 1259. Die
Einkindschaft, das ist, ein Vertrag, wodurch Kinder aus verschiedenen Ehen in
der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen, hat keine rechtliche
Wirkung.
Absonderung des
Vermögens in dem Falle:
1) eines Concurses;
§. 1260. Wenn über das
Vermögen des Mannes bey seinen Lebzeiten ein Concurs eröffnet wird; so kann die
Ehegattinn zwar noch nicht die Zurückstellung des Heirathsgutes, und die
Herausgabe der Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der
Auflösung der Ehe gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdieß berechtiget,
von Zeit der Concurs-Eröffnung den Genuß des witiblichen Unterhaltes, und wenn
keiner bedungen ist, den Genuß des Heirathsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch
auf den einen, oder den andern Genuß hat aber nicht Statt, wenn bewiesen wird,
daß die Ehegattinn an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache
sey.
§. 1261. Verfällt die
Gattinn mit ihrem Vermögen in den Concurs; so bleiben die Ehe-Pacte
unverändert.
§. 1262. Ist zwischen
den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter bedungen; so hört dieselbe durch den
Concurs des ein oder des andern Ehegatten auf, und das zwischen ihnen
gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey dem Tode, getheilt.
2) einer freywilligen;
§. 1263. Wenn Ehegatten
übereinkommen, geschieden zu leben, so hängt es auch von ihrem Einverständnisse
ab, welches immer zugleich zu treffen ist, (§§. 103-105) ob sie ihre Ehe-Pacte
fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.
oder 3) einer
gerichtlichen Scheidung;
§. 1264. Ist aber auf
die Scheidung durch richterliches Urtheil erkannt worden, und trägt kein Theil,
oder jeder Theil Schuld an der Scheidung, so kann ein oder der andere Ehegatte
verlangen, daß die Ehe-Pacte für aufgehoben erklärt werden; worüber von dem
Gerichte stets ein Vergleich zu versuchen ist (§. 108.). Ist ein Theil
schuldlos, so steht demselben frey, die Fortsetzung oder Aufhebung der
Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.
4) Nichtigerklärung;
§. 1265. Wird eine Ehe
für ungültig erklärt; so zerfallen auch die Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in
so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der Schuldtragende Theil
hat aber dem schuldlosen Theile Entschädigung zu leisten. (§. 102.)
5) Trennung der Ehe.
§. 1266. Wird die
Trennung der Ehe (§§. 115 u. 133) auf Verlangen beyder Ehegatten, ihrer
unüberwindlichen Abneigung wegen, verwilliget; so sind die Ehe-Pacte, so weit
darüber kein Vergleich getroffen wird (§. 117), für beyde Theile erloschen.
Wird auf die Trennung der Ehe durch Urtheil erkannt, so gebührt dem schuldlosen
Ehegatten nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem Zeitpuncte der erkannten
Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten auf den Fall des
Ueberlebens bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft
bestanden hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht aus einem
Erbvertrage bleibt dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die
gesetzliche Erbfolge (§§. 757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser
Ehegatte nicht ansprechen.
Neun u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den
Glücksverträgen.
Glücksverträge.
§. 1267. Ein Vertrag,
wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vortheiles versprochen und
angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen
versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen oder unentgeldlichen
Verträgen.
§. 1268. Bey
Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des
Werthes nicht Statt.
Arten der
Glücksverträge.
§. 1269. Glücksverträge
sind: die Wette; das Spiel und das Los; alle über gehoffte Rechte, oder über
künftige noch unbestimmte Sachen errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner,
die Leibrenten; die gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die Versicherungs-
und Bodmereyverträge.
1) die Wette;
§. 1270. Wenn über ein
beyden Theilen noch unbekanntes Ereigniß ein bestimmter Preis zwischen ihnen
für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspricht, verabredet wird; so
entsteht eine Wette. Hatte der gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und
verheimlichte er sie dem andern Theile; so macht er sich einer Arglist
schuldig, und die Wette ist ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der
Ausgang vorher bekannt war, ist als Geschenkgeber anzusehen.
§. 1271. Redliche und
sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis
nicht bloß versprochen; sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden
ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.
2) das Spiel;
§. 1272. Jedes Spiel
ist eine Art von Wette. Die für Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für
Spiele. Welche Spiele überhaupt, oder für besondere Classen verbothen; wie
Personen, die verbothene Spiele treiben, und diejenigen, die ihnen dazu
Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die politischen Gesetze.
3) Los;
§. 1273. Ein zwischen
Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den
für Wetten und Spiele festgesetzten Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine
Theilung, eine Wahl, oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden;
so treten dabey die Rechte der übrigen Verträge ein.
§. 1274.
Staats-Lotterien sind nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles;
sondern nach den jedes Mahl darüber kund gemachten Planen, zu beurtheilen.
4) Hoffnungskauf.
§. 1275. Wer für ein
bestimmtes Maß von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis
verspricht, schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.
§. 1276. Wer die
künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und Bogen; oder wer die Hoffnung
derselben in einem bestimmten Preise kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er
trägt die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle
ordentliche erzielte Nutzungen.
insbesondere eines
Kuxes;
§. 1277. Der Antheil an
einem Bergwerke heißt Kux. Der Kauf eines Kuxes gehört zu den gewagten
Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für die Richtigkeit des Kuxes, und der
Käufer hat sich nach den Gesetzen über den Bergbau zu benehmen.
oder einer Erbschaft.
§. 1278. Der Käufer einer
von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen Erbschaft
tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die Verbindlichkeiten des
Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloß persönlich sind. Wenn
also bey dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde gelegt wird, ist auch der
Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.
Der Erbschaftskauf
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll.
§. 1279. Auf Sachen,
die dem Verkäufer nicht als Erben; sondern aus einem andern Grunde, z. B. als
Vorausvermächtniß, als Fideicommiß, als Substitution, als Schuldforderung aus
der Verlassenschaft gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat
der Erbschaftskäufer keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der
Erbschaft selbst zuwächst, es sey durch den Abgang eines Legatars, oder eines
Miterben, oder auf was immer für eine andere Art, in so weit der Verkäufer
darauf Anspruch gehabt hätte.
§. 1280. Alles, was der
Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen,
wird mit zur Masse gerechnet; alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die
Antretung der Erbschaft, oder auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von
der Masse abgezogen. Dahin gehören die bezahlten Schulden; die schon
abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und Gerichtsgebühren; und wenn es nicht
ausdrücklich anders verabredet worden ist, auch die Begräbnißkosten.
§. 1281. In so weit der
Verkäufer die Verlassenschaft vor der Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem
Käufer dafür, wie ein anderer Geschäftsträger.
§. 1282. Die
Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können sich ihrer Befriedigung
wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre
Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der
Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für
den Andern.
§. 1283. Hat man bey
dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium zum Grunde gelegt; so haftet der
Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein solches Verzeichniß geschehen; so
haftet er für die Richtigkeit seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und
für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden.
5) Leibrente;
§. 1284. Wird jemanden
für Geld, oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer
gewissen Person eine bestimmte jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein
Leibrentenvertrag.
§. 1285. Die Dauer der
Leibrente kann von dem Leben des einen oder andern Theiles, oder auch eines
Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet; und
nimmt in allen Fällen mit dem Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet,
ihr Ende.
§. 1286. Weder die
Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt,
sind berechtiget, den Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre
Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung
eines entbehrlichen Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem
Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.
6) gesellschaftliche
Versorgungsanstalten;
§. 1287. Der Vertrag,
wodurch vermittelst einer Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfond für
die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur
und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten
Bedingungen, zu beurtheilen.
7)
Versicherungsvertrag;
§. 1288. Wenn jemand
die Gefahr des Schadens, welcher einen Andern ohne dessen Verschulden treffen
könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen gewissen Preis den bedungenen
Ersatz zu leisten verspricht; so entsteht der Versicherungsvertrag. Der
Versicherer haftet dabey für den zufälligen Schaden, und der Versicherte für
den versprochenen Preis.
§. 1289. Der gewöhnliche
Gegenstand dieses Vertrages sind Waaren, die zu Wasser oder zu Lande verführt
werden. Es können aber auch andere Sachen, z. B. Häuser und Grundstücke gegen
Feuer- Wasser- und andere Gefahren versichert werden.
