(Allgemeines
bürgerliches Gesetzbuch für die gesammten Deutschen Erbländer der
Oesterreichischen Monarchie. I. Theil. Wien 1811.)
Wir Franz der Erste,
von Gottes Gnaden Kaiser von Oesterreich; König zu Ungarn und Böhmen; Erzherzog
zu Oesterreich, etc. etc.
Aus der Betrachtung,
daß die bürgerlichen Gesetze, um den Bürgern volle Beruhigung über den
gesicherten Genuß ihrer Privat-Rechte zu verschaffen, nicht nur nach den
allgemeinen Grundsätzen der Gerechtigkeit; sondern auch nach den besonderen
Verhältnissen der Einwohner bestimmt, in einer ihnen verständlichen Sprache
bekannt gemacht, und durch eine ordentliche Sammlung in stätem Andenken
erhalten werden sollen, haben Wir seit dem Antritte Unserer Regierung
unausgesetzt Sorge getragen, daß die schon von Unseren Vorfahren beschlossene
und unternommene Abfassung eines vollständigen, einheimischen bürgerlichen
Gesetzbuches ihrer Vollendung zugeführt werde.
Der während Unserer
Regierung von Unserer Hofcommission in Gesetzsachen zu Stande gebrachte Entwurf
ward, so wie ehedem der Entwurf des Gesetzbuches über Verbrechen und schwere
Polizey-Uebertretungen, den in den verschiedenen Provinzen eigens aufgestellten
Commissionen zur Beurtheilung mitgetheilt, in Galizien aber inzwischen schon in
Anwendung gesetzt.
Nachdem auf solche Art
die Meinungen der Sachverständigen, und die aus der Anwendung eingehohlten Erfahrungen
zur Berichtigung dieses so wichtigen Zweiges der Gesetzgebung benützt worden
sind; haben Wir nun beschlossen, dieses allgemeine bürgerliche Gesetzbuch für
Unsere gesammten Deutschen Erbländer kund zu machen, und zu verordnen, daß
dasselbe mit dem ersten Januar 1812 zur Anwendung kommen solle.
Dadurch wird das bis
jetzt angenommene gemeine Recht, der am 1. November 1786 kund gemachte erste
Theil des bürgerlichen Gesetzbuches, das für Galizien gegebene bürgerliche
Gesetzbuch, sammt allen auf die Gegenstände dieses allgemeinen bürgerlichen
Rechtes sich beziehenden Gesetzen und Gewohnheiten, außer Wirksamkeit gesetzt.
Wie Wir aber in dem
Gesetzbuche selbst zur allgemeinen Vorschrift aufgestellt haben, daß die
Gesetze nicht zurück wirken sollen; so soll auch dieses Gesetzbuch auf
Handlungen, die dem Tage, an welchem es verbindliche Kraft erhält,
vorhergegangen, und auf die nach den früheren Gesetzen bereits erworbenen
Rechte keinen Einfluß haben; diese Handlungen mögen in zweyseitig verbindlichen
Rechtsgeschäften, oder in solchen Willenserklärungen bestehen, die von dem
Erklärenden noch eigenmächtig abgeändert, und nach den in dem gegenwärtigen
Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften eingerichtet werden könnten.
Daher ist auch eine
schon vor der Wirksamkeit dieses Gesetzbuches angefangene Ersitzung oder
Verjährung nach den älteren Gesetzen zu beurtheilen. Wollte sich jemand auf
eine Ersitzung oder Verjährung berufen, die in dem neueren Gesetze auf eine
kürzere Zeit als in den früheren Gesetzen bestimmt ist; so kann er auch diese
kürzere Frist erst von dem Zeitpuncte, an welchem das gegenwärtige Gesetz
verbindliche Kraft erhält, zu berechnen anfangen.
Die Vorschriften dieses
Gesetzbuches sind zwar allgemein verbindlich; doch bestehen für den
Militär-Stand und für die zum Militär-Körper gehörigen Personen besondere, auf
das Privat-Recht sich beziehende Vorschriften, welche bey den von, oder mit
ihnen vorzunehmenden Rechtsgeschäften, obschon in dem Gesetzbuche nicht
ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, zu beobachten sind. Handels- und
Wechselgeschäfte werden nach den besonderen Handels- und Wechselgesetzen, in so
fern sie von den Vorschriften dieses Gesetzbuches abweichen, beurtheilt.
Auch bleiben die über
politische, Cameral- oder Finanz-Gegenstände kund gemachten, die Privat-Rechte
beschränkenden, oder näher bestimmenden Verordnungen, obschon in diesem
Gesetzbuche sich darauf nicht ausdrücklich bezogen wurde, in ihrer Kraft.
Ins besondere sind die
auf Geldzahlungen sich beziehenden Rechte und Verbindlichkeiten nach dem, über
das zum Umlauf und zur gemeinen Landes- (Wiener) Währung bestimmte Geld,
bereits erlassenen Patente vom 20. Hornung 1811, oder nach den noch zu
erlassenden besonderen Gesetzen, und nur bey deren Ermanglung, nach den
allgemeinen Vorschriften des Gesetzbuches zu beurtheilen.
Wir erklären zugleich
den gegenwärtigen Deutschen Text des Gesetzbuches als den Urtext, wonach die
veranstalteten Uebersetzungen in die verschiedenen Landessprachen Unserer
Provinzen zu beurtheilen sind.
Gegeben in Unserer
Haupt- und Residenzstadt Wien, den ersten Monathstag Junius, im eintausend
achthundert und eilften, Unserer Reiche im neunzehnten Jahre.
Franz (L. S.)
Aloys Graf von und zu
Ugarte,
königlich-Böhmischer
oberster und erzherzoglich-Oesterreichischer erster Kanzler.
Franz Graf von Woyna.
Nach Sr. k. k. Majestät
höchst eigenem Befehle:
Johann Nepomuk Freyh.
v. Geißlern.
Inhalt.
Einleitung. Von den
bürgerlichen Gesetzen überhaupt. §. 1-14.
Erster Theil.
Von dem Personenrechte.
Erstes Hauptstück. Von
den Rechten, welche sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse
beziehen. §. 15-43.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eherechte. §. 44-136.
Drittes Hauptstück. Von
den Rechten zwischen Aeltern und Kindern. §. 137-186.
Viertes Hauptstück. Von
den Vormundschaften und Curatellen. §. 187-284.
Zweyter Theil.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung. §. 285-308.
Erste Abtheilung
des Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück. Von
dem Besitze. §. 309-352.
Zweytes Hauptstück. Von
dem Eigenthumsrechte. §. 353-379.
Drittes Hauptstück. Von
der Erwerbung des Eigenthums durch Zueignung. §. 380-403.
Viertes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Zuwachs. §. 404-422.
Fünftes Hauptstück. Von
Erwerbung des Eigenthumes durch Uebergabe. §. 423-446.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte. §. 447-471.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten. (Servituten.) §. 472-530.
Achtes Hauptstück. Von
dem Erbrechte. §. 531-551.
Neuntes Hauptstück. Von
der Erklärung des letztes Willens überhaupt und den Testamenten ins besondere.
§. 552-603.
Zehntes Hauptstück. Von
Nacherben und Fideicomissen. §. 604-646.
Eilftes Hauptstück. Von
Vermächtnissen. §. 647-694.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und Aufhebung des letzten Willens. §. 695-726.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen Erbfolge. §. 727-761.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil. §.
762-796.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der Erbschaft. §. 797-824.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte. §. 825-858.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und Rechtsgeschäften überhaupt. §. 859-937.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen. §. 938-956.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem Verwahrungsvertrage. §. 957-970.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage. §. 971-982.
Ein und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Darleihensvertrage. §. 983-1001.
Zwey und zwanzigstes
Hauptstück. Von der Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung. §.
1002-1044.
Drey und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Tauschvertrage. §. 1045-1052.
Vier und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Kaufvertrage. §. 1053-1089.
Fünf und zwanzigstes Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht- und Erbzins-Verträgen. §. 1090-1150.
Sechs und zwanzigstes
Hauptstück. Von Verträgen über Dienstleistungen §. 1151-1174.
Sieben und zwanzigstes
Hauptstück. Von dem Vertrage über eine Gemeinschaft der Güter. §. 1175-1216.
Acht und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Ehepacten. §. 1217-1266.
Neun und zwanzigstes
Hauptstück. Von den Glücksverträgen. §. 1267-1292.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des Schadenersatzes und der Genugthuung. §. 1293-1341.
Dritter Theil.
Von den gemeinschaftlichen
Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück. Von
Befestigung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1342-1374.
Zweytes Hauptstück. Von
Umänderung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1375-1410.
Drittes Hauptstück. Von
Aufhebung der Rechte und Verbindlichkeiten. §. 1411-1450.
Viertes Hauptstück. Von
der Verjährung und Ersitzung. §. 1451-1502.
Einleitung.
Von den bürgerlichen
Gesetzen überhaupt.
Begriff des
bürgerlichen Rechtes.
§. 1. Der Inbegriff der
Gesetze, wodurch die Privat-Rechte und Pflichten der Einwohner des Staates
unter sich bestimmt werden, macht das bürgerliche Recht in demselben aus.
§. 2. So bald ein
Gesetz gehörig kund gemacht worden ist, kann sich niemand damit entschuldigen,
daß ihm dasselbe nicht bekannt geworden sey.
Anfang der Wirksamkeit
der Gesetze.
§. 3. Die Wirksamkeit
eines Gesetzes und die daraus entspringenden rechtlichen Folgen nehmen gleich
nach der Kundmachung ihren Anfang; es wäre denn, daß in dem kund gemachten
Gesetze selbst der Zeitpunct seiner Wirksamkeit weiter hinaus bestimmt würde.
Umfang des Gesetzes.
§. 4. Die bürgerlichen
Gesetze verbinden alle Staatsbürger der Länder, für welche sie kund gemacht
sind. Die Staatsbürger bleiben auch in Handlungen und Geschäften, die sie außer
dem Staatsgebiethe vornehmen, an diese Gesetze gebunden, in so weit als ihre
persönliche Fähigkeit, sie zu unternehmen, dadurch eingeschränket wird, und als
diese Handlungen und Geschäfte zugleich in diesen Ländern rechtliche Folgen
hervorbringen sollen. In wie fern die Fremden an diese Gesetze gebunden sind,
wird in dem folgenden Hauptstücke bestimmt.
§. 5. Gesetze wirken
nicht zurück; sie haben daher auf vorhergegangene Handlungen und auf vorher
erworbene Rechte keinen Einfluß.
Auslegung.
§. 6. Einem Gesetze
darf in der Anwendung kein anderer Verstand beygelegt werden, als welcher aus
der eigenthümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhange und aus der
klaren Absicht des Gesetzgebers hervorleuchtet.
§. 7. Läßt sich ein
Rechtsfall weder aus den Worten, noch aus dem natürlichen Sinne eines Gesetzes
entscheiden, so muß auf ähnliche, in den Gesetzen bestimmt entschiedene Fälle,
und auf die Gründe anderer damit verwandten Gesetze Rücksicht genommen werden.
Bleibt der Rechtsfall noch zweifelhaft; so muß solcher mit Hinsicht auf die
sorgfältig gesammelten und reiflich erwogenen Umstände nach den natürlichen
Rechtsgrundsätzen entschieden werden.
§. 8. Nur dem
Gesetzgeber steht die Macht zu, ein Gesetz auf eine allgemein verbindliche Art
zu erklären. Eine solche Erklärung muß auf alle noch zu entscheidende
Rechtsfälle angewendet werden, dafern der Gesetzgeber nicht hinzufügt, daß
seine Erklärung bey Entscheidung solcher Rechtsfälle, welche die vor der
Erklärung unternommenen Handlungen und angesprochenen Rechte zum Gegenstande
haben, nicht bezogen werden solle.
Dauer des Gesetzes.
§. 9. Gesetze behalten
so lange ihre Kraft, bis sie von dem Gesetzgeber abgeändert oder ausdrücklich
aufgehoben werden.
Andere Arten der
Vorschriften, als: a) Gewohnheiten.
§. 10. Auf Gewohnheiten
kann nur in den Fällen, in welchen sich ein Gesetz darauf beruft, Rücksicht
genommen werden.
b) Provinzial-Statuten.
§. 11. Nur jene
Statuten einzelner Provinzen und Landesbezirke haben Gesetzeskraft, welche nach
der Kundmachung dieses Gesetzbuches von dem Landesfürsten ausdrücklich
bestätiget werden.
c) Richterliche
Aussprüche.
§. 12. Die in einzelnen
Fällen ergangenen Verfügungen und die von Richterstühlen in besonderen
Rechtsstreitigkeiten gefällten Urtheile haben nie die Kraft eines Gesetzes, sie
können auf andere Fälle oder auf andere Personen nicht ausgedehnet werden.
d) Privilegien.
§. 13. Die einzelnen
Personen oder auch ganzen Körpern verliehenen Privilegien und Befreyungen sind,
so fern hierüber die politischen Verordnungen keine besondere Bestimmung
enthalten, gleich den übrigen Rechten zu beurtheilen.
Haupteintheilung des
bürgerlichen Rechtes.
§. 14. Die in dem
bürgerlichen Gesetzbuche enthaltenen Vorschriften haben das Personen-Recht, das
Sachenrecht und die denselben gemeinschaftlich zukommenden Bestimmungen zum
Gegenstande.
Erster Theil.
Von dem
Personen-Rechte.
Erstes Hauptstück.
Von den Rechten, welche
sich auf persönliche Eigenschaften und Verhältnisse beziehen.
Personen-Rechte.
§. 15. Die
Personen-Rechte beziehen sich theils auf persönliche Eigenschaften und
Verhältnisse; theils gründen sie sich in dem Familien-Verhältnisse.
I. Aus dem Charakter
der Persönlichkeit.
Angeborne Rechte.
§. 16. Jeder Mensch hat
angeborne, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte, und ist daher als
eine Person zu betrachten. Sclaverey oder Leibeigenschaft, und die Ausübung
einer darauf sich beziehenden Macht wird in diesen Ländern nicht gestattet.
Rechtliche Vermuthung
derselben.
§. 17. Was den
angebornen natürlichen Rechten angemessen ist, dieses wird so lange als
bestehend angenommen, als die gesetzmäßige Beschränkung dieser Rechte nicht
bewiesen wird.
Erwerbliche Rechte.
§. 18. Jedermann ist
unter den von den Gesetzen vorgeschriebenen Bedingungen fähig, Rechte zu
erwerben.
Verfolgung der Rechte.
§. 19. Jedem, der sich
in seinem Rechte gekränkt zu seyn erachtet, steht es frey, seine Beschwerde vor
der durch die Gesetze bestimmten Behörde anzubringen. Wer sich aber mit
Hintansetzung derselben der eigenmächtigen Hülfe bedienet, oder, wer die
Gränzen der Nothwehre überschreitet, ist dafür verantwortlich.
§. 20. Auch solche
Rechtsgeschäfte, die das Oberhaupt des Staates betreffen, aber auf dessen
Privat-Eigenthum, oder auf die in dem bürgerlichen Rechte gegründeten
Erwerbungsarten sich beziehen, sind von den Gerichtsbehörden nach den Gesetzen
zu beurtheilen.
II. Personen-Rechte aus
der Eigenschaft des Alters oder mangelnden Verstandesgebrauches.
§. 21. Diejenigen,
welche wegen Mangels an Jahren, Gebrechen des Geistes, oder anderer Verhältnisse
wegen, ihre Angelegenheiten selbst gehörig zu besorgen unfähig sind, stehen
unter dem besonderen Schutze der Gesetze. Dahin gehören: Kinder, die das
siebente; Unmündige, die das vierzehnte; Minderjährige, die das
einundzwanzigste Jahr ihres Lebens noch nicht zurückgelegt haben; dann:
Rasende, Wahnsinnige und Blödsinnige, welche des Gebrauches ihrer Vernunft
entweder gänzlich beraubt oder wenigstens unvermögend sind, die Folgen ihrer
Handlungen einzusehen; ferner: diejenigen, welchen der Richter als erklärten
Verschwendern die fernere Verwaltung ihres Vermögens untersagt hat; endlich:
Abwesende und Gemeinden.
§. 22. Selbst ungeborne
Kinder haben von dem Zeitpuncte ihrer Empfängniß an einen Anspruch auf den
Schutz der Gesetze. In so weit es um ihre und nicht um die Rechte eines Dritten
zu thun ist, werden sie als Geborne angesehen; ein todtgebornes Kind aber wird
in Rücksicht auf die ihm für den Lebensfall vorbehaltenen Rechte so betrachtet,
als wäre es nie empfangen worden.
§. 23. In zweifelhaftem
Falle, ob ein Kind lebendig oder todt geboren worden sey, wird das Erstere
vermuthet. Wer das Gegentheil behauptet, muß es beweisen.
III. Aus dem
Verhältnisse der Abwesenheit.
§. 24. Der Tod eines
Abwesenden wird vermutet:
1. wenn siebzig Jahre
seit seiner Geburt und fünf Jahre seit der letzten Nachricht von seinem Leben,
oder wenn dreißig Jahre seit seiner Geburt und seit der letzten Nachricht zehn
Jahre verstrichen sind – die Fristen von fünf und zehn Jahren vom Schlusse des
letzten Jahres gerechnet, in dem er den vorhandenen Nachrichten zufolge noch
gelebt hat;
2. wenn er im Kriege
schwer verwundet oder als Teilnehmer im Kriege vermißt worden ist und seit
Schluß des Jahres der Beendigung des Krieges drei Jahre verstrichen sind, ohne
daß bis dahin eine Nachricht von seinem Leben eingegangen ist;
3. wenn er auf einem
untergegangenen Schiffe oder in einer andern nahen Todesgefahr gewesen ist und
seit Schluß des Jahres, in das dieses Ereignis fällt, durch drei Jahre vermißt
wird. Der Untergang des Schiffes wird vermutet, wenn es am Orte seiner
Bestimmung nicht eingetroffen oder in Ermanglung eines festen Reisezieles nicht
zurückgekehrt ist und seit der letzten Nachricht drei Jahre verstrichen sind.
Als Tag des Unterganges gilt der letzte Tag dieser Frist.
In allen diesen Fällen
kann die Todeserklärung angesucht werden.
§. 25. Im Zweifel,
welche von zwey oder mehreren verstorbenen Personen zuerst mit Tode abgegangen
sey, muß derjenige, welcher den früheren Todesfall des Einen oder des Anderen
behauptet, seine Behauptung beweisen; kann er dieses nicht, so werden Alle als
zu gleicher Zeit verstorben vermuthet, und es kann von Uebertragung der Rechte
des Einen auf den Anderen keine Rede seyn.
IV. Aus dem
Verhältnisse einer moralischen Person.
§. 26. Die Rechte der
Mitglieder einer erlaubten Gesellschaft unter sich werden durch den Vertrag
oder Zweck und die besonderen für dieselben bestehenden Vorschriften bestimmt.
Im Verhältnisse gegen Andere genießen erlaubte Gesellschaften in der Regel
gleiche Rechte mit den einzelnen Personen. Unerlaubte Gesellschaften haben als
solche keine Rechte, weder gegen die Mitglieder, noch gegen Andere, und sie
sind unfähig, Rechte zu erwerben. Unerlaubte Gesellschaften sind aber
diejenigen, welche durch die politischen Gesetze insbesondere verbothen werden,
oder offenbar der Sicherheit, öffentlichen Ordnung oder den guten Sitten
widerstreiten.
§. 27. In wie fern
Gemeinden in Rücksicht ihrer Rechte unter einer besonderen Vorsorge der
öffentlichen Verwaltung stehen, ist in den politischen Gesetzen enthalten.
V. Aus dem Verhältnisse
eines Staatsbürgers.
§. 28. Den vollen Genuß
der bürgerlichen Rechte erwirbt man durch die Staatsbürgerschaft. Die
Staatsbürgerschaft in diesen Erbstaaten ist Kindern eines Oesterreichischen
Staatsbürgers durch die Geburt eigen.
Wie die
Staatsbürgerschaft erworben;
§. 29. Fremde erwerben
die Oesterreichische Staatsbürgerschaft durch Eintretung in einen öffentlichen
Dienst; durch einen in diesen Staaten vollendeten zehnjährigen ununterbrochenen
Wohnsitz, jedoch unter der Bedingung, daß der Fremde diese Zeit hindurch sich
wegen eines Verbrechens keine Strafe zugezogen habe.
§. 30. Auch ohne
Antretung eines Gewerbes oder Handwerkes, und vor verlaufenen zehn Jahren, kann
die Einbürgerung bey den politischen Behörden angesucht, und von denselben,
nachdem das Vermögen, die Erwerbfähigkeit und das sittliche Betragen des
Ansuchenden beschaffen sind, verliehen werden.
§. 31. Durch die bloße
Inhabung oder zeitliche Benützung eines Landgutes, Hauses oder Grundstückes;
durch die Anlegung eines Handels, einer Fabrik, oder die Theilnahme an einem
von beyden, ohne persönliche Ansässigkeit in einem Lande dieser Staaten, wird
die Oesterreichische Staatsbürgerschaft nicht erworben.
wie sie verloren werde
§. 32. Der Verlust der
Staatsbürgerschaft durch Auswanderung oder durch Verehelichung einer
Staatsbürgerinn an einen Ausländer, wird durch die Auswanderungsgesetze
bestimmt.
Rechte der Fremden.
§. 33. Den Fremden
kommen überhaupt gleiche bürgerliche Rechte und Verbindlichkeiten mit den Eingebornen
zu, wenn nicht zu dem Genusse dieser Rechte ausdrücklich die Eigenschaft eines
Staatsbürgers erfordert wird. Auch müssen die Fremden, um gleiches Recht mit
den Eingebornen zu genießen, in zweifelhaften Fällen beweisen, daß der Staat,
dem sie angehören, die hierländigen Staatsbürger in Rücksicht des Rechtes,
wovon die Frage ist, ebenfalls wie die seinigen behandle.
§. 34. Die persönliche
Fähigkeit der Fremden zu Rechtsgeschäften ist insgemein nach den Gesetzen des
Orts, denen der Fremde vermöge seines Wohnsitzes, oder, wenn er keinen
eigentlichen Wohnsitz hat, vermöge seiner Geburt als Unterthan unterliegt, zu
beurtheilen; in so fern nicht für einzelne Fälle in dem Gesetze etwas Anderes
verordnet ist.
§. 35. Ein von einem
Ausländer in diesem Staate unternommenes Geschäft, wodurch er anderen Rechte
gewähret, ohne dieselben gegenseitig zu verpflichten, ist entweder nach diesem
Gesetzbuche, oder aber nach dem Gesetze, dem der Fremde als Unterthan
unterliegt, zu beurtheilen; je nachdem das eine oder andere Gesetz die
Gültigkeit des Geschäftes am meisten begünstiget.
§. 36. Wenn ein
Ausländer hier Landes ein wechselseitig verbindendes Geschäft mit einem
Staatsbürger eingeht, so wird es ohne Ausnahme nach diesem Gesetzbuche; dafern
er es aber mit einem Ausländer schließt, nur dann nach demselben beurtheilet,
wenn nicht bewiesen wird, daß bey der Abschließung auf ein anderes Recht
Bedacht genommen worden sey.
§. 37. Wenn Ausländer
mit Ausländern, oder mit Unterthanen dieses Staates im Auslande Rechtsgeschäfte
vornehmen, so sind sie nach den Gesetzen des Ortes, wo das Geschäft
abgeschlossen worden ist, zu beurtheilen; dafern bey der Abschließung nicht
offenbar ein anderes Recht zum Grunde gelegt worden ist, und die oben im §. 4.
enthaltene Vorschrift nicht entgegensteht.
§. 38. Die Gesandten,
die öffentlichen Geschäftsträger und die in ihren Diensten stehenden Personen
genießen die in dem Völkerrechte und in den öffentlichen Verträgen gegründeten
Befreyungen.
VI. Personen-Rechte aus
dem Religions-Verhältnisse.
§. 39. Die
Verschiedenheit der Religion hat auf die Privat-Rechte keinen Einfluß, außer in
so fern dieses bey einigen Gegenständen durch die Gesetze insbesondere
angeordnet wird.
VII. Aus dem
Familien-Verhältnisse.
Familie, Verwandtschaft
und Schwägerschaft.
§. 40. Unter Familie
werden die Stammältern mit allen ihren Nachkommen verstanden. Die Verbindung
zwischen diesen Personen wird Verwandtschaft; die Verbindung aber, welche
zwischen einem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten entsteht,
Schwägerschaft genannt.
§. 41. Die Grade der
Verwandtschaft zwischen zwey Personen sind nach der Zahl der Zeugungen,
mittelst welcher in der geraden Linie eine derselben von der anderen, und in
der Seitenlinie beyde von ihrem nächsten gemeinschaftlichen Stamme abhängen, zu
bestimmen. In welcher Linie und in welchem Grade jemand mit dem einen Ehegatten
verwandt ist, in eben der Linie und in eben dem Grade ist er mit dem anderen
Ehegatten verschwägert.
§. 42. Unter den Nahmen
Aeltern werden in der Regel ohne Unterschied des Grades alle Verwandte in der
aufsteigenden; und unter dem Nahmen Kinder, alle Verwandte in der absteigenden
Linie begriffen.
VIII. Schutz des Namens
§. 43. Wird jemandem
das Recht zur Führung seines Namens bestritten oder wird er durch unbefugten
Gebrauch seines Namens (Decknamens) beeinträchtigt, so kann er auf Unterlassung
und bei Verschulden auf Schadenersatz klagen.
Zweytes Hauptstück.
Von dem Eherechte.
Begriff der Ehe,
§. 44. Die
Familien-Verhältnisse werden durch den Ehevertrag gegründet. In dem Ehevertrage
erklären zwey Personen verschiedenen Geschlechtes gesetzmäßig ihren Willen, in
unzertrennlicher Gemeinschaft zu leben, Kinder zu zeugen, sie zu erziehen, und
sich gegenseitig Beystand zu leisten.
und des
Eheverlöbnisses.
§. 45. Ein Eheverlöbniß
oder ein vorläufiges Versprechen, sich zu ehelichen, unter was für Umständen
oder Bedingungen es gegeben oder erhalten worden, zieht keine rechtliche
Verbindlichkeit nach sich, weder zur Schließung der Ehe selbst, noch zur
Leistung desjenigen, was auf den Fall des Rücktrittes bedungen worden ist.
Rechtliche Wirkung des
Rücktrittes vom Eheverlöbnisse.
§. 46. Nur bleibt dem
Theile, von dessen Seite keine gegründete Ursache zu dem Rücktritte entstanden
ist, der Anspruch auf den Ersatz des wirklichen Schadens vorbehalten, welchen
er aus diesem Rücktritte zu leiden beweisen kann.
Regel über die
Fähigkeit zur Schließung einer Ehe.
§. 47. Einen Ehevertrag
kann jedermann schließen, in so fern ihm kein gesetzliches Hinderniß im Wege
steht.
Hindernisse der Ehe:
I) Abgang der
Einwilligung,
a) aus Mangel des
Vermögens zur Einwilligung.
§. 48. Rasende,
Wahnsinnige, Blödsinnige und Unmündige sind außer Stande, einen gültigen
Ehevertrag zu errichten.
§. 49. Minderjährige
oder auch Volljährige, welche aus was immer für Gründen für sich allein keine
gültige Verbindlichkeit eingehen können, sind auch unfähig, ohne Einwilligung
ihres ehelichen Vaters sich gültig zu verehelichen. Ist der Vater nicht mehr am
Leben oder zur Vertretung unfähig; so wird, nebst der Erklärung des
ordentlichen Vertreters, auch die Einwilligung der Gerichtsbehörde zur
Gültigkeit der Ehe erfordert.
§. 50. Minderjährige
von unehelicher Geburt bedürfen zur Gültigkeit ihrer Ehe, nebst der Erklärung
ihres Vormundes, die Einwilligung der Gerichtsbehörde.
§. 51. Einem fremden
Minderjährigen, der sich in diesen Staaten verehelichen will, und die
erforderliche Einwilligung beyzubringen nicht vermag, ist von dem hierländigen
Gerichte, unter welches er nach seinem Stande und Aufenthalte gehören würde,
ein Vertreter zu bestellen, der seine Einwilligung zur Ehe oder seine
Mißbilligung diesem Gerichte zu erklären hat.
§. 52. Wird einem
Minderjährigen oder Pflegebefohlenen die Einwilligung zur Ehe versagt, und
halten sich die Ehewerber dadurch beschwert; so haben sie das Recht, die Hülfe
des ordentlichen Richters anzusuchen.
§. 53. Mangel an dem
nöthigen Einkommen; erwiesene oder gemein bekannte schlechte Sitten;
ansteckende Krankheiten oder dem Zwecke der Ehe hinderliche Gebrechen
desjenigen, mit dem die Ehe eingegangen werden will; sind rechtmäßige Gründe,
die Einwilligung zur Ehe zu versagen.
§. 54. Mit welchen
Militär-Personen oder zum Militär-Körper gehörigen Personen ohne schriftliche
Erlaubniß ihres Regiments, Corps oder überhaupt ihrer Vorgesetzten kein
gültiger Ehevertrag eingegangen werden könne, bestimmen die Militär-Gesetze.
b) aus Mangel der
wirklichen Einwilligung.
§. 55. Die Einwilligung
zur Ehe ist ohne Rechtskraft, wenn sie durch eine gegründete Furcht erzwungen
worden ist. Ob die Furcht gegründet war, muß aus der Größe und
Wahrscheinlichkeit der Gefahr, und aus der Leibes- und Gemüthsbeschaffenheit
der bedrohten Person beurtheilet werden.
§. 56. Die Einwilligung
ist auch dann ungültig, wenn sie von einer entführten und noch nicht in ihre
Freyheit versetzten Person gegeben worden ist.
§. 57. Ein Irrthum
macht die Einwilligung in die Ehe nur dann ungültig, wenn er in der Person des
künftigen Ehegatten vorgegangen ist.
§. 58. Wenn ein Ehemann
seine Gattinn nach der Ehelichung bereits von einem Anderen geschwängert
findet; so kann er, außer dem im §. 121. bestimmten Falle, fordern, daß die Ehe
als ungültig erkläret werde.
§. 59. Alle übrigen
Irrthümer der Ehegatten, so wie auch ihre getäuschten Erwartungen der
vorausgesetzten oder auch verabredeten Bedingungen, stehen der Gültigkeit des
Ehevertrages nicht entgegen.
II. Abgang des
Vermögens zum Zwecke:
a) des physischen
Vermögens;
§. 60. Das
immerwährende Unvermögen, die eheliche Pflicht zu leisten, ist ein
Ehehinderniß, wenn es schon zur Zeit des geschlossenen Ehevertrages vorhanden
war. Ein bloß zeitliches, oder ein erst während der Ehe zugestoßenes, selbst
unheilbares, Unvermögen kann das Band der Ehe nicht auflösen.
b) des sittlichen
Vermögens; wegen Verurtheilung zu einer schweren Criminalstrafe;
§. 61. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
wegen Ehebandes;
§. 62. Ein Mann darf
nur mit einem Weibe, und ein Weib nur mit einem Manne zu gleicher Zeit
vermählet seyn. Wer schon verehelichet war und sich wieder verehelichen will,
muß die erfolgte Trennung, das ist, die gänzliche Auflösung des Ehebandes,
rechtmäßig beweisen.
wegen Weihe oder
Gelübdes;
§. 63. Geistliche,
welche schon höhere Weihen empfangen; wie auch Ordenspersonen von beyden
Geschlechtern, welche feyerliche Gelübde der Ehelosigkeit abgelegt haben,
können keine gültigen Eheverträge schließen.
Religionsverschiedenheit;
§. 64. Eheverträge
zwischen Christen und Personen, welche sich nicht zur christlichen Religion
bekennen, können nicht gültig eingegangen werden.
Verwandtschaft;
§. 65. Zwischen
Verwandten in auf- und absteigender Linie; zwischen voll- und halbbürtigen
Geschwistern; zwischen Geschwisterkindern; wie auch mit den Geschwistern der
Aeltern, nähmlich mit dem Oheim und der Muhme väterlicher und mütterlicher
Seite, kann keine gültige Ehe geschlossen werden; es mag die Verwandtschaft aus
ehelicher oder unehelicher Geburt entstehen.
oder Schwägerschaft;
§. 66. Aus der
Schwägerschaft entsteht das Ehehinderniß, daß der Mann die im §. 65 erwähnten
Verwandten seiner Ehegattinn, und die Gattinn die daselbst erwähnten Verwandten
ihres Mannes nicht ehelichen kann.
wegen Ehebruchs;
§. 67. Eine Ehe
zwischen zwey Personen, die mit einander einen Ehebruch begangen haben, ist
ungültig. Der Ehebruch muß aber vor der geschlossenen Ehe bewiesen seyn.
oder Gattenmordes.
§. 68. Wenn zwey
Personen, auch ohne vorhergegangenen Ehebruch, sich zu ehelichen versprochen
haben, und wenn, um die Absicht zu erreichen, auch nur eine von ihnen dem
Gatten, der ihrer Ehe im Wege stand, nach dem Leben gestellet hat; so kann
zwischen denselben auch dann, wenn der Mord nicht wirklich vollbracht worden
ist, eine gültige Ehe nicht geschlossen werden.
III. Abgang der
wesentlichen Feyerlichkeiten.
Solche sind:
§. 69. Zur Gültigkeit
der Ehe wird auch das Aufgeboth und die feyerliche Erklärung der Einwilligung
gefordert.
a) das Aufgeboth;
§. 70. Das Aufgeboth
besteht in der Verkündigung der bevorstehenden Ehe mit Anführung des
Vornahmens, Familien-Nahmens, Geburtsortes, Standes und Wohnortes beyder
Verlobten, mit der Erinnerung: daß jedermann, dem ein Hinderniß der Ehe bekannt
ist, selbes anzeigen solle. Die Anzeige ist unmittelbar oder mittelst des
Seelsorgers, der die Ehe verkündiget hat, bey demjenigen Seelsorger zu machen,
dem die Trauung zusteht.
§. 71. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 72. Wenn die
Verlobten oder eines von ihnen in dem Pfarrbezirke, in welchem die Ehe
geschlossen werden soll, noch nicht durch sechs Wochen wohnhaft sind; so ist das
Aufgeboth auch an ihrem letzten Aufenthaltsorte, wo sie länger als die eben
bestimmte Zeit gewohnt haben, vorzunehmen, oder die Verlobten müssen ihren
Wohnsitz an dem Orte, wo sie sich befinden, durch sechs Wochen fortsetzen,
damit die Verkündigung ihrer Ehe dort hinreichend sey.
§. 73. Wird binnen
sechs Monathen nach dem Aufgebothe die Ehe nicht geschlossen, so müssen die
drey Verkündigungen wiederhohlt werden.
§. 74. Zur Gültigkeit des
Aufgebothes und der davon abhängenden Gültigkeit der Ehe ist es zwar genug, daß
die Nahmen der Brautleute und ihre bevorstehende Ehe wenigstens Einmahl sowohl
in dem Pfarrbezirke des Bräutigams als der Braut verkündiget worden, und ein in
der Form oder Zahl der Verkündigungen unterlaufener Mangel macht die Ehe nicht
ungültig; es sind aber theils die Brautleute oder ihre Vertreter, theils die
Seelsorger unter angemessener Strafe verpflichtet, dafür zu sorgen, daß alle
hier vorgeschriebene Verkündigungen in der gehörigen Form vorgenommen werden.
b) die feyerliche
Erklärung der Einwilligung.
§. 75. Die feyerliche
Erklärung der Einwilligung muß vor dem ordentlichen Seelsorger eines der
Brautleute, er mag nun, nach Verschiedenheit der Religion, Pfarrer, Pastor oder
wie sonst immer heißen, oder vor dessen Stellvertreter in Gegenwart zweyer
Zeugen geschehen.
§. 76. Die feyerliche
Erklärung der Einwilligung zur Ehe kann mittelst eines Bevollmächtigten
geschehen; doch muß hierzu die Bewilligung der Landesstelle erwirkt und in der
Vollmacht die Person, mit welcher die Ehe einzugehen ist, bestimmt werden. Die
ohne eine solche besondere Vollmacht geschlossene Ehe ist ungültig. Ist die
Vollmacht vor der abgeschlossenen Ehe widerrufen worden, so ist zwar die Ehe
ungültig, aber der Machtgeber für den durch seinen Widerruf verursachten
Schaden verantwortlich.
§. 77. (Anm.:
Aufgehoben durch Art. 3, RGBl 1869/Nr. 4.)
§. 78. Wenn Verlobte
das schriftliche Zeugniß von der vollzogenen ordentlichen Verkündigung; oder,
wenn die in den §§. 49, 50, 51, 52 und 54 erwähnten Personen die zu ihrer
Verehelichung erforderliche Erlaubniß; wenn ferner diejenigen, deren
Volljährigkeit nicht offenbar am Tage liegt, den Taufschein oder das
schriftliche Zeugniß ihrer Volljährigkeit nicht vorweisen können; oder, wenn
ein anderes Ehehinderniß rege gemacht wird; so ist es dem Seelsorger bey
schwerer Strafe verbothen, die Trauung vorzunehmen, bis die Verlobten die
nothwendigen Zeugnisse beygebracht und alle Anstände gehoben haben.
§. 79. Finden die Verlobten
sich durch die Verweigerung der Trauung gekränkt, so können sie ihre Beschwerde
der Landesstelle, und in den Orten, wo keine Landesstelle ist, dem Kreisamte
vorlegen.
§. 80. Zu einem
dauerhaften Beweise des geschlossenen Ehevertrages sind die Pfarrvorsteher
verbunden, denselben in das besonders dazu bestimmte Trauungsbuch eigenhändig
einzutragen. Es muß der Vor- und Familien-Nahme, das Alter, die Wohnung, so wie
auch der Stand der Ehegatten, mit der Bemerkung, ob sie schon verehelichet
waren oder nicht; der Vor- und Familien-Nahme, dann der Stand ihrer Aeltern und
der Zeugen; ferner, der Tag, an welchem die Ehe geschlossen worden; endlich
auch der Nahme des Seelsorgers, vor welchem die Einwilligung feyerlich erklärt
worden ist, deutlich angeführet, und die Urkunden, wodurch die vorgekommenen
Anstände gehoben worden, angedeutet werden.
§. 81. Soll die Ehe an
einem dritten Orte, dem keine der verlobten Personen eingepfarret ist,
geschlossen werden, so muß der ordentliche Seelsorger gleich bey der Ausfertigung
der Urkunde, wodurch er einen Anderen zu seinem Stellvertreter benennet, diesen
Umstand mit Benennung des Ortes, wo und vor welchem Seelsorger die Ehe
geschlossen werden soll, in das Trauungsbuch seiner Pfarre eintragen.
§. 82. Der Seelsorger
des Ortes, wo die Ehe eingegangen wird, muß die geschehende Abschließung der
Ehe in das Trauungsbuch seiner Pfarre mit dem Beysatze, von welchem Pfarrer er
zum Stellvertreter ernannt worden, ebenfalls eintragen, und die Abschließung
der Ehe dem Pfarrer, von welchem er berechtiget worden ist, binnen acht Tagen
anzeigen.
Dispensation von
Ehehindernissen.
§. 83. Aus wichtigen
Gründen kann die Nachsicht von Ehehindernissen bey der Landesstelle angesuchet
werden, welche nach Beschaffenheit der Umstände sich in das weitere Vernehmen
zu setzen hat.
§. 84. Vor Abschließung
der Ehe ist die Nachsicht über Ehehindernisse von den Parteyen selbst und unter
eigenem Nahmen anzusuchen. Wenn sich aber nach schon geschlossener Ehe ein
vorher unbekanntes auflösliches Hinderniß äußern sollte, können sich die
Parteyen auch durch ihre Seelsorger, und mit Verschweigung ihres Nahmens, an
die Landesstelle um Nachsicht wenden.
§. 85. In den Orten, wo
keine Landesstelle ist, wird den Kreisämtern die Macht ertheilet, aus wichtigen
Ursachen die zweyte und dritte Verkündigung nachzusehen.
§. 86. Unter dringenden
Umständen kann von der Landesstelle oder dem Kreisamte, und wenn eine
bestätigte nahe Todesgefahr keinen Verzug gestattet, auch von der Ortsobrigkeit
das Aufgeboth gänzlich nachgesehen werden; doch müssen die Verlobten eidlich
betheuern, daß ihnen kein ihrer Ehe entgegen stehendes Hinderniß bekannt sey.
§. 87. Die Nachsicht
von allen drey Verkündigungen ist gegen Ablegung des erwähnten Eides auch dann
zu ertheilen, wenn zwey Personen getrauet werden wollen, von denen schon vorhin
allgemein vermuthet ward, daß sie mit einander verehelichet seyn. In diesem
Falle kann bey der Landesstelle die Nachsicht von dem Seelsorger mit
Verschweigung der Nahmen der Parteyen angesuchet werden.
§. 88. Wenn von einem
bey Schließung der Ehe bestandenen Hindernisse die Nachsicht ertheilet wird,
muß, ohne Wiederhohlung des Aufgebothes, abermahl die Einwilligung vor dem
Seelsorger und zwey vertrauten Zeugen erkläret und die feyerliche Handlung in
dem Trauungsbuche angemerkt werden. Ist diese Vorschrift beobachtet worden, so
ist eine solche Ehe so zu betrachten, als wäre sie ursprünglich gültig
geschlossen worden.
Wirkung der gültigen
Ehe:
Rechte und
Verbindlichkeiten der Ehegatten;
§. 89. Die Rechte und
Verbindlichkeiten der Ehegatten entstehen aus dem Zwecke ihrer Vereinigung, aus
dem Gesetze und den geschlossenen Verabredungen. Hier werden nur die
Personen-Rechte der Ehegatten; hingegen die aus den Ehe-Pacten entspringenden
Sachenrechte in dem zweyten Theile bestimmt.
gemeinschaftliche;
§. 90. Vor Allem haben
beyde Theile eine gleiche Verbindlichkeit zur ehelichen Pflicht, Treue und
anständigen Begegnung.
besondere des
Ehemannes;
§. 91. Der Mann ist das
Haupt der Familie. In dieser Eigenschaft steht ihm vorzüglich das Recht zu, das
Hauswesen zu leiten; es liegt ihm aber auch die Verbindlichkeit ob, der
Ehegattinn nach seinem Vermögen den anständigen Unterhalt zu verschaffen, und
sie in allen Vorfällen zu vertreten.
der Ehegattinn.
§. 92. Die Gattinn
erhält den Nahmen des Mannes und genießt die Rechte seines Standes. Sie ist
verbunden, dem Manne in seinem Wohnsitz zu folgen, in der Haushaltung und
Erwerbung nach Kräften beyzustehen, und so weit es die häusliche Ordnung
erfordert, die von ihm getroffenen Maßregeln sowohl selbst zu befolgen als
befolgen zu machen.
Aufhebung der ehelichen
Gemeinschaft.
§. 93. Den Ehegatten
ist keineswegs gestattet, die eheliche Verbindung, ob sie gleich unter sich
darüber einig wären, eigenmächtig aufzuheben; sie mögen nun die Ungültigkeit
der Ehe behaupten, oder die Trennung der Ehe, oder auch nur eine Scheidung von
Tisch und Bett vornehmen wollen.
I. Scheinbare durch
Erklärung der ursprünglichen Ungültigkeit. Art der Einleitung,
§. 94. Die Ungültigkeit
einer Ehe, welcher eines der in den §§. 56, 62, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 75, und
119 angeführten Hindernisse im Wege steht, ist von Amts wegen zu untersuchen.
In allen übrigen Fällen muß das Ansuchen derjenigen, welche durch die mit dem
Hindernisse geschlossene Ehe in ihren Rechten gekränkt worden sind, abgewartet
werden.
§. 95. Der Ehegatte,
welcher den unterlaufenen Irrthum in der Person, oder die Furcht, in welche der
andere Theil gesetzt worden ist, gewußt; ferner, der Gatte, welcher den
Umstand, daß er nach den §§. 49, 50, 51, 52 und 54 für sich allein keine
gültige Ehe schließen kann, verschwiegen, oder die ihm erforderliche
Einwilligung fälschlich vorgewendet hat, kann aus seiner eigenen
widerrechtlichen Handlung, die Gültigkeit der Ehe nicht bestreiten.
§. 96. Ueberhaupt hat
nur der schuldlose Theil das Recht, zu verlangen, daß der Ehevertrag ungültig
erklärt werde; er verliert aber dieses Recht, wenn er nach erlangter Kenntniß
des Hindernisses, die Ehe fortgesetzt hat. Eine von einem Minderjährigen oder
Pflegebefohlenen eigenmächtig geschlossene Ehe kann von dem Vater oder der
Vormundschaft nur in so lange, als die väterliche Gewalt oder Vormundschaft
dauert, bestritten werden.
und der Verhandlung;
§. 97. Die Verhandlung
über die Ungültigkeit einer Ehe steht nur dem Landrechte des Bezirkes zu, worin
die Ehegatten ihren ordentlichen Wohnsitz haben. Von dem Landrechte ist das
Fiscal-Amt, oder ein anderer verständiger und rechtschaffener Mann zur
Erforschung der Umstände und zur Vertheidigung der Ehe zu bestellen, um die
wahre Beschaffenheit der Sache selbst dann, wenn auf Begehren einer Partey die
Verhandlung vorgenommen wird, von Amts wegen zu erheben.
§. 98. Wenn das
Hinderniß gehoben werden kann, soll das Landrecht trachten, durch die hierzu
nothwendige Einleitung und das Einverständniß der Parteyen es zu bewirken; wenn
aber dieses nicht möglich ist, so soll das Landrecht über die Gültigkeit der
Ehe erkennen.
§. 99. Die Vermuthung
ist immer für die Gültigkeit der Ehe. Das angeführte Ehehinderniß muß also
vollständig bewiesen werden, und weder das übereinstimmende Geständniß beyder
Ehegatten hat hier die Kraft eines Beweises, noch kann darüber einem Eide der
Ehegatten Statt gegeben werden.
insbesondere wegen
Unvermögens.
§. 100. Insbesondere
ist in dem Falle, daß ein vorhergegangenes und immerwährendes Unvermögen, die
eheliche Pflicht zu leisten, behauptet wird, der Beweis durch Sachverständige,
nähmlich, durch erfahrene Aerzte und Wundärzte, und nach Umständen auch durch
Hebammen zu führen.
§. 101. Läßt sich mit
Zuverlässigkeit nicht bestimmen, ob das Unvermögen ein immerwährendes oder bloß
zeitliches sey, so sind die Ehegatten noch durch Ein Jahr zusammen zu wohnen
verbunden, und hat das Unvermögen diese Zeit hindurch angehalten, so ist die
Ehe für ungültig zu erklären.
§. 102. Zeigt sich aus
der Verhandlung des Streites über die Gültigkeit der Ehe, daß einem Theile,
oder daß beyden Theilen das Ehehinderniß vorher bekannt war, und daß sie es
vorsetzlich verschwiegen haben; so sind die Schuldigen mit der in dem
Strafgesetze über schwere Polizey-Uebertretungen bestimmten Strafe zu belegen.
Ist ein Theil schuldlos, so bleibt es ihm heimgestellt, Entschädigung zu
fordern. Sind endlich in einer solchen Ehe Kinder erzeugt worden, so muß für
dieselben nach jenen Grundsätzen gesorgt werden, welche in dem Hauptstücke von
den Pflichten der Aeltern festgesetzt sind.
II. Wirkliche
Aufhebung; a) zeitliche Scheidung; mit Einverständniß;
§. 103. Die Scheidung
von Tisch und Bett muß den Ehegatten, wenn sich beyde dazu verstehen, und über
die Bedingungen einig sind, von dem Gerichte unter der nachfolgenden Vorsicht
gestattet werden.
§. 104. Den Ehegatten
liegt zuerst ob, ihren Entschluß zur Scheidung sammt den Bewegungsgründen ihrem
Pfarrer zu eröffnen. Des Pfarrers Pflicht ist, die Ehegatten an das
wechselseitig bey der Trauung gemachte feyerliche Versprechen zu erinnern, und
ihnen die nachtheiligen Folgen der Scheidung mit Nachdruck an das Herz zu
legen. Diese Vorstellungen müssen zu drey verschiedenen Mahlen wiederhohlet werden.
Sind sie ohne Wirkung, so muß der Pfarrer den Parteyen ein schriftliches
Zeugniß ausstellen, daß sie der drey Mahl geschehenen Vorstellungen ungeachtet,
bey dem Verlangen, sich zu scheiden verharren.
§. 105. Beyde Ehegatten
haben mit Beylegung dieses Zeugnisses das Scheidungsgesuch bey ihrem
ordentlichen Gerichte anzubringen. Das Gericht soll sie persönlich vorrufen,
und wenn sie vor demselben bestätigen, daß sie über ihre Scheidung sowohl als
über die Bedingungen in Absicht auf Vermögen und Unterhalt mit einander
verstanden sind, ohne weitere Erforschung, die verlangte Scheidung bewilligen
und selbe bey den Gerichts-Acten vermerken. Sind Kinder vorhanden, so ist das
Gericht verbunden, für dieselben nach den in dem folgenden Hauptstücke
enthaltenen Vorschriften zu sorgen.
§. 106. Ein
minderjähriger oder pflegebefohlener Ehegatte kann zwar für sich selbst in die
Scheidung einwilligen; aber zu dem Uebereinkommen in Absicht auf das Vermögen
der Ehegatten und den Unterhalt, so wie auch in Rücksicht auf die Versorgung
der Kinder, ist die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und des
vormundschaftlichen Gerichtes nothwendig.
Ohne Einverständniß;
§. 107. Will ein Theil
in die Scheidung nicht einwilligen, und hat der andere Theil rechtmäßige
Gründe, auf dieselbe zu dringen; so müssen auch in diesem Falle die gütlichen
Vorstellungen des Pfarrers vorausgehen. Sind sie fruchtlos, oder weigert sich
der beschuldigte Theil bey dem Pfarrer zu erscheinen, dann ist das Begehren mit
des Pfarrers Zeugniß und den nöthigen Beweisen bey dem ordentlichen Gerichte
einzureichen, welches die Sache von Amts wegen zu untersuchen und darüber zu
erkennen hat. Der Richter kann dem gefährdeten Theile auch noch vor der
Entscheidung einen abgesonderten anständigen Wohnort bewilligen.
§. 108. Streitigkeiten,
welche bey einer ohne Einwilligung des anderen Ehegatten angesuchten Scheidung
über die Absonderung des Vermögens oder die Versorgung der Kinder entstehen,
sind nach der nähmlichen Vorschrift zu behandeln, welche unten im §. 117 in Rücksicht
auf die Trennung der Ehe, ertheilet wird.
§. 109. Wichtige
Gründe, aus denen auf die Scheidung erkannt werden kann, sind: Wenn der
Geklagte eines Ehebruches oder eines Verbrechens schuldig erkläret worden ist;
wenn er den klagenden Ehegatten boßhaft verlassen oder einen unordentlichen
Lebenswandel geführt hat, wodurch ein beträchtlicher Theil des Vermögens des
klagenden Ehegatten oder die guten Sitten der Familie in Gefahr gesetzt werden;
ferner dem Leben oder der Gesundheit gefährliche Nachstellungen; schwere
Mißhandlungen, oder nach dem Verhältnisse der Personen, sehr empfindliche,
wiederhohlte Kränkungen; anhaltende, mit Gefahr der Ansteckung verbundene
Leibesgebrechen.
Art der
Wiedervereinigung.
§. 110. Geschiedenen
Ehegatten steht es frey, sich wieder zu vereinigen; doch muß die Vereinigung
bey dem ordentlichen Gerichte angezeigt werden. Wollen die Ehegatten nach einer
solchen Vereinigung wieder geschieden werden; so haben sie eben das zu
beobachten, was in Rücksicht der ersten Scheidung vorgeschrieben ist.
b) gänzliche Trennung;
bey Katholiken durch den Tod,
§. 111. Das Band einer
gültigen Ehe kann zwischen katholischen Personen nur durch den Tod des einen
Ehegatten getrennt werden. Eben so unauflöslich ist das Band der Ehe, wenn auch
nur Ein Theil schon zur Zeit der geschlossenen Ehe der katholischen Religion
zugethan war.
und die Todeserklärung;
§. 112. Der bloße
Verlauf der in dem §. 24 zur Todeserklärung bestimmten Zeit, binnen welcher ein
Ehegatte abwesend ist, gibt zwar dem anderen Theile noch kein Recht, die Ehe
für aufgelöset zu halten und zu einer anderen Ehe zu schreiten; wann aber diese
Abwesenheit mit solchen Umständen begleitet sey, welche keinen Grund zu
zweifeln übrig lassen, daß der Abwesende verstorben ist, so kann bey dem
Landrechte des Bezirkes, wo der zurückgelassene Ehegatte seinen Wohnsitz hat,
die gerichtliche Erklärung, daß der Abwesende für todt zu halten und die Ehe
getrennt sey, angesuchet werden.
§. 113. Nach diesem
Gesuche wird ein Curator, zur Erforschung des Abwesenden aufgestellt, und der
Abwesende durch ein auf ein ganzes Jahr gestelltes, und drey Mahl den
öffentlichen, nach Umständen auch den ausländischen Zeitungsblättern
einzurückendes Edict mit dem Beysatze vorgeladen, daß das Gericht, wenn er
während dieser Zeit nicht erscheint, oder selbes auf andere Art in die Kenntniß
seines Lebens setzt, zur Todeserklärung schreiten werde.
§. 114. Ist dieser
Zeitraum fruchtlos verstrichen, so ist auf wiederhohltes Ansuchen des
verlassenen Ehegatten das Fiscal-Amt oder ein anderer rechtschaffener und
sachverständiger Mann zur Vertheidigung des Ehebandes zu bestellen und nach
gepflogener Verhandlung zu erkennen, ob das Gesuch zu verwilligen sey oder
nicht. Die Bewilligung ist der Partey nicht sogleich kund zu machen, sondern
durch das Obergericht zur höchsten Schlußfassung vorzulegen.
bey andern christlichen
Religions-Verwandten.
§. 115. Nicht
katholischen christlichen Religions-Verwandten gestattet das Gesetz nach ihren Religions-Begriffen
aus erheblichen Gründen, die Trennung der Ehe zu fordern. Solche Gründe sind:
Wenn der Ehegatte sich eines Ehebruches oder eines Verbrechens, welches die
Verurtheilung zu einer wenigstens fünfjährigen Kerkerstrafe nach sich gezogen,
schuldig gemacht; wenn ein Ehegatte den anderen boßhaft verlassen hat, und
falls sein Aufenthaltsort unbekannt ist, auf öffentliche gerichtliche Vorladung
innerhalb eines Jahres nicht erschienen ist; dem Leben oder der Gesundheit
gefährliche Nachstellungen; wiederhohlte schwere Mißhandlungen; eine
unüberwindliche Abneigung, welcher wegen beyde Ehegatten die Auflösung der Ehe
verlangen; doch muß in dem letzten Falle die Trennung der Ehe nicht sogleich
verwilliget, sondern erst eine Scheidung von Tisch und Bett, und zwar nach
Beschaffenheit der Umstände, auch zu wiederhohlten Mahlen versuchet werden.
Uebrigens ist in allen diesen Fällen nach eben den Vorschriften zu handeln,
welche für die Untersuchung und Beurtheilung einer ungültigen Ehe gegeben sind.
§. 116. Das Gesetz
gestattet dem nicht katholischen Ehegatten aus den angeführten Gründen die
Trennung zu verlangen, obschon der andere Theil zur katholischen Religion
übergetreten ist.
Auseinandersetzung des
Vermögens.
§. 117. Wenn sich bey
einer Trennung der Ehe Streitigkeiten äußern, welche sich auf einen weiter
geschlossenen Vertrag, auf die Absonderung des Vermögens, auf den Unterhalt der
Kinder, oder auf andere Forderungen und Gegenforderungen beziehen; soll der
ordentliche Richter allezeit vorläufig einen Versuch machen, diese
Streitigkeiten durch Vergleich beyzulegen. Sind aber die Parteyen zu einem
Vergleiche nicht zu bewegen, so hat er sie auf ein ordentliches Verfahren
anzuweisen, worüber nach den in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthaltenen
Vorschriften zu entscheiden, inzwischen aber der Ehegattinn und den Kindern der
anständige Unterhalt auszumessen ist.
Art der
Wiedervereinigung.
§. 118. Wenn die
getrennten Ehegatten sich wieder vereinigen wollen, so muß die Vereinigung als
eine neue Ehe betrachtet und mit allen zur Schließung eines Ehevertrages nach
dem Gesetze erforderlichen Feyerlichkeiten eingegangen werden.
Beschränkung und
Vorsichten in Rücksicht der Wiederverehelichung.
§. 119. Den Getrennten
wird zwar überhaupt gestattet, sich wieder zu verehelichen; doch kann mit
denjenigen, welche vermöge der bey der Trennung vorgelegenen Beweise durch
Ehebruch, durch Verhetzungen, oder auf eine andere sträfliche Art die
vorgegangene Trennung veranlasset haben, keine gültige Ehe geschlossen werden.
§. 120. Wenn eine Ehe
für ungültig erklärt, getrennt, oder durch des Mannes Tod aufgelöset wird; so
kann die Frau, wenn sie schwanger ist, nicht vor ihrer Entbindung, und, wenn
über ihre Schwangerschaft ein Zweifel entsteht, nicht vor Ablauf des 180.
Tages, zu einer neuen Ehe schreiten; wenn aber nach den Umständen oder nach dem
Zeugnisse der Sachverständigen eine Schwangerschaft nicht wahrscheinlich ist;
so kann nach Ablauf dreyer Monathe in der Hauptstadt von der Landesstelle, und
auf dem Lande von dem Kreisamte die Dispensation ertheilet werden.
§. 121. Die
Uebertretung dieses Gesetzes (§. 120) zieht zwar nicht die Ungültigkeit der Ehe
nach sich; allein die Frau verliert die ihr von dem vorigen Manne durch
Ehe-Pacten, Erbvertrag, letzten Willen, oder durch das Uebereinkommen bey der
Trennung zugewendeten Vortheile; der Mann aber, mit dem sie die zweyte Ehe
schließt, verliert das ihm außer diesem Falle durch den §. 58 zukommende Recht,
die Ehe für ungültig erklären zu lassen, und beyde Ehegatten sind mit einer den
Umständen angemessenen Strafe zu belegen. Wird in einer solchen Ehe ein Kind
geboren, und es ist wenigstens zweifelhaft, ob es nicht von dem vorigen Manne
gezeugt worden sey; so ist demselben ein Curator zur Vertretung seiner Rechte
zu bestellen.
§. 122. Wenn eine Ehe
für ungültig erkannt, oder für getrennt erklärt wird; so soll dieser Erfolg in
dem Trauungsbuche an der Stelle, wo die Trauung eingetragen ist, angemerkt, und
zu dem Ende von dem Gerichte, wo die Verhandlung über die Ungültigkeit oder
Trennung vor sich gegangen ist, die Erinnerung an die Behörde, welche für die
Richtigkeit des Trauungsbuches zu sorgen hat, erlassen werden.
Ausnahmen der
Judenschaft;
§. 123. Bey der
Judenschaft haben mit Rücksicht auf ihr Religions-Verhältniß nachstehende
Abweichungen von dem in diesem Hauptstück allgemein bestehenden Eherechte
Statt.
a) in Rücksicht der
Ehehindernisse;
§. 124. (Anm.:
Aufgehoben durch § 1, RGBl 1859/Nr. 217.)
§. 125. Das
Ehehinderniß der Verwandtschaft erstrecket sich unter Seitenverwandten bey der
Judenschaft nicht weiter, als auf die Ehe zwischen Bruder und Schwester, dann
zwischen der Schwester und einem Sohne oder Enkel ihres Bruders oder ihrer
Schwester; das Ehehinderniß der Schwägerschaft aber wird auf nachstehende
Personen beschränket: Nach aufgelöster Ehe ist der Mann nicht befugt, eine
Verwandte seines Weibes in auf- und absteigender Linie, noch auch seines Weibes
Schwester; und das Weib ist nicht befugt, einen Verwandten ihres Mannes in auf-
und absteigender Linie, noch auch ihres Mannes Bruder, noch einen Sohn oder
Enkel von ihres Mannes Bruder oder Schwester zu ehelichen.
b) der Verkündigung.
§. 126. Die
Verkündigung der Judenehen muß in der Synagoge oder in dem gemeinschaftlichen
Bethhause; wo aber kein solches besteht, von der Ortsobrigkeit an die Haupt-
und besondere Gemeinde, welcher ein und der andere verlobte Theil einverleibt
ist, nach drey nach einander folgenden Sabbath- oder Feyer-Tagen mit
Beobachtung der in den §§. 70-73 ertheilten Vorschriften geschehen. Die
Nachsicht von den Verkündigungen ist nach den Vorschriften der §§. 83-88 zu
erlangen.
c) der Trauung;
§. 127. Die Trauung muß
von dem Rabbiner oder Religions-Lehrer (Religions-Weiser) der Hauptgemeinde des
einen oder anderen verlobten Theiles, nachdem sie sich mit den erforderlichen
Zeugnissen ausgewiesen haben, in Gegenwart zweyer Zeugen vollzogen werden. Der
Rabbiner oder Religions-Lehrer kann auch den Rabbiner oder Religions-Lehrer
einer anderen Gemeinde zur Trauung bestellen.
§. 128. Die vollzogene
Trauungshandlung hat der ordentliche Rabbiner oder Religions-Lehrer in der
Landessprache in das Trauungsbuch auf die in den §§. 80-82 vorgeschriebene
Weise einzutragen, die von den Verlobten beygebrachten nothwendigen Zeugnisse
mit der Reihenzahl, unter welcher die Getrauten dem Trauungsbuche einverleibt
worden sind, zu bezeichnen, und dem Trauungsbuche anzuheften.
§. 129. Eine Judenehe,
welche ohne Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften geschlossen wird, ist
ungültig.
§. 130. Verlobte, oder
Rabbiner und Religions-Lehrer, welche den erwähnten Vorschriften zuwider
handeln, dann diejenigen, welche ohne die ordentliche Bestellung eine Trauung
vornehmen, werden nach dem §. 252 des zweyten Theiles des Strafgesetzes
bestraft.
§. 131. Die Rabbiner
oder Religions-Lehrer, welche die Trauungsbücher nicht nach der Vorschrift des
Gesetzes führen, sind mit einer angemessenen Geld- oder Leibesstrafe zu
belegen, von ihrem Amte zu entfernen, und für immer als unfähig zu demselben zu
erklären.
d) der Scheidung.
§. 132. Bey der
Scheidung von Tisch und Bett gelten auch in Rücksicht der jüdischen Ehegatten
die allgemeinen Vorschriften; sie haben sich daher gleichfalls an den Rabbiner
oder Religions-Lehrer zu wenden, und dieser die oben ertheilte Anordnung zu
beobachten (§. 104-110).
e) der Trennung;
§. 133. Eine gültig
geschlossene Ehe der Juden kann mit ihrer wechselseitigen freyen Einwilligung
vermittelst eines von dem Manne der Frau gegebenen Scheidebriefs getrennet
werden; jedoch müssen sich die Ehegatten zuerst ihrer Trennung wegen bey ihrem
Rabbiner oder Religions-Lehrer melden, welcher die nachdrücklichsten
Vorstellungen zur Wiedervereinigung zu versuchen, und nur dann, wenn der
Versuch fruchtlos ist, ihnen ein schriftliches Zeugniß auszustellen hat, daß er
die ihm auferlegte Pflicht erfüllet, ungeachtet aller seiner Bemühungen aber
die Parteyen von dem Entschlusse abzubringen, nicht vermocht habe.
§. 134. Mit diesem
Zeugnisse müssen beyde Ehegatten vor dem Landrechte des Bezirkes, in welchem sie
ihren Wohnsitz haben, erscheinen. Findet diese Behörde aus den Umständen, daß
zu der Wiedervereinigung noch einige Hoffnung vorhanden ist, so soll sie die
Ehescheidung nicht sogleich bewilligen, sondern die Ehegatten auf ein oder zwey
Monathe zurückweisen. Nur wenn auch dieses fruchtlos oder gleich Anfangs keine
Hoffnung zur Wiedervereinigung wäre, soll das Landrecht gestatten, daß der Mann
den Scheidebrief der Frau übergebe, und wenn sich beyde Theile nochmahls vor
Gericht erkläret haben, daß sie den Scheidebrief mit freyer Einwilligung zu
geben und zu nehmen entschlossen sind; soll der Scheidebrief für rechtsgültig
gehalten und dadurch die Ehe aufgelöset werden.
§. 135. Wenn die
Ehegattinn einen Ehebruch begangen hat, und die That erwiesen wird, so steht
dem Manne das Recht zu, sie auch wider ihren Willen durch einen Scheidebrief
von sich zu entlassen. Die auf die Trennung der Ehe gegen die Frau gestellte
Klage aber muß bey dem Landrechte des Bezirkes, in welchem die Ehegatten ihren
ordentlichen Wohnsitz haben, angebracht, und gleich einer anderen Streitsache
behandelt werden.
§. 136. Durch den
Uebertritt eines jüdischen Ehegatten zur christlichen Religion wird die Ehe
nicht aufgelöset, sie kann aber aus den eben (§. 133-135) angeführten Ursachen
aufgelöset werden.
Drittes Hauptstück.
Von den Rechten
zwischen Aeltern und Kindern.
Ursprung des
Rechtsverhältnisses zwischen ehelichen Aeltern und Kindern.
§. 137. Wenn aus einer
Ehe Kinder geboren werden, so entsteht ein neues Rechtsverhältniß; es werden
dadurch Rechte und Verbindlichkeiten zwischen den ehelichen Aeltern und Kindern
gegründet.
Gesetzliche Bestimmung
der ehelichen Geburt.
§. 138. Für diejenigen
Kinder, welche nach Ablauf von 180 Tagen nach geschlossener Ehe und vor Ablauf
des 300. Tages, entweder nach dem Tode des Mannes, oder nach gänzlicher
Auflösung des ehelichen Bandes von der Gattinn geboren werden, streitet die
Vermuthung der ehelichen Geburt.
Gemeinschaftliche
Rechte und Pflichten der Aeltern.
§. 139. Die Aeltern
haben überhaupt die Verbindlichkeit, ihre ehelichen Kinder zu erziehen, das
ist, für ihr Leben und ihre Gesundheit zu sorgen, ihnen den anständigen
Unterhalt zu verschaffen, ihre körperlichen und Geisteskräfte zu entwickeln,
und durch Unterricht in der Religion und in nützlichen Kenntnissen den Grund zu
ihrer künftigen Wohlfahrt zu legen.
§. 140. In was für
einer Religion ein Kind, dessen Aeltern in dem Religions-Bekenntnisse nicht
übereinstimmen, zu erziehen, und in welchem Alter ein Kind zu einer anderen
Religion, als in der es erzogen worden ist, sich zu bekennen berechtiget sey,
bestimmen die politischen Vorschriften.
§. 141. Es ist
vorzüglich die Pflicht des Vaters, so lange für den Unterhalt der Kinder zu
sorgen, bis sie sich selbst ernähren können. Die Pflege ihres Körpers und ihrer
Gesundheit ist hauptsächlich die Mutter auf sich zu nehmen verbunden.
§. 142. Wenn bei
Scheidung oder Trennung der Ehe die Ehegatten nicht mit Zustimmung des
Gerichtes eine Vereinbarung über die Pflege und Erziehung der Kinder getroffen
haben, so hat das Gericht unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse
des Falles mit Bedacht auf die Interessen der Kinder, auf Beruf, Persönlichkeit
und Eigenschaften der Ehegatten und auf die Ursachen der Scheidung oder
Trennung zu entscheiden, ob alle oder welche Kinder dem Vater oder der Mutter
zu überlassen sind. Der andere Ehegatte behält dessenungeachtet die Befugnis,
mit dem Kinde persönlich zu verkehren. Das Gericht kann den Verkehr näher
regeln. Die Kosten der Erziehung sind vom Vater zu tragen.
Bei geänderten
Verhältnissen kann das Gericht ohne Rücksicht auf seine früheren Anordnungen
oder die Vereinbarungen der Ehegatten die im Interesse der Kinder notwendigen
neuen Anordnungen treffen.
§. 143. Wenn der Vater
mittellos ist, muß vor Allem die Mutter für den Unterhalt, und wenn der Vater
stirbt, überhaupt für die Erziehung der Kinder sorgen. Ist die Mutter auch
nicht mehr vorhanden, oder ist sie mittellos, so fällt diese Sorge auf die
väterlichen Großältern, und nach diesen auf die Großältern von der mütterlichen
Seite.
§. 144. Die Aeltern
haben das Recht, einverständlich die Handlungen ihrer Kinder zu leiten; die
Kinder sind ihnen Ehrfurcht und Gehorsam schuldig.
§. 145. Die Aeltern
sind berechtiget, vermißte Kinder aufzusuchen, entwichene zurück zu fordern,
und flüchtige mit obrigkeitlichem Beystande zurück zu bringen; sie sind auch
befugt, unsittliche, ungehorsame, oder die häusliche Ordnung und Ruhe störende
Kinder auf eine nicht übertriebene und ihrer Gesundheit unschädliche Art zu
züchtigen.
§. 146. Die Kinder
erlangen den Nahmen ihres Vaters, sein Wapen und alle übrige nicht bloß
persönliche Rechte seiner Familie und seines Standes.
Besondere Rechte des
Vaters: Väterliche Gewalt.
§. 147. Die Rechte,
welche vorzüglich dem Vater als Haupt der Familie zustehen, machen die
väterliche Gewalt aus.
Folgen derselben, a) in
Rücksicht der Standeswahl der Kinder;
§. 148. Der Vater kann
sein noch unmündiges Kind zu dem Stande, welchen er für dasselbe angemessen
findet, erziehen; aber nach erreichter Mündigkeit kann das Kind, wenn es sein
Verlangen nach einer anderen, seiner Neigung und seinen Fähigkeiten mehr
angemessenen Berufsart dem Vater fruchtlos vorgetragen hat, sein Gesuch vor das
ordentliche Gericht bringen, welches mit Rücksicht auf den Stand, auf das Vermögen
und die Einwendungen des Vaters von Amts wegen darüber zu erkennen hat.
b) des Vermögens;
§. 149. Alles, was die
Kinder auf was immer für eine gesetzmäßige Art erwerben, ist ihr Eigenthum; so
lange sie aber unter der väterlichen Gewalt stehen, kommt dem Vater die
Verwaltung zu. Nur wenn der Vater zur Verwaltung unfähig, oder von denjenigen,
die seinen Kindern das Vermögen zugewendet haben, von derselben ausgeschlossen
worden ist, ernennt das Gericht einen anderen Verwalter.
§. 150. Von den
Einkünften des Vermögens sind, so weit sie reichen, die Erziehungskosten zu
bestreiten. Ergibt sich dabey ein Ueberschuß, so muß er angelegt, und darüber
jährlich Rechnung gelegt werden. Nur dann, wenn dieser Ueberschuß gering wäre,
kann der Vater von Legung einer Rechnung freygesprochen, und ihm derselbe zur
freywilligen Verwendung überlassen werden. Wird dem Vater von demjenigen, dem
das Kind das Vermögen zu verdanken hat, die Fruchtnießung verwilliget; so
haften die Einkünfte doch immer für den standesmäßigen Unterhalt des Kindes,
und sie können zum Abbruche desselben von den Gläubigern des Vaters nicht in
Beschlag genommen werden.
§. 151. Ueber das, was
ein obgleich minderjähriges, jedoch außer der Verpflegung der Aeltern stehendes
Kind durch seinen Fleiß erwirbt, so wie auch über Sachen, die einem Kinde nach
erreichter Mündigkeit zum Gebrauche übergeben worden sind, kann es frey
verfügen.
c) der Verpflichtung
der Kinder.
§. 152. Die unter
väterlicher Gewalt stehenden Kinder können ohne ausdrückliche oder doch stillschweigende
Einwilligung des Vaters keine gültige Verpflichtung eingehen. Ein außer der
Verpflegung der Eltern stehendes Kind kann sich jedoch selbständig durch
Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten. Auf solche Verpflichtungen, sowie auf
die Verpflichtung Minderjähriger überhaupt ist dasjenige anzuwenden, was in dem
nächsten Hauptstücke (§§ 246 bis 248) über die verbindlichen Handlungen der
unter Vormundschaft Stehenden bestimmt wird. Dem Vater kommt auch die Pflicht
zu, seine minderjährigen Kinder zu vertreten.
§. 153. Die
Vorschriften, welche zur gültigen Ehe einer minderjährigen Person beobachtet
werden müssen, sind in dem vorhergehenden Hauptstücke enthalten (§. 49 u. f.).
§. 154. Der auf die
Erziehung der Kinder gemachte Aufwand gibt den Aeltern keinen Anspruch auf das
von den Kindern nachher erworbene Vermögen. Verfallen aber die Aeltern in
Dürftigkeit, so sind ihre Kinder sie anständig zu erhalten verbunden.
Rechtsverhältniß
zwischen unehelichen Aeltern und Kindern. Nähere Bestimmung des Begriffs von
unehelichen Kindern.
§. 155. Die unehelichen
Kinder genießen nicht gleiche Rechte mit den ehelichen. Die rechtliche
Vermuthung der unehelichen Geburt hat bey denjenigen Kindern Statt, welche zwar
von einer Ehegattinn, jedoch vor oder nach dem oben (§. 138) mit Rücksicht auf
die eingegangene oder aufgelöste Ehe bestimmten gesetzlichen Zeitraume geboren
worden sind.
§. 156. Diese
rechtliche Vermuthung tritt aber bey einer früheren Geburt erst dann ein, wenn
der Mann, dem vor der Verehelichung die Schwangerschaft nicht bekannt war,
längstens binnen drey Monathen nach erhaltener Nachricht von der Geburt des
Kindes die Vaterschaft gerichtlich widerspricht.
§. 157. Die von dem
Manne innerhalb dieses Zeitraumes rechtlich widersprochene Rechtmäßigkeit einer
früheren oder späteren Geburt kann nur durch Kunstverständige, welche nach
genauer Untersuchung der Beschaffenheit des Kindes und der Mutter die Ursache
des außerordentlichen Falles deutlich angeben, bewiesen werden.
§. 158. Die Ehelichkeit
eines innerhalb des gesetzlichen Zeitraumes geborenen Kindes kann der Mann
längstens binnen drei Monaten nach erhaltener Nachricht bestreiten, indem er
gegen einen zur Verteidigung der ehelichen Geburt aufzustellenden Kurator die
Unmöglichkeit der durch ihn erfolgten Zeugung beweist. Weder ein Ehebruch der
Mutter noch ihre Behauptung, daß ihr Kind unehelich sei, können für sich allein
demselben die Rechte der ehelichen Geburt entziehen. Ist der Mann vor Ablauf
der Bestreitungsfrist geisteskrank geworden, so kann sein gesetzlicher
Vertreter innerhalb dreier Monate nach erhaltener Nachricht oder, wenn er von
der Geburt des Kindes schon vorher Kenntnis hatte, innerhalb dreier Monate nach
seiner Bestellung das Bestreitungsrecht ausüben.
§. 159. Ist der Mann
vor Ablauf der Bestreitungsfrist gestorben oder seit der Geburt des Kindes
dauernd unbekannten Aufenthaltes, so kann auch das Kind, unter Zustimmung der
Mutter, wenn diese noch lebt, seine Ehelichkeit bestreiten. Zu diesem Behufe
muß es die Klage gegen einen zur Verteidigung der ehelichen Geburt
aufzustellenden Kurator anbringen. Das Klagerecht erlischt mit Ablauf eines
Jahres nach erreichter Großjährigkeit. Ebenso können, wenn der Mann vor Ablauf
der Bestreitungsfrist gestorben ist, auch die Erben, denen ein Abbruch an ihren
Rechten geschähe, innerhalb dreier Monate nach dem Tode des Mannes aus dem
angeführten Grunde die eheliche Geburt des Kindes bestreiten.
§. 159a. Das
Bestreitungsrecht des gesetzlichen Vertreters des Mannes oder des Kindes selbst
hört auf, wenn der handlungsfähige Ehemann die Ehelichkeit der Geburt des
Kindes vor Eintritt der Rechtskraft des Urteils gerichtlich anerkennt.
Legitimation der
unehelichen Kinder: a) durch Hebung des Ehehindernisses oder schuldlose
Unwissenheit der Ehegatten;
§. 160. Kinder, die zwar
aus einer ungültigen, aber aus keiner solchen Ehe erzeugt worden sind, der die
in den §§. 62-64 angeführten Hindernisse entgegen stehen, sind als eheliche
anzusehen, wenn das Ehehinderniß in der Folge gehoben worden ist, oder, wenn
wenigstens Einem ihrer Aeltern die schuldlose Unwissenheit des Ehehindernisses
zu Statten kommt; doch bleiben in dem letzteren Falle solche Kinder von
Erlangung desjenigen Vermögens ausgeschlossen, welches durch
Familien-Anordnungen der ehelichen Abstammung besonders vorbehalten ist.
b) durch die
nachfolgende Ehe;
§. 161. Kinder, welche
außer der Ehe geboren und durch die nachher erfolgte Verehelichung ihrer
Aeltern in die Familie eingetreten sind, werden, so wie ihre Nachkommenschaft,
unter die ehelich erzeugten gerechnet; nur können sie den in einer inzwischen
bestandenen Ehe erzeugten ehelichen Kindern die Eigenschaft der Erstgeburt und
andere bereits erworbene Recht nicht streitig machen.
c) durch Begünstigung
des Landesfürsten.
§. 162. Die uneheliche
Geburt kann einem Kinde an seiner bürgerlichen Achtung und an seinem Fortkommen
keinen Abbruch thun. Zu diesem Ende bedarf es keiner besonderen Begünstigung
des Landesfürsten, wodurch das Kind als ein eheliches erklärt wird. Nur die
Aeltern können um solche ansuchen, wenn sie das Kind gleich einem ehelichen der
Standesvorzüge oder des Rechtes an dem frey vererblichen Vermögen theilhaft
machen wollen. In Rücksicht auf die übrigen Familien-Glieder hat diese
Begünstigung keine Wirkung.
Beweis der Vaterschaft
zu einem unehelichen Kinde.
§. 163. Wer auf eine in
der Gerichtsordnung vorgeschriebene Art überwiesen wird, daß er der Mutter
eines Kindes innerhalb des Zeitraumes beygewohnt habe, von welchem bis zu ihrer
Entbindung nicht weniger als 180 und nicht mehr als 300 Tage verstrichen sind;
oder wer dieses auch nur außer Gericht gesteht, von dem wird vermuthet, daß er
das Kind erzeugt habe.
§. 164. Die auf Angeben
der Mutter erfolgte Einschreibung des väterlichen Nahmens in das Tauf- oder
Geburtsbuch macht nur dann einen vollständigen Beweis, wenn die Einschreibung
nach der gesetzlichen Vorschrift mit Einwilligung des Vaters geschehen, und
diese Einwilligung durch das Zeugniß des Seelsorgers und des Pathen mit dem
Beysatze, daß er ihnen von Person bekannt sey, bestätiget worden ist.
Beschaffenheit des
Rechtsverhältnisses zwischen unehelichen Aeltern und Kindern.
§. 165. Uneheliche
Kinder haben weder auf den Familiennamen des Vaters noch auf den Adel, das
Wappen und andere Vorzüge der Eltern Anspruch; sie führen den Geschlechtsnamen
der Mutter.