§. 1290. Ereignet sich
der zufällige Schade, wofür die Entschädigung versichert worden ist; so muß der
Versicherte, wenn kein unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts
anderes verabredet worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen
Orte befinden, binnen drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon
Nachricht geben, welche zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem
Abwesenden gemachten Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er
die Anzeige; kann er den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer
beweisen, daß der Schade aus Verschulden des Versicherten entstanden ist; so
hat dieser auch keinen Anspruch auf die versicherte Summe.
§. 1291. Wenn der
Untergang der Sache dem Versicherten; oder der gefahrlose Zustand derselben dem
Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon bekannt war; so ist der
Vertrag ungültig.
8) Bodmerey- und
See-Assecurancen.
§. 1292. Die
Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See; so wie die Vorschriften
über den Bodmerey-Vertrag sind ein Gegenstand der Seegesetze.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des
Schadensersatzes und der Genugthuung.
Schade.
§. 1293. Schade heißt
jeder Nachtheil, welcher jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person
zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den
jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.
Quellen der
Beschädigung.
§. 1294. Der Schade
entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung, oder Unterlassung
eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird
entweder willkührlich, oder unwillkührlich zugefügt. Die willkührliche
Beschädigung aber gründet sich theils in einer bösen Absicht, wenn der Schade
mit Wissen und Willen; theils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer
Unwissenheit, oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen
Fleißes verursacht worden ist. Beydes wird ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit
zum Schadensersatze:
1) von dem Schaden aus
Verschulden;
§. 1295. Jedermann ist
berechtigt, von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus
Verschulden zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Auch wer in einer gegen
die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, ist dafür
verantwortlich, jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann,
wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu
schädigen.
§. 1296. Im Zweifel
gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden
sey.
§. 1297. Es wird aber
auch vermuthet, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines
solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey
gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bey Handlungen, woraus
eine Verkürzung der Rechte eines Andern entsteht, diesen Grad des Fleißes oder
der Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich eines Versehen schuldig.
§. 1298. Wer vorgibt,
daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen
Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sey, dem liegt der
Beweis ob. Soweit er auf Grund vertraglicher Vereinbarung nur für grobe
Fahrlässigkeit haftet, muß er auch beweisen, daß es an dieser Voraussetzung fehlt.
insbesondere a) der
Sachverständigen,
§. 1299. Wer sich zu
einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich
bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft übernimmt, dessen
Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß
erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den nothwendigen Fleiß und die
erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel
derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überließ, die
Unerfahrenheit desselben gewußt; oder, bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen
können, so fällt zugleich dem Letzteren Versehen zur Last.
§. 1300. Ein
Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in
Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen
Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden,
welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Andern verursachet hat.
oder b) mehrerer
Theilnehmer.
§. 1301. Für einen
widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich
werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch
Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch
Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu
beygetragen haben.
§. 1302. In einem
solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet
ist, und die Antheile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen
verursachten Schaden. Wenn aber der Schade vorsätzlich zugefügt worden ist;
oder, wenn die Antheile der Einzelnen an der Beschädigung sich nicht bestimmen
lassen; so haften Alle für Einen und Einer für Alle; doch bleibt demjenigen,
welcher den Schaden ersetzt hat, der Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.
§. 1303. In wie weit
mehrere Mitschuldner bloß aus der unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit
zu haften haben, ist aus der Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.
§. 1304. Wenn bey einer
Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so
trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnißmäßig; und, wenn sich das
Verhältniß nicht bestimmen läßt, zu gleichen Theilen.
2) aus dem Gebrauche
des Rechtes;
§. 1305. Wer von seinem
Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken (§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht,
hat den für einen anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3) aus einer
schuldlosen oder unwillkührlichen Handlung;
§. 1306. Den Schaden,
welchen jemand ohne Verschulden oder durch eine unwillkührliche Handlung
verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen nicht schuldig.
§. 1306a. Wenn jemand
im Notstand einen Schaden verursacht, um eine unmittelbar drohende Gefahr von
sich oder anderen abzuwenden, hat der Richter unter Erwägung, ob der
Beschädigte die Abwehr aus Rücksicht auf die dem anderen drohende Gefahr
unterlassen hat, sowie des Verhältnisses der Größe der Beschädigung zu dieser
Gefahr oder endlich des Vermögens des Beschädigers und des Beschädigten zu
erkennen, ob und in welchem Umfange der Schaden zu ersetzen ist.
§. 1307. Wenn sich
jemand aus eigenem Verschulden in einen Zustand der Sinnesverwirrung oder in
einen Notstand versetzt hat, so ist auch der in demselben verursachte Schade
seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt auch von einem Dritten, der
durch sein Verschulden diese Lage bei dem Beschädiger veranlaßt hat.
§. 1308. Wenn Personen,
die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, oder Unmündige jemanden beschädigen,
der durch irgendein Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann
er keinen Ersatz ansprechen.
§. 1309. Außer diesem
Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schade wegen
Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge beygemessen
werden kann.
§. 1310. Kann der
Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht erhalten; so soll der Richter mit
Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines
Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten Falle nicht dennoch ein
Verschulden zur Last liege; oder, ob der Beschädigte aus Schonung des
Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe; oder endlich, mit Rücksicht
auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den ganzen Ersatz
oder doch einen billigen Theil desselben erkennen.
4) durch Zufall.
§. 1311. Der bloße
Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat
aber jemand den Zufall durch ein Verschulden veranlaßt; hat er ein Gesetz, das
den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten; oder sich ohne
Noth in fremde Geschäfte gemengt; so haftet er für allen Nachtheil, welcher
außer dem nicht erfolgt wäre.
§. 1312. Wer in einem
Nothfalle jemanden einen Dienst geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er
nicht verhütet hat, nicht zugerechnet; es wäre denn, daß er einen Andern, der
noch mehr geleistet haben würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte.
Aber auch in diesem Falle kann er den sicher verschaften Nutzen gegen den
verursachten Schaden in Rechnung bringen.
5) durch fremde
Handlungen.
§. 1313. Für fremde,
widerrechtliche Handlungen, woran jemand keinen Theil genommen hat, ist er in
der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das
Gegentheil anordnen, bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden
vorbehalten.
§. 1313a. Wer einem
andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden
seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung
bedient, wie für sein eigenes.
§. 1314. Wer eine
Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt oder wissentlich eine durch ihre Leibes-
oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche Person im Dienste behält oder ihr
Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den Hausgenossen für den Ersatz des
durch die gefährliche Beschaffenheit dieser Personen verursachten Schadens.
§. 1315. Überhaupt
haftet derjenige, welcher sich einer untüchtigen oder wissentlich einer
gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, für den
Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem Dritten zufügt.
§. 1316. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, sowie die anderen in § 970 bezeichneten Personen, ferner
Fuhrleute haften für den Schaden, welchen ihre eigenen oder die von ihnen
zugewiesenen Dienstpersonen an den eingebrachten oder übernommenen Sachen einem
Gast oder Reisenden in ihrem Hause, ihrer Anstalt oder ihrem Fahrzeuge
verursachen.
§. 1317. In wie fern
bey öffentlichen Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen
werden, bestimmen die besondern Vorschriften.
§. 1318. Wird jemand
durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache;
oder, durch Herauswerfen oder Herausgießen aus einer Wohnung beschädiget; so
haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die
Sache herabgefallen ist, für den Schaden.
6. Durch ein Bauwerk
§. 1319. Wird durch
Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem
Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden
verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze
verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des
Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr
erforderliche Sorgfalt angewendet habe.
6a. durch einen Weg;
§. 1319a. Wird durch
den mangelhaften Zustand eines Weges ein Mensch getötet, an seinem Körper oder
an seiner Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so haftet derjenige
für den Ersatz des Schadens, der für den ordnungsgemäßen Zustand des Weges als
Halter verantwortlich ist, sofern er oder einer seiner Leute den Mangel
vorsätzlich oder grobfahrlässig verschuldet hat. Ist der Schaden bei einer
unerlaubten, besonders auch widmungswidrigen, Benützung des Weges entstanden
und ist die Unerlaubtheit dem Benützer entweder nach der Art des Weges oder
durch entsprechende Verbotszeichen, eine Abschrankung oder eine sonstige
Absperrung des Weges erkennbar gewesen, so kann sich der Geschädigte auf den
mangelhaften Zustand des Weges nicht berufen.
Ein Weg im Sinn des Abs.
1 ist eine Landfläche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen für den
Verkehr jeder Art oder für bestimmte Arten des Verkehrs benützt werden darf,
auch wenn sie nur für einen eingeschränkten Benützerkreis bestimmt ist; zu
einem Weg gehören auch die in seinem Zug befindlichen und dem Verkehr dienenden
Anlagen, wie besonders Brücken, Stützmauern, Futtermauern, Durchlässe, Gräben
und Pflanzungen. Ob der Zustand eines Weges mangelhaft ist, richtet sich
danach, was nach der Art des Weges, besonders nach seiner Widmung, für seine
Anlage und Betreuung angemessen und zumutbar ist.
Ist der mangelhafte
Zustand durch Leute des Haftpflichtigen verschuldet worden, so haften auch sie
nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit.
7. Durch ein Tier
§. 1320. Wird jemand
durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu
angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das
Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die
erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.
§. 1321. Wer auf seinem
Grund und Boden fremdes Vieh antrifft, ist deßwegen noch nicht berechtigt, es
zu tödten. Er kann es durch anpassende Gewalt verjagen; oder, wenn er dadurch
Schaden gelitten hat, das Recht der Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes
ausüben, als zu seiner Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen
sich mit dem Eigenthümer abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen;
widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.
§. 1322. Das gepfändete
Vieh muß auch zurückgestellt werden, wenn der Eigenthümer eine andere
angemessene Sicherheit leistet.
Arten des
Schadensersatzes.
§. 1323. Um den Ersatz
eines verursachten Schadens zu leisten, muß alles in den vorigen Stand zurück versetzet,
oder, wenn dieses nicht thunlich ist, der Schätzungswerth vergütet werden.
Betrifft der Ersatz nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich eine
Schadloshaltung; wofern er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und die
Tilgung der verursachten Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.
§. 1324. In dem Falle
eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten
Schadens ist der Beschädigte volle Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur
die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den
Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu
beurtheilen, welche Art des Ersatzes zu leisten sey.
Insbesondere 1) bey
Verletzungen an dem Körper;
§. 1325. Wer jemanden
an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten;
ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig
wird, auch den künftig entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen
überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzensgeld.
§. 1326. Ist die
verletzte Person durch die Mißhandlung verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn
sie weiblichen Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht
genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.
§. 1327. Erfolgt aus
einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern
auch den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu
sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.
1a. an der
geschlechtlichen Selbstbestimmung
§. 1328. Wer jemanden
durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist, Drohung oder
Ausnutzung eines Abhängigkeits- oder Autoritätsverhältnisses zur Beiwohnung
oder sonst zu geschlechtlichen Handlungen mißbraucht, hat ihm den erlittenen
Schaden und den entgangenen Gewinn zu ersetzen sowie eine angemessene
Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung zu leisten.
1b. am Recht auf
Wahrung der Privatsphäre
§. 1328a. Wer
rechtswidrig und schuldhaft in die Privatsphäre eines Menschen eingreift oder
Umstände aus der Privatsphäre eines Menschen offenbart oder verwertet, hat ihm
den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Bei erheblichen Verletzungen der
Privatsphäre, etwa wenn Umstände daraus in einer Weise verwertet werden, die
geeignet ist, den Menschen in der Öffentlichkeit bloßzustellen, umfasst der
Ersatzanspruch auch eine Entschädigung für die erlittene persönliche
Beeinträchtigung.
Abs. 1 ist nicht
anzuwenden, sofern eine Verletzung der Privatsphäre nach besonderen
Bestimmungen zu beurteilen ist. Die Verantwortung für Verletzungen der
Privatsphäre durch Medien richtet sich allein nach den Bestimmungen des
Mediengesetzes, BGBl. Nr. 314/1981, in der jeweils geltenden Fassung.
2) an der persönlichen
Freyheit;
§. 1329. Wer jemanden
durch gewaltsame Entführung, durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch
einen widerrechtlichen Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem
Verletzten die vorige Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten.
Kann er ihm die Freiheit nicht mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen,
wie bei der Tötung, Ersatz leisten.
3) an der Ehre;
§. 1330. Wenn jemandem
durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes
verursacht worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.
Dies gilt auch, wenn
jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen
eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In
diesem Falle kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt
werden. Für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der
Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der
Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte.
4) an dem Vermögen.
§. 1331. Wird jemand an
seinem Vermögen vorsätzlich oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern
beschädiget; so ist er auch den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade
vermittelst einer durch ein Strafgesetz verbothenen Handlung, oder aus
Muthwillen und Schadenfreude verursachet worden ist, den Werth der besondern
Vorliebe zu fordern berechtiget.
§. 1332. Der Schade,
welcher aus einem mindern Grade des Versehens oder der Nachlässigkeit
verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werthe, den die Sache zur Zeit
der Beschädigung hatte, ersetzt.
§. 1332a. Wird ein Tier
verletzt, so gebühren die tatsächlich aufgewendeten Kosten der Heilung oder der
versuchten Heilung auch dann, wenn sie den Wert des Tieres übersteigen, soweit
auch ein verständiger Tierhalter in der Lage des Geschädigten diese Kosten
aufgewendet hätte.
Besonders durch die
Verzögerung der Zahlung.
Gesetzliche Zinsen und
weitere Schäden
§. 1333. Der Schaden,
den der Schuldner seinem Gläubiger durch die Verzögerung der Zahlung einer
Geldforderung zugefügt hat, wird durch die gesetzlichen Zinsen (§ 1000 Abs. 1)
vergütet.
Der Gläubiger kann
außer den gesetzlichen Zinsen auch den Ersatz anderer, vom Schuldner
verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die
notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- oder
Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur
betriebenen Forderung stehen.
§. 1334. Eine
Verzögerung fällt einem Schuldner zur Last, wenn er den durch Gesetz oder
Vertrag bestimmten Zahlungstag nicht einhält. Sofern die Parteien nicht anderes
vereinbart haben, hat der Schuldner seine Leistung bei vertragsgemäßer
Erbringung der Gegenleistung ohne unnötigen Aufschub nach der Erfüllung durch
den Gläubiger oder, wenn die Parteien ein solches Verfahren vereinbart haben,
nach der Abnahme oder Überprüfung der Leistung des Gläubigers oder, wenn die
Forderung der Höhe nach noch nicht feststeht, nach dem Eingang der Rechnung
oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung zu erbringen. Ist die
Zahlungszeit sonst nicht bestimmt, so trägt der Schuldner die Folgen der
Zahlungsverzögerung, wenn er sich nach dem Tag der gerichtlichen oder
außergerichtlichen Einmahnung nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.
§. 1335. Hat der
Gläubiger die Zinsen ohne gerichtliche Einmahnung bis auf den Betrag der
Hauptschuld steigen lassen, so erlischt das Recht, vom Kapital weitere Zinsen
zu fordern. Vom Tag der Streitanhängigkeit an können jedoch neuerdings Zinsen
verlangt werden.
Bedingung des
Vergütungsvertrages (Conventional-Strafe).
§. 1336. Die
vertragschließenden Teile können eine besondere Übereinkunft treffen, daß auf
den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät
erfüllten Versprechens ein bestimmter Geld- oder anderer Betrag entrichtet
werden solle (§ 912). Der Schuldner erlangt mangels besonderer Vereinbarung
nicht das Recht, sich durch Bezahlung des Vergütungsbetrages von der Erfüllung
zu befreien. Wurde die Konventionalstrafe für die Nichteinhaltung der
Erfüllungszeit oder des Erfüllungsortes versprochen, so kann sie neben der
Erfüllung gefordert werden.
In allen Fällen ist der
Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem Richter,
allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.
Der Gläubiger kann
neben einer Konventionalstrafe den Ersatz eines diese übersteigenden Schadens
geltend machen. Ist der Schuldner ein Verbraucher im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2
und Abs. 3 KSchG, so muss dies im Einzelnen ausgehandelt werden.
Verbindlichkeit der
Erben des Beschädigers.
§. 1337. Die
Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens, und des entgangenen Gewinnes, oder
zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen, und
geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der
Entschädigung.