Der Ehemann der Mutter
kann durch Erklärung bei der politischen Landesbehörde dem Kinde mit
Einwilligung der Mutter und des Kindes oder, wenn dieses minderjährig ist, des
gesetzlichen Vertreters und des Gerichtes seinen Namen geben. Zur Wirksamkeit
dieser Erklärungen ist erforderlich, daß sie in öffentlicher oder gerichtlich
oder notariell beglaubigter Urkunde vorgelegt werden.
§. 166. Auch ein
uneheliches Kind hat das Recht, von seinen Eltern eine ihrem Vermögen
angemessene Verpflegung, Erziehung und Versorgung zu fordern, und die Rechte
der Eltern über dasselbe erstrecken sich soweit, als es der Zweck der Erziehung
erfordert. Übrigens steht das uneheliche Kind nicht unter der väterlichen
Gewalt seines Erzeugers, sondern wird von einem Vormunde vertreten.
Zur Verpflegung ist
vorzüglich der Vater verbunden; wenn aber dieser dazu nicht imstande ist, so
fällt die Verbindlichkeit auf die Mutter und nach dieser auf die mütterlichen
Großeltern.
§. 167. Der Vater ist
verpflichtet, der Mutter die Kosten der Entbindung sowie die Kosten ihres
Unterhaltes für die ersten sechs Wochen nach der Entbindung und, falls infolge
der Entbindung weitere Auslagen notwendig werden, auch diese zu ersetzen.
Die Forderung ist mit
Ablauf von drei Jahren nach der Entbindung verjährt.
§. 168. Schon vor der
Geburt des Kindes kann das Gericht auf Antrag der Mutter, wenn sie dessen
bedürftig ist und nicht einen unzüchtigen Lebenswandel führt, denjenigen,
dessen Vaterschaft gemäß § 163 glaubhaft gemacht wird, dazu verhalten, daß er
den Betrag des dem Kinde zu gewährenden Unterhaltes für die ersten drei Monate
sowie den gewöhnlichen Betrag der der Mutter nach § 167 zu ersetzenden Kosten
bei Gericht erlege.
§. 169. Solange die
Mutter ihr uneheliches Kind, der künftigen Bestimmung gemäß, selbst erziehen
will und kann, darf ihr dasselbe von dem Vater nicht entzogen werden;
dessenungeachtet muß er die Verpflegungskosten bestreiten. Läuft aber das Wohl
des Kindes durch die mütterliche Erziehung Gefahr, so ist der Vater verbunden,
das Kind von der Mutter zu trennen und solches zu sich zu nehmen oder anderswo
sicher und anständig unterzubringen.
§. 170. Es steht den
Aeltern frey, sich über den Unterhalt, die Erziehung und Versorgung des
unehelichen Kindes mit einander zu vergleichen; ein solcher Vergleich kann aber
dem Rechte des Kindes keinen Abbruch thun.
§. 171. Die
Verbindlichkeit, uneheliche Kinder zu verpflegen und zu versorgen, geht gleich
einer anderen Schuld auf die Erben des Vaters über.
Wenn die Vaterschaft vom
Vater anerkannt oder gerichtlich festgestellt worden ist, können uneheliche
Kinder, die zur Zeit des Ablebens des Vaters in dessen Hause verpflegt und
erzogen werden, die Verpflegung und Erziehung bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit
auch weiterhin in demselben Maße wie bisher fordern, jedoch nicht in größerem
Umfange, als sie nach dem hinterlassenen Vermögen den ehelichen Kindern zuteil
werden kann.
§. 172. Die väterliche
Gewalt hört mit der Großjährigkeit des Kindes sogleich auf, wofern nicht aus
gerechter Ursache die Fortdauer derselben auf Ansuchen des Vaters von dem
Gerichte verwilliget und öffentlich bekannt gemacht worden ist.
§. 173. Gerechte
Ursachen, die Fortdauer der väterlichen Gewalt bey Gericht anzusuchen, sind:
Wenn das Kind, ungeachtet der Volljährigkeit, wegen Leibes- oder
Gemüthsgebrechen sich selbst zu verpflegen, oder seine Angelegenheiten selbst
zu besorgen, nicht vermag; oder, wenn es sich während der Minderjährigkeit in
beträchtliche Schulden verwickelt oder solcher Vergehung schuldig gemacht hat,
wegen welcher es noch ferner unter genauer Aufsicht des Vaters gehalten werden
muß.
§. 174. Kinder, die das
achtzehnte Lebensjahr vollendet haben, können auch vor Zurücklegung des
einundzwanzigsten Jahres aus der väterlichen Gewalt treten, wenn der Vater sie
mit ihrer Einwilligung und mit Genehmhaltung des Gerichtes ausdrücklich
entläßt.
§. 175. Wenn eine
minderjährige Tochter sich verehelichet, so kommt sie zwar, in Rücksicht ihrer
Person unter die Gewalt des Mannes (§. 91 und 92), in Hinsicht auf das Vermögen
aber hat der Vater bis zu ihrer Großjährigkeit die Rechte und Pflichten eines
Curators. Stirbt der Mann während ihrer Minderjährigkeit, so kommt sie wieder
unter die väterliche Gewalt.
§. 176. Wenn ein Vater
den Gebrauch der Vernunft verliert; wenn er als Verschwender erklärt; oder,
wegen eines Verbrechens auf längere Zeit als ein Jahr zur Gefängnißstrafe
verurtheilt wird; wenn er eigenmächtig auswandert; oder, wenn er über ein Jahr
abwesend ist, ohne von seinem Aufenthalte Nachricht zu geben; kommt die
väterliche Gewalt außer Wirksamkeit, und es wird ein Vormund bestellet; hören
aber diese Hindernisse auf, so tritt der Vater wieder in seine Rechte ein.
§. 177. Väter, welche
die Verpflegung und Erziehung ihrer Kinder gänzlich vernachlässigen, verlieren
die väterliche Gewalt auf immer.
§. 178. Wenn der Vater
seine Gewalt mißbraucht oder die damit verbundenen Pflichten nicht erfüllt oder
sich eines ehrlosen oder unsittlichen Verhaltens schuldig macht, kann nicht nur
das Kind selbst, sondern jedermann, der davon Kenntnis hat, besonders die
nächsten Verwandten, den Beistand des Gerichtes anrufen. Das Gericht hat den
Gegenstand der Beschwerde zu untersuchen und die den Umständen angemessenen
Verfügungen zu treffen; es kann insbesondere anordnen, daß der Vater
hinsichtlich der Vermögensverwaltung oder hinsichtlich der Fürsorge für die
Person des Kindes unter die Aufsicht des Gerichtes gestellt und einem Vormunde
gleichgehalten werde.
§. 178a. Wenn eine
Anstalt oder ein Verein für Kinderschutz oder Kinderpflege die Pflege und
Erziehung eines mißhandelten, verlassenen oder verwahrlosten Kindes oder eines
Kindes übernommen hat, dem die Eltern die notwendige Aufsicht und Erziehung
nicht gewähren, kann das Vormundschaftsgericht auf Antrag der Anstalt oder des
Vereines nach Untersuchung des Falles und Anhörung der Eltern aussprechen, daß
das Kind vor Beendigung seiner Erziehung nur mit Zustimmung des Gerichtes der
Anstalt oder dem Vereine gegen ihren Willen abgenommen werden kann.
Dem Rechtsverhältnisse
zwischen Aeltern und Kindern ähnliche Verbindungen:
1) Annehmung an Kindes
Statt.
§. 179. Personen,
welche den ehelosen Stand nicht feyerlich angelobet, und keine eigenen
ehelichen Kinder haben, können an Kindes Statt annehmen; die annehmende Person
heißt Wahlvater oder Wahlmutter; die angenommene heißt Wahlkind.
Erfordernisse.
§. 180. Wahlväter oder
Wahlmütter müssen das vierzigste Jahr zurückgelegt haben, und ein Wahlkind muß
wenigstens achtzehn Jahre jünger sein als seine Wahleltern. Eine verheiratete
Person kann nur mit Zustimmung ihres Ehegatten ein Kind annehmen oder an
Kindesstatt angenommen werden. Dieser Zustimmung bedarf es nicht, wenn der
Ehegatte für geisteskrank erklärt, sein Aufenthalt unbekannt oder die Ehe
geschieden ist.
§. 181. Die Annahme an Kindes
Statt kann, wenn das Kind minderjährig ist, nur mit Einwilligung des ehelichen
Vaters, oder in dessen Ermangelung, nur mit Einwilligung der Mutter, des
Vormundes und des Gerichtes zu Stande kommen. Auch wenn das Kind großjährig,
aber sein ehelicher Vater noch am Leben ist, wird desselben Einwilligung
erfordert. Gegen die ohne hinreichenden Grund versagte Einwilligung kann bey
dem ordentlichen Richter Beschwerde geführet werden. Die mit der erforderlichen
Einwilligung versehene Annahme an Kindes Statt ist der Landesstelle zur
Bestätigung und dem Gerichtsstande der Wahlältern und des Wahlkindes zur
Eintragung in die Gerichts-Acten vorzulegen.
Daraus entspringende
Rechte.
§. 182. Eine
wesentliche rechtliche Wirkung der Annahme an Kindesstatt ist, daß die
angenommene Person den Namen des Wahlvaters oder den Geschlechtsnamen der
Wahlmutter erhält. Es kann aber vereinbart werden, daß sie mit diesem ihren
vorigen Familiennamen zu verbinden hat und den ihr etwa eigenen Familienadel
beibehält. In letzterem Falle muß sie ihren Familiennamen beibehalten und der
angenommene Name unmittelbar mit diesem verbunden werden. Wünschen die
Wahleltern, daß ihr Adel und Wappen auf das Wahlkind übergehe, so muß die
Bewilligung des Landesfürsten angesucht werden.
§. 183. Zwischen den
Wahlältern und dem Wahlkinde und dessen Nachkommen finden, in so weit das
Gesetz keine Ausnahme macht, gleiche Rechte, wie zwischen den ehelichen Aeltern
und Kindern Statt. Der Wahlvater übernimmt die väterliche Gewalt. Auf die
übrigen Mitglieder der Familie der Wahlältern hat das Verhältniß zwischen den
Wahlältern und dem Wahlkinde keinen Einfluß; dagegen verliert das Wahlkind auch
die Rechte seiner eigenen Familie nicht.
§. 184. Die Rechte
zwischen Wahlältern und Wahlkindern können durch Vertrag anders bestimmet
werden, in so fern dadurch die im §. 182 angeführte wesentliche Wirkung der
Annahme an Kindes Statt nicht abgeändert, noch dem Rechte eines Dritten zu nahe
getreten wird.
Erlöschung derselben.
§. 185. Das rechtliche
Verhältniß zwischen den Wahlältern und dem Wahlkinde kann, in so lange das
Wahlkind minderjährig ist, nur mit Einwilligung der Vertreter des
Minderjährigen und des Gerichtes aufgehoben werden. Nach Erlöschung des
Rechtsverhältnisses zwischen dem Wahlvater und dem Wahlkinde kommt das
minderjährige Kind wieder unter die Gewalt des ehelichen Vaters.
2) Uebernahme in die
Pflege.
§. 186. Die Rechte und
Verbindlichkeiten der Wahlältern und Wahlkinder lassen sich auf Kinder, die nur
in Pflege genommen werden, nicht anwenden. Diese Pflege steht jedermann frey,
wollen aber die Parteyen hierüber einen Vertrag schließen; so muß er, in so
fern die Rechte des Pflegekindes geschmälert, oder demselben besondere
Verbindlichkeiten auferlegt werden sollen, gerichtlich bestätiget werden. Auf
den Ersatz der Pflegekosten haben die Pflegeältern keinen Anspruch.
Viertes Hauptstück.
Von den Vormundschaften
und Curatelen.
Bestimmung der
Vormundschaft und Curatel.
§. 187. Personen, denen
die Sorge eines Vaters nicht zu Statten kommt, und die noch minderjährig oder
aus einem anderen Grunde ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen unfähig sind,
gewähren die Gesetze durch einen Vormund oder durch einen Curator besonderen
Schutz.
Unterschied zwischen
der Vormundschaft und Curatel.
§. 188. Ein Vormund hat
vorzüglich für die Person des Minderjährigen zu sorgen, zugleich aber dessen
Vermögen zu verwalten. Ein Curator wird zur Besorgung der Angelegenheiten
derjenigen gebraucht, welche dieselben aus einem anderen Grunde, als jenem der
Minderjährigkeit, selbst zu besorgen unfähig sind.
I. Von der
Vormundschaft.
Veranlassung zur
Bestellung.
§. 189. Wenn der Fall
eintritt, daß einem Minderjährigen, er sey von ehelicher oder unehelicher
Geburt, ein Vormund bestellet werden muß; sind die Verwandten des
Minderjährigen oder andere mit ihm in nahem Verhältnisse stehende Personen
unter angemessener Ahndung verbunden, dem Gerichte, unter dessen
Gerichtsbarkeit der Minderjährige steht, die Anzeige zu machen. Auch die
politischen Obrigkeiten, die weltlichen und geistlichen Vorsteher der Gemeinden
müssen sorgen, daß das Gericht hiervon benachrichtiget werde.
Wer den Vormund
zunächst bestelle.
§. 190. Das Gericht
muß, sobald es zur Kenntniß gelanget ist, von Amts wegen die Bestellung eines
tauglichen Vormundes vornehmen.
Nothwendige
Entschuldigung von einer Vormundschaft überhaupt;
§. 191. Untauglich zur
Vormundschaft überhaupt sind diejenigen, welche wegen ihres minderjährigen
Alters, wegen Leibes- oder Geistesgebrechen, oder aus anderen Gründen ihren
eigenen Geschäften nicht vorstehen können; die eines Verbrechens schuldig
erkannt worden sind, oder von denen eine anständige Erziehung des Waisen oder
nützliche Verwaltung des Vermögens nicht zu erwarten ist. 2
§. 192. Auch
Ordensgeistlichen und Ausländern soll in der Regel keine Vormundschaft
aufgetragen werden.
§. 193. Ehefrauen
bedürfen zur Übernahme einer Vormundschaft der Zustimmung ihres Gatten, außer
wenn es sich um ihr eigenes Kind handelt oder wenn der Gatte für geisteskrank
erklärt, sein Aufenthalt unbekannt oder die Ehe geschieden ist.
oder von einer
bestimmten Vormundschaft
§. 194. Zu einer
bestimmten Vormundschaft sind diejenigen nicht zuzulassen, welche der Vater
oder die zur Berufung eines Vormunds berechtigte Mutter (§ 196) ausdrücklich
von der Vormundschaft ausgeschlossen hat, die mit den Eltern des Minderjährigen
oder mit ihm selbst bekanntlich in Feindschaft gelebt haben oder die mit dem
Minderjährigen in einen Prozeß verwickelt sind. Ob eine Person infolge des
Bestandes unberichtigter Forderungen zwischen ihr und dem Minderjährigen zur
Übernahme der Vormundschaft ungeeignet erscheint, hat das Gericht zu
beurteilen.
Freywillige
Entschuldigungsgründe.
§. 195. Wider ihren
Willen können zur Übernahme einer Vormundschaft nicht angehalten werden:
Frauen, mit Ausnahme der Mutter und Großmutter, fernen Geistliche, in dauernder
aktiver Dienstleistung stehende Militärpersonen und öffentliche Beamte, ebenso
derjenige, der sechzig Jahre alt ist, dem die Obsorge über fünf Kinder oder
Enkel obliegt oder der schon eine mühsame Vormundschaft oder drei kleinere zu
besorgen hat, endlich wer dieses Amt wegen der Entfernung seines Wohnsitzes von
dem Vormundschaftsgerichte nur schwer oder mit erheblichen Kosten ausüben
könnte.
Arten der Berufung zur
Vormundschaft.
1) testamentarische;
§. 196. Vor allen
gebührt die Vormundschaft demjenigen, welchen der Vater oder, falls dieser
darüber nicht verfügt hat, die Mutter dazu berufen hat, wenn ihm keines der in
den §§ 191 bis 194 angeführten Hindernisse im Wege steht.
§. 197. Hat die Mutter
außer dem im § 196 erwähnten Falle oder hat eine andere Person einem
Minderjährigen ein Erbteil zugedacht und zugleich einen Vormund ernannt, so muß
dieser nur in der Eigenschaft eines Kurators für das hinterlassene Vermögen
angenommen werden.
2) gesetzliche;
§. 198. Wenn
letztwillig kein oder kein fähiger Vormund berufen wurde, so ist die
Vormundschaft vor allen der ehelichen Mutter, dann dem väterlichen Großvater,
sodann der väterlichen Großmutter, endlich dem nächsten Verwandten
anzuvertrauen, aus mehreren gleich nahen aber in der Regel dem älteren.
3) gerichtliche.
§. 199. Kann eine
Vormundschaft auf die angeführte Art nicht bestellt werden, so hängt es von dem
Gerichte ab, wen es mit Rücksicht auf Fähigkeit, Stand, Vermögen und
Ansässigkeit zum Vormunde ernennen will.
Form der wirklichen
Bestellung des Vormundes.
§. 200. Jeden ernannten
Vormund, ohne Unterschied, hat das vormundschaftliche Gericht sogleich
anzuweisen, daß er die Vormundschaft übernehme. Der Vormund, ob er gleich für
seine Person unter einer anderen Gerichtsbarkeit steht, ist schuldig, die
Vormundschaft zu übernehmen, und wird in Rücksicht auf alle zu diesem Amte
gehörige Angelegenheiten der vormundschaftlichen Behörde unterworfen. 3
Form, die Bestellung
abzulehnen.
§. 201. Glaubt
derjenige, welchen das Gericht zur Vormundschaft berufen hat, daß er zu diesem
Amte nicht geschickt sey; oder, daß ihn das Gesetz davon frey spreche, so muß
er sich innerhalb vierzehn Tagen, von der Zeit des ihm bekannt gemachten
gerichtlichen Auftrags, an das vormundschaftliche Gericht, oder, wenn er
demselben für seine Person nicht unterworfen ist, an seine persönliche
Gerichtsstelle wenden, welche seine Gründe mit ihrem Gutachten begleiten und
dem vormundschaftlichen Gerichte zur Entscheidung vorlegen soll.
Verantwortlichkeit des
Vormundes und des Gerichtes in Rücksicht dieses Gegenstandes.
§. 202. Wer seine
Untauglichkeit zur Vormundschaft verhehlet, hat, so wie das Gericht, das
wissentlich einen nach dem Gesetze untauglichen Vormund ernennet, allen dem
Minderjährigen dadurch entstandenen Schaden und entgangenen Nutzen zu
verantworten.
§. 203. Dieser
Verantwortung setzt sich auch derjenige aus, welcher ohne gegründete Ursache
sich weigert, eine Vormundschaft zu übernehmen, und er soll überdieß durch angemessene
Zwangsmittel dazu angehalten werden.
Antritt der
Vormundschaft.
§. 204. Man kann das
vormundschaftliche Amt nur nach einem von dem gehörigen Gerichtsstande dazu
erhaltenen Auftrage übernehmen. Wer sich eigenmächtig in eine Vormundschaft
eindringt, ist verbunden, allen dem Minderjährigen dadurch erwachsenen Schaden
zu ersetzen.
Angelobung.
§. 205. Jeder Vormund,
mit Ausnahme des Großvaters, der Mutter und der Großmutter, muß vermittelst
Handschlages angeloben: daß er den Minderjährigen zur Rechtschaffenheit,
Gottesfurcht und Tugend anführen, daß er ihn dem Stande gemäß als einen
brauchbaren Bürger erziehen, vor Gericht und außer demselben vertreten, das
Vermögen getreulich und emsig verwalten, und sich in Allem nach Vorschrift der
Gesetze verhalten wolle.
Urkunde hierüber.
§. 206. Einem auf diese
Weise verpflichteten Vormunde hat das Gericht eine förmliche Urkunde darüber
auszufertigen, damit er in Ansehung seines Amtes beglaubiget sey, und sich in
vorkommenden Fällen rechtfertigen könne. Uebernimmt ein Großvater, eine Mutter
oder Großmutter eine Vormundschaft; so muß ihnen eine ähnliche Urkunde
zugestellet, und derselben dasjenige, was andere Vormünder angeloben,
eingeschaltet werden.
Anstaltsvormundschaft
§. 207. Die Bestellung
eines Vormunds kann unterbleiben, solange ein Minderjähriger, der weder
unbewegliches noch bedeutendes bewegliches Vermögen besitzt, sich in einer
Zwangsarbeits- oder Besserungsanstalt oder in einer der Fürsorgeerziehung
gewidmeten öffentlichen oder privaten Anstalt befindet, deren Statut staatlich
genehmigt ist. Das gleiche gilt für Zöglinge, die unter der Aufsicht des
Vorstandes der Anstalt in einer Familie erzogen werden. In diesem Falle kommen
Befugnisse und Obliegenheiten eines Vormunds dem Vorsteher der Anstalt zu. Liegen
Gründe vor, die ihn für seine Person nach dem Gesetze von der Bestellung zum
Vormund ausschließen würden, so hat das Gericht nach seinem Ermessen zu
entscheiden, ob er als Anstaltsvorsteher zur Übernahme dieser Befugnisse und
Obliegenheiten ungeeignet erscheint.
Das Gericht kann
ungeachtet der Aufnahme des Minderjährigen in eine Anstalt in dessen Interesse
einen Vormund bestellen oder einen schon bestellten Vormund in seinem Amte
belassen. Auf die Erziehung des Minderjährigen in der Anstalt darf dieser Vormund
keinen Einfluß nehmen.
Generalvormundschaft
§. 208. Insoweit
geeignete Vormünder, die zur Übernahme des Amtes bereit sind, nicht zur
Verfügung stehen oder dies zur wirksamen Wahrung der Rechte und Interessen
unbemittelter Pflegebefohlener erforderlich ist, kann die Vormundschaft einem
geeigneten Organe der öffentlichen Verwaltung oder einer Vereinigung für
Jugendschutz übertragen werden. Diese Übertragung kann sich auch auf einzelne
Rechte und Pflichten des Vormunds beschränken. Die näheren Bestimmungen darüber
werden durch Verordnung erlassen.
Das Gericht kann die
Übertragung widerrufen, wenn es im Interesse des Pflegebefohlenen gelegen ist.
Vereinigung der
vormundschaftlichen Hauptpflichten, der Erziehung und Vermögensverwaltung in
Einer Person.
§. 209. So wie ein von
dem Vater ernannter Vormund nicht nur über die Person des Minderjährigen,
sondern auch über dessen Vermögen zu sorgen hat; eben so wird vermuthet, daß
der Vater jemanden, den er zum Curator über das Vermögen ernannt hat, zugleich
die Aufsicht über die Person habe anvertrauen wollen. Hat aber der Vater einen
Vormund nicht für alle Kinder, oder einen Curator nicht für das ganze Vermögen
ernannt; so liegt dem Gerichte ob, für die anderen Kinder einen Vormund oder
für den übrigen Theil des Vermögens einen Curator zu bestellen.
§. 210. Sind mehrere
Vormünder ernannt worden, so können sie zwar das Vermögen des Minderjährigen
gemeinschaftlich oder theilweise verwalten. Verwalten sie es aber
gemeinschaftlich, oder theilen sie die Verwaltung ohne Genehmhaltung des
Gerichtes unter sich; so haftet jeder Einzelne für den ganzen dem
Minderjährigen erwachsenden Schaden. Immer muß auch das Gericht veranstalten,
daß die Person des Minderjährigen und die Hauptführung der Geschäfte immer nur
von Einem besorget werde.
Unterstützung einer
Vormünderinn durch einen Mitvormund.
§. 211. Das Gericht hat
einer zum Vormund bestellten Frau einen Mann als Mitvormund beizugeben:
1. wenn die eheliche
Mutter zum Vormund bestellt wird und der Vater die Bestellung eines Mitvormundes
letztwillig angeordnet hat, vorausgesetzt, daß ihm zur Zeit seines Todes die
väterliche Gewalt über den Minderjährigen zustand;
2. wenn es die
Vormünderin verlangt;
3. wenn das Gericht es
aus besonderen Gründen, insbesondere wegen des Umfanges oder der Schwierigkeit
der Vermögensverwaltung durch das Interesse des Mündels geboten erachtet;
4. wenn die uneheliche
Mutter zum Vormund bestellt wird und die Mitwirkung eines Mitvormundes zur
Wahrung der Interessen des unehelichen Kindes notwendig ist.
Bei der Wahl des
Mitvormunds ist vor allem auf den erklärten Willen des Vaters, dann auf den
Vorschlag der Vormünderin, endlich auf die Verwandten des Minderjährigen
Rücksicht zu nehmen.
§. 212. Auch der
Mitvormund muß eine Beglaubigungsurkunde vom Gerichte erhalten, und angeloben,
daß er das Beste des Minderjährigen befördern wolle, und er muß zu diesem Ende
der Vormünderinn mit seinem Rathe beystehen. Sollte er wichtige Gebrechen
wahrnehmen, so muß er sich bestreben, denselben abzuhelfen, und nöthigen Falls
dem vormundschaftlichen Gerichte Anzeige davon machen.
§. 213. Eine andere
wesentliche Pflicht des Mitvormundes ist, daß er bey vorfallenden Geschäften,
zu deren Gültigkeit die Einwilligung des vormundschaftlichen Gerichtes
nothwendig ist, das Gesuch der Vormünderinn mit unterzeichne, oder seine
besondere Meinung beylege, so wie er auch auf Verlangen des Gerichtes über ein
solches Geschäft unmittelbar sein Gutachten zu erstatten hat.
§. 214. Ein Mitvormund,
welcher diese Pflichten erfüllet hat, bleibt von aller ferneren Verantwortung
frey; ist einem Mitvormunde aber zugleich die Verwaltung des Vermögens
aufgetragen worden, so hat er mit dieser Verwaltung alle Pflichten eines
Curators übernommen.
§. 215. Wenn eine
Vormünderinn von der Vormundschaft austritt; so ist die Vormundschaft in der
Regel dem gewesenen Mitvormunde aufzutragen.
Besondere Pflichten.
Rechte des Vormundes: a) in Rücksicht der Erziehung der Person;
§. 216. Ein Vormund hat
gleich dem Vater die Verbindlichkeit und das Recht, für die Erziehung des
Minderjährigen Sorge zu tragen; doch muß er in wichtigen und bedenklichen
Angelegenheiten erst die Genehmigung und die Vorschriften des
vormundschaftlichen Gerichtes einhohlen.
Entsprechende
Verbindlichkeit des Pflegebefohlenen.
§. 217. Der Minderjährige
ist seinem Vormunde Ehrerbiethung und Folgsamkeit schuldig; er ist aber auch
berechtigt, sich bey seinen nächsten Verwandten, oder bey der gerichtlichen
Behörde zu beschweren, wenn der Vormund seine Macht auf was immer für eine Art
mißbrauchen, oder die Pflichten der nöthigen Obsorge und Pflege hintansetzen
würde. Auch den Verwandten des Minderjährigen und jedem, der hiervon Kenntniß
erhält, steht die Anzeige bevor. An diese Behörde hat sich auch der Vormund zu
wenden, wenn er den Vergehungen des Minderjährigen durch die zur Erziehung ihm
eingeräumte Gewalt Einhalt zu thun nicht vermag.
Wer zunächst die
Erziehung besorge.
§. 218. Die Person des
Waisen soll vorzüglich der Mutter selbst dann, wenn sie die Vormundschaft nicht
übernommen oder sich wieder verheirathet hat, anvertrauet werden; es wäre denn,
daß das Beste des Kindes eine andere Verfügung erheischte.
Bestimmung der
Quantität und der Quellen der Erziehungskosten.
§. 219. Die
Unterhaltungskosten bestimmt das vormundschaftliche Gericht, und nimmt bey der
Bestimmung auf die Anordnung des Vaters, auf das Gutachten des Vormundes, auf
das Vermögen, auf den Stand und auf andere Verhältnisse des Minderjährigen
Rücksicht.
§. 220. Wenn die
Einkünfte zur Bestreitung dieser Kosten oder zur Bestreitung eines Aufwandes,
wodurch der Minderjährige in einen fortdauernden Nahrungsstand versetzt werden
soll, nicht zureichen; so darf mit Genehmhaltung des Gerichtes auch das
Hauptvermögen angegriffen werden.
§. 221. In dem Falle,
daß die Waisen ganz mittellos sind, soll das vormundschaftliche Gericht die
bemittelten nächsten Verwandten zu deren Verpflegung, dafern sie nach dem §.
143 hierzu nicht ohnehin rechtlich verbunden sind, zu bewegen suchen. Außerdem
hat der Vormund auf öffentliche milde Stiftungen und bestehende Armenanstalten
so lange einen gerechten Anspruch, bis der Minderjährige im Stande ist, sich
durch eigene Arbeit und Verwendung selbst zu ernähren.
Besondere Pflichten der
Vormundschaft;
b) in Rücksicht der
Vermögensverwaltung. Erforschung und Sicherstellung des Vermögens,
§. 222. Die dem
vormundschaftlichen Gerichte über das Vermögen des Waisen anvertraute Obsorge
fordert, daß es zuerst desselben Vermögen zu erforschen und es durch Sperre,
durch Inventur und Schätzung sicher zu stellen suche.
durch die Sperre und
Inventur;
§. 223. Durch die
gerichtliche Sperre werden nur dann, wenn es zur Sicherstellung nothwendig ist,
die Geräthschaften in Verwahrung genommen; die Inventur aber, das ist, ein
genaues Verzeichniß des sämmtlichen, dem Waisen gehörigen Vermögens, muß stets,
selbst ohne Rücksicht auf das Verboth des Vaters, oder eines anderen
Erblassers, errichtet werden.
dann durch die
Schätzung des Vermögens entweder unmittelbar von dem vormundschaftlichen
Gerichte,
§. 224. Das Verzeichniß
des Vermögens und die Schätzung der beweglichen Sachen müssen ohne Zeitverlust,
allenfalls auch vor Bestellung eines Vormundes, vorgenommen werden. Das
Inventarium wird bey den Verlassenschafts-Acten aufbewahrt und dem Vormunde
eine beglaubigte Abschrift davon mitgetheilet. Die Schätzung des unbeweglichen
Vermögens muß, sobald es thunlich ist, vorgenommen werden; sie kann aber auch,
wenn der Werth sich aus anderen zuverlässigen Quellen darstellet, ganz
unterbleiben.
oder vermittelst der
Real-Behörde.
§. 225. Liegt ein
unbewegliches Gut des Minderjährigen in einer anderen Provinz, oder gar in
einem fremden Staate; so muß die vormundschaftliche Behörde den ordentlichen
Gerichtsstand der anderen Provinz oder des fremden Staates um die Inventur und
Schätzung und um die Mittheilung derselben angehen, diesem Gerichtsstande aber
die Bestellung eines Curators über dieses Gut überlassen.
§. 226. Liegt das
unbewegliche Gut in der nähmlichen Provinz, aber unter einer anderen Behörde,
so gebühren zwar dieser alle auf das Gut sich beziehende Rechte, folglich auch
die Inventur und Schätzung: allein sie muß der vormundschaftlichen Behörde auf
Verlangen nicht nur eine Abschrift davon mittheilen; sondern auch dem Vormunde
die freye Verwaltung des Gutes überlassen, ohne sich über seine vormundschaftlichen
Handlungen einer Art von Gerichtsbarkeit anzumaßen.
Wohin das bewegliche
Vermögen gehöre.
§. 227. Diejenigen
Mobilien, welche sich auf einem unbeweglichen Gute befinden, um beständig auf
demselben zu bleiben, sind als ein Theil dieses Gutes anzusehen; alle übrigen
Mobilien, auch Schuldbriefe und selbst die auf einem unbeweglichen Gute
haftenden Capitalien, gehören unter die vormundschaftliche Gerichtsbarkeit.
Allgemeine Vorschrift
in Rücksicht auf die Vermögensverwaltung.
§. 228. Sobald ein
Vormund oder Curator das Vermögen übernimmt, hat er es mit aller Aufmerksamkeit
eines redlichen und fleißigen Hausvaters zu verwalten, und für sein Verschulden
zu haften.
Besondere Vorschriften
in Absicht der unmittelbaren Vermögensverwaltung, insonderheit in Rücksicht der
Kostbarkeiten;
§. 229. Juwelen, andere
Kostbarkeiten und die Schuldbriefe kommen, so wie alle wichtige Urkunden in
gerichtliche Verwahrung; von den ersteren erhält der Vormund ein Verzeichniß,
von den letzteren die zu seinem Gebrauche nöthigen Abschriften.
des baren Geldes;
§. 230. Vom baren Gelde
soll nur so viel in den Händen des Vormundes verbleiben, als zur Erziehung des
Waisen und zum ordentlichen Betriebe der Wirthschaft nöthig ist; das Uebrige
muß vorzüglich zur Tilgung der etwa vorhandenen Schulden oder zu einem anderen
vortheilhaften Gebrauche verwendet, und, wenn kein vortheilhafterer Gebrauch zu
machen ist, auf Zinsen in öffentlichen Cassen oder gegen gesetzmäßige
Sicherheit auch bey Privat-Personen angelegt werden; die Sicherheit ist aber
nur dann gesetzmäßig, wenn durch die Sicherstellung mit Einrechnung der etwa
vorgehenden Lasten, ein Haus nicht über die Hälfte, ein Landgut oder Grundstück
aber nicht über zwey Drittheile seines wahren Werthes beschweret wird.
des übrigen beweglichen
Vermögens;
§. 231. Das übrige
bewegliche Vermögen, welches weder zum Gebrauche des Minderjährigen, noch zum
Andenken der Familie, oder nach Anordnung des Vaters aufzubewahren ist, noch
auf eine andere Art vortheilhaft verwendet werden kann, muß im Allgemeinen
öffentlich feilgebothen werden. Das Hausgeräthe kann man den Aeltern und den
Miterben in dem gerichtlichen Schätzungspreise aus freyer Hand überlassen.
Stücke, die bey der öffentlichen Versteigerung nicht veräußert worden sind,
kann der Vormund mit Bewilligung des vormundschaftlichen Gerichtes auch unter
dem Schätzungspreise verkaufen.
in Rücksicht des
unbeweglichen;
§. 232. Ein
unbewegliches Gut kann nur im Nothfalle oder zum offenbaren Vortheile des Minderjährigen
mit Genehmhaltung des vormundschaftlichen Gerichtes, und in der Regel nur
vermittelst öffentlicher Versteigerung veräußert, aus wichtigen Gründen aber
kann auch eine Veräußerung aus freyer Hand von dem Gerichte bewilliget werden.
bey vorzukehrenden
wichtigen Veränderungen:
§. 233. Ueberhaupt kann
ein Vormund in allen Geschäften, welche nicht zu dem ordentlichen
Wirthschaftsbetriebe gehören, und welche von größerer Wichtigkeit sind, nichts
ohne gerichtliche Einwilligung vornehmen. Er kann also eigenmächtig keine
Erbschaft ausschlagen oder unbedingt annehmen; keine Veräußerung der seiner
Verwahrung anvertrauten Güter vornehmen; keinen Pachtvertrag abschließen; kein
mit gesetzmäßiger Sicherheit anliegendes Capital aufkündigen; keine Forderung abtreten;
keinen Rechtsstreit vergleichen; keine Fabrik, Handlung und Gewerbe ohne
gerichtliche Genehmigung anfangen, fortsetzen oder aufheben.
bey Einhebung der
Capitalien;
§. 234. Ein Vormund
kann für sich allein kein Capital des Minderjährigen, wenn es zurückbezahlt
wird, in Empfang nehmen. Der Schuldner, dem ein solches Capital aufgekündiget
wird, muß sich zu seiner Sicherheit von dem Vormunde die gerichtliche
Bewilligung zur Erhebung des Capitals vorzeigen lassen, und sich nicht mit der
Quittung des Vormundes allein begnügen; auch steht es ihm frey, die Zahlung
unmittelbar an das Gericht selbst zu leisten.
bey weiterer Verwendung
derselben;
§. 235. So oft der Fall
eintritt, daß ein ausstehendes Capital eingehen solle, hat der Vormund für
dessen vortheilhafte Verwendung die Anstalt zu treffen, und zu der wirklichen
Verwendung die Genehmigung des Gerichtes einzuhohlen.
zur Sicherstellung
unbedeckter Forderungen.
§. 236. Ueber
Schuldforderungen, zu deren Beweise keine Urkunden vorhanden sind, muß der
Vormund sich Urkunden verschaffen, und diejenigen, welche nicht sicher gestellt
sind, so viel möglich sicher zu stellen suchen, oder zur Verfallszeit
eintreiben. Doch soll den Aeltern das Capital des Minderjährigen, wenn es auch
nicht gesetzmäßig versichert, der Minderjährige jedoch wahrscheinlicher Weise
keiner Gefahr eines Verlustes ausgesetzt ist, nicht aufgekündet werden, wofern
ihnen die Zurückbezahlung ohne Veräußerung ihres unbeweglichen Gutes oder
Abtretung von ihrem Gewerbe schwer fallen würde.
Caution.
§. 237. Der Vormund ist
bey Antretung der Vormundschaft nicht schuldig, Caution zu leisten. Er bleibt
auch in der Folge von der Caution befreyt, so lange er die durch das Gesetz zur
Sicherheit des Vermögens bestehenden Vorschriften genau beobachtet und zur gehörigen
Zeit ordentlich Rechnung legt.
Verbindlichkeit zur
Rechnungslegung.
§. 238. In der Regel
ist jeder Vormund und jeder Curator verbunden, über die ihm anvertraute
Verwaltung Rechnung zu legen. Von der Rechnungslegung kann zwar der Erblasser
in Ansehung des von ihm freywillig vermachten Vertrages den Vormund
lossprechen; auch das vormundschaftliche Gericht kann dieses, wenn das
Einkommen die Auslagen für den Unterhalt und die Erziehung des Minderjährigen
wahrscheinlich nicht übersteigt; allein das in der Inventur aufgenommene
Hauptvermögen und Capital muß ein Vormund in allen Fällen ausweisen; auch von
dem Zustande seines Pflegebefohlenen, wenn darin eine wichtige Veränderung
vorgeht, Bericht erstatten.
Zeit der
Rechnungslegung.
§. 239. Die Rechnungen
müssen mit jedem Jahre oder längstens innerhalb zwey Monathen nach dessen
Verlauf mit allen erforderlichen Belegen dem vormundschaftlichen Gerichte
übergeben werden. In diesen Rechnungen muß die Einnahme und Ausgabe, der
Ueberschuß oder die Verminderung des Capitals genau bestimmt werden. Ist unter
dem Vermögen des Minderjährigen eine Handlung begriffen, so hat sich das
Gericht mit dem vorgelegten beglaubigten Rechnungsabschlusse, oder mit der so
genannten Bilanz, zu begnügen und solche geheim zu halten. Gegen einen Vormund,
welcher in der bestimmten Zeit die Rechnung zu legen unterläßt, müssen die den
Umständen angemessenen rechtlichen Zwangsmittel angewendet werden.
Ort, wo die Rechnung zu
legen.
§. 240. Wenn der
Minderjährige in verschiedenen Provinzen unbewegliche Güter besitzt, deren
Verwaltung einem Vormunde allein anvertraut ist; so muß der Vormund für jede
Provinz eine besondere Rechnung führen und der dortigen Behörde vorlegen:
allein es bleibt ihm freygestellt, zum Besten des Minderjährigen den Ueberschuß
des in einer Provinz gelegenen Vermögens in einer anderen zu verwenden.
Art der
Rechnungserledigung.
§. 241. Das
vormundschaftliche Gericht ist verbunden, die Rechnungen des Vormundes nach den
besonderen Vorschriften durch Rechnungs- und Sachverständige prüfen und
berichtigen zu lassen, und die Erledigung darüber dem Vormunde mitzutheilen.
§. 242. Ist in den
Rechnungen etwas vergessen worden, oder sonst was immer für ein Verstoß
untergelaufen, so kann dieses weder dem Vormunde, noch dem Minderjährigen zum
Nachtheile gereichen.
Besondere Vorschriften
für den Vormund bey der mittelbaren Vermögensverwaltung. Inbesonderheit bey
Vertretungen.
§. 243. Ein
Minderjähriger kann weder als Kläger, noch als Geklagter vor Gericht
erscheinen; es muß ihn der Vormund entweder selbst vertreten, oder durch einen
Anderen vertreten lassen.
Bey Verträgen des
Pflegebefohlenen.
§. 244. Ein
Minderjähriger ist zwar berechtiget, durch erlaubte Handlungen ohne Mitwirkung
seines Vormundes etwas für sich zu erwerben: allein er kann ohne Genehmhaltung
der Vormundschaft weder etwas von dem Seinigen veräußern, noch eine
Verpflichtung auf sich nehmen.
§. 245. Insbesondere
können Minderjährige ohne Einwilligung der Vormundschaft keine gültige Ehe
eingehen (§§. 49-51).
In welchen Fällen der
Minderjährige ohne Einwilligung des Vormundes verbunden werde.
§. 246. Auch ohne
Einwilligung seines Vormundes kann der Minderjährige sich selbständig durch
Vertrag zu Dienstleistungen verpflichten, und nur aus wichtigen Gründen kann
der Vormund den vom Minderjährigen geschlossenen Vertrag vorzeitig lösen. Was
der Minderjährige auf diese oder auf eine andere Art durch seinen Fleiß
erwirbt, darüber kann er, sowie mit den Sachen, die ihm nach erreichter
Mündigkeit zu seinem Gebrauche eingehändigt worden sind, frei verfügen und sich
verpflichten.
§. 247. Einem
Minderjährigen, der das achtzehnte Lebensjahr zurückgelegt hat, kann die
Obervormundschaft den reinen Ueberschuß seiner Einkünfte zur eigenen freyen
Verwaltung überlassen; über diesen seiner Verwaltung anvertrauten Betrag ist er
berechtiget, eigenmächtig sich zu verbinden.
§. 248. Ein
Minderjähriger, welcher sich nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre bei einem
Geschäfte für großjährig ausgibt, ist für allen Schaden verantwortlich, wenn
der andere Teil vor Abschließung des Geschäftes nicht wohl erst Erkundigung
über die Wahrheit des Vorgebens einholen konnte.
Ein mündiger
Minderjähriger ist auch in Hinsicht auf andere verbotene Handlungen und den durch
sein Verschulden verursachten Schaden mit seinem ganzen Vermögen
verantwortlich.
Endigung der
Vormundschaft; a) durch den Tod;
§. 249. Eine
Vormundschaft endiget sich gänzlich durch den Tod des Minderjährigen. Stirbt
aber der Vormund oder wird er entlassen, so muß nach der Vorschrift des
Gesetzes (§. 198 und 199) ein anderer bestellet werden.
b) nach gehobenem
Hinderniß der Ausübung der väterlichen Gewalt;
§. 250. Die
Vormundschaft endiget sich auch, wenn der Vater die durch einige Zeit gehemmte
Ausübung seiner Gewalt wieder übernimmt (§. 176).
c) durch die wirkliche
Volljährigkeit;
§. 251. Die
Vormundschaft erlischt auch sogleich, als der Pflegebefohlene die
Großjährigkeit erreicht hat; doch kann das vormundschaftliche Gericht auf
Ansuchen oder nach Vernehmung des Vormundes, und der Verwandten wegen Leibes-
oder Gemüthsgebrechen des Pflegebefohlenen, wegen Verschwendung oder aus
anderen wichtigen Gründen die Fortdauer der Vormundschaft auf eine längere oder
unbestimmte Zeit anordnen. Diese Verordnung muß aber in einem angemessenen
Zeitraume vor dem Eintritte der Volljährigkeit öffentlich bekannt gemacht
werden.
d) durch die
vermittelst ertheilter Nachsicht rechtlich angenommene Volljährigkeit;
§. 252. Einem
Minderjährigen, welcher das achtzehnte Jahr zurückgelegt hat, kann das
vormundschaftliche Gericht nach eingeholtem Gutachten des Vormundes und
allenfalls auch der nächsten Verwandten mit seiner Einwilligung die Nachsicht
des Alters verwilligen und ihn für volljährig erklären.
e) durch die amtliche
oder angesuchte Entlassung des Vormundes
§. 253. Die Entlassung
des Vormundes verordnet das Gericht in einigen Fällen von Amts wegen, in
anderen, wenn darum angesucht wird.
Fälle der amtlichen
Entlassung.
§. 254. Von Amts wegen
muß ein Vormund entlassen werden, wenn er die Vormundschaft pflichtwidrig
verwaltet; wenn er als unfähig erkannt wird; oder, wenn sich in Ansehung seiner
solche Bedenklichkeiten äußern, welche ihn Kraft des Gesetzes von Uebernehmung
der Vormundschaft ausgeschlossen haben würden. 2
§. 255. Das
Vormundschaftsgericht kann die Entlassung einer zum Vormund bestellten Frau
verordnen, wenn sie sich verheiratet. Zum Vormund bestellte verheiratete Frauen
sind zu entlassen, wenn die Zustimmung des Ehegatten zur Führung der
Vormundschaft widerrufen wird.
§. 256. Hat der
Erblasser oder das Gericht einen Vormund nur auf eine Zeit bestellet, oder ihn
auf einen bestimmten Ereignungsfall ausgeschlossen; so muß er entlassen werden,
sobald diese Zeit verflossen, oder der bestimmte Fall eingetreten ist.
Fälle der vom Vormunde,
§. 257. Wenn während
der Vormundschaft solche Gründe eintreten, die den Vormund kraft der Gesetze
von Uebernehmung derselben befreyt, oder ausgeschlossen hätten; so ist er in
dem ersteren Falle berechtiget, in dem letzteren aber verpflichtet, die
Entlassung anzusuchen.
§. 258. Einem Vormunde,
dem man als vermeintlichen nächsten Verwandten des Minderjährigen die
Vormundschaft aufgetragen hat, steht es frey, einen später entdeckten, näheren
und tauglichen Verwandten an seine Stelle vorzuschlagen: allein der nähere
Verwandte hat kein Recht, zu fordern, daß ihm ein minder naher Verwandter eine
bereits angetretene Vormundschaft abtrete; er wäre denn früher sich zu melden
gehindert worden.
oder der von Anderen
rechtlich angesuchten Entlassung.
§. 259. Die Mutter oder
der Bruder können, wenn sie zur Zeit der bestellten Vormundschaft selbst noch
minderjährig waren, nach erreichter Volljährigkeit auf die Vormundschaft
Anspruch machen. Auch steht jedem Verwandten frey, wenn das Gericht einen Nichtverwandten
zur Vormundschaft berufen hat, sich binnen Jahresfrist um die Uebernehmung der
Vormundschaft zu melden.
§. 260. Wenn eine
Minderjährige sich verehelichet, so hängt es von der Beurtheilung des Gerichtes
ab, ob die Curatel dem Ehegatten abgetreten werden soll (§. 175).
Bedingungen zur
Entlassung des Vormundes:
a) gewöhnlicher
Zeitpunct;
§. 261. Ein Vormund
kann in der Regel nur am Ende des vormundschaftlichen Jahres, nachdem sein
Nachfolger die Verwaltung des Vermögens ordentlich übernommen hat, die
Vormundschaft niederlegen. Findet aber das Gericht es zur Sicherheit der Person
oder des Vermögens nothwendig, so kann es ihm dieselbe auch sogleich abnehmen.
b) Schlußrechnung;
§. 262. Ein Vormund ist
verbunden, längstens innerhalb zwey Monathen nach geendigter Vormundschaft dem
Gerichte seine Schlußrechnung zu übergeben, und erhält von demselben nach
gepflogener Richtigkeit eine Urkunde über die redlich und ordentlich geführte
Verwaltung seines Amtes. Diese Urkunde spricht ihn aber von der Verbindlichkeit
aus einer später entdeckten arglistigen Handlung nicht frey.
c) Uebergabe des
Vermögens.
§. 263. Am Ende einer
Vormundschaft ist es die Pflicht des Vormundes das Vermögen dem volljährig
gewordenen, oder dem neu bestellten Vormunde gegen Empfangsschein zu übergeben,
und sich darüber bey Gericht auszuweisen. Das aufgenommene Verzeichniß des
Vermögens, und die jährlich begnehmigten Rechnungen dienen bey solchen
Uebergaben zur Richtschnur.
Haftung des Vormundes
aus fremdem Verschulden.
§. 264. Insgemein hat ein
Vormund nur für sein Verschulden und nicht auch für das Verschulden der ihm
Untergeordneten zu haften. Hat er aber wissentlich unfähige Personen
angestellet, hat er solche beybehalten, oder nicht auf den Ersatz des von ihnen
verursachten Schadens gedrungen; so ist er auch dieser Nachlässigkeit wegen
verantwortlich.
Subsidiarische Haftung
des vormundschaftlichen Gerichtes.
§. 265. Selbst das
vormundschaftliche Gericht, welches sein Amt zum Nachtheile eines
Minderjährigen vernachlässiget hat, ist dafür verantwortlich, und, wenn andere
Mittel zum Ersatze mangeln, den Schaden zu ersetzen verbunden.
Belohnung des
Vormundes:
a) jährliche;
§. 266. Emsigen
Vormündern kann das Gericht aus den in Ersparung kommenden Einkünften eine
verhältnißmäßige jährliche Belohnung zuerkennen; doch darf diese Belohnung nie
mehr als fünf von Hundert der reinen Einkünfte betragen, und sich höchstens auf
vier tausend Gulden jährlich belaufen.
b) oder bey dem
Austritte.
§. 267. Wenn das
Vermögen des Minderjährigen so geringe ist, daß sich wenig oder nichts in
jährliche Ersparung bringen läßt; so kann einem Vormund, welcher das Vermögen
unvermindert erhalten, oder dem Minderjährigen eine anständige Versorgung
verschafft hat, wenigstens am Ende der Vormundschaft eine den Umständen angemessene
Belohnung ertheilet werden.
Rechtsmittel des
Vormundes bey Beschwerden.
§. 268. Ein Vormund,
welcher sich durch eine Verordnung des vormundschaftlichen Gerichtes beschwert
zu seyn erachtet, soll die Beschwerde zuerst bey dem nähmlichen Gerichte, und
nur, wenn diese fruchtlos war, den Recurs bey dem höheren Gerichte anbringen.
II. Von der Curatel.
Begriff der Curatel.
§. 269. Für Personen,
welche ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen, und ihre Rechte nicht selbst
verwahren können, hat das Gericht, wenn die väterliche oder vormundschaftliche
Gewalt nicht Platz findet, einen Curator oder Sachwalter zu bestellen.
Fälle der Curatel.
§. 270. Dieser Fall
tritt ein: bey Minderjährigen, die in einer anderen Provinz ein unbewegliches
Vermögen besitzen (§. 225); oder, die in einem besonderen Falle von dem Vater
oder Vormunde nicht vertreten werden können; bey Volljährigen, die in Wahn-
oder Blödsinn verfallen; bey erklärten Verschwendern; bey Ungebornen; zuweilen
auch bey Taubstummen; bey Abwesenden und bey Sträflingen.
a) für Minderjährige;
§. 271. In Geschäften,
welche zwischen Aeltern und einem minderjährigen Kinde, oder zwischen einem
Vormunde und dem Minderjährigen vorfallen, muß das Gericht angegangen werden,
für den Minderjährigen einen besonderen Curator zu ernennen.
§. 272. Fallen zwischen
zwey oder mehreren Minderjährigen, welche einen und denselben Vormund haben,
Rechtsstreitigkeiten vor, so darf dieser Vormund keinen der Minderjährigen
vertreten; sondern er muß das Gericht angehen, daß es für jeden insbesondere
einen anderen Curator ernenne.
b) für Wahn- oder
Blödsinnige;
§. 273. Für wahn- oder
blödsinnig kann nur derjenige gehalten werden, welcher nach genauer Erforschung
seines Betragens und nach Einvernehmung der von dem Gerichte ebenfalls dazu verordneten
Aerzte gerichtlich dafür erkläret wird.
c) für Verschwender:
Als Verschwender aber
muß das Gericht denjenigen erklären, von welchem nach der vorgekommenen Anzeige
und der hierüber gepflogenen Untersuchung offenbar wird, daß er sein Vermögen
auf eine unbesonnene Art durchbringt, und sich oder seine Familie durch
muthwillige oder unter verderblichen Bedingungen geschlossene Borgverträge
künftigem Nothstande Preis gibt. In beyden Fällen muß die gerichtliche
Erklärung öffentlich bekannt gemacht werden.
d) für Ungeborne;
§. 274. In Rücksicht
auf Ungeborne wird ein Sachwalter entweder für die Nachkommenschaft überhaupt,
oder für eine bereits vorhandene Leibesfrucht (§. 22) aufgestellet. Im ersten
Falle hat der Sachwalter dafür zu sorgen, daß die Nachkommenschaft bey einem
ihr bestimmten Nachlasse nicht verkürzet werde; im zweyten Falle aber, daß die
Rechte des noch ungebornen Kindes erhalten werden.
e) für Taubstumme;
§. 275. Taubstumme,
wenn sie zugleich blödsinnig sind, bleiben beständig unter Vormundschaft; sind
sie aber nach Antritt des fünf und zwanzigsten Jahres ihre Geschäfte zu
verwalten fähig, so darf ihnen wider ihren Willen kein Curator gesetzt werden;
nur sollen sie vor Gericht nie ohne einen Sachwalter erscheinen.
f) für Abwesende und
für unbekannte Theilnehmer an einem Geschäfte;
§. 276. Die Bestellung
eines Curators für Abwesende, oder für die dem Gerichte zur Zeit noch
unbekannten Theilnehmer an einem Geschäfte findet dann Statt, wenn sie keinen
ordentlichen Sachwalter zurückgelassen haben, ohne solchen aber ihre Rechte
durch Verzug gefährdet, oder die Rechte eines Anderen in ihrem Gange gehemmet
würden. Ist der Aufenthaltsort eines Abwesenden bekannt, so muß ihn sein
Curator von der Lage seiner Angelegenheiten unterrichten, und diese Angelegenheiten,
wenn keine andere Verfügung getroffen wird, wie jene eines Minderjährigen
besorgen.
§. 277. Sucht jemand
bey Eintretung der durch das Gesetz in dem §. 24. bestimmten Erforderungen die
gerichtliche Todeserklärung eines Abwesenden an, so hat das Gericht für diesen
Abwesenden vor Allem einen Curator zu ernennen; dann wird er durch ein auf ein
ganzes Jahr gestelltes Edict mit dem Beysatze vorgeladen, daß das Gericht, wenn
er während der Zeit nicht erscheint, oder das Gericht auf eine andere Art in die
Kenntniß seines Lebens setzt, zur Todeserklärung schreiten werde.
§. 278. Der Tag, an
welchem eine Todeserklärung ihre Rechtskraft erlangt hat, wird für den
rechtlichen Sterbetag eines Abwesenden gehalten; doch schließt eine
Todeserklärung den Beweis nicht aus, daß der Abwesende früher oder später
gestorben; oder, daß er noch am Leben sey. Kommt ein solcher Beweis zu Stande,
so ist derjenige, welcher auf den Grund der gerichtlichen Todeserklärung ein
Vermögen in Besitz genommen hat, wie ein anderer redlicher Besitzer zu
behandeln.
g) für Sträflinge.
§. 279. Einem zur
schwersten oder schweren Kerkerstrafe verurtheilten Verbrecher ist ein Curator
zu bestellen, wenn er ein Vermögen besitzt, welches durch die länger
fortdauernde Strafe einer Gefahr ausgesetzt seyn würde.
Bestellung der Curatel.
§. 280. Das Gericht,
welchem die Ernennung eines Vormundes zusteht, hat in der Regel unter der
nähmlichen Vorsicht und nach den nähmlichen Grundsätzen auch den Curator zu
bestellen. Ist es aber um die Verwaltung einer Sache oder eines Geschäftes zu
thun, welche zu einem anderen Gerichtsstande gehören; so hat dieser
Gerichtsstand auch den Curator zu ernennen.
Entschuldigungsursachen.
§. 281. Wer die
gehörigen Eigenschaften zum vormundschaftlichen Amte besitzt, kann auch eine
Curatel übernehmen. Auch finden bey der Curatel die nähmlichen
Entschuldigungsgründe und Vorzugsrechte wie bey der Vormundschaft Statt. 2
Rechte und
Verbindlichkeiten.
§. 282. Die Rechte und
Verbindlichkeiten der Curatoren, welche entweder nur für die Verwaltung des
Vermögens, oder zugleich für die Person ihres Pflegebefohlenen zu sorgen haben,
sind aus den den Vormündern hierüber ertheilten Vorschriften zu beurtheilen. 3
Erlöschung derselben.
§. 283. Die Curatel
hört auf, wenn die dem Curator anvertrauten Geschäfte geendiget sind, oder,
wenn die Gründe aufhören, die den Pflegebefohlenen an der Verwaltung seiner
Angelegenheiten verhindert haben. Ob ein Wahn- oder Blödsinniger den Gebrauch
der Vernunft erhalten habe; oder, ob der Wille eines Verschwenders gründlich
und dauerhaft gebessert sey; muß nach einer genauen Erforschung der Umstände,
aus einer anhaltenden Erfahrung, und im ersten Falle zugleich aus den
Zeugnissen der zur Untersuchung von dem Gerichte bestellten Aerzte entschieden
werden.
Vormundschaftsrat
§. 284. Zur
Unterstützung der Gerichte bei Ausübung der Vormundschafts- und
Kuratelsgerichtsbarkeit sind die Vormundschaftsräte berufen. Über deren
Zusammensetzung und Aufgaben wird durch besonderes Gesetz bestimmt.
Zweyter Theil des bürgerlichen
Gesetzbuches.
Von dem Sachenrechte.
Von Sachen und ihrer
rechtlichen Eintheilung.
Begriff von Sachen im
rechtlichen Sinne.
§. 285. Alles, was von
der Person unterschieden ist, und zum Gebrauche der Menschen dient, wird im
rechtlichen Sinne eine Sache genannt.
Eintheilung der Sachen
nach Verschiedenheit des Subjectes, dem sie gehören.
§. 286. Die Sachen in
dem Staatsgebiethe sind entweder ein Staats- oder ein Privat-Gut. Das Letztere
gehört einzelnen oder moralischen Personen, kleineren Gesellschaften, oder
ganzen Gemeinden.
Freystehende Sachen;
öffentliches Gut und Staatsvermögen.
§. 287. Sachen, welche
allen Mitgliedern des Staates zur Zueignung überlassen sind, heißen
freystehende Sachen. Jene, die ihnen nur zum Gebrauche verstattet werden, als:
Landstraßen, Ströme, Flüsse, Seehäfen und Meeresufer, heißen ein allgemeines
oder öffentliches Gut. Was zur Bedeckung der Staatsbedürfnisse bestimmt ist,
als: das Münz- oder Post- und andere Regalien, Kammergüter, Berg- und
Salzwerke, Steuern und Zölle, wird das Staatsvermögen genannt.
Gemeindegut;
Gemeindevermögen.
§. 288. Auf gleiche
Weise machen die Sachen, welche nach der Landesverfassung zum Gebrauche eines
jeden Mitgliedes einer Gemeinde dienen, das Gemeindegut; diejenigen aber, deren
Einkünfte zur Bestreitung der Gemeindeauslagen bestimmt sind, das
Gemeindevermögen aus.
Privat-Gut des
Landesfürsten.
§. 289. Auch dasjenige
Vermögen des Landesfürsten, welches er nicht als Oberhaupt des Staates besitzt,
wird als ein Privat-Gut betrachtet.
Allgemeine Vorschrift
in Rücksicht dieser verschiedenen Arten der Güter.
§. 290. Die in diesem
Privat-Rechte enthaltenen Vorschriften über die Art, wie Sachen rechtmäßig
erworben, erhalten und auf Andere übertragen werden können, sind in der Regel
auch von den Verwaltern der Staats- und Gemeindegüter, oder des Staats- und
Gemeindevermögens zu beobachten. Die in Hinsicht auf die Verwaltung und den
Gebrauch dieser Güter sich beziehenden Abweichungen und besonderen Vorschriften
sind in dem Staatsrechte und in den politischen Verordnungen enthalten.
Eintheilung der Sachen
nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit.
§. 291. Die Sachen
werden nach dem Unterschiede ihrer Beschaffenheit eingetheilt: in körperliche und
unkörperliche; in bewegliche und unbewegliche; in verbrauchbare und
unverbrauchbare; in schätzbare und unschätzbare.
Körperliche und
unkörperliche Sachen;
§. 292. Körperliche
Sachen sind diejenigen, welche in die Sinne fallen; sonst heißen sie unkörperliche;
z. B. das Recht zu jagen, zu fischen und alle andere Rechte.
bewegliche und
unbewegliche.
§. 293. Sachen, welche
ohne Verletzung ihrer Substanz von einer Stelle zur anderen versetzt werden
können, sind beweglich; im entgegengesetzten Falle sind sie unbeweglich.
Sachen, die an sich beweglich sind, werden im rechtlichen Sinne für unbeweglich
gehalten, wenn sie vermöge des Gesetzes oder der Bestimmung des Eigenthümers
das Zugehör einer unbeweglichen Sache ausmachen.
Zugehör überhaupt;
§. 294. Unter Zugehör
versteht man dasjenige, was mit einer Sache in fortdauernde Verbindung gesetzt
wird. Dahin gehören nicht nur der Zuwachs einer Sache, so lange er von
derselben nicht abgesondert ist; sondern auch die Nebensachen, ohne welche die
Hauptsache nicht gebraucht werden kann, oder die das Gesetz oder der
Eigenthümer zum fortdauernden Gebrauche der Hauptsache bestimmt hat.
insbesondere bey
Grundstücken und Teichen;
§. 295. Gras, Bäume,
Früchte und alle brauchbare Dinge, welche die Erde auf ihrer Oberfläche hervorbringt,
bleiben so lange ein unbewegliches Vermögen, als sie nicht von Grund und Boden
abgesondert worden sind. Selbst die Fische in einem Teiche, und das Wild in
einem Walde werden erst dann ein bewegliches Gut, wenn der Teich gefischet, und
das Wild gefangen oder erlegt worden ist.
§. 296. Auch das
Getreide, das Holz, das Viehfutter und alle übrige, obgleich schon eingebrachte
Erzeugnisse, so wie alles Vieh und alle zu einem liegenden Gute gehörige
Werkzeuge und Geräthschaften werden in so fern für unbewegliche Sachen
gehalten, als sie zur Fortsetzung des ordentlichen Wirthschaftsbetriebes
erforderlich sind.
und bey Gebäuden.
§. 297. Eben so gehören
zu den unbeweglichen Sachen diejenigen, welche auf Grund und Boden in der
Absicht aufgeführt werden, daß sie stets darauf bleiben sollen, als: Häuser und
andere Gebäude mit dem in senkrechter Linie darüber befindlichen Luftraume;
ferner: nicht nur Alles, was erd- mauer- niet- und nagelfest ist, als:
Braupfannen, Branntweinkessel und eingezimmerte Schränke, sondern auch
diejenigen Dinge, die zum anhaltenden Gebrauche eines Ganzen bestimmt sind: z.
B. Brunneneimer, Seile, Ketten, Löschgeräthe und dergleichen.
Maschinen.
§. 297a. Werden mit
einer unbeweglichen Sache Maschinen in Verbindung gebracht, so gelten sie nicht
als Zugehör, wenn mit Zustimmung des Eigentümers der Liegenschaft im
öffentlichen Buch angemerkt wird, daß die Maschinen Eigentum eines anderen
sind. Werden sie als Ersatz an Stelle solcher Maschinen angebracht, die als
Zugehör anzusehen waren, so ist zu dieser Anmerkung auch die Zustimmung der
früher eingetragenen bücherlich Berechtigten erforderlich. Die Anmerkung
verliert mit Ablauf von fünf Jahren nach der Eintragung ihre Wirkung; durch das
Konkurs- oder Zwangsversteigerungsverfahren wird der Ablauf der Frist gehemmt.
Rechte sind insgemein
als bewegliche Sachen anzusehen;
§. 298. Rechte werden
den beweglichen Sachen beygezählt, wenn sie nicht mit dem Besitze einer
unbeweglichen Sache verbunden, oder durch die Landesverfassung für eine
unbewegliche Sache erkläret sind.
auch die vorgemerkten
Forderungen.
§. 299.
Schuldforderungen werden durch die Sicherstellung auf ein unbewegliches Gut
nicht in ein unbewegliches Vermögen verwandelt.
Nach welchen Gesetzen
die unbeweglichen; und nach welchen die beweglichen Sachen zu beurtheilen sind.
§. 300. Unbewegliche
Sachen sind den Gesetzen des Bezirkes unterworfen, in welchem sie liegen; alle
übrige Sachen hingegen stehen mit der Person ihres Eigenthümers unter gleichen
Gesetzen.
Verbrauchbare und
unverbrauchbare Sachen.
§. 301. Sachen, welche
ohne ihre Zerstörung oder Verzehrung den gewöhnlichen Nutzen nicht gewähren,
heißen verbrauchbare; die von entgegengesetzter Beschaffenheit aber,
unverbrauchbare Sachen.
Gesammtsache
(universitas rerum).
§. 302. Ein Inbegriff
von mehreren besonderen Sachen, die als Eine Sache angesehen, und mit einem
gemeinschaftlichen Nahmen bezeichnet zu werden pflegen, macht eine Gesammtsache
aus, und wird als ein Ganzes betrachtet.
Schätzbare und
unschätzbare;
§. 303. Schätzbare
Sachen sind diejenigen, deren Werth durch Vergleichung mit anderen zum Verkehre
bestimmt werden kann; darunter gehören auch Dienstleistungen, Hand- und
Kopfarbeiten. Sachen hingegen, deren Werth durch keine Vergleichung mit anderen
im Verkehre befindlichen Sachen bestimmt werden kann, heißen unschätzbare.
Maßstab der
gerichtlichen Schätzung.
§. 304. Der bestimmte
Werth einer Sache heißt ihr Preis. Wenn eine Sache vom Gerichte zu schätzen
ist, so muß die Schätzung nach einer bestimmten Summe Geldes geschehen.
Ordentlicher und
außerordentlicher Preis.
§. 305. Wird eine Sache
nach dem Nutzen geschätzt, den sie mit Rücksicht auf Zeit und Ort gewöhnlich
und allgemein leistet, so fällt der ordentliche und gemeine Preis aus; nimmt
man aber auf die besonderen Verhältnisse und auf die in zufälligen
Eigenschaften der Sache gegründete besondere Vorliebe desjenigen, dem der Werth
ersetzt werden muß, Rücksicht, so entsteht ein außerordentlicher Preis.
Welcher bey
gerichtlichen Schätzungen zur Richtschnur zu nehmen.
§. 306. In allen
Fällen, wo nichts Anderes entweder bedungen, oder von dem Gesetze verordnet
wird, muß bey der Schätzung einer Sache der gemeine Preis zur Richtschnur
genommen werden.
Begriffe vom dinglichen
und persönlichen Sachenrechte.
§. 307. Rechte, welche
einer Person über eine Sache ohne Rücksicht auf gewisse Personen zustehen,
werden dingliche Rechte genannt. Rechte, welche zu einer Sache nur gegen
gewisse Personen unmittelbar aus einem Gesetze, oder aus einer verbindlichen
Handlung entstehen, heißen persönliche Sachenrechte.
§. 308. Dingliche
Sachenrechte sind das Recht des Besitzes, des Eigenthumes, des Pfandes, der
Dienstbarkeit und des Erbrechtes.
Erste Abtheilung des
Sachenrechtes.
Von den dinglichen
Rechten.
Erstes Hauptstück.
Von dem Besitze.
Inhaber. Besitzer.
§. 309. Wer eine Sache
in seiner Macht oder Gewahrsame hat, heißt ihr Inhaber. Hat der Inhaber einer
Sache den Willen, sie als die seinige zu behalten, so ist er ihr Besitzer.
Erwerbung des Besitzes.
Fähigkeit der Person zur Besitzerwerbung.
§. 310. Personen, die
den Gebrauch der Vernunft nicht haben, sind an sich unfähig, einen Besitz zu
erlangen. Sie werden durch einen Vormund oder Curator vertreten. Unmündige,
welche die Jahre der Kindheit zurückgelegt haben, können für sich allein eine
Sache in Besitz nehmen.
Gegenstände des
Besitzes.
§. 311. Alle
körperliche und unkörperliche Sachen, welche ein Gegenstand des rechtlichen
Verkehres sind, können in Besitz genommen werden.
Arten der
Besitzerwerbung;
§. 312. Körperliche,
bewegliche Sachen werden durch physische Ergreifung, Wegführung oder
Verwahrung; unbewegliche aber durch Betretung, Verrainung, Einzäunung,
Bezeichnung oder Bearbeitung in Besitz genommen. In den Besitz unkörperlicher
Sachen oder Rechte kommt man durch den Gebrauch derselben im eigenen Nahmen.
insbesondere von einem
bejahenden, verneinenden oder einem Verbothsrechte.
§. 313. Der Gebrauch
eines Rechtes wird gemacht, wenn jemand von einem Anderen etwas als eine
Schuldigkeit fordert, und dieser es ihm leistet; ferner, wenn jemand die einem
Anderen gehörige Sache mit dessen Gestattung zu seinem Nutzen anwendet;
endlich, wenn auf fremdes Verboth ein Anderer das, was er sonst zu thun befugt
wäre, unterläßt.
Unmittelbare und
mittelbare Erwerbungsart des Besitzes.
§. 314. Den Besitz
sowohl von Rechten, als von körperlichen Sachen erlangt man entweder
unmittelbar, wenn man freystehender Rechte und Sachen; oder mittelbar, wenn man
eines Rechtes, oder einer Sache, die einem Anderen gehört, habhaft wird.
Umfang der Erwerbung.
§. 315. Durch die unmittelbare
und durch die mittelbare eigenmächtige Besitzergreifung erhält man nur so viel
in Besitz, als wirklich ergriffen, betreten, gebraucht, bezeichnet, oder in
Verwahrung gebracht worden ist; bey der mittelbaren, wenn uns der Inhaber in
seinem oder eines Anderen Nahmen ein Recht oder eine Sache überläßt, erhält man
Alles, was der vorige Inhaber gehabt und durch deutliche Zeichen übergeben hat,
ohne daß es nöthig ist, jeden Theil des Ganzen besonders zu übernehmen.
Rechtmäßiger,
unrechtmäßiger Besitz.
§. 316. Der Besitz
einer Sache heißt rechtmäßig, wenn er auf einem gültigen Titel, das ist, auf
einem zur Erwerbung tauglichen Rechtsgrunde beruhet. Im entgegengesetzten Falle
heißt er unrechtmäßig.
Haupttitel des
rechtmäßigen Besitzes.
§. 317. Der Titel liegt
bey freystehenden Sachen in der angebornen Freyheit zu Handlungen, wodurch die
Rechte Anderer nicht verletzet werden; bey Anderen in dem Willen des vorigen
Besitzers, oder in dem Ausspruche des Richters, oder endlich in dem Gesetze,
wodurch jemanden das Recht zum Besitze ertheilet wird.
Der Inhaber hat noch
keinen Titel;
§. 318. Dem Inhaber,
der eine Sache nicht in seinem, sondern im Nahmen eines Anderen inne hat, kommt
noch kein Rechtsgrund zur Besitznahme dieser Sache zu.
und kann ihn nicht
eigenmächtig erlangen.
§. 319. Der Inhaber
einer Sache ist nicht berechtiget, den Grund seiner Gewahrsame eigenmächtig zu
verwechseln, und sich dadurch eines Titels anzumaßen; wohl aber kann derjenige,
welcher bisher eine Sache in eigenem Nahmen rechtmäßig besaß, das Besitzrecht
einem Anderen überlassen, und sie künftig in dessen Nahmen inne haben.
Wirkung des bloßen
Titels.
§. 320. Durch einen
gültigen Titel erhält man nur das Recht zum Besitze einer Sache, nicht den
Besitz selbst. Wer nur das Recht zum Besitze hat, darf sich im
Verweigerungsfalle nicht eigenmächtig in den Besitz setzen; er muß ihn von dem
ordentlichen Richter mit Anführung seines Titels im Wege Rechtens fordern.
Erforderung zum
wirklichen Besitzrechte.
§. 321. Wo so genannte
Landtafeln, Stadt- oder Grundbücher, oder andere dergleichen öffentliche
Register eingeführt sind, wird der rechtmäßige Besitz eines dinglichen Rechtes
auf unbewegliche Sachen nur durch die ordentliche Eintragung in diese
öffentlichen Bücher erlangt.
§. 322. Ist eine
bewegliche Sache nach und nach mehreren Personen übergeben worden; so gebühret
das Besitzrecht derjenigen, welche sie in ihrer Macht hat. Ist aber die Sache
unbeweglich, und sind öffentliche Bücher eingeführt; so steht das Besitzrecht
ausschließlich demjenigen zu, welcher als Besitzer derselben eingeschrieben
ist.
Der Besitzer kann zur
Angabe des Rechtsgrundes nicht aufgefordert werden.
§. 323. Der Besitzer
einer Sache hat die rechtliche Vermuthung eines gültigen Titels für sich; er
kann also zur Angabe desselben nicht aufgefordert werden.
§. 324. Diese
Aufforderung findet auch dann noch nicht Statt, wenn jemand behauptet, daß der
Besitz seines Gegners mit anderen rechtlichen Vermuthungen, z. B. mit der
Freyheit des Eigenthumes, sich nicht vereinbaren lasse. In solchen Fällen muß
der behauptende Gegner vor dem ordentlichen Richter klagen, und sein
vermeintliches stärkeres Recht darthun. Im Zweifel gebührt dem Besitzer der
Vorzug.
Ausnahme.
§. 325. In wie fern der
Besitzer einer Sache, deren Verkehr verbothen; oder die entwendet zu seyn
scheint, den Titel seines Besitzes anzuzeigen verbunden sey, darüber
entscheiden die Straf- und politischen Gesetze.
Redlicher und
unredlicher Besitzer.
§. 326. Wer aus
wahrscheinlichen Gründen die Sache, die er besitzt, für die seinige hält, ist
ein redlicher Besitzer. Ein unredlicher Besitzer, ist derjenige, welcher weiß
oder aus den Umständen vermuthen muß, daß die in seinem Besitze befindliche
Sache einem Anderen zugehöre. Aus Irrthum in Thatsachen oder aus Unwissenheit
der gesetzlichen Vorschriften kann man ein unrechtmäßiger (§. 316) und doch ein
redlicher Besitzer seyn.
Wie ein Mitbesitzer zum
unredlichen oder unrechtmäßigen Besitzer werde.
§. 327. Besitzt eine
Person die Sache selbst, eine andere aber das Recht auf alle oder auf einige
Nutzungen dieser Sache; so kann eine und dieselbe Person, wenn sie die Gränzen
ihres Rechtes überschreitet, in verschiedenen Rücksichten ein redlicher und
unredlicher, ein rechtmäßiger und unrechtmäßiger Besitzer seyn.
Entscheidung über die
Redlichkeit des Besitzes.
§. 328. Die Redlichkeit
oder Unredlichkeit des Besitzes muß im Falle eines Rechtsstreites durch
richterlichen Ausspruch entschieden werden. Im Zweifel ist die Vermuthung für
die Redlichkeit des Besitzes.
Fortdauer des Besitzes.
Rechte des redlichen Besitzes; a) in Rücksicht der Substanz der Sache;
§. 329. Ein redlicher
Besitzer kann schon allein aus dem Grunde des redlichen Besitzes die Sache, die
er besitzt, ohne Verantwortung nach Belieben brauchen, verbrauchen, auch wohl vertilgen.
b) der Nutzungen;
§. 330. Dem redlichen
Besitzer gehören alle aus der Sache entspringende Früchte, so bald sie von der
Sache abgesondert worden sind; ihm gehören auch alle andere schon eingehobene
Nutzungen, in so fern sie während des ruhigen Besitzes bereits fällig gewesen
sind.
c) des Aufwandes.
§. 331. Hat der
redliche Besitzer an die Sache entweder zur fortwährenden Erhaltung der
Substanz einen nothwendigen, oder, zur Vermehrung noch fortdauernder Nutzungen
einen nützlichen Aufwand gemacht; so gebührt ihm der Ersatz nach dem
gegenwärtigen Werthe, in so fern er den wirklich gemachten Aufwand nicht
übersteigt.
§. 332. Von dem
Aufwande, welcher nur zum Vergnügen und zur Verschönerung gemacht worden ist,
wird nur so viel ersetzt, als die Sache dem gemeinen Werthe nach wirklich
dadurch gewonnen hat; doch hat der vorige Besitzer die Wahl, Alles für sich
wegzunehmen, was davon ohne Schaden der Substanz weggenommen werden kann.
Anspruch auf den Ersatz
des Preises.
§. 333. Selbst der redliche
Besitzer kann den Preis, welchen er seinem Vormanne für die ihm überlassene
Sache gegeben hat, nicht fordern. Wer aber eine fremde Sache, die der
Eigenthümer sonst schwerlich wieder erlangt haben würde, redlicher Weise an
sich gelöset, und dadurch dem Eigenthümer einen erweislichen Nutzen verschaffet
hat, kann eine angemessene Vergütung fordern.
§. 334. Ob einem
redlichen Inhaber das Recht zustehe, seiner Forderung wegen die Sache zurück zu
behalten, wird in dem Hauptstücke vom Pfandrechte bestimmt.
Verbindlichkeit des
unredlichen Besitzers.
§. 335. Der unredliche
Besitzer ist verbunden, nicht nur alle durch den Besitz einer fremden Sache
erlangte Vortheile zurück zu stellen; sondern auch diejenigen, welche der
Verkürzte erlangt haben würde, und allen durch seinen Besitz entstandenen
Schaden zu ersetzen. In dem Falle, daß der unredliche Besitzer durch eine in
den Strafgesetzen verbothene Handlung zum Besitze gelanget ist, erstrecket sich
der Ersatz bis zum Werthe der besonderen Vorliebe.
§. 336. Hat der
unredliche Besitzer einen Aufwand auf die Sache gemacht, so ist dasjenige
anzuwenden, was in Rücksicht des von einem Geschäftsführer ohne Auftrag
gemachten Aufwandes in dem Hauptstücke von der Bevollmächtigung verordnet ist.
Beurtheilung der
Redlichkeit des Besitzes einer Gemeinde.
§. 337. Der Besitz
einer Gemeinde wird nach der Redlichkeit oder Unredlichkeit der im Nahmen der
Mitglieder handelnden Machthaber beurtheilet. Immer müssen jedoch die
unredlichen sowohl den redlichen Mitgliedern, als dem Eigenthümer den Schaden
ersetzen.
In wie fern durch die
Klage der Besitz unredlich werde.
§. 338. Auch der
redliche Besitzer, wenn er durch richterlichen Ausspruch zur Zurückstellung der
Sache verurtheilet wird, ist in Rücksicht des Ersatzes der Nutzungen und des
Schadens, wie auch in Rücksicht des Aufwandes, von dem Zeitpuncte der ihm
zugestellten Klage, gleich einem unredlichen Besitzer zu behandeln; doch haftet
er für den Zufall, der die Sache bey dem Eigenthümer nicht getroffen hätte, nur
in dem Falle, daß er die Zurückgabe durch einen muthwilligen Rechtsstreit
verzögert hat.
Rechtsmittel des
Besitzers bey einer Störung seines Besitzes;
§. 339. Der Besitz mag
von was immer für einer Beschaffenheit seyn, so ist niemand befugt, denselben
eigenmächtig zu stören. Der Gestörte hat das Recht, die Untersagung des
Eingriffes, und den Ersatz des erweislichen Schadens gerichtlich zu fordern.
besonders durch eine
Bauführung;
§. 340. Wird der
Besitzer einer unbeweglichen Sache oder eines dinglichen Rechtes durch Führung eines
neuen Gebäudes, Wasserwerkes, oder anderen Werkes in seinen Rechten gefährdet,
ohne daß sich der Bauführer nach Vorschrift der allgemeinen Gerichtsordnung
gegen ihn geschützt hat; so ist der Gefährdete berechtiget, das Verboth einer
solchen Neuerung vor Gericht zu fordern, und das Gericht ist verbunden, die
Sache auf das schleunigste zu entscheiden.