§. 1338. Das Recht zum
Schadensersatze muß in der Regel, wie jedes andere Privat-Recht, bey dem
ordentlichen Richter angebracht werden. Hat der Beschädiger zugleich ein
Strafgesetz übertreten; so trifft ihn auch die verhängte Strafe. Die
Verhandlung über den Schadensersatz aber gehört auch in diesem Falle, in so
fern sie nicht durch die Strafgesetze dem Strafgerichte oder der politischen
Behörde aufgetragen ist, zu dem Civil-Gerichte.
§. 1339. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 1, Z. 3, BGBl 1974/Nr. 496.)
§. 1340. Diese Behörden
haben in dem Falle, daß sich die Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt,
sogleich darüber nach den in diesem Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu
erkennen. Wenn aber der Ersatz des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden
kann, ist in dem Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die
Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist
auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen
dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung
des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§. 1341. Gegen das
Verschulden eines Richters beschwert man sich bey der höhern Behörde. Diese untersucht
und beurtheilt die Beschwerde von Amts wegen.
Dritter Theil des
bürgerlichen Gesetzbuches.
Von den
gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück.
Von Befestigung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Gemeinschaftliche
Bestimmungen der Rechte.
§. 1342. Sowohl
Personenrechte als Sachenrechte, und daraus entspringende Verbindlichkeiten
können gleichförmig befestiget, umgeändert und aufgehoben werden.
Arten der Befestigung
eines Rechtes;
§. 1343. Die
rechtlichen Arten der Sicherstellung einer Verbindlichkeit und der Befestigung
eines Rechtes, durch welche den Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird,
sind: die Verpflichtung eines Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.
I.) durch Verpflichtung
eines Dritten.
§. 1344. Ein Dritter
kann sich den Gläubiger für den Schuldner auf dreyerley Art verpflichten: Ein
Mahl, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler
übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt;
endlich, wenn er sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall
verbindet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.
§. 1345. Wenn jemand
mit Einwilligung des Gläubigers die ganze Schuld eines Andern übernimmt; so
geschieht keine Befestigung, sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon
in dem folgenden Hauptstücke gehandelt wird.
a) Als Bürge;
§. 1346. Wer sich zur
Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, daß der erste Schuldner
die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem
Gläubiger getroffene Uebereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt
der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als
Nachschuldner hinzu.
Zur Gültigkeit des
Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des
Bürgen schriftlich abgegeben wird.
b) Als Mitschuldner;
§. 1347. Wenn jemand,
ohne die den Bürgen zu Statten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als
Mitschuldner beytritt; so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner,
deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt
gegebenen Vorschriften zu beurtheilen sind. (§§. 888-896.)
Entschädigungsbürge.
§. 1348. Wer dem Bürgen
auf den Fall, daß derselbe durch seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte,
Entschädigung zusagt, heißt Entschädigungsbürge.
Wer sich verbürgen
könne.
§. 1349. Fremde
Verbindlichkeiten kann ohne Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich
nehmen, dem die freye Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche
Verbindlichkeiten.
§. 1350. Eine
Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen, sondern auch über erlaubte
Handlungen und Unterlassungen in Beziehung auf den Vortheil oder Nachtheil,
welcher aus denselben für den Sichergestellten entstehen kann, geleistet
werden.
§. 1351.
Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben, oder schon aufgehoben
sind, können weder übernommen, noch bekräftiget werden.
§. 1352. Wer sich für
eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht
verbinden kann, ist, obschon ihm diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem
ungetheilten Mitschuldner verpflichtet. (§. 896.)
Umfang der Bürgschaft.
§. 1353. Die Bürgschaft
kann nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erkläret
hat. Wer sich für ein zinsbares Capital verbürget, haftet nur für jene
rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtiget
war.
§. 1354. Von der
Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift der Gesetze die Beybehaltung eines
Theiles seines Vermögens zu seinem Unterhalte zu fordern berechtiget ist, kann
der Bürge nicht Gebrauch machen.
Wirkung.
§. 1355. Der Bürge kann
in der Regel erst dann belanget werden, wenn der Hauptschuldner auf des
Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit
nicht erfüllet hat.
§. 1356. Der Bürge kann
aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur für den Fall verbürget hat, daß der
Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sey, zuerst belanget werden, wenn der
Hauptschuldner in Concurs verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung
geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner
Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.
§. 1357. Wer sich als
Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet als ungetheilter Mitschuldner für die
ganze Schuld; es hängt von der Willkühr des Gläubigers ab, ob er zuerst den
Hauptschuldner, oder den Bürgen, oder beyde zugleich belangen wolle. (§. 891.)
§. 1358. Wer eine
fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten
Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von
dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist
der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe
und Sicherungsmittel auszuliefern.
§. 1359. Haben für den
nähmlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet; so haftet jede
für den ganzen Betrag. Hat aber Eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen; so
gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§. 896.) das Recht des Rückersatzes gegen
die übrigen.
§. 1360. Wenn dem
Gläubiger vor, oder bey Leistung der Bürgschaft noch außer derselben von dem
Hauptschuldner, oder einem Dritten ein Pfand gegeben wird; so steht ihm zwar
noch immer frey, den Bürgen der Ordnung nach (§. 1355.) zu belangen; aber er
ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich des Pfandes zu begeben.
§. 1361. Hat der Bürge
oder Zahler den Gläubiger befriediget, ohne sich mit dem Hauptschuldner
einzuverstehen; so kann dieser Alles gegen jene einwenden, was er gegen den
Gläubiger hätte einwenden können.
§. 1362. Der Bürge kann
von dem Entschädigungsbürgen nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den
Schaden nicht durch sein eigenes Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung
der Bürgschaft.
§. 1363. Die
Verbindlichkeit des Bürgen hört verhältnißmäßig mit der Verbindlichkeit des
Schuldners auf. Hat sich der Bürge nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet; so
haftet er nur für diesen Zeitraum. Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem
zwar gegen den Gläubiger; aber nicht gegen die übrigen Mitbürgen zu Statten.
(§. 896).
§. 1364. Durch den
Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der
Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch
nicht von seiner Bürgschaft befreyt; allein er ist befugt, von dem Schuldner,
wenn er mit dessen Einwilligung Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er
ihm Sicherheit verschaffe. Auch der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit
verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld
an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden kommt.
§. 1365. Wenn gegen den
Schuldner ein gegründetes Besorgniß der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung
aus den Erbländern, für welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt;
so steht dem Bürgen das Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der
verbürgten Schuld zu verlangen.
§. 1366. Wenn das
verbürgte Geschäft beendiget ist; so kann die Abrechnung, und die Aufhebung der
Bürgschaft gefordert werden.
§. 1367. Ist der
Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek, noch durch ein Faustpfand
befestiget; so erlischt er binnen drey Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn
der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat, von dem Erben die verfallene
Schuld gerichtlich oder außergerichtlich einzumahnen.
II.) Durch
Pfandvertrag.
§. 1368. Pfandvertrag
heißt derjenige Vertrag, wodurch der Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner
auf eine Sache dem Gläubiger das Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm
das bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher
verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein
Pfandvertrag.
Wirkung des
Pfandvertrages.
§. 1369. Was bey
Verträgen überhaupt Rechtens ist, gilt auch bey dem Pfandvertrage; er ist
zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer muß das Handpfand wohl verwahren und es
dem Verpfänder, so bald dieser die Befriedigung leistet, zurück geben. Betrifft
es eine Hypothek; so muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand
setzen, die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu
können. Die mit dem Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des
Pfandgebers und Pfandnehmers sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmt worden.
§. 1370. Der
Handpfandnehmer ist verbunden, dem Pfandgeber einen Pfandschein auszustellen,
und darin die unterscheidenden Kennzeichen des Pfandes zu beschreiben. Auch
können die wesentlichen Bedingungen des Pfandvertrages in dem Pfandscheine
angeführet werden.
Unerlaubte Bedingungen.
§. 1371. Alle der Natur
des Pfand- und Darleihensvertrages entgegen stehende Bedingungen und
Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der Verfallzeit
der Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es nach
Willkühr, oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder für
sich behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder ein
liegendes Gut keinem Andern verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der
Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.
§. 1372. Der
Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die Fruchtnießung der verpfändeten Sache
zustehen solle, ist ohne rechtliche Wirkung. Ist dem Gläubiger der bloße
Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes eingeräumt worden (§. 459.), so muß
diese Benützung auf eine dem Schuldner unschädliche Art geschehen.
Auf welche Art in der
Regel Sicherstellung zu leisten ist.
§. 1373. Wer verbunden
ist, eine Sicherstellung zu leisten, muß diese Verbindlichkeit durch ein
Handpfand, oder durch eine Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, daß er ein
Pfand zu geben außer Stande ist, werden taugliche Bürgen angenommen.
§. 1374. Niemand ist
verpflichtet, eine Sache, die zur Sicherstellung dienen soll, in einem höheren
Wert als der Hälfte ihres Verkehrswertes zum Pfand anzunehmen. Wer ein
angemessenes Vermögen besitzt und im Inland geklagt werden kann, ist ein
tauglicher Bürge.
Zweytes Hauptstück.
Von Umänderung der Rechte
und Verbindlichkeiten.
Umänderung der Rechte
und Verbindlichkeiten;
§. 1375. Es hängt von
dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen
willkührlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann
ohne, oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen
Gläubigers, oder eines neuen Schuldners geschehen.
1) durch Novation;
§. 1376. Die Umänderung
ohne Hinzukunft einer dritten Person findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder
wenn der Hauptgegenstand einer Forderung verwechselt wird, folglich die alte
Verbindlichkeit in eine neue übergeht.
§. 1377. Eine solche
Umänderung heißt Neuerungsvertrag (Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die
vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.
§. 1378. Die mit der
vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte
erlöschen durch den Neuerungsvertrag, wenn die Theilnehmer nicht durch ein
besonderes Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1379. Die näheren
Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllet
werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den
Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind eben so wenig
als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße Ausstellung eines neuen
Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine
solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben
nicht beygezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte
Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch
wohl bestehen kann.
2) Vergleich.
§. 1380. Ein
Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt
bestimmt werden, daß jede Partey sich wechselseitig etwas zu geben, zu thun,
oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den
zweyseitigen verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen
beurtheilet.
§. 1381. Wer dem Verpflichteten
mit dessen Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes Recht unentgeldlich
erläßt, macht eine Schenkung (§. 939).
Ungültigkeit eines
Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes;
§. 1382. Es gibt
zweifelhafte Fälle, welche durch einen Vergleich nicht beygelegt werden dürfen.
Dahin gehört der zwischen Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene
Streit. Diesen kann nur der durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand
entscheiden.
§. 1383. Ueber den
Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren Bekanntmachung kein Vergleich
errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von
Glücksverträgen beurtheilt.
§. 1384. Vergleiche
über Gesetzübertretungen sind nur in Hinsicht auf die Privat-Genugthuung
gültig; die gesetzmäßige Untersuchung und Bestrafung kann dadurch bloß dann
abgewendet werden, wenn die Uebertretungen von der Art sind, daß die Behörde
nur auf Verlangen der Parteyen ihr Amt zu handeln angewiesen ist.
oder anderer Mängel.
§. 1385. Ein Irrthum
kann den Vergleich nur in so weit ungültig machen, als er die Wesenheit der
Person, oder des Gegenstandes betrifft.
§. 1386. Aus dem Grunde
einer Verletzung über die Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht
angefochten werden.
§. 1387. Eben so wenig
können neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines
Rechtes auf Seite einer Partey entdeckten, einen redlich eingegangenen
Vergleich entkräften.
§. 1388. Ein offenbarer
Rechnungsverstoß, oder ein Fehler, welcher bey dem Abschlusse eines Vergleiches
in dem Summiren oder Abziehen begangen wird, schadet keinem der
vertragmachenden Theile.
Umfang des Vergleiches.
§. 1389. Ein Vergleich,
welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich
nicht auf andere Fälle. Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt
lautende Vergleiche sind auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich
verheimlichet worden sind, oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen
nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht der
Nebenverbindlichkeiten.
§. 1390. Bürgen und
Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch streitigen Rechtes gegeben
worden sind, haften auch für den Theil, der durch den Vergleich bestimmt worden
ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten Verpfänder, welche dem
Vergleiche nicht beygestimmt haben, alle Einwendungen gegen den Gläubiger
vorbehalten, welche ohne geschlossenen Vergleich der Forderung hätten
entgegengesetzt werden können.
§. 1391. Der Vertrag,
wodurch Parteyen zur Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter
bestellen, erhält seine Bestimmung in der Gerichtsordnung.
3) Cession.
§. 1392. Wenn eine
Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen
wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen
Gläubigers. Eine solche Handlung heißt Abtretung (Cession), und kann mit, oder
ohne Entgeld geschlossen werden.
Gegenstände der
Cession.
§. 1393. Alle
veräußerliche Rechte sind ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person
ankleben, folglich mit ihr erlöschen, können nicht abgetreten werden.
Schuldscheine, die auf den Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe
abgetreten, und bedürfen nebst dem Besitze keines andern Beweises der
Abtretung.
Wirkung.
§. 1394. Die Rechte des
Uebernehmers sind mit den Rechten des Ueberträgers in Rücksicht auf die
überlassene Forderung eben dieselben.
§. 1395. Durch den
Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem Ueberträger (Cedent) und dem
Uebernehmer der Forderung (Cessionar); nicht aber zwischen dem Letzten und dem
übernommenen Schuldner (Cessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der
Schuldner, so lange ihm der Uebernehmer nicht bekannt wird, berechtiget, den
ersten Gläubiger zu bezahlen, oder sich sonst mit ihm abzufinden.
§. 1396. Dieses kann der
Schuldner nicht mehr, so bald ihm der Uebernehmer bekannt gemacht worden ist;
allein es bleibt ihm das Recht, seine Einwendungen gegen die Forderung
anzubringen. Hat er die Forderung gegen den redlichen Uebernehmer für richtig
erkannt; so ist er verbunden, denselben als seinen Gläubiger zu befriedigen.
Zessionsverbot
§. 1396a. Eine
Vereinbarung, dass eine Geldforderung zwischen Unternehmern aus
unternehmerischen Geschäften nicht abgetreten werden darf (Zessionsverbot), ist
nur verbindlich, wenn sie im Einzelnen ausgehandelt worden ist und den
Gläubiger unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles nicht gröblich
benachteiligt. Auch ein solches Zessionsverbot steht der Wirksamkeit einer
Abtretung aber nicht entgegen; sobald die Abtretung und der Übernehmer dem
Schuldner bekannt gemacht worden sind, kann dieser nicht mehr mit
schuldbefreiender Wirkung an den Überträger leisten, es sei denn, dass ihm
dabei nur leichte Fahrlässigkeit zur Last fällt.
Rechte des Schuldners
gegen den Überträger wegen der Verletzung eines verbindlichen Zessionsverbots
bleiben unberührt, sie können aber gegen die Forderung nicht eingewendet
werden. Der Übernehmer haftet dem Schuldner nicht allein deshalb, weil er das
Zessionsverbot gekannt hat.
Die Abs. 1 und 2 gelten
nicht für Zessionsverbote, die zwischen einer juristischen Person des
öffentlichen Rechts oder einer von dieser gegründeten Einrichtung und einem
Förderungswerber vereinbart werden.
Haftung des Cedenten.
§. 1397. Wer eine
Forderung ohne Entgeld abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für
dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeldliche Art zu Stande; so
haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl für die Richtigkeit, als für die
Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Uebernehmer
erhalten hat.
§. 1398. In so fern der
Uebernehmer über die Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen
Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm in Rücksicht der
Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit der Abtretung
einbringliche, und durch einen bloßen Zufall oder durch Versehen des
Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Ueberträger nicht.
§. 1399. Ein Versehen
dieser Art begeht der Uebernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie
aufgekündiget werden kann, nicht aufkündiget, oder nach verfallener
Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er dem Schuldner nachsieht; wenn er die
noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu verschaffen versäumt, oder die
gerichtliche Execution zu betreiben unterläßt.
4) Anweisung
(Assignation).
§. 1400. Durch die
Anweisung auf eine Leistung eines Dritten wird der Empfänger der Anweisung
(Assignatar) zur Einhebung der Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der
letztere zur Leistung an ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant)
ermächtigt. Einen unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen
den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der
Anweisung ihm zugekommen ist.
§. 1401. Insoweit der
Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem
gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu leisten. Wenn durch die
Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung
angenommen hat, getilgt werden soll, ist der Empfänger verpflichtet, den
Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.
Will der Empfänger von
der Anweisung keinen Gebrauch machen oder verweigert der Angewiesene die
Annahme oder die Leistung, so hat der Empfänger dies dem Anweisenden ohne
Verzug anzuzeigen.