§. 341. Bis zur
Entscheidung der Sache ist die Fortsetzung des Baues von dem Gerichte in der
Regel nicht zu gestatten. Nur bey einer nahen, offenbaren Gefahr, oder, wenn
der Bauführer eine angemessene Sicherheit leistet, daß er die Sache in den
vorigen Stand setzen, und den Schaden vergüten wolle, der Verbothsleger dagegen
in dem letzteren Falle keine ähnliche Sicherstellung für die Folgen seines
Verboths leistet, ist die einstweilige Fortsetzung des Baues zu bewilligen.
§. 342. Was in den
vorhergehenden §§. in Rücksicht einer neuen Bauführung verordnet wird, ist auch
auf die Niederreißung eines alten Gebäudes, oder anderen Werkes anzuwenden.
und bey der Gefahr
eines vorhandenen Baues.
§. 343. Kann der
Besitzer eines dinglichen Rechtes beweisen, daß ein bereits vorhandener fremder
Bau oder eine andere fremde Sache dem Einsturze nahe sey, und ihm offenbarer
Schaden drohe; so ist er befugt, gerichtlich auf Sicherstellung zu dringen,
wenn anders die politische Behörde nicht bereits hinlänglich für die
öffentliche Sicherheit gesorgt hat.
Rechtsmittel zur
Erhaltung des Besitzstandes: a) bey dringender Gefahr;
§. 344. Zu den Rechten
des Besitzes gehört auch das Recht, sich in seinem Besitze zu schützen, und in
dem Falle, daß die richterliche Hülfe zu spät kommen würde, Gewalt mit
angemessener Gewalt abzutreiben (§. 19). Uebrigens hat die politische Behörde
für die Erhaltung der öffentlichen Ruhe, so wie das Strafgericht für die
Bestrafung öffentlicher Gewaltthätigkeiten, zu sorgen.
b) gegen den unechten
Besitzer;
§. 345. Wenn sich
jemand in den Besitz eindringt, oder durch List oder Bitte heimlich
einschleicht, und das, was man ihm aus Gefälligkeit, ohne sich einer fortdauernden
Verbindlichkeit zu unterziehen gestattet, in ein fortwährendes Recht zu
verwandeln sucht; so wird der an sich unrechtmäßige und unredliche Besitz noch
überdieß unecht; in entgegengesetzten Fällen wird der Besitz für echt
angesehen.
§. 346. Gegen jeden
unechten Besitzer kann so wohl die Zurücksetzung in die vorige Lage, als auch
die Schadloshaltung eingeklagt werden. Beydes muß das Gericht nach rechtlicher
Verhandlung, selbst ohne Rücksicht auf ein stärkeres Recht, welches der
Geklagte auf die Sache haben könnte, verordnen.
c) beym Zweifel über
die Echtheit des Besitzes.
§. 347. Zeigt es sich
nicht gleich auf der Stelle, wer sich in einem echten Besitze befinde, und in
wie fern der eine oder der andere Theil auf gerichtliche Unterstützung Anspruch
habe; so wird die im Streite verfangene Sache so lange der Gewahrsame des
Gerichtes oder eines Dritten anvertraut, bis der Streit über den Besitz
verhandelt und entschieden worden ist. Der Sachfällige kann auch nach dieser
Entscheidung die Klage aus einem vermeintlich stärkeren Rechte auf die Sache
noch anhängig machen.
Verwahrungsmittel des
Inhabers gegen mehrere zusammentreffende Besitzwerber.
§. 348. Wenn der bloße
Inhaber von mehreren Besitzwerbern zugleich um die Uebergabe der Sache
angegangen wird, und sich Einer darunter befindet, in dessen Nahmen die Sache
aufbewahrt wurde; so wird sie vorzüglich diesem übergeben, und die Uebergabe
den Uebrigen bekannt gemacht. Kommt dieser Umstand Keinem zu Statten, so wird
die Sache der Gewahrsame des Richters oder eines Dritten anvertraut. Der
Richter hat die Rechtsgründe der Besitzwerber zu prüfen, und darüber zu
entscheiden.
Erlöschung des
Besitzes: a) körperlicher Sachen;
§. 349. Der Besitz
einer körperlichen Sache geht insgemein verloren, wenn dieselbe ohne Hoffnung,
wieder gefunden zu werden, in Verlust geräth; wenn sie freywillig verlassen
wird; oder in fremden Besitz kommt.
b) der in die
öffentlichen Bücher eingetragenen Rechte;
§. 350. Der Besitz derjenigen
Rechte und unbeweglichen Sachen, welche einen Gegenstand der öffentlichen
Bücher ausmachen, erlischt, wenn sie aus den landtäflichen, Stadt- oder
Grundbüchern gelöscht; oder, wenn sie auf den Nahmen eines Anderen eingetragen
werden.
c) anderer Rechte.
§. 351. Bey anderen
Rechten hört der Besitz auf, wenn der Gegentheil das, was er sonst geleistet
hat, nicht mehr leisten zu wollen erkläret; wenn er die Ausübung des Rechtes
eines Anderen nicht mehr duldet; oder, wenn er das Verboth, etwas zu unterlassen,
nicht mehr achtet, der Besitzer aber in allen diesen Fällen es dabey bewenden
läßt, und die Erhaltung des Besitzes nicht einklagt. Durch den bloßen
Nichtgebrauch eines Rechtes geht der Besitz, außer den im Gesetze bestimmten
Verjährungsfällen, nicht verloren.
§. 352. So lange noch
Hoffnung vorhanden ist, eine verlorne Sache zu erhalten, kann man sich durch
den bloßen Willen in ihrem Besitze erhalten. Die Abwesenheit des Besitzers oder
die eintretende Unfähigkeit, einen Besitz zu erwerben, heben den bereits
erworbenen Besitz nicht auf.
Zweytes Hauptstück.
Von dem
Eigenthumsrechte.
Begriff des
Eigenthumes; Eigenthum im objectiven Sinne;
§. 353. Alles, was
jemanden zugehöret, alle seine körperlichen und unkörperlichen Sachen, heißen
sein Eigenthum.
im subjectiven.
§. 354. Als ein Recht
betrachtet, ist Eigenthum das Befugniß, mit der Substanz und den Nutzungen
einer Sache nach Willkühr zu schalten, und jeden Anderen davon auszuschließen.
objective und
subjective Möglichkeit der Erwerbung des Eigenthumes.
§. 355. Alle Sachen
sind insgemein Gegenstände des Eigenthumsrechtes, und jedermann, den die
Gesetze nicht ausdrücklich ausschließen, ist befugt, dasselbe durch sich selbst
oder durch einen Anderen in seinem Nahmen zu erwerben.
§. 356. Wer also
behauptet, daß der Person, die etwas erwerben will, in Rücksicht ihrer
persönlichen Fähigkeit, oder in Rücksicht auf die Sache, die erworben werden
soll, ein gesetzliches Hinderniß entgegen stehe, dem liegt der Beweis ob.
Eintheilung des
Eigenthumes in vollständiges und unvollständiges.
§. 357. Wenn das Recht
auf die Substanz einer Sache mit dem Rechte auf die Nutzungen in Einer und
derselben Person vereinigt ist, so ist das Eigenthumsrecht vollständig und
ungetheilt. Kommt aber Einem nur ein Recht auf die Substanz der Sache; dem
Anderen dagegen nebst einem Rechte auf die Substanz, das ausschließende Recht
auf derselben Nutzungen zu, dann ist das Eigenthumsrecht getheilt und für beyde
unvollständig. Jener wird Obereigenthümer; dieser Nutzungseigenthümer genannt.
§. 358. Alle andere
Arten der Beschränkungen durch das Gesetz oder durch den Willen des
Eigenthümers heben die Vollständigkeit des Eigenthumes nicht auf.
§. 359. Die Absonderung
des Rechtes auf die Substanz von dem Rechte auf die Nutzungen entsteht theils
durch Verfügung des Eigenthümers; theils durch gesetzliche Verordnung. Nach
Verschiedenheit der zwischen dem Ober- und Nutzungseigenthümer obwaltenden
Verhältnisse werden die Güter, worin das Eigenthum getheilt ist, Lehen-
Erbpacht- und Erbzinsgüter genannt. Von dem Lehen wird in dem besonders
bestehenden Lehenrechte; von den Erbpacht- und Erbzinsgütern aber in dem
Hauptstücke von Bestandverträgen gehandelt.
§. 360. Aus der bloßen
Abführung eines fortdauernden Zinses, oder jährlicher Renten von einem
Grundstücke kann man noch nicht auf die Theilung des Eigenthumes folgern. In
allen Fällen, in welchen die Trennung des Rechtes auf die Substanz von dem
Rechte auf die Nutzungen nicht ausdrücklich erhellet, ist jeder redliche
Besitzer als vollständiger Eigenthümer anzusehen.
Miteigenthum.
§. 361. Wenn eine noch
ungetheilte Sache mehreren Personen zugleich zugehört; so entsteht ein
gemeinschaftliches Eigenthum. In Beziehung auf das Ganze werden die
Miteigenthümer für eine einzige Person angesehen; in so weit ihnen aber gewisse,
obgleich unabgesonderte Theile angewiesen sind, hat jeder Miteigenthümer das
vollständige Eigenthum des ihm gehörigen Theiles.
Rechte des
Eigenthümers.
§. 362. Kraft des
Rechtes, frey über sein Eigenthum zu verfügen, kann der vollständige Eigenthümer
in der Regel seine Sache nach Willkühr benützen oder unbenützt lassen; er kann
sie vertilgen, ganz oder zum Theile auf Andere übertragen, oder unbedingt sich
derselben begeben, das ist, sie verlassen.
Beschränkungen
derselben.
§. 363. Eben diese
Rechte genießen auch unvollständige, sowohl Ober- als Nutzungseigenthümer; nur
darf der Eine nichts vornehmen, was mit dem Rechte des Anderen im Widerspruche
steht.
§. 364. Ueberhaupt
findet die Ausübung des Eigenthumsrechtes nur in so fern Statt, als dadurch weder
in die Rechte eines Dritten ein Eingriff geschieht, noch die in den Gesetzen
zur Erhaltung und Beförderung des allgemeinen Wohles vorgeschriebenen
Einschränkungen übertreten werden.
Der Eigentümer eines
Grundstückes kann dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen
durch Abwässer, Rauch, Gase, Wärme, Geruch, Geräusch, Erschütterung und
ähnliche insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen
gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstückes
wesentlich beeinträchtigen. Unmittelbare Zuleitung ist ohne besonderen
Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
§. 364a. Wird jedoch
die Beeinträchtigung durch eine Bergwerksanlage oder eine behördlich genehmigte
Anlage auf dem nachbarlichen Grund in einer dieses Maß überschreitenden Weise
verursacht, so ist der Grundbesitzer nur berechtigt, den Ersatz des zugefügten
Schadens gerichtlich zu verlangen, auch wenn der Schaden durch Umstände
verursacht wird, auf die bei der behördlichen Verhandlung keine Rücksicht
genommen wurde.
§. 364b. Ein Grundstück
darf nicht in der Weise vertieft werden, daß der Boden oder das Gebäude des
Nachbars die erforderliche Stütze verliert, es sei denn, daß der Besitzer des
Grundstückes für eine genügende anderweitige Befestigung Vorsorge trifft.
§. 364c. Ein
vertragsmäßiges oder letztwilliges Veräußerungs- oder Belastungsverbot
hinsichtlich einer Sache oder eines dingliches Rechtes verpflichtet nur den
ersten Eigentümer, nicht aber seine Erben oder sonstige Rechtsnachfolger. Gegen
Dritte wirkt es dann, wenn es zwischen Ehegatten, Eltern und Kindern, Wahl-
oder Pflegekindern oder deren Ehegatten begründet und im öffentlichen Buche
eingetragen wurde.
§. 365. Wenn es das
allgemeine Beste erheischt, muß ein Mitglied des Staates gegen eine angemessene
Schadloshaltung selbst das vollständige Eigenthum einer Sache abtreten.
Klagen aus dem
Eigenthumsrechte:
a) Eigentliche
Eigenthumsklage: wem und gegen wen sie gebühre?
§. 366. Mit dem Rechte
des Eigenthümers jeden Anderen von dem Besitze seiner Sache auszuschließen, ist
auch das Recht verbunden, seine ihm vorenthaltene Sache von jedem Inhaber durch
die Eigenthumsklage gerichtlich zu fordern. Doch steht dieses Recht demjenigen
nicht zu, welcher eine Sache zur Zeit, da er noch nicht Eigenthümer war, in
seinem eigenen Nahmen veräußert, in der Folge aber das Eigenthum derselben
erlangt hat.
§. 367. Die
Eigenthumsklage findet gegen den redlichen Besitzer einer beweglichen Sache
nicht Statt, wenn er beweiset, daß er diese Sache entweder in einer öffentlichen
Versteigerung, oder von einem zu diesem Verkehre befugten Gewerbsmanne, oder
gegen Entgeld von jemanden an sich gebracht hat, dem sie der Kläger selbst zum
Gebrauche, zur Verwahrung, oder in was immer für einer anderen Absicht
anvertrauet hatte. In diesen Fällen wird von den redlichen Besitzern das
Eigenthum erworben, und dem vorigen Eigenthümer steht nur gegen jene, die ihm
dafür verantwortlich sind, das Recht der Schadloshaltung zu.
§. 368. Wird aber
bewiesen, daß der Besitzer entweder schon aus der Natur der an sich gebrachten
Sache, oder aus dem auffallend zu geringen Preise derselben, oder aus den
bekannten persönlichen Eigenschaften seines Vormannes, aus dessen Gewerbe oder
anderen Verhältnissen einen gegründeten Verdacht gegen die Redlichkeit seines
Besitzers hätte schöpfen können; so muß er als ein unredlicher Besitzer die
Sache dem Eigenthümer abtreten.
Was dem Kläger zu
beweisen obliege?
§. 369. Wer die
Eigenthumsklage übernimmt, muß den Beweis führen, daß der Geklagte die
eingeklagte Sache in seiner Macht habe, und daß diese Sache sein Eigenthum sey.
§. 370. Wer eine
bewegliche Sache gerichtlich zurückfordert, muß sie durch Merkmahle
beschreiben, wodurch sie von allen ähnlichen Sachen gleicher Gattung
ausgezeichnet wird.
§. 371. Sachen, die
sich auf diese Art nicht unterscheiden lassen, wie bares Geld mit anderem baren
Gelde vermenget, oder auf den Ueberbringer lautende Schuldbriefe, sind also in
der Regel kein Gegenstand der Eigenthumsklage; wenn nicht solche Umstände
eintreten, aus denen der Kläger sein Eigenthumsrecht beweisen kann, und aus
denen der Geklagte wissen mußte, daß er die Sache sich zuzuwenden nicht
berechtiget sey.
b) Eigenthumsklage aus
dem rechtlich vermutheten Eigenthume des Klägers.
Gegen welche Besitzer
diese Vermuthung eintrete?
§. 372. Wenn der Kläger
mit dem Beweise des erworbenen Eigenthumes einer ihm vorenthaltenen Sache zwar
nicht ausreicht, aber den gültigen Titel, und die echte Art, wodurch er zu
ihrem Besitze gelangt ist, dargethan hat; so wird er doch in Rücksicht eines
jeden Besitzers, der keinen, oder nur einen schwächeren Titel seines Besitzes
anzugeben vermag, für den wahren Eigenthümer gehalten.
§. 373. Wenn also der
Geklagte die Sache auf eine unredliche oder unrechtmäßige Weise besitzt; wenn
er keinen oder nur einen verdächtigen Vormann anzugeben vermag; oder, wenn er
die Sache ohne Entgeld, der Kläger aber gegen Entgeld erhalten hat; so muß er
dem Kläger weichen.
§. 374. Haben der
Geklagte und der Kläger einen gleichen Titel ihres echten Besitzes, so gebühret
dem Geklagten kraft des Besitzes der Vorzug.
§. 375. Wer eine Sache
in fremdem Nahmen besitzt, kann sich gegen die Eigenthumsklage dadurch
schützen, daß er seinen Vormann nahmhaft macht, und sich darüber ausweiset.
Gesetzliche Folge: a)
der Abläugnung des Besitzes;
§. 376. Wer den Besitz
einer Sache vor Gericht läugnet, und dessen überwiesen wird, muß dem Kläger
deßwegen allein schon den Besitz abtreten; doch behält er das Recht, in der
Folge seine Eigenthumsklage anzustellen.
b) des vorgegebenen
Besitzes;
§. 377. Wer eine Sache,
die er nicht besitzt, zu besitzen vorgibt, und den Kläger dadurch irre führt,
haftet für allen daraus entstehenden Schaden.
c) des aufgegebenen
Besitzes der streitigen Sache.
§. 378. Wer eine Sache
im Besitze hatte, und nach zugestellter Klage fahren ließ, muß sie dem Kläger,
wenn dieser sich nicht an den wirklichen Inhaber halten will, auf seine Kosten
zurück verschaffen, oder den außerordentlichen Werth derselben ersetzen.
Was der Besitzer dem
Eigenthümer erstatte.
§. 379. Was sowohl der
redliche als unredliche Besitzer dem Eigenthümer in Ansehung des entgangenen
Nutzens, oder des erlittenen Schadens zu ersetzen habe, ist in dem vorigen
Hauptstücke bestimmt worden.
Drittes Hauptstück.
Von der Erwerbung des
Eigenthumes durch Zueignung.
Rechtliche
Erfordernisse der Erwerbung.
§. 380. Ohne Titel und
ohne rechtliche Erwerbungsart kann kein Eigenthum erlangt werden.
Titel und Art der
unmittelbaren Erwerbung:
Die Zueignung.
§. 381. Bey freystehenden
Sachen besteht der Titel in der angebornen Freyheit, sie in Besitz zu nehmen.
Die Erwerbungsart ist die Zueignung, wodurch man sich einer freystehenden Sache
bemächtiget, in der Absicht, sie als die seinige zu behandeln.
§. 382. Freystehende Sachen
können von allen Mitgliedern des Staates durch die Zueignung erworben werden,
in so fern dieses Befugniß nicht durch politische Gesetze eigeschränkt ist,
oder einigen Mitgliedern das Vorrecht der Zueignung zusteht.
1) durch den Thierfang.
§. 383. Dieses gilt
insbesondere von dem Thierfange. Wem das Recht zu jagen oder zu fischen
gebühre; wie der übermäßige Anwachs des Wildes gehemmet, und der vom Wilde
verursachte Schade ersetzet werde; wie der Honigraub, der durch fremde Bienen
geschieht, zu verhindern sey; ist in den politischen Gesetzen festgesetzt. Wie
Wilddiebe zu bestrafen seyn, wird in den Strafgesetzen bestimmt.
§. 384. Häusliche
Bienenschwärme und andere zahme oder zahm gemachte Thiere sind kein Gegenstand
des freyen Thierfanges, vielmehr hat der Eigenthümer das Recht, sie auf fremdem
Grunde zu verfolgen; doch soll er dem Grundbesitzer den ihm etwa verursachten
Schaden ersetzen. Im Falle, daß der Eigenthümer des Mutterstockes den Schwarm
durch zwey Tage nicht verfolgt hat; oder, daß ein zahm gemachtes Thier durch
zwey und vierzig Tage von selbst ausgeblieben ist, kann sie auf gemeinem Grunde
jedermann; auf dem seinigen der Grundeigenthümer für sich nehmen, und behalten.
2) durch das Finden
freystehender Sachen.
§. 385. Keine
Privat-Person ist berechtiget, die dem Staate durch die politischen
Verordnungen vorbehaltenen Erzeugnisse sich zuzueignen.
§. 386. Bewegliche
Sachen, welche der Eigenthümer nicht mehr als die seinigen behalten will, und
daher verläßt, kann sich jedes Mitglied des Staates eigen machen
§. 387. In wie fern
Grundstücke wegen gänzlicher Unterlassung ihres Anbaues, oder Gebäude wegen der
unterlassenen Herstellung für verlassen anzusehen, oder einzuziehen seyn,
bestimmen die politischen Gesetze.
Vorschriften über das
Finden:
a) verlorener Sachen;
§. 388. Es ist im
Zweifel nicht zu vermuthen, daß jemand sein Eigenthum wolle fahren lassen;
daher darf kein Finder eine gefundene Sache für verlassen ansehen und sich
dieselbe zueignen. Noch weniger darf sich jemand des Strandrechtes anmaßen.
§. 389. Der Finder ist
also verbunden, dem vorigen Besitzer, wenn er aus den Merkmahlen der Sache,
oder aus anderen Umständen deutlich erkannt wird, die Sache zurück zu geben.
Ist ihm der vorige Besitzer nicht bekannt, so muß er, wenn das Gefundene zehntausend
Kronen am Werthe übersteigt, den Fund innerhalb acht Tagen auf die an jedem
Orte gewöhnliche Art bekannt machen lassen, und wenn die gefundene Sache mehr
als hunderttausend Kronen werth ist, den Vorfall der Ortsobrigkeit anzeigen.
§. 390. Die Obrigkeit
hat die gemachte Anzeige, ohne die besonderen Merkmahle der gefundenen Sache zu
berühren, ungesäumt auf die an jedem Orte gewöhnliche Art; wenn aber der
Eigenthümer in einer den Umständen angemessenen Zeitfrist sich nicht entdecket,
und der Werth der gefundenen Sache eine Million Kronen übersteigt, drey Mahl
durch die öffentlichen Zeitungsblätter bekannt zu machen. Kann die gefundene
Sache nicht ohne Gefahr in den Händen des Finders gelassen werden, so muß die
Sache, oder, wenn diese nicht ohne merklichen Schaden aufbewahrt werden könnte,
der durch die öffentliche Feilbiethung daraus gelöste Werth gerichtlich
hinterlegt, oder einem Dritten zur Verwahrung übergeben werden.
§. 391. Wenn sich der
vorige Inhaber oder Eigenthümer der gefundenen Sache in einer Jahresfrist, von
der Zeit der vollendeten Kundmachung, meldet, und sein Recht gehörig darthut,
wird ihm die Sache oder das daraus gelöste Geld verabfolget. Er ist jedoch
verbunden, die Auslagen zu vergüten, und dem Finder auf Verlangen Zehen vom
Hundert des gemeinen Werthes als Finderlohn zu entrichten. Wenn aber nach
dieser Berechnung die Belohnung eine Summe von fünfhunderttausend Kronen
erreicht hat; so soll sie in Rücksicht des Uebermaßes nur zu Fünf vom Hundert
ausgemessen werden.
§. 392. Wird die gefundene
Sache innerhalb der Jahresfrist von niemanden mit Recht angesprochen, so erhält
der Finder das Recht, die Sache oder den daraus gelösten Werth zu benützen.
Meldet sich der vorige Inhaber in der Folge, so muß ihm nach Abzug der Kosten
und des Finderlohnes die Sache, oder der gelöste Werth sammt den etwa daraus
gezogenen Zinsen zurückgestellt werden. Erst nach der Verjährungszeit erlangt
der Finder gleich einem redlichen Besitzer das Eigenthumsrecht.
§. 393. Wer immer die
in den §§. 388-392 angeführten Vorschriften außer Acht läßt, haftet für alle
schädlichen Folgen. Läßt sie der Finder außer Acht, so verwirkt er auch den
Finderlohn, und macht sich zu Folge des Strafgesetzbuches noch überdieß nach
Umständen des Betruges schuldig.
§. 394. Mehreren Personen,
welche eine Sache zugleich gefunden haben, kommen in Rücksicht derselben
gleiche Verbindlichkeiten und Rechte zu. Unter die Mitfinder wird auch
derjenige gezählt, welcher zuerst die Sache entdecket, und nach derselben
gestrebt hat, obgleich ein Anderer sie früher an sich gezogen hätte.
b) verborgener
Gegenstände;
§. 395. Werden
vergrabene, eingemauerte oder sonst verborgene Sachen eines unbekannten
Eigenthümers entdeckt; muß die Anzeige so, wie bey dem Funde überhaupt, gemacht
werden.
§. 396. Wird der
Eigenthümer aus den äußerlichen Merkmahlen oder anderen Umständen entdeckt, so
ist ihm die Sache zuzustellen; er muß aber, wenn er nicht beweisen kann, schon
ehe Kenntniß davon gehabt zu haben, dem Finder den §. 391. ausgemessenen
Finderlohn entrichten.
§. 397. In dem Falle,
daß sich der Eigenthümer nicht sogleich erkennen läßt, muß die Obrigkeit nach
den Vorschriften der §§. 390-392. verfahren.
e) eines Schatzes;
§. 398. Bestehen die
entdeckten Sachen in Geld, Schmuck oder anderen Kostbarkeiten, die so lange im
Verborgenen gelegen haben, daß man ihren vorigen Eigenthümer nicht mehr
erfahren kann, dann heißen sie ein Schatz. Die Entdeckung eines Schatzes ist
von der Obrigkeit der Landesstelle anzuzeigen.
§. 399. Von einem
Schatze wird der dritte Theil zum Staatsvermögen gezogen. Von den zwey übrigen
Drittheilen erhält Eines der Finder, das andere der Eigenthümer des Grundes.
Ist das Eigenthum des Grundes getheilt, so fällt das Drittheil dem Ober- und
Nutzungseigenthümer zu gleichen Theilen zu. 1
§. 400. Wer sich dabey
einer unerlaubten Handlung schuldig gemacht; wer ohne Wissen und Willen des
Nutzungseigenthümers den Schatz aufgesucht; oder den Fund verheimlichet hat;
dessen Antheil soll dem Angeber; oder, wenn kein Angeber vorhanden ist, dem
Staate zufallen.
§. 401. Finden
Arbeitsleute zufälliger Weise einen Schatz, so gebührt ihnen als Findern ein
Drittheil davon. Sind sie aber von dem Eigenthümer ausdrücklich zur Aufsuchung
eines Schatzes gedungen worden, so müssen sie sich mit ihrem ordentlichen Lohne
begnügen.
3) Von der Beute.
§. 402. Ueber das Recht
der Beute und der von dem Feinde zurück erbeuteten Sachen sind die Vorschriften
in den Kriegsgesetzen enthalten.
Von dem Rechte aus der
Rettung einer fremden beweglichen Sache.
§. 403. Wer eine fremde
bewegliche Sache von dem unvermeidlichen Verluste oder Untergange rettet, ist
berechtiget, von dem rückfordernden Eigenthümer den Ersatz seines Aufwandes und
eine verhältnißmäßige Belohnung von höchstens Zehen von Hundert zu fordern.
Viertes Hauptstück.
Von Erwerbung des
Eigenthumes durch Zuwachs.
Zuwachs.
§. 404. Zuwachs heißt
Alles, was aus einer Sache entsteht, oder neu zu derselben kommt, ohne daß es
dem Eigenthümer von jemand Anderen übergeben worden ist. Der Zuwachs wird durch
Natur, durch Kunst, oder durch beyde zugleich bewirkt.
I. Natürlicher Zuwachs:
a) an Natur-Producten;
b) Werfen der Thiere;
§. 405. Die natürlichen
Früchte eines Grundes, nähmlich solche Nutzungen, die er, ohne bearbeitet zu
werden, hervor bringt, als: Kräuter, Schwämme und dergleichen, wachsen dem
Eigenthümer des Grundes, so wie alle Nutzungen, welche aus einem Thiere
entstehen, dem Eigenthümer des Thieres zu.
§. 406. Der Eigenthümer
eines Thieres, welches durch das Thier eines andern befruchtet wird, ist diesem
keinen Lohn schuldig, wenn er nicht bedungen worden ist.
c) Inseln;
§. 407. Wenn in der
Mitte eines Gewässers eine Insel entsteht, so sind die Eigenthümer der nach der
Länge derselben an beyden Ufern liegenden Grundstücke ausschließend befugt, die
entstandene Insel in zwey gleichen Theilen sich zuzueignen, und nach Maß der
Länge ihrer Grundstücke unter sich zu theilen. Entsteht die Insel auf der einen
Hälfte des Gewässers, so hat der Eigenthümer des näheren Uferlandes allein
darauf Anspruch. Inseln auf schiffbaren Flüssen bleiben dem Staate vorbehalten.
§. 408. Werden bloß
durch die Austrocknung des Gewässers, oder durch desselben Theilung in mehrere
Arme, Inseln gebildet, oder Grundstücke überschwemmt; so bleiben die Rechte des
vorigen Eigenthumes unverletzt.
d) vom verlassenen
Wasserbeete;
§. 409. Wenn ein
Gewässer sein Beet verläßt, so haben vor Allem die Grundbesitzer, welche durch
den neuen Lauf des Gewässers Schaden leiden, das Recht, aus dem verlassenen
Beete oder dessen Werthe entschädigt zu werden.
§. 410. Außer dem Falle
einer solchen Entschädigung gehört das verlassene Beet, so wie von einer
entstandenen Insel verordnet wird, den angränzenden Uferbesitzern.
e) vom Anspühlen;
§. 411. Das Erdreich,
welches ein Gewässer unmerklich an ein Ufer anspühlt, gehört dem Eigenthümer
des Ufers.
f) vom abgerissenen
Lande.
§. 412. Wird aber ein
merklicher Erdtheil durch die Gewalt des Flusses an ein fremdes Ufer gelegt; so
verliert der vorige Besitzer sein Eigenthumsrecht darauf nur in dem Falle, wenn
er es in einer Jahresfrist nicht ausübt.
§. 413. Jeder
Grundbesitzer ist befugt, sein Ufer gegen das Ausreißen des Flusses zu
befestigen. Allein niemand darf solche Werke oder Pflanzungen anlegen, die den
ordentlichen Lauf des Flusses verändern, oder die der Schiffahrt, den Mühlen,
der Fischerey oder andern fremden Rechten nachtheilig werden könnten.
Ueberhaupt können ähnliche Anlagen nur mit Erlaubniß der politischen Behörde
gemacht werden.
II. Künstlicher Zuwachs
durch Verarbeitung oder Vereinigung überhaupt;
§. 414. Wer fremde
Sachen verarbeitet; wer sie mit den seinigen vereinigt, vermengt, oder
vermischt, erhält dadurch noch keinen Anspruch auf das fremde Eigenthum.
§. 415. Können
dergleichen verarbeitete Sachen in ihren vorigen Stand zurückgebracht;
vereinigte, vermengte oder vermischte Sachen wieder abgesondert werden; so wird
einem jeden Eigenthümer das Seinige zurückgestellet, und demjenigen
Schadloshaltung geleistet, dem sie gebührt. Ist die Zurücksetzung in den
vorigen Stand, oder die Absonderung nicht möglich, so wird die Sache den
Theilnehmern gemein; doch steht demjenigen, mit dessen Sache der Andere durch
Verschulden die Vereinigung vorgenommen hat, die Wahl frey, ob er den ganzen
Gegenstand gegen Ersatz der Verbesserung behalten, oder ihn dem Andern
ebenfalls gegen Vergütung überlassen wolle. Der Schuld tragende Theilnehmer
wird nach Beschaffenheit seiner redlichen oder unredlichen Absicht behandelt.
Kann aber keinem Theile ein Verschulden beygemessen werden, so bleibt dem,
dessen Antheil mehr werth ist, die Auswahl vorbehalten.
§. 416. Werden fremde
Materialien nur zur Ausbesserung einer Sache verwendet, so fällt die fremde
Materie dem Eigenthümer der Hauptsache zu, und dieser ist verbunden, nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Verfahrens, dem vorigen Eigenthümer
der verbrauchten Materialien den Werth derselben zu bezahlen.
insbesondere bey einem
Baue.
§. 417. Wenn jemand auf
eigenem Boden ein Gebäude aufführet, und fremde Materialien dazu verwendet hat,
so bleibt das Gebäude zwar sein Eigenthum; doch muß selbst ein redlicher
Bauführer dem Beschädigten die Materialien, wenn er sie außer den im §. 367.
angeführten Verhältnissen an sich gebracht hat, nach dem gemeinen; ein
unredlicher aber muß sie nach dem höchsten Preise, und überdieß noch allen
anderweitigen Schaden ersetzen.
§. 418. Hat im entgegen
gesetzten Falle jemand mit eigenen Materialien, ohne Wissen und Willen des
Eigenthümers auf fremdem Grunde gebaut, so fällt das Gebäude dem
Grundeigenthümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der nothwendigen
und nützlichen Kosten fordern; der unredliche wird gleich einem Geschäftsführer
ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigenthümer des Grundes die Bauführung gewußt,
und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, so kann er nur den
gemeinen Werth für den Grund fordern.
§. 419. Ist das Gebäude
auf fremden Grunde, und aus fremden Materialien entstanden, so wächst auch in
diesem Falle das Eigenthum desselben dem Grundeigenthümer zu. Zwischen dem
Grundeigenthümer und dem Bauführer treten die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie in dem vorstehenden Paragraphe, ein, und der Bauführer
muß dem vorigen Eigenthümer der Materialien, nach Beschaffenheit seiner
redlichen oder unredlichen Absicht, den gemeinen oder den höchsten Werth
ersetzen.
III. Vermischter
Zuwachs.
§. 420. Was bisher
wegen der mit fremden Materialien aufgeführten Gebäude bestimmt worden ist,
gilt auch für die Fälle, wenn ein Feld mit fremden Samen besäet, oder mit
fremde Pflanzen besetzt worden ist. Ein solcher Zuwachs gehört dem Eigenthümer
des Grundes, wenn anders die Pflanzen schon Wurzel geschlagen haben.
§. 421. Das Eigenthum
eines Baumes wird nicht nach den Wurzeln, die sich in einem angränzenden Grunde
verbreiten, sondern nach dem Stamme bestimmt, der aus dem Grunde hervorragt.
Steht der Baum auf den Gränzen mehrerer Eigenthümer, so ist ihnen der Baum
gemein.
§. 422. Jeder
Grundeigenthümer kann die Wurzeln eines fremden Baumes aus seinem Boden reißen,
und die über seinem Luftraume hängenden Aeste abschneiden oder sonst benützen.
Fünftes Hauptstück.
Von Erwerbung des
Eigenthumes durch Uebergabe.
Mittelbare Erwerbung.
§. 423. Sachen, die
schon einen Eigenthümer haben, werden mittelbar erworben, indem sie auf eine
rechtliche Art von dem Eigenthümer auf einen Andern übergehen.
Titel derselben.
§. 424. Der Titel der
mittelbaren Erwerbung liegt in einem Vertrage; in einer Verfügung auf den
Todesfall; in dem richterlichen Ausspruche; oder, in der Anordnung des
Gesetzes.
Mittelbare
Erwerbungsart.
§. 425. Der bloße Titel
gibt noch kein Eigenthum. Das Eigenthum und alle dingliche Rechte überhaupt
können, außer den in dem Gesetze bestimmten Fällen, nur durch die rechtliche
Uebergabe und Uebernahme erworben werden.
Arten der Uebergabe:
1) bey beweglichen
Sachen:
a) körperliche
Uebergabe;
§. 426. Bewegliche
Sachen können in der Regel nur durch körperliche Uebergabe von Hand zu Hand an
einen Andern übertragen werden.
b) Uebergabe durch
Zeichen;
§. 427. Bey solchen
beweglichen Sachen aber, welche ihrer Beschaffenheit nach keine körperliche
Uebergabe zulassen, wie bey Schuldforderungen, Frachtgütern, bey einem
Waarenlager oder einer andern Gesammtsache, gestattet das Gesetz die Uebergabe
durch Zeichen; indem der Eigenthümer dem Uebernehmer die Urkunden, wodurch das
Eigenthum dargethan wird, oder die Werkzeuge übergibt, durch die der
Uebernehmer in den Stand gesetzt wird, ausschließend den Besitz der Sache zu
ergreifen; oder, indem man mit der Sache ein Merkmahl verbindet, woraus
jedermann deutlich erkennen kann, daß die Sache einem Andern überlassen worden
ist.
c) durch Erklärung.
§. 428. Durch Erklärung
wird die Sache übergeben, wenn der Veräußerer auf eine erweisliche Art seinen
Willen an den Tag legt, daß er die Sache künftig im Nahmen des Uebernehmers
inne habe; oder, daß der Uebernehmer die Sache, welche er bisher ohne ein
dingliches Recht inne hatte, künftig aus einem dinglichen Recht besitzen solle.
Folge in Rücksicht der
übersendeten;
§. 429. In der Regel
werden überschickte Sachen erst dann für übergeben gehalten, wenn sie der
Uebernehmer erhält; es wäre denn, daß dieser die Ueberschickungsart selbst
bestimmt oder genehmiget hätte.
oder, an Mehrere
veräußerten Sachen.
§. 430. Hat ein
Eigenthümer eben dieselbe bewegliche Sache an zwey verschiedene Personen, an Eine
mit, an die Andere ohne Uebergabe veräußert; so gebührt sie derjenigen, welcher
sie zuerst übergeben worden ist; doch hat der Eigenthümer dem verletzten Theile
zu haften.
2. Bei unbeweglichen
Sachen und Bauwerken.
§. 431. Zur
Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen muß das Erwerbungsgeschäft in
die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Diese Eintragung
nennt man Einverleibung (Intabulation).
Insbesondere bei
Erwerbung
a) durch Vertrag
§. 432. Zu diesem
Zwecke muß über das Erwerbungsgeschäft eine beglaubigte Urkunde in der zur
Gültigkeit des Geschäftes vorgeschriebenen Form oder eine öffentliche Urkunde
ausgefertigt werden.
§. 433. Die Urkunde muß
die genaue Angabe der Personen, die das Eigentum übergeben und übernehmen; die
Liegenschaft, die übergeben werden soll, mit ihren Bestandteilen; des
Rechtsgrundes der Übergabe; ferner des Ortes und der Zeit des Vertragsschlusses
enthalten; und es muß von dem Übergeber in dieser oder in einer besonderen
Urkunde die ausdrückliche Erklärung abgegeben werden, daß er in die
Einverleibung einwillige.
§. 434. Zur Übertragung
des Eigentums an Liegenschaften, die in keinem Grundbuche eingetragen sind, muß
eine mit den Erfordernissen der §§ 432 und 433 versehene Urkunde bei Gericht
hinterlegt werden. An die Stelle der Bewilligung der Einverleibung tritt die
Erklärung der Einwilligung zur Hinterlegung der Urkunde.
§. 435. Dasselbe gilt
auch für die Übertragung des Eigentums an Bauwerken, die auf fremdem Grund in
der Absicht aufgeführt sind, daß sie nicht stets darauf bleiben sollen, soferne
sie nicht Zugehör eines Baurechtes sind.
b) durch Urtheil und
andere gerichtliche Urkunden;
§. 436. Wenn das
Eigentum unbeweglicher Sachen oder eines Bauwerkes zufolge rechtskräftigen
Urteils, gerichtlicher Teilung oder Einantwortung einer Erbschaft übertragen
werden soll, ist ebenfalls die Einverleibung (§§ 431 bis 433) oder die
Hinterlegung der Urkunde (§§ 434, 435) erforderlich.
oder c) durch
Vermächtniß.
§. 437. Ebenso ist es,
um das Eigentum eines vermachten unbeweglichen Gutes oder eines Bauwerkes zu
erwerben, notwendig, daß die Sache dem Vermächtnisnehmer gemäß §§ 431 bis 435
übergeben werde.
Bedingte Aufzeichnung
in das öffentliche Buch; oder Vormerkung.
§. 438. Wenn derjenige,
welcher das Eigenthum einer unbeweglichen Sache anspricht, darüber zwar eine
glaubwürdige, aber nicht mit allen in den §§. 434 und 435 zur Einverleibung
vorgeschriebenen Erfordernissen versehene Urkunde besitzt; so kann er doch,
damit ihm niemand ein Vorrecht abgewinne, die bedingte Eintragung in das
öffentliche Buch bewirken, welche Vormerkung (Pränotation) genannt wird.
Dadurch erhält er ein bedingtes Eigenthumsrecht, und er wird, sobald er zu
Folge richterlichen Anspruches die Vormerkung gerechtfertiget hat, von der Zeit
des nach gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches, für den wahren
Eigenthümer gehalten.
§. 439. Die geschehene
Vormerkung muß sowohl demjenigen, der sie bewirkt hat, als auch seinem Gegner
durch Zustellung zu eigenen Handen bekannt gemacht werden. Der Vormerkungswerber
muß binnen vierzehn Tagen, vom Tage der erhaltenen Zustellung, die ordentliche
Klage zum Erweise des Eigenthumsrechtes einreichen; widrigen Falls soll die
bewirkte Vormerkung auf Ansuchen des Gegners gelöschet werden.
Vorschrift über die Collision
der Einverleibungen.
§. 440. Hat der
Eigenthümer eben dieselbe unbewegliche Sache zwey verschiedenen Personen
überlassen; so fällt sie derjenigen zu, welche früher die Einverleibung
angesucht hat.
Folge der Erwerbung:
a) in Rücksicht des
Besitzes;
§. 441. So bald die
Urkunde über das Eigenthumsrecht in das öffentliche Buch eingetragen ist, tritt
der neue Eigenthümer in den rechtmäßigen Besitz.
b) der damit
verbundenen Rechte;
§. 442. Wer das
Eigenthum einer Sache erwirbt, erlangt auch die damit verbundenen Rechte.
Rechte, die auf die Person des Uebergebers eingeschränkt sind, kann er nicht
übergeben. Ueberhaupt kann niemand einem Andern mehr Recht abtreten, als er
selbst hat.
c) Lasten.
§. 443. Mit dem
Eigenthume unbeweglicher Sachen werden auch die darauf haftenden, in den
öffentlichen Büchern angemerkten Lasten übernommen. Wer diese Bücher nicht
einsieht, leidet in allen Fällen für seine Nachlässigkeit. Andere Forderungen
und Ansprüche, die jemand an den vorigen Eigenthümer hat, gehen nicht auf den
neuen Erwerbe über.
Erlöschung des
Eigenthumsrechtes.
§. 444. Das Eigenthum
überhaupt kann durch den Willen des Eigenthümers; durch das Gesetz; und durch
richterlichen Ausspruch verloren gehen. Das Eigenthum der unbeweglichen Sachen
aber wird nur durch die Löschung aus den öffentlichen Büchern aufgehoben.
Ausdehnung dieser
Vorschriften auf andere dingliche Rechte.
§. 445. Nach den in
diesem Hauptstücke über die Erwerbungs- und Erlöschungsart des
Eigenthumsrechtes unbeweglicher Sachen gegebenen Vorschriften hat man sich auch
bey den übrigen, auf unbewegliche Sachen sich beziehenden, dinglichen Rechten
zu verhalten.
Form und Vorsichten der
Einverleibungen.
§. 446. Auf was Art und
mit welchen Vorsichten überhaupt bey Einverleibung dinglicher Rechte vorzugehen
sey, ist in den über die Einrichtung der Landtafeln und Grundbücher bestehenden
besondern Anordnungen enthalten.
Sechstes Hauptstück.
Von dem Pfandrechte.
Begriff von dem
Pfandrechte und Pfande.
§. 447. Das Pfandrecht
ist das dingliche Recht, welches vom Gläubiger eingeräumt wird, aus einer
Sache, wenn die Verbindlichkeit zur bestimmten Zeit nicht erfüllt wird, die
Befriedigung zu erlangen. Die Sache, worauf dem Gläubiger dieses Recht zusteht,
heißt überhaupt ein Pfand.
Arten des Pfandes.
§. 448. Als Pfand kann
jede Sache dienen, die im Verkehre steht. Ist sie beweglich, so wird sie
Handpfand, oder ein Pfand in enger Bedeutung genannt; ist sie unbeweglich, so
heißt sie eine Hypothek oder ein Grundpfand.
Titel des Pfandrechtes:
§. 449. Das Pfandrecht
bezieht sich zwar immer auf eine gültige Forderung, aber nicht jede Forderung
gibt einen Titel zur Erwerbung des Pfandrechtes. Dieser gründet sich auf das
Gesetz; auf einen richterlichen Ausspruch; auf einen Vertrag; oder den letzten
Willen des Eigenthümers.
§. 450. Die Fälle, in
welchen das Gesetz jemanden das Pfandrecht einräumt, sind am gehörigen Orte
dieses Gesetzbuches und bey dem Verfahren in Concurs-Fällen angegeben. In wie
fern das Gericht ein Pfandrecht einräumen könne, bestimmt die Gerichtsordnung.
Soll durch die Einwilligung des Schuldners oder eines Dritten, der seine Sache
für ihn verhaftet, das Pfandrecht erworben werden; so dienen die Vorschriften
von Verträgen und Vermächtnissen zur Richtschnur.
Erwerbungsart des
Pfandrechtes:
a) durch körperliche Übergabe;
b) durch Einverleibung
oder gerichtliche Urkundenhinterlegung;
§. 451. Um das
Pfandrecht wirklich zu erwerben, muß der mit einem Titel versehene Gläubiger,
die verpfändete Sache, wenn sie beweglich ist, in Verwahrung nehmen; und, wenn
sie unbeweglich ist, seine Forderung auf die zur Erwerbung des Eigenthumes
liegender Güter vorgeschriebene Art einverleiben lassen. Der Titel allein gibt
nur ein persönliches Recht zu der Sache, aber kein dingliches Recht auf die
Sache.
Das Pfandrecht an
bücherlich nicht eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435)
wird durch die gerichtliche Hinterlegung einer beglaubigten
Pfandbestellungsurkunde erworben. Die Urkunde muß die genaue Angabe des
Pfandgegenstandes und der Forderung mit einer ziffermäßig bestimmten Geldsumme,
bei einer verzinslichen Forderung auch die Höhe der Zinsen; ferner die
ausdrückliche Zustimmung des Verpfänders zu der gerichtlichen Hinterlegung
enthalten.
c) durch symbolische
Uebergabe;
§. 452. Bey Verpfändung
derjenigen beweglichen Sachen, welche keine körperliche Uebergabe von Hand zu
Hand zulassen, muß man sich, wie bey der Uebertragung des Eigenthumes (§.
427.), solcher Zeichen bedienen, woraus jedermann die Verpfändung leicht
erfahren kann. Wer diese Vorsicht unterläßt, haftet für die nachtheiligen
Folgen.
d) durch die
Vormerkung.
§. 453. Findet die
Einverleibung einer Forderung in die öffentlichen Bücher wegen Mangels
gesetzmäßiger Förmlichkeit in der Urkunde nicht Statt; so kann sich der
Gläubiger vormerken (pränotiren) lassen. Durch die Vormerkung erhält er ein
bedingtes Pfandrecht, welches, wenn die Forderung auf die oben §§. 438 und 439.
angeführte Art gerechtfertiget worden ist, von dem Zeitpuncte des nach
gesetzlicher Ordnung eingereichten Vormerkungsgesuches in ein unbedingtes
übergeht.
Erwerbung eines
Afterpfandes.
§. 454. Der
Pfandinhaber kann sein Pfand, in so weit er ein Recht darauf hat, einem Dritten
wieder verpfänden, und in so fern wird es zum Afterpfande, wenn zugleich
Letzterer sie dasselbe übergeben, oder die Afterverpfändung auf das Pfandrecht
in die öffentlichen Bücher eintragen läßt.
§. 455. Wird der
Eigenthümer von der weiteren Verpfändung benachrichtiget; so kann er seine
Schuld nur mit Willen dessen, der das Afterpfand hat, dem Gläubiger abführen,
oder er muß sie gerichtlich hinterlegen, sonst bleibt das Pfand dem Inhaber des
Afterpfandes verhaftet.
Verpfändung einer
fremden Sache.
§. 456. Wird eine
fremde bewegliche Sache ohne Einwilligung des Eigenthümers verpfändet, so hat
dieser in der Regel zwar das Recht, sie zurück zu fordern; aber in solchen
Fällen, in welchen die Eigenthumsklage gegen einen redlichen Besitzer nicht
Statt hat (§. 367.) ist er verbunden, entweder den redlichen Pfandinhaber
schadlos zu halten, oder das Pfand fahren zu lassen, und sich mit dem
Ersatzrechte gegen den Verpfänder zu begnügen.
Objectiver Umfang des
Pfandrechtes.
§. 457. Das Pfandrecht
erstreckt sich auf alle zu dem freyen Eigenthume des Verpfänders gehörige
Theile, auf Zuwachs und Zugehör des Pfandes, folglich auch auf die Früchte, in
so lange sie noch nicht abgesondert oder bezogen sind. Wenn also ein Schuldner
einem Gläubiger sein Gut, und einem andern später die Früchte desselben
verpfändet; so ist die spätere Verpfändung nur in Rücksicht auf die schon
abgesonderten und bezogenen Früchte wirksam.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Pfandgläubigers:
a) bey Entdeckung eines
unzureichenden Pfandes;
§. 458. Wenn der Werth
eines Pfandes durch Verschulden des Pfandgebers, oder wegen eines erst offenbar
gewordenen Mangels der Sache zur Bedeckung der Schuld nicht mehr zureichend
gefunden wird; so ist der Gläubiger berechtigt, von dem Pfandgeber ein anderes
angemessenes Pfand zu fordern.
b) vor dem Verfalle;
§. 459. Ohne
Bewilligung des Pfandgebers darf der Gläubiger das Pfandstück nicht benützen;
er muß es vielmehr genau bewahren, und, wenn es durch sein Verschulden in
Verlust geräth, dafür haften. Geht es ohne sein Verschulden verloren, so
verliert er deswegen seine Forderung nicht.
§. 460. Hat der Gläubiger
das Pfand weiter verpfändet; so haftet er selbst für einen solchen Zufall,
wodurch das Pfand bey ihm nicht zu Grunde gegangen oder verschlimmert worden
wäre.
c) nach dem Verfalle
der Forderung.
§. 461. Wird der
Pfandgläubiger nach Verlauf der bestimmten Zeit nicht befriediget; so ist er
befugt, Feilbiethung des Pfandes gerichtlich zu verlangen. Das Gericht hat
dabey nach Vorschrift der Gerichtsordnung zu verfahren.
§. 462. Vor der
Feilbiethung des Gutes ist jedem darauf eingetragenen Pfandgläubiger die Einlösung
der Forderung, wegen welcher die Feilbiethung angesucht worden, zu gestatten.
§. 463. Schuldner haben
kein Recht bey Versteigerung einer von ihnen verpfändeten Sache mitzubiethen.
§. 464. Wird der
Schuldbetrag aus dem Pfande nicht gelöset, so ersetzt der Schuldner das
Fehlende; ihm fällt aber auch das zu, was über den Schuldbetrag gelöset wird.
§. 465. In wie fern ein
Pfandgläubiger sich an sein Pfand zu halten schuldig; oder, auf ein anderes
Vermögen seines Schuldners zu greifen berechtiget sey, bestimmt die
Gerichtsordnung.
§. 466. Hat der
Schuldner während der Verpfändungszeit das Eigenthum der verpfändeten Sache auf
einen Andern übertragen, so steht dem Gläubiger frey, erst sein persönliches
Recht gegen den Schuldner, und dann seine volle Befriedigung an der
verpfändeten Sache zu suchen.
Erlöschung des
Pfandrechtes.
§. 467. Wenn die
verpfändete Sache zerstört wird; wenn sich der Gläubiger seines Rechtes darauf
gesetzmäßig begibt; oder, wenn er sie dem Schuldner ohne Vorbehalt
zurückstellt; so erlischt zwar das Pfandrecht, aber die Schuldforderung besteht
noch.
§. 468. Das Pfandrecht
erlischt ferner mit der Zeit, auf welche es eingeschränkt war, folglich auch
mit dem zeitlichen Rechte des Pfandgebers auf die verpfändete Sache; wenn
anders dieser Umstand dem Gläubiger bekannt war, oder aus den öffentlichen
Büchern bekannt seyn konnte.
§. 469. (Durch Tilgung
der Schuld hört das Pfandrecht auf. Der Pfandgeber ist aber die Schuld nur
gegen dem zu tilgen verbunden, daß ihm das Pfand zugleich zurückgestellt werde.
Zur Aufhebung einer Hypothek ist die Tilgung der Schuld allein nicht
hinreichend. Ein Hypothekargut bleibt so lange verhaftet, bis die Schuld aus
den öffentlichen Büchern gelöscht ist.) Bis dahin kann der Eigentümer des Gutes
auf Grund einer Quittung oder einer anderen, das Erlöschen der Pfandschuld
dartuenden Urkunde das Pfandrecht auf eine neue Forderung übertragen, die den
Betrag der eingetragenen Pfandforderung nicht übersteigt.
§. 469a. Bei Bestellung
des Pfandrechtes kann auf dieses Verfügungsrecht nicht verzichtet werden.
Verpflichtet sich der Eigentümer einem andern gegenüber, eine bestimmte
Hypothek löschen zu lassen, so kann er über die Hypothek nicht verfügen, wenn
diese Verpflichtung im öffentlichen Buch bei der Hypothek angemerkt ist.
§. 470. Wird nach
Tilgung der Schuld (§ 469) oder eingetretener Vereinigung (§ 1446), bevor das
Pfandrecht bücherlich gelöscht oder die Liegenschaft oder das Pfandrecht
übertragen worden ist, das Hypothekargut zwangsweise versteigert oder dessen
Zwangsverwaltung bewilligt, so ist bei Verteilung des Erlöses auf dieses
Pfandrecht keine Rücksicht zu nehmen. Nur insoweit die durch das Pfandrecht
gesicherte Forderung gegen einen Dritten noch fortbesteht oder dem Eigentümer
der Ersatz für deren Tilgung gebührt (§ 1358), wird der darauf entfallende Teil
dem Eigentümer zugewiesen.
Von dem
Retentions-Rechte.
§. 471. Wer zur
Herausgabe einer Sache verpflichtet ist, kann sie zur Sicherung seiner fälligen
Forderungen wegen des für die Sache gemachten Aufwandes oder des durch die
Sache ihm verursachten Schadens mit der Wirkung zurückbehalten, daß er zur
Herausgabe nur gegen die Zug um Zug zu bewirkende Gegenleistung verurteilt
werden kann.
Die Ausübung des
Zurückbehaltungsrechtes kann durch Sicherheitsleistung abgewendet werden;
Sicherheitsleistung durch Bürgen ist ausgeschlossen.
Siebentes Hauptstück.
Von Dienstbarkeiten.
(Servituten.)
Begriff des Rechtes der
Dienstbarkeit.
§. 472. Durch das Recht
der Dienstbarkeit wird ein Eigenthümer verbunden, zum Vortheile eines Andern in
Rücksicht seiner Sache etwas zu dulden oder zu unterlassen. Es ist ein
dingliches, gegen jeden Besitzer der dienstbaren Sache wirksames Recht.
Eintheilung der
Dienstbarkeiten in Grunddienstbarkeiten und persönliche;
§. 473. Wird das Recht
der Dienstbarkeit mit dem Besitze eines Grundstückes zu dessen vortheilhafteren
oder bequemeren Benützung verknüpft; so entsteht eine Grunddienstbarkeit; außer
dem ist die Dienstbarkeit persönlich.
in Feld- und
Haus-Servituten.
§. 474. Grunddienstbarkeiten
setzen zwey Grundbesitzer voraus, deren Einem als Verpflichteten das
dienstbare; dem Andern als Berechtigten das herrschende Gut gehört. Das
herrschende Grundstück ist entweder zur Landwirthschaft oder zu einem andern
Gebrauche bestimmt; daher unterscheidet man auch die Feld- und Haus-Servituten.
Gewöhnlichere Arten: a)
der Haus-Servituten;
§. 475. Die
Haus-Servituten sind gewöhnlich:
1) Das Recht, eine Last
seines Gebäudes auf ein fremdes Gebäude zu setzen;
2) Einen Balken oder
Sparren in eine fremde Wand einfügen;
3) Ein Fenster in der
fremden Wand zu öffnen; es sey des Lichtes oder der Aussicht wegen;
4) Ein Dach oder einen
Erker über des Nachbars Luftraum zu bauen;
5) Den Rauch durch des
Nachbars Schorstein zu führen;
6) Die Dachtraufe auf
fremden Grund zu leiten;
7) Flüssigkeiten auf
des Nachbars Grund zu gießen oder durchzuführen.
Durch diese und
ähnliche Haus-Servituten wird ein Hausbesitzer befugt, etwas auf dem Grunde
seines Nachbars vorzunehmen, was dieser dulden muß.
§. 476. Durch andere
Haus-Servituten wird der Besitzer des dienstbaren Grundes verpflichtet, etwas
zu unterlassen, was ihm sonst zu thun frey stand. Dergleichen sind:
8) sein Haus nicht zu
erhöhen;
9) es nicht niedriger
zu machen;
10) dem herrschenden
Gebäude Licht und Luft;
11) oder Aussicht nicht
zu benehmen;
12) die Dachtraufe
seines Hauses von dem Grunde des Nachbars, dem sie zur Bewässerung seines
Gartens oder zur Füllung seiner Zisterne, oder auf eine andere Art nützlich
seyn kann, nicht abzuleiten.
b) der Feld-Servituten;
§. 477. Die
vorzüglichen Feld-Servituten sind:
1) das Recht, einen
Fußsteig, Viehtrieb oder Fahrweg auf fremden Grund und Boden zu halten.
2) das Wasser zu
schöpfen, das Vieh zu tränken, das Wasser ab- und herzuleiten;
3) Das Vieh zu hüthen
und zu weiden;
4) Holz zu fällen,
verdorrte Aeste und Reiser zu sammeln, Eicheln zu lösen, Laub zu rechen;
5) zu jagen, zu
fischen, Vögel zu fangen;
6) Steine zu brechen,
Sand zu graben, Kalk zu brennen.
Arten der persönlichen
Dienstbarkeiten.
§. 478. Die persönlichen
Servituten sind: der nöthige Gebrauch einer Sache; die Fruchtnießung; und die
Wohnung.
Unregelmäßige und
Schein-Servituten.
§. 479. Es können aber
auch Dienstbarkeiten, welche an sich Grunddienstbarkeiten sind, der Person allein;
oder, es können Begünstigungen, die ordentlicher Weise Servituten sind, nur
bloß auf Widerrufen zugestanden werden. Die Abweichungen von der Natur einer
Servitut werden jedoch nicht vermuthet; wer sie behauptet, dem liegt der Beweis
ob.
Erwerbung des Rechtes
der Dienstbarkeit. Titel zur Erwerbung.
§. 480. Der Titel zu
einer Servitut ist auf einem Vertrage; auf einer letzten Willenserklärung; auf
einem bey der Theilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruche;
oder endlich, auf Verjährung gegründet.
Erwerbungsart.
§. 481. Das dingliche
Recht der Dienstbarkeit kann an Gegenständen, die in den öffentlichen Büchern
eingetragen sind, nur durch die Eintragung in diese erworben werden.
An bücherlich nicht
eingetragenen Liegenschaften (§ 434) oder an Bauwerken (§ 435) wird das
dingliche Recht durch die gerichtliche Hinterlegung einer über die Einräumung
der Dienstbarkeit errichteten beglaubigten Urkunde; auf andere Sachen aber
durch die oben (§§ 426 bis 428) angegebenen Arten der Übergabe erworben.
Rechtsverhältniß bey
den Dienstbarkeiten.
Allgemeine Vorschriften
über das Recht der Dienstbarkeit.
§. 482. Alle Servituten
kommen darin überein, daß der Besitzer der dienstbaren Sache in der Regel nicht
verbunden ist, etwas zu thun; sondern nur einem Andern die Ausübung eines
Rechtes zu gestatten, oder das zu unterlassen, was er als Eigenthümer sonst zu
thun berechtiget wäre.
§. 483. Daher muß auch
der Aufwand zur Erhaltung und Herstellung der Sache, welche zur Dienstbarkeit
bestimmt ist, in der Regel von dem Berechtigten getragen werden. Wenn aber
diese Sache auch von dem Verpflichteten benützet wird; so muß er
verhältnißmäßig zu dem Aufwande beytragen, und nur durch die Abtretung
derselben an dem Berechtigten kann er sich, auch ohne dessen Beystimmung, von
dem Beytrage befreyen.
§. 484. Der Besitzer
des herrschenden Gutes kann zwar sein Recht auf die ihm gefällige Art ausüben;
doch dürfen Servituten nicht erweitert, sie müssen vielmehr, in so weit es ihre
Natur und der Zweck der Bestellung gestattet, eingeschränkt werden.
§. 485. Keine Servitut
läßt sich eigenmächtig von der dienstbaren Sache absondern, noch auf eine
andere Sache oder Person übertragen. Auch wird jede Servitut insofern für
unteilbar gehalten, als das auf dem Grundstücke haftende Recht durch
Vergrößerung, Verkleinerung oder Zerstücklung desselben, abgesehen von dem im §
847 bezeichneten Falle, weder verändert noch geteilt werden kann.
§. 486. Ein Grundstück
kann mehrern Personen zugleich dienstbar seyn, wenn anders die ältern Rechte
eines Dritten nicht darunter leiden.
Anwendung auf die
Grunddienstbarkeiten; insbesondere auf das Recht, eine Last, einen Balken auf
fremdem Gebäude zu haben, oder, den Rauch durchzuführen.
§. 487. Nach den hier
aufgestellten Grundsätzen sind die Rechtsverhältnisse bey den besondern Arten
der Servituten zu bestimmen. Wer also die Last des benachbarten Gebäudes zu
tragen; die Einfügung des fremden Balkens an seiner Wand; oder, den Durchzug
des fremden Rauches in seinem Schorsteine zu dulden hat; der muß verhältnißmäßig
zur Erhaltung der dazu bestimmten Mauer, Säule, Wand oder des Schorsteines
beytragen. Es kann ihm aber nicht zugemuthet werden, daß er das herrschende Gut
unterstützen oder den Schorstein des Nachbars ausbessern lasse.
Fensterrecht.
§. 488. Das Fensterrecht
gibt nur auf Licht und Luft Anspruch; die Aussicht muß besonders bewilliget
werden. Wer kein Recht zur Aussicht hat, kann angehalten werden, das Fenster zu
vergittern. Mit dem Fensterrechte ist die Schuldigkeit verbunden, die Oeffnung
zu verwahren; wer diese Verwahrung vernachlässiget, haftet für den daraus
entstehenden Schaden.
Recht der Dachtraufe.
§. 489. Wer das Recht
der Dachtraufe besitzt, kann das Regenwasser auf das fremde Dach frey oder
durch Rinnen abfließen lassen; er kann auch sein Dach erhöhen; doch muß er
solche Vorkehrungen treffen, daß dadurch die Dienstbarkeit nicht lästiger
werde. Eben so muß er häufig gefallenen Schnee zeitig hinwegräumen, wie auch
die zum Abflusse bestimmten Rinnen unterhalten.
Recht der Ableitung des
Regenwassers.
§. 490. Wer das Recht
hat, das Regenwasser von dem benachbarten Dache auf seinen Grund zu leiten, hat
die Obliegenheit, für Rinnen, Wasserkästen und andere dazu gehörige Anstalten
die Auslagen allein zu bestreiten.
§. 491. Erfordern die
abzuführenden Flüssigkeiten Gräben und Canäle; so muß sie der Eigenthümer des
herrschenden Grundes errichten; er muß sie auch ordentlich decken und reinigen,
und dadurch die Last des dienstbaren Grundes erleichtern.
Recht des Fußsteiges,
Viehtriebes und Fahrweges.
§. 492. Das Recht des
Fußsteiges begreift das Recht in sich, auf diesem Steige zu gehen, sich von
Menschen tragen, oder andere Menschen zu sich kommen zu lassen. Mit dem
Viehtriebe ist das Recht, einen Schiebkarren zu gebrauchen; und, mit dem
Fahrwege das Recht, mit Einem oder mehrern Zügen zu fahren, verbunden.
§. 493. Hingegen kann,
ohne besondere Bewilligung das Recht zu gehen, nicht auf das Recht, zu reiten
oder sich durch Thiere tragen zu lassen; weder das Recht des Viehtriebes auf
das Recht, schwere Lasten über den dienstbaren Grund zu schleifen; noch das
Recht zu fahren, auf das Recht, frey gelassenes Vieh darüber zu treiben,
ausgedehnet werden.
§. 494. Zur Erhaltung
des Weges, der Brücken und Stege tragen verhältnißmäßig alle Personen oder
Grundbesitzer, denen der Gebrauch derselben zusteht, folglich auch der Besitzer
des dienstbaren Grundes, so weit bey, als er davon Nutzen zieht.
Raum hierzu.
§. 495. Der Raum für
diese drey Servituten muß dem nöthigen Gebrauche und den Umständen des Ortes
angemessen seyn. Werden Wege und Steige durch Überschwemmung oder durch einen
andern Zufall unbrauchbar; so muß, bis zu der Herstellung in den vorigen Stand,
wenn nicht schon die politische Behörde eine Vorkehrung getroffen hat, ein
neuer Raum angewiesen werden.
Recht, Wasser zu
schöpfen.
§. 496. Mit dem Rechte,
fremdes Wasser zu schöpfen, wird auch der Zugang zu demselben gestattet.
Recht der Wasserleitung
§. 497. Wer das Recht
hat, Wasser von fremdem Grunde auf den seinigen; oder, von seinem Grunde auf fremden
zu leiten, ist auch berechtigt, die dazu nöthigen Röhren, Rinnen und Schleußen
auf eigene Kosten anzulegen. Das nicht zu überschreitende Maß dieser Anlagen
wird durch das Bedürfniß des herrschenden Grundes festgesetzt.
Weiderecht.
§. 498. Ist bey Erwerbung
des Weiderechtes die Gattung und die Anzahl des Triebviehes; ferner, die Zeit
und das Maß des Genusses nicht bestimmt worden; so ist der ruhige
dreyßigjährige Besitz zu schützen. In zweifelhaften Fällen dienen folgende
Vorschriften zur Richtschnur.
Gesetzliche Bestimmung:
a) über die Gattung des
Triebviehes;
§. 499. Das Weiderecht
erstrecket sich, in so weit die politischen und im Forstwesen gegebenen
Verordnungen nicht entgegenstehen, auf jede Gattung von Zug-, Rind- und
Schafvieh, aber nicht auf Schweine und Federvieh; eben so wenig in waldigen
Gegenden auf Ziegen. Unreines, ungesundes und fremdes Vieh ist stets von der
Weide ausgeschlossen.
b) dessen Anzahl;
§. 500. Hat die Anzahl
des Triebviehes während der letzten dreyßig Jahre abgewechselt; so muß aus dem
Triebe der drey ersten Jahre die Mittelzahl angenommen werden. Erhellet auch
diese nicht; so ist theils auf den Umfang, theils auf die Beschaffenheit der
Weide billige Rücksicht zu nehmen, und dem Berechtigten wenigstens nicht
gestattet, daß er mehr Vieh auf der fremden Weide halte, als er mit dem auf dem
herrschenden Grunde erzeugten Futter durchwintern kann. Säugevieh wird nicht
zur bestimmten Anzahl gerechnet.
c) Triftzeit;
§. 501. Die Triftzeit
wird zwar überhaupt durch den in jeder Feldmarke eingeführten unangefochtenen
Gebrauch bestimmt: allein in keinem Falle darf der vermöge politischer
Bestimmungen geordnete Wirtschaftsbetrieb durch die Behütung verhindert, oder
erschweret werden.
d) Maß des Genusses.
§. 502. Der Genuß des
Weiderechtes erstreckt sich auf keine andere Benutzung. Der Berechtigte darf
weder Gras mähen, noch in der Regel den Eigenthümer des Grundstückes von der
Mitweide ausschließen, am wenigsten aber die Substanz der Weide verletzen.
Wenn ein Schade zu
befürchten ist, muß er sein Vieh von einem Hirten hüthen lassen.
Anwendung dieser
Bestimmungen auf andere Servituten.
§. 503. Was bisher in
Rücksicht auf das Weiderecht vorgeschrieben worden, ist verhältnißmäßig auch
auf die Rechte des Thierfanges, des Holzschlages, des Steinbrechens und die
übrigen Servituten anzuwenden. Glaubt jemand diese Rechte auf das Miteigenthum
gründen zu können; so sind die darüber entstehenden Streitigkeiten nach den, in
dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes, enthaltenen Grundsätzen zu
entscheiden.
Persönliche
Dienstbarkeiten; insbesondere:
1) das Recht des
Gebrauches;
§. 504. Die Ausübung
persönlicher Servituten wird, wenn nichts anderes verabredet worden ist, nach
folgenden Grundsätzen bestimmt: Die Servitut des Gebrauches besteht darin, daß
jemand befugt ist, eine fremde Sache, ohne Verletzung der Substanz, bloß zu
seinem Bedürfnisse zu benützen.
Bestimmung in Rücksicht
der Nutzungen;
§. 505. Wer also das
Gebrauchsrecht einer Sache hat, der darf, ohne Rücksicht auf sein übriges
Vermögen, den seinem Stande, seinem Gewerbe, und seinem Hauswesen angemessenen
Nutzen davon ziehen.
§. 506. Das Bedürfniß
ist nach dem Zeitpuncte der Bewilligung des Gebrauches zu bestimmen.
Nachfolgende Veränderungen in dem Stande oder Gewerbe des Berechtigten geben
keinen Anspruch auf einen ausgedehnteren Gebrauch.
der Substanz;
§. 507. Der Berechtigte
darf die Substanz der ihm zum Gebrauche bewilligten Sache nicht verändern; er
darf auch das Recht an keinen Andern übertragen.
und der Lasten;
§. 508. Alle Benützungen,
die sich ohne Störung des Gebrauchsberechtigten aus der Sache schöpfen lassen,
kommen dem Eigenthümer zu Statten. Dieser ist aber verbunden, alle ordentliche
und außerordentliche, auf der Sache haftende Lasten zu tragen, und sie auf
seine Kosten in gutem Stande zu erhalten. Nur wenn die Kosten denjenigen Nutzen
übersteigen, der dem Eigenthümer übrig bleibt, muß der Berechtigte den
Ueberschuß tragen, aber vom Gebrauche abstehen.
2) der Fruchtnießung.
§. 509. Die
Fruchtnießung ist das Recht, eine fremde Sache, mit Schonung der Substanz, ohne
alle Einschränkung zu genießen.
In wie fern sie sich
auf verbrauchbare Sachen erstrecken könne.
§. 510. Verbrauchbare
Sachen sind an sich selbst kein Gegenstand des Gebrauches oder der Fruchtnießung,
sondern nur ihr Werth. Mit dem baren Gelde kann der Berechtigte nach Belieben
verfügen. Wird aber ein bereits anliegendes Capital zum Fruchtgenusse oder
Gebrauche bewilliget; so kann der Berechtigte nur die Zinsen fordern.
Rechte und Verbindlichkeiten
des Fruchtnießers.
§. 511. Der
Fruchtnießer hat ein Recht auf den vollen, sowohl gewöhnlichen als
ungewöhnlichen, Ertrag; ihm gehört daher auch die mit Beobachtung der
bestehenden Bergwerksordnung erhaltene reine Ausbeute von Bergwerksantheilen,
und das forstmäßig geschlagene Holz. Auf einen Schatz, welcher in dem zur
Fruchtnießung bestimmten Grunde gefunden wird, hat er keinen Anspruch.
Insbesondere:
a) in Rücksicht der auf
der Sache haftenden Lasten;
§. 512. Als ein reiner
Ertrag kann aber nur das angesehen werden, was nach Abzug aller nöthigen
Auslagen übrig bleibt. Der Fruchtnießer übernimmt also alle Lasten, welche zur
Zeit der bewilligten Fruchtnießung mit der dienstbaren Sache verbunden waren,
mithin auch die Zinsen der darauf eingetragenen Capitalien. Auf ihn fallen alle
ordentliche und außerordentliche, von der Sache zu leistende Schuldigkeiten, in
so fern sie aus den während der Dauer der Fruchtnießung gezogenen Nutzungen
bestritten werden können; er trägt auch die Kosten, ohne welche die Früchte
nicht erzielet werden.
b) der Erhaltung der
Sache;
§. 513. Der
Fruchtnießer ist verbunden, die dienstbare Sache als ein guter Haushälter in
dem Stande, in welchem er sie übernommen hat, zu erhalten, und aus dem Ertrage
die Ausbesserungen, Ergänzungen und Herstellungen zu besorgen. Wird dessen
ungeachtet der Werth der dienstbaren Sache bloß durch den rechtmäßigen Genuß
ohne Verschulden des Fruchtnießers verringert; so ist er dafür nicht
verantwortlich.
c) der Bauführungen;
§. 514. Wenn der
Eigenthümer Bauführungen, die durch das Alter des Gebäudes, oder durch einen
Zufall nothwendig gemacht werden, auf Anzeige des Fruchtnießers auf seine
Kosten besorgt; ist ihm der Fruchtnießer, nach Maß der dadurch verbesserten
Fruchtnießung, die Zinsen des verwendeten Capitals zu vergüten schuldig.
§. 515. Kann oder will
der Eigenthümer dazu sich nicht verstehen; so ist der Fruchtnießer berechtigt,
entweder den Bau zu führen, und nach geendigter Fruchtnießung, gleich einem
redlichen Besitzer, den Ersatz zu fordern; oder, für die durch Unterbleibung
des Baues vermißte Fruchtnießung, eine angemessene Vergütung zu verlangen.
§. 516. Bauführungen,
welche nicht nothwendig, obgleich sonst zur Vermehrung des Ertrages gedeihlich
sind, ist der Fruchtnießer nicht verbunden, ohne vollständige Entschädigung zu
gestatten.
d) der
Meliorationskosten.
§. 517. Was der
Fruchtnießer ohne Einwilligung des Eigenthümers zur Vermehrung fortdauernder
Nutzungen verwendet hat, kann er zurücknehmen; eine Vergütung der aus der
Verbesserung noch bestehenden Nutzungen aber kann er nur fordern, in so fern
sie ein Geschäftsführer ohne Auftrag zu fordern berechtigt ist.
Beweismittel darüber.
§. 518. Zur
Erleichterung des Beweises der gegenseitigen Forderungen, sollen der
Eigenthümer und der Fruchtnießer eine beglaubte Beschreibung aller dienstbaren
Sachen aufnehmen lassen. Ist sie unterlassen worden; so wird vermuthet, daß der
Fruchtnießer die Sache sammt allen zur ordentlichen Benützung derselben
erforderlichen Stücken in brauchbarem Zustande von mittlerer Beschaffenheit
erhalten habe.
Zutheilung der
Nutzungen bey Erlöschung der Fruchtnießung.
§. 519. Nach geendigter
Fruchtnießung gehören die noch stehenden Früchte dem Eigenthümer; doch muß er
die auf deren Erzielung verwendeten Kosten dem Fruchtnießer oder dessen Erben,
gleich einem redlichen Besitzer, ersetzen. Auf andere Nutzungen haben der
Fruchtnießer oder dessen Erben den Anspruch nach Maß der Dauer der
Fruchtnießung.
In wie fern der
Gebrauchsberechtigte oder der Fruchtnießer zur Sicherstellung verbunden sey.
§. 520. In der Regel
kann der Eigenthümer von dem Gebrauchsberechtigten oder Fruchtnießer nur bey
einer sich äußernden Gefahr die Sicherstellung der Substanz verlangen. Wird sie
nicht geleistet; so soll die Sache entweder dem Eigenthümer gegen eine billige
Abfindung überlassen, oder nach Umständen in gerichtliche Verwaltung gegeben
werden.
Dienstbarkeit der
Wohnung.
§. 521. Die Servitut
der Wohnung ist das Recht, die bewohnbaren Theile eines Hauses zu seinem
Bedürfnisse zu benützen. Sie ist also ein Servitut des Gebrauches von dem
Wohngebäude. Werden aber jemanden alle bewohnbare Theile des Hauses, mit
Schonung der Substanz, ohne Einschränkung zu genießen überlassen; so ist es
eine Fruchtnießung des Wohngebäudes. Hiernach sind die oben gegebenen
Vorschriften auf das rechtliche Verhältniß zwischen dem Berechtigten und dem
Eigenthümer anzuwenden.
§. 522. In jedem Falle
behält der Eigenthümer das Recht, über alle Theile des Hauses, die nicht zur
eigentlichen Wohnung gehören, zu verfügen; auch darf ihm die nöthige Aufsicht
über sein Haus nicht erschweret werden.
Klagerecht in Rücksicht
der Servituten.
§. 523. In Ansehung der
Servituten findet ein doppeltes Klagerecht Statt. Man kann gegen den
Eigenthümer das Recht der Servitut behaupten; oder der Eigenthümer kann sich
über die Anmaßung einer Servitut beschweren. Im ersten Falle muß der Kläger die
Erwerbung der Servitut, oder wenigstens den Besitz derselben als eines
dinglichen Rechtes, im zweyten Falle muß er die Anmaßung der Servitut in seiner
Sache beweisen.
Erlöschung der
Dienstbarkeiten.
Im Allgemeinen.
§. 524. Die Servituten
erlöschen im Allgemeinen auf diejenigen Arten, wodurch, nach dem dritten und
vierten Hauptstücke des dritten Theiles, Rechte und Verbindlichkeiten überhaupt
aufgehoben werden.
Besondere Anordnung bey
deren Erlöschung:
a) durch den Untergang
des dienstbaren oder herrschenden Grundes.
§. 525. Der Untergang
des dienstbaren oder des herrschenden Grundes stellt zwar die Dienstbarkeit
ein; sobald aber der Grund, oder das Gebäude wieder in den vorigen Stand
gesetzt ist, erhält die Servitut wieder ihre vorige Kraft.
b) durch Vereinigung;
§. 526. Wenn das
Eigenthum des dienstbaren und des herrschenden Grundes in Einer Person
vereiniget wird, hört die Dienstbarkeit von selbst auf. Wird aber in der Folge
Einer dieser vereinigten Gründe wieder veräußert, ohne daß inzwischen in den
öffentlichen Büchern die Dienstbarkeit gelöschet worden; so ist der neue
Besitzer des herrschenden Grundes befugt, die Servitut auszuüben.
c) durch Zeitverlauf.
§. 527. Hat das bloß
zeitliche Recht desjenigen, der die Servitut bestellt hat, oder die Zeit, auf
welche sie beschränkt worden ist, dem Servituts-Inhaber aus öffentlichen
Büchern, oder auf eine andere Art bekannt seyn können; so hört nach Verlauf
dieser Zeit die Servitut von selbst auf.
§. 528. Eine Servitut,
welche jemanden bis zur Zeit, da ein Dritter ein bestimmtes Alter erreicht,
verliehen wird, erlischt erst zu der bestimmten Zeit, obschon der Dritte vor
diesem Alter verstorben ist.
Erlöschung der persönlichen
Servituten insbesondere.
§. 529. Persönliche
Servituten hören mit dem Tode auf. Werden sie ausdrücklich auf die Erben
ausgedehnt; so sind im Zweifel nur die ersten gesetzlichen Erben darunter
verstanden. Das einer Familie verliehene Recht aber geht auf alle Mitglieder
derselben über. Die von einer Gemeinde oder einer andern moralischen Person
erworbene persönliche Servitut dauert so lange, als die moralische Person
besteht.
Unanwendbarkeit auf
beständige Renten.
§. 530. Beständige
jährliche Renten sind keine persönliche Servitut, und können also ihrer Natur
nach auf alle Nachfolger übertragen werden.
Achtes Hauptstück.
Von dem Erbrechte.
Verlassenschaft.
§. 531. Der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines
Verstorbenen, in so fern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen gegründet
sind, heißt desselben Verlassenschaft oder Nachlaß.
Erbrecht und Erbschaft.
§. 532. Das ausschließende Recht, die ganze Verlassenschaft, oder einen
in Beziehung auf das Ganze bestimmten Theil derselben (z. B. die Hälfte, ein
Drittheil) in Besitz zu nehmen, heißt Erbrecht. Es ist ein dingliches Recht,
welches gegen einen jeden, der sich der Verlassenschaft anmaßen will, wirksam
ist. Derjenige, dem das Erbrecht gebührt, wird Erbe, und die Verlassenschaft,
in Beziehung auf den Erben, Erbschaft genannt.
Titel zu dem Erbrechte.
§. 533. Das Erbrecht gründet sich auf den nach gesetzlicher Vorschrift
erklärten Willen des Erblassers; auf einen nach dem Gesetze zulässigen
Erbvertrag (§. 602), oder auf das Gesetz.
§. 534. Die erwähnten drey Arten des Erbrechtes können auch neben
einander bestehen, so daß einem Erben ein in Beziehung auf das Ganze bestimmter
Theil aus dem letzten Willen, dem andern aus dem Vertrage, und einem Dritten
aus dem Gesetze gebührt.
Unterschied zwischen Erbschaft und Vermächtniß.
§. 535. Wird jemanden kein solcher Erbtheil, der sich auf den ganzen
Nachlaß bezieht; sondern nur eine einzelne Sache, Eine oder mehrere Sachen von
gewisser Gattung; eine Summe; oder ein Recht zugedacht; so heißt das Zugedachte,
obschon dessen Werth den größten Theil der Verlassenschaft ausmacht, ein
Vermächtniß (Legat), und derjenige, dem es hinterlassen worden, ist nicht als
ein Erbe, sondern nur als ein Vermächtnißnehmer (Legatar) zu betrachten.
Zeitpunct des Erbanfalles.
§. 536. Das Erbrecht tritt erst nach dem Tode des Erbassers ein. Stirbt
ein vermeintlicher Erbe vor dem Erblasser; so hat er das noch nicht erlangte
Erbrecht auch nicht auf seinen Erben übertragen können.
§. 537. Hat der Erbe den Erblasser überlebt; so geht das Erbrecht auch
vor Uebernahme der Erbschaft, wie andere frey vererbliche Rechte, auf seine
Erben über; wenn es anders durch Entsagung, oder auf eine andere Art noch nicht
erloschen war.
Fähigkeit zu erben.
§. 538. Wer ein Vermögen zu erwerben berechtigt ist, kann in der Regel
auch erben. Hat jemand dem Rechte etwas zu erwerben überhaupt entsagt, oder auf
eine bestimmte Erbschaft gültig Verzicht gethan; so ist er dadurch des
Erbrechtes überhaupt, oder des Rechtes auf eine bestimmte Erbschaft verlustig
geworden.
§. 539. In wie fern geistliche Gemeinden, oder deren Glieder erbfähig
sind, bestimmen die politischen Vorschriften.
Ursachen der Unfähigkeit.
§. 540. Wer gegen den Erblasser ein Verbrechen begangen hat, ist so lange
des Erbrechtes unwürdig, als sich nicht aus den Umständen entnehmen läßt, daß
ihm der Erblasser vergeben habe.
§. 541. Bei gesetzlicher Erbfolge sind die Nachkommen desjenigen,
welcher sich des Erbrechtes unwürdig gemacht hat, an dessen Stelle zur Erbfolge
berufen, wenngleich er den Erblasser überlebt hat.
§. 542. Wer den Erblasser zur Erklärung des letzten Willens gezwungen;
oder betrüglicher Weise verleitet, an der Erklärung, oder Abänderung des
letzten Willens gehindert, oder einen von ihm bereits errichteten letzten
Willen unterdrückt hat, ist von dem Erbrechte ausgeschlossen, und bleibt für
allen einem Dritten dadurch zugefügten Schaden verantwortlich.
§. 543. Personen, welche des Ehebruches, oder der Blutschande
gerichtlich geständig, oder überwiesen sind, werden unter sich von dem
Erbrechte aus einer Erklärung des letzten Willens ausgeschlossen.
§. 544. In wie fern Landeseingeborne, die ihr Vaterland, oder die
Kriegsdienste ohne ordentliche Erlaubniß verlassen haben, des Erbrechtes
verlustig werden, bestimmen die politischen Verordnungen.
Nach welchem Zeitpuncte die Fähigkeit zu beurtheilen.
§. 545. Die Erbfähigkeit kann nur nach dem Zeitpuncte des wirklichen
Erbanfalles bestimmet werden. Dieser Zeitpunct ist in der Regel der Tod des
Erblassers. (§. 703.)
§. 546. Eine später erlangte Erbfähigkeit gibt kein Recht, Andern das zu
entziehen, was ihnen bereits rechtmäßig angefallen ist.
Wirkung der Annahme der Erbschaft.
§. 547. Der Erbe stellt, sobald er die Erbschaft angenommen hat, in
Rücksicht auf dieselbe den Erblasser vor. Beyde werden in Beziehung auf einen
Dritten für Eine Person gehalten. Vor der Annahme des Erben wird die
Verlassenschaft so betrachtet, als wenn sie noch von dem Verstorbenen besessen
würde.
§. 548. Verbindlichkeiten, die der Erblasser aus seinem Vermögen zu
leisten gehabt hätte, übernimmt sein Erbe. Die von dem Gesetze verhängten
Geldstrafen, wozu der Verstorbene noch nicht verurtheilet war, gehen nicht auf
den Erben über.
§. 549. Zu den auf einer Erbschaft haftenden Lasten gehören auch die
Kosten für das dem Gebrauche des Ortes, dem Stande und dem Vermögen des
Verstorbenen angemessene Begräbniß.
§. 550. Mehrere Erben werden in Ansehung ihres gemeinschaftlichen
Erbrechtes für Eine Person angesehen. Sie stehen in dieser Eigenschaft vor der
gerichtlichen Uebergabe (Einantwortung) der Erbschaft alle für Einen und Einer
für alle. In wie fern sie nach der erfolgten Uebergabe zu haften haben, wird in
dem Hauptstücke von der Besitznehmung der Erbschaft bestimmt.
Verzicht auf das Erbrecht.
§. 551. Wer über sein Erbrecht gültig verfügen kann, ist auch befugt,
durch Vertrag mit dem Erblasser im voraus darauf Verzicht zu tun. Der Vertrag
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll. Eine solche Verzichtleistung wirkt,
wenn nichts anderes vereinbart ist, auch auf die Nachkommen.
Neuntes Hauptstück.
Von der Erklärung des letzten Willens überhaupt und den Testamenten ins
besondere.
Erklärung des letzten Willens.
§. 552. Die Anordnung, wodurch ein Erblasser sein Vermögen, oder einen
Theil desselben Einer oder mehrern Personen widerruflich auf den Todesfall
überläßt, heißt eine Erklärung des letzten Willens.
Erfordernisse:
I. Innere Form.
§. 553. Wird in einer letzten Anordnung ein Erbe eingesetzt, so heißt
sie Testament; enthält sie aber nur andere Verfügungen, so heißt sie Codicill.
Zutheilung der Erbschaft:
a) wenn nur Ein Erbe;
§. 554. Hat der Erblasser einen einzigen Erben, ohne ihn auf einen Theil
der Verlassenschaft zu beschränken, unbestimmt eingesetzt; so erhält er den
ganzen Nachlaß. Ist aber dem einzigen Erben nur ein in Beziehung auf das Ganze
bestimmter Erbtheil ausgemessen worden; so fallen die übrigen Theile den
gesetzlichen Erben zu.
b) wenn mehrere ohne Theilung;
§. 555. Sind ohne Vorschrift einer Theilung mehrere Erben eingesetzt
worden, so theilen sie zu gleichen Theilen.
c) wenn alle in bestimmten Theilen;
§. 556. Sind mehrere Erben und zwar alle in bestimmten Erbtheilen, die
aber das Ganze nicht erschöpfen, eingesetzt worden, so fallen die übrigen
Theile den gesetzlichen Erben zu. Hat aber der Erblasser die Erben zum ganzen
Nachlasse berufen; so haben die gesetzlichen Erben keinen Anspruch, obschon er
in der Berechnung der Beträge, oder in der Aufzählung der Erbstücke etwas
übergangen hätte.
d) wenn einige mit Theilen, andere ohne Theile eingesetzt sind.
§. 557. Wird unter mehrern eingesetzten Erben einigen ein bestimmter
Theil (z. B. ein Drittheil, ein Sechstheil), andern aber nichts Bestimmtes
ausgemessen; so erhalten diese den übrigen Nachlaß zu gleichen Theilen.
§. 558. Bleibt nichts übrig, so muß von sämmtlichen bestimmten Theilen
für den unbestimmt eingesetzten Erben verhältnißmäßig so viel abgezogen werden,
daß er einen gleichen Antheil mit demjenigen erhalte, der am geringsten bedacht
worden ist. Sind die Theile der Erben gleich groß, so haben sie an dem
unbestimmt eingesetzten Erben so viel abzugeben, daß er einen gleichen Antheil
mit ihnen empfange. In allen andern Fällen, wo ein Erblasser sich verrechnet
hat, ist die Theilung auf eine Art vorzunehmen, wodurch der Wille des
Erblassers nach den über das Ganze erklärten Verhältnissen auf das möglichste
erfüllt wird.
Welche Erben als Eine Person betrachtet werden.
§. 559. Treffen unter den eingesetzten Erben solche Personen zusammen,
wovon einige bey der gesetzlichen Erbfolge gegen die übrigen als Eine Person
angesehen werden müssen, (z. B. die Bruderskinder gegen des Bruder des
Erblassers); so werden sie auch bey der Theilung aus dem Testamente nur als
Eine Person betrachtet. Ein Körper, eine Gemeinde, eine Versammlung (z. B. die
Armen) werden immer nur für Eine Person gerechnet.
Recht des Zuwachses.
§. 560. Wenn alle Erben ohne Bestimmung der Theile, oder in dem
allgemeinen Ausdrucke einer gleichen Theilung zur Erbschaft berufen werden, und
es kann, oder will einer der Erben von seinem Erbrecht keinen Gebrauch machen;
so wächst der erledigte Theil den übrigen eingesetzten Erben zu.
§. 561. Sind Ein oder mehrere Erben mit, ein anderer oder mehrere ohne
Bestimmung des Erbtheiles eingesetzt; so wächst der erledigte Theil nur dem
einzelnen, oder den mehrern noch übrigen, unbestimmt eingesetzten Erben zu.
§. 562. Einem bestimmt eingesetzten Erben gebührt in keinem Falle das
Zuwachsrecht. Wenn also kein unbestimmt eingesetzter Erbe übrig ist; so fällt
ein erledigter Erbtheil nicht einem noch übrigen, für einen bestimmten Theil
eingesetzten, sondern dem gesetzlichen Erben zu.
§. 563. Wer den erledigten Erbtheil erhält, übernimmt auch die damit
verknüpften Lasten, in so fern sie nicht auf persönliche Handlungen des
eingesetzten Erben eingeschränkt sind.
§. 564. Der Erblasser muß den Erben selbst einsetzen; er kann dessen
Ernennung nicht dem Ausspruche eines Dritten überlassen.
Die Erklärung muß überlegt, bestimmt und frey seyn.
§. 565 Der Wille des Erblassers muß bestimmt, nicht durch bloße Bejahung
eines ihm gemachten Vorschlages; er muß im Zustande der vollen Besonnenheit;
mit Ueberlegung und Ernst, frey von Zwang, Betrug, und wesentlichem Irrthume
erkläret werden.
Ursachen der Unfähigkeit zu testiren;
1) Mangel der Besonnenheit;
§. 566. Wird bewiesen, daß die Erklärung im Zustande der Raserey, des
Wahnsinnes, Blödsinnes, oder der Trunkenheit geschehen sey, so ist sie
ungültig.
§. 567. Wenn behauptet
wird, daß der Erblasser, welcher den Gebrauch des Verstandes verloren hatte,
zur Zeit der letzten Anordnung bey voller Besonnenheit gewesen sei; so muß die
Behauptung durch Kunstverständige, oder durch obrigkeitliche Personen, die den
Gemüthszustand des Erblassers genau erforschten, oder durch andere zuverlässige
Beweise außer Zweifel gesetzt werden.
2)
Prodigalitäts-Erklärung; in wie fern;
§. 568. Ein gerichtlich
erklärter Verschwender kann nur über die Hälfte seines Vermögens durch letzten
Willen verfügen; die andere Hälfte fällt den gesetzlichen Erben zu.
3) unreifes Alter;
§. 569. Unmündige sind
zu testiren unfähig. Minderjährige, die das achtzehnte Jahr noch nicht
zurückgelegt haben, können nur mündlich vor Gericht testiren. Das Gericht muß
durch eine angemessene Erforschung sich zu überzeugen suchen, daß die Erklärung
des letzten Willens frey und mit Ueberlegung geschehe. Die Erklärung muß in ein
Protokoll aufgenommen, und dasjenige, was sich aus der Erforschung ergeben hat,
beygerückt werden. Nach zurückgelegtem achtzehnten Jahre kann ohne weitere
Einschränkung ein letzter Wille erkläret werden.
4) wesentlicher
Irrthum;
§. 570. Ein
wesentlicher Irrthum des Erblassers macht die Anordnung ungültig. Der Irrthum
ist wesentlich, wenn der Erblasser die Person, welche er bedenken, oder den
Gegenstand, welchen er vermachen wollte, verfehlet hat.
§. 571. Zeigt sich, daß
die bedachte Person, oder die vermachte Sache nur unrichtig benannt, oder
beschrieben worden; so ist die Verfügung gültig.
§. 572. Auch wenn der
von dem Erblasser angegebene Beweggrund falsch befunden wird, bleibt die
Verfügung gültig; es wäre denn erweislich, daß der Wille des Erblassers einzig
und allein auf diesem irrigen Beweggrunde beruht habe.
5) Ordensgelübde;
§. 573. Ordenspersonen sind
in der Regel nicht befugt, zu testiren: allein, wenn der Orden eine besondere
Begünstigung, daß seine Glieder testiren können, erlangt hat; wenn
Ordenspersonen die Auflösung von den Gelübden erhalten haben; wenn sie durch
Aufhebung ihres Ordens, Stiftes oder Klosters aus ihrem Stande getreten sind;
oder wenn sie in einem solchen Verhältnisse angestellt sind, daß sie vermöge
der politischen Verordnungen nicht mehr als Angehörige des Ordens, Stiftes oder
Klosters angesehen werden, sondern vollständiges Eigenthum erwerben können; so
ist es ihnen erlaubt, durch Erklärung des letzten Willens darüber zu verfügen.
6) schwere
Criminal-Strafe;
§. 574. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
Zeitpunct der
Gültigkeit der Anordnung.
§. 575. Ein rechtsgültig
erklärter letzter Wille kann durch später eintretende Hindernisse seine
Gültigkeit nicht verlieren.
§. 576. Einen
anfänglich ungültigen letzten Willen macht die später erfolgte Aufhebung des
Hindernisses nicht gültig. Wird in diesem Falle keine neue Verfügung getroffen;
so tritt das gesetzliche Erbrecht ein.
II.) Aeußere Form der
Erklärungen des letzten Willens;
§. 577. Man kann
außergerichtlich oder gerichtlich, schriftlich oder mündlich; schriftlich aber
mit, oder ohne Zeugen testiren.
1) der außergerichtlichen
schriftlichen;
§. 578. Wer
schriftlich, und ohne Zeugen testiren will, der muß das Testament oder Codicill
eigenhändig schreiben, und eigenhändig mit seinem Nahmen unterfertigen. Die
Beysetzung des Tages, des Jahres, und des Ortes, wo der letzte Wille errichtet
wird, ist zwar nicht nothwendig, aber zur Vermeidung der Streitigkeiten
räthlich.
§. 579. Einen letzten
Willen, welchen der Erblasser von einer anderen Person niederschreiben ließ,
muß er eigenhändig unterfertigen. Er muß ferner vor drei fähigen Zeugen, wovon
wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein müssen, ausdrücklich erklären, daß
der Aufsatz seinen letzten Willen enthalte. Endlich müssen sich auch die
Zeugen, entweder inwendig oder von außen, immer aber auf der Urkunde selbst,
und nicht etwa auf einem Umschlag, mit einem auf ihre Eigenschaft als Zeugen
hinweisenden Zusatz unterschreiben. Den Inhalt des Testaments hat der Zeuge zu
wissen nicht nötig.
§. 580. Ein Erblasser,
welcher nicht schreiben kann, muß nebst Beobachtung der in dem vorigen §.
vorgeschriebenen Förmlichkeiten, anstatt der Unterschrift sein Handzeichen, und
zwar in Gegenwart aller drey Zeugen, eigenhändig beysetzen. Zur Erleichterung
eines bleibenden Beweises, wer der Erblasser sey, ist es auch vorsichtig, daß
Einer der Zeugen den Nahmen des Erblassers als Nahmensunterfertiger beysetze.
§. 581. Wenn der
Erblasser nicht lesen kann, so muß er den Aufsatz von einem Zeugen in Gegenwart
der anderen zwei Zeugen, die den Inhalt eingesehen haben, sich vorlesen lassen,
und bekräftigen, daß derselbe seinem Willen gemäß sei. Der Schreiber des
letzten Willens kann in allen Fällen zugleich Zeuge sein, ist aber, wenn der
Erblasser nicht lesen kann, von der Vorlesung des Aufsatzes ausgeschlossen.
§. 582. Eine Verfügung
des Erblassers durch Beziehung auf einen Zettel oder auf einen Aufsatz, ist nur
dann von Wirkung, wenn ein solcher Aufsatz mit allen zur Gültigkeit einer
letzten Willenserklärung nöthigen Erfordernissen versehen ist. Außer dem können
dergleichen von dem Erblasser angezeigte schriftliche Bemerkungen nur zur
Erläuterung seines Willens angewendet werden.
§. 583. In der Regel
gilt ein und derselbe Aufsatz nur für Einen Erblasser. Die Ausnahme in
Rücksicht der Ehegatten ist in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten enthalten.
§. 584. Einem
Erblasser, welcher die zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen
Förmlichkeiten nicht beobachten kann, oder will, steht frey, ein mündliches
Testament zu errichten.
2) der
außergerichtlichen mündlichen;
§. 585. Wer mündlich
testiret, muß vor drey fähigen Zeugen, welche zugleich gegenwärtig, und zu
bestätigen fähig sind, daß in der Person des Erblassers kein Betrug oder
Irrthum unterlaufen sey, ernstlich seinen letzten Willen erklären. Es ist zwar
nicht nothwendig, aber vorsichtig, daß die Zeugen entweder alle
gemeinschaftlich, oder ein jeder für sich zur Erleichterung des Gedächtnisses,
die Erklärung des Erblassers entweder selbst aufzeichnen, oder, so bald als
möglich, aufzeichnen lassen.
§. 586. Eine mündliche
letzte Anordnung muß auf Verlangen eines jeden, dem daran gelegen ist, durch
die übereinstimmende eidliche Aussage der drei Zeugen oder, wofern einer aus
ihnen nicht eidlich vernommen werden kann, wenigstens der zwei übrigen
bestätigt werden, widrigens diese Erklärung des letzten Willens unwirksam ist.
(§ 601).
3) der gerichtlichen.
§. 587. Der Erblasser
kann auch vor einem Gerichte schriftlich oder mündlich testiren. Die
schriftliche Anordnung muß von dem Erblasser wenigstens eigenhändig
unterschrieben seyn, und dem Gerichte persönlich übergeben werden. Das Gericht
hat den Erblasser auf den Umstand, daß seine eigenhändige Unterschrift
beygerückt seyn müsse, aufmerksam zu machen, dann den Aufsatz gerichtlich zu
versiegeln und auf dem Umschlage anzumerken, wessen letzter Wille darin
enthalten sey. Ueber das Geschäft ist ein Protokoll aufzunehmen, und der
Aufsatz gegen Ausstellung eines Empfangscheines gerichtlich zu hinterlegen.
§. 588. Will der
Erblasser seinen Willen mündlich erklären; so ist die Erklärung in ein
Protokoll aufzunehmen, und dasselbe eben so, wie in dem vorhergehenden §. von
dem schriftlichen Aufsatze gemeldet worden ist, versiegelt zu hinterlegen.
§. 589. Das Gericht,
welches die schriftliche oder mündliche Erklärung des letzten Willens aufnimmt,
muß wenigstens aus zwey eidlich verpflichteten Gerichtspersonen bestehen, deren
Einer in dem Orte, wo die Erklärung aufgenommen wird, das Richteramt zusteht.
Die Zeugenschaft der zweyten Gerichtsperson, außer dem Richter, können auch
zwey andere Zeugen vertreten.
§. 590. Im Nothfalle können
die erst bestimmten Personen sich in die Wohnung des Erblassers begeben, seinen
letzten Willen schriftlich oder mündlich aufnehmen, und dann das Geschäft mit
Beysetzung des Tages, Jahres und Ortes zu Protokoll bringen.
Unfähige Zeugen bey
letzten Anordnungen.
§. 591. Personen unter
achtzehn Jahren, Sinnlose, Blinde, Taube oder Stumme, dann diejenigen, welche
die Sprache des Erblassers nicht verstehen, können bei letzten Anordnungen
nicht Zeugen sein.
§. 592. (Anm.:
Aufgehoben durch § 57, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste Teilnovelle.)
§. 593. (Anm.:
Aufgehoben durch § 1, RGBl 1860/Nr. 9.)
§. 594. Ein Erbe oder
Legatar ist in Rücksicht des ihm zugedachten Nachlasses kein fähiger Zeuge, und
eben so wenig dessen Gatte, Aeltern, Kinder, Geschwister, oder in eben dem
Grade verschwägerte Personen und die besoldeten Hausgenossen. Die Verfügung
muß, um gültig zu seyn, von dem Erblasser eigenhändig geschrieben; oder, durch
drey von den gedachten Personen verschiedene Zeugen bestätiget werden.
§. 595. Wenn der Erblasser
demjenigen, welcher den letzten Willen schreibt, oder dessen Ehegatten,
Kindern, Aeltern, Geschwistern oder in eben dem Grade verschwägerten Personen
einen Nachlaß bestimmt; so muß die Anordnung auf die im vorgehenden §. erwähnte
Art außer Zweifel gesetzt seyn.
§. 596. Was von der
Unbefangenheit und Fähigkeit des Zeugen, die Person des Erblassers außer
Zweifel zu setzen, verordnet wird, ist auch auf die gerichtlichen Personen, die
einen letzten Willen aufnehmen, anzuwenden.
Von den begünstigten letzten
Anordnungen.
§. 597. Bei letzten
Anordnungen, welche auf Schiffahrten und in Orten, wo die Pest oder ähnliche
ansteckende Seuchen herrschen, errichtet werden, sind auch Personen, die das
vierzehnte Jahr zurückgelegt haben, gültige Zeugen.
§. 598. Zu diesen
begünstigten letzten Anordnungen werden nur zwey Zeugen erfordert, wovon Einer
das Testament schreiben kann. Bey Gefahr einer Ansteckung ist auch nicht
nöthig, daß beyde zugleich gegenwärtig seyn.
§. 599. Sechs Monathe
nach geendigter Schifffahrt oder Seuche verlieren die begünstigten letzten
Willenserklärungen ihre Kraft.
§. 600. Die
Begünstigungen der Militär-Testamente sind in den Militär-Gesetzen enthalten.
Ungültigkeit der
unförmlichen letzten Anordnungen.
§. 601. Wenn der
Erblasser Eines der hier vorgeschriebenen, und nicht ausdrücklich der bloßen
Vorsicht überlassenen Erfordernisse nicht beobachtet hat; so ist die letzte
Willenserklärung ungültig.
Erbverträge sind nur
unter Ehegatten gültig.
§. 602. Erbverträge
über die ganze Verlassenschaft, oder einen in Beziehung auf das Ganze
bestimmten Theil derselben, können nur unter Ehegatten gültig geschlossen
werden. Die Vorschriften hierüber sind in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten
enthalten.
Von Schenkungen auf den
Todesfall. Beziehung.
§. 603. In wie fern
eine Schenkung auf den Todesfall als ein Vertrag, oder als ein letzter Wille zu
betrachten sey, wird in dem Hauptstücke von den Schenkungen bestimmt.
Zehntes Hauptstück.
Von Nacherben und
Fideicommissen.
Gemeine Substitution.
§. 604. Jeder Erblasser
kann für den Fall, daß der eingesetzte Erbe die Erbschaft nicht erlangt, Einen;
und, wenn auch dieser sie nicht erlangt, einen zweyten, und im gleichen Falle
einen dritten, oder auch noch mehrere Nacherben berufen. Diese Anordnung heißt
eine gemeine Substitution. Der in der Reihe zunächst Berufene wird Erbe.
§. 605. Hat der
Erblasser aus den bestimmten Fällen, daß der ernannte Erbe nicht Erbe seyn
kann, oder, daß er nicht Erbe seyn will, nur Einen ausgedrückt; so ist der
andere Fall ausgeschlossen.
Rechte aus derselben.
§. 606. Die dem Erben
aufgelegten Lasten werden auch auf den an seine Stelle tretenden Nacherben
ausgedehnt, wofern sie nicht durch den ausdrücklichen Willen, oder die
Beschaffenheit der Umstände, auf die Person des Erben eingeschränkt sind.
§. 607. Sind die
Miterben allein wechselseitig zu Nacherben berufen worden; so wird angenommen,
daß der Erblasser die in der Einsetzung ausgemessenen Theile auch auf die
Substitution ausdehnen wollte. Wird aber in der Substitution, außer den
Miterben, noch sonst jemand berufen, so fällt der erledigte Erbtheil Allen zu
gleichen Theilen zu.
Fideicommissarische.
§. 608. Der Erblasser
kann seinen Erben verpflichten, daß er die angetretene Erbschaft nach seinem
Tode, oder in andern bestimmten Fällen, einem zweyten ernannten Erben
überlasse. Diese Anordnung wird eine fideicommissarische Substitution genannt.
Die fideicommissarische Substitution begreift stillschweigend die gemeine in
sich.
In wie fern die Aeltern
ihren Kindern substituiren dürfen.
§. 609. Auch die
Aeltern können ihren Kindern, selbst in dem Falle, daß diese zu testiren
unfähig sind, nur in Rücksicht des Vermögens, das sie ihnen hinterlassen, einen
Erben oder Nacherben ernennen.
Stillschweigende
fideicommissarische Substitution.
§. 610. Hat der Erblasser
dem Erben verbothen, über den Nachlaß zu testiren; so ist es eine
fideicommissarische Substitution, und der Erbe muß den Nachlaß für seine
gesetzlichen Erben aufbewahren. Das Verboth, die Sache zu veräußern, schließt
das Recht, darüber zu testiren, nicht aus.
Einschränkung der
fideicommissarischen Substitution.
§. 611. Die Reihe, in
welcher die fideicommissarischen Erben auf einander folgen sollen, wird, wenn
sie Alle Zeitgenossen des Erblassers sind, gar nicht beschränkt, sie kann sich auf
den Dritten, Vierten und noch weiter ausdehnen.
§. 612. Sind es nicht
Zeitgenossen, sondern solche Nacherben, die zur Zeit des errichteten
Testamentes noch nicht geboren sind; so kann sich die fideicommissarische
Substitution in Rücksicht auf Geldsummen, und andere bewegliche Sachen bis auf
den zweyten Grad erstrecken. In Ansehung unbeweglicher Güter gilt sie nur auf
den ersten Grad; doch wird bey Bestimmung der Grade nur derjenige Nacherbe
gezählt, welcher zum Besitze der Erbschaft gelangt ist.
Rechte des Erben bey einer fideicommisarischen Substitution.
§. 613. Bis der Fall
der fideicommissarischen Substitution eintritt, kommt den eingesetzten Erben
das eingeschränkte Eigenthumsrecht, mit den Rechten und Verbindlichkeiten eines
Fruchtnießers zu.
Auslegung der Substitutionen.
§. 614. Ist eine
Substitution zweifelhaft ausgedrückt; so ist sie auf eine solche Art
auszulegen, wodurch die Freyheit des Erben, über das Eigenthum zu verfügen, am
mindesten eingeschränkt wird.
Erlöschungsarten der
gemeinen und fideicommissarischen Substitution.
§. 615. Die gemeine
Substitution erlischt, sobald der eingesetzte Erbe die Erbschaft angetreten
hat; die fideikommissarische, wenn keiner von den berufenen Nacherben mehr
übrig ist; oder wenn der Fall, für den sie errichtet worden, aufhört.
Sofern nicht ein
anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist, geht das Recht des
fideikommissarischen Erben auch dann auf dessen Erben über (§ 537), wenn er den
Eintritt des Substitutionsfalles nicht erlebt.
§. 616. Ins besondere
verliert die einem Sinnlosen gemachte fideicommissarische Substitution (§§.
608-609.) ihre Kraft, wenn bewiesen wird, daß er zur Zeit seiner letzten
Anordnung bey voller Besonnenheit war; oder, wenn ihm das Gericht wegen
erlangten Verstandgebrauches die freye Verwaltung des Vermögens eingeräumt hat;
und die Substitution lebt nicht wieder auf, ob er gleich wegen Rückfalls wieder
unter einen Curator gesetzt worden ist, und in der Zwischenzeit keine letzte
Anordnung errichtet hat.
§. 617. Die von einem
Erblasser seinem Kinde zur Zeit, da es noch keine Nachkommenschaft hatte,
gemachte Substitution erlischt, wenn dasselbe erbfähige Nachkommen hinterlassen
hat.
Fideicommiß.
§. 618. Ein Fideicommiß
(Familien-Fideicommiß) ist eine Anordnung, kraft welcher ein Vermögen für alle
künftige, ober doch für mehrere Geschlechtsfolger, als ein unveräußerliches Gut
der Familie erklärt wird.
Hauptarten der Fideicommisse:
§. 619. Das Fideicommiß
ist insgemein entweder eine Primogenitur, oder ein Majorat, oder ein Seniorat;
je nachdem der Stifter desselben die Nachfolge entweder dem Erstgebornen aus
der ältern Linie; oder, dem Nächsten aus der Familie dem Grade nach; unter
mehrern gleich Nahen aber dem Aelteren an Jahren; oder endlich, ohne Rücksicht
auf die Linie, dem Aelteren aus der Familie zugedacht hat.
§. 620. Im Zweifel wird
die Primogenitur eher, als ein Majorat oder Seniorat; und das Majorat wieder
eher, als ein Seniorat vermuthet.
Erbfolge in denselben.
§. 621. Bey der
Primogenitur gelangt eine jüngere Linie erst nach Erlöschung der ältern zum
Fideicommisse, so, daß der Bruder des letzten Besitzers dessen Söhnen, Enkeln,
Urenkeln und weitern Nachkömmlingen weichen muß.
§. 622. Der Stifter
kann auch die Ordnung der Erbfolge ganz umkehren, und den Letztnachgebornen aus
der ältern Linie; oder, den Jüngsten aus allen Linien; oder, überhaupt
denjenigen berufen, welcher im Grade entweder dem Fideicommiß-Stifter, dem
ersten Erwerber, oder dem letzten Besitzer am nächsten kommt.
§. 623. Hat der Stifter
hierüber seinen Willen nicht bestimmt ausgedrückt, so wird mehr Rücksicht auf
den letzten Besitzer, als auf den Fideicommiß-Stifter, und den ersten Erwerber
genommen. Sind mehrere Personen in gleichem Grade vorhanden, so gibt das höhere
Alter den Ausschlag.
§. 624. Wenn der
Stifter anordnet, daß das Fideicommiß immer dem Nächsten aus der Familie
zufallen solle; so wird darunter derjenige verstanden, welcher nach der
gemeinen gesetzlichen Erbfolge aus der männlichen Nachkommenschaft der nächste
ist. Zwischen mehreren gleich Nahen wird, dafern aus der Anordnung nicht das
Gegentheil erhellet, der Genuß des Fideicommisses getheilt.
§. 625. Hat Jemand
nebst dem Fideicommisse für die erstgeborne Linie ein zweytes, oder mehrere
Fideicommisse für die nachgebornen Linien errichtet; so gelangt der Besitzer
des ersten Fideicommisses und dessen Nachkommenschaft erst dann zum Besitze
eines andern Fideicommisses, wenn in den übrigen Linien keine zu dem
Fideicommisse berufenen Nachkömmlinge vorhanden sind, und die Fideicommisse
bleiben nur so lange in einer Person vereinigt, bis wieder zwey oder mehrere
Linien entstehen.
§. 626. Die weibliche
Nachkommenschaft hat in der Regel keinen Anspruch auf Fideicommisse. Hat aber
der Stifter ausdrücklich verordnet, daß nach Erlöschung des Mannsstammes das
Fideicommiß auf die weiblichen Linien übergehen soll; so geschieht dieses nach
der für die männliche Geschlechtsfolge vorgeschriebenen Ordnung; doch gehen die
männlichen Erben derjenigen Linie, welche zum Besitz des Fideicommisses
gelanget ist, den weiblichen Erben vor.
Bedingungen zur Errichtung eines Fideicommisses.
§. 627. Ohne besondere
Einwilligung der gesetzgebenden Gewalt kann kein Fideicommiß errichtet werden.
Bey der Errichtung ist ein ordentliches, beglaubtes Verzeichniß aller zu dem
Fideicommisse gehörigen Stücke zu verfassen, und gerichtlich aufzubewahren.
Dieses Inventarium dient bey jeder Besitzveränderung und bey Absonderung des
Fideicommisses von dem freyen Vermögen zur Richtschnur. Für die Sicherheit des
Fideicommisses hat das Gericht nach den besondern Vorschriften zu sorgen.
Widerruf der Errichtung.
§. 628. Der
Fideicommiß-Stifter hat das Recht, die Errichtung des Fideicommisses zu
widerrufen, so lange noch niemand durch die Uebergabe oder durch Vertrag ein
Recht erworben hat. Und der Wille wird das widerrufen angesehen, wenn dem
Erblasser ein männlicher ehelicher Erbe, der in dem Fideicommisse nicht
begriffen ist, geboren wird.
Grundsatz über die
Rechte der Anwärter u. des Inhabers des Fideicommisses.
§. 629. Das Eigenthum
des Fideicommiß-Vermögens ist zwischen allen Anwärtern, und dem jedesmahligen
Fideicommiß-Inhaber getheilt. Jenen kommt das Obereigenthum allein; diesem aber
auch das Nutzungseigenthum zu.
Besondere Rechte der Anwärter.
§. 630. Das Obereigenthum
berechtiget die Fideicommiß-Anwärter, die Hinterlegung der
Fideicommiß-Schuldscheine zu Gerichtshanden zu verlangen; eine üble Verwaltung
der Fideicommiß-Güter gerichtlich anzuzeigen; zur Vertretung des Fideicommisses
und der Nachkommenschaft einen gemeinschaftlichen Fideicommiß-Curator in
Vorschlag zu bringen; überhaupt alle zur Sicherheit der Substanz nöthige
Maßregeln zu treffen.
Uneingeschränkte Rechte des Inhabers u. Verbindlichkeiten desselben.
§. 631. Der
Fideicommiß-Inhaber hat alle Rechte und Verbindlichkeiten eines
Nutzungseigenthümers. Ihm gehören alle Nutzungen von dem Fideicommiß-Gute, und
dem Zuwachse, aber nicht die Substanz desselben. Er trägt dagegen auch alle
Lasten. Für die ohne sein Verschulden erfolgte Verminderung der Substanz hat er
nicht zu haften.
Eingeschränkte Rechte:
a) zur Verzichtung und Verpfändung.
§. 632. Ein
Fideicommiß-Besitzer kann zwar für sich, jedoch keineswegs für die, wenn gleich
noch nicht vorhandene, Nachkommenschaft auf sein Recht Verzicht thun. Verpfändet
er die Früchte des Fideicommisses oder selbst das Fideicommiß-Gut; so gilt die
Verpfändung nur für denjenigen Theil der Früchte, welchen er einzusammeln
berechtiget ist, nicht aber für das Fideicommiß-Gut, oder den Theil der
Früchte, welcher dem Nachfolger gebührt.
b) zur Verwandlung, Vertauschung oder Erbverpachtung des
Fideicommiß-Gutes.
§. 633. Unter der
gleich nachfolgenden Beschränkung kann der Fideicommiß-Inhaber das unbewegliche
Fideicommiß-Gut in ein Capital verwandeln; er kann Grundstücke gegen
Grundstücke vertauschen; oder, gegen angemessene Zinsen vertheilen; oder auch
in Erbpacht überlassen.
§. 634. Zu diesen
Veränderungen bedarf er der Genehmhaltung der ordentlichen Gerichtsbehörde.
Diese muß alle bekannte Anwärter; oder, wenn sie minderjährig oder abwesend
sind, ihre Curatoren; dann den Kurator des Fideicommisses und der
Nachkommenschaft vernehmen; die Wichtigkeit der Gründe beurtheilen; und ins
besondere bey Bewilligung der Zerstückung der Grundstücke dafür sorgen, daß das
in den politischen Verordnungen vorgeschriebene Maß beobachtet werde. Das dabey
bedungene Entgeld wird als ein Fideicommiß-Capital angelegt.
c) Verschuldung.
§. 635. Der
Fideicommiß-Inhaber kann ein Drittheil des Fideicommiß-Gutes verschulden; oder,
wenn es in Capitalien besteht, ein Drittheil davon erheben. Hierzu bedarf er
keiner Einwilligung der Anwärter oder Curatoren; sondern nur der Genehmigung
der ordentlichen Gerichtsbehörde.
Bestimmung des zu verschuldenden Drittheils,
§. 636. In dieses
Drittheil sind alle, unter was immer für einem Nahmen, auf dem Fideicommiß-Gute
haftende Lasten dergestalt einzurechnen, daß zwey Drittheile ganz frey bleiben.
und des Werthes des Fideicommiß-Gutes.
§. 637. Der Werth eines
Fideicommiß-Gutes, wenn es vertauscht oder verschuldet werden soll, wird durch
die gerichtliche Schätzung; wenn es aber zu Geld gemacht werden soll, durch
öffentliche Versteigerung bestimmt.
Art der Rückzahlung.
§. 638. Die
Rückzahlungen einer Fideicommiß-Schuld sind so zu bestimmen, daß jährlich fünf
vom Hundert an der Schuld getilgt werden. Nur aus erheblichen Ursachen ist eine
Verlängerung der Frist zu gestatten.
§. 639. Will der
Fideicommiß-Besitzer von den bereits geleisteten Rückzahlungen wieder einen
Betrag zu seinem Gebrauche erheben; so muß er zur Tilgung desselben noch
insbesondere jährlich fünf vom Hundert bezahlen.
Haftung des Nachfolgers für die Schulden.
§. 640. Der Nachfolger
im Fideicommisse ist nur die mit gerichtlicher Genehmigung gemachten Schulden
seines Vorfahrers zu bezahlen schuldig. Für die zur Tilgung derselben schon
verfallenen Rückzahlungen haftet er nur in so weit, als sie nicht aus dem frey
vererblichen Vermögen des Vorfahrers geleistet werden können.
§. 641. Hat der
Vorfahrer zur Erhaltung oder wichtigen Verbesserung des Fideicommisses einen
beträchtlichen Aufwand gemacht, wozu er das Fideicommiß-Gut zu verschulden
berechtiget gewesen wäre, so muß der Aufwand ersetzt werden. Hierzu sind aber
die Nachfolger befugt, ein Drittheil des Fideicommiß-Gutes zu belasten. Die
Rückzahlungen werden auf die in dem §. 638, vorgeschriebene Art geleistet.
§. 642. Ein
Fideicommiß-Gläubiger kann die Bezahlung einer, selbst mit gerichtlicher
Bewilligung, auf dem Fideicommisse haftenden Schuld nicht aus dem Stammgute;
sondern nur aus den Einkünften desselben verlangen.
Theilung der Früchte des letzten Jahres.
§. 643. Die Früchte des
letzten Jahres werden zwischen den Erben des Vorfahrers und dem Nachfolger im
Fideicommisse eben so, wie zwischen dem Fruchtnießer und Eigenthümer (§. 519)
getheilet.
Auflösung,
§. 644. Ein Fideicommiß
kann aufgelöset werden, wenn keine zum Fideicommisse berufene Nachkommenschaft
zu vermuthen ist. Zur Auflösung des Fideicommiß-Bandes aber wird nebst der
Einwilligung des Nutzungseigenthümers und aller Anwärter, die durch ein Edict vorzuladen
sind, auch die Einvernehmung des Curators der Nachkommenschaft, und die
gerichtliche Bewilligung erfordert.
oder Erlöschung eines Fideicommisses.
§. 645. Das Fideicommiß
erlischt, wenn es zu Grunde geht; oder, wenn alle in dem Stiftbriefe berufene Linien,
ohne Hoffnung einer Nachkommenschaft, ausgestorben sind. In dem letztern Falle
vereiniget sich das Obereigenthum mit dem Nutzungseigenthume, und der Besitzer
kann nach Willkühr über das Fideicommiß verfügen.
Unterschied eines Fideicommisses von Stiftungen.
§. 646. Von den
Substitutionen und Fideicommissen unterscheiden sich die Stiftungen, wodurch
die Einkünfte von Capitalien, Grundstücken oder Rechten zu gemeinnützigen
Anstalten, als: für geistliche Pfründen, Schulen, Kranken- oder Armenhäuser;
oder zum Unterhalte gewisser Personen auf alle folgende Zeiten bestimmt werden.
Die Vorschriften über Stiftungen sind in den politischen Verordnungen
enthalten.
Eilftes Hauptstück.
Von Vermächtnissen.
Von wem, wie und wem legiret;
§. 647. Zur Gültigkeit
eines Vermächtnisses (§. 535.) ist nothwendig, daß es von einem fähigen
Erblasser, einer Person, die zu erben fähig ist, durch eine gültige letzte
Willenserklärung hinterlassen werde.
§. 648. Der Erblasser
kann auch Einem oder mehrern Miterben ein Vermächtniß vorausbestimmen, in
Rücksicht desselben sind sie nur als Legatare zu betrachten.
und wer mit der Entrichtung des Vermächtnisses beschweret werden könne.
§. 649. Die
Vermächtnisse fallen in der Regel allen Erben, selbst in dem Falle, daß die
einem Miterben gehörige Sache vermacht worden ist, nach Maß ihres Erbtheiles
zur Last. Es hängt jedoch von dem Erblasser ab, ob er die Abführung des Legats
einem Miterben, oder auch einem Legatar besonders auftragen wolle.
§. 650. Ein Legatar
kann sich von der vollständigen Erfüllung des ihm aufgetragenen weitern
Vermächtnisses aus dem Grunde, daß es den Werth des ihm zugedachten Legats
übersteige, nicht entschlagen. Nimmt er aber das Legat nicht an; so muß
derjenige, dem es zufällt, den Auftrag übernehmen, oder das ihm zugefallene
Vermächtniß dem darauf gewiesenen Vermächtnißnehmer überlassen.
§. 651. Ein Erblasser,
welcher ein Legat einer gewissen Classe von Personen, als: Verwandten,
Dienstpersonen oder Armen zugedacht hat, kann die Vertheilung, welchen aus
diesen Personen, und, was jeder zukommen soll, dem Erben oder einem Dritten
überlassen. Hat der Erblasser hierüber nichts bestimmt; so bleibt die Wahl dem
Erben vorbehalten.
Substitutionen bey Vermächtnissen.
§. 652. Der Erblasser
kann bey einem Vermächtnisse eine gemeine, oder fideicommissarische
Substitution anordnen; dabey sind die in dem vorigen Hauptstücke gegebenen
Vorschriften anzuwenden.
Gegenstände eines Vermächtnisses.
§. 653. Alles, was im
gemeinen Verkehre steht: Sachen, Rechte, Arbeiten und andere Handlungen, die
einen Werth haben, können vermacht werden.
§. 654. Werden Sachen
vermacht, die zwar im gemeinen Verkehre stehen, die aber der Legatar zu
besitzen für seine Person unfähig ist, so wird ihm der ordentliche Werth
vergütet.
Allgemeine Auslegungsregel bey Vermächtnissen.
§. 655. Worte werden
auch bey Vermächtnissen in ihrer gewöhnlichen Bedeutung genommen; es müßte denn
bewiesen werden, daß der Erblasser mit gewissen Ausdrücken einen ihm eigenen
besondern Sinn zu verbinden gewohnt gewesen ist; oder, daß das Vermächtniß
sonst ohne Wirkung wäre.
Besondere Vorschriften über das Vermächtniß:
a) von Sachen einer gewissen Gattung;
§. 656. Hat der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung, aber ohne eine nähere
Bestimmung, vermacht, und sind mehrere solche Sachen in der Verlassenschaft
vorhanden; so steht dem Erben die Wahl zu. Er muß aber ein Stück wählen, wovon
der Legatar Gebrauch machen kann. Wird dem Legatar überlassen, Eine von den
mehrern Sachen zu nehmen oder zu wählen; so kann er auch die beste wählen.
§. 657. Wenn der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung ausdrücklich nur aus
seinem Eigenthume vermacht hat, und es finden sich dergleichen gar nicht in der
Verlassenschaft; so verliert das Vermächtniß seine Wirkung. Finden sie sich
nicht in der verordneten Menge; so muß sich der Legatar mit den vorhandenen
begnügen.
§. 658. Vermacht der
Erblasser Eine oder mehrere Sachen von gewisser Gattung nicht ausdrücklich aus
seinem Eigenthume, und es finden sich dergleichen nicht in der Verlassenschaft;
so muß der Erbe sie dem Legatar in einer, dessen Stande und Bedürfnissen
angemessenen, Eigenschaft verschaffen. Das Legat einer Summe Geldes verbindet
den Erben zur Zahlung derselben, ohne Rücksicht, ob bares Geld in der
Verlassenschaft vorhanden sey oder nicht.
§. 659. Der Erblasser
kann die Auswahl, welche Sache aus mehrern der Legatar haben soll, auch einem
Dritten überlassen. Schlägt sie dieser aus oder ist er vor getroffener Auswahl
gestorben; so bestimmt die Gerichtsbehörde das Legat mit Rücksicht auf den
Stand und das Bedürfniß des Legatars. Diese gerichtliche Bestimmung tritt auch
in dem Falle ein, daß der Legatar vor der ihm überlassenen Auswahl verstorben
ist.
b) das Vermächtniß
einer bestimmten Sache;
§. 660. Das Vermächtniß
einer bestimmten Sache kann von dem Legatar, wenn es in Einer oder in
verschiedenen Anordnungen wiederhohlt wird, nicht zugleich in Natur, und dem
Werthe nach verlangt werden. Andere Vermächtnisse, ob sie gleich eine Sache der
nähmlichen Art oder den nähmlichen Betrag enthalten, gebühren dem Legatar so
oft, als sie wiederhohlt worden sind.
§. 661. Das Vermächtniß
ist ohne Wirkung, wenn das vermachte Stück zur Zeit der letzten Anordnung schon
ein Eigenthum des Legatars war. Hat er es später an sich gebracht; so wird ihm
der ordentliche Werth bezahlt. Wenn er es aber von dem Erblasser selbst und
zwar unentgeldlich erhalten hat, ist das Vermächtniß für aufgehoben zu halten.
c) einer fremden Sache;
§. 662. Das Vermächtniß
einer fremden Sache, die weder dem Erblasser, noch dem Erben oder Legatar,
welcher sie einem Dritten leisten soll, gehört, ist wirkungslos. Gebührt den
erwähnten Personen ein Antheil oder Anspruch an der Sache; so ist das
Vermächtniß nur von diesem Anspruche oder Antheile zu verstehen. Ist die
vermachte Sache verpfändet oder belastet; so übernimmt der Empfänger auch die
darauf haftenden Lasten. Wenn aber der Erblasser ausdrücklich verordnet, daß
eine bestimmte fremde Sache gekauft, und dem Legatar geleistet werden solle,
der Eigenthümer hingegen sie um den Schätzungspreis nicht veräußern will; so
ist dem Legatar dieser Werth zu entrichten.
d) einer Forderung;
§. 663. Das Vermächtniß
einer Forderung, die der Erblasser an den Legatar zu machen hat, verpflichtet
den Erben, den Schuldschein zurückzustellen; oder, dem Legatar die Befreyung
von der Schuld und den rückständigen Zinsen auszufertigen.
§. 664. Vermacht der
Erblasser jemanden eine Forderung, die er an einen Dritten zu stellen hat; so
muß der Erbe die Forderung sammt den rückständigen und weiter laufenden Zinsen
dem Legatar überlassen.
§. 665. Das Vermächtniß
der Schuld, die der Erblasser dem Legatar zu entrichten hat, hat die Wirkung,
daß der Erbe die von dem Erblasser bestimmt ausgedrückte, oder von dem Legatar
ausgewiesene Schuld anerkennen, und sie, ohne Rücksicht auf die in der
Schuldverschreibung enthaltenen Bedingungen oder Fristen, längstens in der zur
Abführung der übrigen Legate bestimmten Zeitfrist berichtigen muß. Den
gefährdeten Gläubigern des Erblassers aber kann dessen Anerkennung nicht zum
Nachtheile gereichen.
§. 666. Die Erlassung
der Schuld ist nur von den gegenwärtigen, nicht auch von den erst nach dem
errichteten Vermächtnisse entstandenen Schulden zu verstehen. Wird durch ein
Vermächtniß das Pfandrecht, oder die Bürgschaft erlassen; so folgt daraus
nicht, daß auch die Schuld erlassen worden sey. Werden die Zahlungsfristen
verlängert; so müssen doch die Zinsen fort bezahlt werden.
§. 667. Wenn der
Erblasser einer Person eine Summe schuldig ist, und ihr eine gleiche Summe
vermacht; so wird nicht vermuthet, daß er die Schuld mit dem Vermächtnisse habe
tilgen wollen. Der Erbe bezahlt in diesem Falle die Summe doppelt; ein Mahl als
Schuld, und dann als Vermächtniß.
§. 668. Unter dem
Vermächtnisse aller ausstehenden Forderungen sind doch weder die Forderungen
aus öffentlichen Credits-Papieren, noch auch die auf einem unbeweglichen Gute
haftenden Capitalien, oder die aus einem dinglichen Rechte entstehenden
Forderungen begriffen.
e) des Heirathsgutes;
§. 669. Das Heirathsgut
kann vermacht werden, entweder um den Gatten von der Zurückzahlung desselben zu
befreyen; oder, um den Erben zu verpflichten, daß er der Gattinn die als
Heirathsgut eingebrachte Summe oder Sache ohne Beweis, und ohne Abzug der
darauf verwendeten Kosten abführe. Hier gelten die für andere vermachte
Forderungen gegebenen Vorschriften.
§. 670. Vermacht der
Erblasser einer dritten Person ein unbestimmtes Heirathsgut; so versteht man
darunter, ohne Rücksicht auf ihr eigenes Vermögen, ein solches Heirathsgut, als
der Vater dieser Person bey mittelmäßigem Vermögen nach seinem Stande
abzureichen schuldig wäre.
§. 671. Vermachen
Aeltern den Töchtern ein Heirathsgut; so wird dasselbe, wofern es nicht
ausdrücklich als ein Vorausvermächtniß erkläret worden, in den gesetzlichen
oder letztwilligen Erbtheil eingerechnet.
f) des Unterhaltes; der
Erziehung; oder Kost;
§. 672. Das Vermächtniß
des Unterhaltes begreift Nahrung, Kleidung, Wohnung und die übrigen
Bedürfnisse, und zwar auf lebenslang, wie auch den nöthigen Unterricht in sich.
Alles dieses wird auch unter Erziehung verstanden. Die Erziehung endigt sich
mit der Volljährigkeit. Unter Kost wird Speise und Trank auf lebenslang
begriffen.
§. 673. Das Maß der im
vorstehenden §. angeführten Vemächtnisse, wenn es weder aus dem ausdrücklichen,
noch aus dem stillschweigenden, durch die bisherige Unterstützung erklärten
Willen des Erblassers erhellet, muß nach dem Stande bestimmt werden, welcher
dem Legatar eigen ist, oder, wozu er durch die genossene Verpflegung
vorbereitet worden ist.
g) der Mobilien; des
Hausrathes;
§. 674. Unter Mobilien
(Meublen) werden nur die zum anständigen Gebrauche der Wohnung; unter Hausrath
oder Einrichtung zugleich die zur Führung der Haushaltung erforderlichen
Geräthschaften verstanden. Die Werkzeuge zum Betriebe der Gewerbes sind, ohne
eine deutlichere Erklärung, darunter nicht begriffen.
h) eines Behältnisses;
§. 675. Ist jemanden
ein Behältniß vermacht worden, welches nicht für sich selbst bestehet, sondern
nur ein Theil eines Ganzen ist; so wird in der Regel vermuthet, daß nur
diejenigen Stücke zugedacht worden sind, welche sich bey dem Ableben des
Erblassers darin vorfinden, und zu deren Aufbewahrung das Behältniß seiner
Natur nach bestimmt, oder von dem Erblasser gewöhnlich verwendet worden ist.
§. 676. Ist hingegen
das Behältniß beweglich, oder doch eine für sich bestehende Sache; so hat der
Legatar nur auf das Behältniß, nicht auch auf die darin befindlichen Sachen
Anspruch.
§. 677. Wird ein
Schrank, ein Kasten oder eine Lade mit allen darin befindlichen Sachen
vermacht; so rechnet man dazu auch Gold und Silber, Schmuck und bares Geld,
selbst die vom Legatar dem Erblasser ausgestellten Schuldscheine. Andere
Schuldscheine oder Urkunden, worauf sich Forderungen und Rechte des Erblassers
gründen, werden nur dann dazu gerechnet, wenn sich außer denselben nichts in
dem Behältnisse befindet. Zu einem Vermächtnisse flüssiger Sachen gehören auch
die zu ihrer Verführung bestimmten Gefäße.
i) der Juwelen, des
Schmuckes und Putzes;
§. 678. Unter Juwelen
werden in der Regel nur Edelsteine und gute Perlen; unter Schmuck auch die
unechten Steine, und das aus Gold oder Silber verfertigte oder damit überzogene
Geschmeide, welches zur Zierde der Person dient; und unter Putz dasjenige
verstanden, was außer Schmuck, Geschmeide und Kleidungsstücken zur Verzierung
der Person gebraucht wird.
k) des Goldes oder
Silbers; der Wäsche; Equipage;
§. 679. Das Vermächtniß
des Goldes oder Silbers begreift das verarbeitete und unverarbeitete, doch nicht
das gemünzte noch auch dasjenige in sich, was nur ein Theil oder eine
Verzierung eines andern Verlassenschaftsstückes, z. B. einer Uhr oder Dose,
ausmacht. Die Wäsche wird nicht zur Kleidung, und Spitzen werden nicht zur
Wäsche, sondern zum Putze gerechnet. Unter Equipage werden die zur
Bequemlichkeit des Erblassers bestimmten Zugpferde und Wagen sammt dem dazu
gehörigen Geschirre; nicht auch Reitpferde und Reitzeug verstanden.
l) der Barschaft;
§. 680. Zur Barschaft
gehören auch jene öffentlichen Credits-Papiere, welche im ordentlichen Umlaufe
die Stelle des baren Geldes vertreten.
m) Ueber die Benennung:
Kinder;
§. 681. Unter dem
Worte: Kinder, werden, wenn der Erblasser die Kinder eines Andern bedenkt, nur
die Söhne und Töchter: wenn er aber seine eigenen Kinder bedenkt, auch die an
deren Stelle tretenden Nachkömmlinge begriffen, welche bey dem Ableben des
Erblassers schon erzeugt waren.
n) Verwandte;
§. 682. Ein ohne nähere
Bestimmung für die Verwandten ausgesetztes Vermächtniß wird denjenigen, welche
nach der gesetzlichen Erbfolge die nächsten sind, zugewendet, und die oben in
dem §. 559. über die Vertheilung einer Erbschaft unter solchen Personen, welche
für eine Person angesehen werden, aufgestellte Regel ist auch auf Vermächtnisse
anzuwenden.
o) Dienstpersonen.
§. 683. Hat der
Erblasser seinen Dienstpersonen ein Vermächtniß hinterlassen, und sie bloß
durch das Dienstverhältniß bezeichnet; so wird vermuthet, daß es diejenigen
erhalten sollen, welche zur Zeit seines Ablebens in dem Dienstverhältnisse
stehen. Doch kann in diesem, so wie in den übrigen Fällen, die Vermuthung durch
entgegengesetzte stärkere Vermuthungsgründe aufgehoben werden.
Anfallstag bey den
Vermächtnissen.
§. 684. Der Legatar
erwirbt in der Regel (§. 699.) gleich nach dem Tode des Erblassers für sich und
seine Nachfolger ein Recht auf das Vermächtniß. Das Eigenthumsrecht auf die
vermachte Sache aber kann nur nach den für die Erwerbung des Eigenthumes in dem
fünften Hauptstücke aufgestellten Vorschriften erlanget werden.
Zahlungstag.
§. 685. Das Vermächtniß
einzelner Verlassenschaftsstücke und darauf sich beziehender Rechte, kleine
Belohnungen des Dienstgesindes, und fromme Vermächtnisse können sogleich; andere
aber erst nach einem Jahre, von dem Tode des Erblassers, gefordert werden.
§. 686. Bey dem
Vermächtnisse eines einzelnen Verlassenschaftsstückes kommen dem Legatar auch
die seit dem Tode des Erblassers laufenden Zinsen, entstandenen Nutzungen, und
jeder andere Zuwachs zu Statten. Er trägt hingegen auch alle auf dem Legate
haftende Lasten und selbst den Verlust, wenn es ohne Verschulden eines Andern
vermindert wird, oder gänzlich zu Grunde geht.
§. 687. Wird jemanden
ein in wiederkehrenden Fristen, als: alle Jahre, Monathe und dergleichen zu
leistender Betrag vermacht; so erhält der Legatar ein Recht auf den ganzen
Betrag dieser Frist, wenn er auch nur den Anfang der Frist erlebt hat. Doch
kann der Betrag erst mit Ablauf der Frist gefordert werden. Die erste Frist
fängt mit dem Sterbetage des Erblassers zu laufen an.
Recht des Legatars zur
Sicherstellung.
§. 688. In allen
Fällen, in welchen ein Gläubiger von einem Schuldner Sicherstellung zu fordern
berechtigt ist; kann auch ein Legatar die Sicherstellung seines Legates
verlangen. Wie die Einverleibung eines Vermächtnisses, zur Begründung eines
dinglichen Rechtes, geschehen müsse, ist oben §. 437. vorgeschrieben worden.
Wem ein erledigtes
Vermächtniß zufalle?
§. 689. Ein
Vermächtniß, welches der Legatar nicht annehmen kann oder will, fällt auf den
Nachberufenen. (§. 652). Ist kein Nachberufener vorhanden, und ist das ganze
Vermächtniß mehrern Personen ungetheilt oder ausdrücklich zu gleichen Theilen
zugedacht; so wächst der Antheil, den einer von ihnen nicht erhält, den übrigen
eben so, wie den Miterben die Erbschaft zu. Außer den gedachten zwey Fällen
bleibt das erledigte Vermächtniß in der Erbschafts-Masse.
Recht des Erben, wenn
die Lasten die Masse erschöpfen;
§. 690. Wenn die ganze
Erbschaft durch Vermächtnisse erschöpft ist; so hat der Erbe nichts weiter, als
die Vergütung seiner zum Besten der Masse gemachten Auslagen und eine seinen
Bemühungen angemessene Belohnung zu fordern. Will er den Nachlaß nicht selbst
verwalten; so muß er um die Aufstellung eines Curators anlangen.
§. 691. Können nicht
alle Legatare aus der Verlassenschafts-Masse befriediget werden; so wird das
Legat des Unterhaltes vor allen andern entrichtet, und dem Legatar gebührt der
Unterhalt von dem Tage des Erbanfalles.
oder gar übersteigen.
§. 692. Reicht die
Verlassenschaft zur Bezahlung der Schulden, anderer pflichtmäßigen Auslagen,
und zur Berichtigung aller Vermächtnisse nicht zu; so leiden die Legatare einen
verhältnißmäßigen Abzug. Daher ist der Erbe, so lange eine solche Gefahr obwaltet,
die Vermächtnisse ohne Sicherstellung zu berichtigen nicht schuldig.
§. 693. Im Falle aber,
daß die Legatare die Vermächtnisse bereits empfangen haben, wird der Abzug nach
dem Werthe, den das Vermächtniß zur Zeit des Empfanges hatte, und den daraus gezogenen
Nutzungen bestimmt. Doch steht dem Legatar auch nach empfangenem Vermächtnisse
noch immer frey, zur Vermeidung des Beytrages, das Vermächtniß, oder den oben
erwähnten Werth und die bezogenen Nutzungen in die Masse zurückzustellen; in
Rücksicht der Verbesserungen und Verschlimmerungen wird er als ein redlicher
Besitzer behandelt.
Von den gesetzlichen
Beyträgen zu öffentlichen Anstalten.
§. 694. Die Beyträge,
welche ein Erblasser nach den politischen Vorschriften zur Unterstützung der
Armen-, Invaliden- und Krankenhäuser und des öffentlichen Unterrichtes in dem
Testamente ausgesetzt hat, sind nicht als Vermächtnisse anzusehen; sie sind
eine Staatsauflage, müssen selbst von den gesetzlichen Erben entrichtet, und
können nicht nach den Grundsätzen des Privat-Rechtes, sondern nur nach den
politischen Verordnungen beurtheilt werden.
Zwölftes Hauptstück.
Von Einschränkung und
Aufhebung des letzten Willens.
Recht des Erblassers
zur Einschränkung oder Aenderung seines letzten Willens.
§. 695. Der Erblasser
kann seine Anordnung auf eine Bedingung; auf einen Zeitpunct; durch einen
Auftrag; oder, eine erklärte Absicht einschränken. Er kann auch sein Testament
oder Codicill abändern, oder es ganz aufheben.
Arten der Einschränkung
des letzten Willens:
1) Bedingung.
§. 696. Eine Bedingung
heißt eine Ereignung, wovon ein Recht abhängig gemacht wird. Die Bedingung ist
bejahend oder verneinend, je nachdem sie sich auf den Erfolg, oder Nichterfolg
der Ereignung bezieht. Sie ist aufschiebend, wenn das zugedachte Recht erst
nach ihrer Erfüllung zu seiner Kraft gelangt; sie ist auflösend, wenn das
zugedachte Recht bey ihrem Eintritte verloren geht.
Vorschriften:
a) über
unverständliche;
§. 697. Ganz
unverständliche Bedingungen sind für nicht beygesetzt zu achten.
b) unmögliche oder
unerlaubte;
§. 698. Die Anordnung,
wodurch jemanden unter einer aufschiebenden unmöglichen Bedingung ein Recht
ertheilt wird, ist ungültig, obschon die Erfüllung der Bedingung erst in der
Folge unmöglich, und die Unmöglichkeit den Erblasser bekannt geworden wäre.
Eine auflösende unmögliche Bedingung wird als nicht beygesetzt angesehen. Alles
dieses gilt auch von den unerlaubten Bedingungen.
c) mögliche und
erlaubte Bedingungen;
§. 699. Sind die
Bedingungen möglich und erlaubt; so kann das davon abhängende Recht nur durch
ihre genaue Erfüllung erworben werden, sie mögen vom Zufalle, von dem Willen
des bedachten Erben, Legatars, oder eines Dritten abhängen.
d) Bedingung der
Nichtverehelichung;
§. 700. Die Bedingung,
daß der Erbe oder der Legatar sich, selbst nach erreichter Großjährigkeit,
nicht verehelichen solle, ist als nicht beygesetzt anzusehen. Nur eine
verwitwete Person muß, wenn sie Ein oder mehrere Kinder hat, die Bedingung
erfüllen. Die Bedingung, daß der Erbe oder Legatar eine bestimmte Person nicht
heirathe, kann gültig auferlegt werden.
e) wenn die Bedingung
bey dem Leben des Erblassers erfüllet worden.
§. 701. Ist die in der
letzten Willenserklärung vorgeschriebene Bedingung schon bey dem Leben des
Erblassers eingetroffen; so muß die Erfüllung derselben nach dem Tode des
Erblassers nur dann wiederhohlt werden, wenn die Bedingung in einer Handlung
des Erben oder Legatars besteht, welche von ihm wiederhohlt werden kann.
Ob die Bedingung auch
auf die Nachberufenen auszudehnen sey.
§. 702. Eine dem Erben
oder Legatar beygerückte Bedingung ist, ohne ausdrückliche Erklärung des
Erblassers, auf den von dem Erblasser nachberufenen Erben oder Legatar nicht
auszudehnen.
Wirkung einer möglichen
aufschiebenden Bedingung.
§. 703. Zur Erwerbung
eines unter einer aufschiebenden Bedingung zugedachten Nachlasses ist
nothwendig, daß die bedachte Person die Erfüllung der Bedingung überlebe, und
bey dem Eintritte derselben erbfähig sey.
2) Zeitpunct.
§. 704. Ist es ungewiß,
ob der Zeitpunct, auf welchen der Erblasser das zugedachte Recht eingeschränkt,
kommen oder nicht kommen werde; so wird diese Einschränkung als eine Bedingung
angesehen.
§. 705. Ist der
Zeitpunct von der Art, daß er kommen muß; so wird das zugedachte Recht, wie
andere unbedingte Rechte, auch auf die Erben der bedachten Person übertragen,
und nur die Uebergabe bis zum gesetzten Termine verschoben.
§. 706. Wäre es
offenbar, daß die in der letzten Anordnung ausgemessene Zeit nie kommen könne;
so wird die Bestimmung dieser Zeit wie die Beysetzung einer unmöglichen
Bedingung angesehen. Nur in dem Falle, daß der Erblasser wahrscheinlich bloß in
der Berechnung der Zeit sich geirret hat, wird der Zeitpunct nach dem
wahrscheinlichen Willen des Erblasser zu bestimmen seyn.
Rechtsverhältniß bey
einer Bedingung oder einem Zeitpuncte zwischen der bedachten und ihr
nachfolgenden Person.
§. 707. So lange das
Recht des Erben oder des Legatars wegen einer noch nicht erfüllten Bedingung,
oder wegen des noch nicht gekommenen Zeitpunctes verschoben bleibt; so lange finden
im ersten Falle zwischen dem gesetzlichen und eingesetzten Erben; und im
zweyten Falle zwischen dem Erben und Legatar, in Hinsicht auf den einstweiligen
Besitz und Genuß des Nachlasses oder Legates, die nähmlichen Rechte und
Verbindlichkeiten, wie bey einer fideicommissarischen Substitution, Statt.
§. 708. Wer eine
Erbschaft oder ein Vermächtniß unter einer verneinenden oder auflösenden
Bedingung; oder, nur auf eine gewisse Zeit erhält, hat gegen den, welchem die
Erbschaft, oder das Vermächtniß, beym Eintritte der Bedingung, oder des
bestimmten Zeitpunctes zufällt, die nähmlichen Rechte und Verbindlichkeiten,
welche einem Erben oder Legatar gegen den fideicommissarischen Substituten
zukommen (§. 613).
3) Auftrag.
§. 709. Hat der
Erblasser jemanden einen Nachlaß unter einem Auftrage zugewendet; so ist dieser
Auftrag als eine auflösende Bedingung anzusehen, daß durch die Nichterfüllung
des Auftrages der Nachlaß verwirkt werden solle (§. 696).
§. 710. In dem Falle,
daß der Auftrag nicht genau erfüllet werden kann, muß man demselben wenigstens
nach Möglichkeit nahe zu kommen suchen. Kann auch dieses nicht geschehen; so
behält doch der Belastete, wofern aus dem Willen des Erblassers nicht das
Gegentheil erhellet, den zugedachten Nachlaß. Wer sich zur Erfüllung des
Auftrages selbst unfähig gemacht hat, wird des ihm zugedachten Nachlasses
verlustig.
§. 711. Wenn der
Erblasser die Absicht, wozu er den Nachlaß bestimmt, zwar ausgedrückt, aber
nicht zur Pflicht gemacht hat, so kann die bedachte Person nicht angehalten
werden, den Nachlaß zu dieser Absicht zu verwenden.
§. 712. Die Anordnung,
wodurch der Erblasser seinem Erben eine unmögliche oder unerlaubte Handlung mit
dem Beysatze aufträgt, daß er, wofern er den Auftrag nicht befolgte, einem
Dritten ein Legat entrichten soll, ist ungültig.
Von Aufhebung der
Anordnungen, und zwar: 1) durch Errichtung einer neuen Anordnung; eines
Testamentes;
§. 713. Ein früheres
Testament wird durch ein späteres gültiges Testament nicht nur in Rücksicht der
Erbseinsetzung, sondern auch in Rücksicht der übrigen Anordnungen aufgehoben;
dafern der Erblasser in dem letztern nicht deutlich zu erkennen gibt, daß das
frühere ganz oder zum Theil bestehen solle. Diese Vorschrift gilt auch dann,
wenn in dem spätern Testamente der Erbe nur zu einem Theile der Erbschaft
berufen wird. Der übrig bleibende Theil fällt nicht den in dem frühern
Testamente eingesetzten, sondern den gesetzlichen Erben zu.
oder Codicills;
§. 714. Durch ein
späteres Codicill, deren mehrere neben einander bestehen können, werden frühere
Vermächtnisse oder Codicille nur in so fern aufgehoben, als sie mit demselben
im Widerspruche stehen.
§. 715. Kann man nicht
entscheiden, welches Testament oder Codicill das spätere sey; so gelten, in so
fern sie neben einander bestehen können, beyde, und es kommen die im Hauptstück
von der Gemeinschaft des Eigenthums aufgestellten Vorschriften zur Anwendung.
ungeachtet der früher
erklärten Unabänderlichkeit.
§. 716. Der in einem
Testament oder Kodizill angehängte Beisatz: daß jede spätere Anordnung
überhaupt, oder, wenn sie nicht mit einem bestimmten Merkmale bezeichnet ist,
null und nichtig sein solle, ist als nicht beigesetzt anzusehen.
2) durch Widerruf;
§. 717. Will der
Erblasser seine Anordnung aufheben, ohne eine neue zu errichten; so muß er sie
ausdrücklich entweder mündlich, oder schriftlich widerrufen, oder die Urkunde
vertilgen.
§. 718. Der Widerruf
kann nur in einem solchen Zustande gültig geschehen, worin man einen letzten
Willen zu erklären fähig ist. Ein gerichtlich erklärter Verschwender kann
seinen letzten Willen gültig widerrufen.
a) einen
ausdrücklichen;
§. 719. Ein mündlicher
Widerruf einer gerichtlichen oder außergerichtlichen letzten Anordnung
erfordert so viele und solche Zeugen, als zur Gültigkeit eines mündlichen
Testamentes nöthig sind; ein schriftlicher aber, eine von dem Erblasser
eigenhändig geschriebene und unterschriebene, oder wenigstens von ihm und den
zu einem schriftlichen Testamente erforderlichen Zeugen unterfertigte
Erklärung.
§. 720. Eine Anordnung
des Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung
eines Vortheiles verbiethet, den letzten Willen zu bestreiten, soll für den
Fall, daß nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung angefochten wird, nie
von einer Wirkung seyn.
b) stillschweigenden;
§. 721. Wer in seinem
Testamente oder Codicille die Unterschrift durchschneidet; sie durchstreicht;
oder, den ganzen Inhalt auslöscht, vertilgt es. Wenn von mehreren
gleichlautenden Urkunden nur Eine vertilgt worden; so kann man daraus auf
keinen Widerruf schließen.
§. 722. Sind die
gedachten Verletzungen der Urkunde nur zufällig geschehen; oder, ist die
Urkunde in Verlust geraten; so verliert der letzte Wille seine Wirkung nicht;
wenn anders der Zufall und der Inhalt der Urkunde erwiesen wird.
§. 723. Hat ein
Erblasser eine spätere Anordnung vernichtet, die frühere schriftliche Anordnung
aber unversehrt gelassen; so kommt die frühere schriftliche wieder zur Kraft.
Eine mündliche frühere Anordnung lebt dadurch nicht wieder auf.
oder c) vermutheten.
§. 724. Ein Legat wird
für widerrufen angesehen, wenn der Erblasser die vermachte Forderung
eingetrieben und erhoben; wenn er die jemanden zugedachte Sache veräußert, und
nicht wieder zurück erhalten; oder wenn er sie auf eine solche Art in eine
andere verwandelt hat, daß die Sache ihre vorige Gestalt und ihren vorigen
Rahmen verliert.
§. 725. Wenn aber der
Schuldner die Forderung aus eigenem Antriebe berichtiget hat; wenn die
Veräußerung des Legats auf gerichtliche Anordnung geschehen; wenn die Sache
ohne Einwilligung des Erblassers verwandelt worden ist; so besteht das Legat.
3) durch Entsagung der
Erben.
§. 726. Will oder kann
weder ein Erbe, noch ein Nacherbe die Verlassenschaft annehmen; so fällt das
Erbrecht auf die gesetzlichen Erben. Diese sind aber verpflichtet, die übrigen
Verfügungen des Erblassers zu befolgen. Entsagen auch sie der Erbschaft; so
werden die Legatare verhältnißmäßig als Erben betrachtet.
Dreyzehntes Hauptstück.
Von der gesetzlichen
Erbfolge.
Fälle der gesetzlichen
Erbfolge.
§. 727. Wenn der
Verstorbene keine gültige Erklärung des letzten Willens hinterlassen; wenn er
in derselben nicht über sein ganzen Vermögen verfüget; wenn er die Personen,
denen er kraft des Gesetzes einen Erbtheil zu hinterlassen schuldig war, nicht
gehörig bedacht hat; oder, wenn die eingesetzten Erben die Erbschaft nicht
annehmen können oder wollen; so findet die gesetzliche Erbfolge ganz oder zum
Theile Statt.
§. 728. In Ermangelung
einer gültigen Erklärung des letzten Willens fällt die ganze Verlassenschaft
des Verstorbenen den gesetzlichen Erben zu. Ist aber eine gültige Erklärung des
letzten Willens vorhanden; so kommt ihnen derjenige Erbtheil zu, welcher in
derselben Niemanden zugedacht ist.
Vorschrift für den Fall
des verkürzten Pflichttheiles.
§. 729. Ist eine
Person, welcher der Erblasser kraft der Gesetze einen Erbtheil zu hinterlassen
schuldig war, durch eine letzte Willenserklärung verkürzt worden; so kann sie
sich auf die Vorschrift des Gesetzes berufen, und den nach Maßgabe des
folgenden Hauptstückes ihr gebührenden Erbtheil gerichtlich fordern.
Gesetzliche Erben;
I.) Die Verwandten aus
einer ehelichen Abstammung.
§. 730. Gesetzliche
Erben sind zuvörderst diejenigen, welche mit dem Erblasser vermittelst ehelicher
Abstammung durch die nächste Linie verwandt sind. Die Verwandtschafts-Linien
werden auf folgende Art bestimmt.
Erbfähige Linien
derselben.
§. 731. Zur ersten
Linie gehören diejenigen, welche sich unter dem Erblasser, als ihrem Stamme,
vereinigen, nämlich: seine Kinder und ihre Nachkömmlinge.
Zur zweiten Linie
gehören des Erblassers Vater und Mutter samt denjenigen, die sich mit ihm unter
Vater und Mutter vereinigen, nämlich: seine Geschwister und ihre Nachkömmlinge.
Zur dritten Linie
gehören die Großeltern samt den Geschwistern der Eltern und ihren
Nachkömmlingen.
Von der vierten Linie
sind nur des Erblassers erste Urgroßeltern zur Erbfolge berufen.
1. Linie: Die Kinder;
§. 732. Wenn der
Erblasser eheliche Kinder des ersten Grades hat, so fällt ihnen die ganze
Erbschaft zu; sie mögen männlichen oder weiblichen Geschlechtes; sie mögen bey
Lebzeiten des Erblassers oder nach seinem Tode geboren seyn. Mehrere Kinder
theilen die Erbschaft nach ihrer Zahl in gleiche Theile. Enkel von noch
lebenden Kindern, und Urenkel von noch lebenden Enkeln haben kein Recht zur
Erbfolge.
§. 733. Ist ein Kind des Erblassers vor ihm
gestorben, und sind von demselben Ein oder mehrere Enkel vorhanden; so fällt
der Antheil, welcher dem verstorbenen Kinde gebührt hätte, diesem
nachgelassenen Enkel ganz, oder den mehrern Enkeln zu gleichen Theilen zu. Ist
von diesen Enkeln ebenfalls Einer gestorben und hat Urenkel nachgelassen; so
wird auf die nähmliche Art der Antheil des verstorbenen Enkels unter die
Urenkel gleich getheilt. Sind von einem Erblasser noch entferntere
Nachkömmlinge vorhanden; so wird die Theilung verhältnißmäßig nach der eben
gegebenen Vorschrift vorgenommen.
§. 734. Auf diese Art wird eine Erbschaft nicht nur
dann getheilet, wenn Enkel von verstorbenen Kindern mit noch lebenden Kindern,
oder entferntere Nachkömmlinge mit nähern Nachkömmlingen des Erblassers
zusammentreffen; sondern auch dann, wenn die Erbschaft bloß zwischen Enkeln von
verschiedenen Kindern; oder zwischen Urenkeln von verschiedenen Enkeln zu theilen
ist. Es können also die von jedem Kinde nachgelassenen Enkel, und die von jedem
Enkel nachgelassenen Urenkel, ihrer seyn viele oder wenige, nie mehr und nie
weniger erhalten, als das verstorbene Kind oder der verstorbene Enkel erhalten
hätten, wenn sie am Leben geblieben wären.
2. Linie: Die Aeltern
und ihre Nachkömmlinge:
§. 735. Ist Niemand
vorhanden, der von dem Erblasser selbst abstammt; so fällt die Erbschaft auf
diejenigen, die mit ihm durch die zweyte Linie verwandt sind, nähmlich: auf
seine Aeltern und ihre Nachkömmlinge. Leben noch beyde Aeltern; so gebührt
ihnen die ganze Erbschaft zu gleichen Theilen. Ist Eines dieser Aeltern
verstorben; so treten dessen nachgelassene Kinder oder Nachkömmlinge in sein
Recht ein, und es wird die Hälfte, die dem Verstorbenen gebührt hätte, unter
sie nach jenen Grundsätzen getheilt, welche in den §§. 732-734 wegen Theilung
der Erbschaft zwischen Kindern und entferntern Nachkömmlingen des Erblassers
festgesetzt worden sind.
§. 736. Wenn beyde Aeltern des Erblassers verstorben sind, so wird jene
Hälfte der Erbschaft, welche dem Vater zugefallen wäre, unter seine
hinterlassenen Kinder und derselben Nachkömmlinge; die andere Hälfte aber,
welche der Mutter gebührt hätte, unter ihre Kinder und derselben Nachkömmlinge
nach den §§. 732-734. getheilet. Sind von diesen Aeltern keine andere als von
ihnen gemeinschaftlich erzeugte Kinder, oder derselben Nachkömmlinge vorhanden;
so theilen sie die beyden Hälften unter sich gleich. Sind aber außer diesen
noch Kinder vorhanden, die von dem Vater oder von der Mutter, oder von einem
und der andern in einer andern Ehe erzeugt worden sind; so erhalten die von dem
Vater und der Mutter gemeinschaftlich erzeugten Kinder oder ihre Nachkömmlinge
sowohl an der väterlichen, als an der mütterlichen Hälfte ihren gebührenden,
mit den einseitigen Geschwistern gleichen Antheil.