Die Tilgung der Schuld
erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst durch die Leistung.
§. 1402. Hat der
Angewiesene die Anweisung dem Empfänger gegenüber angenommen, so kann er diesem
nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme
betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder aus seinen persönlichen
Beziehungen zum Empfänger ergeben.
§. 1403. Solange der
Angewiesene die Anweisung noch nicht dem Empfänger gegenüber angenommen hat,
kann sie der Anweisende widerrufen. Besteht zwischen dem Anweisenden und dem
Angewiesenen kein anderer Rechtsgrund, so gelten für das Rechtsverhältnis
zwischen beiden die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag; die
Anweisung erlischt jedoch nicht durch den Tod des Anweisenden oder Angewiesenen.
Inwiefern die Aufhebung der Anweisung auch gegenüber dem Empfänger
rechtswirksam ist, bestimmt sich nach dem zwischen diesem und dem Anweisenden
obwaltenden Rechtsverhältnis.
Der Anspruch des
Empfängers gegen den Angewiesenen verjährt in drei Jahren.
5. Schuldübernahme
§. 1404. Wer einem
Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken
(Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner dafür, daß der Gläubiger ihn nicht
in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht.
§. 1405. Wer einem
Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme), tritt als
Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt. Bis diese
Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird, haftet er wie bei Erfüllungsübernahme
(§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers kann entweder dem Schuldner oder dem
Übernehmer erklärt werden.
§. 1406. Auch ohne
Vereinbarung mit dem Schuldner kann ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger
die Schuld übernehmen.
Im Zweifel ist aber die
dem Gläubiger erklärte Übernahme als Haftung neben dem bisherigen Schuldner,
nicht an dessen Stelle zu verstehen.
§. 1407. Die
Verbindlichkeiten des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen
Schuldners in Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben. Der
Übernehmer kann dem Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und
dem bisherigen Schuldner entspringenden Einwendungen entgegensetzen.
Die Nebenrechte der
Forderung werden durch den Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von
dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge
oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt hat.
§. 1408. Übernimmt bei
Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber ein auf ihr haftendes Pfandrecht, so
ist dies im Zweifel als Schuldübernahme zu verstehen. Der Veräußerer kann, nach
vollzogener Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen
Schuldners an seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die
Einwilligung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt
wird. Auf diese Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.
§. 1409. Übernimmt
jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so ist er unbeschadet der
fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder
Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen
mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei,
als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des
übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.
Ist jedoch ein naher
Angehöriger des Veräußerers (§ 32 KO) der Übernehmer, so trifft ihn diese
Verpflichtung, soweit er nicht beweist, daß ihm die Schulden bei der Übergabe
weder bekannt waren noch bekannt sein mußten.
Entgegenstehende
Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Übernehmer zum Nachteile der Gläubiger
sind diesen gegenüber unwirksam.
§. 1409a. Wer ein
Vermögen oder ein Unternehmen im Weg der Zwangsvollstreckung, des Konkurses,
des Ausgleichsverfahrens (auch des fortgesetzten Verfahrens) oder der
Überwachung des Schuldners durch Sachwalter der Gläubiger erwirbt, haftet nicht
nach § 1409 Abs. 1 und 2.
§. 1410. Wird der
Eintritt des neuen Schuldners an Stelle des bisherigen Schuldners in der Weise
verabredet, daß an die Stelle des aufgehobenen Schuldverhältnisses eine
Verpflichtung des neuen Schuldners aus selbständigem Rechtsgrunde oder unter
Änderung des Hauptgegenstandes der Forderung gesetzt wird, so treten nicht die
Wirkungen der Schuldübernahme, sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378)
ein.
Drittes Hauptstück.
Von Aufhebung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Aufhebung der Rechte u.
Verbindlichkeiten.
§. 1411. Rechte und
Verbindlichkeiten stehen in einem solchen Zusammenhange, daß mit Erlöschung des
Rechtes die Verbindlichkeit, und mit Erlöschen der letzteren das Recht
aufgehoben wird.
1.) Durch die Zahlung.
§. 1412. Die
Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung, das ist, durch die Leistung
dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöset (§. 469).
Wie die Zahlung zu
leisten.
§. 1413. Gegen seinen
Willen kann weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als
er zu fordern hat, noch der Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu
leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die
Verbindlichkeit zu erfüllen.
§. 1414. Wird, weil der
Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst
unmöglich ist, etwas Anderes an Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als
ein entgeldliches Geschäft zu betrachten.
§. 1415. Der Gläubiger
ist nicht schuldig, die Zahlung einer Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag
anzunehmen. Sind aber verschiedene Posten zu zahlen; so wird diejenige für
abgetragen gehalten, welche der Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers
tilgen zu wollen, sich ausdrücklich erkläret hat.
§. 1416. Wird die
Willensmeinung des Schuldners bezweifelt, oder von dem Gläubiger widersprochen;
so sollen zuerst die Zinsen, dann das Capital, von mehreren Capitalien aber
dasjenige, welches schon eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach
diesem dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten
beschwerlich fällt, abgerechnet werden.
wann;
§. 1417. Wenn die
Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist; so tritt die Verbindlichkeit, die
Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an welchem die Einmahnung geschehen
ist. (§. 904.)
§. 1418. In gewissen
Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente
werden wenigstens auf einen Monath voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte
während dieser Zeit; so sind dessen Erben nicht schuldig, etwas von der
Vorausbezahlung zurück zu geben.
§. 1419. Hat der
Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen; so fallen die widrigen Folgen auf ihn.
§. 1420. Wenn der Ort
und die Art der Leistung nicht bestimmt sind, so müssen die oben (§ 905)
aufgestellten Vorschriften angewendet werden.
von wem;
§. 1421. Auch eine
Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu verwalten, kann eine richtige und
verfallene Schuld rechtmäßig abtragen, und sich ihrer Verbindlichkeit
entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse, oder nicht verfallene Schuld
abgetragen, so sind die mit der Obsorge betrauten Personen, ihr Sachwalter oder
Kurator berechtigt, das Geleistete zurückzufordern.
§. 1422. Wer die Schuld
eines anderen, für die er nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der
Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan,
so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung.
§. 1423. Wird die
Einlösung mit Einverständnis des Schuldners angeboten, so muß der Gläubiger die
Zahlung annehmen; doch hat er außer dem Falle des Betruges für die
Einbringlichkeit und die Richtigkeit der Forderung nicht zu haften. Ohne
Einwilligung des Schuldners kann dem Gläubiger von einem Dritten in der Regel
(§ 462) die Zahlung nicht aufgedrängt werden.
an wen;
§. 1424. Der
Schuldbetrag muß dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber,
oder demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigenthümer der Forderung
anerkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht
selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu zahlen verbunden, als das
Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet
worden ist.
Gerichtliche
Hinterlegung der Schuld.
§. 1425. Kann eine
Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem
Angebothenen unzufrieden ist, oder aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt
werden; so steht dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bey dem Gerichte
zu hinterlegen; oder, wenn sie dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche
Einleitung zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie
rechtmäßig geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreyt den
Schuldner von seiner Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten
Sache auf den Gläubiger.
Quittungen;
§. 1426. (Der Zahler
ist in allen Fällen berechtiget, von dem Befriedigten eine Quittung, nähmlich
ein schriftliches Zeugniß der erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der
Quittung muß der Nahme des Schuldners und des Gläubigers, so wie der Ort, die
Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muß von dem
Gläubiger, oder dessen Machthaber unterschrieben werden.) Die Kosten der
Quittung hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.
§. 1427. Eine Quittung
über das bezahlte Capital gründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen davon
bezahlt worden seyn.
§. 1428. Besitzt der
Gläubiger von dem Schuldner einen Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung
einer Quittung verbunden, denselben zurück zu geben, oder die allenfalls
geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldschein selbst abschreiben zu lassen.
Der zurück erhaltene Schuldschein ohne Quittung gründet für den Schuldner die
rechtliche Vermuthung der geleisteten Zahlung; er schließt aber den Gegenbeweis
nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in Verlust
gerathen; so ist der Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern, oder den
Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger die
Tödtung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäß bewirke.