§. 737. Wenn Eines der verstorbenen Aeltern des Erblassers weder Kinder,
noch Nachkömmlinge hinterlassen hat; so fällt die ganze Erbschaft dem andern
noch lebenden Aelterntheile zu. Ist dieser Theil auch nicht mehr am Leben; so
wird die ganze Erbschaft unter seinen Kindern und Nachkömmlingen nach den
bereits angeführten Grundsätzen vertheilet.
3. Linie: Die Großältern und ihre Nachkommenschaft.
§. 738. Sind die Aeltern des Erblassers ohne Nachkömmlinge verstorben; so
kommt die Erbschaft auf die dritte Linie, nähmlich: auf des Erblassers
Großältern und ihre Nachkommenschaft. Die Erbschaft wird dann in zwey gleiche
Theile getheilet. Eine Hälfte gehört den Aeltern des Vaters und ihren
Nachkömmlingen; die andere den Aeltern der Mutter und ihren Nachkömmlingen.
§. 739. Jede dieser Hälften wird unter den Großältern der einen und der
anderen Seite, wenn sie beyde noch leben, gleich getheilt. Ist eines der
Großältern, oder sind beyde von der einen oder anderen Seite gestorben; so wird
die dieser Seite zugefallene Hälfte zwischen den Kindern und Nachkömmlingen
dieser Großältern nach jenen Grundsätzen getheilt, nach welchen in der zweyten
Linie die ganze Erbschaft zwischen den Kindern und Nachkömmlingen der Aeltern
des Erblassers getheilt werden muß. (§§. 735-737.)
§. 740. Sind von der väterlichen oder von der mütterlichen Seite beyde
Großältern verstorben, und weder von dem Großvater, noch von der Großmutter
dieser Seite Nachkömmlinge vorhanden; dann fällt den von der anderen Seite noch
lebenden Großältern, oder, nach derselben Tode, ihren hinterlassenen Kindern
und Nachkömmlingen die ganze Erbschaft zu.
Vierte Linie: Die Urgroßeltern.
§. 741. Nach gänzlicher Erlöschung der dritten Linie sind die
Urgroßeltern des Erblassers zur gesetzlichen Erbfolge berufen. Auf die
Großeltern des Vaters des Erblassers entfällt die eine Hälfte der Erbschaft,
auf die Großeltern der Mutter die andere Hälfte. In jede Hälfte der Erbschaft
teilen sich die beiden Großelternpaare zu gleichen Teilen. Ist ein Teil eines
Großelternpaares nicht vorhanden, so fällt das auf diesen Teil entfallende
Achtel der Erbschaft an den überlebenden Teil dieses Großelternpaares. Fehlt
ein Großelternpaar, so ist zu seinem Viertel das andere Großelternpaar
desselben Elternteiles des Erblassers berufen.
Fehlen die Großelternpaare des einen Elternteiles des Erblassers, so sind
zu der auf sie entfallenden Nachlaßhälfte die Großelternpaare des anderen
Elternteiles in demselben Ausmaß wie zu der ihnen unmittelbar zufallenden
Nachlaßhälfte berufen.
§. 742. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 743. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
5. Linie: Die zweyten Urgroßältern und ihre Nachkömmlinge.
§. 744. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 745. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 746. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 747. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
6. Linie: Die dritten Urgroßältern u. ihre Nachkommenschaft.
§. 748. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 749. (Anm.: Aufgehoben durch § 62, RGBl 1914/Nr. 276 - Erste
Teilnovelle.)
§. 750. Wenn jemand mit dem Erblasser von mehr als einer Seite verwandt
ist; so genießt er von jeder Seite dasjenige Erbrecht, welches ihm, als einem
Verwandten von dieser Seite ins besondere betrachtet, gebührt. (§. 736.)
Ausschließung der
entferntern Verwandten.
§. 751. Auf diese vier Linien der ehelichen Verwandtschaft wird das Recht
der Erbfolge in Ansehung eines frei vererblichen Vermögens eingeschränkt.
II.) Gesetzliches
Erbrecht legitimirter Kinder.
§. 752.
Außer der Ehe geborne und durch nachher erfolgte Vermählung ihrer Aeltern
legitimirte Kinder; wie auch diejenigen, welchen, ungeachtet eines bey der
Verehelichung ihrer Aeltern bestandenen Hindernisses, die besondere
Begünstigung des §. 160 zukommt, genießen unter den in diesem §. 160, und dem
§. 161, enthaltenen Beschränkungen auch in Rücksicht der gesetzlichen Erbfolge
die Rechte ehelicher Kinder.
§. 753. Einem unehelichen, durch die Begünstigung des Gesetzgebers
legitimirten, Kinde kommt auf die väterliche Verlassenschaft nur dann ein
gesetzliches Erbrecht zu, wenn es auf Ansuchen des Vaters, um gleiche Rechte
mit den ehelichen Kindern in dem frey vererblichen Vermögen zu genießen,
legitimirt worden ist.
III.) Der unehelichen
Kinder.
§. 754. In Rücksicht auf die Mutter und die Verwandten der Mutter haben
uneheliche Kinder bei der gesetzlichen Erbfolge in das freivererbliche Vermögen
gleiche Rechte mit den ehelichen. Zu dem Nachlasse des Vaters und der
väterlichen Verwandten gebührt den unehelichen Kindern keine gesetzliche
Erbfolge.
IV.) Der Wahlkinder.
§. 755. Wahlkinder haben bey der gesetzlichen Erbfolge in das frey
vererbliche Vermögen desjenigen, welcher sie an Kindes Statt angenommen hat,
ein gleiches Recht, wie die ehelichen Kinder. In Rücksicht der Verwandten
desselben oder des Ehegatten, ohne dessen Einwilligung die Annahme geschehen
ist, steht ihnen kein Erbrecht zu. Sie behalten aber das gesetzliche Erbrecht
in dem Vermögen ihrer natürlichen Aeltern und Verwandten. (§. 183.)
V.) Erbrecht der
Aeltern in Rücksicht der in den §§. 752-754 erwähnten Kinder.
§. 756. Den Eltern kommt auf den Nachlaß ihrer legitimierten oder von dem
Gesetze besonders begünstigten unehelichen Kinder eben das wechselseitige Recht
zu, welches den Kindern auf den Nachlaß ihrer Eltern eingeräumt worden ist (§§
752 bis 754). In das Vermögen eines unehelich gebliebenen Kindes gebührt nur
der Mutter und ihren Verwandten die Erbfolge; der Vater und seine Verwandten
sind davon ausgeschlossen. Auch die Wahleltern haben kein gesetzliches Erbrecht
auf die Verlassenschaft des Wahlkindes; sie fällt nach der gesetzlichen
Erbfolge dessen Verwandten zu.
VI.) Gesetzliches
Erbrecht des Ehegatten.
§. 757. Der überlebende Ehegatte des Erblassers ist neben Kindern des
Erblassers und deren Nachkommen zu einem Viertel des Nachlasses, neben den
Eltern des Erblassers und deren Nachkommen oder neben Großeltern zur Hälfte des
Nachlasses gesetzlicher Erbe. Sind neben Großeltern Nachkommen verstorbener
Großeltern vorhanden, so erhält überdies der Ehegatte von der anderen Hälfte
der Erbschaft den Teil, der nach §§ 739 und 740 den Nachkommen der verstorbenen
Großeltern zufallen würde. In allen Fällen wird in den Erbteil des Ehegatten
dasjenige eingerechnet, was ihm gemäß der Ehepakten oder eines Erbvertrages aus
dem Vermögen des Erblassers zukommt.
Sind weder gesetzliche Erben der ersten oder zweiten Linie noch
Großeltern vorhanden, so erhält der überlebende Ehegatte die ganze Erbschaft.
§. 758. Außer dem Erbteile gebühren dem überlebenden Ehegatten als
Vorausvermächtnis die zum ehelichen Haushalt gehörenden beweglichen Sachen,
neben Kindern des Erblassers jedoch nur das für seinen eigenen Bedarf Nötige.
§. 759. Ein aus seinem Verschulden geschiedener Ehegatte hat kein
gesetzliches Erbrecht und keinen Anspruch auf das gesetzliche
Vorausvermächtnis.
Beides ist dem überlebenden Ehegatten auch dann versagt, wenn der
Erblasser die Klage wegen Trennung oder Scheidung der Ehe aus Verschulden des
anderen schon angebracht hatte und der Klage stattgegeben wird.
Erblose Verlassenschaft.
§. 760. Wenn kein zur Erbfolge Berechtigter vorhanden ist oder wenn
niemand die Erbschaft erwirbt, fällt die Verlassenschaft als ein erbloses Gut
dem Staate anheim.
Abweichungen von der
allgemeinen Erbfolgeordnung.
§. 761. Die Abweichungen von der in diesem Hauptstücke bestimmten
gesetzlichen Erbfolge in Rücksicht auf Bauerngüter, und die Verlassenschaft
geistlicher Personen sind in den politischen Gesetzen enthalten.
Vierzehntes Hauptstück.
Von dem Pflichttheile
und der Anrechnung in den Pflicht- oder Erbtheil.
Welchen Personen als
Notherben ein Pflichttheil gebühre.
§. 762. Die Personen,
welche der Erblasser in den letzten Anordnung mit einem Erbtheile bedenken muß,
sind seine Kinder, und, in deren Ermangelung, seine Aeltern.
§. 763. Unter dem
Nahmen Kinder werden nach der allgemeinen Regeln (§. 42.) auch Enkel und
Urenkel; und unter dem Nahmen Aeltern alle Großältern begriffen. Es findet hier
zwischen dem männlichen und weiblichen Geschlechte; zwischen ehelicher und
unehelicher Geburt kein Unterschied Statt, sobald für diese Person das Recht
und die Ordnung der gesetzlichen Erbfolge eintreten würde.
§. 764. Der Erbtheil,
welchen diese Personen zu fordern berechtigt sind, heißt: Pflichttheil; sie
selbst werden in dieser Rücksicht Notherben genannt.
In welchem Betrage,
§. 765. Als
Pflichttheil bestimmt das Gesetz jedem Kinde die Hälfte dessen, was ihm nach
der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre.
§. 766. In der
aufsteigenden Linie gebührt jedem Notherben als Pflichttheil ein Drittheil
dessen, was er nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten haben würde.
und unter was für
Beschränkungen.
§. 767. Wer auf das
Erbrecht Verzicht geleistet hat; wer nach den in dem achten Hauptstücke
enthaltenen Vorschriften von dem Erbrechte ausgeschlossen wird; oder von dem
Erblasser rechtmäßig enterbet worden ist; hat auf einen Pflichttheil einen
Anspruch, und wird bey der Ausmessung desselben so betrachtet, als wenn er gar
nicht vorhanden wäre.
Erfordernisse einer
rechtmäßigen Enterbung.
§. 768. Ein Kind kann
enterbt werden:
1) (Anm.: Aufgehoben
durch Art. 7, RGBl 1868/Nr. 49.)
2) wenn es den
Erblasser im Nothstande hülflos gelassen hat;
3) wenn es eines
Verbrechens wegen zur lebenslangen oder zwanzigjährigen Kerkerstrafe
verurtheilt worden ist;
4) wenn es eine gegen
die öffentliche Sittlichkeit anstößige Lebensart beharrlich führet.
§. 769. Aus den
nähmlichen Ursachen können auch die Aeltern von dem Pflichttheile
ausgeschlossen werden, und ins besondere noch dann, wenn sie das Kind in der
Erziehung ganz verwahrloset haben.
§. 770. Ueberhaupt kann
einem Notherben auch solcher Handlungen wegen, die einen Erben nach den §§.
540-542. des Erbrechtes unwürdig machen, durch die letzte Willenserklärung der
Pflichttheil entzogen werden.
§. 771. Die
Enterbungsursache muß immer, sie mag von dem Erblasser ausgedrückt seyn oder
nicht, von dem Erben erwiesen werden, und in den Worten, und dem Sinne des
Gesetzes gegründet seyn.
§. 772. Die Enterbung
wird nur durch einen ausdrücklichen in der gesetzlichen Form erklärten Widerruf
aufgehoben.
§. 773. Wenn bey einem
sehr verschuldeten oder verschwenderischen Notherben das wahrscheinliche
Besorgniß obwaltet, daß der ihm gebührende Pflichttheil ganz oder größten
Theils seinen Kindern entgehen würde; so kann ihm der Pflichttheil von dem
Erblasser, jedoch nur dergestalt entzogen werden, daß solcher den Kindern des
Notherben zugewendet werde.
Wie der Pflichttheil zu
hinterlassen.
§. 774. Der
Pflichttheil kann in Gestalt eines Erbtheiles oder Vermächtnisses, auch ohne
ausdrückliche Benennung des Pflichttheiles hinterlassen werden. Er muß aber dem
Notherben ganz frey bleiben. Jede denselben einschränkende Bedingung oder
Belastung ist ungültig. Wird dem Notherben ein größerer Erbtheil zugedacht; so
kann sie nur auf den Theil, welcher den Pflichttheil übersteigt, bezogen
werden.
Rechtsmittel des
Notherben:
a) bey einer
widerrechtlichen Enterbung oder Verkürzung in dem Pflichttheile;
§. 775. Ein Notherbe,
welcher ohne die in den §§. 768-773 vorgeschriebenen Bedingungen enterbt
worden, kann den ihm gebührenden vollen Pflichttheil; und, wenn er in dem
reinen Betrage des Pflichttheils verkürzt worden ist, die Ergänzung desselben
fordern.
b) bey einer gänzlichen
Uebergehung.
§. 776. Wenn aus
mehrern Kindern, deren Daseyn dem Erblasser bekannt war, Eines ganz mit
Stillschweigen übergangen wird; so kann es ebenfalls nur den Pflichttheil
fordern.
§. 777. Wenn aber aus
den Umständen erwiesen werden kann, daß die Uebergehung Eines aus mehrern
Kindern nur daher rühre, weil dem Erblasser das Daseyn desselben unbekannt war,
so ist der Uebergangene nicht schuldig, sich mit dem Pflichttheile zu begnügen;
sondern er kann den Erbtheil, welcher für den am mindesten begünstigten
Notherben ausfällt; wofern aber der einzige noch übrige Notherbe eingesetzt
wird, oder alle übrige zu gleichen Theilen berufen sind, einen gleichen
Erbtheil verlangen.
§. 778. Hat der
Erblasser einen einzigen Notherben, und er übergeht ihn aus oben gedachtem
Irrthume mit Stillschweigen; oder erhält ein kinderloser Erblasser erst nach
Erklärung seines letzten Willens einen Notherben, für den keine Vorsehung
getroffen ist; so werden nur die zu öffentlichen Anstalten, zur Belohnung
geleisteter Dienste, oder zu frommen Absichten bestimmten Vermächtnisse in
einem, den vierten Theil der reinen Verlassenschaft nicht übersteigenden,
Betrage verhältnißmäßig entrichtet, alle übrige Anordnungen den letzten Willens
aber gänzlich entkräftet. Sie erlangen jedoch, wenn der Notherbe vor dem
Erblasser verstorben ist, wieder ihre Kraft.
§. 779. Wenn ein Kind vor
dem Erblasser stirbt und Abstämmlinge hinterläßt; so treten diese mit
Stillschweigen übergangenen Abstämmlinge in Ansehung des Erbrechtes an die
Stelle des Kindes.
§. 780. Die
Abstämmlinge eines enterbten Kindes sind bloß befugt, den Pflichtteil zu verlangen,
dies aber auch, wenn der Enterbte den Erblasser überlebt hat.
§. 781. Wird ein
Notherbe der aufsteigenden Linie mit Stillschweigen übergangen; so kann er
immer nur den Pflichtteil aus der Masse fordern.
§. 782. Wenn der Erbe
beweisen kann, daß ein mit Stillschweigen übergangener Notherbe sich einer der
in den §§. 768-770. angeführten Enterbungsursachen schuldig gemacht hat; so
wird die Uebergehung als eine stillschweigende rechtliche Enterbung angesehen.
Wer zur Entrichtung des
Erb- oder Pflichttheils beyzutragen habe.
§. 783. In allen
Fällen, wo einem Notherben der gebührende Erb- oder Pflichttheil gar nicht,
oder nicht vollständig ausgemessen worden ist, müssen sowohl die eingesetzten
Erben, als auch die Legatare verhältnißmäßig zur vollständigen Entrichtung
beytragen.
Art der Ausmessung und
Berechnung des Pflichttheiles.
§. 784. Um den
Pflichtteil richtig ausmessen zu können, werden alle zur Verlassenschaft
gehörigen beweglichen und unbeweglichen Sachen, alle Rechte und Forderungen,
welche der Erblasser auf seine Nachfolger frei zu vererben befugt war, selbst
alles, was ein Erbe oder Legatar in die Masse schuldig ist, genau beschrieben
und geschätzt. Den Noterben steht frei, der Schätzung beizuwohnen und ihre
Erinnerungen dabei zu machen. Auf eine Feilbietung der Verlassenschaftsstücke
zur Erhebung des wahren Wertes kann von ihnen nicht gedrungen werden. Schulden
und andere Lasten, welche schon bei Lebzeiten des Erblassers auf dem Vermögen
hafteten, werden von der Masse abgerechnet.
§. 785. Auf Verlangen
eines pflichtteilsberechtigten Kindes sind bei Berechnung des Nachlasses die
Schenkungen in Anschlag zu bringen, die der Erblasser unter Lebenden gemacht
hat. Der Gegenstand der Schenkung ist dem Nachlasse mit dem Werte
hinzuzurechnen, der für die Anrechnung nach § 794 maßgebend ist.
Unberücksichtigt
bleiben Schenkungen, die der Erblasser zu einer Zeit machte, da er keine
pflichtteilsberechtigten Kinder hatte, ferner Schenkungen, die aus den
Einkünften des Geschenkgebers ohne Schmälerung des Grundstockes seines
Vermögens gemacht wurden, sowie Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht
oder Rücksichten des Anstandes entsprochen wurde, oder Schenkungen zu
gemeinnützigen Zwecken, endlich Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte
Personen, die mehr als zwei Jahre vor dem Tode des Erblassers gemacht wurden.
Bei Schenkungen an den Ehegatten beginnt die Frist nicht vor Auflösung oder
Scheidung der Ehe.
§. 786. Der
Pflichttheil wird ohne Rücksicht auf Vermächtnisse, und andere aus dem letzten
Willen entspringenden Lasten berechnet. Bis zur wirklichen Zutheilung ist die
Verlassenschaft, in Ansehung des Gewinnes und der Nachtheile, als ein zwischen
den Haupt- und Notherben verhältnißmäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten.
Anrechnung zum
Pflichttheile.
§. 787. Alles, was die
Notherben durch Legate oder andere Verfügungen des Erblassers wirklich aus der
Verlassenschaft erhalten, wird bey Bestimmung ihres Pflichttheiles in Rechnung
gebracht.
Wenn bei Bestimmung des
Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag zu bringen sind, muß sich jeder Noterbe
auf die dadurch bewirkte Erhöhung seines Pflichtteiles die nach § 785 zum
Nachlasse hinzuzurechnenden Geschenke anrechnen lassen, die er selbst vom
Erblasser erhalten hat.
§. 788. Was der
Erblasser bey Lebzeiten seiner Tochter oder Enkelinn zum Heirathsgute; seinem
Sohne oder Enkel zur Ausstattung, oder unmittelbar zum Antritte eines Amtes,
oder was immer für eines Gewerbes gegeben; oder zur Bezahlung der Schulden
eines großjährigen Kinder verwendet hat, wird in den Pflichttheil eingerechnet.
§. 789. Bei dem
Pflichtteile der Eltern findet die Anrechnung eines Vorschusses insofern statt,
als er nicht zur gesetzlichen Unterstützung (§ 154) geleistet worden ist.
oder zum Erbtheile bey
der gesetzlichen Erbfolge.
§. 790. Die Anrechnung
bey der Erbfolge der Kinder aus einem letzten Willen geschieht nur dann, wenn
sie von dem Erblasser ausdrücklich verordnet wird. Dagegen muß auch bey der
gesetzlichen Erbfolge ein Kind sich dasjenige, was es von dem Erblasser bey
dessen Lebenszeit zu den oben (§. 788.) erwähnten Zwecken empfangen hat,
anrechnen lassen. Einem Enkel wird nicht nur das, was er unmittelbar selbst;
sondern auch, was seine Aeltern, in deren Stelle er tritt, auf solche Arte
empfangen haben, in den Erbtheil eingerechnet.
§. 791. Was Aeltern
außer den erwähnten Fällen einem Kinde zugewendet haben, wird, wenn die Aeltern
nicht ausdrücklich die Erstattung sich ausbedungen haben, für eine Schenkung
gehalten, und nicht angerechnet.
§. 792. Die Aeltern
können einem Kinde die Anrechnung auch bey der gesetzlichen Erbfolge
ausdrücklich erlassen. Wenn aber die nöthige Erziehung und Versorgung der
übrigen Kinder weder aus ihrem eigenen, noch aus dem Vermögen der Aeltern
bestritten werden könnte; so muß das Kind dasjenige, was es zu den im §. 788.
erwähnten Zwecken in voraus empfangen hat, sich in dem Maße anrechnen lassen,
als es zur Erziehung und Versorgung für die Geschwister nothwendig ist.
§. 793. Die Anrechnung
des Empfangenen zum Erbtheile geschieht dadurch, daß jedes Kind den nähmlichen
Betrag noch vor der Theilung erhält. Ist die Verlassenschaft dazu nicht
hinreichend; so kann zwar das früher begünstigte Kind keinen Erbtheil
ansprechen, aber auch zu keiner Erstattung angehalten werden.
§. 794. Bey jeder
Anrechnung wird, wenn das Empfangene nicht in barem Gelde; sondern in andern
beweglichen oder unbeweglichen Sachen bestand, der Werth der letztern nach dem
Zeitpuncte des Empfanges; der erstern dagegen nach dem Zeitpuncte des
Erbanlasses bestimmt.
Anspruch des Notherben
auf den nothwendigen,
§. 795. Einem
Notherben, der von seinem Pflichttheile selbst gesetzmäßig ausgeschlossen wird,
muß doch immer der nothwendige Unterhalt ausgemessen werden.
und des Ehegatten auf
den anständigen Unterhalt.
§. 796. Ein Ehegatte
hat zwar kein Recht auf einen Pflichtteil, es gebührt ihm aber, solange er
nicht zur zweiten Ehe schreitet, der mangelnde anständige Unterhalt, soweit
dieser nicht durch seinen gesetzlichen Erbteil oder eine für den Fall des
Überlebens bedungene oder letztwillig zugewendete Versorgung gedeckt ist. In
den im § 759 bezeichneten Fällen hat er auch auf Unterhalt aus dem Nachlaß
keinen Anspruch.
Fünfzehntes Hauptstück.
Von Besitznehmung der
Erbschaft.
Bedingungen zur
rechtlichen Besitznehmung einer Erbschaft.
§. 797. Niemand darf eine
Erbschaft eigenmächtig in Besitz nehmen. Das Erbrecht muß vor Gericht
verhandelt und von demselben die Einantwortung des Nachlasses, das ist, die
Uebergabe in den rechtlichen Besitz, bewirket werden.
§. 798. Wie weit das
Gericht nach einem Todesfalle von Amts wegen vorzugehen habe, und welche
Fristen und Vorsichtsmittel bey diesem Abhandlungsgeschäfte zu beobachten seyn,
bestimmen die besondern, über das gerichtliche Verfahren bestehenden,
Vorschriften. Hier wird festgesetzt, was dem Erben oder demjenigen, der sonst
einen Anspruch an die Verlassenschaft hat, zu thun obliege, um zu dem Besitze
dessen, was ihm gebühret, zu gelangen.
Ausweisung des
Rechtstitels: Erbserklärung.
§. 799. Wer eine
Erbschaft in Besitz nehmen will, muß den Rechtstitel, ob sie ihm aus einer
letzten Anordnung; aus einem gültigen Erbvertrage; oder aus dem Gesetze
zufalle, dem Gerichte ausweisen, und sich ausdrücklich erklären, daß er die
Erbschaft annehme.
§. 800. Die Antretung
der Erbschaft oder die Erbserklärung muß zugleich enthalten, ob sie unbedingt,
oder mit Vorbehalt der Rechtswohlthat des Inventariums geschehe.
Wirkung der
unbedingten,
§. 801. Die unbedingte
Erbserklärung hat zur Folge, daß der Erbe allen Gläubigern des Erblassers für
ihre Forderungen, und allen Legataren für ihre Vermächtnisse haften muß, wenn
gleich die Verlassenschaft nicht hinreichet.
und der bedingten
Erklärung.
§. 802. Wird die
Erbschaft mit Vorbehalt der rechtlichen Wohlthat des Inventariums angetreten;
so ist sogleich vom Gerichte das Inventarium auf Kosten der Masse aufzunehmen.
Ein solcher Erbe wird den Gläubigern und Legataren nur so weit verbunden, als
die Verlassenschaft für ihre, und auch seine eigenen, außer dem Erbrechte ihm
zustehenden, Forderungen hinreicht.
Berechtigung zur
bedingten oder unbedingten Antretung oder Ausschlagung der Erbschaft.
§. 803. Der Erblasser
kann dem Erben den Vorbehalt dieser rechtlichen Wohltat nicht benehmen, noch
die Errichtung eines Inventariums verbiethen. Selbst die in einem Erbvertrage
zwischen Ehegatten darauf geschehene Verzicht ist von keiner Wirkung.
§. 804. Die Errichtung
des Inventariums kann auch von demjenigen verlangt werden, dem ein Pflichttheil
gebühret.
§. 805. Wer seine
Rechte selbst verwalten kann, dem steht frey, die Erbschaft unbedingt, oder mit
Vorbehalt der obigen Rechtswohlthat anzutreten oder auch auszuschlagen.
Vormünder und Curatoren haben die am gehörigen Orte ertheilten Vorschriften zu
befolgen. (§. 233.)
§. 806. Der Erbe kann
seine gerichtliche Erbserklärung nicht mehr widerrufen, noch auch die
unbedingte abändern, und sich die Rechtswohlthat des Inventariums vorbehalten.
§. 807. Wenn aus
mehrern Miterben einige unbedingt; andere aber, oder auch nur Einer aus ihnen
mit Vorbehalt der erwähnten Rechtswohlthat sich zu Erben erklären; so ist ein
Inventarium zu errichten und die auf diesen Vorbehalt beschränkte Erbserklärung
der Verlassenschaftsabhandlung zum Grunde zu legen. In diesem, so wie in allen
Fällen, in welchen ein Inventarium errichtet werden muß, genießt auch
derjenige, welcher einer unbedingte Erbserklärung abgegeben hat, so lange ihm
die Erbschaft noch nicht übergeben worden, die rechtliche Wohlthat des
Inventariums.
§. 808. Wird jemand zum
Erben eingesetzt, dem auch ohne letzte Willenserklärung das Erbrecht ganz oder
zum Theile gebührt hätte; so ist er nicht befugt, sich auf die gesetzliche
Erbfolge zu berufen und dadurch die Erklärung des letzten Willens zu vereiteln.
Er muß die Erbschaft entweder aus dem letzten Willen antreten, oder ihr ganz
entsagen. Personen aber, denen ein Pflichttheil gebühret, können die Erbschaft
mit Vorbehalt ihres Pflichttheiles ausschlagen.
Uebertragung des
Erbrechtes.
§. 809. Stirbt der Erbe
ehe, als er die angefallene Erbschaft angetreten oder ausgeschlagen hat; so
treten seine Erben, wenn der Erblasser diese nicht ausgeschlossen, oder nicht
andere Nacherben bestimmt hat, in das Recht, die Erbschaft anzunehmen, oder
auszuschlagen. (§. 537.)
Vorkehrungen vor
Einantwortung der Erbschaft:
a) Verwaltung;
§. 810. Wenn der Erbe
bey Antretung der Erbschaft sein Erbrecht hinreichend ausweiset, ist ihm die
Besorgung und Benützung der Verlassenschaft zu überlassen.
b) Sicherstellung oder
Befriedigung der Gläubiger;
§. 811. Für die
Sicherstellung oder Befriedigung der Gläubiger des Erblassers wird vom Gerichte
nicht weiter gesorgt, als sie selbst verlangen. Die Gläubiger sind aber nicht
schuldig, eine Erbserklärung abzuwarten. Sie können ihre Ansprüche wider die
Masse anbringen, und begehren: daß zur Vertretung derselben ein Curator
bestellt werde, gegen welchen sie ihre Forderungen ausführen können.
c) Absonderung der
Verlassenschaft von dem Vermögen des Erben;
§. 812. Besorget ein
Erbschaftsgläubiger, ein Legatar, oder ein Notherbe, daß er durch Vermengung
der Verlassenschaft mit dem Vermögen des Erben für seine Forderung Gefahr
laufen könne; so kann er vor der Einantwortung verlangen, daß die Erbschaft von
dem Vermögen des Erben abgesondert, vom Gerichte verwahrt, oder von einem
Curator verwaltet, sein Anspruch darauf vorgemerkt und berichtiget werde. In
einem solchen Falle hat ihm aber der Erbe, obschon dieser sich unbedingt als
Erbe erkläret hätte, aus eigenem Vermögen nicht
mehr zu haften.
d) Einberufung der
Verlassenschaftsgläubiger.
§. 813. Dem Erben oder
dem aufgestellten Verlassenschafts-Curator steht es frey, zur Erforschung des
Schuldenstandes die Ausfertigung eines Edictes, wodurch alle Gläubiger zur
Anmeldung und Darthuung ihrer Forderungen auf eine den Umständen angemessene
Zeit einberufen werden, nachzusuchen, und bis nach verstrichener Frist mit der
Befriedigung der Gläubiger inne zu halten.
Wirkung der
Einberufung;
§. 814. Die Wirkung
dieser gerichtlichen Einberufung ist, daß den Gläubigern, welche sich binnen
der bestimmten Zeitfrist nicht gemeldet haben, an die Verlassenschaft, wenn sie
durch die Bezahlung der angemeldeten Forderungen erschöpft worden ist, kein
weiterer Anspruch zusteht, als in so fern ihnen ein Pfandrecht gebühret.
oder, der Unterlassung
derselben.
§. 815. Unterläßt der
Erbe die ihm bewilligte Vorsicht der gerichtlichen Einberufung; oder
befriediget er sogleich einige der sich anmeldenden Gläubiger, ohne auf die
Rechte der übrigen Rücksicht zu nehmen, und bleiben einige Gläubiger aus
Unzulänglichkeit der Verlassenschaft unbezahlt; so haftet er ihnen, ungeachtet
der bedingten Erbserklärung, mit seinem ganzen Vermögen in dem Maße, als sie
die Zahlung erhalten haben würden, wenn die Verlassenschaft nach der
gesetzlichen Ordnung zur Befriedigung der Gläubiger verwendet worden wäre.
e) Ausweisung über die
Erfüllung des letzten Willens, entweder von dem Testaments-Executor;
§. 816. Hat der
Erblasser einen Vollzieher (Executor) seines letzten Willens ernannt; so hängt
es von dessen Willkühr ab, dieses Geschäft auf sich zu nehmen. Hat er es
übernommen, so ist er schuldig, entweder als ein Machthaber die Anordnungen des
Erblassers selbst zu vollziehen, oder den saumseligen Erben zur Vollziehung
derselben zu betreiben.
oder dem Erben.
§. 817. Ist kein
Vollzieher der letzten Willens ernannt, oder unterzieht sich der ernannte dem
Geschäfte nicht; so liegt dem Erben unmittelbar ob, den Willen des Erblassers
so viel möglich zu erfüllen, oder die Erfüllung sicher zu stellen, und sich
gegen das Gericht darüber auszuweisen. In Ansehung bestimmter Legatare hat er
bloß darzuthun, daß er denselben von dem ihnen zugefallenen Vermächtnisse
Nachricht gegeben habe (§. 688.)
§. 818. Was der Erbe,
ehe er zum Besitze der Erbschaft gelangen kann, an Abgaben zu entrichten, und
im Falle, daß sein Erblasser gegen das Staats-Aerarium in Verrechnung gestanden
ist, hierwegen auszuweisen habe, darüber enthalten die politischen Verordnungen
die besondere Vorschrift.
Wann die Erbschaft
einzuantworten.
§. 819. Sobald über die
eingebrachte Erbserklärung der rechtmäßige Erbe vom Gerichte erkannt, und von
demselben die Erfüllung der Verbindlichkeiten geleistet ist, wird ihm die
Erbschaft eingeantwortet und die Abhandlung geschlossen. Uebrigens hat der Erbe
um die Uebertragung des Eigenthumes unbeweglicher Sachen zu erwirken, die
Vorschrift des §. 436. zu befolgen.
Haftung der
gemeinschaftlichen Erben.
§. 820. Mehrere Erben,
welche eine gemeinschaftliche Erbschaft ohne die rechtliche Wohlthat des
Inventariums angetreten haben, haften allen Erbschaftsgläubigern und Legataren,
selbst nach der Einantwortung, Alle für Einen und Einer für Alle. Unter sich
aber sind sie nach Verhältniß ihrer Erbtheile beyzutragen schuldig.
§. 821. Haben die
gemeinschaftlichen Erben von der rechtlichen Wohlthat des Inventariums Gebrauch
gemacht; so sind sie vor der Einantwortung den Erbschaftsgläubigern und
Legataren nach dem §. 550. zu haften verbunden. Nach der erfolgten
Einantwortung haftet jeder einzelne selbst für die, die Erbschafts-Masse nicht
übersteigenden, Lasten nur nach Verhältniß seines Erbtheiles.
Sicherheitsmittel der
Gläubiger des Erben.
§. 822. Vor der
Einantwortung können Gläubiger des Erben nur auf die einzelnen Bestandteile des
Nachlasses Exekution führen, über welche dem Erben vom Nachlaßgerichte die
freie Verfügung überlassen worden ist.
Erbschaftsklagen.
§. 823. Auch nach erhaltener
Einantwortung kann der Besitznehmer von jenem, der ein besseres oder gleiches
Erbrecht zu haben behauptet, auf Abtretung oder Theilung der Erbschaft belangt
werden. Das Eigenthum einzelner Erbschaftstücke wird nicht mit der Erbschafts-,
sondern der Eigenthumsklage verfolgt.
Wirkung derselben.
§. 824. Wenn der
Beklagte zur Abtretung der Verlassenschaft ganz oder zum Theile verhalten wird;
so sind die Ansprüche auf die Zurückstellung der von dem Besitzer bezogenen
Früchte; oder auf die Vergütung der von demselben in dem Nachlasse verwendeten
Kosten nach jenen Grundsätzen zu beurtheilen, welche in Rücksicht auf den
redlichen oder unredlichen Besitzer in dem Hauptstücke vom Besitze überhaupt
festgesetzt sind. Ein dritter redlicher Besitzer ist für die in der
Zwischenzeit erworbenen Erbstücke niemanden verantwortlich.
Sechzehntes Hauptstück.
Von der Gemeinschaft
des Eigenthums und anderer dinglichen Rechte.
Ursprung einer
Gemeinschaft.
§. 825. So oft das
Eigenthum der nähmlichen Sache, oder ein und dasselbe Recht mehreren Personen
ungetheilt zukommt; besteht eine Gemeinschaft. Sie gründet sich auf eine
zufällige Ereignung; auf ein Gesetz; auf eine letzte Willenserklärung; oder auf
einen Vertrag.
§. 826. Nach
Verschiedenheit der Quellen, aus denen eine Gemeinschaft entspringt, erhalten
auch die Rechte und Pflichten der Theilhaber ihre nähere Bestimmung. Die
besondern Vorschriften über eine durch Vertrag entstehende Gemeinschaft der
Güter sind in dem sieben und zwanzigsten Hauptstücke enthalten.
§. 827. Wer einen
Antheil an einer gemeinschaftlichen Sache anspricht, der muß sein Recht, wenn
es von den übrigen Theilnehmern widersprochen wird, beweisen.
Gemeinschaftliche
Rechte der Theilhaber.
§. 828. So lange alle
Theilhaber einverstanden sind, stellen sie nur Eine Person vor, und haben das
Recht, mit der gemeinschaftlichen Sache nach Belieben zu schalten. Sobald sie
uneinig sind, kann kein Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache eine
Veränderung vornehmen, wodurch über den Antheil des Andern verfügt würde.
Rechte des Theilhabers
auf seinen Antheil.
§. 829. Jeder
Theilhaber ist vollständiger Eigenthümer seines Antheiles. In so fern er die
Rechte seiner Mitgenossen nicht verletzt, kann er denselben, oder die Nutzungen
davon willkührlich und unabhängig verpfänden, vermachen, oder sonst veräußern.
(§. 361.)
§. 830. Jeder
Theilhaber ist befugt, auf Ablegung der Rechnung und auf Vertheilung des
Ertrages zu dringen. Er kann in der Regel auch die Aufhebung der Gemeinschaft
verlangen; doch nicht zur Unzeit, oder zum Nachtheile der Uebrigen. Er muß sich
daher einen, den Umständen angemessenen, nicht wohl vermeidlichen Aufschub
gefallen lassen.
§. 831. Hat sich ein
Theilhaber zur Fortsetzung der Gemeinschaft verbunden, so kann er zwar vor
Verlauf der Zeit nicht austreten; allein diese Verbindlichkeit wird, wie andere
Verbindlichkeiten, aufgehoben, und erstreckt sich nicht auf die Erben, wenn
diese nicht selbst dazu eingewilliget haben.
§. 832. Auch die
Anordnung eines Dritten, wodurch eine Sache zur Gemeinschaft bestimmt wird, muß
zwar von den ersten Theilhabern, nicht auch von ihren Erben befolgt werden.
Eine Verbindlichkeit zu einer immerwährenden Gemeinschaft kann nicht bestehen.
Rechte der Theilhaber
in der gemeinschaftlichen Sache:
a) In Rücksicht des
Hauptstammes.
§. 833. Der Besitz und
die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt
zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des
Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach
den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet
werden.
§. 834. Bey wichtigen
Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des
Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für
künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der
Gemeinschaft verlangen.
§. 835. Wollen sie
nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein
Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der
Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung
Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey
gleichen Stimmen der Mitglieder ein.
§. 836. Ist ein
Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über
dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.
§. 837. Der Verwalter
des gemeinschaftlichen Gutes wird als ein Machthaber angesehen. Er ist
einerseits verbunden, ordentliche Rechnung abzulegen; andererseits aber befugt,
alle nützlich gemachte Auslagen in Abrechnung zu bringen. Dieses gilt auch in
dem Falle, daß ein Theilgenosse ein gemeinschaftliches Gut ohne Auftrag der
übrigen Theilnehmer verwaltet.
§. 838. Wird die
Verwaltung Mehrern überlassen; so entscheidet auch unter ihnen die Mehrheit der
Stimmen.
b) der Nutzungen und
Lasten.
§. 839. Die
gemeinschaftlichen Nutzungen und Lasten werden nach Verhältniß der Antheile
ausgemessen. Im Zweifel wird jeder Antheil gleich groß angesehen; wer das Gegentheil
behauptet, muß es beweisen.
§. 840. Ordentlicher
Weise sind die erzielten Nutzungen in Natur zu theilen. Ist aber diese
Vertheilung nicht thunlich; so ist jeder berechtigt, auf die öffentliche
Feilbiethung zu dringen. Der gelöste Werth wird den Theilhabern verhältnißmäßig
entrichtet.
c) der Theilung.
§. 841. Bey der nach
aufgehobener Gemeinschaft vorzunehmenden Theilung der gemeinschaftlichen Sache
gilt keine Mehrheit der Stimmen. Die Theilung muß zur Zufriedenheit eines jeden
Sachgenossen vorgenommen werden. Können sie nicht einig werden; so entscheidet
das Los, oder ein Schiedsmann, oder, wenn sie sich über die Bestimmung der
einen oder andern dieser Entscheidungsarten nicht einhellig vereinigen, der
Richter.
§. 842. Ein Schiedsmann
oder der Richter entscheidet auch, ob bey der Theilung liegender Gründe oder
Gebäude ein Theilgenosse, zur Benützung seines Antheiles, einer Servitut
bedürfe, und unter welcher Bedingung sie ihm zu verwilligen sey.
§. 843. Kann eine
gemeinschaftliche Sache entweder gar nicht, oder nicht ohne beträchtliche
Verminderung des Werthes getheilt werden, so ist sie, und zwar wenn auch nur
Ein Theilgenosse es verlangt, vermittelst gerichtlicher Feilbiethung zu
verkaufen, und der Kaufschilling unter die Theilhaber zu vertheilen.
§. 844. Servituten,
Grenzzeichen und die zum gemeinschaftlichen Gebrauche nötigen Urkunden sind
keiner Teilung fähig. Die Urkunden werden, wenn sonst nichts im Wege steht, bei
dem ältesten Teilhaber niedergelegt. Die übrigen erhalten auf ihre Kosten
beglaubigte Abschriften. Die Grunddienstbarkeiten bestehen mangels Vereinbarung
zugunsten aller Teile fort; jedoch darf die Dienstbarkeit dadurch nicht
erweitert oder für das dienstbare Gut beschwerlicher werden. Kommt die Ausübung
der Dienstbarkeit nur einzelnen Teilen zugute, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 845. Bey Theilungen
der Grundstücke müssen die gegenseitigen Gränzen nach Verschiedenheit der Lage
durch Säulen, Gränzsteine oder Pfähle auf eine deutliche und unwandelbare Art
bezeichnet werden. Flüsse, Berge und Straßen sind natürliche Gränzen. Um den
Betrug und Irrthum zu entfernen, sollen in die Steine, Säulen oder Pfähle, die
wirklich zur Markung dienen, Kreuze, Wapen, Zahlen oder andere Zeichen gehauen
oder darunter eingegraben werden.
§. 846. Ueber die
gemachte Theilung sind Urkunden zu errichten. Ein Theilhaber einer
unbeweglichen Sache erhält auch erst dadurch ein dingliches Recht auf seinen
Antheil, daß die darüber errichtete Urkunde den öffentlichen Büchern
einverleibt wird. (§. 436.)
§. 847. Die bloße
Teilung was immer für eines gemeinschaftlichen Gutes kann einem Dritten nicht
zum Nachteile gereichen; alle ihm zustehenden Pfand-, Servituts- und anderen
dinglichen Rechte werden nach wie vor der Teilung ausgeübt. Trifft jedoch die
Ausübung einer Grunddienstbarkeit nur ein Teilstück, so erlischt das Recht
hinsichtlich der übrigen Teile.
§. 848. Auch
persönliche Rechte, die einem Dritten gegen eine Gemeinschaft zustehen, haben
ungeachtet des erfolgten Austrittes ihre vorige Kraft. Ebenso kann derjenige,
welcher an eine Gemeinschaft schuldig ist, die Zahlung nicht an einzelne
Teilnehmer entrichten. Solche Schulden müssen an die ganze Gemeinschaft oder an
jenen, der sie ordentlich vorstellt, abgetragen werden.
§. 848a. Gewährt eine Dienstbarkeit
oder eine andere dingliche Last einen Anspruch auf Nutzungen, so kann bei
Teilung des herrschenden Grundstückes jeder Berechtigte und bei Teilung des
belasteten Grundstückes jeder Belastete eine gerichtliche Regelung der Ausübung
begehren. Die Ausübung ist mit Rücksicht auf die Natur und Zweckbestimmung des
Rechtes sowie auf das Größenverhältnis und die wirtschaftliche Besonderheit der
einzelnen Liegenschaftsteile ohne Erschwerung der Last so zu regeln, wie es
allen Interessen billigerweise entspricht.
§. 849. Was bisher von
der Gemeinschaft überhaupt bestimmt worden ist, läßt sich auch auf die einer
Familie, als einer Gemeinschaft, zustehenden Rechte und Sachen, z. B.
Stiftungen, Fideicommisse u. dgl. anwenden.
Erneuerung und
Berichtigung der Grenzen
§. 850. Wenn die
Grenzzeichen zwischen zwei Grundstücken durch was immer für Umstände so
verletzt worden sind, daß sie ganz unkenntlich werden könnten, oder wenn die
Grenzen wirklich unkennbar oder streitig sind, so hat jeder der Nachbarn das
Recht, die gerichtliche Erneuerung oder Berichtigung der Grenze zu verlangen.
Zu diesem Behufe sind die Nachbarn zu einer Verhandlung im Verfahren außer
Streitsachen mit dem Bedeuten zu laden, daß trotz Ausbleibens des Geladenen die
Grenze festgesetzt und vermarkt werden wird.
§. 851. Sind die
Grenzen wirklich unkennbar geworden oder streitig, so werden sie nach dem
letzten ruhigen Besitzstande festgesetzt. Läßt sich dieser nicht feststellen, so
hat das Gericht die streitige Fläche nach billigem Ermessen zu verteilen.
Inwiefern jeder Partei
vorbehalten bleibt, ihr besseres Recht im Prozeßwege geltend zu machen, wird
besonders bestimmt.
§. 852. Die wichtigsten
Behelfe bey einer Gränzberichtigung sind: die Ausmessung und Beschreibung, oder
auch die Abzeichnung des streitigen Grundes; dann, die sich darauf beziehenden
öffentlichen Bücher und andere Urkunden; endlich, die Aussagen sachkündiger
Zeugen, und das von Sachverständigen nach vorgenommenem Augenscheine gegebene
Gutachten.
§. 853. Die Kosten des
Verfahrens sind von den Nachbarn nach Maß ihrer Grenzlinien zu bestreiten. Der
Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, wenn sich aus der
Verhandlung ergibt, daß die Grenzerneuerung oder Grenzberichtigung nicht
notwendig war, weil die Grenze nicht bestritten oder hinlänglich kenntlich
gewesen ist, oder weil die anderen Beteiligten zur außergerichtlichen
Vermarkung bereit waren. Die Kosten einer Vertretung hat der Vertretene selbst
zu tragen.
Wenn das Verfahren
durch Störung des ruhigen Besitzes veranlaßt wurde, kann das Gericht die Kosten
ganz oder teilweise der Partei auferlegen, die den Streit veranlaßt hat.
Vermuthete
Gemeinschaft.
§. 854. Erdfurchen,
Zäune, Hecken, Planken, Mauern, Privat-Bäche, Canäle, Plätze und andere
dergleichen Scheidewände, die sich zwischen benachbarten Grundstücken befinden,
werden für ein gemeinschaftliches Eigenthum angesehen; wenn nicht Wapen, Auf-
oder Inschriften, oder andere Kennzeichen und Behelfe das Gegentheil beweisen.
§. 855. Jeder
Mitgenosse kann eine gemeinschaftliche Mauer auf seiner Seite bis zur Hälfte in
der Dicke benützen, auch Blindthüren und Wandschränke dort anbringen, wo auf
der entgegengesetzten Seite noch keine angebracht sind. Doch darf das Gebäude
durch einen Schorstein, Feuerherd oder andere Anlagen nicht in Gefahr gesetzt,
und der Nachbar auf keine Art in dem Gebrauche seines Antheiles gehindert
werden.
§. 856. Alle
Miteigenthümer tragen zur Erhaltung solcher gemeinschaftlichen Scheidewände
verhältnißmäßig bey. Wo sie doppelt vorhanden sind; oder das Eigenthum getheilt
ist, bestreitet jeder die Unterhaltungskosten für das, was ihm allein gehört.
§. 857. Ist die
Stellung einer Scheidewand von der Art, daß die Ziegel, Latten oder Steine nur
auf einer Seite vorlaufen oder abhängen; oder sind die Pfeiler, Säulen,
Ständer, Bachställe auf einer Seite eingegraben; so ist im Zweifel auf dieser
Seite das ungetheilte Eigenthum der Scheidewand, wenn nicht aus einer
beyderseitigen Belastung, Einfügung, aus andern Kennzeichen, oder sonstigen
Beweisen das Gegentheil erhellet. Auch derjenige wird für den ausschließenden
Besitzer einer Mauer gehalten, welcher eine in der Richtung gleich fortlaufende
Mauer von gleicher Höhe und Dicke unstreitig besitzt.
§. 858. In der Regel
ist der ausschließende Besitzer nicht schuldig, seine verfallene Mauer oder
Planke neu aufzuführen; nur dann muß er sie in gutem Stande erhalten, wenn
durch die Oeffung für den Gränznachbar Schaden zu befürchten stünde. Es ist
aber jeder Eigenthümer verbunden, auf der rechten Seite seines Haupteinganges
für die nöthige Einschließung seines Raumes, und für die Abtheilung von dem
fremden Raume zu sorgen.
Zweyter Theil.
Zweyte Abtheilung.
Von den persönlichen
Sachenrechten.
Siebzehntes Hauptstück.
Von Verträgen und
Rechtsgeschäften überhaupt.
Grund der persönlichen Sachenrechte.
§. 859. Die persönlichen Sachenrechte, vermöge welcher eine Person einer
andern zu einer Leistung verbunden ist, gründen sich unmittelbar auf ein
Gesetz; oder auf ein Rechtsgeschäft; oder auf eine erlittene Beschädigung.
Auslobung
§. 860. Die nicht an bestimmte Personen gerichtete Zusage einer Belohnung
für eine Leistung oder einen Erfolg (Auslobung) wird durch die öffentliche
Bekanntmachung verbindlich. Eine Auslobung, die eine Preisbewerbung zum
Gegenstande hat, ist nur gültig, wenn in der Bekanntmachung eine Frist für die
Bewerbung bestimmt ist.
§. 860a. Bis zur Vollendung der Leistung kann die Auslobung in derselben
Form, in welcher sie bekannt gemacht war, oder einer gleich wirksamen Form,
oder durch besondere Mitteilung widerrufen werden, wenn anders darauf in der
Bekanntmachung nicht ausdrücklich oder durch Bestimmung einer Frist verzichtet
ist. Der Widerruf ist aber unwirksam gegenüber demjenigen, der die Leistung im
Hinblick auf die Auslobung vollbracht hat, wenn er dartut, daß der Widerruf ihm
zu dieser Zeit ohne sein Verschulden nicht bekannt geworden war.
§. 860b. Ist die Leistung von mehreren Personen vollbracht worden, so
gebührt, falls nicht aus der Auslobung ein anderer Wille hervorgeht, die
Belohnung demjenigen, der die Leistung zuerst vollbracht hat, und bei
gleichzeitiger Vollendung allen zu gleichen Teilen.
Abschließung des Vertrages.
§. 861. Wer sich erkläret, daß er jemanden sein Recht übertragen, daß
heißt, daß er ihm etwas gestatten, etwas geben, daß er für ihn etwas thun, oder
seinetwegen etwas unterlassen wolle, macht ein Versprechen; nimmt aber der
Andere das Versprechen gültig an, so kommt durch den übereinstimmenden Willen
beyder Theile ein Vertrag zu Stande. So lange die Unterhandlungen dauern, und
das Versprechen noch nicht gemacht, oder weder zum voraus, noch nachher
angenommen ist, entsteht kein Vertrag.
§. 862. Das Versprechen (Antrag) muß innerhalb der vom Antragsteller
bestimmten Frist angenommen werden. In Ermanglung einer solchen muß der einem
Anwesenden oder mittels Fernsprechers von Person zu Person gemachte Antrag
sogleich, der sonst einem Abwesenden gemachte Antrag längstens bis zu dem
Zeitpunkte angenommen werden, in welchem der Antragsteller unter der
Voraussetzung, daß sein Antrag rechtzeitig angekommen sei, bei rechtzeitiger
und ordnungsmäßiger Absendung der Antwort deren Eintreffen erwarten darf;
widrigenfalls ist der Antrag erloschen. Vor Ablauf der Annahmefrist kann der
Antrag nicht zurückgenommen werden. Er erlischt auch nicht, wenn ein Teil
während der Annahmefrist stirbt oder handlungsunfähig wird, sofern nicht ein
anderer Wille des Antragstellers aus den Umständen hervorgeht.
§. 862a. Als rechtzeitig gilt die Annahme, wenn die Erklärung innerhalb
der Annahmefrist dem Antragsteller zugekommen ist. Trotz ihrer Verspätung kommt
jedoch der Vertrag zustande, wenn der Antragsteller erkennen mußte, daß die
Annahmeerklärung rechtzeitig abgesendet wurde, und gleichwohl seinen Rücktritt
dem andern nicht unverzüglich anzeigt.
§. 863. Man kann seinen Willen nicht nur ausdrücklich durch Worte und
allgemein angenommene Zeichen; sondern auch stillschweigend durch solche
Handlungen erklären, welche mit Überlegung aller Umstände keinen vernünftigen
Grund, daran zu zweifeln, übrig lassen.
In bezug auf die Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen
ist auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht
zu nehmen.
§. 864. Ist eine ausdrückliche Erklärung der Annahme nach der Natur des
Geschäftes oder der Verkehrssitte nicht zu erwarten, so kommt der Vertrag
zustande, wenn dem Antrag innerhalb der hierfür bestimmten oder den Umständen
angemessenen Frist tatsächlich entsprochen worden ist.
Erfordernisse eines gültigen Vertrages:
1) Fähigkeiten der Personen;
§. 865. Wer den Gebrauch der Vernunft nicht hat, wie auch ein Kind unter
sieben Jahren, ist unfähig, ein Versprechen zu machen, oder es anzunehmen.
Andere Personen hingegen, welche von einem Vater, Vormunde oder Curator
abhängen, können zwar ein bloß zu ihrem Vortheile gemachtes Versprechen
annehmen; wenn sie aber eine damit verknüpfte Last übernehmen, oder selbst
etwas versprechen, hängt die Gültigkeit des Vertrages nach den, in dem dritten
und vierten Hauptstücke des ersten Theiles, gegebenen Vorschriften in der Regel
von der Einwilligung des Vertreters oder zugleich des Gerichtes ab. Bis diese
Einwilligung erfolgt, kann der andere Theil nicht zurücktreten, aber eine
angemessene Frist zur Erklärung verlangen.
§. 866. Wer listiger Weise vorgibt, daß er Verträge zu schließen fähig
sey, und dadurch einen Andern, der darüber nicht leicht Erkundigung einhohlen
konnte, hintergeht, ist zur Genugthuung verpflichtet.
§. 867. Was zur Gültigkeit eines Vertrages mit einer unter der besondern
Vorsorge der öffentlichen Verwaltung stehenden Gemeinde, (§. 27.) oder ihren
einzelnen Gliedern und Stellvertretern erfordert werde, ist aus der Verfassung
derselben und den politischen Gesetzen zu entnehmen. (§. 290.)
§. 868. (Anm.:
Aufgehoben durch § 5, RGBl 1867/Nr. 131.)
2) wahre Einwilligung.
§. 869. Die Einwilligung in einen Vertrag muß frey, ernstlich, bestimmt
und verständlich erkläret werden. Ist die Erklärung unverständlich; ganz unbestimmt;
oder erfolgt die Annahme unter andern Bestimmungen, als unter welchen das
Versprechen geschehen ist; so entsteht kein Vertrag. Wer sich, um einen Andern
zu bevortheilen, undeutlicher Ausdrücke bedient, oder ein Scheinhandlung
unternimmt, leistet Genugthuung.
§. 870. Wer von dem anderen Teile durch List oder durch ungerechte und
gegründete Furcht (§ 55) zu einem Vertrage veranlaßt worden, ist ihn zu halten
nicht verbunden.
§. 871. War ein Teil über den Inhalt der von ihm abgegebenen oder dem anderen
zugegangenen Erklärung in einem Irrtum befangen, der die Hauptsache oder eine
wesentliche Beschaffenheit derselben betrifft, worauf die Absicht vorzüglich
gerichtet und erklärt wurde, so entsteht für ihn keine Verbindlichkeit, falls
der Irrtum durch den anderen veranlaßt war, oder diesem aus den Umständen
offenbar auffallen mußte oder noch rechtzeitig aufgeklärt wurde.
§. 872. Betrifft aber der Irrthum weder die Hauptsache, noch eine
wesentliche Beschaffenheit derselben, sondern einen Nebenumstand; so bleibt der
Vertrag, in so fern beyde Theile in den Hauptgegenstand gewilliget, und den
Nebenumstand nicht als vorzügliche Absicht erkläret haben, noch immer gültig:
allein dem Irregeführten ist von dem Urheber des Irrthumes die angemessene
Vergütung zu leisten.
§. 873. Eben diese Grundsätze sind auch auf den Irrthum in der Person
desjenigen, welchem ein Versprechen gemacht worden ist, anzuwenden; in so fern
ohne den Irrthum der Vertrag entweder gar nicht, oder doch nicht auf solche Art
errichtet worden wäre.
§. 874. In jedem Falle muß derjenige, welcher einen Vertrag durch List
oder ungerechte Furcht bewirket hat, für die nachtheiligen Folgen Genugthuung
leisten.
§. 875. Ist einer der Vertragschließenden von einem Dritten durch List
oder durch ungerechte und gegründete Furcht zu einem Vertrage bewogen; oder zu
einer irrtümlichen Erklärung veranlaßt worden; so ist der Vertrag gültig. Nur
in dem Falle, daß der andere Teil an der Handlung des Dritten teilnahm oder von
derselben offenbar wissen mußte, kommen die §§ 870 bis 874 zur Anwendung.
§. 876. Die vorstehenden Bestimmungen (§§ 869 bis 875) finden
entsprechende Anwendung auf sonstige Willenserklärungen, welche einer anderen
Person gegenüber abzugeben sind.
§. 877. Wer die Aufhebung eines Vertrages aus Mangel der Einwilligung
verlangt, muß dagegen auch Alles zurückstellen, was es aus einem solchen
Vertrage zu seinem Vortheile erhalten hat.
3) Möglichkeit der Leistung.
§. 878. Was geradezu unmöglich ist, kann nicht Gegenstand eines gültigen
Vertrages werden. Ist Mögliches und Unmögliches zugleich bedungen, so bleibt
der Vertrag in ersterem Teile gültig, wenn anders aus dem Vertrage nicht
hervorgeht, daß kein Punkt von dem anderen abgesondert werden könne. Wer bei
Abschließung des Vertrages die Unmöglichkeit kannte oder kennen mußte, hat dem
anderen Teile, falls von diesem nicht dasselbe gilt, den Schaden zu ersetzen,
den er durch das Vertrauen auf die Gültigkeit des Vertrages erlitten hat.
§. 879. Ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten
Sitten verstößt, ist nichtig.
Insbesondere sind folgende Verträge nichtig:
1. wenn etwas für die Unterhandlung eines Ehevertrages bedungen wird;
2. wenn ein
Rechtsfreund eine ihm anvertraute Streitsache ganz oder teilweise an sich löst
oder sich einen bestimmten Teil des Betrages versprechen läßt, der der Partei
zuerkannt wird;
3. wenn eine Erbschaft
oder ein Vermächtnis, die man von einer dritten Person erhofft, noch bei
Lebzeiten derselben veräußert wird;
4. wenn jemand den
Leichtsinn, die Zwangslage, Verstandesschwäche, Unerfahrenheit oder
Gemütsaufregung eines anderen dadurch ausbeutet, daß er sich oder einem Dritten
für eine Leistung eine Gegenleistung versprechen oder gewähren läßt, deren
Vermögenswert zu dem Werte der Leistung in auffallendem Mißverhältnisse steht.
§. 880. Wird der Gegenstand, worüber ein Vertrag geschlossen worden, vor
dessen Uebergabe dem Verkehre entzogen; so ist es eben so viel, als wenn man
den Vertrag nicht geschlossen hätte.
§. 880a. Hat jemand einem andern eine Leistung eines Dritten versprochen,
so gilt dies als Zusage seiner Verwendung bei dem Dritten; ist er aber für den
Erfolg eingestanden, so haftet er für volle Genugtuung, wenn die Leistung des
Dritten ausbleibt.
Verträge zugunsten Dritter
§. 881. Hat sich jemand eine Leistung an einen Dritten versprechen
lassen, so kann er fordern, daß an den Dritten geleistet werde.
Ob und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht
erwirbt, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern, ist aus der Vereinbarung und der
Natur und dem Zwecke des Vertrages zu beurteilen. Im Zweifel erwirbt der Dritte
dieses Recht, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteile gereichen soll.
Das Recht auf die bei einer Gutsabtretung vom Übernehmer zugunsten eines
Dritten versprochenen Leistungen gilt mangels anderer Vereinbarungen dem
Dritten als mit der Übergabe des Gutes erworben.
§. 882. Weist der Dritte das aus dem Vertrag erworbene Recht zurück, so
gilt das Recht als nicht erworben.
Einwendungen aus dem Vertrage stehen dem Versprechenden auch gegen den
Dritten zu.
Form der Verträge.
§. 883. Ein Vertrag kann mündlich oder schriftlich; vor Gericht oder
außerhalb desselben; mit oder ohne Zeugen errichtet werden. Diese
Verschiedenheit der Form macht, außer den im Gesetze bestimmten Fällen, in
Ansehung der Verbindlichkeit keinen Unterschied.
§. 884. Haben die Parteien für einen Vertrag die Anwendung einer
bestimmten Form vorbehalten, so wird vermutet, daß sie vor Erfüllung dieser
Form nicht gebunden sein wollen.
§. 885. Ist zwar noch
nicht die förmliche Urkunde, aber doch ein Aufsatz über die Hauptpunkte
errichtet und von den Parteien unterfertigt worden (Punktation), so gründet
auch schon ein solcher Aufsatz diejenigen Rechte und Verbindlichkeiten, welche
darin ausgedrückt sind.
§. 886. Ein Vertrag,
für den Gesetz oder Parteiwille Schriftlichkeit bestimmt, kommt durch die
Unterschrift der Parteien oder, falls sie des Schreibens unkundig oder wegen
Gebrechens unfähig sind, durch Beisetzung ihres gerichtlich oder notariell
beglaubigten Handzeichens oder Beisetzung des Handzeichens vor zwei Zeugen,
deren einer den Namen der Partei unterfertigt, zustande. Der schriftliche
Abschluß des Vertrages wird durch gerichtliche oder notarielle Beurkundung
ersetzt. Eine Nachbildung der eigenhändigen Unterschrift auf mechanischem Wege
ist nur da genügend, wo sie im Geschäftsverkehr üblich ist.
§. 887. (Anm.:
Aufgehoben durch § 95, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
Gemeinschaftliche Verbindlichkeit oder Berechtigung.
§. 888. Wenn zwey oder
mehrere Personen jemanden eben dasselbe Recht zu einer Sache versprechen, oder
es von ihm annehmen; so wird sowohl die Forderung, als die Schuld nach den
Grundsätzen der Gemeinschaft des Eigenthumes getheilt.
§. 889. Außer den in
dem Gesetze bestimmten Fällen haftet also aus mehrern Mitschuldnern einer
theilbaren Sache jeder nur für seinen Antheil, und eben so muß von mehrern
Mitgenossen einer theilbaren Sache, jeder sich mit dem ihm gebührenden Theile
begnügen.
§. 890. Betrifft es
hingegen untheilbare Sachen; so kann ein Gläubiger, wenn er der einzige ist,
solche von einem jeden Mitschuldner fordern. Wenn aber mehrere Gläubiger und
nur Ein Schuldner da sind; so ist dieser die Sache einem einzelnen
Mitgläubiger, ohne Sicherstellung heraus zu geben, nicht verpflichtet; er kann
auf die Uebereinkunft aller Mitgläubiger dringen, oder die gerichtliche
Verwahrung der Sache verlangen.
Correalität.
§. 891. Versprechen
mehrere Personen ein und dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand dergestalt, daß
sich Einer für Alle, und Alle für Einen ausdrücklich verbinden; so haftet jede
einzelne Person für das Ganze. Es hängt dann von dem Gläubiger ab, ob er von
allen, oder von einigen Mitschuldnern das Ganze, oder nach von ihm gewählten
Antheilen, oder ob er es von einem Einzigen fordern wolle. Selbst nach
erhobener Klage bleibt ihm, wenn er von derselben absteht, diese Wahl
vorbehalten; und, wenn er von einem oder dem andern Mitschuldner nur zum Theile
befriediget wird; so kann er das Rückständige von den übrigen fordern.
§. 892. Hat hingegen
einer mehrern Personen eben dasselbe Ganze zugesagt, und sind diese
ausdrücklich berechtiget worden, es zur ungetheilten Hand fordern zu können; so
muß der Schuldner das Ganze demjenigen dieser Gläubiger entrichten, der ihn
zuerst darum angeht.
§. 893. Sobald ein
Mitschuldner dem Gläubiger das Ganze entrichtet hat, darf dieser von den
übrigen Mitschuldnern nichts mehr fordern; und sobald ein Mitgläubiger von dem
Schuldner ganz befriediget worden ist, haben die übrigen Mitgläubiger keinen
Anspruch mehr.
§. 894. Ein
Mitschuldner kann dadurch, daß er mit dem Gläubiger lästigere Bedingungen
eingeht, den übrigen keinen Nachtheil zuziehen, und die Nachsicht oder
Befreyung, welche ein Mitschuldner für seine Person erhält, kommt den übrigen
nicht zu Statten.
§. 895. Wie weit aus
mehrern Mitgläubigern, welchen eben dasselbe Ganze zur ungetheilten Hand
zugesagt worden ist, derjenige, welcher die ganze Forderung für sich erhalten
hat, den übrigen Gläubigern hafte, muß aus den besondern, zwischen den
Mitgläubigern bestehenden, rechtlichen Verhältnissen bestimmt werden. Besteht
kein solches Verhältniß; so ist einer dem andern keine Rechenschaft schuldig.
§. 896. Ein
Mitschuldner zur ungetheilten Hand, welcher die ganze Schuld aus dem Seinigen
abgetragen hat, ist berechtiget, auch ohne geschehene Rechtsabtretung, von den
übrigen den Ersatz, und zwar, wenn kein anderes besonderes Verhältniß unter
ihnen besteht, zu gleichen Theilen zu fordern. War einer aus ihnen unfähig,
sich zu verpflichten, oder ist er unvermögend, seiner Verpflichtung Genüge zu
leisten; so muß ein solcher ausfallender Antheil ebenfalls von allen
Mitverpflichteten übernommen werden. Die erhaltene Befreyung eines
Mitverpflichteten kann den übrigen bey der Forderung des Ersatzes nicht
nachtheilig seyn. (§. 894.)
Nebenbestimmungen bey Verträgen:
1) Bedingungen;
§. 897. In Ansehung der
Bedingungen bey Verträgen gelten überhaupt die nähmlichen Vorschriften, welche
über die den Erklärungen des letzten Willens beygesetzten Bedingungen
aufgestellt worden sind.
§. 898. Verabredungen
unter solchen Bedingungen, welche bey einem letzten Willen für nicht beigesetzt
angesehen werden, sind ungültig.
§. 899. Ist die in
einem Vertrage vorgeschriebene Bedingung schon vor dem Vertrage eingetroffen;
so muß sie nach dem Vertrage nur dann wiederhohlet werden, wenn sie in einer
Handlung dessen, der das Recht erwerben soll, besteht und von ihm wiederhohlet
werden kann.
2) Bewegungsgrund;
§. 900. Ein unter einer
aufschiebenden Bedingung zugesagtes Recht geht auch auf die Erben über.
§. 901. Haben die
Parteyen den Bewegungsgrund, oder den Endzweck ihrer Einwilligung ausdrücklich
zur Bedingung gemacht; so wird der Bewegungsgrund oder Endzweck wie eine andere
Bedingung angesehen. Außer dem haben dergleichen Aeußerungen auf die Gültigkeit
entgeldlicher Verträge keinen Einfluß. Bey den unentgeldlichen aber sind die
bey den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften anzuwenden.
3) Zeit, Ort und Art der Erfüllung;
§. 902. Eine durch Vertrag
oder Gesetz bestimmte Frist ist vorbehaltlich anderer Festsetzung so zu
berechnen, daß bei einer nach Tagen bestimmten Frist der Tag nicht mitgezählt
wird, in welchen das Ereignis fällt, von dem der Fristenlauf beginnt.
Das Ende einer nach
Wochen, Monaten oder Jahren bestimmten Frist fällt auf denjenigen Tag der
letzten Woche oder des letzten Monats, welcher nach seiner Benennung oder Zahl
dem Tage des Ereignisses entspricht, mit dem der Lauf der Frist beginnt, wenn
aber dieser Tag in dem letzten Monat fehlt, auf den letzten Tag dieses Monats.
Unter einem halben
Monate sind fünfzehn Tage zu verstehen, unter der Mitte eines Monats der
fünfzehnte dieses Monats.
§. 903. Ein Recht,
dessen Erwerbung an einen bestimmten Tag gebunden ist, wird mit dem Anfang
dieses Tages erworben. Die Rechtsfolgen der Nichterfüllung einer
Verbindlichkeit oder eines Versäumnisses treten erst mit dem Ablauf des letzten
Tages der Frist ein. Fällt der für die Abgabe einer Erklärung oder für eine
Leistung bestimmte letzte Tag auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag, so
tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung, der
nächstfolgende Werktag.
§. 904. Ist keine
gewisse Zeit für die Erfüllung des Vertrages bestimmt worden; so kann sie
sogleich, nähmlich ohne unnöthigen Aufschub, gefordert werden. Hat der
Verpflichtete die Erfüllungszeit seiner Willkühr vorbehalten; so muß man
entweder seinen Tod abwarten, und sich an die Erben halten; oder, wenn es um
eine bloß persönliche, nicht vererbliche, Pflicht zu thun ist, die
Erfüllungszeit von dem Richter nach Billigkeit festsetzen lassen. Letzteres
findet auch dann Statt, wenn der Verpflichtete die Erfüllung, nach Möglichkeit,
oder Thunlichkeit versprochen hat. Uebrigens müssen die Vorschriften, welche
oben (§§. 704-706) in Rücksicht der den letzten Anordnungen beygerückten
Zeitbestimmung gegeben werden, auch hier angewendet werden.
§. 905. Kann der
Erfüllungsort weder aus der Verabredung noch aus der Natur oder dem Zwecke des
Geschäftes bestimmt werden, so ist an dem Orte zu leisten, wo der Schuldner zur
Zeit des Vertragsabschlusses seinen Wohnsitz hatte, oder, wenn die
Verbindlichkeit im Betriebe des gewerblichen oder geschäftlichen Unternehmens
des Schuldners entstand, am Orte der Niederlassung. In Ansehung des Maßes, des
Gewichtes und der Geldsorten ist auf den Ort der Erfüllung zu sehen.
Geldzahlungen hat der
Schuldner im Zweifel auf seine Gefahr und Kosten dem Gläubiger an dessen
Wohnsitz (Niederlassung) zu übermachen. Hat sich dieser nach der Entstehung der
Forderung geändert, so trägt der Gläubiger die dadurch bewirkte Erhöhung der
Gefahr und der Kosten.
§. 906. Kann das
Versprechen auf mehrere Arten erfüllet werden; so hat der Verpflichtete die
Wahl; er kann aber von der einmahl getroffenen Wahl für sich allein nicht
abgehen.
§. 907. Wird ein
Vertrag ausdrücklich mit Vorbehalt der Wahl geschlossen, und dieselbe durch
zufälligen Untergang eines oder mehrerer Wahlstücke vereitelt; so ist der
Theil, dem die Wahl zusteht, an den Vertrag nicht gebunden. Unterläuft aber ein
Verschulden des Verpflichteten; so muß er dem Berechtigten für die Vereitlung
der Wahl haften.
4) Angeld;
§. 908. Was bey
Abschließung eines Vertrages voraus gegeben wird, ist, außer dem Falle einer
besondern Verabredung, nur als ein Zeichen der Abschließung, oder als eine
Sicherstellung für die Erfüllung des Vertrages zu betrachten, und heißt Angeld.
Wird der Vertrag durch Schuld einer Partey nicht erfüllet; so kann die
schuldlose Partey das von ihr empfangene Angeld behalten, oder den doppelten
Betrag des von ihr gegebenen Angeldes zurückfordern. Will sie sich aber damit
nicht begnügen, so kann sie auf die Erfüllung; oder, wenn diese nicht mehr
möglich ist, auf den Ersatz dringen.
5) Reugeld;
§. 909. Wird bey
Schließung eines Vertrages ein Betrag bestimmt, welchen ein oder der andere
Theil in dem Falle, daß er von dem Vertrage vor der Erfüllung zurücktreten
will, entrichten muß; so wird der Vertrag gegen Reugeld geschlossen. In diesem
Falle muß entweder der Vertrag erfüllt, oder das Reugeld bezahlet werden. Wer
den Vertrag auch nur zum Theile erfüllet; oder das, was von dem Andern auch nur
zum Theile zur Erfüllung geleistet worden ist, angenommen hat, kann selbst
gegen Entrichtung des Reugeldes nicht mehr zurücktreten.
§. 910. Wenn ein Angeld
gegeben, und zugleich das Befugniß des Rücktrittes ohne Bestimmung eines
besondern Reugeldes bedungen wird; so vertritt das Angeld die Stelle des
Reugeldes. Im Falle des Rücktrittes verliert also der Geber das Angeld; oder
der Empfänger stellt das Doppelte zurück.
§. 911. Wer nicht durch
bloßen Zufall, sondern durch sein Verschulden an der Erfüllung des Vertrages
verhindert wird, muß ebenfalls das Reugeld entrichten.
6) Nebengebühren.
§. 912. Der Gläubiger
ist von seinem Schuldner außer der Hauptschuld zuweilen auch Nebengebühren zu
fordern berechtiget. Sie bestehen in dem Zuwachse, und in den Früchten der
Hauptsache; in den bestimmten oder in den Zögerungs-Zinsen; oder in dem Ersatze
des verursachten Schadens; oder dessen, was dem Andern daran liegt, daß die
Verbindlichkeit nicht gehörig erfüllet worden; endlich in dem Betrage, welchen
ein Theil sich auf diesen Fall bedungen hat.
§. 913. In wie weit mit
einem dinglichen Rechte das Recht auf den Zuwachs, oder auf die Früchte
verbunden sey, ist in dem ersten und vierten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmet worden. Wegen eines bloß persönlichen Rechtes hat der Berechtigte
noch keinen Anspruch auf Nebengebühren. In wie weit dem Gläubiger ein Recht auf
diese zukomme, ist theils aus den besondern Arten und Bestimmungen der
Verträge; theils aus dem Hauptstücke, von dem Rechte des Schadenersatzes und
der Genugthuung, zu entnehmen.
Auslegungsregeln bey Verträgen.
§. 914. Bei Auslegung
von Verträgen ist nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften,
sondern die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen,
wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
§. 915. Bey einseitig
verbindlichen Verträgen wird im Zweifel angenommen, daß sich der Verpflichtete
eher die geringere als die schwerere Last auflegen wollte; bey zweyseitig
verbindlichen wird eine undeutliche Aeußerung zum Nachtheile desjenigen
erkläret, der sich derselben bedienet hat. (§. 869.)
§. 916. Eine
Willenserklärung, die einem anderen gegenüber mit dessen Einverständnis zum
Schein abgegeben wird, ist nichtig. Soll dadurch ein anderes Geschäft verborgen
werden, so ist dieses nach seiner wahren Beschaffenheit zu beurteilen.
Einem Dritten, der im
Vertrauen auf die Erklärung Rechte erworben hat, kann die Einrede des
Scheingeschäftes nicht entgegengesetzt werden.
Allgemeine Bestimmungen
über entgeltliche Verträge und Geschäfte
§. 917. Bei einem
entgeltlichen Vertrage werden entweder Sachen mit Sachen, oder Handlungen,
worunter auch die Unterlassungen gehören, mit Handlungen, oder endlich Sachen
mit Handlungen und Handlungen mit Sachen vergolten.
§. 918. Wenn ein
entgeltlicher Vertrag von einem Teil entweder nicht zur gehörigen Zeit, am
gehörigen Ort oder auf die bedungene Weise erfüllt wird, kann der andere
entweder Erfüllung und Schadenersatz wegen der Verspätung begehren oder unter
Festsetzung einer angemessenen Frist zur Nachholung den Rücktritt vom Vertrag
erklären.
Ist die Erfüllung für
beide Seiten teilbar, so kann wegen Verzögerung einer Teilleistung der
Rücktritt nur hinsichtlich der einzelnen oder auch aller noch ausstehenden
Teilleistungen erklärt werden.
§. 919. Ist die
Erfüllung zu einer festbestimmten Zeit oder binnen einer festbestimmten Frist
bei sonstigem Rücktritt bedungen, so muß der Rücktrittsberechtigte, wenn er auf
der Erfüllung bestehen will, das nach Ablauf der Zeit dem andern ohne Verzug
anzeigen; unterläßt er dies, so kann er später nicht mehr auf der Erfüllung
bestehen. Dasselbe gilt, wenn die Natur des Geschäftes oder der dem
Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die verspätete
Leistung oder, im Falle der Verspätung einer Teilleistung, die noch übrigen
Leistungen für den Empfänger kein Interesse haben.
§. 920. Wird die
Erfüllung durch Verschulden des Verpflichteten oder einen von ihm zu vertretenden
Zufall vereitelt, so kann der andere Teil entweder Schadenersatz wegen
Nichterfüllung fordern oder vom Vertrage zurücktreten. Bei teilweiser
Vereitlung steht ihm der Rücktritt zu, falls die Natur des Geschäftes oder der
dem Verpflichteten bekannte Zweck der Leistung entnehmen läßt, daß die
teilweise Erfüllung für ihn kein Interesse hat.
§. 921. Der Rücktritt
vom Vertrage läßt den Anspruch auf Ersatz des durch verschuldete Nichterfüllung
verursachten Schadens unberührt. Das bereits empfangene Entgelt ist auf solche
Art zurückzustellen oder zu vergüten, daß kein Teil aus dem Schaden des anderen
Gewinn zieht.
Gewährleistung.
§. 922. Wenn jemand
eine Sache auf eine entgeldliche Art einem Andern überläßt, so leistet er
Gewähr, daß sie die ausdrücklich bedungenen, oder gewöhnlich dabey
vorausgesetzten Eigenschaften habe, und daß sie der Natur des Geschäftes, oder
der getroffenen Verabredung gemäß benützt, und verwendet werden könne.
Fälle der Gewährleistung.
§. 923. Wer also der
Sache Eigenschaften beylegt, die sie nicht hat, und die ausdrücklich oder
vermöge der Natur des Geschäftes stillschweigend bedungen worden sind; wer
ungewöhnliche Mängel, oder Lasten derselben verschweigt; wer eine nicht mehr
vorhandene, oder eine fremde Sache als die seinige veräußert; wer fälschlich
vorgibt, daß die Sache zu einem bestimmten Gebrauche tauglich; oder daß sie
auch von den gewöhnlichen Mängeln und Lasten frey sey; der hat, wenn das
Widerspiel hervorkommt, dafür zu haften.
§. 924. (Anm.:
Aufgehoben durch § 117, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
§. 925. Durch
Verordnung wird bestimmt, inwiefern die Vermutung eintritt, daß ein Tier schon
vor der Übergabe krank gewesen ist, wenn innerhalb bestimmter Fristen gewisse
Krankheiten und Mängel hervorkommen.
§. 926. Von der
rechtlichen Vermutung, daß der Mangel schon vor der Übergabe des Tieres
vorhanden war, kann aber der Übernehmer nur dann Gebrauch machen, wenn er dem
Übergeber oder in dessen Abwesenheit dem Gemeindevorsteher sogleich von dem
bemerkten Fehler Nachricht gibt oder das Tier durch einen Sachverständigen
untersuchen läßt oder die gerichtliche Beweisaufnahme zur Sicherung des
Beweises beantragt.
§. 927. Vernachlässigt
der Übernehmer diese Vorsicht, so liegt ihm der Beweis ob, daß das Tier schon
vor der Übergabe mangelhaft war. Immer steht aber auch dem Übergeber der Beweis
offen, daß der gerügte Mangel erst nach der Übergabe eingetreten sei.
§. 928. Fallen die
Mängel einer Sache in die Augen oder sind die auf der Sache haftenden Lasten
aus den öffentlichen Büchern zu ersehen, so findet außer dem Falle arglistigen
Verschweigens des Mangels oder einer ausdrücklichen Zusage, daß die Sache von
allen Fehlern und Lasten frei sei, keine Gewährleistung statt (§ 443). Schulden
und Rückstände, welche auf der Sache haften, müssen stets vertreten werden.
§. 929. Wer eine fremde
Sache wissentlich an sich bringt, hat eben so wenig Anspruch auf eine
Gewährleistung, als derjenige, welcher ausdrücklich darauf Verzicht gethan hat.
§. 930. Werden Sachen
in Pausch und Bogen, nähmlich so, wie sie stehen und liegen, ohne Zahl, Maß und
Gewicht übergeben; so ist der Uebergeber, außer dem Falle, daß eine von ihm
fälschlich vorgegebene, oder von dem Empfänger bedungene Beschaffenheit
mangelt, für die daran entdeckten Fehler nicht verantwortlich.
Bedingung der Gewährleistung.
§. 931. Wenn der
Übernehmer wegen eines von einem Dritten auf die Sache erhobenen Anspruches von
der Gewährleistung Gebrauch machen will, so muß er seinem Vormann den Streit
verkündigen. Unterläßt er dies, so verliert er zwar noch nicht das Recht der
Schadloshaltung, aber sein Vormann kann ihm alle wider den Dritten unausgeführt
gebliebenen Einwendungen entgegensetzen und sich dadurch von der Entschädigung
in dem Maße befreien, als erkannt wird, daß diese Einwendungen, wenn von ihnen
der gehörige Gebrauch gemacht worden wäre, eine andere Entscheidung gegen den
Dritten veranlaßt haben würden.
Wirkung.
§. 932. Ist der die
Gewährleistung begründende Mangel von der Art, daß er nicht mehr behoben werden
kann und daß er den ordentlichen Gebrauch der Sache verhindert, so kann der
Übernehmer die gänzliche Aufhebung des Vertrages, wenn hingegen der Mangel den
ordentlichen Gebrauch nicht verhindert oder wenn er behoben werden kann,
entweder eine angemessene Minderung des Entgelts oder die Verbesserung oder den
Nachtrag des Fehlenden fordern. In allen Fällen haftet der Übergeber für den
verschuldeten Schaden. Eine unerhebliche Minderung des Wertes kommt nicht in
Betracht.
§. 932a. Während des Rechtsstreites über die Aufhebung des Vertrages
wegen eines Viehmangels hat das Gericht auf Antrag einer der Parteien, sobald
die Besichtigung nicht mehr erforderlich ist, durch einstweilige Verfügung den
gerichtlichen Verkauf des Tieres und die gerichtliche Hinterlegung des Erlöses
anzuordnen.
Erlöschung des Rechtes der Gewährleistung.
§. 933. Wer die
Gewährleistung fordern will, muß sein Recht, wenn es unbewegliche Sachen
betrifft, binnen drei Jahren, wenn es bewegliche Sachen betrifft, binnen sechs
Monaten und, wenn es sich um Viehmängel handelt, binnen sechs Wochen
gerichtlich geltend machen, sonst ist die Klage erloschen. Die Frist beginnt
von dem Tage der Ablieferung der Sache; für die Gewährleistung wegen solcher
Viehmängel bezüglich deren eine Vermutungsfrist besteht, von dem Tage, an dem diese
endet; für die Gewährleistung wegen eines von einem Dritten auf die Sache
erhobenen Anspruches aber von dem Tage, an welchem dieser dem Erwerber bekannt
wurde.
Die Geltendmachung
durch Einrede bleibt dem Erwerber vorbehalten, wenn er innerhalb der Frist dem
Übergeber den Mangel angezeigt hat.
Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte.
§. 934. Hat bey
zweyseitig verbindlichen Geschäften ein Theil nicht einmahl die Hälfte dessen,
was er dem andern gegeben hat, von diesem an dem gemeinen Werthe erhalten; so
räumt das Gesetz dem verletzten Theile das Recht ein, die Aufhebung und die
Herstellung in den vorigen Stand zu fordern. Dem andern Theile steht aber
bevor, das Geschäft dadurch aufrecht zu erhalten, daß er den Abgang bis zum
gemeinen Werthe zu ersetzen bereit ist. Das Mißverhältniß des Werthes wird nach
dem Zeitpuncte des geschlossenen Geschäftes bestimmt.
§. 935. Dieses
Rechtsmittel findet nicht Statt, wenn jemand ausdrücklich darauf Verzicht
gethan, oder sich erkläret hat, die Sache aus besonderer Vorliebe um einen
außerordentlichen Werth zu übernehmen; wenn er, obgleich ihm der wahre Werth
bekannt war, sich dennoch zu dem unverhältnißmäßigen Werthe verstanden hat;
ferner, wenn aus dem Verhältnisse der Personen zu vermuthen ist, daß sie einen,
aus einem entgeldlichen und unentgeldlichen vermischten, Vertrag schließen
wollten; wenn sich der eigentliche Werth nicht mehr erheben läßt; endlich wenn
die Sache von dem Gerichte versteigert worden ist.
Von der Verabredung eine künftigen Vertrages.
§. 936. Die
Verabredung, künftig erst einen Vertrag schließen zu wollen, ist nur dann
verbindlich, wenn sowohl die Zeit der Abschließung, als die wesentlichen Stücke
des Vertrages bestimmt, und die Umstände inzwischen nicht dergestalt verändert
worden sind, daß dadurch der ausdrücklich bestimmte, oder aus den Umständen
hervorleuchtende Zweck vereitelt, oder das Zutrauen des einen oder andern
Theiles verloren wird. Ueberhaupt muß auf die Vollziehung solcher Zusagen
längstens in einem Jahre nach dem bedungenen Zeitpuncte gedrungen werden;
widrigen Falls ist das Recht erloschen.
Von dem Verzicht auf Einwendungen.
§. 937. Allgemeine,
unbestimmte Verzichtleistungen auf Einwendungen gegen die Gültigkeit eines
Vertrages sind ohne Wirkung.
Achtzehntes Hauptstück.
Von Schenkungen.
Schenkung.
§. 938. Ein Vertrag,
wodurch eine Sache jemanden unentgeldlich überlassen wird, heißt eine
Schenkung.
In wie fern eine
Verzichtleistung eine Schenkung sey.
§. 939. Wer auf ein
gehofftes, oder wirklich angefallenes, oder zweifelhaftes Recht Verzicht thut,
ohne es einem Andern ordentlich abzutreten, oder dasselbe dem Verpflichteten
mit dessen Einwilligung zu erlassen, ist für keinen Geschenkgeber anzusehen.
Belohnende Schenkung.
§. 940. Es verändert
die Wesenheit der Schenkung nicht, wenn sie aus Erkenntlichkeit; oder in
Rücksicht auf die Verdienste des Beschenkten; oder als eine besondere Belohnung
desselben gemacht worden ist; nur darf er vorher kein Klagerecht darauf gehabt
haben.
§. 941. Hat der
Beschenkte ein Klagerecht auf die Belohnung gehabt, entweder, weil sie unter
den Parteyen schon bedungen, oder durch das Gesetz vorgeschrieben war; so hört
das Geschäft auf, eine Schenkung zu seyn, und ist als ein entgeldlicher Vertrag
anzusehen.
Wechselseitige
Schenkungen.
§. 942. Sind Schenkungen
vorher dergestalt bedungen, das der Schenkende wieder beschenkt werden muß; so
entsteht keine wahre Schenkung im Ganzen; sondern nur in Ansehung des
übersteigenden Werthes.
Form des
Schenkungsvertrages,
§. 943. Aus einem bloß
mündlichen, ohne wirkliche Uebergabe geschlossenen Schenkungsvertrage erwächst
dem Geschenknehmer kein Klagerecht. Dieses Recht muß durch eine schriftliche
Urkunde begründet werden.
und Maß einer
Schenkung.
§. 944. Ein
unbeschränkter Eigenthümer kann mit Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften
auch sein ganzes gegenwärtiges Vermögen verschenken. Ein Vertrag aber, wodurch
das künftige Vermögen verschenket wird, besteht nur in so weit, als er die
Hälfte diese Vermögens nicht übersteigt.
In wie fern der Geber
für das Geschenkte hafte.
§. 945. Wer wissentlich
eine fremde Sache verschenkt, und dem Geschenknehmer diesen Umstand
verschweigt, haftet für die nachtheiligen Folgen.
Unwiderruflichkeit der
Schenkungen.
§. 946.
Schenkungsverträge dürfen in der Regel nicht widerrufen werden.
Ausnahmen:
1) wegen Dürftigkeit;
§. 947. Geräth der
Geschenkgeber in der Folge in solche Dürftigkeit, daß es ihm an dem nöthigen
Unterhalte gebricht; so ist er befugt, jährlich von dem geschenkten Betrage die
gesetzlichen Zinsen, in so weit die geschenkte Sache, oder derselben Werth noch
vorhanden ist, und ihm der nöthige Unterhalt mangelt, von dem Beschenkten zu
fordern, wenn sich anders dieser nicht selbst in gleich dürftigen Umständen
befindet. Aus mehrern Geschenknehmern ist der frühere nur in so weit verbunden,
als die Beyträge der spätern zum Unterhalte nicht zureichen.
2) Undanks;
§. 948. Wenn der
Beschenkte sich gegen seinen Wohlthäter eines groben Undankes schuldig macht,
kann die Schenkung widerrufen werden. Unter groben Undanke wird eine Verletzung
am Leibe, an Ehre, an Freyheit, oder am Vermögen verstanden, welche von der Art
ist, daß gegen den Verletzer von Amts wegen, oder auf Verlangen des Verletzten
nach dem Strafgesetze verfahren werden kann.
§. 949. Der Undank
macht den Undankbaren für seine Person zum unredlichen Besitzer, und gibt
selbst dem Erben, des Verletzten, in so fern der letztere den Undank nicht
verziehen hat, und noch etwas von dem Geschenke in Natur oder Werthe vorhanden
ist, ein Recht zur Widerrufungsklage auch gegen den Erben des Verletzers.
3) Verkürzung des
schuldigen Unterhalts;
§. 950. Wer jemanden
den Unterhalt zu reichen schuldig ist, kann dessen Recht durch Beschenkung
eines Dritten nicht verletzen. Der auf solche Art Verkürzte ist befugt, den
Beschenkten um die Ergänzung desjenigen zu belangen, was ihm der Schenkende nun
nicht mehr zu leisten vermag. Bey mehrern Geschenknehmern ist die obige (§.
947.) Vorschrift anzuwenden.
4) des Pflichttheils;
§. 951. Wenn bei
Bestimmung des Pflichtteiles Schenkungen in Anschlag gebracht werden (§ 785),
der Nachlaß aber zu dessen Deckung nicht ausreicht, kann der verkürzte Noterbe
vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages
verlangen. Der Beschenkte kann die Herausgabe durch Zahlung des Fehlbetrages abwenden.
Ist der Beschenkte
selbst pflichtteilsberechtigt, so haftet er dem andern nur so weit, als er
infolge der Schenkung mehr als den ihm bei Einrechnung der Schenkungen
gebührenden Pflichtteil erhalten würde.
Unter mehreren Beschenkten
haftet der früher Beschenkte nur in dem Maße, als der später Beschenkte zur
Herausgabe nicht verpflichtet oder nicht imstande ist. Gleichzeitig Beschenkte
haften verhältnismäßig.
§. 952. Besitzt der
Beschenkte die geschenkte Sache oder ihren Werth nicht mehr; so haftet er nur
in so fern, als er sie unredlicher Weise aus dem Besitze gelassen hat.
5) der Gläubiger;
§. 953. Unter eben
dieser (§. 952.) Beschränkung können auch diejenigen Geschenke zurückgefordert
werden, wodurch die zur Zeit der Schenkung schon vorhandenen Gläubiger verkürzt
worden sind. Auf Gläubiger, deren Forderungen jünger sind, als die Schenkung,
erstreckt sich dieses Recht nur dann, wenn der Beschenkte eines hinterlistigen
Einverständnisses überwiesen werden kann.
6) wegen nachgeborner
Kinder.
§. 954. Dadurch, daß
einem kinderlosen Geschenkgeber nach geschlossenem Schenkungsvertrage Kinder
geboren werden, erwächst weder ihm, noch den nachgebornen Kindern das Recht,
die Schenkung zu widerrufen. Doch kann er, oder das nachgeborne Kind, im
Nothfalle sowohl gegen den Beschenkten, als gegen dessen Erben das oben
angeführte Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend
machen. (§. 947.)
Welche Schenkungen auf
die Erben nicht übergehen.
§. 955. Hat der
Geschenkgeber dem Beschenkten eine Unterstützung in gewissen Fristen
zugesichert, so erwächst für die Erben derselben weder ein Recht, noch eine
Verbindlichkeit; es müßte denn in dem Schenkungsvertrage ausdrücklich anders
bedungen worden seyn.
Schenkung auf den
Todesfall.
§. 956. Eine Schenkung,
deren Erfüllung erst nach dem Tode des Schenkenden erfolgen soll, ist mit
Beobachtung der vorgeschriebenen Förmlichkeiten als ein Vermächtniß gültig. Nur
dann ist sie als ein Vertrag anzusehen, wenn der Beschenkte sie angenommen, der
Schenkende sich des Befugnisses, sie zu widerrufen, ausdrücklich begeben hat,
und eine schriftliche Urkunde darüber dem Beschenkten eingehändiget worden ist.
Neunzehntes Hauptstück.
Von dem
Verwahrungsvertrage.
Verwahrungsvertrag.
§. 957. Wenn jemand
eine fremde Sache in seine Obsorge übernimmt; so entsteht ein
Verwahrungsvertrag. Das angenommene Versprechen, eine fremde, noch nicht
übergebene Sache in die Obsorge zu übernehmen, macht zwar den versprechenden
Theil verbindlich; es ist aber noch kein Verwahrungsvertrag.
§. 958. Durch den
Verwahrungsvertrag erwirbt der Uebernehmer weder Eigenthum, noch Besitz, noch
Gebrauchsrecht; er ist bloßer Inhaber mit der Pflicht, die ihm anvertraute
Sache vor Schaden zu sichern.
Wann er in einen
Darleihens- oder Leihvertrag;
§. 959. Wird dem
Verwahrer auf sein Verlangen, oder durch freywilliges Anerbiethen des
Hinterlegers der Gebrauch gestattet; so hört im ersten Falle der Vertrag gleich
nach der Verwilligung; im zweyten aber von dem Augenblicke, da das Anerbiethen
angenommen, oder von der hinterlegten Sache wirklich Gebrauch gemacht worden
ist, auf, ein Verwahrungsvertrag zu seyn; er wird bey verbrauchbaren Sachen in
einen Darleihens-, bey unverbrauchbaren in einen Leihvertrag umgeändert, und es
treten die damit verbundenen Rechte und Pflichten ein.
oder in eine
Bevollmächtigung übergehe.
§. 960. Es können
bewegliche und unbewegliche Sachen in Obsorge gegeben werden. Wird aber dem
Uebernehmer zugleich ein anderes, auf die anvertraute Sache sich beziehendes,
Geschäft aufgetragen; so wird er als ein Gewalthaber angesehen.
Pflichten und Rechte
des Verwahrers;
§. 961. Die
Hauptpflicht des Verwahrers ist: die ihm anvertraute Sache durch die bestimmte
Zeit sorgfältig zu bewahren, und nach Verlauf derselben dem Hinterleger in eben
dem Zustande, in welchem er sie übernommen hat, und mit allem Zuwachse
zurückzustellen.
§. 962. Der Verwahrer
muß dem Hinterleger auf Verlangen die Sache auch noch vor Verlauf der Zeit
zurückstellen, und kann nur den Ersatz des ihm etwa verursachten Schadens
begehren. Er kann hingegen die ihm anvertraute Sache nicht früher zurückgeben;
es wäre denn, daß ein unvorhergesehener Umstand ihn außer Stand setzte, die
Sache mit Sicherheit oder ohne seinen eigenen Nachtheil zu verwahren.
§. 963. Ist die Verwahrungszeit
weder ausdrücklich bestimmt worden, noch sonst aus Nebenumständen abzunehmen;
so kann die Verwahrung nach Belieben aufgekündet werden.
§. 964. Der Verwahrer
haftet dem Hinterleger für den aus der Unterlassung der pflichtmäßigen Obsorge
verursachten Schaden, aber nicht für den Zufall; selbst dann nicht, wenn er die
anvertraute, obschon kostbarere Sache, mit Aufopferung seiner eigenen hätte
retten können.
§. 965. Hat aber der
Verwahrer von der hinterlegten Sache Gebrauch gemacht; hat er sie ohne Noth und
ohne Erlaubniß des Hinterlegers einem Dritten in Verwahrung gegeben; oder die
Zurückstellung verzögert, und die Sache leidet einen Schaden, welchem sie bey
dem Hinterleger nicht ausgesetzt gewesen wäre; so kann er keinen Zufall
vorschützen, und die Beschädigung wird ihm zugerechnet.
§. 966. Wenn Sachen
verschlossen oder versiegelt hinterlegt, und in der Folge das Schloß oder
Siegel verletzt worden; so ist der Hinterleger, wenn er eine Abgang behauptet,
zur Beschwörung seiner Schadens, in so fern derselbe nach seinem Stande,
Gewerbe, Vermögen und den übrigen Umständen wahrscheinlich ist, nach Vorschrift
der Gerichtsordnung zuzulassen; es wäre denn, daß der Verwahrer beweisen
könnte, daß die Verletzung des Schlosses oder Siegels ohne sein Verschulden geschehen
sey. Das Nähmliche hat auch dann zu gelten, wenn sämmtliche auf solche Art
hinterlegte Sachen in Verlust gerathen sind.
und des Hinterlegers.
§. 967. Der Hinterleger
ist verpflichtet, dem Verwahrer den schuldbarer Weise zugefügten Schaden, und die
zur Erhaltung der verwahrten Sache, oder zur Vermehrung der fortdauernden
Nutzungen verwendeten Kosten zu ersetzen. Hat der Verwahrer im Nothfalle, um
das hinterlegte Gut zu retten, seine eigenen Sachen aufgeopfert; so kann er
einen angemessenen Ersatz fordern. Die wechselseitigen Forderungen des
Verwahrers und Hinterlegers einer beweglichen Sache können aber nur binnen
dreyßig Tagen von Zeit der Zurückstellung angebracht werden.
Sequester.
§. 968. Wird eine in
Anspruch genommene Sache von den streitenden Parteyen oder vom Gerichte
jemanden in Verwahrung gegeben; so heißt der Verwahrer, Sequester. Die Rechte
und Verbindlichkeiten des Sequesters werden nach den hier festgesetzten
Grundsätzen beurtheilt.
Ob dem Verwahrer ein
Lohn gebühre.
§. 969. Ein Lohn kann
für die Aufbewahrung nur dann gefordert werden, wenn er ausdrücklich, oder nach
dem Stande des Aufbewahrers stillschweigend bedungen worden ist.
Gastaufnahme
§. 970. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, haften als Verwahrer für die von den aufgenommenen Gästen
eingebrachten Sache, sofern sie nicht beweisen, daß der Schaden weder durch sie
oder einen ihrer Leute verschuldet noch durch fremde, in dem Hause aus- und
eingehende Personen verursacht ist. Hat bei der Entstehung des Schadens ein
Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hat der Richter nach den Umständen
zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebührt.
Als eingebracht gelten
die Sachen, die dem Wirte oder einem seiner Leute übergeben oder an einen von
diesen angewiesenen oder hierzu bestimmten Ort gebracht sind. Ebenso haften
Unternehmer, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrzeuge und die auf diesen befindlichen Sachen.
Den Wirten werden
gleichgehalten die Besitzer von Badeanstalten in Rücksicht auf die
üblicherweise eingebrachten Sachen der Badegäste. 4
§. 970a. Ablehnung der
Haftung durch Anschlag ist ohne rechtliche Wirkung. Für Kostbarkeiten, Geld und
Wertpapiere haftet der Gastwirt nur bis zum Betrage von 20.000 Kronen, es sei denn,
daß er diese Sachen in Kenntnis ihrer Beschaffenheit zur Aufbewahrung
übernommen hat oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten
verschuldet ist.
§. 970b. Der
Ersatzanspruch aus der Gastaufnahme erlischt, wenn der Beschädigte nach
erlangter Kenntnis von dem Schaden nicht ohne Verzug dem Wirte die Anzeige
macht. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Sachen vom Wirte zur Aufbewahrung
übernommen waren.
§. 970c. Den im § 970
bezeichneten Personen steht das Recht zu, zur Sicherung ihrer Forderungen aus
der Beherbergung und Verpflegung sowie ihrer Auslagen für die Gäste die
eingebrachten Sachen zurückzuhalten.
Zwanzigstes Hauptstück.
Von dem Leihvertrage.
Leihvertrag.
§. 971. Wenn jemanden
eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeldlichen Gebrauch auf eine bestimmte
Zeit übergeben wird; so entsteht ein Leihvertrag. Der Vertrag, wodurch man
jemanden eine Sache zu leihen verspricht, ohne sie zu übergeben, ist zwar
verbindlich, aber noch kein Leihvertrag.
Rechte und Pflichten
des Entlehners:
1) in Rücksicht des
Verbrauches;
§. 972. Der Entlehner
erwirbt das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der
Sache zu machen. Nach Verlauf der Zeit ist er verpflichtet, eben dieselbe Sache
zurückzustellen.
2) der Zurückstellung;
§. 973. Wenn keine Zeit
zur Zurückgabe festgesetzt, wohl aber die Absicht des Gebrauches bestimmt
worden ist; so ist der Entlehner verbunden, mit dem Gebrauche nicht zu zögern,
und die Sache so bald als möglich zurück zu geben.
§. 974. Hat man weder
die Dauer, noch die Absicht des Gebrauches bestimmt; so entsteht kein wahrer
Vertrag, sondern ein unverbindliches Bittleihen (Precarium), und der Verleiher
kann die entlehnte Sache nach Willkühr zurückfordern.
§. 975. Bey einem
Streite über die Dauer des Gebrauches muß der Entlehner das Recht auf den
längern Gebrauch beweisen.
§. 976. Wenn gleich die
verlehnte Sache vor Verlauf der Zeit und vor geendigtem Gebrauche dem Verleiher
selbst unentbehrlich wird; so hat er ohne ausdrückliche Verabredung doch kein
Recht, die Sache früher zurück zu nehmen.
§. 977. Der Entlehner
ist zwar in der Regel berechtiget, die entlehnte Sache auch vor der bestimmten
Zeit zurück zu geben: fällt aber die frühere Zurückgabe dem Verleiher
beschwerlich, so kann sie wider seinen Willen nicht Statt finden.
3) der Beschädigung;
§. 978. Wenn der
Entlehner die geliehene Sache anders gebraucht, als es bedungen war, oder den
Gebrauch derselben eigenmächtig einem Dritten gestattet; so ist er dem
Verleiher verantwortlich, und dieser auch berechtiget, die Sache sogleich
zurück zu fordern.
§. 979. Wird die
geliehene Sache beschädiget, oder zu Grunde gerichtet; so muß der Entlehner
nicht nur den zunächst durch sein Verschulden verursachten, sondern auch den
zufälligen Schaden, den er durch eine widerrechtliche Handlung veranlaßt hat,
so wie der Verwahrer einer Sache ersetzen. (§. 965.)
§. 980. Dadurch, daß
der Entlehner für ein verlornes Lehnstück den Werth erlegt, hat er noch kein
Recht, dasselbe, wenn es wieder gefunden wird, gegen den Willen des Eigenthümers
für sich zu behalten, wenn dieser bereit ist, den empfangenen Werth zurück zu
geben.
4) der
Erhaltungskosten.
§. 981. Die mit dem
Gebrauche ordentlicher Weise verbunden Kosten muß der Entlehner selbst
bestreiten. Die außerordentlichen Erhaltungskosten hat er zwar, dafern er die
Sache dem Verleiher nicht zur eigenen Besorgung überlassen kann oder will,
inzwischen vorzuschießen; doch werden sie ihm gleich einem redlichen Besitzer
vergütet.
Beschädigung der
wechselseitigen Klagen.
§. 982. Wenn der
Verleiher nach der Zurücknahme des Lehnstückes dessen Mißbrauch, oder
übertriebene Abnutzung innerhalb dreyßig Tagen nicht gerüget; oder, wenn der
Entlehner nach der Zurückgabe von den auf die Sache verwendeten
außerordentlichen Kosten binnen eben diesem Zeitraume keine Meldung gemacht
hat; so ist die Klage erloschen.
Ein u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem
Darleihensvertrage.
Darleihen.
§. 983. Wenn jemanden
verbrauchbare Sachen unter der Bedingung übergeben werden, daß er zwar
willkührlich darüber verfügen könne, aber nach einer gewissen Zeit eben so viel
von derselben Gattung und Güte zurück geben soll; so entsteht ein
Darleihensvertrag. Er ist mit dem, obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage
(§. 936), ein Darleihen künftig zu geben, nicht zu verwechseln.
Arten desselben.
§. 984. Ein Darleihen
wird entweder in Geld oder in anderen verbrauchbaren Sachen, und zwar ohne,
oder gegen Zinsen gegeben. Im letzteren Falle nennet man es auch einen
Zinsenvertrag.
Gelddarleihen.
§. 985. Ein
Gelddarleihen kann klingende Münze, oder Papiergeld, oder öffentliche
Schuldscheine (Obligationen) zum Gegenstande haben.
a) in klingender Münze,
oder Papiergeld;
§. 986. In wie fern ein
Darleihen in klingender Münze überhaupt geschlossen werden könne, und in
welcher Währung (Valuta) ein solches Darleihen, oder ein Darleihen in
Papiergeld zurück zu zahlen sey, bestimmen die darüber bestehenden besonderen
Vorschriften.
§. 987. Wenn ein
Darleiher sich die Zahlungen in der besonderen, von ihm gegebenen, Münz-Sorte
bedungen hat; so muß die Zahlung in eben dieser Münz-Sorte geleistet werden.
§. 988. Gesetzliche
Münzveränderungen ohne Veränderung des inneren Gehaltes gehen auf Rechnung des
Darleihers. Er empfängt die Zahlung in der bestimmten, gegebenen Münz-Sorte, z.
B. von 1000 Stücken kaiserlicher Ducaten, oder 3000 Zwanzig-Kreuzer Stücken
ohne Rücksicht, ob deren äußerer Werth in der Zwischenzeit erhöht oder
vermindert worden ist. Wird aber der innere Werth geändert; so ist die Zahlung
im Verhältniß zu dem inneren Werthe, den die gegebenen Münz-Sorte zur Zeit des
Darleihens hatte, zu leisten.
§. 989. Sind zur Zeit
der Rückzahlung dergleichen Münz-Sorten im Staate nicht im Umlaufe; so muß der
Schuldner den Gläubiger mit zunächst ähnlichen Geldstücken in solcher Zahl und
Art befriedigen, daß derselbe den zur Zeit des Darleihens bestandenen innern
Werth dessen, was er gegeben hat, erhalte.
b) in Schuldscheinen.
§. 990. In öffentlichen
Schuldscheinen können Darleihen in der Art gültig geschlossen werden, daß die
Tilgung der Schuld entweder mit einem durchaus gleichen öffentlichen
Schuldscheine, wie der dargeliehene war, geleistet, oder der Betrag nach dem
Werthe, welchen der Schuldschein zur Zeit des Darleihens hatte, zurückgezahlt
werde.
§. 991. Wenn statt
Geldes ein Privat-Schuldschein oder Waaren gegeben worden sind; so ist der
Schuldner nur verbunden, entweder den Schuldschein oder die empfangenen Waaren
unbeschädigt zurück zu stellen, oder dem Gläubiger den von diesem zu
erweisenden Schaden zu ersetzen.
c) Darleihen in anderen
verbrauchbaren Gegenständen.
§. 992. Bey Darleihen,
die nicht über Geld, sondern über andere verbrauchbare Gegenstände geschlossen
werden, macht es, dafern nur die Zurückstellung in der nähmlichen Gattung, Güte
und Menge bedungen worden, keinen Unterschied, wenn sie in der Zwischenzeit am
Werthe gestiegen oder gefallen sind.
Zinsen.
§. 993. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 994. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 995. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 996. (Anm.: Aufgehoben
durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 997. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 998. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 999. Zinsen von
Gelddarleihen sind in der nähmlichen Währung (Valuta), wie das Capital selbst zu
entrichten.
§. 1000. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
§. 1001. Damit ein
Schuldschein über einen Darleihensvertrag einen vollständigen Beweis mache,
müssen darin der eigentliche Darleiher oder Gläubiger sowohl, als der
eigentliche Anleiher oder Schuldner; der Gegenstand und Betrag des Darleihens;
und, wenn es in Geld gegeben wird, die Gattung desselben, wie auch alle auf die
Zahlung der Hauptschuld sowohl, als auf die etwa zu entrichtenden Zinsen sich
beziehende Bedingungen redlich und deutlich bestimmt werden. Die äußere, zur
Beweiskraft nöthige Form einer Schuldurkunde setzt die Gerichtsordnung fest.
Zwey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von der
Bevollmächtigung und andern Arten der Geschäftsführung.
Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1002. Der Vertrag,
wodurch jemand ein ihm aufgetragenes Geschäft im Nahmen des Andern zur
Besorgung übernimmt, heißt Bevollmächtigungsvertrag.
§. 1003. Personen,
welche zur Besorgung bestimmter Geschäfte öffentlich bestellt worden, sind
schuldig, über einen darauf sich beziehenden Auftrag ohne Zögerung gegen den
Auftragenden sich ausdrücklich zu erklären, ob sie denselben annehmen oder
nicht; widrigen Falls bleiben sie dem Auftragenden für den dadurch veranlaßten
Nachtheil verantwortlich.
Eintheilung der
Bevollmächtigung in eine unentgeldliche oder entgeldliche;
§. 1004. Wird für die
Besorgung eines fremden Geschäftes entweder ausdrücklich, oder nach dem Stande
des Geschäftsträgers auch nur stillschweigend eine Belohnung bedungen; so
gehört der Vertrag zu den entgeldlichen, außer dem aber zu den unentgeldlichen.
mündliche oder
schriftliche;
§. 1005.
Bevollmächtigungsverträge können mündlich oder schriftlich geschlossen werden.
Die von dem Gewaltgeber dem Gewalthaber hierüber ausgestellte Urkunde wird
Vollmacht genannt.
allgemeine oder
besondere;
§. 1006. Es gibt
allgemeine und besondere Vollmachten, je nachdem jemanden die Besorgung aller,
oder nur einiger Geschäfte anvertraut wird. Die besonderen Vollmachten können
bloß gerichtliche oder bloß außergerichtliche Geschäfte überhaupt; oder sie
können einzelne Angelegenheiten der einen oder andern Gattung zum Gegenstande
haben.
Unumschränkte, oder
beschränkte;
§. 1007. Vollmachten
werden entweder mit unumschränkter oder mit beschränkter Freyheit zu handeln
ertheilet. Durch die erstere wird der Gewalthaber berechtiget, das Geschäft
nach seinem besten Wissen und Gewissen zu leiten; durch die letztere aber
werden ihm die Gränzen, wie weit, und die Art, wie er dasselbe betreiben soll,
vorgeschrieben.
§. 1008. Folgende
Geschäfte: Wenn im Nahmen eines Andern Sachen veräußert, oder entgeldlich
übernommen; Anleihen oder Darleihen geschlossen; Geld oder Geldeswerth erhoben;
Processe anhängig gemacht; Eide aufgetragen, angenommen oder zurückgeschoben,
oder Vergleiche getroffen werden sollen, erfordern eine besondere, auf diese
Gattungen der Geschäfte lautende Vollmacht. Wenn aber eine Erbschaft unbedingt
angenommen oder ausgeschlagen; Gesellschaftsverträge errichtet; Schenkungen
gemacht; das Befugniß, einen Schiedsrichter zu wählen, eingeräumt, oder Rechte
unentgeldlich aufgegeben werden sollen; ist eine besondere, auf das einzelne
Geschäft ausgestellte Vollmacht nothwendig. Allgemeine, selbst unbeschränkte
Vollmachten sind in diesen Fällen nur hinreichend, wenn die Gattung des
Geschäftes in der Vollmacht ausgedrückt worden ist.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Gewalthabers;
§. 1009. Der
Gewalthaber ist verpflichtet, das Geschäft seinem Versprechen und der
erhaltenen Vollmacht gemäß, emsig und redlich zu besorgen, und allen aus dem
Geschäfte entspringenden Nutzen dem Machtgeber zu überlassen. Er ist, ob er
gleich eine beschränkte Vollmacht hat, berechtiget, alle Mittel anzuwenden, die
mit der Natur des Geschäftes nothwendig verbunden, oder der erklärten Absicht
des Machtgebers gemäß sind. Ueberschreitet er aber die Gränzen der Vollmacht;
so haftet er für die Folgen.
§. 1010. Trägt der
Gewalthaber das Geschäft ohne Noth einem Dritten auf; so haftet er ganz allein
für den Erfolg. Wird ihm aber die Bestellung eines Stellvertreters in der
Vollmacht ausdrücklich gestattet, oder durch die Umstände unvermeidlich; so
verantwortet er nur ein bey der Auswahl der Person begangenes Verschulden.
§. 1011. Wird mehrern
Bevollmächtigten zugleich ein Geschäft aufgetragen; so ist die Mitwirkung Aller
zur Gültigkeit des Geschäftes, und Verpflichtung des Machtgebers nothwendig;
wenn nicht ausdrücklich Einem oder Mehreren aus ihnen die volle Befugniß in der
Vollmacht ertheilt worden ist.
§. 1012. Der
Gewalthaber ist schuldig, dem Machtgeber den durch sein Verschulden verursachten
Schaden zu ersetzen, und die bey dem Geschäfte vorkommenden Rechnungen, so oft
dieser es verlangt, vorzulegen.
§. 1013. Gewalthaber
sind, außer dem im §. 1004. enthaltenen Falle, nicht befugt, ihrer Bemühung
wegen eine Belohnung zu fordern. Es ist ihnen nicht erlaubt, ohne Willen des
Machtgebers in Rücksicht auf die Geschäftsverwaltung von einem Dritten
Geschenke anzunehmen. Die erhaltenen werden zur Armen-Casse eingezogen.
des Gewaltgebers;
§. 1014. Der
Gewaltgeber ist verbunden, dem Gewalthaber allen zur Besorgung des Geschäftes
nothwendig oder nützlich gemachten Aufwand, selbst bey fehlgeschlagenem
Erfolge, zu ersetzen, und ihm auf Verlangen zur Bestreitung der baren Auslagen
auch einen angemessenen Vorschuß zu leisten; er muß ferner allen durch sein
Verschulden entstandenen, oder mit der Erfüllung des Auftrages verbundenen
Schaden vergüten.
§. 1015. Leidet der
Gewalthaber bey der Geschäftsführung nur zufälliger Weise Schaden; so kann er
in dem Falle, daß er das Geschäft unentgeldlich zu besorgen übernahm, einen
solchen Betrag fordern, welcher ihm bey einem entgeldlichen Vertrage zur
Vergütung der Bemühung nach dem höchsten Schätzungswerthe gebührt haben würde.
§. 1016. Ueberschreitet
der Gewalthaber die Gränzen seiner Vollmacht; so ist der Gewaltgeber nur in so
fern verbunden, als er das Geschäft genehmiget, oder den aus dem Geschäfte
entstandenen Vortheil sich zuwendet.
in Rücksicht eines
Dritten.
§. 1017. In so fern der
Gewalthaber nach dem Inhalte der Vollmacht den Gewaltgeber vorstellt, kann er
ihm Rechte erwerben und Verbindlichkeiten auflegen. Hat er also innerhalb der
Gränzen der offenen Vollmacht mit einem Dritten einen Vertrag geschlossen; so
kommen die dadurch gegründeten Rechte und Verbindlichkeiten dem Gewaltgeber und
dem Dritten; nicht aber dem Gewalthaber zu. Die dem Gewalthaber ertheilte
geheime Vollmacht hat auf die Rechte des Dritten keinen Einfluß.
§. 1018. Auch in dem
Falle, daß der Gewaltgeber einen solchen Gewalthaber, der sich selbst zu
verbinden unfähig ist, aufgestellt hat, sind die innerhalb der Gränzen der
Vollmacht geschlossenen Geschäfte sowohl für den Gewaltgeber, als für den
Dritten verbindlich.
§. 1019. (Anm.:
Aufgehoben durch § 108, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte Teilnovelle.)
Auflösung des Vertrages
durch den Widerruf.
§. 1020. Es steht dem
Machtgeber frey, die Vollmacht nach Belieben zu widerrufen; doch muß er dem
Gewalthaber nicht nur die in der Zwischenzeit gehabten Kosten und den sonst
erlittenen Schaden ersetzen; sondern auch einen der Bemühung angemessenen Theil
der Belohnung entrichten. Dieses findet auch dann Statt, wenn die Vollendung
des Geschäftes durch einen Zufall verhindert worden ist.
die Aufkündung;
§. 1021. Auch der
Machthaber kann die angenommene Vollmacht aufkünden. Wenn er sie aber vor
Vollendung des ihm insbesondere aufgetragenen, oder vermöge der allgemeinen
Vollmacht angefangenen Geschäftes aufkündet; so muß er, dafern nicht ein
unvorgesehenes und unvermeidliches Hinderniß eingetreten ist, allen daraus
entstandenen Schaden ersetzen.
den Tod.
§. 1022. In der Regel
wird die Vollmacht sowohl durch den Tod des Gewaltgebers, als des Gewalthabers
aufgehoben. Läßt sich aber das angefangene Geschäft ohne offenbaren Nachtheil
der Erben nicht unterbrechen, oder erstreckt sich die Vollmacht selbst auf den
Sterbefall des Gewaltgebers; so hat der Gewalthaber das Recht und die Pflicht,
das Geschäft zu vollenden.
§. 1023. Die von einem
Körper (Gemeinschaft) ausgestellten und übernommenen Vollmachten werden durch
die Erlöschung der Gemeinschaft aufgehoben.
oder Concurs.
§. 1024. Verfällt der
Machtgeber in Concurs; so sind alle Handlungen, die der Gewalthaber nach
Kundmachung des Concurses im Nahmen des Concurs-Schuldners unternommen hat,
ohne Rechtskraft. Eben so erklärt die Verhängung des Concurses über das
Vermögen des Machthabers schon an und für sich die ertheilte Vollmacht für
aufgehoben.
In wie fern die
Verbindlichkeit fortdauere.
§. 1025. Wird die
Vollmacht durch Widerruf, Aufkündung, oder durch den Tod des Gewaltgebers oder
Gewalthabers aufgehoben; so müssen doch die Geschäfte, welche keinen Aufschub
leiden, so lange fortgesetzt werden, bis von dem Machtgeber oder dessen Erben
eine andere Verfügung getroffen worden ist, oder füglich getroffen werden konnte.
§. 1026. Auch bleiben
die mit einem Dritten, dem die Aufhebung der Vollmacht ohne sein Verschulden
unbekannt war, geschlossenen Verträge verbindlich, und der Gewaltgeber kann
sich nur bey dem Gewalthaber, der die Aufhebung verschwiegen hat, wegen seines
Schadens erhohlen.
Stillschweigende
Bevollmächtigung der Dienstpersonen.
§. 1027. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Vorschriften haben auch ihre Anwendung auf die
Eigenthümer einer Handlung, eines Schiffes, Kaufladens oder andern Gewerbes,
welche die Verwaltung einem Factor, Schiffer, Ladendiener oder andern
Geschäftsträgern anvertrauen.
§. 1028. Die Rechte
solcher Geschäftsführer sind vorzüglich aus der Urkunde ihrer Bestellung,
dergleichen unter Handelsleuten das ordentlich kundgemachte Befugniß der
Unterzeichnung (Firma) ist, zu beurtheilen.
§. 1029. Ist die
Vollmacht nicht schriftlich gegeben worden; so wird ihr Umfang aus dem
Gegenstande, und aus der Natur des Geschäftes beurtheilet. Wer einem Andern
eine Verwaltung anvertraut hat, von dem wird vermuthet, daß er ihm auch die
Macht eingeräumt habe, alles dasjenige zu thun, was die Verwaltung selbst
erfordert und was gewöhnlich damit verbunden ist. (§. 1009.)
§. 1030. Gestattet der
Eigenthümer einer Handlung, oder eines Gewerbes seinem Diener oder Lehrlinge,
Waaren im Laden oder außer demselben zu verkaufen; so wird vermuthet, daß sie
bevollmächtigt seyn, die Bezahlung zu empfangen, und Quittungen dagegen
auszustellen.
§. 1031. Die Vollmacht,
Waaren im Nahmen des Eigenthümers zu verkaufen, erstreckt sich aber nicht auf
das Recht, in seinem Nahmen Waaren einzukaufen; auch dürfen Fuhrleute weder den
Werth der ihnen anvertrauten Güter beziehen, noch Geld darauf anleihen, wenn es
nicht ausdrücklich in Frachtbriefen bestimmt worden ist.
§. 1032. Dienstgeber
und Familienhäupter sind nicht verbunden, das, was von ihren Dienstpersonen
oder andern Hausgenossen in ihrem Nahmen auf Borg genommen wird, zu bezahlen.
Der Borger muß in solchen Fällen den gemachten Auftrag erweisen.
§. 1033. Besteht aber
zwischen dem Borgnehmer und dem Borggeber ein ordentliches Einschreibebuch,
worin die ausgeborgten Sachen aufgezeichnet werden; so gilt die Vermuthung, daß
der Ueberbringer dieses Buches bevollmächtiget sey, die Waare auf Borg zu
nehmen.
Gerichtliche und
gesetzliche Bevollmächtigung.
§. 1034. Das Recht der
Vormünder und Curatoren, die Geschäfte ihrer Pflegebefohlenen zu verwalten,
gründet sich auf die Anordnung des Gerichtes, von welchem sie bestellet sind.
Dem Vater und dem Ehemanne wird das Befugniß zur Vertretung des Kindes und der
Gattinn von dem Gesetze eingeräumt. Hierüber sind die Vorschriften an den
gehörigen Orten enthalten.
Geschäftsführung ohne
Auftrag;
§. 1035. Wer weder
durch ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag, noch vom Gerichte, noch
aus dem Gesetze das Befugniß erhalten hat, darf der Regel nach sich in das
Geschäft eines Andern nicht mengen. Hätte er sich dessen angemaßt; so ist er
für alle Folgen verantwortlich.
im Nothfalle;
§. 1036. Wer, obgleich unberufen,
ein fremdes Geschäft zur Abwendung eines bevorstehenden Schadens besorgt, dem
ist derjenige, dessen Geschäft er besorgt hat, den nothwendigen und zweckmäßig
gemachten Aufwand zu ersetzen schuldig; wenn gleich die Bemühung ohne
Verschulden fruchtlos geblieben ist. (§. 403.)
oder zum Nutzen des
Andern;
§. 1037. Wer fremde
Geschäfte bloß, um den Nutzen des Andern zu befördern, übernehmen will, soll
sich um dessen Einwilligung bewerben. Hat der Geschäftsführer zwar diese
Vorschrift unterlassen, aber das Geschäft auf seine Kosten zu des Andern
klarem, überwiegenden Vortheile geführet; so müssen ihm von diesem die darauf
verwendeten Kosten ersetzt werden.
§. 1038. Ist aber der
überwiegende Vortheil nicht klar; oder hat der Geschäftsführer eigenmächtig so
wichtige Veränderungen in einer fremden Sache vorgenommen, daß die Sache dem
Andern zu dem Zwecke, wozu er sie bisher benützte, unbrauchbar wird, so ist
dieser zu keinem Ersatze verbunden; er kann vielmehr verlangen, daß der
Geschäftsführer auf eigene Kosten die Sache in den vorigen Stand zurücksetze,
oder, wenn das nicht möglich ist, ihm volle Genugthuung leiste.
§. 1039. Wer ein
fremdes Geschäft ohne Auftrag auf sich genommen hat, muß es bis zur Vollendung
fortsetzen, und gleich einem Bevollmächtigten genaue Rechnung darüber ablegen.
gegen den Willen des
Andern.
§. 1040. Wenn jemand
gegen den gültig erklärten Willen des Eigenthümers sich eines fremden
Geschäftes anmasset, oder den rechtmäßigen Bevollmächtigten durch eine solche
Einmengung an der Besorgung des Geschäftes verhindert; so verantwortet er nicht
nur den hieraus erwachsenen Schaden und entgangenen Gewinn, sondern er verliert
auch den gemachten Aufwand, in so fern er nicht in Natur zurück genommen werden
kann.
Verwendung einer Sache
zum Nutzen des Andern.
§. 1041. Wenn ohne
Geschäftsführung eine Sache zum Nutzen eines Anderen verwendet worden ist; kann
der Eigenthümer sie in Natur, oder, wenn dieß nicht mehr geschehen kann, den
Werth verlangen, den sie zur Zeit der Verwendung gehabt hat, obgleich der
Nutzen in der Folge vereitelt worden ist.
§. 1042. Wer für einen
Andern einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetze selbst hätte machen
müssen, hat das Recht, den Ersatz zu fordern.
§. 1043. Hat jemand in
einem Nothfalle, um einen größern Schaden von sich und Andern abzuwenden, sein
Eigenthum aufgeopfert; so müssen ihn Alle, welche daraus Vortheil zogen,
verhältnißmäßig entschädigen. Die ausführlichere Anwendung dieser Vorschrift
auf Seegefahren ist ein Gegenstand der Seegesetze.
§. 1044. Die Vertheilung
der Kriegsschäden wird nach besondern Vorschriften von den politischen Behörden
bestimmt.
Drey u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Tauschvertrage.
Tausch.
§. 1045. Der Tausch ist
ein Vertrag, wodurch eine Sache gegen eine andere Sache überlassen wird. Die
wirkliche Uebergabe ist nicht zur Errichtung; sondern nur zur Erfüllung des
Tauschvertrages, und zur Erwerbung des Eigenthumes nothwendig.
§. 1046. Das Geld ist
kein Gegenstand des Tauschvertrages; doch lassen sich Gold und Silber als eine
Waare und selbst als Münz-Sorten in so weit vertauschen, als sie nur gegen
andere Münz-Sorten, goldene nähmlich gegen silberne, kleinere gegen größere
Stücke verwechselt werden sollen.
Rechte und Pflichten
der Tauschenden
§. 1047. Tauschende
sind vermöge des Vertrages verpflichtet, die vertauschten Sachen der
Verabredung gemäß mit ihren Bestandteilen und mit allem Zugehör zu rechter
Zeit, am gehörigen Ort und in eben dem Zustand, in welchem sie sich bei
Schließung des Vertrages befunden haben, zum freien Besitze zu übergeben und zu
übernehmen.
insbesondere in
Rücksicht der Gefahr
§. 1048. Ist keine Zeit
bedungen, zu welcher die Uebergabe geschehen soll, und wird in der Zwischenzeit
entweder die vertauschte bestimmte Sache durch Verboth außer Verkehr gesetzt,
oder zufälliger Weise ganz, oder doch über die Hälfte am Werthe zu Grunde
gerichtet, so ist der Tausch für nicht geschlossen anzusehen.
§. 1049. Andere in
dieser Zwischenzeit durch Zufall erfolgte Verschlimmerungen der Sache und
Lasten gehen auf die Rechnung des Besitzers. Sind jedoch Sachen in Pausch und
Bogen behandelt worden; so trägt der Uebernehmer den zufälligen Untergang
einzelner Stücke, wenn anders hierdurch das Ganze nicht über die Hälfte am
Werthe verändert worden ist.
und der Nutzungen vor
der Uebergabe.
§. 1050. Dem Besitzer
gebühren die Nutzungen der vertauschten Sache bis zur bedungenen Zeit der
Uebergabe. Von dieser Zeit an gebühren sie, sammt dem Zuwachse, dem
Uebernehmer, obgleich die Sache noch nicht übergeben worden ist.
§. 1051. Ist keine Zeit
zur Uebergabe der bestimmten Sache bedungen, und fällt keinem Theile ein
Versehen zur Last; so sind die obigen Vorschriften wegen Gefahr und Nutzungen
(§§. 1048-1050) auf den Zeitpunct der Uebergabe selbst anzuwenden; in so fern
die Parteyen nicht etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1052. Wer auf die
Übergabe dringen will, muß seine Verbindlichkeit erfüllt haben oder sie zu
erfüllen bereit sein. Auch der zur Vorausleistung Verpflichtete kann seine
Leistung bis zur Bewirkung oder Sicherstellung der Gegenleistung verweigern,
wenn diese durch schlechte Vermögensverhältnisse des anderen Teiles gefährdet
ist, die ihm zur Zeit des Vertragsabschlusses nicht bekannt sein mußten.
Vier u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von dem Kaufvertrage.
Kaufvertrag.
§. 1053. Durch den Kaufvertrag
wird eine Sache um eine bestimmte Summe Geldes einem Andern überlassen. Er
gehört, wie der Tausch zu den Titeln ein Eigenthum zu erwerben. Die Erwerbung
erfolgt erst durch die Uebergabe des Kaufgegenstandes. Bis zur Uebergabe behält
der Verkäufer das Eigenthumsrecht.
Erfordernisse des
Kaufvertrages.
§. 1054. Wie die
Einwilligung des Käufers und Verkäufers beschaffen seyn müssen, und welche
Sache gekauft und verkauft werden dürfen, dieses wird nach den Regeln des
Verträge überhaupt bestimmt. Der Kaufpreis muß im baren Gelde bestehen, und
darf weder unbestimmt, noch gesetzwidrig seyn.
Der Kaufpreis muß
a) im baren Gelde
bestehen;
§. 1055. Wird eine
Sache theils gegen Geld; theils gegen eine andere Sache veräußert; so wird der
Vertrag, je nachdem der Werth am Gelde mehr oder weniger, als der gemeine Werth
der gegebenen Sache beträgt, zum Kaufe oder Tausche, und bey gleichem Werthe
der Sache, zum Kaufe gerechnet.
b) bestimmt;
§. 1056. Käufer und
Verkäufer können die Festsetzung des Preises auch einer dritten bestimmten
Person überlassen. Wird von dieser in dem bedungenen Zeitraume nichts
festgesetzt; oder will im Falle, daß kein Zeitraum bedungen worden ist, ein
Theil vor der Bestimmung des Preises zurücktreten; so wird der Kaufvertrag als
nicht geschlossen angesehen.
§. 1057. Wird die
Bestimmung des Preises mehreren Personen überlassen, so entscheidet die
Mehrheit der Stimmen. Fallen die Stimmen so verschieden aus, daß der Preis
nicht einmahl durch wirkliche Mehrheit der Stimmen festgesetzt wird; so ist der
Kauf für nicht eingegangen zu achten.
§. 1058. Auch der
Werth, welcher bey einer frühern Veräußerung bedungen worden ist, kann zur
Bestimmung des Preises dienen. Hat man den ordentlichen Marktpreis zum Grunde
gelegt, so wird der mittlere Marktpreis des Ortes und der Zeit, wo und in
welcher der Vertrag erfüllet werden muß, angenommen.
c) nicht gesetzwidrig
seyn.
§. 1059. Wenn für
Waaren eine Taxe besteht, so ist der höhere Preis gesetzwidrig, und der Käufer
kann für jede noch so geringe Verletzung die Schadloshaltung bey der
politischen Behörde fordern.
§. 1060. Außer diesem
Falle kann der Kauf sowohl von dem Käufer als Verkäufer nur wegen Verletzung
über die Hälfte bestritten werden (§§. 934-935). Diese Beschwerde findet auch
dann Statt, wenn der Ausspruch des Kaufpreises einem Dritten überlassen worden
ist.
Pflichten des
Verkäufers,
§. 1061. Der Verkäufer
ist schuldig, die Sache bis zur Zeit der Uebergabe sorgfältig zu verwahren und
sie dem Käufer nach eben den Vorschriften zu übergeben, welche oben bey dem
Tausche (§. 1047) aufgestellt worden sind.
und des Käufers.
§. 1062. Der Käufer
hingegen ist verbunden, die Sache sogleich, oder zur bedungenen Zeit zu
übernehmen, zugleich aber auch das Kaufgeld bar abzuführen; widrigen Falls ist
der Verkäufer ihm die Uebergabe der Sache zu verweigern berechtiget.
§. 1063. Wird die Sache
dem Käufer von dem Verkäufer ohne das Kaufgeld zu erhalten, übergeben; so ist
die Sache auf Borg verkauft, und das Eigenthum derselben geht gleich auf den
Käufer über.
Gefahr und Nutzen des
Kaufgegenstandes.
§. 1064. In Rücksicht
der Gefahr und Nutzungen einer zwar gekauften, aber noch nicht übergebenen
Sache gelten die nähmlichen Vorschriften, die bey dem Tauschvertrage gegeben
worden sind. (§§. 1048-1051.)
Kauf einer gehofften
Sache.
§. 1065. Wenn Sachen,
die noch zu erwarten stehen, gekauft werden; so sind die in dem Hauptstücke von
gewagten Geschäften gegebenen Anordnungen anzuwenden.
Allgemeine Vorschrift.
§. 1066. In allen bey
einem Kaufvertrag vorkommenden Fällen, welche in dem Gesetze nicht ausdrücklich
entschieden werden, sind die in den Hauptstücken von Verträgen überhaupt, und
von dem Tauschvertrage insbesondere aufgestellten Vorschriften anzuwenden.
Besondere Arten oder
Nebenverträge eines Kaufvertrages.
§. 1067. Besondere Arten
oder Nebenverträge eines Kaufvertrages sind: der Vorbehalt des Wiederkaufes,
des Rückverkaufes, des Vorkaufes; der Verkauf auf die Probe; der Verkauf mit
Vorbehalt eines bessern Käufers; und der Verkaufsauftrag.
Verkauf mit Vorbehalt
des Wiederkaufes.
§. 1068. Das Recht eine
verkaufte Sache wieder einzulösen, heißt das Recht des Wiederkaufes. Ist dieses
Recht dem Verkäufer überhaupt und ohne nähere Bestimmung eingeräumt, so wird
von einer Seite das Kaufstück in einem nicht verschlimmerten Zustande; von der
andern Seite aber das erlegte Kaufgeld zurück gegeben, und die inzwischen
beyderseits aus dem Gelde und der Sache gezogenen Nutzungen bleiben gegen
einander aufgehoben.
§. 1069. Hat der Käufer
das Kaufstück aus dem Seinigen verbessert; oder zu dessen Erhaltung
außerordentliche Kosten verwendet, so gebührt ihm gleich einem redlichen
Besitzer der Ersatz; er haftet aber auch dafür, wenn durch sein Verschulden der
Werth verändert, oder die Zurückgabe vereitelt worden ist.
§. 1070. Der Vorbehalt
des Wiederkaufes findet nur bei unbeweglichen Sachen statt und gebührt dem
Verkäufer nur für seine Lebenszeit. Er kann sein Recht weder auf die Erben noch
auf einen anderen übertragen. Ist das Recht in die öffentlichen Bücher
einverleibt, so kann die Sache auch einem Dritten abgefordert werden und dieser
wird nach Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf mit Vorbehalt des
Rückverkaufes.
§. 1071. Den nähmlichen
Beschränkungen unterliegt das von dem Käufer ausbedungene Recht, die Sache dem
Verkäufer wieder zurück zu verkaufen; und es sind auf dasselbe die für den
Wiederkauf ertheilten Vorschriften anzuwenden. Ist aber die Bedingung des
Wiederverkaufs oder Wiederkaufs verstellt, und eigentlich, um ein Pfandrecht
oder ein Borggeschäft zu verbergen, gebraucht worden, so tritt die Vorschrift
des §. 916 ein.
Vorbehalt des
Vorkaufsrechtes.
§. 1072. Wer eine Sache
mit der Bedingung verkauft, daß der Käufer, wenn er solche wieder verkaufen
will, ihm die Einlösung anbiethen soll, der hat das Vorkaufsrecht.
§. 1073. Das
Vorkaufsrecht ist in der Regel ein persönliches Recht. In Rücksicht auf
unbewegliche Güter kann es durch Eintragung in die öffentlichen Bücher in ein
dingliches verwandelt werden.
§. 1074. Auch kann das
Vorkaufsrecht weder einem Dritten abgetreten, noch auf die Erben des
Berechtigten übertragen werden.
§. 1075. Der
Berechtigte muß bewegliche Sachen binnen vier und zwanzig Stunden; unbewegliche
aber binnen dreyßig Tagen, nach der geschehenen Anbiethung, wirklich einlösen.
Nach Verlauf dieser Zeit ist das Vorkaufsrecht erloschen.
§. 1076. Das
Vorkaufsrecht hat im Falle einer gerichtlichen Feilbiethung der mit diesem
Rechte belasteten Sache keine andere Wirkung, als daß der den öffentlichen
Büchern einverleibte Berechtigte zur Feilbiethung insbesondere vorgeladen
werden muß.
§. 1077. Der zur
Einlösung Berechtigte muß außer dem Falle einer andern Verabredung, den
vollständigen Preis, welcher von einem Dritten angebothen worden ist,
entrichten. Kann er die außer dem gewöhnlichen Kaufpreise angebothenen
Nebenbedingungen nicht erfüllen, und lassen sie sich auch durch einen
Schätzungswerth nicht ausgleichen; so kann das Vorkaufsrecht nicht ausgeübt
werden.
§. 1078. Das
Vorkaufsrecht läßt sich auf andere Veräußerungsarten ohne eine besondere Verabredung
nicht ausdehnen.
§. 1079. Hat der
Besitzer dem Berechtigten die Einlösung nicht angebothen, so muß er ihm für
allen Schaden haften. Im Falle eines dinglichen Vorkaufsrechtes kann die
veräußerte Sache dem Dritten abgefordert werden, und dieser wird nach
Beschaffenheit seines redlichen oder unredlichen Besitzes behandelt.
Kauf auf die Probe.
§. 1080. Der Kauf auf
Probe ist unter der im Belieben des Käufers stehenden Bedingung geschlossen,
daß er die Ware genehmige. Die Bedingung ist im Zweifel eine aufschiebende; der
Käufer ist vor der Genehmigung an den Kauf nicht gebunden, der Verkäufer hört
auf, gebunden zu sein, wenn der Käufer bis zum Ablaufe der Probezeit nicht
genehmigt.
§. 1081. Ist die Sache
zum Zwecke der Besichtigung oder Probe bereits übergeben, so gilt
Stillschweigen des Käufers bis nach Ablauf der Probezeit als Genehmigung.
§. 1082. Ist die
Probezeit durch Verabredung nicht bestimmt worden, so wird sie bey beweglichen
Sachen auf drey Tage; bey unbeweglichen aber auf Ein Jahr angenommen.
Verkauf mit Vorbehalt
eines bessern Käufers.
§. 1083. Wird das
Kaufgeschäft mit dem Vorbehalte verabredet, daß der Verkäufer, wenn sich binnen
einer bestimmten Zeit ein besserer Käufer meldet, denselben vorzuziehen befugt
sey; so bleibt in dem Falle, daß das Kaufstück nicht übergeben worden, die
Wirklichkeit des Vertrages bis zum Eintritte der Bedingung aufgeschoben.
§. 1084. Ist das
Kaufstück übergeben worden, so ist der Kaufvertrag abgeschlossen; er wird aber
durch den Eintritt der Bedingung wieder aufgelöset. Bey dem Mangel einer
ausdrücklichen Zeitbestimmung wird der bey dem Kaufe auf die Probe angenommene
Zeitraum vermuthet.
§. 1085. Ob der neue
Käufer besser sey, beurtheilet der Verkäufer. Er kann den zweyten Käufer, wenn
der erste auch noch mehr zahlen wollte, vorziehen. Bey der Auflösung des
Vertrages heben sich die Nutzungen der Sache und des Geldes gegen einander auf.
In Rücksicht der Verbesserungen oder Verschlimmerungen wird der Käufer gleich
einem redlichen Besitzer behandelt.
Verkaufsauftrag.
§. 1086. Wenn jemand
seine bewegliche Sache einem Andern für einen gewissen Preis zum Verkaufe
übergibt, mit der Bedingung, daß ihm der Uebernehmer binnen einer festgesetzten
Zeit entweder das bestimmte Kaufgeld liefern oder die Sache zurückstellen soll;
so ist der Uebergeber vor Verlauf der Zeit die Sache zurück zu fordern nicht
berechtiget; der Uebernehmer aber muß nach deren Ablauf das bestimmte Kaufgeld
entrichten.
§. 1087. Während der festgesetzten Zeit bleibt der Uebergeber
Eigenthümer. Der Uebernehmer haftet ihm für den durch sein Verschulden
verursachten Schaden, und es werden ihm bey Zurückstellung der Sache nur solche
Kosten vergütet, die dem Uebergeber zum Nutzen gereichen.
§. 1088. Ist die Sache unbeweglich; oder ist der Preis, oder die
Zahlungsfrist nicht bestimmt; so wird der Uebernehmer wie ein Gewalthaber
angesehen. In keinem Falle kann die zum Verkaufe anvertraute Sache dem Dritten,
welcher sie von dem Uebernehmer redlicher Weise an sich gebracht hat,
abgefordert werden. (§. 367.)
§. 1089. Auch bey gerichtlichen Verkäufen finden die über Verträge, und
den Tausch- und Kaufvertrag insbesondere aufgestellten Vorschriften in der
Regel Statt; in so fern nicht in diesem Gesetze, oder in der Gerichtsordnung
eigene Anordnungen enthalten sind.
Fünf u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Bestand- Erbpacht-
und Erbzins-Verträgen.
Bestandvertrag.
§. 1090. Der Vertrag,
wodurch jemand den Gebrauch einer unverbrauchbaren Sache auf eine gewisse Zeit
und gegen einen bestimmten Preis erhält, heißt überhaupt Bestandvertrag.
I.) Mieth- und
Pachtvertrag.
§. 1091. Der
Bestandvertrag wird, wenn sich die in Bestand gegebene Sache ohne weitere
Bearbeitung gebrauchen läßt, ein Miethvertrag; wenn sie aber nur durch Fleiß
und Mühe benützt werden kann, ein Pachtvertrag genannt. Werden durch einen
Vertrag Sachen von der ersten und zweyten Art zugleich in Bestand gegeben; so
ist der Vertrag nach der Beschaffenheit der Hauptsache zu beurtheilen.
Erfordernisse.
§. 1092. Mieth- und
Pachtverträge können über die nähmlichen Gegenstände und auf die nähmliche Art,
als der Kaufvertrag geschlossen werden. Der Mieth- und Pachtzins wird, wenn
keine andere Uebereinkunft getroffen worden ist, wie das Kaufgeld entrichtet.
§. 1093. Der
Eigenthümer kann sowohl seine beweglichen und unbeweglichen Sachen, als seine
Rechte in Bestand geben; er kann aber auch in den Fall kommen, den Gebrauch
seiner eigenen Sache, wenn er einem Dritten gebührt, in Bestand zu nehmen.
Wirkung.
§. 1094. Sind die
vertragschließenden Theile über das Wesentliche des Bestandes, nähmlich über
die Sache und den Preis, übereingekommen; so ist der Vertrag vollkommen
abgeschlossen, und der Gebrauch der Sache für gekauft anzusehen.
§. 1095. Wenn ein
Bestandvertrag in die öffentlichen Bücher eingetragen ist; so ist das Recht des
Bestandnehmers als ein dingliches Recht zu betrachten, welches sich auch der
nachfolgende Besitzer auf die noch übrige Zeit gefallen lassen muß.
Wechselseitige Rechte:
1) In Hinsicht auf
Ueberlassung, Erhaltung, Benützung.
§. 1096. Vermieter und
Verpächter sind verpflichtet, das Bestandstück auf eigene Kosten in brauchbarem
Stande zu übergeben und zu erhalten und die Bestandinhaber in dem bedungenen
Gebrauche oder Genusse nicht zu stören. Ist das Bestandstück bei der Übergabe
derart mangelhaft oder wird es während der Bestandzeit ohne Schuld des
Bestandnehmers derart mangelhaft, daß es zu dem bedungenen Gebrauche nicht
taugt, so ist der Bestandnehmer für die Dauer und in dem Maße der
Unbrauchbarkeit von der Entrichtung des Zinses befreit. Auf diese Befreiung kann
bei der Miete unbeweglicher Sachen im voraus nicht verzichtet werden.
Der Pächter hat die
gewöhnlichen Ausbesserungen der Wirtschaftsgebäude nur insoweit selbst zu
tragen, als sie mit den Materialien des Gutes und den Diensten, die er nach der
Beschaffenheit des Gutes zu fordern berechtigt ist, bestritten werden können.
§. 1097. Werden
Ausbesserungen nötig, welche dem Bestandgeber obliegen, so ist der
Bestandnehmer bei sonstigem Schadenersatz verpflichtet, dem Bestandgeber ohne
Verzug Anzeige zu machen. Der Bestandnehmer wird als ein Geschäftsführer ohne
Auftrag betrachtet, wenn er auf das Bestandstück einen dem Bestandgeber
obliegenden Aufwand (§ 1036) oder einen nützlichen Aufwand (§ 1037) gemacht
hat; er muß aber den Ersatz längstens binnen sechs Monaten nach Zurückstellung
des Bestandstückes gerichtlich fordern, sonst ist die Klage erloschen.
§. 1098. Mieter und
Pächter sind berechtiget, die Miet- und Pachtstücke dem Vertrage gemäß durch
die bestimmte Zeit zu gebrauchen und zu benützen, oder auch in Afterbestand zu
geben, wenn es ohne Nachteil des Eigentümers geschehen kann und im Vertrage
nicht ausdrücklich untersagt worden ist.
2) Lasten;
§. 1099. Bey
Vermiethungen trägt alle Lasten und Abgaben der Vermiether. Bey eigentlichen
Pachtungen, wenn sie in Pausch und Bogen geschehen, übernimmt der Pächter, mit
Ausschluß der eingetragenen Hypothecar-Lasten, alle übrige; wird aber die
Pachtung nach einem Anschlage geschlossen, so trägt er jene Lasten, welche von
dem Ertrage abgezogen worden sind, oder bloß von den Früchten, und nicht von
dem Grunde selbst entrichtet werden müssen.
3) Zins.
§. 1100. Ist nichts
anderes vereinbart oder ortsüblich, so ist der Zins, wenn eine Sache auf ein
oder mehrere Jahre in Bestand genommen wird, halbjährlich, bei einer kürzeren
Bestandzeit hingegen nach Verlauf derselben zu entrichten.
§. 1101. Zur
Sicherstellung des Bestandzinses hat der Vermieter einer unbeweglichen Sache
das Pfandrecht an den eingebrachten, dem Mieter oder seinen mit ihm in
gemeinschaftlichem Haushalte lebenden Familienmitgliedern gehörigen
Einrichtungsstücken und Fahrnissen, soweit sie nicht der Pfändung entzogen
sind. Das Pfandrecht erlischt, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen
Beschreibung entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen
Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein
Recht bei Gericht anmeldet.
Zieht der Mieter aus
oder werden Sachen verschleppt, ohne daß der Zins entrichtet oder
sichergestellt ist, so kann der Vermieter die Sachen auf eigene Gefahr
zurückbehalten, doch muß er binnen drei Tagen um die pfandweise Beschreibung
ansuchen oder die Sachen herausgeben.
Dem Verpächter eines
Grundstückes steht in gleichem Umfange und mit gleicher Wirkung das Pfandrecht
an dem auf dem Pachtgute vorhandenen Vieh und den Wirtschaftsgerätschaften und
den darauf noch befindlichen Früchten zu.
§. 1102. Der
Bestandgeber kann sich zwar die Vorausbezahlung des Bestandzinses bedingen. Hat
aber der Bestandnehmer mehr als eine Fristzahlung voraus geleistet, so kann er
dieselbe einem später eingetragenen Gläubiger oder neuen Eigentümer nur dann
entgegensetzen, wenn sie in dem öffentlichen Buch ersichtlich gemacht ist.
Zins in Früchten.
§. 1103. Wenn der
Eigenthümer sein Gut mit der Bedingung überläßt, daß der Uebernehmer die
Wirthschaft betreiben, und dem Uebergeber einen auf die ganze Nutzung sich
beziehenden Theil, z. B. ein Drittheil oder die Hälfte der Früchte geben solle;
so entsteht kein Pacht-, sondern ein Gesellschaftsvertrag, welcher nach den
darüber aufgestellten Regeln beurtheilet wird.
Fälle und Bedingungen
einer Erlassung des Zinses.
§. 1104. Wenn die in
Bestand genommene Sache wegen außerordentlicher Zufälle, als Feuer, Krieg oder Seuche,
großer Überschwemmungen, Wetterschläge, oder wegen gänzlichen Mißwachses gar
nicht gebraucht oder benutzt werden kann, so ist der Bestandgeber zur
Wiederherstellung nicht verpflichtet, doch ist auch kein Miet- oder Pachtzins
zu entrichten.
§. 1105. Behält der
Mieter trotz eines solchen Zufalls einen beschränkten Gebrauch des Mietstückes,
so wird ihm auch ein verhältnismäßiger Teil des Mietzinses erlassen. Dem
Pächter gebührt ein Erlaß an dem Pachtzinse, wenn durch außerordentliche
Zufälle die Nutzungen des nur auf ein Jahr gepachteten Gutes um mehr als die
Hälfte des gewöhnlichen Ertrages gefallen sind. Der Verpächter ist so viel zu
erlassen schuldig, als durch diesen Abfall an dem Pachtzinse mangelt.
§. 1106. Hat der
Bestandnehmer unbestimmt alle Gefahren auf sich genommen; so werden darunter
nur die Feuer-, Wasserschäden und Wetterschläge verstanden. Andere
außerordentliche Unglücksfälle kommen nicht auf seine Gefahr. Verbindet er sich
aber ausdrücklich, auch alle andere außerordentliche Unglücksfälle zu tragen;
so wird deßwegen noch nicht vermuthet, daß er auch für den zufälligen Untergang
des ganzen Pachtstückes haften wolle.
§. 1107. Wird der
Gebrauch oder Genuß des Bestandstückes nicht wegen dessen Beschädigung oder
sonst entstandener Unbrauchbarkeit, sondern aus einem dem Bestandnehmer
zugestoßenen Hindernisse oder Unglücksfalle vereitelt, oder waren zur Zeit der
Beschädigung die Früchte von dem Grunde schon abgesondert, so fällt die widrige
Ereignung dem Bestandnehmer allein zur Last. Er muß den Zins doch entrichten.
Der Bestandgeber muß sich aber den ersparten Aufwand und die Vorteile, die er
durch anderweitige Verwertung des Bestandstückes erlangt, anrechnen.
§. 1108. Behauptet der
Pächter den Erlaß des ganzen Pachtzinses oder eines Theiles davon entweder aus
dem Vertrage oder aus dem Gesetze; so muß er dem Verpächter ohne Zeitverlust
den geschehenen Unglücksfall anzeigen, und die Begebenheit, wenn sie nicht
landkundig ist, gerichtlich, oder wenigstens durch zwey sachkundige Männer
erheben lassen; ohne diese Vorsicht wird er nicht angehört.
4) Zurückstellung;
§. 1109. Nach
geendigtem Bestandvertrage muß der Bestandnehmer die Sache dem etwa errichteten
Inventarium gemäß oder doch in dem Zustand, in welchem er sie übernommen hat,
gepachtete Grundstücke aber mit Rücksicht auf die Jahreszeit, in welcher der
Pacht geendigt worden ist, in gewöhnlicher wirtschaftlicher Kultur
zurückstellen. Weder ein Zurückbehaltungsrecht oder die Einwendung der
Kompensation noch selbst des früheren Eigentumsrechtes kann ihn vor der
Zurückstellung schützen.
§. 1110. Wenn bey dem
Bestandvertrage kein Inventarium errichtet worden ist; so tritt die nähmliche
Vermuthung, wie bey der Fruchtnießung (§. 518) ein.
§. 1111. Wird das
Mieth- oder Pachtstück beschädiget, oder durch Mißbrauch abgenützt; so haften
Miether und Pächter sowohl für ihr eigenes, als des Afterbestandnehmers
Verschulden, nicht aber für den Zufall. Doch muß der Bestandgeber den Ersatz
aus dieser Haftung längstens binnen Einem Jahre nach Zurückstellung des Bestandstückes
gerichtlich fordern; sonst ist das Recht erloschen.
5) Auflösung des
Bestandvertrages:
a) durch Untergang der
Sache;
§. 1112. Der
Bestandvertrag löset sich von selbst auf, wenn die bestandene Sache zu Grunde
geht. Geschieht dieß aus Verschulden des einen Theiles, so gebührt dem andern
Ersatz; geschieht es durch einen Unglücksfall, so ist kein Theil dem andern
dafür verantwortlich.
b) Verlauf der Zeit;
§. 1113. Der
Bestandvertrag erlischt auch durch den Verlauf der Zeit, welcher ausdrücklich
oder stillschweigend, entweder durch den nach einem gewissen Zeitraume
ausgemessenen Zins, wie bey so genannten Tag- Wochen- und Monathzimmern, oder
durch die erklärte, oder aus dem Umständen hervorleuchtende Absicht des
Bestandnehmers bedungen worden ist.
wenn keine Erneuerung
geschieht;
§. 1114. Der
Bestandvertrag kann aber nicht nur ausdrücklich; sondern auch stillschweigend
erneuert werden. Ist in dem Vertrage eine vorläufige Aufkündigung bedungen
worden; so wird der Vertrag durch die Unterlassung der gehörigen Aufkündigung
stillschweigend erneuert. Ist keine Aufkündigung bedungen worden; so geschieht
eine stillschweigende Erneuerung, wenn der Bestandnehmer nach Verlauf der
Bestandzeit fortfährt, die Sache zu gebrauchen oder zu benützen, und der
Bestandgeber es dabey bewenden läßt.
§. 1115. Die
stillschweigende Erneuerung des Bestandvertrages geschieht unter den nähmlichen
Bedingungen, unter welchen er vorher geschlossen war. Doch erstreckt sie sich
bey Pachtung nur auf Ein Jahr; wenn aber der ordentliche Genuß erst in einem
spätern Zeitraume erfolgen kann, auf eine so lange Zeit als nothwendig ist, um
die Nutzungen einmahl beziehen zu können. Miethungen, wofür man den Zins erst
nach einem ganzen oder halben Jahre zu bezahlen pflegt, werden auf ein halbes
Jahr; alle kürzere Miethungen aber auf diejenige Zeit stillschweigend erneuert,
welche vorher durch den Bestandvertrag bestimmt war. Von wiederhohlten
Erneuerungen gilt das Nähmliche, was hier in Rücksicht der ersten Erneuerung
vorgeschrieben ist.
c) Aufkündigung;
§. 1116. In so fern die
Dauer eines Bestandvertrages weder ausdrücklich, noch stillschweigend, noch
durch besondere Vorschriften bestimmt ist, muß derjenige, welcher den Vertrag
aufheben will, dem Andern die Pachtung sechs Monathe; die Miethung einer unbeweglichen
Sache vierzehn Tage; und einer beweglichen vier und zwanzig Stunden vorher
aufkündigen, als die Abtretung erfolgen soll.
§. 1116a. Durch den Tod
eines der vertragschließenden Teile wird der Bestandvertrag nicht aufgeschoben.
Wohnungsmieten können jedoch, wenn der Mieter stirbt, ohne Rücksicht auf die
vereinbarte Dauer sowohl von den Erben des Mieters wie von dem Vermieter unter
Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1117. Der
Bestandnehmer ist berechtigt, auch vor Verlauf der bedungenen Zeit von dem
Vertrag ohne Kündigung abzustehen, wenn das Bestandstück in einem Zustand
übergeben oder ohne seine Schuld in einen Zustand geraten ist, der es zu dem
bedungenen Gebrauch untauglich macht, oder wenn ein beträchtlicher Teil durch
Zufall auf eine längere Zeit entzogen oder unbrauchbar wird. Aus dem Grunde der
Gesundheitsschädlichkeit gemieteter Wohnräume steht dieses Recht dem Mieter
auch dann zu, wenn er im Vertrage darauf verzichtet oder die Beschaffenheit der
Räume beim Vertragsabschluß gekannt hat.
§. 1118. Der
Bestandgeber kann seinerseits die frühere Aufhebung des Vertrages fordern, wenn
der Bestandnehmer der Sache einen erheblichen nachtheiligen Gebrauch davon
macht; wenn er nach geschehener Einmahnung mit der Bezahlung des Zinses
dergestalt säumig ist, daß er mit Ablauf des Termines den rückständigen
Bestandzins nicht vollständig entrichtet hat; oder, wenn ein vermiethetes
Gebäude neu aufgeführt werden muß. Eine nützlichere Bauführung ist der Miether
zu seinem Nachtheile zuzulassen nicht schuldig, wohl aber nothwendige
Ausbesserungen.
§. 1119. Wenn dem
Vermiether die Nothwendigkeit der neuen Bauführung schon zur Zeit des
geschlossenen Vertrages bekannt seyn mußte; oder, wenn die Nothwendigkeit der
durch längere Zeit fortzusetzenden Ausbesserungen aus Vernachlässigung der
kleinern Ausbesserungen entstanden ist; so muß dem Miether für den vermißten
Gebrauch eine angemessene Entschädigung geleistet werden.
d) Veräußerung der
Sache.
§. 1120. Hat der
Eigenthümer das Bestandstück an einen Andern veräußert, und ihm bereits
übergeben; so muß der Bestandinhaber, wenn sein Recht nicht in die öffentlichen
Bücher eingetragen ist (§. 1095), nach der gehörigen Aufkündigung dem neuen
Besitzer weichen. Er ist aber berechtiget, von dem Bestandgeber in Rücksicht
auf den erlittenen Schaden, und entgangenen Nutzen eine vollkommene Genugthuung
zu fordern.
§. 1121. Bei einer
zwangsweisen gerichtlichen Veräußerung ist das Bestandrecht, wenn es in die
öffentlichen Bücher eingetragen ist, gleich einer Dienstbarkeit zu behandeln.
Hat der Ersteher das Bestandrecht nicht zu übernehmen, so muß ihm der
Bestandnehmer nach gehöriger Aufkündigung weichen.
II. Erbpacht.
§. 1122. Der Vertrag,
wodurch jemanden das Nutzeigenthum eines Gutes erblich unter der Bedingung
überlassen wird, daß er die jährlichen Nutzungen mit einer jährlichen, im
Verhältnisse zu dem Ertrage bestimmten Abgabe im Gelde, in Früchten, oder auch
in verhältnißmäßigen Diensten vergelten solle, heißt ein Erbpachtvertrag.
III. Erbzinsvertrag.
§. 1123. Wird eine
geringe Abgabe von dem Besitzer nur zur Anerkennung des Grundeigenthumes
geleistet, so heißt der Grund ein Erbzinsgut und der darüber errichtete Vertrag
ein Erbzinsvertrag.
§. 1124 Im Zweifel, ob
ein Nutzeigenthum ein Erbpachtgut aber ein Erbzinsgut sey, ist auf den Betrag
des jährlichen Zinses, und andere Schuldigkeiten Rücksicht zu nehmen. Steht
dieser Betrag mit den jährlichen reinen Nutzungen außer allem Verhältnisse; so
ist das Nutzeigenthum ein Erbzinsgut; läßt sich aber wenigstens von alten
Zeiten her und bey ganz öde übernommenen Gründen ein Verhältniß denken; so ist
es ein Erbpachtgut. (§. 359.)