§. 1429. Eine Quittung,
die der Gläubiger dem Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost
ausgestellt hat, beweiset zwar nicht, daß auch andere ältere Posten abgetragen
worden seyn: wenn es aber gewisse Gefälle, Renten, oder solche Zahlungen
betrifft, welche, wie Geld- Grund- Haus- oder Capitals-Zinsen, aus eben
demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet werden sollen; so wird
vermuthet, daß derjenige, welcher sich mit der Quittung des letzt verfallenen
Termines ausweiset, auch die früher verfallenen berichtiget habe.
§. 1430. Eben so wird
von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen
Fristen die Rechnung abzuschließen pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über
die Rechnung aus einer späteren Frist quittirt haben, auch die früheren
Rechnungen bezahlt seyn.
Zahlung einer
Nichtschuld.
§. 1431. Wenn jemand
aus einem Irrthume, wäre es auch ein Rechtsirrthum, eine Sache oder eine
Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann
in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweyten aber ein dem
verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.
§. 1432. Doch können
Zahlungen einer verjährten, oder einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel
der Förmlichkeiten ungültig ist, oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloß das
Klagerecht versagt, eben so wenig zurückgefordert werden, als wenn jemand eine
Zahlung leistet, von der er weiß, daß er sie nicht schuldig ist.
§. 1433. Diese
Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den Fall, in welchem ein Pflegebefohlener,
oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht frey über ihr Eigenthum
verfügen kann, nicht angewendet werden.
§. 1434. Die
Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehret werden, wenn die
Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiß ist; oder wenn sie noch
von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung abhängt. Die Bezahlung einer
richtigen und unbedingten Schuld kann aber deßwegen nicht zurückgefordert
werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.
§. 1435. Auch Sachen,
die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem
Empfänger zurück fordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört
hat.
§. 1436. War jemand
verbunden, aus zwey Sachen nur Eine nach seiner Willkühr zu geben, und hat er
aus Irrthum beyde gegeben; so hängt es von ihm ab, die eine, oder die andere
zurück zu fordern.
§. 1437. Der Empfänger
einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer
angesehen, je nachdem er den Irrthum des Gebers gewußt hat, oder aus den
Umständen vermuthen mußte, oder nicht.
2) Compensation.
§. 1438. Wenn
Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so
beschaffen sind, daß eine Sache, die dem Einen als Gläubiger gebührt, von
diesem auch als Schuldner dem Andern entrichtet werden kann; so entsteht, in so
weit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige
Aufhebung der Verbindlichkeit (Compensation), welche schon für sich die
gegenseitige Zahlung bewirket.
§. 1439. Zwischen einer
richtigen und nicht richtigen, so wie zwischen einer fälligen und noch nicht
fälligen Forderung findet die Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine
Concurs-Masse die Compensation Statt finde, wird in der Gerichtsordnung
bestimmt.
§. 1440. Ebenso lassen
sich Forderungen, welche ungleichartige oder bestimmte und unbestimmte Sachen
zum Gegenstande haben, gegeneinander nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig
entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke sind
überhaupt kein Gegenstand der Zurückbehaltung oder der Kompensation.
§. 1441. Ein Schuldner
kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem
Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die
jemand an eine Staats-Casse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an
eine andere Staats-Casse leisten muß, nicht abgerechnet werden.
§. 1442. Wenn eine
Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird; so kann der Schuldner zwar
die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an den ersten Inhaber derselben
hatte, so wie auch jene, die ihm gegen den letzten Inhaber zusteht, in
Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der
Zwischeninhaber zustand.
§. 1443. Gegen eine den
öffentlichen Büchern einverleibte Forderung kann die Einwendung der
Compensation einem Cessionar nur dann entgegengesetzt werden, wenn die
Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der Forderung selbst eingetragen, oder
dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern bekannt gemacht worden ist.
3.) Entsagung.
§. 1444. In allen
Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu
begeben, kann er demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und
hierdurch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4) Vereinigung.
§. 1445. So oft auf was
immer für eine Art das Recht mit der Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt
wird, erlöschen beyde; außer, wenn es dem Gläubiger noch frey steht, eine
Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§. 802 und 812), oder wenn
Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten. Daher wird durch die Nachfolge
des Schuldners in die Verlassenschaft seines Gläubigers in den Rechten der
Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare, und durch die Beerbung des
Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers nichts geändert.
§. 1446. Rechte und
Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden
durch die Vereinigung nicht aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen
Büchern erfolgt ist (§ 526). Bis dahin kann das eingetragene Pfandrecht vom
Eigentümer oder im Wege der Zwangsvollstreckung auf einen Dritten übertragen
werden (§§ 469 bis 470).
5.) Untergang der
Sache.
§1447. Der zufällige
gänzliche Untergang einer bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst
die, den Werth derselben zu vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für
diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der Verbindlichkeit, oder die
Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall unmöglich wird. In jedem Falle
muß aber der Schuldner das, was er um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu
bringen erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf solche
Art zurückstellen oder vergüten, daß er aus dem Schaden des Andern keinen
Gewinn zieht.
6.) Tod.
§. 1448. Durch den Tod
erlöschen nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person
eingeschränkt sind, oder die bloß persönliche Handlungen des Verstorbenen
betreffen.
7) Verlauf der Zeit.
§. 1449. Rechte und
Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch
einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen Ausspruch, oder durch das Gesetz
beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die vom Gesetze bestimmte Verjährung
aufgehoben werden, wird in dem folgenden Hauptstücke festgesetzt.
Von der Einsetzung in
den vorigen Stand.
§. 1450. Die
bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche Handlungen und Geschäfte,
wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar bestritten werden können,
gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die zum gerichtlichen
Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand sind in der
Gerichtsordnung bestimmt.
Viertes Hauptstück.
Von der Verjährung und
Ersitzung.
Verjährung.
§. 1451. Die Verjährung
ist der Verlust eines Rechtes, welches während der von dem Gesetze bestimmten
Zeit nicht ausgeübt worden ist.
Ersitzung.
§. 1452. Wird das
verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Andern
übertragen; so heißt es ein ersessenes Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.
Wer verjähren und
ersitzen kann.
§. 1453. Jeder, der
sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein Eigenthum oder andere Rechte durch
Ersitzung erwerben.
Gegen wen?
§. 1454. Die Verjährung
und Ersitzung kann gegen alle Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst
auszuüben fähig sind, Statt finden. Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen
Kirchen, Gemeinden und andere moralische Körper; gegen Verwalter des
öffentlichen Vermögens und gegen diejenigen, welche ohne ihr Verschulden
abwesend sind, wird sie nur unter den unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden
Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände.
§. 1455. Was sich
erwerben läßt, kann auch ersessen werden. Sachen hingegen, welche man vermöge
ihrer wesentlichen Beschaffenheit, oder vermöge der Gesetze nicht besitzen
kann; ferner, Sachen und Rechte, welche schlechterdings unveräußerlich sind,
sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§. 1456. Aus diesem
Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte als solchen allein zukommenden
Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern
auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch Ersitzung erworben,
noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten verjährt werden.
§. 1457. Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend
vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können
zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem
gewöhnlichen Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.
§. 1458. Die Rechte eines Ehegatten, der Eltern, eines Kindes und andere
Personen-Rechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen, welche
dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit zur
einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zu Statten.
§. 1459. Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein
Eigenthum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein
Wasser zu benutzen, unterliegen, außer dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen
einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben
verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung
eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran verhindert; so fängt der Besitz
des Untersagungsrechtes von Seite der Einen gegen die Freyheit der Andern von
dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbothe, oder der Verhinderung gefüget
hat, und es wird dadurch, wenn alle übrige Erfordernisse eintreffen, die
Verjährung oder die Ersitzung bewirket. (§. 313 u. 351.)
Erfordernisse zur Ersitzung:
1) Besitz.
§. 1460. Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des Gegenstandes
erfordert: daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art erworben
werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich und echt
sey, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt werde. (§.
309, 316, 326 und 345.)
Und zwar a) ein rechtmäßiger;
§. 1461. Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welche zur
Uebernahme des Eigenthumes, wenn solches dem Uebergeber gebührt hätte,
hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig und zur Ersitzung hinreichend.
Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die Schenkung, das Darleihen, der Kauf
und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s. w.
§. 1462. Verpfändete, geliehene, in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung
gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder
Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen Titels, niemahls ersessen werden.
Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und haben nicht mehr Titel als dieselben.
Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zu Statten kommen.
b) redlicher;
§. 1463. Der Besitz muß redlich seyn. Die Unredlichkeit des vorigen
Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die
Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen. (§. 1493.)
c) echter.