IV. Bodenzins.
§. 1125. Ist ein
Eigenthum dergestalt getheilt, daß einem Theile die Substanz des Grundes sammt
der Benützung der Unterfläche, dem andern Theile aber nur die Benützung der
Oberfläche erblich gehört; so heißt die jährliche von diesem letztern Besitzer
zu entrichtende Abgabe, Bodenzins.
Erwerbung des nutzbaren
Eigenthumes.
§. 1126. Das getheilte
Eigenthum einer unbeweglichen Sache kann eben so wenig, als das vollständige
ohne Einverleibung in die öffentlichen Bücher oder Register erworben werden.
Ein gültiger Titel gründet nur ein persönliches Recht gegen die verbundene
Person, aber kein dingliches Recht gegen einen Dritten. (§. 431.)
Gemeinschaftliche
Rechte des Ober- und Nutzungseigenthümers.
§. 1127. Die Rechte des
Ober- und Nutzungseigenthümers kommen überhaupt darin überein, daß ein Jeder
mit seinem Theile in so weit verfügen kann, als die Rechte des Andern dadurch
nicht verletzet werden. (§. 363.)
§. 1128. Einer wie der
andere ist berechtiget, seinen Antheil gerichtlich zu verfolgen, ihn zu
verpfänden, und unter Lebenden oder durch eine letzte Willenserklärung zu
veräußern. Wer eine Einschränkung behauptet, muß solche durch die gehörigen
Urkunden, durch so genannte Gewährbriefe oder Handfesten beweisen.
Besondere Rechte und
Pflichten des Obereigenthümers.
§. 1129. Der
Obereigenthümer ist insbesondere berechtigt, dem Nutzungseigenthümer nicht nur
die Verringerung der Nutzungssache; sondern auch alle Veränderungen zu
untersagen, wodurch die Ausübung seiner Rechte vereitelt oder erschwert werden
kann.
1) in Rücksicht der
Erhaltung, Bearbeitung und Veränderungen des Gutes.
§. 1130. Er kann also
verlangen, daß der Nutzungseigenthümer für die Erhaltung und Bestellung der
Grundstücke Sorge trage. Vernachlässiget er, ungeachtet der geschehenen
Warnung, die Erfüllung dieser Pflichten, oder ist er die auf dem Grunde
haftenden Lasten zu tragen unfähig; so kann der Obereigenthümer auf die Ueberlassung
des Gutes an andere Erbpacht- oder Erbzins-Männer dringen.
2) des Erbzinses.
§. 1131. Das
vorzüglichste Recht des Erbpacht- und Erbzinsherrn besteht in der Beziehung des
jährlichen Zinses und anderer bedungenen Gebühren. Diese können unter keinem
Vorwande erhöhet, von den zum Grunde nicht gehörigen Fahrnissen aber, so wie
von andern beweglichen Sachen, gar nicht bezogen werden.
Wann der Zins zu
entrichten.
§. 1132. Der jährliche
Zins muß, wenn nichts verabredet oder durch Provincial-Gesetze bestimmt ist, in
der ersten Hälfte des Monaths November abgeführt werden.
Wann eine Erlassung
Statt finde?
§. 1133. In der Regel
haftet ein unvollständiger Eigenthümer dem andern nicht für den Zufall: Allein,
wenn ein Erbpächter durch Ueberschwemmungen, Krieg oder Seuchen sein Pachtgut
zu benützen verhindert worden ist; so muß demselben für die Zeit der vermißten
Benützung ein angemessener Erlaß vom Zinse gestattet werden.
§. 1134 Ein Erbzinsmann
hat auf einen ähnlichen Erlaß keinen Anspruch; er muß, so lange ein Theil des
Erbzinsgutes vorhanden ist, den festgesetzten Erbzins voll entrichten.
Recht bey verzögerter
Entrichtung des Zinses.
§. 1135. Hat der
Erbzinsmann den Zins in der bedungenen Zeit nicht abgeführt; so kann der
Erbzinsherr verlangen, daß die Nutzung in Beschlag genommen, und er aus
derselben schadlos gehalten werde.
§. 1136. Ein
Erbpachtherr hat in Ansehung des über Ein Jahr ausständigen Zinses die Wahl,
entweder die Pfändung der Nutzungen, oder die gerichtliche Versteigerung des
Erbpachtgutes zur Berichtigung der Rückstände zu verlangen.
3) In Rücksicht der
Lasten und Verbesserungen.
§. 1137. Der
Obereigenthümer ist verpflichtet, den Nutzungseigenthümer in Rücksicht des
unmittelbar von ihm erhaltenen Nutzungseigenthumes zu vertreten, und wenn das Nutzungsrecht
mit der Substanz wieder vereiniget wird, ihm oder seinem Nachfolger die
getroffenen Verbesserungen wie einem andern redlichen Besitzer zu vergüten, und
für die Richtigkeit der öffentlichen Bücher und Register, die er über seine
Zinsgüter führet, zu haften.
§. 1138. Für andere von
dem Nutzungseigenthümer aufgebürdete und den öffentlichen Büchern nicht
einverleibte Lasten haftet der Obereigenthümer nicht. Der Nutzungseigenthümer
kann überhaupt einem Andern nicht mehr Recht übertragen, als er selbst hat. Das
Recht des Einen erlischt also mit dem Rechte des Andern.
Rechte und
Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers überhaupt.
§. 1139. Die Rechte und
Verbindlichkeiten des Nutzungseigenthümers stehen überhaupt mit den
festgesetzten Verbindlichkeiten und Rechten des Obereigenthümers im
Verhältnisse.
Insbesondere 1) in
Rücksicht der Veräußerung.
§. 1140. Der
Nutzungseigenthümer bedarf zur Veräußerung die Einwilligung des
Obereigenthümers nicht; doch muß er ihn dem Nachfolger zur Beurtheilung, ob derselbe
dem Gute vorzustehen, und die darauf haftenden Lasten zu entrichten fähig sey,
nahmhaft machen. Auf ein Vorkaufs- oder Einstandsrecht hat der Obereigenthümer
keinen Anspruch.
§. 1141. Hat sich aber
der Obereigenthümer diese Einwilligung und Rechte ausdrücklich vorbehalten; so
muß er sich binnen dreyßig Tagen nach der ihm gemachten ordentlichen Anzeige
erklären. Nach dieser Frist wird seine Einwilligung für ertheilt gehalten. Ohne
Ausübung des Vorkaufs- oder Einstandsrechtes kann er die Einwilligung nur wegen
offenbarer Gefahr der Substanz und der damit verknüpften Rechte verweigern.
§. 1142. Die Abgabe,
welche der Obereigenthümer zuweilen von einem neuen Nutzungseigenthümer zu
fordern hat, heißt, wenn die Veränderung bey Lebzeiten geschieht, Lehenwaare
(Laudemium); geschieht sie aber von Todes wegen, Sterbelehen. Beyde werden auch
Veränderungsgebühren genannt. Ob und wie diese Rechte gegründet seyn,
entscheidet die Landesverfassung, die öffentlichen Bücher und Urkunden, oder
ein dreyßigjähriger ruhiger Besitz.
2) In Rücksicht eines
Schatzes und der Verminderung der Substanz.
§. 1143. Dem
Nutzungseigenthümer gebührt auch ein verhältnißmäßiger Theil von einem
gefundenem Schatze (§. 399). Er ist sogar befugt, die Substanz zu verringern,
wenn er dem Obereigenthümer beweisen kann, daß die Benutzung des Grundes sonst
nicht Statt finde. (§. 1129.)
3) der Lasten;
§. 1144. Der
Nutzungseigenthümer trägt alle ordentliche und außerordentliche dem Gute
anklebende Lasten; er entrichtet die Steuern, Zehenden und andere besonders
vorgemerkten Abgaben. Für Lasten, die den Zins betreffen, haftet der
Obereigenthümer.
4) des Gewährbriefes.
§. 1145. Jeder neue
Nutzungseigenthümer ist in der Regel verbunden, sich von dem Obereigenthümer
einen Beglaubigungsschein oder eine Urkunde des erneuerten Nutzungseigenthumes
zu verschaffen.
Besondere Verhältnisse
zwischen Gutsbesitzern und Unterthanen.
§. 1146. In wie fern
die Nutzungseigenthümer gegen die Obereigenthümer noch in andern Verhältnissen
stehen, und welche Rechte und Verbindlichkeiten insbesondere zwischen den
Gutsbesitzern und den Gutsunterthanen bestehen, ist aus der Verfassung jeder
Provinz, und den politischen Vorschriften zu entnehmen.
Rechte aus dem
Bodenzinse.
§. 1147. Wer nichts als
einen Bodenzins entrichtet, hat nur auf die Benutzung der Oberfläche, als:
Bäume, Pflanzen und Gebäude, und auf einen Theil des auf derselben gefundenen
Schatzes Anspruch. Vergrabene Schätze und andere unterirdische Nutzungen
gehören dem Obereigenthümer allein zu.
Erlöschung des
Nutzungseigenthumes.
§. 1148. Was von der
Aufhebung des vollständigen Eigenthumes bestimmt worden ist, (§. 444) gilt
überhaupt auch von dem getheilten.
§. 1149. Erbpacht- und
Erbzinsgüter gehen auf alle Erben über, die nicht ausdrücklich ausgeschlossen
worden sind. Hat der Nutzungseigenthümer keinen rechtmäßigen Nachfolger; so
wird das Nutzungseigenthum mit dem Obereigenthume vereiniget. Doch muß der
Obereigenthümer, wenn er von diesem Rechte Gebrauch machen will, alle Schulden
des Nutzungseigenthümers, die aus einem andern Vermögen nicht getilgt werden
können, berichtigen. In wie fern ein Obereigenthümer das heimgefallene Gut an
Andere zu überlassen verbunden sey, bestimmen die politischen Verordnungen.
§. 1150. Durch
Zerstörung der Pflanzen, Bäume und Gebäude geht das Nutzungseigenthum der
Oberfläche nicht verloren. So lange noch ein Theil des Grundes bleibt, kann ihn
der Besitzer, wenn er anders seinen Zins abführt, mit neuen Pflanzen, Bäumen
und Gebäuden besetzen.
Sechs u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von Verträgen über
Dienstleistungen
Dienst- und
Werkvertrag.
§. 1151. Wenn jemand
sich auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet,
so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen
Entgelt übernimmt, ein Werkvertrag.
Insoweit damit eine
Geschäftsbesorgung (§ 1002) verbunden ist, müssen auch die Vorschriften über
den Bevollmächtigungsvertrag beobachtet werden.
§. 1152. Ist im
Vertrage kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart, so
gilt ein angemessenes Entgelt als bedungen.
1. Dienstvertrag.
§. 1153. Wenn sich aus
dem Dienstvertrage oder aus den Umständen nichts anderes ergibt, hat der
Dienstnehmer die Dienste in eigener Person zu leisten und ist der Anspruch auf
die Dienste nicht übertragbar. Soweit über Art und Umfang der Dienste nichts
vereinbart ist, sind die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten.
Anspruch auf das
Entgelt.
§. 1154. Wenn nichts
anderes vereinbart oder bei Diensten der betreffenden Art üblich ist, ist das
Entgelt nach Leistung der Dienste zu entrichten.
Ist das Entgelt nach
Monaten oder kürzeren Zeiträumen bemessen, so ist es am Schlusse des einzelnen
Zeitraumes; ist es nach längeren Zeiträumen bemessen, am Schlusse eines jeden
Kalendermonats zu entrichten. Ein nach Stunden, nach Stück oder
Einzelleistungen bemessenes Entgelt ist für die schon vollendeten Leistungen am
Schlusse einer jeden Kalenderwoche, wenn es sich jedoch um Dienste höherer Art
handelt, am Schlusse eines jeden Kalendermonats zu entrichten.
In jedem Falle wird das
bereits verdiente Entgelt mit der Beendigung des Dienstverhältnisses fällig.
§. 1154a. Der nach
Stück oder Einzelleistungen entlohnte Dienstnehmer kann einen den geleisteten
Diensten und seinen Auslagen entsprechenden Vorschuß vor Fälligkeit des
Entgelts verlangen.
§. 1154b. Der
Dienstnehmer behält seinen Anspruch auf das Entgelt, wenn er nach mindestens
vierzehntägiger Dienstleistung durch Krankheit oder Unglücksfall für eine
verhältnismäßig kurze, jedoch eine Woche nicht übersteigende Zeit an der
Dienstleistung verhindert wird, ohne dies vorsätzlich oder durch grobe
Fahrlässigkeit verschuldet zu haben. Dasselbe gilt, wenn er durch andere
wichtige, seine Person betreffende Gründe ohne sein Verschulden an der
Dienstleistung verhindert wird.
Beträge, die der
Dienstnehmer für die Zeit der Verhinderung auf Grund einer
öffentlichrechtlichen Versicherung bezieht, kann der Dienstgeber mit jenem
Teile in Abzug bringen, der dem Verhältnisse seiner tatsächlichen
Beitragsleistung zu dem Gesamtversicherungsbeitrag entspricht.
§. 1155. Auch für
Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer
das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite
des Dienstgebers liegen, daran gehindert worden ist; er muß sich jedoch
anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge
solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Dienstleistung verkürzt, so gebührt
ihm angemessene Entschädigung.
Pflichten des
Dienstgebers im Falle der Erkrankung.
§. 1156. Ist der
Dienstnehmer bei einem Dienstverhältnisse, das seine Erwerbstätigkeit
hauptsächlich in Anspruch nimmt, in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers
aufgenommen, so hat ihm dieser im Falle einer weder vorsätzlich noch durch
grobe Fahrlässigkeit herbeigeführten Erkrankung nebst den Geldbezügen die
erforderliche Verpflegung und ärztliche Behandlung und die notwendigen
Heilmittel bis zu vierzehn Tagen zu gewähren, wenn das Dienstverhältnis schon
vierzehn Tage, und bis zu vier Wochen, wenn es schon ein halbes Jahr gedauert
hat.
Die Verpflegung und
Behandlung kann auch durch Aufnahme in eine Krankenanstalt oder mit Zustimmung
des Dienstnehmers bei dritten Personen gewährt werden. Sofern die Natur der
Krankheit dies notwendig macht, kann der Dienstnehmer Pflege in einer
Krankenanstalt fordern.
Die nach diesen
Bestimmungen dem Dienstgeber obliegenden Verpflichtungen treten nicht ein, wenn
das Dienstverhältnis nur für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes
eingegangen wurde und noch nicht einen Monat gedauert hat.
§. 1156a. Barauslagen
für die ärztliche Behandlung und die Beschaffung der notwendigen Heilmittel
sowie die Kosten der Pflege in einer Krankenanstalt oder bei dritten Personen
können auf die für die Zeit der Erkrankung entfallenden Geldbezüge des
Dienstnehmers angerechnet werden.
Auf die Geldbezüge
dürfen Beträge, die der Dienstnehmer für die Zeit der Erkrankung auf Grund
einer öffentlichrechtlichen Versicherung bezieht, mit jenem Teile angerechnet
werden, der dem Verhältnisse der tatsächlichen Beitragsleistung des
Dienstgebers zu dem Gesamtversicherungsbeitrage entspricht. Die übrigen im §
1156 bezeichneten Verpflichtungen des Dienstgebers entfallen insoweit, als dem
Dienstnehmer auf Grund einer Versicherung die gleichen Leistungen gewährt
werden.
Erlöschen der
Ansprüche.
§. 1156b. Die dem
Dienstgeber nach den §§ 1154b und 1156 obliegenden Verpflichtungen erlöschen,
wenn das Dienstverhältnis infolge Ablaufes der Zeit, für die es eingegangen
wurde, oder infolge einer früheren Kündigung oder einer Entlassung endet, die
nicht durch die Erkrankung oder sonstige die Person des Dienstnehmers
betreffende wichtige Gründe im Sinne des § 1154b verursacht ist. Wird der
Dienstnehmer wegen der Verhinderung entlassen oder wird ihm während der
Verhinderung gekündigt, so bleibt die dadurch herbeigeführte Beendigung des
Dienstverhältnisses in Ansehung der bezeichneten Ansprüche außer Betracht.
Fürsorgepflicht des
Dienstgebers.
§. 1157. Der
Dienstgeber hat die Dienstleistungen so zu regeln und bezüglich der von ihm
beizustellenden oder beigestellten Räume und Gerätschaften auf seine Kosten
dafür zu sorgen, daß Leben und Gesundheit des Dienstnehmers, soweit es nach der
Natur der Dienstleistung möglich ist, geschützt werden.
Ist der Dienstnehmer in
die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen, so hat dieser in Ansehung
des Wohn- und Schlafraumes, der Verpflegung sowie der Arbeits- und
Erholungszeit die mit Rücksicht auf Gesundheit, Sittlichkeit und Religion des
Dienstnehmers erforderlichen Anordnungen zu treffen.
Endigung des
Dienstverhältnisses.
§. 1158. Das
Dienstverhältnis endet mit dem Ablaufe der Zeit, für die es eingegangen wurde.
Ein auf Probe oder nur
für die Zeit eines vorübergehenden Bedarfes vereinbartes Dienstverhältnis kann
während des ersten Monates von beiden Teilen jederzeit gelöst werden.
Ein für die Lebenszeit
einer Person oder für länger als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann
von dem Dienstnehmer nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer
Kündigungsfrist von sechs Monaten gelöst werden.
Ist das
Dienstverhältnis ohne Zeitbestimmung eingegangen oder fortgesetzt worden, so
kann es durch Kündigung nach folgenden Bestimmungen gelöst werden.
Kündigungsfristen.
§. 1159. Eine Kündigung
ist zulässig:
wenn bei einem
Dienstverhältnisse, das keine Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, das
Entgelt nach Stunden oder Tagen, nach Stück oder Einzelleistungen bemessen ist,
jederzeit für den folgenden Tag; wenn ein solches Dienstverhältnis die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat oder wenn das Entgelt nach Wochen bemessen ist,
spätestens am ersten Werktage für den Schluß der Kalenderwoche. Die Wirkung der
Kündigung tritt im Falle der Entlohnung nach Stück oder Einzelleistungen
keinesfalls vor Vollendung der zur Zeit der Kündigung in Ausführung begriffenen
Leistungen ein.
§. 1159a. Wenn ein
Dienstverhältnis, das Dienste höherer Art zum Gegenstande hat, die
Erwerbstätigkeit des Dienstnehmers hauptsächlich in Anspruch nimmt und schon
drei Monate gedauert hat, so ist ohne Rücksicht auf die Art der Bemessung des
Entgelts eine mindestens vierwöchentliche Kündigungsfrist einzuhalten.
Dasselbe gilt überhaupt,
wenn das Entgelt nach Jahren bemessen ist.
§. 1159b. In allen
anderen Fällen kann das Dienstverhältnis unter Einhaltung einer mindestens
vierzehntägigen Kündigungsfrist gelöst werden.
§. 1159c. Die
Kündigungsfrist muß immer für beide Teile gleich sein. Wurden ungleiche Fristen
vereinbart, so gilt für beide Teile die längere Frist.
Aufsuchen einer neuen
Stellung.
§. 1160. Ist der
Dienstnehmer in die Hausgemeinschaft des Dienstgebers aufgenommen oder durch das
Dienstverhältnis gehindert, eine andere Stellung aufzusuchen, so ist ihm nach
der Kündigung zu diesem Behufe ohne Schmälerung des Entgelts auf Verlangen die
angemessene Zeit freizugeben.
Konkurs.
§. 1161. Welche
Wirkungen die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Dienstgebers auf
das Dienstverhältnis hat, bestimmt die Konkursordnung.
Vorzeitige Auflösung.
§. 1162. Das
Dienstverhältnis kann, wenn es für bestimmte Zeit eingegangen wurde, vor Ablauf
dieser Zeit, sonst aber ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist von jedem Teile
aus wichtigen Gründen gelöst werden.
§. 1162a. Wenn der
Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt, kann der Dienstgeber
entweder dessen Wiedereintritt zur Dienstleistung nebst Schadenersatz oder
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages verlangen. Wird der
Dienstnehmer wegen eines Verschuldens vorzeitig entlassen, so hat er
Schadenersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages zu leisten. Für die schon
bewirkten Leistungen, deren Entgelt noch nicht fällig ist, steht dem
Dienstnehmer ein Anspruch auf den entsprechenden Teil des Entgelts nur insoweit
zu, als sie nicht durch die vorzeitige Auflösung des Dienstverhältnisses für
den Dienstgeber ihren Wert ganz oder zum größten Teil eingebüßt haben.
§. 1162b. Wenn der Dienstgeber
den Dienstnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig entläßt oder wenn ihn ein
Verschulden an dem vorzeitigen Austritte des Dienstnehmers trifft, behält
dieser, unbeschadet weitergehenden Schadenersatzes, seine vertragsgemäßen
Ansprüche auf das Entgelt für den Zeitraum, der bis zur Beendigung des
Dienstverhältnisses durch Ablauf der Vertragszeit oder durch ordnungsmäßige
Kündigung hätte verstreichen müssen, unter Anrechnung dessen, was er infolge
des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung
erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Soweit jedoch der oben
genannte Zeitraum drei Monate nicht übersteigt, kann der Dienstnehmer das ganze
für diese Zeit gebührende Entgelt ohne Abzug sofort fordern.
§. 1162c. Trifft beide
Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses, so hat
der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein
Ersatz gebührt.
§. 1162d. Ansprüche
wegen vorzeitigen Austrittes oder vorzeitiger Entlassung im Sinne der §§ 1162a
und 1162b müssen bei sonstigem Ausschlusse binnen sechs Monaten nach Ablauf des
Tages, an dem sie erhoben werden konnten, gerichtlich geltend gemacht werden.
Zeugnis.
§. 1163. Bei Beendigung
des Dienstverhältnisses ist dem Dienstnehmer auf sein Verlangen ein
schriftliches Zeugnis über die Dauer und Art der Dienstleistung auszustellen.
Verlangt der Dienstnehmer während der Dauer des Dienstverhältnisses ein
Zeugnis, so ist ihm ein solches auf seine Kosten auszustellen. Eintragungen und
Anmerkungen im Zeugnisse, durch die dem Dienstnehmer die Erlangung einer neuen
Stellung erschwert wird, sind unzulässig.
Zeugnisse des
Dienstnehmers, die sich in Verwahrung des Dienstgebers befinden, sind dem
Dienstnehmer auf Verlangen jederzeit auszufolgen.
Zwingende Vorschriften.
§. 1164. Die
Berechtigungen des Dienstnehmers, die sich aus den Bestimmungen der §§ 1154,
Absatz 3, 1156 bis 1159b, 1160 und 1162a bis 1163 ergeben, können durch den
Dienstvertrag nicht aufgehoben oder beschränkt werden.
2. Werkvertrag.
§. 1165. Der
Unternehmer ist verpflichtet, das Werk persönlich auszuführen oder unter seiner
persönlichen Verantwortung ausführen zu lassen.
§. 1166. Hat derjenige,
der die Verfertigung einer Sache übernommen hat, den Stoff dazu zu liefern, so
ist der Vertrag im Zweifel als Kaufvertrag; liefert aber der Besteller den
Stoff, im Zweifel als Werkvertrag zu betrachten.
Gewährleistung für
Mängel.
§. 1167. Bei
wesentlichen Mängeln, welche das Werk unbrauchbar machen oder der
ausdrücklichen Bedingung zuwiderlaufen, kann der Besteller vom Vertrage
abgehen. Will er das nicht oder sind die Mängel weder wesentlich noch gegen die
ausdrückliche Bedingung, so kann er die Verbesserung, falls diese nicht einen
unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, oder eine angemessene Minderung
des Entgelts fordern. Zur Verbesserung muß er dem Unternehmer eine angemessene
Frist setzen, mit der Erklärung, daß er nach deren Ablauf die Verbesserung
ablehne. Im übrigen kommen die für die Gewährleistung bei entgeltlichen
Verträgen überhaupt gegebenen Vorschriften zur Anwendung.
Vereitlung der
Ausführung.
§. 1168. Unterbleibt
die Ausführung des Werkes, so gebührt dem Unternehmer gleichwohl das
vereinbarte Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die
auf Seite des Besteller liegen daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch
anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Arbeit erspart oder durch
anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat.
Wurde er infolge solcher Umstände durch Zeitverlust bei der Ausführung des
Werkes verkürzt, so gebührt ihm angemessene Entschädigung.
Unterbleibt eine zur
Ausführung des Werkes erforderliche Mitwirkung des Bestellers, so ist der
Unternehmer auch berechtigt, ihm zur Nachholung eine angemessene Frist zu setzen
mit der Erklärung, daß nach fruchtlosem Verstreichen der Frist der Vertrag als
aufgehoben gelte.
§. 1168a. Geht das Werk
vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der
Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen
Teil, der ihn beigestellt hat. Mißlingt aber das Werk infolge offenbarer
Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger
Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden
verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.
Fürsorgepflicht.
§. 1169. Die
Bestimmungen des § 1157, mit Ausnahme der die Regelung der Dienstleistungen und
die Arbeits- und Erholungszeit betreffenden, finden auf den Werkvertrag
sinngemäße Anwendung.
Entrichtung des
Entgelts.
§. 1170. In der Regel
ist das Entgelt nach vollendetem Werk zu entrichten. Wird aber das Werk in
gewissen Abteilungen verrichtet oder sind Auslagen damit verbunden, die der
Unternehmer nicht auf sich genommen hat, so ist dieser befugt, einen verhältnismäßigen
Teil des Entgelts und den Ersatz der gemachten Auslagen schon vorher zu
fordern.
§. 1170a. Ist dem
Vertrage ein Kostenvoranschlag unter ausdrücklicher Gewährleistung für seine
Richtigkeit zugrunde gelegt, so kann der Unternehmer auch bei unvorhergesehener
Größe oder Kostspieligkeit der voranschlagten Arbeiten keine Erhöhung des
Entgelts fordern.
Ist ein Voranschlag
ohne Gewährleistung zugrunde gelegt und erweist sich eine beträchtliche Überschreitung
als unvermeidlich, so kann der Besteller unter angemessener Vergütung der vom
Unternehmer geleisteten Arbeit vom Vertrage zurücktreten. Sobald sich eine
solche Überschreitung als unvermeidlich herausstellt, hat der Unternehmer dies
dem Besteller unverzüglich anzuzeigen, widrigenfalls er jeden Anspruch wegen
der Mehrarbeiten verliert.
Erlöschen durch Tod.
§. 1171. Ein
Werkvertrag über Arbeiten, bei denen es auf die besonderen persönlichen
Eigenschaften des Unternehmers ankommt, erlischt durch dessen Tod und seine
Erben können nur den Preis für den zubereiteten brauchbaren Stoff und einen dem
Werte der geleisteten Arbeit angemessenen Teil des Entgelts fordern. Stirbt der
Besteller, so bleiben die Erben an den Vertrag gebunden.
3. Verlagsvertrag.
§. 1172. Durch den Verlagsvertrag
verpflichtet sich der Urheber eines Werkes der Literatur, der Tonkunst oder der
bildenden Künste oder sein Rechtsnachfolger, das Werk einem anderen zur
Vervielfältigung und Verbreitung für eigene Rechnung zu überlassen, dieser (der
Verleger) dagegen, das Werk zu vervielfältigen und die Vervielfältigungsstücke
zu verbreiten.
§. 1173. Wurde über die
Anzahl der Auflagen nichts bestimmt, so ist der Verleger nur zu einer Auflage
berechtigt. Vor dem Absatze der Auflage darf der Urheber über das Werk nur dann
anderweitig verfügen, wenn er dem Verleger eine angemessene Schadloshaltung
leistet.
4. Leistung zu
unerlaubtem Zweck.
§. 1174. Was jemand
wissentlich zur Bewirkung einer unmöglichen oder unerlaubten Handlung gegeben
hat, kann er nicht wieder zurückfordern. Inwiefern es der Fiskus einzuziehen
berechtigt sei, bestimmen die politischen Verordnungen. Ist aber etwas zur
Verhinderung einer unerlaubten Handlung demjenigen der diese Handlung begehen
wollte, gegeben worden, so findet die Zurückforderung statt.
Ein zum Zweck eines
verbotenen Spieles gegebenes Darlehen kann nicht zurückgefordert werden.
Sieben u. zwanzigst.
Hauptstück.
Von dem Vertrage über
eine Gemeinschaft der Güter.
Entstehung einer
Erwerbsgesellschaft.
Begriff.
§. 1175. Durch einen
Vertrag, vermöge dessen zwey oder mehrere Personen einwilligen, ihre Mühe
allein, oder auch ihre Sachen zum gemeinschaftlichen Nutzen zu vereinigen, wird
eine Gesellschaft zu einem gemeinschaftlichen Erwerbe errichtet.
Eintheilung.
§. 1176. Je nachdem die
Mitglieder einer Gesellschaft nur einzelne Sachen, oder Summen; oder eine ganze
Gattung von Sachen, z. B. alle Waaren, alle Früchte, alle liegende Gründe, oder
endlich ihr ganzes Vermögen ohne Ausnahme der Gemeinschaft widmen, sind auch die
Arten der Gesellschaft verschieden, und die Gesellschaftsrechte mehr oder
weniger ausgedehnt.
§. 1177. Wenn ein
Gesellschaftsvertrag auf das ganze Vermögen lautet; so wird doch nur das
gegenwärtige darunter verstanden. Wird aber auch das künftige Vermögen mit
begriffen; so versteht man darunter nur das erworbene, nicht das ererbte; außer
es wäre beydes ausdrücklich bedungen worden.
Form der Errichtung.
§. 1178.
Gesellschaftsverträge, welche sich nur auf das gegenwärtige, oder nur auf das
zukünftige Vermögen beziehen, sind ungültig, wenn das von dem einen und dem
andern Theile eingebrachte Gut nicht ordentlich beschrieben, und verzeichnet
worden ist.
§. 1179. Wie der
gesellschaftliche Vertrag unter Handelsleuten zu errichten, in die gehörigen
Register einzutragen und öffentlich bekannt zu machen sey, bestimmen die
besondern Handels- und politischen Gesetze. Werden nur einzelne Geschäfte
gemeinschaftlich betrieben; so ist genug, wenn der darüber errichtete Vertrag
in den Handlungsbüchern erscheint.
§. 1180. Der Vertrag
über eine Gemeinschaft des ganzen sowohl gegenwärtigen als künftigen Vermögens,
welcher gewöhnlich nur zwischen Ehegatten errichtet zu werden pflegt, ist nach
den in dem Hauptstücke von den Ehe-Pacten hierüber ertheilten Vorschriften zu
beurtheilen. Die gegenwärtigen Vorschriften beziehen sich auf die übrigen Arten
der durch Vertrag errichteten Gütergemeinschaft.
Wirkung des Vertrages
und des wirklichen Beytrages.
§. 1181. Der
Gesellschaftsvertrag gehört zwar unter die Titel, ein Eigenthum zu erwerben;
die Erwerbung selbst aber, und die Gemeinschaft der Güter oder Sachen kommt nur
durch die Uebergabe derselben zu Stande.
Hauptstamm.
§. 1182. Alles, was
ausdrücklich zum Betriebe des gemeinschaftlichen Geschäftes bestimmt worden
ist, macht das Capital, oder den Hauptstamm der Gesellschaft aus. Das Uebrige,
was jedes Mitglied besitzt, wird als ein abgesondertes Gut betrachtet.
§. 1183. Wenn Geld,
verbrauchbare, oder zwar unverbrauchbare, jedoch in Geldwerth angeschlagene
Sachen eingelegt werden; so ist nicht nur der daraus verschaffte Nutzen,
sondern auch der Hauptstamm in Rücksicht der Mitglieder, welche hierzu
beygetragen haben, als ein gemeinschaftlichen Eigenthum anzusehen. Wer nur
seine Mühe zum gemeinschaftlichen Nutzen zu verwenden verspricht, hat zwar auf
den Gewinn, nicht aber auf den Hauptstamm einen Anspruch. (§. 1192.)
Rechte und Pflichten
der Mitglieder:
Beytrag zum
Hauptstamme; (Fond)
§. 1184. Jedes Mitglied
ist, außer dem Falle einer besonderen Verabredung, verbunden, einen gleichen Antheil
zum gemeinschaftlichen Hauptstamme beyzutragen.
Mitwirkung;
§. 1185. In der Regel
sind alle Mitglieder verbunden, ohne Rücksicht auf ihren größern oder geringern
Antheil, zu dem gemeinschaftlichen Nutzen gleich mitzuwirken.
§. 1186. Kein Mitglied
ist befugt, die Mitwirkung einem Dritten anzuvertrauen; oder jemanden in die
Gesellschaft aufzunehmen; oder ein der Gesellschaft schädliches Nebengeschäft
zu unternehmen.
§. 1187. Die Pflichten
der Mitglieder werden durch den Vertrag genauer bestimmt. Wer sich bloß zur
Arbeit verbunden hat, der ist keinen Beytrag schuldig. Wer lediglich einen
Geld- oder andern Beytrag verheißen hat, der hat weder die Verbindlichkeit,
noch das Recht, auf eine andere Art zu dem gemeinschaftlichen Erwerbe
mitzuwirken.
§. 1188. Bey der
Berathschlagung und Entscheidung über die gesellschaftlichen Angelegenheiten
sind, wenn keine andere Verabredung besteht, die in dem Hauptstücke von der
Gemeinschaft des Eigenthumes gegebenen Vorschriften anzuwenden. (§§. 833-842.)
Nachschuß zum Hauptstamme;
§. 1189. Die Mitglieder
können zu einem mehreren Beytrage, als wozu sie sich verpflichtet haben, nicht
gezwungen werden. Fände jedoch bey veränderten Umständen ohne Vermehrung des
Beytrages die Erreichung des gesellschaftlichen Zweckes gar nicht Statt; so
kann das sich weigernde Mitglied austreten, oder zum Austritte verhalten
werden.
Betrieb der
anvertrauten Geschäfte;
§. 1190. Wird Einem
oder einigen Mitgliedern der Betrieb der Geschäfte anvertraut; so sind sie als
Bevollmächtigte zu betrachten. Auf ihre Berathschlagungen und Entscheidungen
über gesellschaftliche Angelegenheiten sind ebenfalls, die oben (§§. 833-842)
erwähnten Vorschriften anzuwenden.
Haftung für den
Schaden;
§. 1191. Jedes Mitglied
haftet für den Schaden, den es der Gesellschaft durch sein Verschulden zugefügt
hat. Dieser Schaden läßt sich mit dem Nutzen, den es der Gesellschaft sonst
verschaffte, nicht ausgleichen. Hat aber ein Mitglied durch ein eigenmächtig
unternommenes neues Geschäft der Gesellschaft von einer Seite Schaden, und von
der andern Nutzen verursacht; so soll eine verhältnißmäßige Ausgleichung Statt
finden.
Vertheilung des
Gewinnes;
§. 1192. Das Vermögen,
welches nach Abzug aller Kosten und erlittenen Nachtheile über den Hauptstamm
zurück bleibt, ist der Gewinn. Der Hauptstamm selbst bleibt ein Eigenthum
derjenigen, welche dazu beygetragen haben; außer es wäre der Werth der Arbeiten
zum Capitale geschlagen und alles als ein gemeinschaftliches Gut erklärt
worden.
§. 1193. Der Gewinn
wird nach Verhältniß der Capitals-Beyträge vertheilt, und die von allen
Mitgliedern geleisteten Arbeiten heben sich gegen einander auf. Wenn ein oder
einige Mitglieder bloß arbeiten, oder nebst dem Capitals–Beytrage zugleich
Arbeiten leisten; so wird für die Bemühungen, wenn keine Verabredung besteht,
und die Gesellschafter sich nicht vereinigen können, der Betrag mit Rücksicht
auf die Wichtigkeit des Geschäftes, die angewendete Mühe und den verschafften
Nutzen vom Gerichte bestimmt.
§. 1194. Besteht der
Gewinn nicht in barem Gelde, sondern in andern Arten der Nutzungen; so
geschieht die Theilung nach der in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des
Eigenthumes enthaltenen Vorschrift. (§§. 840–843.)
§. 1195. Die
Gesellschaft kann einem Mitgliede, seiner vorzüglichen Eigenschaften oder
Bemühungen wegen, einen größern Gewinn bewilligen, als ihm nach seinem Antheile
zukäme; nur dürfen dergleichen Ausnahmen nicht in gesetzwidrige Verabredungen
oder Verkürzungen ausarten.
§. 1196. (Anm.:
Aufgehoben durch § 6, RGBl 1868/Nr. 62.)
Vertheilung des Verlustes;
§. 1197. Hat die
Gesellschaft ihre Einlage ganz oder zum Theile verloren; so wird der Verlust in
dem Verhältnisse vertheilet, wie im entgegengesetzten Falle der Gewinn
vertheilt worden wäre. Wer kein Capital gegeben hat, büßt seine Bemühungen ein.
Rechnungslegung;
§. 1198. Die
Mitglieder, denen die Verwaltung anvertraut ist, sind verbunden, über den
gemeinschaftlichen Hauptstamm und über die dahin gehörigen Einnahmen und
Ausgaben ordentlich Rechnung zu führen und abzulegen.
§. 1199. Die
Schlußrechnung und Theilung des Gewinnes oder Verlustes kann vor Vollendung des
Geschäftes nicht gefordert werden. Wenn aber Geschäfte betrieben werden, die
durch mehrere Jahre fortdauern und einen jährlichen Nutzen abwerfen sollen; so
können die Mitglieder, wenn anders das Hauptgeschäft nicht darunter leidet,
jährlich sowohl die Rechnung, als die Vertheilung des Gewinnes verlangen.
Uebrigens kann jedes Mitglied zu jeder Zeit auf seine Kosten die Rechnungen
einsehen.
§. 1200. Wer sich mit
der bloßen Vorlegung des Abschlusses (Bilanz) begnügt, oder auch seinem Rechte,
Rechnung zu fordern, entsagt hat, kann, wenn er einen Betrug auch nur in Einem
Theile der Verwaltung beweiset, sowohl für den vergangenen Fall, als für alle
künftige Fälle auf eine vollständige Rechnung dringen.
Verhältniß gegen
Nichtmitglieder.
§. 1201. Ohne die
ausdrückliche oder stillschweigende, rechtliche Einwilligung der Mitglieder
oder ihrer Bevollmächtigten kann die Gesellschaft einem Dritten nicht
verbindlich gemacht werden. Bey Handelsleuten begreift das kund gemachte, Einem
oder mehreren Mitgliedern ertheilte Recht, die Firma zu führen, nähmlich alle
Urkunden und Schriften im Nahmen der Gesellschaft zu unterschreiben, schon eine
allseitige Vollmacht in sich. (§. 1028.)
§. 1202. Ein Mitglied,
welches nur mit einem Theile seines Vermögens in der Gesellschaft steht, kann
ein von dem gemeinschaftlichen abgesondertes Vermögen besitzen, worüber es nach
Belieben zu verfügen berechtiget ist. Rechte und Verbindlichkeiten, die ein
Dritter gegen die Gesellschaft hat, müssen also von den Rechten und
Verbindlichkeiten gegen einzelne Mitglieder unterschieden werden.
§. 1203. Was also
jemand an ein einzelnes Mitglied, und nicht an die Gesellschaft zu fordern oder
zu zahlen hat, kann er auch nur an das einzelne Mitglied, und nicht an die
Gesellschaft fordern oder bezahlen. Eben so hat aber bey gesellschaftlichen
Forderungen oder Schulden jedes Mitglied nur für seinen Antheil ein Recht oder
eine Verbindlichkeit zur Zahlung, außer in dem Falle, welcher bey Handelsleuten
vermuthet wird, daß Alle für Einen und Einer für Alle etwas zugesagt oder
angenommen haben.
§. 1204. Die geheimen
Mitglieder einer Handlungsgesellschaft; solche nähmlich, welche ihr einen Theil
des Fonds auf Gewinn und Verlust dargeliehen haben, aber nicht als Mitglieder
angekündiget worden sind, haften in keinem Falle mit mehr als mit dem
dargeliehenen Capitale. Die kund gemachten Mitglieder haften mit ihrem ganzen
Vermögen.
Auflösung der
Gesellschaft, und Austritt aus derselben.
§. 1205. Die Gesellschaft
löset sich von selbst auf, wenn das unternommene Geschäft vollendet; oder nicht
mehr fortzuführen; wenn der ganze gemeinschaftliche Hauptstamm zu Grunde
gegangen; oder wenn die zur Dauer der Gesellschaft festgesetzte Zeit verflossen
ist.
§. 1206. Die
gesellschaftlichen Rechte und Verbindlichkeiten gehen in der Regel nicht auf
die Erben eines Mitgliedes über. Doch sind diese, wenn mit ihnen die
Gesellschaft nicht fortgesetzt wird, berechtiget, die Rechnungen bis auf den
Tod des Erblassers zu fordern und berichtigen zu lassen. Sie sind aber im
entgegengesetzten Falle auch verbunden, Rechnungen zu legen, und zu
berichtigen.
§. 1207. Besteht die
Gesellschaft nur aus zwey Personen; so erlischt sie durch das Absterben der
Einen. Besteht sie aus mehreren; so wird von den übrigen Mitgliedern vermuthet,
daß sie die Gesellschaft noch unter sich fortsetzen wollen. Diese Vermuthung
gilt auch überhaupt von den Erben der Handelsleute.
§. 1208. Lautet der von
Personen, die keine Handelsleute sind, errichtete Gesellschaftsvertrag
ausdrücklich auch auf ihrer Erben; so sind diese, wenn sie die Erbschaft
antreten, verpflichtet, sich nach dem Willen des Erblassers zu fügen; allein
auf die Erbeserben erstreckt sich dieser Wille nicht; noch weniger vermag er
eine immerwährende Gesellschaft zu begründen. (§. 832.)
§. 1209. Wenn der Erbe
die von dem Verstorbenen für die Gesellschaft übernommenen Dienste zu erfüllen
nicht im Stande ist; so muß er sich einem verhältnißmäßigen Abzuge an dem
ausgemessenen Antheile unterziehen.
§. 1210. Wenn ein
Mitglied die wesentlichen Bedingungen der Vertrages nicht erfüllet; wenn es in
Concurs verfällt; als Verschwender gerichtlich erkläret, oder überhaupt unter
die Curatel gesetzt wird; wenn es durch ein Verbrechen das Vertrauen verliert; so
kann es vor Verlauf der Zeit von der Gesellschaft ausgeschlossen werden.
§. 1211. Man kann den
Gesellschaftsvertrag vor Verlauf der Zeit aufkündigen, wenn dasjenige Mitglied,
von welchem der Betrieb des Geschäftes vorzüglich abhing, gestorben oder ausgetreten
ist.
§. 1212. Wenn die Zeit
zur Dauer der Gesellschaft weder ausdrücklich bestimmt worden ist, noch aus der
Natur des Geschäftes bestimmt werden kann; so mag jedes Mitglied den Vertrag
nach Willkühr aufkündigen; nur darf es nicht mit Arglist oder zur Unzeit
geschehen. (§. 830.)
§. 1213. Die Wirkungen
einer zwar bestrittenen, aber in der Folge für rechtmäßig erklärten
Ausschließung oder Aufkündung werden auf den Tag, wo sie geschehen sind, zurück
gezogen.
§. 1214. Die Aufhebung
einer Handlungsgesellschaft; die Aufnahme und der Austritt ihrer öffentlichen
Mitglieder, muß eben so, wie die Errichtung, öffentlich bekannt gemacht werden.
Aus dieser Bekanntmachung wird auch die Kraft und die Dauer der Vollmachten
beurtheilt.
Theilung des
gesellschaftlichen Vermögens.
§. 1215. Bey der nach
Auflösung einer Gesellschaft vorzunehmenden Theilung des gesellschaftlichen
Vermögens sind nebst den obigen Bestimmungen die nähmlichen Vorschriften zu
beobachten, welche in dem Hauptstücke von der Gemeinschaft des Eigenthumes über
die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache überhaupt aufgestellet worden sind.
§. 1216. Die in diesem
Hauptstücke enthaltenen Anordnungen sind auch auf die Handlungsgesellschaften
anzuwenden; in so fern hierüber nicht besondere Vorschriften bestehen.
Acht u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den Ehe-Pacten.
Ehe-Pacte.
§. 1217. Ehe-Pacte
heißen diejenigen Verträge, welche in Absicht auf die eheliche Verbindung über
das Vermögen geschlossen werden, und haben vorzüglich das Heirathsgut; die
Widerlage; Morgengabe; die Gütergemeinschaft; Verwaltung und Fruchtnießung des
eigenen Vermögens; die Erbfolge, oder die auf den Todesfall bestimmte
lebenslange Fruchtnießung des Vermögens, und den Witwengehalt zum Gegenstande.
1) Heirathsgut.
§. 1218. Unter
Heirathsgut versteht man dasjenige Vermögen, welches von der Ehegattinn, oder
für sie von einem Dritten dem Manne zur Erleichterung des mit der ehelichen
Gesellschaft verbundenen Aufwandes übergeben oder zugesichert wird.
Dessen Bestellung;
§. 1219. Wenn die Braut
eigenes Vermögen besitzt, und volljährig ist; so hängt es von ihr und dem
Bräutigame ab, wie sie sich wegen des Heirathsgutes, und wegen anderer
wechselseitigen Gaben mit einander verstehen wollen. Ist aber die Braut noch
minderjährig; so muß der Vertrag von dem Vater oder Vormunde, mit Genehmigung
des vormundschaftlichen Gerichtes, geschlossen werden.
§. 1220. Besitzt die
Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heirathsgute hinlängliches Vermögen;
so sind Aeltern oder Großältern nach der Ordnung, als sie die Kinder zu
ernähren und zu versorgen verpflichtet sind, verbunden, den Töchtern oder
Enkelinnen bey deren Verehelichung ein ihrem Stande und Vermögen angemessenes
Heirathsgut zu geben, oder dazu verhältnißmäßig beyzutragen (§§. 141 u. 143).
Eine uneheliche Tochter kann nur von ihrer Mutter Heirathsgut verlangen.
§. 1221. Berufen sich
Aeltern oder Großältern auf ihr Unvermögen zur Bestellung eines anständigen
Heirathsgutes; so soll auf Ansuchen der Brautperson das Gericht die Umstände,
jedoch ohne strenge Erforschung des Vermögensstandes, untersuchen, und hiernach
ein angemessenes Heirathsgut bestimmen, oder die Aeltern und Großältern davon
freysprechen.
§. 1222. Wenn eine
Tochter ohne Wissen, oder gegen den Willen ihrer Aeltern sich verehelichet hat,
und das Gericht die Ursache der Mißbilligung gegründet findet; so sind die
Aeltern selbst in dem Falle, daß sie in der Folge die Ehe genehmigen, nicht
schuldig, ihr ein Heirathsgut zu geben.
§. 1223. Hat eine
Tochter ihr Heirathsgut schon erhalten, und es, obschon ohne ihr Verschulden,
verloren; so ist sie nicht mehr, selbst nicht im Falle einer zweyten Ehe,
berechtiget, ein neues zu fordern.
§. 1224. Im Zweifel, ob
das Heirathsgut von dem Vermögen der Aeltern oder der Braut ausgesetzt worden
sey, wird das Letztere angenommen. Haben aber Aeltern das Heirathsgut ihrer
minderjährigen Tochter ohne obervormundschaftliche Genehmigung bereits
ausgezahlt; so wird vermuthet, daß es die Aeltern aus eigenem Vermögen gethan
haben.
Uebergabe,
§. 1225. Hat sich der Ehemann
vor geschlossener Ehe kein Heirathsgut bedungen; so ist er auch keines zu
fordern berechtiget. Die Uebergabe des bedungenen Heirathsgutes kann, wenn
keine andere Zeit festgesetzt worden ist, gleich nach geschlossener Ehe
begehret werden.
und Beweis derselben.
§. 1226. Wenn über das
Vermögen des Ehemannes ein Concurs verhängt wird; so macht seine vor Ausbruch
des Concurses geschehene schriftliche oder mündliche Bestätigung, daß er das
Heirathsgut empfangen habe, gegen jedermann einen Beweis. Erfolgt aber die
Bestätigung erst nach ausgebrochenem Concurse; so hat sie gegen die Gläubiger
keine Beweiseskraft.
Gegenstand des
Heirathsgutes und Rechte des Ehemannes und der Ehefrau in Rücksicht desselben.
§. 1227. Alles, was
sich veräußern und nutzen läßt, ist zum Heirathsgute geeignet. So lange die
eheliche Gesellschaft fortgesetzt wird, gehört die Fruchtnießung des
Heirathsgutes, und dessen, was demselben zuwächst, dem Manne. Besteht das
Heirathsgut in barem Gelde, in abgetretenen Schuldforderungen oder verbrauchbaren
Sachen; so gebührt ihm das vollständige Eigenthum.
§. 1228. Besteht das
Heirathsgut in unbeweglichen Gütern, in Rechten oder Fahrnissen, welche mit
Schonung der Substanz benutzt werden können; so wird die Ehegattinn so lange
als Eigenthümerinn und der Mann als Fruchtnießer desselben angesehen, bis
bewiesen wird, daß der Ehemann das Heirathsgut für einen bestimmten Preis
übernommen, und sich nur zur Zurückgabe dieses Geldbetrages verbunden hat.
§. 1229. Nach dem
Gesetze fällt das Heirathsgut nach dem Tode des Mannes seiner Ehegattinn, und
wenn sie vor ihm stirbt, ihren Erben heim. Soll sie oder ihre Erben davon
ausgeschlossen seyn; so muß dieses ausdrücklich bestimmt werden. Wer das
Heirathsgut freywillig bestellet, kann sich ausbedingen, daß es nach dem Tode
des Mannes auf ihn zurückfalle.
2) Widerlage.
§. 1230. Was der
Bräutigam oder ein Dritter der Braut zur Vermehrung des Heirathsgutes aussetzt,
heißt Widerlage. Hiervon gebührt zwar der Ehegattinn während der Ehe kein
Genuß; allein wenn sie den Mann überlebt, gebührt ihr ohne besondere
Uebereinkunft auch das freye Eigenthum, obgleich dem Manne auf den Fall seines
Ueberlebens das Heirathsgut nicht verschrieben worden ist.
§. 1231. Weder der
Bräutigam, noch seine Aeltern sind verbunden, eine Widerlage zu bestimmen. Doch
in eben der Art, in welcher die Aeltern der Braut schuldig sind, ihr ein
Heirathsgut auszusetzen, liegt auch den Aeltern des Bräutigams ob, ihm eine
ihrem Vermögen angemessene Ausstattung zu geben. (§§. 1220-1223).
3) Morgengabe.
§. 1232. Das Geschenk,
welches der Mann seiner Gattinn am ersten Morgen zu geben verspricht, heißt
Morgengabe. Ist dieselbe versprochen worden; so wird im Zweifel vermuthet, daß
sie binnen den ersten drey Jahren der Ehe schon überreicht worden sey.
4) Gütergemeinschaft.
§. 1233. Die eheliche
Verbindung allein begründet noch keine Gemeinschaft der Güter zwischen den
Eheleuten. Dazu wird ein besonderer Vertrag erfordert, dessen Umfang und
rechtliche Form nach den §§. 1177. u. 1178 des vorigen Hauptstückes beurtheilt
wird.
§. 1234. Die
Gütergemeinschaft unter Ehegatten wird in der Regel nur auf den Todesfall
verstanden. Sie gibt dem Ehegatten das Recht auf die Hälfte dessen, was von den
der Gemeinschaft wechselseitig unterzogenen Gütern nach Ableben des andern Ehegatten
noch vorhanden seyn wird.
§. 1235. Bey einer
Gemeinschaft, die sich auf das ganze Vermögen bezieht, sind vor der Theilung
alle Schulden ohne Ausnahme; bey einer Gemeinschaft aber, die bloß das
gegenwärtige, oder bloß das künftige Vermögen zum Gegenstande hat, nur
diejenigen Schulden abzuziehen, die zum Nutzen des gemeinschaftlichen Gutes
verwendet worden sind.
§. 1236. Besitzt ein
Ehegatte ein unbewegliches Gut, und wird das Recht des andern Ehegatten zur
Gemeinschaft in die öffentlichen Bücher eingetragen; so erhält dieser durch die
Eintragung auf die Hälfte der Substanz des Gutes ein dingliches Recht, vermöge
dessen der eine Ehegatte über diese Hälfte keine Anordnung machen kann; auf die
Nutzungen aber während der Ehe erhält er durch die Einverleibung keinen
Anspruch. Nach dem Tode des Ehegatten gebührt dem überlebenden Theile sogleich
das freye Eigenthum seines Antheiles. Doch kann eine solche Einverleibung den
auf das Gut früher eingetragenen Gläubigern nicht zum Nachtheile gereichen.
5) Verwaltung und
Nutznießung des ursprünglichen oder erworbenen Vermögens.
§. 1237. Haben Eheleute
über die Verwendung ihres Vermögens keine besondere Uebereinkunft getroffen; so
behält jeder Ehegatte sein voriges Eigenthumsrecht, und auf das, was ein jeder
Theil während der Ehe erwirbt, und auf was immer für eine Art überkommt, hat
der andere keinen Anspruch. Im Zweifel wird vermuthet, daß der Erwerb von dem
Manne herrühre.
§. 1238. So lange die
Ehegattinn nicht widersprochen hat, gilt die rechtliche Vermuthung, daß sie dem
Manne als ihrem gesetzmäßigen Vertreter die Verwaltung ihres freyen Vermögens
anvertrauet habe.
§. 1239. Der Ehegatte
wird in Rücksicht einer solchen Verwaltung zwar überhaupt wie ein anderer
bevollmächtigter Sachwalter angesehen; doch haftet er nur für das Stammgut oder
Capital. Ueber die während der Verwaltung bezogenen Nutzungen ist er, wenn es
nicht ausdrücklich bedungen worden, keine Rechnung schuldig; diese wird
vielmehr bis auf den Tag der aufgehobenen Verwaltung für berichtigt angesehen.
§. 1240. Auch die
Ehegattinn ist nicht schuldig, den Fruchtgenuß, den sie ihrem Manne abgetreten,
aber während der Ehe selbst bezogen hat, zu verrechnen; es steht aber den
Ehegatten frey, dergleichen stillschweigend eingestandene Verwaltungen
einzustellen.
§. 1241. In dringenden
Fällen oder bey Gefahr eines Nachtheiles, kann dem Ehemanne die Verwaltung des
Vermögens, selbst wenn sie ihm ausdrücklich und auf immer verwilliget worden
wäre, abgenommen werden. Hingegen ist auch er befugt, der unordentlichen Wirtschaft
seiner Gattinn Einhalt zu thun, und sie unter den gesetzlichen Vorschriften
sogar als Verschwenderinn erklären zu lassen.
6) Witwengehalt;
§. 1242. Das, was einer
Gattinn auf den Fall des Witwenstandes zum Unterhalte bestimmt wird, heißt
Witwengehalt. Dieser gebührt der Witwe gleich nach dem Tode des Mannes, und
soll immer auf drey Monathe vorhinein entrichtet werden.
§. 1243. Der Witwe
gebührt noch durch sechs Wochen nach dem Todes des Mannes, und wenn sie
schwanger ist, bis nach Verlauf von sechs Wochen nach ihrer Entbindung die
gewöhnliche Verpflegung aus der Verlassenschaft. So lange sie aber diese
Verpflegung genießt, kann sie keinen Witwengehalt beziehen.
§. 1244. Wenn die Witwe
sich verehelichet; so verliert sie das Recht auf den Witwengehalt.
Sicherstellung des
Heirathsgutes, der Widerlage und des Witwengehaltes;
§. 1245. Wer das
Heirathsgut übergibt, ist berechtiget, bey der Uebergabe; oder wenn in der
Folge Gefahr eintritt, von demjenigen, der es empfängt, eine angemessene
Sicherstellung zu fordern. Vormünder und Curatoren einer pflegebefohlenen Braut
können die Sicherstellung des Heirathsgutes, und eben so der bedungenen
Widerlage und des Witwengehaltes ohne Genehmigung des obervormundschaftlichen
Gerichtes nicht erlassen.
Schenkungen unter Ehegatten
und Verlobten;
§. 1246. Die Gültigkeit
oder Ungültigkeit der Schenkungen zwischen Ehegatten wird nach den für die
Schenkungen überhaupt bestehenden Gesetzen beurtheilt.
§. 1247. Was ein Mann
seiner Ehegattinn an Schmuck, Edelsteinen und andern Kostbarkeiten zum Putze
gegeben hat, wird im Zweifel nicht für gelehnt; sondern für geschenkt
angesehen. Wenn aber ein verlobter Theil dem andern; oder auch ein Dritter dem
einen oder andern Theile in Rücksicht auf die künftige Ehe etwas zusichert oder
schenket; so kann, wenn die Ehe ohne Verschulden des Geschenkgebers nicht
erfolgt, die Schenkung widerrufen werden.
Wechselseitige
Testamente;
§. 1248. Den Ehegatten
ist gestattet, in einem und dem nähmlichen Testamente sich gegenseitig, oder
auch andere Personen als Erben einzusetzen. Auch ein solches Testament ist
widerruflich; es kann aber aus der Widerrufung des einen Theiles auf die
Widerrufung des andern Theiles nicht geschlossen werden. (§. 583.)
Erbverträge.
Erfordernisse zur
Gültigkeit des Erbvertrages.
§. 1249. Zwischen
Ehegatten kann auch ein Erbvertrag, wodurch der künftige Nachlaß, oder ein
Theil desselben versprochen, und das Versprechen angenommen wird, geschlossen
werden. (§. 602.) Zur Gültigkeit eines solchen Vertrages ist jedoch nothwendig,
daß er schriftlich mit allen Erfordernissen eines schriftlichen Testamentes
errichtet werde.
§. 1250. Ein
pflegebefohlener Ehegatte kann zwar die ihm versprochene, unnachtheilige
Verlassenschaft annehmen; aber die Verfügung über seine eigene Verlassenschaft
kann, ohne Genehmhaltung des Gerichtes, nur in so fern bestehen, als sie ein
gültiges Testament ist.
Vorschrift über die
eingerückten Bedingungen.
§. 1251. Was von
Bedingungen bey Verträgen überhaupt gesagt worden ist, muß auch auf Erbverträge
zwischen Ehegatten angewendet werden.
Wirkung des
Erbvertrages.
§. 1252. Ein selbst den
öffentlichen Büchern einverleibter Erbvertrag hindert den Ehegatten nicht, mit
seinem Vermögen, so lange er lebt, nach Belieben zu schalten. Das Recht,
welches daraus entsteht, setzt den Tod des Erblassers voraus; es kann von dem
Vertragserben, wenn er den Erblasser nicht überlebt, weder auf Andere
übertragen, noch der künftigen Erbschaft willen eine Sicherstellung gefordert
werden.
§. 1253. Durch den
Erbvertrag kann ein Ehegatte auf das Recht, zu testiren, nicht gänzlich
Verzicht thun. Ein reiner Viertheil, worauf weder der jemanden gebührende
Pflichttheil, noch eine andere Schuld haften darf, bleibt kraft des Gesetzes
zur freyen letzten Anordnung immer vorbehalten. Hat der Erblasser darüber nicht
verfüget; so fällt er doch nicht dem Vertragserben, obschon die ganze
Verlassenschaft versprochen worden wäre, sondern den gesetzlichen Erben zu.
Erlöschung desselben.
§. 1254. Der Erbvertrag
kann zum Nachtheile des andern Gatten, mit dem er geschlossen worden ist, nicht
widerrufen; sondern nur nach Vorschrift der Gesetze entkräftet werden. Den
Notherben bleiben ihre Rechte, wie gegen eine andere letzte Anordnung
vorbehalten.
Fruchtnießung auf den
Todesfall. (Advitalitäts-Recht.)
§. 1255. Wenn ein
Ehegatte dem andern die Fruchtnießung seines Vermögens auf den Fall des
Ueberlebens ertheilet; so wird er dadurch in der freyen Verfügung durch
Handlungen unter Lebenden nicht beschränkt; das Recht der Fruchtnießung (§§.
509-520.) bezieht sich nur auf den Nachlaß des frey vererblichen Vermögens.
§. 1256. Wird aber die
Fruchtnießung eines unbeweglichen Gutes mit Einwilligung des Verleihers den
öffentlichen Büchern einverleibt; so kann dieselbe in Hinsicht dieses Gutes
nicht mehr verkürzt werden.
§. 1257. In dem Falle,
daß der überlebende Theil sich wieder verehelichet, oder die Fruchtnießung
einem Andern abtreten will, haben die Kinder des verstorbenen Ehegatten das
Recht zu verlangen, daß ihnen dieselbe gegen einen angemessenen jährlichen
Betrag überlassen werde.
§. 1258. Ein Ehegatte,
welcher auf die Fruchtnießung der ganzen Verlassenschaft des andern Ehegatten,
oder eines Theiles derselben Anspruch macht, hat kein Recht, den ihm in dem
Falle der gesetzlichen Erbfolge von dem Gesetze ausgemessenen Antheil zu
fordern. (§§. 757–759.)
Einkindschaft.
§. 1259. Die
Einkindschaft, das ist, ein Vertrag, wodurch Kinder aus verschiedenen Ehen in
der Erbfolge einander gleich gehalten werden sollen, hat keine rechtliche
Wirkung.
Absonderung des
Vermögens in dem Falle:
1) eines Concurses;
§. 1260. Wenn über das
Vermögen des Mannes bey seinen Lebzeiten ein Concurs eröffnet wird; so kann die
Ehegattinn zwar noch nicht die Zurückstellung des Heirathsgutes, und die
Herausgabe der Widerlage, sondern nur die Sicherstellung für den Fall der
Auflösung der Ehe gegen die Gläubiger verlangen. Sie ist überdieß berechtiget,
von Zeit der Concurs-Eröffnung den Genuß des witiblichen Unterhaltes, und wenn
keiner bedungen ist, den Genuß des Heirathsgutes anzusprechen. Dieser Anspruch auf
den einen, oder den andern Genuß hat aber nicht Statt, wenn bewiesen wird, daß
die Ehegattinn an dem Verfalle der Vermögensumstände des Mannes Ursache sey.
§. 1261. Verfällt die
Gattinn mit ihrem Vermögen in den Concurs; so bleiben die Ehe-Pacte unverändert.
§. 1262. Ist zwischen
den Ehegatten eine Gemeinschaft der Güter bedungen; so hört dieselbe durch den
Concurs des ein oder des andern Ehegatten auf, und das zwischen ihnen
gemeinschaftliche Vermögen wird, wie bey dem Tode, getheilt.
2) einer freywilligen;
§. 1263. Wenn Ehegatten
übereinkommen, geschieden zu leben, so hängt es auch von ihrem Einverständnisse
ab, welches immer zugleich zu treffen ist, (§§. 103-105) ob sie ihre Ehe-Pacte
fortdauern lassen, oder auf welche Art sie dieselben abändern wollen.
oder 3) einer
gerichtlichen Scheidung;
§. 1264. Ist aber auf
die Scheidung durch richterliches Urtheil erkannt worden, und trägt kein Theil,
oder jeder Theil Schuld an der Scheidung, so kann ein oder der andere Ehegatte
verlangen, daß die Ehe-Pacte für aufgehoben erklärt werden; worüber von dem
Gerichte stets ein Vergleich zu versuchen ist (§. 108.). Ist ein Theil
schuldlos, so steht demselben frey, die Fortsetzung oder Aufhebung der
Ehe-Pacte, oder nach Umständen, den angemessenen Unterhalt zu verlangen.
4) Nichtigerklärung;
§. 1265. Wird eine Ehe
für ungültig erklärt; so zerfallen auch die Ehe-Pacte, das Vermögen kommt, in
so fern es vorhanden ist, in den vorigen Stand zurück. Der Schuldtragende Theil
hat aber dem schuldlosen Theile Entschädigung zu leisten. (§. 102.)
5) Trennung der Ehe.
§. 1266. Wird die
Trennung der Ehe (§§. 115 u. 133) auf Verlangen beyder Ehegatten, ihrer
unüberwindlichen Abneigung wegen, verwilliget; so sind die Ehe-Pacte, so weit
darüber kein Vergleich getroffen wird (§. 117), für beyde Theile erloschen.
Wird auf die Trennung der Ehe durch Urtheil erkannt, so gebührt dem schuldlosen
Ehegatten nicht nur volle Genugthuung, sondern von dem Zeitpuncte der erkannten
Trennung alles dasjenige, was ihm in den Ehe-Pacten auf den Fall des Ueberlebens
bedungen worden ist. Das Vermögen, worüber eine Gütergemeinschaft bestanden
hat, wird wie bey dem Tode getheilt, und das Recht aus einem Erbvertrage bleibt
dem Schuldlosen auf den Todesfall vorbehalten. Die gesetzliche Erbfolge (§§.
757-759) kann ein getrennter, obgleich schuldloser Ehegatte nicht ansprechen.
Neun u. zwanzigstes
Hauptstück.
Von den
Glücksverträgen.
Glücksverträge.
§. 1267. Ein Vertrag,
wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vortheiles versprochen und
angenommen wird, ist ein Glücksvertrag. Er gehört, je nachdem etwas dagegen
versprochen wird oder nicht, zu den entgeldlichen oder unentgeldlichen
Verträgen.
§. 1268. Bey
Glücksverträgen findet das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des
Werthes nicht Statt.
Arten der Glücksverträge.
§. 1269. Glücksverträge
sind: die Wette; das Spiel und das Los; alle über gehoffte Rechte, oder über
künftige noch unbestimmte Sachen errichtete Kauf- und andere Verträge; ferner,
die Leibrenten; die gesellschaftlichen Versorgungsanstalten; endlich, die
Versicherungs- und Bodmereyverträge.
1) die Wette;
§. 1270. Wenn über ein
beyden Theilen noch unbekanntes Ereigniß ein bestimmter Preis zwischen ihnen
für denjenigen, dessen Behauptung der Erfolg entspricht, verabredet wird; so
entsteht eine Wette. Hatte der gewinnende Theil von dem Ausgange Gewißheit, und
verheimlichte er sie dem andern Theile; so macht er sich einer Arglist
schuldig, und die Wette ist ungültig. Der verlierende Theil aber, dem der
Ausgang vorher bekannt war, ist als Geschenkgeber anzusehen.
§. 1271. Redliche und
sonst erlaubte Wetten sind in so weit verbindlich, als der bedungene Preis
nicht bloß versprochen; sondern wirklich entrichtet, oder hinterlegt worden
ist. Gerichtlich kann der Preis nicht gefordert werden.
2) das Spiel;
§. 1272. Jedes Spiel
ist eine Art von Wette. Die für Wetten festgesetzten Rechte gelten auch für
Spiele. Welche Spiele überhaupt, oder für besondere Classen verbothen; wie
Personen, die verbothene Spiele treiben, und diejenigen, die ihnen dazu
Unterschleif geben, zu bestrafen sind, bestimmen die politischen Gesetze.
3) Los;
§. 1273. Ein zwischen
Privat-Personen auf eine Wette oder auf ein Spiel abzielendes Los wird nach den
für Wetten und Spiele festgesetzten Vorschriften beurtheilet. Soll aber eine
Theilung, eine Wahl, oder eine Streitigkeit durch das Los entschieden werden;
so treten dabey die Rechte der übrigen Verträge ein.
§. 1274.
Staats-Lotterien sind nicht nach der Eigenschaft der Wette und des Spieles;
sondern nach den jedes Mahl darüber kund gemachten Planen, zu beurtheilen.
4) Hoffnungskauf.
§. 1275. Wer für ein
bestimmtes Maß von einem künftigen Erträgnisse einen verhältnißmäßigen Preis
verspricht, schließt einen ordentlichen Kaufvertrag.
§. 1276. Wer die
künftigen Nutzungen einer Sache in Pausch und Bogen; oder wer die Hoffnung
derselben in einem bestimmten Preise kauft, errichtet einen Glücksvertrag; er
trägt die Gefahr der ganz vereitelten Erwartung; es gebühren ihm aber auch alle
ordentliche erzielte Nutzungen.
insbesondere eines
Kuxes;
§. 1277. Der Antheil an
einem Bergwerke heißt Kux. Der Kauf eines Kuxes gehört zu den gewagten
Verträgen. Der Verkäufer haftet nur für die Richtigkeit des Kuxes, und der
Käufer hat sich nach den Gesetzen über den Bergbau zu benehmen.
oder einer Erbschaft.
§. 1278. Der Käufer
einer von dem Verkäufer angetretenen, oder ihm wenigstens angefallenen
Erbschaft tritt nicht allein in die Rechte; sondern auch in die
Verbindlichkeiten des Verkäufers als Erben ein, in so weit diese nicht bloß
persönlich sind. Wenn also bey dem Kaufe kein Inventarium zum Grunde gelegt
wird, ist auch der Erbschaftskauf ein gewagtes Geschäft.
Der Erbschaftskauf
bedarf zu seiner Gültigkeit der Aufnahme eines Notariatsaktes oder der
Beurkundung durch gerichtliches Protokoll.
§. 1279. Auf Sachen,
die dem Verkäufer nicht als Erben; sondern aus einem andern Grunde, z. B. als
Vorausvermächtniß, als Fideicommiß, als Substitution, als Schuldforderung aus
der Verlassenschaft gebühren, und ihm auch ohne Erbrecht gebührt hätten, hat
der Erbschaftskäufer keinen Anspruch. Dagegen erhält er alles, was der
Erbschaft selbst zuwächst, es sey durch den Abgang eines Legatars, oder eines
Miterben, oder auf was immer für eine andere Art, in so weit der Verkäufer
darauf Anspruch gehabt hätte.
§. 1280. Alles, was der
Erbe aus dem Erbrechte erhält, wie z. B. die bezogenen Früchte und Forderungen,
wird mit zur Masse gerechnet; alles hingegen, was er aus dem Seinigen auf die
Antretung der Erbschaft, oder auf die Verlassenschaft verwendet hat, wird von
der Masse abgezogen. Dahin gehören die bezahlten Schulden; die schon
abgeführten Vermächtnisse, Abgaben und Gerichtsgebühren; und wenn es nicht
ausdrücklich anders verabredet worden ist, auch die Begräbnißkosten.
§. 1281. In so weit der
Verkäufer die Verlassenschaft vor der Uebergabe verwaltet hat, haftet er dem
Käufer dafür, wie ein anderer Geschäftsträger.
§. 1282. Die
Erbschaftsgläubiger und Vermächtnißnehmer aber können sich ihrer Befriedigung
wegen sowohl an den Käufer der Erbschaft, als an den Erben selbst halten. Ihre
Rechte, so wie jene der Erbschaftsschuldner werden durch den Verkauf der
Erbschaft nicht geändert, und die Erbschaftsantretung des Einen gilt auch für
den Andern.
§. 1283. Hat man bey
dem Verkaufe der Erbschaft ein Inventarium zum Grunde gelegt; so haftet der
Verkäufer für dasselbe. Ist der Kauf ohne ein solches Verzeichniß geschehen; so
haftet er für die Richtigkeit seines Erbrechtes, wie er es angegeben hat, und
für allen dem Käufer durch sein Verschulden zugefügten Schaden.
5) Leibrente;
§. 1284. Wird jemanden
für Geld, oder gegen eine für Geld geschätzte Sache auf die Lebensdauer einer
gewissen Person eine bestimmte jährliche Entrichtung versprochen; so ist es ein
Leibrentenvertrag.
§. 1285. Die Dauer der
Leibrente kann von dem Leben des einen oder andern Theiles, oder auch eines
Dritten abhängen. Sie wird im Zweifel vierteljährig vorhinein entrichtet; und
nimmt in allen Fällen mit dem Leben desjenigen, auf dessen Kopf sie beruhet,
ihr Ende.
§. 1286. Weder die
Gläubiger, noch die Kinder desjenigen, welcher sich eine Leibrente bedingt,
sind berechtiget, den Vertrag umzustoßen. Doch steht den Erstern frey, ihre
Befriedigung aus den Leibrenten zu suchen; den Letztern aber, die Hinterlegung
eines entbehrlichen Theiles der Rente zu fordern, um sich den ihnen nach dem
Gesetze gebührenden Unterhalt darauf versichern zu lassen.
6) gesellschaftliche
Versorgungsanstalten;
§. 1287. Der Vertrag,
wodurch vermittelst einer Einlage ein gemeinschaftlicher Versorgungsfond für
die Mitglieder, ihre Gattinnen oder Waisen errichtet wird, ist aus der Natur
und dem Zwecke einer solchen Anstalt, und den darüber festgesetzten
Bedingungen, zu beurtheilen.
7)
Versicherungsvertrag;
§. 1288. Wenn jemand
die Gefahr des Schadens, welcher einen Andern ohne dessen Verschulden treffen
könnte, auf sich nimmt, und ihm gegen einen gewissen Preis den bedungenen
Ersatz zu leisten verspricht; so entsteht der Versicherungsvertrag. Der
Versicherer haftet dabey für den zufälligen Schaden, und der Versicherte für
den versprochenen Preis.
§. 1289. Der
gewöhnliche Gegenstand dieses Vertrages sind Waaren, die zu Wasser oder zu
Lande verführt werden. Es können aber auch andere Sachen, z. B. Häuser und
Grundstücke gegen Feuer- Wasser- und andere Gefahren versichert werden.
§. 1290. Ereignet sich
der zufällige Schade, wofür die Entschädigung versichert worden ist; so muß der
Versicherte, wenn kein unüberwindliches Hinderniß dazwischen kommt, oder nichts
anderes verabredet worden ist, dem Versicherer, wenn sie sich im nähmlichen
Orte befinden, binnen drey Tagen, sonst aber in derjenigen Zeitfrist davon
Nachricht geben, welche zur Bekanntmachung der Annahme eines von einem
Abwesenden gemachten Versprechens bestimmt worden ist. (§. 862). Unterläßt er
die Anzeige; kann er den Unfall nicht erweisen; oder kann der Versicherer
beweisen, daß der Schade aus Verschulden des Versicherten entstanden ist; so
hat dieser auch keinen Anspruch auf die versicherte Summe.
§. 1291. Wenn der
Untergang der Sache dem Versicherten; oder der gefahrlose Zustand derselben dem
Versicherer zur Zeit des geschlossenen Vertrages schon bekannt war; so ist der
Vertrag ungültig.
8) Bodmerey- und
See-Assecurancen.
§. 1292. Die
Bestimmungen in Rücksicht der Versicherungen zur See; so wie die Vorschriften
über den Bodmerey-Vertrag sind ein Gegenstand der Seegesetze.
Dreyßigstes Hauptstück.
Von dem Rechte des
Schadensersatzes und der Genugthuung.
Schade.
§. 1293. Schade heißt
jeder Nachtheil, welcher jemanden an Vermögen, Rechten oder seiner Person
zugefügt worden ist. Davon unterscheidet sich der Entgang des Gewinnes, den
jemand nach dem gewöhnlichen Laufe der Dinge zu erwarten hat.
Quellen der
Beschädigung.
§. 1294. Der Schade
entspringt entweder aus einer widerrechtlichen Handlung, oder Unterlassung
eines Andern; oder aus einem Zufalle. Die widerrechtliche Beschädigung wird
entweder willkührlich, oder unwillkührlich zugefügt. Die willkührliche
Beschädigung aber gründet sich theils in einer bösen Absicht, wenn der Schade
mit Wissen und Willen; theils in einem Versehen, wenn er aus schuldbarer Unwissenheit,
oder aus Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes
verursacht worden ist. Beydes wird ein Verschulden genannt.
Von der Verbindlichkeit
zum Schadensersatze:
1) von dem Schaden aus
Verschulden;
§. 1295. Jedermann ist berechtigt,
von dem Beschädiger den Ersatz des Schadens, welchen dieser ihm aus Verschulden
zugefügt hat, zu fordern; der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Auch wer in einer gegen
die guten Sitten verstoßenden Weise absichtlich Schaden zufügt, ist dafür
verantwortlich, jedoch falls dies in Ausübung eines Rechtes geschah, nur dann,
wenn die Ausübung des Rechtes offenbar den Zweck hatte, den anderen zu
schädigen.
§. 1296. Im Zweifel
gilt die Vermuthung, daß ein Schade ohne Verschulden eines Andern entstanden
sey.
§. 1297. Es wird aber
auch vermuthet, daß jeder, welcher den Verstandesgebrauch besitzt, eines
solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit fähig sey, welcher bey gewöhnlichen
Fähigkeiten angewendet werden kann. Wer bey Handlungen, woraus eine Verkürzung
der Rechte eines Andern entsteht, diesen Grad des Fleißes oder der
Aufmerksamkeit unterläßt, macht sich eines Versehen schuldig.
§. 1298. Wer vorgibt,
daß er an der Erfüllung seiner vertragsmäßigen oder gesetzlichen
Verbindlichkeit ohne sein Verschulden verhindert worden sey, dem liegt der
Beweis ob.
insbesondere a) der
Sachverständigen,
§. 1299. Wer sich zu
einem Amte, zu einer Kunst, zu einem Gewerbe oder Handwerke öffentlich
bekennet; oder wer ohne Noth freywillig ein Geschäft übernimmt, dessen
Ausführung eigene Kunstkenntnisse, oder einen nicht gewöhnlichen Fleiß
erfordert, gibt dadurch zu erkennen, daß er sich den nothwendigen Fleiß und die
erforderlichen, nicht gewöhnlichen, Kenntnisse zutraue; er muß daher den Mangel
derselben vertreten. Hat aber derjenige, welcher ihm das Geschäft überließ, die
Unerfahrenheit desselben gewußt; oder, bey gewöhnlicher Aufmerksamkeit wissen
können, so fällt zugleich dem Letzteren Versehen zur Last.
§. 1300. Ein
Sachverständiger ist auch dann verantwortlich, wenn er gegen Belohnung in
Angelegenheiten seiner Kunst oder Wissenschaft aus Versehen einen nachtheiligen
Rath ertheilet. Außer diesem Falle haftet ein Rathgeber nur für den Schaden,
welchen er wissentlich durch Ertheilung des Rathes dem Andern verursachet hat.
oder b) mehrerer
Theilnehmer.
§. 1301. Für einen
widerrechtlich zugefügten Schaden können mehrere Personen verantwortlich
werden, indem sie gemeinschaftlich, unmittelbarer oder mittelbarer Weise, durch
Verleiten, Drohen, Befehlen, Helfen, Verhehlen und dgl.; oder auch nur durch
Unterlassung der besonderen Verbindlichkeit das Uebel zu verhindert, dazu
beygetragen haben.
§. 1302. In einem
solchen Falle verantwortet, wenn die Beschädigung in einem Versehen gegründet
ist, und die Antheile sich bestimmen lassen, jeder nur den durch sein Versehen
verursachten Schaden. Wenn aber der Schade vorsätzlich zugefügt worden ist;
oder, wenn die Antheile der Einzelnen an der Beschädigung sich nicht bestimmen
lassen; so haften Alle für Einen und Einer für Alle; doch bleibt demjenigen,
welcher den Schaden ersetzt hat, der Rückersatz gegen die Uebrigen vorbehalten.
§. 1303. In wie weit
mehrere Mitschuldner bloß aus der unterlassenen Erfüllung ihrer Verbindlichkeit
zu haften haben, ist aus der Beschaffenheit des Vertrages zu beurtheilen.
§. 1304. Wenn bey einer
Beschädigung zugleich ein Verschulden von Seite des Beschädigten eintritt; so
trägt er mit dem Beschädiger den Schaden verhältnißmäßig; und, wenn sich das
Verhältniß nicht bestimmen läßt, zu gleichen Theilen.
2) aus dem Gebrauche
des Rechtes;
§. 1305. Wer von seinem
Rechte innerhalb der rechtlichen Schranken (§ 1295, Absatz 2) Gebrauch macht,
hat den für einen anderen daraus entspringenden Nachteil nicht zu verantworten.
3) aus einer
schuldlosen oder unwillkührlichen Handlung;
§. 1306. Den Schaden,
welchen jemand ohne Verschulden oder durch eine unwillkührliche Handlung
verursacht hat, ist er in der Regel zu ersetzen nicht schuldig.
§. 1306a. Wenn jemand
im Notstand einen Schaden verursacht, um eine unmittelbar drohende Gefahr von
sich oder anderen abzuwenden, hat der Richter unter Erwägung, ob der
Beschädigte die Abwehr aus Rücksicht auf die dem anderen drohende Gefahr
unterlassen hat, sowie des Verhältnisses der Größe der Beschädigung zu dieser
Gefahr oder endlich des Vermögens des Beschädigers und des Beschädigten zu
erkennen, ob und in welchem Umfange der Schaden zu ersetzen ist.
§. 1307. Wenn sich
jemand aus eigenem Verschulden in einen Zustand der Sinnesverwirrung oder in
einen Notstand versetzt hat, so ist auch der in demselben verursachte Schade
seinem Verschulden zuzuschreiben. Eben dieses gilt auch von einem Dritten, der
durch sein Verschulden diese Lage bei dem Beschädiger veranlaßt hat.
§. 1308. Wenn Wahn-
oder Blödsinnige oder Unmündige jemanden beschädigen, der durch irgendein
Verschulden hierzu selbst Veranlassung gegeben hat, so kann er keinen Ersatz
ansprechen.
§. 1309. Außer diesem
Falle gebührt ihm der Ersatz von denjenigen Personen, denen der Schade wegen
Vernachlässigung der ihnen über solche Personen anvertrauten Obsorge
beygemessen werden kann.
§. 1310. Kann der
Beschädigte auf solche Art den Ersatz nicht erhalten; so soll der Richter mit
Erwägung des Umstandes, ob dem Beschädiger, ungeachtet er gewöhnlich seines
Verstandes nicht mächtig ist, in dem bestimmten Falle nicht dennoch ein
Verschulden zur Last liege; oder, ob der Beschädigte aus Schonung des
Beschädigers die Vertheidigung unterlassen habe; oder endlich, mit Rücksicht
auf das Vermögen des Beschädigers und des Beschädigten; auf den ganzen Ersatz
oder doch einen billigen Theil desselben erkennen.
4) durch Zufall.
§. 1311. Der bloße
Zufall trifft denjenigen, in dessen Vermögen oder Person er sich ereignet. Hat
aber jemand den Zufall durch ein Verschulden veranlaßt; hat er ein Gesetz, das
den zufälligen Beschädigungen vorzubeugen sucht, übertreten; oder sich ohne
Noth in fremde Geschäfte gemengt; so haftet er für allen Nachtheil, welcher
außer dem nicht erfolgt wäre.
§. 1312. Wer in einem
Nothfalle jemanden einen Dienst geleistet hat, dem wird der Schade, welchen er
nicht verhütet hat, nicht zugerechnet; es wäre denn, daß er einen Andern, der
noch mehr geleistet haben würde, durch seine Schuld daran verhindert hätte.
Aber auch in diesem Falle kann er den sicher verschaften Nutzen gegen den
verursachten Schaden in Rechnung bringen.
5) durch fremde
Handlungen.
§. 1313. Für fremde,
widerrechtliche Handlungen, woran jemand keinen Theil genommen hat, ist er in
der Regel auch nicht verantwortlich. Selbst in den Fällen, wo die Gesetze das
Gegentheil anordnen, bleibt ihm der Rückersatz gegen den Schuldtragenden
vorbehalten.
§. 1313a. Wer einem
andern zu einer Leistung verpflichtet ist, haftet ihm für das Verschulden
seines gesetzlichen Vertreters sowie der Personen, deren er sich zur Erfüllung
bedient, wie für sein eigenes.
§. 1314. Wer eine
Dienstperson ohne Zeugnis aufnimmt oder wissentlich eine durch ihre Leibes-
oder Gemütsbeschaffenheit gefährliche Person im Dienste behält oder ihr
Aufenthalt gibt, haftet dem Hausherrn und den Hausgenossen für den Ersatz des
durch die gefährliche Beschaffenheit dieser Personen verursachten Schadens.
§. 1315. Überhaupt
haftet derjenige, welcher sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen
Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, für den Schaden, den sie
in dieser Eigenschaft einem Dritten zufügt.
§. 1316. Gastwirte, die
Fremde beherbergen, sowie die anderen in § 970 bezeichneten Personen, ferner
Schiffer und Fuhrleute haften für den Schaden, welchen ihre eigenen oder die
von ihnen zugewiesenen Dienstpersonen an den eingebrachten oder übernommenen
Sachen einem Gast oder Reisenden in ihrem Hause, ihrer Anstalt oder ihrem
Fahrzeuge verursachen.
§. 1317. In wie fern
bey öffentlichen Versendungsanstalten für den Schaden eine Haftung übernommen
werden, bestimmen die besondern Vorschriften.
§. 1318. Wird jemand
durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten Sache;
oder, durch Herauswerfen oder Herausgießen aus einer Wohnung beschädiget; so
haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die
Sache herabgefallen ist, für den Schaden.
6. Durch ein Bauwerk
§. 1319. Wird durch
Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem
Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden
verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze
verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des
Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr
erforderliche Sorgfalt angewendet habe.
7. Durch ein Tier
§. 1320. Wird jemand
durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu
angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das
Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, daß er für die
erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hatte.
§. 1321. Wer auf seinem
Grund und Boden fremdes Vieh antrifft, ist deßwegen noch nicht berechtigt, es
zu tödten. Er kann es durch anpassende Gewalt verjagen; oder, wenn er dadurch
Schaden gelitten hat, das Recht der Privat-Pfändung über so viele Stücke Viehes
ausüben, als zu seiner Entschädigung hinreicht. Doch muß er binnen acht Tagen
sich mit dem Eigenthümer abfinden, oder seine Klage vor den Richter bringen;
widrigenfalls aber das gepfändete Vieh zurückstellen.
§. 1322. Das gepfändete
Vieh muß auch zurückgestellt werden, wenn der Eigenthümer eine andere
angemessene Sicherheit leistet.
Arten des Schadensersatzes.
§. 1323. Um den Ersatz
eines verursachten Schadens zu leisten, muß alles in den vorigen Stand zurück
versetzet, oder, wenn dieses nicht thunlich ist, der Schätzungswerth vergütet
werden. Betrifft der Ersatz nur den erlittenen Schaden, so wird er eigentlich
eine Schadloshaltung; wofern er sich aber auch auf den entgangenen Gewinn, und
die Tilgung der verursachten Beleidigung erstreckt, volle Genugthuung genannt.
§. 1324. In dem Falle
eines aus böser Absicht, oder aus einer auffallenden Sorglosigkeit verursachten
Schadens ist der Beschädigte volle Genugthuung; in den übrigen Fällen aber nur
die eigentliche Schadloshaltung zu fordern berechtiget. Hiernach ist in den
Fällen, wo im Gesetze der allgemeine Ausdruck: Ersatz, vorkommt, zu beurtheilen,
welche Art des Ersatzes zu leisten sey.
Insbesondere 1) bey
Verletzungen an dem Körper;
§. 1325. Wer jemanden
an seinem Körper verletzt, bestreitet die Heilungskosten des Verletzten;
ersetzt ihm den entgangenen, oder, wenn der Beschädigte zum Erwerb unfähig
wird, auch den künftig entgehenden Verdienst; und bezahlt ihm auf Verlangen
überdieß ein den erhobenen Umständen angemessenes Schmerzensgeld.
§. 1326. Ist die
verletzte Person durch die Mißhandlung verunstaltet worden; so muß zumahl, wenn
sie weiblichen Geschlechtes ist, in so fern auf diesen Umstand Rücksicht
genommen werden, als ihr besseres Fortkommen dadurch verhindert werden kann.
§. 1327. Erfolgt aus
einer körperlichen Verletzung der Tod, so müssen nicht nur alle Kosten, sondern
auch den Hinterbliebenen, für deren Unterhalt der Getötete nach dem Gesetze zu
sorgen hatte, das, was ihnen dadurch entgangen ist, ersetzt werden.
§. 1328. Wer eine
Frauensperson durch eine strafbare Handlung oder sonst durch Hinterlist,
Drohungen oder Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung der
außerehelichen Beiwohnung bestimmt, hat ihr den erlittenen Schaden und
entgangenen Gewinn zu ersetzen.
2) an der persönlichen
Freyheit;
§. 1329. Wer jemanden
durch gewaltsame Entführung, durch Privatgefangennehmung oder vorsätzlich durch
einen widerrechtlichen Arrest seiner Freiheit beraubt, ist verpflichtet, dem
Verletzten die vorige Freiheit zu verschaffen und volle Genugtuung zu leisten.
Kann er ihm die Freiheit nicht mehr verschaffen, so muß er den Hinterbliebenen,
wie bei der Tötung, Ersatz leisten.
3) an der Ehre;
§. 1330. Wenn jemandem
durch Ehrenbeleidigung ein wirklicher Schade oder Entgang des Gewinnes
verursacht worden ist, so ist er berechtigt, den Ersatz zu fordern.
Dies gilt auch, wenn
jemand Tatsachen verbreitet, die den Kredit, den Erwerb oder das Fortkommen
eines anderen gefährden und deren Unwahrheit er kannte oder kennen mußte. In
diesem Falle kann auch der Widerruf und die Veröffentlichung desselben verlangt
werden. Für eine nicht öffentlich vorgebrachte Mitteilung, deren Unwahrheit der
Mitteilende nicht kennt, haftet er nicht, wenn er oder der Empfänger der
Mitteilung an ihr ein berechtigtes Interesse hatte.
4) an dem Vermögen.
§. 1331. Wird jemand an
seinem Vermögen vorsätzlich oder durch auffallende Sorglosigkeit eines andern
beschädiget; so ist er auch den entgangenen Gewinn, und wenn der Schade
vermittelst einer durch ein Strafgesetz verbothenen Handlung, oder aus
Muthwillen und Schadenfreude verursachet worden ist, den Werth der besondern
Vorliebe zu fordern berechtiget.
§. 1332. Der Schade,
welcher aus einem mindern Grade des Versehens oder der Nachlässigkeit
verursacht worden ist, wird nach dem gemeinen Werthe, den die Sache zur Zeit
der Beschädigung hatte, ersetzt.
Insonderheit durch
Verzögerung der Zahlung.
Verzögerungszinse.
§. 1333. Der Schade,
welchen der Schuldner seinem Gläubiger durch Verzögerung der bedungenen Zahlung
des schuldigen Capitals zugefügt hat, wird durch die von dem Gesetze bestimmten
Zinsen vergütet. (§. 995.)
§. 1334. Eine Verzögerung
fällt einem Schuldner überhaupt zur Last, wenn er den durch Gesetz oder Vertrag
bestimmten Zahlungstag nicht zuhält; oder wenn er in dem Falle, daß die
Zahlungszeit nicht bestimmt ist, nach dem Tage der geschehenen gerichtlichen
oder außergerichtlichen Einmahnung sich nicht mit dem Gläubiger abgefunden hat.
§. 1335. Hat der
Gläubiger ohne gerichtliche Einmahnung die Zinsen bis auf den Betrag der
Hauptschuld steigen lassen; so erlischt das Recht, von dem Capitale weitere
Zinsen zu fordern. Von dem Tage der erhobenen Klage können jedoch neuerdings
Zinsen verlangt werden.
Bedingung des
Vergütungsvertrages (Conventional-Strafe).
§. 1336. Die
vertragschließenden Teile können eine besondere Übereinkunft treffen, daß auf
den Fall des entweder gar nicht oder nicht auf gehörige Art oder zu spät
erfüllten Versprechens anstatt des zu vergütenden Nachteiles ein bestimmter
Geld- oder anderer Betrag entrichtet werden solle (§ 912). Der Schuldner
erlangt mangels besonderer Vereinbarung nicht das Recht, sich durch Bezahlung
des Vergütungsbetrages von der Erfüllung zu befreien. Wurde die
Konventionalstrafe für die Nichteinhaltung der Erfüllungszeit oder des
Erfüllungsortes versprochen, so kann sie neben der Erfüllung gefordert werden.
In allen Fällen ist der
Vergütungsbetrag, wenn er vom Schuldner als übermäßig erwiesen wird, von dem
Richter, allenfalls nach Einvernehmung von Sachverständigen, zu mäßigen.
Verbindlichkeit der
Erben des Beschädigers.
§. 1337. Die
Verbindlichkeit zum Ersatze des Schadens, und des entgangenen Gewinnes, oder
zur Entrichtung des bedungenen Vergütungsbetrages haftet auf dem Vermögen, und
geht auf die Erben über.
Rechtsmittel der
Entschädigung.
§. 1338. Das Recht zum
Schadensersatze muß in der Regel, wie jedes andere Privat-Recht, bey dem ordentlichen
Richter angebracht werden. Hat der Beschädiger zugleich ein Strafgesetz
übertreten; so trifft ihn auch die verhängte Strafe. Die Verhandlung über den
Schadensersatz aber gehört auch in diesem Falle, in so fern sie nicht durch die
Strafgesetze dem Strafgerichte oder der politischen Behörde aufgetragen ist, zu
dem Civil-Gerichte.
§. 1339. Die
körperlichen Verletzungen, die widerrechtlichen Kränkungen der Freyheit, und
die Ehrenbeleidigungen, werden nach Beschaffenheit der Umstände, entweder als
Verbrechen von dem Criminal-Gerichte, oder als schwere Polizey-Uebertretungen,
und wenn sie zu keiner dieser Classen gehören, als Vergehungen von der
politischen Obrigkeit untersucht und bestraft.
§. 1340. Diese Behörden
haben in dem Falle, daß sich die Entschädigung unmittelbar bestimmen läßt,
sogleich darüber nach den in diesem Hauptstücke ertheilten Vorschriften zu
erkennen. Wenn aber der Ersatz des Schadens nicht unmittelbar bestimmt werden
kann, ist in dem Erkenntnisse überhaupt auszudrücken, daß dem Beschädigten die
Entschädigung im Wege Rechtens zu suchen vorbehalten bleibe. Dieser Weg ist
auch in Criminal-Fällen dem Beschädigten, und in andern Fällen beyden Theilen
dann vorbehalten, wenn sie mit der von der Strafbehörde erfolgten Bestimmung
des Ersatzes sich nicht befriedigen wollten.
§. 1341. Gegen das
Verschulden eines Richters beschwert man sich bey der höhern Behörde. Diese
untersucht und beurtheilt die Beschwerde von Amts wegen.
Dritter Theil des
bürgerlichen Gesetzbuches.
Von den
gemeinschaftlichen Bestimmungen der Personen- und Sachenrechte.
Erstes Hauptstück.
Von Befestigung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Gemeinschaftliche
Bestimmungen der Rechte.
§. 1342. Sowohl
Personenrechte als Sachenrechte, und daraus entspringende Verbindlichkeiten
können gleichförmig befestiget, umgeändert und aufgehoben werden.
Arten der Befestigung
eines Rechtes;
§. 1343. Die
rechtlichen Arten der Sicherstellung einer Verbindlichkeit und der Befestigung
eines Rechtes, durch welche den Berechtigten ein neues Recht eingeräumet wird,
sind: die Verpflichtung eines Dritten für den Schuldner, und die Verpfändung.
I.) durch Verpflichtung
eines Dritten.
§. 1344. Ein Dritter
kann sich den Gläubiger für den Schuldner auf dreyerley Art verpflichten: Ein
Mahl, wenn er mit Einwilligung des Gläubigers die Schuld als Alleinzahler
übernimmt; dann, wenn er der Verbindlichkeit als Mitschuldner beytritt;
endlich, wenn er sich für die Befriedigung des Gläubigers auf den Fall
verbindet, daß der erste Schuldner die Verbindlichkeit nicht erfülle.
§. 1345. Wenn jemand
mit Einwilligung des Gläubigers die ganze Schuld eines Andern übernimmt; so
geschieht keine Befestigung, sondern eine Umänderung der Verbindlichkeit, wovon
in dem folgenden Hauptstücke gehandelt wird.
a) Als Bürge;
§. 1346. Wer sich zur
Befriedigung des Gläubigers auf den Fall verpflichtet, daß der erste Schuldner
die Verbindlichkeit nicht erfülle, wird ein Bürge, und das zwischen ihm und dem
Gläubiger getroffene Uebereinkommen ein Bürgschaftsvertrag genannt. Hier bleibt
der erste Schuldner noch immer der Hauptschuldner, und der Bürge kommt nur als
Nachschuldner hinzu.
Zur Gültigkeit des
Bürgschaftsvertrages ist erforderlich, daß die Verpflichtungserklärung des
Bürgen schriftlich abgegeben wird.
b) Als Mitschuldner;
§. 1347. Wenn jemand,
ohne die den Bürgen zu Statten kommende Bedingung, einer Verbindlichkeit als
Mitschuldner beytritt; so entsteht eine Gemeinschaft mehrerer Mitschuldner,
deren rechtliche Folgen nach den in dem Hauptstücke von Verträgen überhaupt
gegebenen Vorschriften zu beurtheilen sind. (§§. 888-896.)
Entschädigungsbürge.
§. 1348. Wer dem Bürgen
auf den Fall, daß derselbe durch seine Bürgschaft zu Schaden kommen sollte,
Entschädigung zusagt, heißt Entschädigungsbürge.
Wer sich verbürgen
könne.
§. 1349. Fremde Verbindlichkeiten
kann ohne Unterschied des Geschlechtes jedermann auf sich nehmen, dem die freye
Verwaltung seines Vermögens zusteht.
Für welche
Verbindlichkeiten.
§. 1350. Eine
Bürgschaft kann nicht nur über Summen und Sachen, sondern auch über erlaubte Handlungen
und Unterlassungen in Beziehung auf den Vortheil oder Nachtheil, welcher aus
denselben für den Sichergestellten entstehen kann, geleistet werden.
§. 1351.
Verbindlichkeiten, welche nie zu Recht bestanden haben, oder schon aufgehoben
sind, können weder übernommen, noch bekräftiget werden.
§. 1352. Wer sich für
eine Person verbürgt, die sich vermöge ihrer persönlichen Eigenschaft nicht
verbinden kann, ist, obschon ihm diese Eigenschaft unbekannt war, gleich einem
ungetheilten Mitschuldner verpflichtet. (§. 896.)
Umfang der Bürgschaft.
§. 1353. Die Bürgschaft
kann nicht weiter ausgedehnt werden, als sich der Bürge ausdrücklich erkläret
hat. Wer sich für ein zinsbares Capital verbürget, haftet nur für jene
rückständigen Zinsen, welche der Gläubiger noch nicht einzutreiben berechtiget
war.
§. 1354. Von der
Einwendung, wodurch ein Schuldner nach Vorschrift der Gesetze die Beybehaltung
eines Theiles seines Vermögens zu seinem Unterhalte zu fordern berechtiget ist,
kann der Bürge nicht Gebrauch machen.
Wirkung.
§. 1355. Der Bürge kann
in der Regel erst dann belanget werden, wenn der Hauptschuldner auf des
Gläubigers gerichtliche oder außergerichtliche Einmahnung seine Verbindlichkeit
nicht erfüllet hat.
§. 1356. Der Bürge kann
aber, selbst wenn er sich ausdrücklich nur für den Fall verbürget hat, daß der
Hauptschuldner zu zahlen unvermögend sey, zuerst belanget werden, wenn der
Hauptschuldner in Concurs verfallen, oder wenn er zur Zeit, als die Zahlung
geleistet werden sollte, unbekannten Aufenthaltes, und der Gläubiger keiner
Nachlässigkeit zu beschuldigen ist.
§. 1357. Wer sich als
Bürge und Zahler verpflichtet hat, haftet als ungetheilter Mitschuldner für die
ganze Schuld; es hängt von der Willkühr des Gläubigers ab, ob er zuerst den
Hauptschuldner, oder den Bürgen, oder beyde zugleich belangen wolle. (§. 891.)
§. 1358. Wer eine
fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten
Vermögensstücken haftet, tritt in die Rechte des Gläubigers und ist befugt, von
dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Zu diesem Ende ist
der befriedigte Gläubiger verbunden, dem Zahler alle vorhandenen Rechtsbehelfe
und Sicherungsmittel auszuliefern.
§. 1359. Haben für den
nähmlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet; so haftet jede
für den ganzen Betrag. Hat aber Eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen; so
gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§. 896.) das Recht des Rückersatzes gegen
die übrigen.
§. 1360. Wenn dem
Gläubiger vor, oder bey Leistung der Bürgschaft noch außer derselben von dem
Hauptschuldner, oder einem Dritten ein Pfand gegeben wird; so steht ihm zwar
noch immer frey, den Bürgen der Ordnung nach (§. 1355.) zu belangen; aber er
ist nicht befugt, zu dessen Nachtheil sich des Pfandes zu begeben.
§. 1361. Hat der Bürge
oder Zahler den Gläubiger befriediget, ohne sich mit dem Hauptschuldner
einzuverstehen; so kann dieser Alles gegen jene einwenden, was er gegen den
Gläubiger hätte einwenden können.
§. 1362. Der Bürge kann
von dem Entschädigungsbürgen nur dann Entschädigung verlangen, wenn er sich den
Schaden nicht durch sein eigenes Verschulden zugezogen hat.
Arten der Erlöschung
der Bürgschaft.
§. 1363. Die
Verbindlichkeit des Bürgen hört verhältnißmäßig mit der Verbindlichkeit des
Schuldners auf. Hat sich der Bürge nur auf eine gewisse Zeit verpflichtet; so
haftet er nur für diesen Zeitraum. Die Entlassung eines Mitbürgen kommt diesem
zwar gegen den Gläubiger; aber nicht gegen die übrigen Mitbürgen zu Statten.
(§. 896).
§. 1364. Durch den
Verlauf der Zeit, binnen welcher der Schuldner hätte zahlen sollen, wird der
Bürge, wenn auch der Gläubiger auf die Befriedigung nicht gedrungen hat, noch
nicht von seiner Bürgschaft befreyt; allein er ist befugt, von dem Schuldner,
wenn er mit dessen Einwilligung Bürgschaft geleistet hat, zu verlangen, daß er
ihm Sicherheit verschaffe. Auch der Gläubiger ist dem Bürgen in so weit
verantwortlich, als dieser wegen dessen Saumseligkeit in Eintreibung der Schuld
an Erhohlung des Ersatzes zu Schaden kommt.
§. 1365. Wenn gegen den
Schuldner ein gegründetes Besorgniß der Zahlungsunfähigkeit oder der Entfernung
aus den Erbländern, für welche dieses Gesetzbuch vorgeschrieben ist, eintritt;
so steht dem Bürgen das Recht zu, von dem Schuldner die Sicherstellung der
verbürgten Schuld zu verlangen.
§. 1366. Wenn das
verbürgte Geschäft beendiget ist; so kann die Abrechnung, und die Aufhebung der
Bürgschaft gefordert werden.
§. 1367. Ist der
Bürgschaftsvertrag weder durch eine Hypothek, noch durch ein Faustpfand
befestiget; so erlischt er binnen drey Jahren nach dem Tode des Bürgen, wenn
der Gläubiger in der Zwischenzeit unterlassen hat, von dem Erben die verfallene
Schuld gerichtlich oder außergerichtlich einzumahnen.
II.) Durch
Pfandvertrag.
§. 1368. Pfandvertrag
heißt derjenige Vertrag, wodurch der Schuldner, oder ein Anderer anstatt seiner
auf eine Sache dem Gläubiger das Pfandrecht wirklich einräumet, folglich ihm
das bewegliche Pfandstück übergibt, oder das unbewegliche durch die Pfandbücher
verschreibt. Der Vertrag, ein Pfand übergeben zu wollen, ist noch kein
Pfandvertrag.
Wirkung des
Pfandvertrages.
§. 1369. Was bey
Verträgen überhaupt Rechtens ist, gilt auch bey dem Pfandvertrage; er ist
zweyseitig verbindlich. Der Pfandnehmer muß das Handpfand wohl verwahren und es
dem Verpfänder, so bald dieser die Befriedigung leistet, zurück geben. Betrifft
es eine Hypothek; so muß der befriedigte Gläubiger den Verpfänder in den Stand
setzen, die Löschung der Verbindlichkeit aus den Hypotheken-Büchern bewirken zu
können. Die mit dem Pfandbesitze verknüpften Rechte und Verbindlichkeiten des
Pfandgebers und Pfandnehmers sind im sechsten Hauptstücke des zweyten Theiles
bestimmt worden.
§. 1370. Der
Handpfandnehmer ist verbunden, dem Pfandgeber einen Pfandschein auszustellen,
und darin die unterscheidenden Kennzeichen des Pfandes zu beschreiben. Auch
können die wesentlichen Bedingungen des Pfandvertrages in dem Pfandscheine
angeführet werden.
Unerlaubte Bedingungen.
§. 1371. Alle der Natur
des Pfand- und Darleihensvertrages entgegen stehende Bedingungen und
Nebenverträge sind ungültig. Dahin gehören die Verabredungen: daß nach der
Verfallzeit der Schuldforderung das Pfandstück dem Gläubiger zufalle; daß er es
nach Willkühr, oder in einem schon im voraus bestimmten Preise veräußern, oder für
sich behalten könne; daß der Schuldner das Pfand niemahls einlösen, oder ein
liegendes Gut keinem Andern verschreiben, oder daß der Gläubiger nach der
Verfallzeit die Veräußerung des Pfandes nicht verlangen dürfe.
§. 1372. Der
Nebenvertrag, daß dem Gläubiger die Fruchtnießung der verpfändeten Sache
zustehen solle, ist ohne rechtliche Wirkung. Ist dem Gläubiger der bloße
Gebrauch eines beweglichen Pfandstückes eingeräumt worden (§. 459.), so muß
diese Benützung auf eine dem Schuldner unschädliche Art geschehen.
Auf welche Art in der
Regel Sicherstellung zu leisten ist.
§. 1373. Wer verbunden
ist, eine Sicherstellung zu leisten, muß diese Verbindlichkeit durch ein
Handpfand, oder durch eine Hypothek erfüllen. Nur in dem Falle, daß er ein
Pfand zu geben außer Stande ist, werden taugliche Bürgen angenommen.
§. 1374. Niemand ist
schuldig eine Sache, die zur Sicherstellung dienen soll, in einem höheren, als
dem, bey Häusern auf die Hälfte, bey Grundstücken aber, und bey beweglichen
Gütern auf zwey Drittheile der Schätzung bestimmten, Werthe zum Pfande
anzunehmen. Wer ein angemessenes Vermögen besitzt, und in der Provinz belangt
werden kann, ist ein tauglicher Bürge.
Zweytes Hauptstück.
Von Umänderung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Umänderung der Rechte
und Verbindlichkeiten;
§. 1375. Es hängt von
dem Willen des Gläubigers und des Schuldners ab, ihre gegenseitigen
willkührlichen Rechte und Verbindlichkeiten umzuändern. Die Umänderung kann
ohne, oder mit Hinzukunft einer dritten Person, und zwar entweder eines neuen
Gläubigers, oder eines neuen Schuldners geschehen.
1) durch Novation;
§. 1376. Die Umänderung
ohne Hinzukunft einer dritten Person findet Statt, wenn der Rechtsgrund, oder
wenn der Hauptgegenstand einer Forderung verwechselt wird, folglich die alte Verbindlichkeit
in eine neue übergeht.
§. 1377. Eine solche
Umänderung heißt Neuerungsvertrag (Novation). Vermöge dieses Vertrages hört die
vorige Hauptverbindlichkeit auf, und die neue nimmt zugleich ihren Anfang.
§. 1378. Die mit der
vorigen Hauptverbindlichkeit verknüpften Bürgschafts- Pfand- und anderen Rechte
erlöschen durch den Neuerungsvertrag, wenn die Theilnehmer nicht durch ein
besonderes Einverständniß hierüber etwas Anderes festgesetzt haben.
§. 1379. Die näheren
Bestimmungen, wo, wann und wie eine schon vorhandene Verbindlichkeit erfüllet
werden soll, und andere Nebenbestimmungen, wodurch in Rücksicht auf den
Hauptgegenstand oder Rechtsgrund keine Umänderung geschieht, sind eben so wenig
als ein Neuerungsvertrag anzusehen, als die bloße Ausstellung eines neuen
Schuldscheines, oder einer andern dahin gehörigen Urkunde. Auch kann eine
solche Abänderung in den Nebenbestimmungen einem Dritten, welcher derselben
nicht beygezogen worden ist, keine neue Last auflegen. Im Zweifel wird die alte
Verbindlichkeit nicht für aufgelöst gehalten, so lange sie mit der neuen noch
wohl bestehen kann.
2) Vergleich.
§. 1380. Ein
Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt
bestimmt werden, daß jede Partey sich wechselseitig etwas zu geben, zu thun,
oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den
zweyseitigen verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen
beurtheilet.
§. 1381. Wer dem
Verpflichteten mit dessen Einwilligung ein unstreitiges oder zweifelhaftes
Recht unentgeldlich erläßt, macht eine Schenkung (§. 939).
Ungültigkeit eines
Vergleiches in Rücksicht des Gegenstandes;
§. 1382. Es gibt
zweifelhafte Fälle, welche durch einen Vergleich nicht beygelegt werden dürfen.
Dahin gehört der zwischen Eheleuten über die Gültigkeit ihrer Ehe entstandene
Streit. Diesen kann nur der durch das Gesetz bestimmte Gerichtsstand
entscheiden.
§. 1383. Ueber den
Inhalt einer letzten Anordnung kann vor deren Bekanntmachung kein Vergleich
errichtet werden. Die hierüber entstandene Wette wird nach den Grundsätzen von
Glücksverträgen beurtheilt.
§. 1384. Vergleiche
über Gesetzübertretungen sind nur in Hinsicht auf die Privat-Genugthuung
gültig; die gesetzmäßige Untersuchung und Bestrafung kann dadurch bloß dann abgewendet
werden, wenn die Uebertretungen von der Art sind, daß die Behörde nur auf
Verlangen der Parteyen ihr Amt zu handeln angewiesen ist.
oder anderer Mängel.
§. 1385. Ein Irrthum
kann den Vergleich nur in so weit ungültig machen, als er die Wesenheit der
Person, oder des Gegenstandes betrifft.
§. 1386. Aus dem Grunde
einer Verletzung über die Hälfte kann ein redlich errichteter Vergleich nicht
angefochten werden.
§. 1387. Eben so wenig
können neu gefundene Urkunden, wenn sie auch den gänzlichen Mangel eines
Rechtes auf Seite einer Partey entdeckten, einen redlich eingegangenen
Vergleich entkräften.
§. 1388. Ein offenbarer
Rechnungsverstoß, oder ein Fehler, welcher bey dem Abschlusse eines Vergleiches
in dem Summiren oder Abziehen begangen wird, schadet keinem der
vertragmachenden Theile.
Umfang des Vergleiches.
§. 1389. Ein Vergleich,
welcher über eine besondere Streitigkeit geschlossen worden ist, erstreckt sich
nicht auf andere Fälle. Selbst allgemeine, auf alle Streitigkeiten überhaupt
lautende Vergleiche sind auf solche Rechte nicht anwendbar, die geflissentlich
verheimlichet worden sind, oder auf welche die sich vergleichenden Parteyen
nicht denken konnten.
Wirkung in Rücksicht
der Nebenverbindlichkeiten.
§. 1390. Bürgen und
Pfänder, welche zur Sicherheit des ganzen noch streitigen Rechtes gegeben
worden sind, haften auch für den Theil, der durch den Vergleich bestimmt worden
ist. Doch bleiben dem Bürgen und einem dritten Verpfänder, welche dem Vergleiche
nicht beygestimmt haben, alle Einwendungen gegen den Gläubiger vorbehalten,
welche ohne geschlossenen Vergleich der Forderung hätten entgegengesetzt werden
können.
§. 1391. Der Vertrag,
wodurch Parteyen zur Entscheidung streitiger Rechte einen Schiedsrichter
bestellen, erhält seine Bestimmung in der Gerichtsordnung.
3) Cession.
§. 1392. Wenn eine
Forderung von einer Person an die andere übertragen, und von dieser angenommen
wird; so entsteht die Umänderung des Rechtes mit Hinzukunft eines neuen Gläubigers.
Eine solche Handlung heißt Abtretung (Cession), und kann mit, oder ohne Entgeld
geschlossen werden.
Gegenstände der
Cession.
§. 1393. Alle
veräußerliche Rechte sind ein Gegenstand der Abtretung. Rechte, die der Person
ankleben, folglich mit ihr erlöschen, können nicht abgetreten werden.
Schuldscheine, die auf den Ueberbringer lauten, werden schon durch Uebergabe
abgetreten, und bedürfen nebst dem Besitze keines andern Beweises der
Abtretung.
Wirkung.
§. 1394. Die Rechte des
Uebernehmers sind mit den Rechten des Ueberträgers in Rücksicht auf die
überlassene Forderung eben dieselben.
§. 1395. Durch den
Abtretungsvertrag entsteht nur zwischen dem Ueberträger (Cedent) und dem
Uebernehmer der Forderung (Cessionar); nicht aber zwischen dem Letzten und dem
übernommenen Schuldner (Cessus) eine neue Verbindlichkeit. Daher ist der
Schuldner, so lange ihm der Uebernehmer nicht bekannt wird, berechtiget, den
ersten Gläubiger zu bezahlen, oder sich sonst mit ihm abzufinden.
§. 1396. Dieses kann
der Schuldner nicht mehr, so bald ihm der Uebernehmer bekannt gemacht worden
ist; allein es bleibt ihm das Recht, seine Einwendungen gegen die Forderung
anzubringen. Hat er die Forderung gegen den redlichen Uebernehmer für richtig
erkannt; so ist er verbunden, denselben als seinen Gläubiger zu befriedigen.
Haftung des Cedenten.
§. 1397. Wer eine
Forderung ohne Entgeld abtritt, also verschenkt, haftet nicht weiter für
dieselbe. Kommt aber die Abtretung auf eine entgeldliche Art zu Stande; so
haftet der Ueberträger dem Uebernehmer sowohl für die Richtigkeit, als für die
Einbringlichkeit der Forderung, jedoch nie für mehr, als er von dem Uebernehmer
erhalten hat.
§. 1398. In so fern der
Uebernehmer über die Einbringlichkeit der Forderung aus den öffentlichen
Pfandbüchern sich belehren konnte, gebührt ihm in Rücksicht der
Uneinbringlichkeit keine Entschädigung. Auch für eine zur Zeit der Abtretung
einbringliche, und durch einen bloßen Zufall oder durch Versehen des
Uebernehmers uneinbringlich gewordene Forderung haftet der Ueberträger nicht.
§. 1399. Ein Versehen
dieser Art begeht der Uebernehmer, wenn er die Forderung zur Zeit, als sie
aufgekündiget werden kann, nicht aufkündiget, oder nach verfallener
Zahlungsfrist nicht eintreibt; wenn er dem Schuldner nachsieht; wenn er die
noch mögliche Sicherheit zu rechter Zeit sich zu verschaffen versäumt, oder die
gerichtliche Execution zu betreiben unterläßt.
4) Anweisung
(Assignation).
§. 1400. Durch die
Anweisung auf eine Leistung eines Dritten wird der Empfänger der Anweisung
(Assignatar) zur Einhebung der Leistung bei dem Angewiesenen (Assignat) und der
letztere zur Leistung an ersteren für Rechnung des Anweisenden (Assignant)
ermächtigt. Einen unmittelbaren Anspruch erlangt der Anweisungsempfänger gegen
den Angewiesenen erst, wenn die Erklärung des Angewiesenen über die Annahme der
Anweisung ihm zugekommen ist.
§. 1401. Insoweit der
Angewiesene das zu Leistende dem Anweisenden bereits schuldet, ist er diesem
gegenüber verpflichtet, der Anweisung Folge zu leisten. Wenn durch die
Anweisung eine Schuld des Anweisenden bei dem Empfänger, der die Anweisung
angenommen hat, getilgt werden soll, ist der Empfänger verpflichtet, den
Angewiesenen zur Leistung aufzufordern.
Will der Empfänger von
der Anweisung keinen Gebrauch machen oder verweigert der Angewiesene die
Annahme oder die Leistung, so hat der Empfänger dies dem Anweisenden ohne
Verzug anzuzeigen.
Die Tilgung der Schuld
erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart ist, erst durch die Leistung.
§. 1402. Hat der
Angewiesene die Anweisung dem Empfänger gegenüber angenommen, so kann er diesem
nur solche Einwendungen entgegensetzen, welche die Gültigkeit der Annahme
betreffen oder sich aus dem Inhalte der Anweisung oder aus seinen persönlichen
Beziehungen zum Empfänger ergeben.
§. 1403. Solange der Angewiesene
die Anweisung noch nicht dem Empfänger gegenüber angenommen hat, kann sie der
Anweisende widerrufen. Besteht zwischen dem Anweisenden und dem Angewiesenen
kein anderer Rechtsgrund, so gelten für das Rechtsverhältnis zwischen beiden
die Vorschriften über den Bevollmächtigungsvertrag; die Anweisung erlischt
jedoch nicht durch den Tod des Anweisenden oder Angewiesenen. Inwiefern die
Aufhebung der Anweisung auch gegenüber dem Empfänger rechtswirksam ist,
bestimmt sich nach dem zwischen diesem und dem Anweisenden obwaltenden
Rechtsverhältnis.
Der Anspruch des
Empfängers gegen den Angewiesenen verjährt in drei Jahren.
5. Schuldübernahme
§. 1404. Wer einem
Schuldner verspricht, die Leistung an dessen Gläubiger zu bewirken
(Erfüllungsübernahme), haftet dem Schuldner dafür, daß der Gläubiger ihn nicht
in Anspruch nehme. Dem Gläubiger erwächst daraus unmittelbar kein Recht.
§. 1405. Wer einem
Schuldner erklärt, seine Schuld zu übernehmen (Schuldübernahme), tritt als
Schuldner an dessen Stelle, wenn der Gläubiger einwilligt. Bis diese
Einwilligung erfolgt oder falls sie verweigert wird, haftet er wie bei
Erfüllungsübernahme (§ 1404). Die Einwilligung des Gläubigers kann entweder dem
Schuldner oder dem Übernehmer erklärt werden.
§. 1406. Auch ohne Vereinbarung
mit dem Schuldner kann ein Dritter durch Vertrag mit dem Gläubiger die Schuld
übernehmen.
Im Zweifel ist aber die
dem Gläubiger erklärte Übernahme als Haftung neben dem bisherigen Schuldner,
nicht an dessen Stelle zu verstehen.
§. 1407. Die Verbindlichkeiten
des Übernehmers sind mit den Verbindlichkeiten des bisherigen Schuldners in
Rücksicht auf die übernommene Schuld ebendieselben. Der Übernehmer kann dem
Gläubiger die aus dem Rechtsverhältnis zwischen diesem und dem bisherigen
Schuldner entspringenden Einwendungen entgegensetzen.
Die Nebenrechte der
Forderung werden durch den Schuldnerwechsel nicht berührt. Bürgen und von
dritten Personen bestellte Pfänder haften jedoch nur dann fort, wenn der Bürge
oder Verpfänder dem Schuldnerwechsel zugestimmt hat.
§. 1408. Übernimmt bei
Veräußerung einer Liegenschaft der Erwerber ein auf ihr haftendes Pfandrecht,
so ist dies im Zweifel als Schuldübernahme zu verstehen. Der Veräußerer kann,
nach vollzogener Übertragung des Eigentums, den Gläubiger zur Annahme des neuen
Schuldners an seiner Stelle schriftlich mit der Wirkung auffordern, daß die
Einwilligung als erteilt gilt, wenn sie nicht binnen sechs Monaten versagt
wird. Auf diese Wirkung muß in der Aufforderung ausdrücklich hingewiesen sein.
§. 1409. Übernimmt
jemand ein Vermögen oder ein Unternehmen, so ist er unbeschadet der
fortdauernden Haftung des Veräußerers den Gläubigern aus den zum Vermögen oder
Unternehmen gehörigen Schulden, die er bei der Übergabe kannte oder kennen
mußte, unmittelbar verpflichtet. Er wird aber von der Haftung insoweit frei,
als er an solchen Schulden schon so viel berichtigt hat, wie der Wert des
übernommenen Vermögens oder Unternehmens beträgt.
Entgegenstehende
Vereinbarungen zwischen Veräußerer und Übernehmer zum Nachteile der Gläubiger
sind diesen gegenüber unwirksam.
§. 1410. Wird der
Eintritt des neuen Schuldners an Stelle des bisherigen Schuldners in der Weise
verabredet, daß an die Stelle des aufgehobenen Schuldverhältnisses eine
Verpflichtung des neuen Schuldners aus selbständigem Rechtsgrunde oder unter
Änderung des Hauptgegenstandes der Forderung gesetzt wird, so treten nicht die
Wirkungen der Schuldübernahme, sondern eines Neuerungsvertrages (§§ 1377, 1378)
ein.
Drittes Hauptstück.
Von Aufhebung der
Rechte und Verbindlichkeiten.
Aufhebung der Rechte u.
Verbindlichkeiten.
§. 1411. Rechte und
Verbindlichkeiten stehen in einem solchen Zusammenhange, daß mit Erlöschung des
Rechtes die Verbindlichkeit, und mit Erlöschen der letzteren das Recht
aufgehoben wird.
1.) Durch die Zahlung.
§. 1412. Die
Verbindlichkeit wird vorzüglich durch die Zahlung, das ist, durch die Leistung
dessen, was man zu leisten schuldig ist, aufgelöset (§. 469).
Wie die Zahlung zu
leisten.
§. 1413. Gegen seinen
Willen kann weder der Gläubiger gezwungen werden, etwas anderes anzunehmen, als
er zu fordern hat, noch der Schuldner, etwas anderes zu leisten, als er zu
leisten verbunden ist. Dieses gilt auch von der Zeit, dem Orte und der Art, die
Verbindlichkeit zu erfüllen.
§. 1414. Wird, weil der
Gläubiger und der Schuldner einverstanden sind, oder weil die Zahlung selbst
unmöglich ist, etwas Anderes an Zahlungs-Statt gegeben; so ist die Handlung als
ein entgeldliches Geschäft zu betrachten.
§. 1415. Der Gläubiger
ist nicht schuldig, die Zahlung einer Schuldpost theilweise, oder auf Abschlag
anzunehmen. Sind aber verschiedene Posten zu zahlen; so wird diejenige für
abgetragen gehalten, welche der Schuldner, mit Einwilligung des Gläubigers
tilgen zu wollen, sich ausdrücklich erkläret hat.
§. 1416. Wird die Willensmeinung
des Schuldners bezweifelt, oder von dem Gläubiger widersprochen; so sollen
zuerst die Zinsen, dann das Capital, von mehreren Capitalien aber dasjenige,
welches schon eingefordert, oder wenigstens fällig ist, und nach diesem
dasjenige, welches schuldig zu bleiben dem Schuldner am meisten beschwerlich
fällt, abgerechnet werden.
wann;
§. 1417. Wenn die
Zahlungsfrist auf keine Art bestimmt ist; so tritt die Verbindlichkeit, die
Schuld zu zahlen, erst mit dem Tage ein, an welchem die Einmahnung geschehen
ist. (§. 904.)
§. 1418. In gewissen
Fällen wird die Zahlungsfrist durch die Natur der Sache bestimmt. Alimente
werden wenigstens auf einen Monath voraus bezahlt. Stirbt der Verpflegte
während dieser Zeit; so sind dessen Erben nicht schuldig, etwas von der
Vorausbezahlung zurück zu geben.
§. 1419. Hat der
Gläubiger gezögert, die Zahlung anzunehmen; so fallen die widrigen Folgen auf
ihn.
§. 1420. Wenn der Ort
und die Art der Leistung nicht bestimmt sind, so müssen die oben (§ 905)
aufgestellten Vorschriften angewendet werden.
von wem;
§. 1421. Auch eine
Person, die sonst unfähig ist, ihr Vermögen zu verwalten, kann eine richtige
und verfallene Schuld rechtmäßig abtragen, und sich ihrer Verbindlichkeit
entledigen. Hätte sie aber eine noch ungewisse, oder nicht verfallene Schuld
abgetragen; so ist ihr Vormund oder Curator berechtiget, das Bezahlte zurück zu
fordern.
§. 1422. Wer die Schuld
eines anderen, für die er nicht haftet (§ 1358), bezahlt, kann vor oder bei der
Zahlung vom Gläubiger die Abtretung seiner Rechte verlangen; hat er dies getan,
so wirkt die Zahlung als Einlösung der Forderung.
§. 1423. Wird die
Einlösung mit Einverständnis des Schuldners angeboten, so muß der Gläubiger die
Zahlung annehmen; doch hat er außer dem Falle des Betruges für die Einbringlichkeit
und die Richtigkeit der Forderung nicht zu haften. Ohne Einwilligung des
Schuldners kann dem Gläubiger von einem Dritten in der Regel (§ 462) die
Zahlung nicht aufgedrängt werden.
an wen;
§. 1424. Der Schuldbetrag
muß dem Gläubiger oder dessen zum Empfange geeigneten Machthaber, oder
demjenigen geleistet werden, den das Gericht als Eigenthümer der Forderung
anerkannt hat. Was jemand an eine Person bezahlt hat, die ihr Vermögen nicht
selbst verwalten darf, ist er in so weit wieder zu zahlen verbunden, als das
Bezahlte nicht wirklich vorhanden, oder zum Nutzen des Empfängers verwendet
worden ist.
Gerichtliche
Hinterlegung der Schuld.
§. 1425. Kann eine
Schuld aus dem Grunde, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem
Angebothenen unzufrieden ist, oder aus andern wichtigen Gründen nicht bezahlt
werden; so steht dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bey dem Gerichte
zu hinterlegen; oder, wenn sie dazu nicht geeignet ist, die gerichtliche Einleitung
zu deren Verwahrung anzusuchen. Jede dieser Handlungen, wenn sie rechtmäßig
geschehen und dem Gläubiger bekannt gemacht worden ist, befreyt den Schuldner
von seiner Verbindlichkeit, und wälzt die Gefahr der geleisteten Sache auf den
Gläubiger.
Quittungen;
§. 1426. (Der Zahler
ist in allen Fällen berechtiget, von dem Befriedigten eine Quittung, nähmlich
ein schriftliches Zeugniß der erfüllten Verbindlichkeit, zu verlangen. In der
Quittung muß der Nahme des Schuldners und des Gläubigers, so wie der Ort, die
Zeit und der Gegenstand der getilgten Schuld ausgedrückt, und sie muß von dem
Gläubiger, oder dessen Machthaber unterschrieben werden.) Die Kosten der
Quittung hat, wenn nichts anderes vereinbart ist, der Gläubiger zu tragen.
§. 1427. Eine Quittung
über das bezahlte Capital gründet die Vermuthung, daß auch die Zinsen davon
bezahlt worden seyn.
§. 1428. Besitzt der
Gläubiger von dem Schuldner einen Schuldschein; so ist er nebst Ausstellung
einer Quittung verbunden, denselben zurück zu geben, oder die allenfalls
geleistete Abschlagszahlung auf dem Schuldschein selbst abschreiben zu lassen.
Der zurück erhaltene Schuldschein ohne Quittung gründet für den Schuldner die
rechtliche Vermuthung der geleisteten Zahlung; er schließt aber den Gegenbeweis
nicht aus. Ist der Schuldschein, welcher zurück gegeben werden soll, in Verlust
gerathen; so ist der Zahlende berechtiget, Sicherstellung zu fordern, oder den
Betrag gerichtlich zu hinterlegen, und zu verlangen, daß der Gläubiger die
Tödtung des Schuldscheines der Gerichtsordnung gemäß bewirke.
§. 1429. Eine Quittung,
die der Gläubiger dem Schuldner für eine abgetragene neuere Schuldpost
ausgestellt hat, beweiset zwar nicht, daß auch andere ältere Posten abgetragen
worden seyn: wenn es aber gewisse Gefälle, Renten, oder solche Zahlungen
betrifft, welche, wie Geld- Grund- Haus- oder Capitals-Zinsen, aus eben
demselben Titel und zu einer gewissen Zeit geleistet werden sollen; so wird
vermuthet, daß derjenige, welcher sich mit der Quittung des letzt verfallenen
Termines ausweiset, auch die früher verfallenen berichtiget habe.
§. 1430. Eben so wird
von Handels- und Gewerbsleuten, welche mit ihren Abnehmern (Kunden) zu gewissen
Fristen die Rechnung abzuschließen pflegen, vermuthet; daß ihnen, wenn sie über
die Rechnung aus einer späteren Frist quittirt haben, auch die früheren
Rechnungen bezahlt seyn.
Zahlung einer
Nichtschuld.
§. 1431. Wenn jemand
aus einem Irrthume, wäre es auch ein Rechtsirrthum, eine Sache oder eine
Handlung geleistet worden, wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat; so kann
in der Regel im ersten Falle die Sache zurückgefordert, im zweyten aber ein dem
verschafften Nutzen angemessener Lohn verlangt werden.
§. 1432. Doch können
Zahlungen einer verjährten, oder einer solchen Schuld, welche nur aus Mangel
der Förmlichkeiten ungültig ist, oder zu deren Eintreibung das Gesetz bloß das
Klagerecht versagt, eben so wenig zurückgefordert werden, als wenn jemand eine
Zahlung leistet, von der er weiß, daß er sie nicht schuldig ist.
§. 1433. Diese
Vorschrift (§. 1432) kann aber auf den Fall, in welchem ein Pflegebefohlener,
oder eine andere Person bezahlt hat, welche nicht frey über ihr Eigenthum
verfügen kann, nicht angewendet werden.
§. 1434. Die
Zurückstellung des Bezahlten kann auch dann begehret werden, wenn die
Schuldforderung auf was immer für eine Art noch ungewiß ist; oder wenn sie noch
von der Erfüllung einer beygesetzten Bedingung abhängt. Die Bezahlung einer
richtigen und unbedingten Schuld kann aber deßwegen nicht zurückgefordert
werden, weil die Zahlungsfrist noch nicht verfallen ist.
§. 1435. Auch Sachen,
die als eine wahre Schuldigkeit gegeben worden sind, kann der Geber von dem
Empfänger zurück fordern, wenn der rechtliche Grund, sie zu behalten, aufgehört
hat.
§. 1436. War jemand
verbunden, aus zwey Sachen nur Eine nach seiner Willkühr zu geben, und hat er
aus Irrthum beyde gegeben; so hängt es von ihm ab, die eine, oder die andere
zurück zu fordern.
§. 1437. Der Empfänger
einer bezahlten Nichtschuld wird als ein redlicher oder unredlicher Besitzer angesehen,
je nachdem er den Irrthum des Gebers gewußt hat, oder aus den Umständen
vermuthen mußte, oder nicht.
2) Compensation.
§. 1438. Wenn
Forderungen gegenseitig zusammentreffen, die richtig, gleichartig, und so
beschaffen sind, daß eine Sache, die dem Einen als Gläubiger gebührt, von
diesem auch als Schuldner dem Andern entrichtet werden kann; so entsteht, in so
weit die Forderungen sich gegen einander ausgleichen, eine gegenseitige
Aufhebung der Verbindlichkeit (Compensation), welche schon für sich die
gegenseitige Zahlung bewirket.
§. 1439. Zwischen einer
richtigen und nicht richtigen, so wie zwischen einer fälligen und noch nicht
fälligen Forderung findet die Compensation nicht Statt. In wie fern gegen eine
Concurs-Masse die Compensation Statt finde, wird in der Gerichtsordnung
bestimmt.
§. 1440. Ebenso lassen
sich Forderungen, welche ungleichartige oder bestimmte und unbestimmte Sachen
zum Gegenstande haben, gegeneinander nicht aufheben. Eigenmächtig oder listig
entzogene, entlehnte, in Verwahrung oder in Bestand genommene Stücke sind
überhaupt kein Gegenstand der Zurückbehaltung oder der Kompensation.
§. 1441. Ein Schuldner
kann seinem Gläubiger dasjenige nicht in Aufrechnung bringen, was dieser einem
Dritten und der Dritte dem Schuldner zu zahlen hat. Selbst eine Summe, die
jemand an eine Staats-Casse zu fordern hat, kann gegen eine Zahlung, die er an
eine andere Staats-Casse leisten muß, nicht abgerechnet werden.
§. 1442. Wenn eine
Forderung allmählich auf mehrere übertragen wird; so kann der Schuldner zwar
die Forderung, welche er zur Zeit der Abtretung an den ersten Inhaber derselben
hatte, so wie auch jene, die ihm gegen den letzten Inhaber zusteht, in
Abrechnung bringen; nicht aber auch diejenige, welche ihm an einen der
Zwischeninhaber zustand.
§. 1443. Gegen eine den
öffentlichen Büchern einverleibte Forderung kann die Einwendung der
Compensation einem Cessionar nur dann entgegengesetzt werden, wenn die
Gegenforderung ebenfalls und zwar bey der Forderung selbst eingetragen, oder
dem Cessionar bey Uebernehmung der letztern bekannt gemacht worden ist.
3.) Entsagung.
§. 1444. In allen
Fällen, in welchen der Gläubiger berechtiget ist, sich seines Rechtes zu
begeben, kann er demselben auch zum Vortheile seines Schuldners entsagen, und
hierdurch die Verbindlichkeit des Schuldners aufheben.
4) Vereinigung.
§. 1445. So oft auf was
immer für eine Art das Recht mit der Verbindlichkeit in Einer Person vereinigt
wird, erlöschen beyde; außer, wenn es dem Gläubiger noch frey steht, eine
Absonderung seiner Rechte zu verlangen (§§. 802 und 812), oder wenn
Verhältnisse von ganz verschiedener Art eintreten. Daher wird durch die
Nachfolge des Schuldners in die Verlassenschaft seines Gläubigers in den
Rechten der Erbschaftsgläubiger, der Miterben oder Legatare, und durch die
Beerbung des Schuldners und Bürgen in den Rechten des Gläubigers nichts
geändert.
§. 1446. Rechte und
Verbindlichkeiten, welche den öffentlichen Büchern einverleibt sind, werden
durch die Vereinigung nicht aufgehoben, bis die Löschung aus den öffentlichen
Büchern erfolgt ist (§ 526). Bis dahin kann das eingetragene Pfandrecht vom
Eigentümer oder im Wege der Zwangsvollstreckung auf einen Dritten übertragen
werden (§§ 469 bis 470).
5.) Untergang der
Sache.
§1447. Der zufällige
gänzliche Untergang einer bestimmten Sache hebt alle Verbindlichkeit, selbst
die, den Werth derselben zu vergüten, auf. Dieser Grundsatz gilt auch für
diejenigen Fälle, in welchen die Erfüllung der Verbindlichkeit, oder die
Zahlung einer Schuld durch einen andern Zufall unmöglich wird. In jedem Falle
muß aber der Schuldner das, was er um die Verbindlichkeit in Erfüllung zu
bringen erhalten hat, zwar gleich einem redlichen Besitzer, jedoch auf solche
Art zurückstellen oder vergüten, daß er aus dem Schaden des Andern keinen
Gewinn zieht.
6.) Tod.
§. 1448. Durch den Tod
erlöschen nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person
eingeschränkt sind, oder die bloß persönliche Handlungen des Verstorbenen
betreffen.
7) Verlauf der Zeit.
§. 1449. Rechte und
Verbindlichkeiten erlöschen auch durch den Verlauf der Zeit, worauf sie durch
einen letzten Willen, Vertrag, richterlichen Ausspruch, oder durch das Gesetz
beschränkt sind. Auf welche Art sie durch die vom Gesetze bestimmte Verjährung
aufgehoben werden, wird in dem folgenden Hauptstücke festgesetzt.
Von der Einsetzung in
den vorigen Stand.
§. 1450. Die
bürgerlichen Gesetze, nach welchen widerrechtliche Handlungen und Geschäfte,
wenn die Verjährung nicht im Wege steht, unmittelbar bestritten werden können,
gestatten keine Einsetzung in den vorigen Stand. Die zum gerichtlichen
Verfahren gehörigen Fälle der Einsetzung in den vorigen Stand sind in der
Gerichtsordnung bestimmt.
Viertes Hauptstück.
Von der Verjährung und
Ersitzung.
Verjährung.
§. 1451. Die Verjährung
ist der Verlust eines Rechtes, welches während der von dem Gesetze bestimmten
Zeit nicht ausgeübt worden ist.
Ersitzung.
§. 1452. Wird das
verjährte Recht vermöge des gesetzlichen Besitzes zugleich auf jemand Andern
übertragen; so heißt es ein ersessenes Recht, und die Erwerbungsart, Ersitzung.
Wer verjähren und
ersitzen kann.
§. 1453. Jeder, der
sonst zu erwerben fähig ist, kann auch ein Eigenthum oder andere Rechte durch
Ersitzung erwerben.
Gegen wen?
§. 1454. Die Verjährung
und Ersitzung kann gegen alle Privat-Personen, welche ihre Rechte selbst
auszuüben fähig sind, Statt finden. Gegen Mündel und Pflegebefohlene; gegen
Kirchen, Gemeinden und andere moralische Körper; gegen Verwalter des
öffentlichen Vermögens und gegen diejenigen, welche ohne ihr Verschulden
abwesend sind, wird sie nur unter den unten (§§. 1494, 1472 und 1475) folgenden
Beschränkungen gestattet.
Welche Gegenstände.
§. 1455. Was sich
erwerben läßt, kann auch ersessen werden. Sachen hingegen, welche man vermöge
ihrer wesentlichen Beschaffenheit, oder vermöge der Gesetze nicht besitzen
kann; ferner, Sachen und Rechte, welche schlechterdings unveräußerlich sind,
sind kein Gegenstand der Ersitzung.
§. 1456. Aus diesem
Grunde können weder die dem Staatsoberhaupte als solchen allein zukommenden
Rechte, z. B. das Recht, Zölle anzulegen, Münzen zu prägen, Steuern
auszuschreiben, und andere Hoheitsrechte (Regalien) durch Ersitzung erworben,
noch die diesen Rechten entsprechenden Schuldigkeiten verjährt werden.
§. 1457. Andere dem Staatsoberhaupte zukommende, doch nicht ausschließend
vorbehaltene Rechte, z. B. auf Waldungen, Jagden, Fischereyen u. d. gl., können
zwar überhaupt von andern Staatsbürgern, doch nur binnen einem längern als dem
gewöhnlichen Zeitraume (§. 1472.) ersessen werden.
§. 1458. Die Rechte eines Ehegatten, eines Vaters, eines Kindes und andere
Personen-Rechte sind kein Gegenstand der Ersitzung. Doch kommt denjenigen,
welche dergleichen Rechte redlicher Weise ausüben, die schuldlose Unwissenheit
zur einstweiligen Behauptung und Ausübung ihrer vermeinten Rechte zu Statten.
§. 1459. Die Rechte eines Menschen über seine Handlungen und über sein
Eigenthum, z. B. eine Ware da oder dort zu kaufen, seine Wiesen oder sein
Wasser zu benutzen, unterliegen, außer dem Falle, daß das Gesetz mit der binnen
einem Zeitraume unterlassenen Ausübung ausdrücklich den Verlust derselben
verknüpfet, keiner Verjährung. Hat aber eine Person der andern die Ausübung
eines solchen Rechtes untersagt, oder sie daran verhindert; so fängt der Besitz
des Untersagungsrechtes von Seite der Einen gegen die Freyheit der Andern von
dem Augenblicke an, als sich diese dem Verbothe, oder der Verhinderung gefüget
hat, und es wird dadurch, wenn alle übrige Erfordernisse eintreffen, die
Verjährung oder die Ersitzung bewirket. (§. 313 u. 351.)
Erfordernisse zur Ersitzung:
1) Besitz.
§. 1460. Zur Ersitzung wird nebst der Fähigkeit der Person und des
Gegenstandes erfordert: daß jemand die Sache oder das Recht, die auf diese Art
erworben werden sollen, wirklich besitze; daß sein Besitz rechtmäßig, redlich
und echt sey, und durch die ganze von dem Gesetze bestimmte Zeit fortgesetzt
werde. (§. 309, 316, 326 und 345.)
Und zwar a) ein rechtmäßiger;
§. 1461. Jeder Besitz, der sich auf einen solchen Titel gründet, welche zur
Uebernahme des Eigenthumes, wenn solches dem Uebergeber gebührt hätte,
hinlänglich gewesen wäre, ist rechtmäßig und zur Ersitzung hinreichend.
Dergleichen sind, z. B. das Vermächtniß, die Schenkung, das Darleihen, der Kauf
und Verkauf, der Tausch, die Zahlung u. s. w.
§. 1462. Verpfändete, geliehene, in Verwahrung, oder zur Fruchtnießung
gegebene Sachen können von Gläubigern, Entlehnern und Verwahrern oder
Fruchtnießern, aus Mangel eines rechtmäßigen Titels, niemahls ersessen werden.
Ihre Erben stellen die Erblasser vor, und haben nicht mehr Titel als dieselben.
Nur dem dritten rechtmäßigen Besitzer kann die Ersitzungszeit zu Statten
kommen.
b) redlicher;
§. 1463. Der Besitz muß redlich seyn. Die Unredlichkeit des vorigen
Besitzers hindert aber einen redlichen Nachfolger oder Erben nicht, die
Ersitzung von dem Tage seines Besitzes anzufangen. (§. 1493.)
c) echter.
§. 1464. Der Besitz muß auch echt seyn. Wenn jemand sich einer Sache mit Gewalt
oder List bemächtiget, oder in den Besitz heimlich einschleicht, oder eine
Sache nur bittweise besitzt; so kann weder er selbst, noch können seine Erben
dieselbe verjähren.
2) Verlauf der Zeit.
§. 1465. Zur Ersitzung und Verjährung ist auch der in dem Gesetze
vorgeschriebene Verlauf der Zeit nothwendig. Außer dem, durch die Gesetze für
einige besondere Fälle festgesetzten Zeitraume, wird hier das in allen übrigen
Fällen zur Ersitzung oder Verjährung nöthige Zeitmaß überhaupt bestimmt. Es
kommt dabey sowohl auf die Verschiedenheit der Rechte und der Sachen, als der
Personen an.
Ersitzungszeit. Ordentliche;
§. 1466. Das Eigenthumsrecht, dessen Gegenstand eine bewegliche Sache ist,
wird durch einen dreyjährigen rechtlichen Besitz ersessen.
§. 1467. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1468. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher eingeführt sind,
und die Erwerbung unbeweglicher Sachen aus den Gerichts-Acten und andern
Urkunden zu erweisen ist, oder wenn die Sache auf den Nahmen desjenigen, der
die Besitzrechte darüber ausübet, nicht eingetragen ist; wird die Ersitzung
erst nach dreyßig Jahren vollendet.
§. 1469. (Anm.: Aufgehoben durch § 201, RGBl 1916/Nr. 69 - Dritte
Teilnovelle.)
§. 1470. Wo noch keine ordentlichen öffentlichen Bücher bestehen, oder ein
solches Recht denselben nicht einverleibt ist, kann es der redliche Inhaber
erst nach dreyßig Jahren ersitzen.
§. 1471. Bey Rechten, die selten ausgeübt werden können, z. B. bey dem
Rechte, eine Pfründe zu vergeben, oder jemanden bey Herstellung einer Brücke
zum Beytrage anzuhalten, muß derjenige, welcher die Ersitzung behauptet, nebst
einem Verlaufe von dreyßig Jahren, zugleich erweisen, daß der Fall zur Ausübung
binnen dieser Zeit wenigstens drey Mahl sich ergeben, und er jedes Mahl dieses
Recht ausgeübt habe.
Außerordentliche.
§. 1472. Gegen den Fiscus, das ist, gegen die Verwalter der Staatsgüter und
des Staatsvermögens, in so weit die Verjährung Platz greift (§§. 287, 289 u.
1456-1457), ferner gegen die Verwalter der Güter der Kirchen, Gemeinden und
anderer erlaubten Körper, reicht die gemeine ordentliche Ersitzungszeit nicht
zu. Der Besitz beweglicher Sachen, so wie auch der Besitz der unbeweglichen,
oder der darauf ausgeübten Dienstbarkeiten und anderer Rechte, wenn sie auf den
Nahmen des Besitzers den öffentlichen Büchern einverleibt sind, muß durch sechs
Jahre fortgesetzt werden. Rechte solcher Art, die auf den Nahmen des Besitzers
in die öffentlichen Bücher nicht einverleibt sind, und alle übrige Rechte lassen
sich gegen den Fiscus und die hier angeführten begünstigten Personen nur durch
den Besitz von vierzig Jahren erwerben.
§. 1473. Wer mit einer von dem Gesetze in Ansehung der Verjährungszeit
begünstigten Person in Gemeinschaft steht, dem kommt die nähmliche Begünstigung
zu Statten. Begünstigungen der längeren Verjährungsfrist haben auch gegen
andere, darin ebenfalls begünstigte, Personen ihre Wirkung.
§. 1474. Die Eigenschaft eines Familien-Fideicommisses, eines Erbpacht- und
Erbzinsgutes geht nur durch einen frey eigenthümlichen Besitz von vierzig
Jahren verloren.
§. 1475. Der Aufenthalt des Eigenthümers außer der Provinz, in welcher sich
die Sache befindet, steht der ordentlichen Ersitzung und Verjährung in so weit
entgegen, daß die Zeit einer willkührlichen und schuldlosen Abwesenheit nur zur
Hälfte, folglich Ein Jahr nur für sechs Monathe, gerechnet wird. Doch soll auf
kurze Zeiträume der Abwesenheit, welche durch kein volles Jahr ununterbrochen
gedauert haben, nicht Bedacht genommen, und überhaupt die Zeit nie weiter als
bis auf dreyßig Jahre zusammen ausgedehnet werden. Schuldbare Abwesenheit
genießt keine Ausnahme von der ordentlichen Verjährungszeit.
§. 1476. Auch derjenige, welcher eine bewegliche Sache unmittelbar von
einem unechten, oder von einem unredlichen Besitzer an sich gebracht hat, oder
seinen Vormann anzugeben nicht vermag; muß den Verlauf der sonst ordentlichen
Ersitzungszeit doppelt abwarten.
§. 1477. Wer die Ersitzung auf einen Zeitraum von dreyßig oder vierzig
Jahren stützt, bedarf keiner Angabe des rechtmäßigen Titels. Die gegen ihn
erwiesene Unredlichkeit des Besitzes schließt aber auch in diesem längeren
Zeitraume die Ersitzung aus.
Verjährungszeit. Allgemeine.
§. 1478. In so fern jede Ersitzung eine Verjährung in sich begreift, werden
beyde mit den vorgeschriebenen Erfordernissen in Einem Zeitraume vollendet. Zur
eigentlichen Verjährung aber ist der bloße Nichtgebrauch eines Rechtes, das an
sich schon hätte ausgeübt werden können, durch dreyßig Jahre hinlänglich.
§. 1479. Alle Rechte gegen einen Dritten, sie mögen den öffentlichen
Büchern einverleibt seyn oder nicht, erlöschen also in der Regel längstens
durch den dreyßigjährigen Nichtgebrauch, oder durch ein so lange Zeit
beobachtetes Stillschweigen.
§. 1480. Forderungen von rückständigen jährlichen Leistungen,
insbesondere Zinsen, Renten, Unterhaltsbeiträgen, Ausgedingsleistungen, sowie
zur Kapitalstilgung vereinbarten Annuitäten erlöschen in drei Jahren; das Recht
selbst wird durch einen Nichtgebrauch von dreißig Jahren verjährt.
Ausnahmen.
§. 1481. Die in dem Familien- und überhaupt in dem Personen-Rechte
gegründeten Verbindlichkeiten, z. B. den Kindern den unentbehrlichen Unterhalt
zu verschaffen, so wie diejenigen, welche dem oben (§. 1459.) angeführten
Rechte, mit seinem Eigenthume frey zu schalten, zusagen, z. B. die
Verbindlichkeit, die Theilung einer gemeinschaftlichen Sache oder die
Gränzbestimmung vornehmen zu lassen, können nicht verjährt werden.
§. 1482. Auf gleiche Weise wird derjenige, welcher ein Recht auf einem fremden
Grunde in Ansehung des Ganzen oder auf verschiedene beliebige Arten ausüben
konnte, bloß dadurch, daß er es durch noch so lange Zeit nur auf einem Theile
des Grundes oder nur auf eine bestimmte Weise ausübte, in seinem Rechte nicht
eingeschränkt; sondern die Beschränkung muß durch Erwerbung oder Ersitzung des
Untersagungs- oder Hinderungsrechtes bewirkt werden. (§. 351.) Eben dieses ist
auch auf den Fall anzuwenden, wenn jemand ein gegen alle Mitglieder einer
Gemeinde zustehendes Recht bisher nur gegen gewisse Mitglieder derselben
ausgeübt hat.
§. 1483. So lange der Gläubiger das Pfand in Händen hat, kann ihm die
unterlassene Ausübung des Pfandrechtes nicht eingewendet und das Pfandrecht
nicht verjährt werden. Auch das Recht des Schuldners, sein Pfand einzulösen,
bleibt unverjährt. In so fern aber die Forderung den Werth des Pfandes
übersteigt, kann sie inzwischen durch Verjährung erlöschen.
§. 1484. Zur Verjährung solcher Rechte, die nur selten ausgeübt werden
können, wird erfordert, daß während der Verjährungszeit von dreyßig Jahren von
drey Gelegenheiten, ein solches Recht auszuüben, kein Gebrauch gemacht worden
sey. (§. 1471.)
§. 1485. In Rücksicht der in dem § 1472 begünstigten Personen werden, wie
zur Ersitzung, also auch zur Verjährung, vierzig Jahre erfordert.
Die allgemeine Regel, daß ein Recht wegen des Nichtgebrauches erst nach
Verlauf von dreißig oder vierzig Jahren verloren gehe, ist nur auf diejenigen
Fälle anwendbar, für welche das Gesetz nicht einen kürzeren Zeitraum
ausgemessen hat (§ 1465).
Besondere Verjährungszeit
§. 1486. In drei Jahren sind verjährt: die Forderungen
1. für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige
Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen
Betriebe;
2. für Lieferung land-
und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse in einem Betriebe der Land- und
Forstwirtschaft;
3. für die Übernahme
zur Beköstigung, Pflege, Heilung, zur Erziehung oder zum Unterricht durch
Personen, die sich damit befassen, oder in Anstalten, die diesem Zwecke dienen;
4. von Miet- und
Pachtzinsen;
5. der Dienstnehmer
wegen des Entgelts und des Auslagenersatzes aus den Dienstverträgen von
Hilfsarbeitern, Taglöhnern, Dienstboten und allen Privatbediensteten, sowie der
Dienstgeber wegen der auf solche Forderungen gewährten Vorschüsse;
6. der Ärzte,
Tierärzte, Hebammen, der Privatlehrer, der Advokaten, Notare, Patentanwälte und
aller anderen zur Besorgung gewisser Angelegenheiten öffentlich bestellten
Personen wegen Entlohnung ihrer Leistungen und Ersatzes ihrer Auslagen, sowie
der Parteien wegen der Vorschüsse an diese Personen.
§. 1487. Die Rechte, eine Erklärung des letzten Willens umzustoßen; den
Pflichtteil oder dessen Ergänzung zu fordern; eine Schenkung wegen
Undankbarkeit des Beschenkten zu widerrufen oder den Beschenkten wegen
Verkürzung des Pflichtteils in Anspruch zu nehmen; einen entgeltlichen Vertrag
wegen Verletzung über die Hälfte aufzuheben, oder die vorgenommene Teilung
eines gemeinschaftlichen Gutes zu bestreiten; und die Forderung wegen einer bei
dem Vertrage unterlaufenen Furcht oder eines Irrtums, wobei sich der andere
vertragmachende Teil keiner List schuldig gemacht hat, müssen binnen drei
Jahren geltend gemacht werden. Nach Verlauf dieser Zeit sind sie verjährt.
§. 1488. Das Recht der Dienstbarkeit wird durch den Nichtgebrauch verjährt,
wenn sich der verpflichtete Theil der Ausübung der Servitut widersetzt, und der
Berechtigte durch drey auf einander folgende Jahre sein Recht nicht geltend
gemacht hat.
§. 1489. Jede Entschädigungsklage ist in drei Jahren von der Zeit an
verjährt, zu welcher der Schade und die Person des Beschädigers dem
Beschädigten bekannt wurde, der Schade mag durch Übertretung einer
Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht worden sein.
Ist dem Beschädigten der Schade oder die Person des Beschädigers nicht bekannt
geworden oder ist der Schade aus einem Verbrechen entstanden, so erlischt das
Klagerecht nur nach dreißig Jahren.
§. 1490. Klagen über Ehrenbeleidigungen, die lediglich in Beschimpfungen
durch Worte, Schriften oder Geberden bestehen, können nach Verlauf eines Jahres
nicht mehr erhoben werden. Besteht aber die Beleidigung in Tätlichkeiten, so
dauert das Klagerecht auf Genugtuung durch drei Jahre.
Auf Schadenersatzklagen wegen Gefährdung des Kredits, des Erwerbes oder
des Fortkommens eines andern durch Verbreitung unwahrer Tatsachen sind die
Vorschriften des § 1489 anzuwenden.
§. 1491. Einige Rechte sind von den Gesetzen auf eine noch kürzere Zeit
eingeschränkt. Hierüber kommen die Vorschriften an den Orten, wo diese Rechte
abgehandelt werden, vor.
§. 1492. Wie lange das Wechselrecht einem Wechselbriefe zu Statten komme,
ist in der Wechselordnung bestimmt.
Einrechnung der Verjährungszeit des Vorfahrers.
§. 1493. Wer eine Sache von einem rechtmäßigen und redlichen Besitzer
redlich übernimmt, der ist als Nachfolger berechtiget, die Ersitzungszeit
seines Vorfahrers mit einzurechnen (§. 1463). Eben dieses gilt auch von der
Verjährungszeit. Bey einer Ersitzung von dreyßig oder vierzig Jahren findet
diese Einrechnung auch ohne einen rechtmäßigen Titel, und bey der eigentlichen
Verjährung selbst ohne guten Glauben, oder schuldlose Unwissenheit Statt.
Hemmung der Verjährung.
§. 1494. Gegen solche Personen, welche aus Mangel ihrer Geisteskräfte ihre
Rechte selbst zu verwalten unfähig sind, wie gegen Pupillen, Wahn- oder Blödsinnige, kann die
Ersitzungs- oder Verjährungszeit, dafern diesen Personen keine gesetzlichen
Vertreter bestellt sind, nicht anfangen. Die ein Mahl angefangene Ersitzungs-
oder Verjährungszeit läuft zwar fort; sie kann aber nie früher als binnen zwey
Jahren nach den gehobenen Hindernissen vollendet werden.
§. 1495. Auch zwischen Ehegatten, dann zwischen Kindern oder
Pflegebefohlenen, und ihren Aeltern oder Vormündern kann, so lang erstere in
ehelicher Verbindung, letztere unter älterlicher oder vormundschaftlicher
Gewalt stehen, die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen, noch fortgesetzt
werden.
§. 1496. Durch Abwesenheit in Civil- oder Kriegsdiensten, oder durch
gänzlichen Stillstand der Rechtspflege, z. B. in Pest- oder Kriegszeiten, wird
nicht nur der Anfang, sondern so lange dieses Hinderniß dauert, auch die
Fortsetzung der Ersitzung oder Verjährung gehemmet.
Unterbrechung der Verjährung.
§. 1497. Die Ersitzung sowohl, als die Verjährung wird unterbrochen, wenn
derjenige, welcher sich auf dieselbe berufen will, vor dem Verlaufe der
Verjährungszeit entweder ausdrücklich oder stillschweigend das Recht des Andern
anerkannt hat, oder wenn er von dem Berechtigten belangt, und die Klage gehörig
fortgesetzt wird. Wird aber die Klage durch einen rechtskräftigen Spruch für
unstatthaft erklärt; so ist die Verjährung für ununterbrochen zu halten.
Wirkung der Ersitzung oder Verjährung.
§. 1498. Wer eine Sache oder ein Recht ersessen hat, kann gegen den
bisherigen Eigenthümer bey dem Gerichte die Zuerkennung des Eigenthumes
ansuchen, und das zuerkannte Recht, wofern es einen Gegenstand der öffentlichen
Bücher ausmacht, den letzteren einverleiben lassen.
§. 1499. Auf gleiche Art kann nach Verlauf der Verjährung der Verpflichtete
die Löschung seiner in den öffentlichen Büchern eingetragenen Verbindlichkeit,
oder die Nichtigerklärung des dem Berechtigten bisher zugestandenen Rechtes und
der darüber ausgestellten Urkunden erwirken.
§. 1500. Das aus der Ersitzung oder Verjährung erworbene Recht kann aber
demjenigen, welcher im Vertrauen auf die öffentlichen Bücher noch vor der
Einverleibung desselben eine Sache oder ein Recht an sich gebracht hat, zu keinem
Nachtheile gereichen.
§. 1501. Auf die Verjährung ist, ohne Einwendung der Parteyen, von Amts
wegen kein Bedacht zu nehmen.
Entsagung oder Verlängerung der Verjährung.
§. 1502. Der Verjährung kann weder im voraus entsagt, noch kann eine
längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt ist, bedungen werden.
1 Siehe JGS 1846/Nr.
970: „Hinsichtlich des Schatzes überhaupt, somit auch hinsichtlich
archäologischer Funde, wird das Drittheil, welches nach §. 399 des allgemeinen
bürgerlichen Gesetzbuches für das Staatsvermögen vorbehalten ist, von nun an
aufgegeben; der Schatz ist daher ohne Abzug dieses Drittheiles zwischen dem
Finder und dem Eigenthümer des Grundes zu gleichen Theilen, und bei getheiltem
Eigenthume des Grundes ist der auf den Eigenthümer des Grundes fallende Theil
zwischen den Ober- und Nutzungs-Eigenthümer zu theilen.“
2 Beachte RGBl 1867/Nr.
131, §. 5.: „Die §§. 191, 254, 281 des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches
werden dahin abgeändert, daß über die Frage, ob eine strafrechtliche
Verurtheilung für den Verurtheilten den Verlust von Vormundschaften und
gerichtlichen Curatelen und dessen Untauglichkeit zur Uebernahme eines dieser
Aemter nach sich zu ziehen habe, das Vormundschafts- oder Curatels-Gericht in
jedem einzelnen Falle nach seinem Ermessen zu entscheiden haben soll.“
3 Beachte RGBl 1895/Nr.
110, Art. 2.:
„Insbesondere verlieren
ihre Wirksamkeit:
1. Die Vorschriften der
§§. 200 und 282 a.b.G.B., soweit es sich um den Gerichtsstand für
Rechtsstreitigkeiten aus einer gerichtlich angeordneten Verwaltung handelt;“
4 Beachte BGBl 1921/Nr.
638, § 1.:
„Die im § 970, Absatz 1
und 3, a.b.G.B. den Gastwirten und Badeanstaltsbesitzern auferlegte Haftung
wird bis auf weiteres auf den Höchstbetrag von 50.000 K beschränkt, es sei
denn, daß die Sachen dem Unternehmer besonders zur Aufbewahrung übergeben
worden sind oder daß der Schaden von ihm selbst oder seinen Leuten verschuldet
ist.
Auf die Haftung von
Unternehmern, die Stallungen und Aufbewahrungsräume halten, für die bei ihnen
eingestellten Tiere und Fahrnisse und die auf diesen befindlichen Sachen (§
970, Absatz 2, a.b.G.B.) findet die Vorschrift des Absatzes 1 keine Anwendung.“