§. 1464. Der Besitz muß auch echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit
Gewalt oder List bemächtiget, oder in den Besitz heimlich einschleicht, oder
eine Sache nur bittweise besitzt; so kann weder er selbst, noch können seine
Erben dieselbe verjähren.
2) Verlauf der Zeit.
§. 1465. Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze
vorgeschriebene Verlauf der Zeit nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für
einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen
Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es
kommt dabey sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der
Personen an.
Ersitzungszeit. Ordentliche;
§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist,
wird durch einen dreyjährigen rechtlichen Besitz ersessen.
§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1468. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind,
und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern
Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der
die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung
erst nach dreyßig Jahren vollendet.
§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
§. 1470. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein
solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber
erst nach dreyßig Jahren ersitzen.
§. 1471. Bey Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bey dem
Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bey Herstellung einer Brücke
zum Beytrage anzuhalten, muß derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst
einem Verlaufe von dreyßig Jahren, zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung
binnen dieser Zeit wenigstens drey Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses
Recht ausgeübt habe.
Außerordentliche.
§. 1472. Gegen den Fiscus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und
des Staatsvermögens, in so weit die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u.
1456-1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und
anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht
zu. Der Besitz beweglicher Sachen, so wie auch der Besitz der unbeweglichen,
oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den
Nahmen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs
Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers
in die öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte
lassen sich gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur
durch den Besitz von vierzig Jahren erwerben.
§. 1473. Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit
begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung
zu Statten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen
andere, darin ebenfalls begünstigte, Personen ihre Wirkung.
§. 1474. (Anm.: Aufgehoben durch Art. 9, Z. 5, BGBl I 2006/Nr. 113 –
Deregulierungsgesetz 2006.)
§. 1475. Der Aufenthalt des Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich
die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit
entgegen, daß die Zeit einer willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur
Hälfte, folglich Ein Jahr nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf
kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen
gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als
bis auf dreyßig Jahre zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit
genießt keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.
§. 1476. Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von
einem unechten, oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder
seinen Vormann anzugeben nicht vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen
Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§. 1477. Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig
Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn
erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schließt aber auch in diesem längeren
Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit. Allgemeine.
§. 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden
beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur
eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an
sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
§. 1479. Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen
Büchern einverleibt seyn oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens
durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch, oder durch ein so lange Zeit
beobachtetes Stillschweigen.
§. 1480. Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen,
insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie
zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht
selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen.
§. 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte
gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt
zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459.) angeführten
Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die
Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die
Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§. 1482. Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem
fremden Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten
ausüben konnte, bloß dadurch, daß er es durch noch so lange Zeit nur auf einem
Theile des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte
nicht eingeschränkt; sondern die Beschränkung muß durch Erwerbung oder
Ersitzung des Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.)
Eben dieses ist auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle
Mitglieder einer Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder
derselben ausgeübt hat.
§. 1483. So lange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die
unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht nicht
verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen, bleibt
unverjährt. In so fern aber die Forderung den Werth des Pfandes übersteigt,
kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.
§. 1484. Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden
können, wird erfordert, daß während der Verjährungszeit von dreyßig Jahren von
drey Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden
sey. (§. 1471.)
§. 1485. In Rücksicht der in dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie
zur Ersitzung, also auch zur Verjährung, vierzig Jahre erfordert.
Die allgemeine Regel, daß ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach
Verlauf von dreißig oder vierzig Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen
Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum
ausgemessen hat (§ 1465).
Besondere Verjährungszeit
§. 1486. In drei Jahren sind verjährt: die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige
Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen
Betriebe;
2. für Lieferung land-
und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme
zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur Erziehung oder zum Unterricht durch
Personen, die sich damit befassen, oder in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und
Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer
wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von
Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der
Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte,
Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der Advokaten, Notare, Patentanwälte und
aller anderen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellten
Personen wegen Entlohnung ihrer Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie
der Parteien wegen der Vorschüsse an diese Personen.
§. 1486a. Der Anspruch eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im
Erwerb des anderen (§ 98) verjährt in sechs Jahren vom Ende des Monats, in dem
die Leistung erbracht worden ist.
§. 1487. Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den
Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen
Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen oder den Beschenkten wegen
Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen; einen entgeltlichen Vertrag
wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung
eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei
dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums, wobei sich der andere
vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei
Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt.
§. 1488. Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt,
wenn sich der verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der
Berechtigte durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend
gemacht hat.
§. 1489. Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an
verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem
Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt
geworden oder ist der Schade aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren
Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als
einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind entstanden, so erlischt das Klagerecht
nur nach dreißig Jahren.
§. 1490. Klagen über Ehrenbeleidigungen, die lediglich in Beschimpfungen
durch Worte, Schriften oder Geberden bestehen, können nach Verlauf eines Jahres
nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die Beleidigung in Tätlichkeiten, so
dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch drei Jahre.
Auf Schadenersatzklagen wegen Gefährdung des Kredits, des Erwerbes oder
des Fortkommens eines andern durch Verbreitung unwahrer Tatsachen sind die
Vorschriften des § 1489 anzuwenden.
§. 1491. Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit
eingeschränkt. Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte
abgehandelt werden, vor.
§. 1492. Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme,
ist in der Wechselordnung bestimmt.
Einrechnung der Verjährungszeit des Vorfahrers.
§. 1493. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer
redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit
seines Vorfahrers mit einzurechnen (§. 1463). Eben dieses gilt auch von der
Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung von dreyßig oder vierzig Jahren findet
diese Einrechnung auch ohne einen rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen
Verjährung selbst ohne guten Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.
Hemmung der Verjährung.
§. 1494. Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre
Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Minderjährige oder Personen,
die den Gebrauch der Vernunft nicht haben, kann die Ersitzungs- oder
Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen Vertreter bestellt
sind, nicht anfangen. Die ein Mahl angefangene Ersitzungs- oder Verjährungszeit
läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen zwey Jahren nach den gehobenen
Hindernissen vollendet werden.
§. 1495. Auch zwischen Ehegatten sowie zwischen Minderjährigen oder anderen
Pflegebefohlenen und den mit der Obsorge betrauten Personen, Sachwaltern oder
Kuratoren kann, solange die Ehe aufrecht ist oder die Obsorge, Sachwalterschaft
oder Kuratel durch dieselbe Person andauert, die Ersitzung oder Verjährung
weder angefangen, noch fortgesetzt werden. Das gilt nicht für die Ansprüche
eines Ehegatten auf Abgeltung seiner Mitwirkung im Erwerb des anderen (§ 98);
doch wird die Verjährung so lange gehemmt, als zwischen den Ehegatten ein
gerichtliches Verfahren zur Entscheidung über einen Anspruch im Sinn des § 100
anhängig ist und gehörig fortgesetzt wird.
§. 1496. Durch Abwesenheit in Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch
gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird
nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses Hinderniß dauert, auch die
Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmet.
Unterbrechung der Verjährung.
§. 1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn
derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der
Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern
anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig
fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für
unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder Verjährung.
§. 1498. Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den
bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die Zuerkennung des Eigenthumes
ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen
Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§. 1499. Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete
die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit,
oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und
der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.
§. 1500. Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber
demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der
Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu
keinem Nachtheile gereichen.
§. 1501. Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteyen, von Amts
wegen kein Bedacht zu nehmen.
Entsagung oder Verlängerung der Verjährung.
§. 1502. Der Verjährung kann weder im voraus entsagt, noch kann eine
längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.
1 Entfallen
2 Entfallen
3 Entfallen
4 Beachte BGBl 1921/Nr.
638, § 1.:
„Die im § 970, Absatz 1
und 3, a.b.G.B. den Gastwirten und Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung
wird bis auf weiteres auf den Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei
denn, daß die Sachen dem Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben
worden sind oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet
ist.
Auf die Haftung von
Unternehmern, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrnisse und die auf diesen befindlichen Sachen (§
970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“
5 Entfallen
6 Entfallen
7 Entfallen
8 Beachte BGBl 1951/Nr.
259, § 1.:
„Der im § 1 Abs. 1 des
Bundesgesetzes vom 16. November 1921, BGBl. Nr. 638, festgesetzte Höchstbetrag
wird auf 3000 S, der im § 2 desselben Bundesgesetzes vorgesehene Höchstbetrag
auf 1500 S erhöht.“